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Der geometrische Stil.

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1. Egyptisches. 83<br />

der einfache <strong>geometrische</strong> Dekor die überwiegende Rolle. Allerdings<br />

kann man auch häufig die menschliche Figur zu blossen Schmückungs-<br />

zwecken herangezogen sehen, doch wird uns dieser Umstand nicht mehr<br />

so überraschen, seitdem wir gesehen haben, dass die plastische Wieder-<br />

gabe von Naturwesen zu ornamentalen Zwecken dem Menschen bereits<br />

auf der Kulturstufe der Troglodyten eigen war. Das Können dieser<br />

letzteren blieb zwar hinter demjenigen der Egypter um ein Erkleck-<br />

liches zurück, aber im Kunstwollen war der Abstand keineswegs ein<br />

unüberbrückbarer. Die Verwendung der menschlichen Figur in Rund-<br />

werk zu einem Löffel-Handgriff ist nicht wesentlich höher zu stellen,<br />

als diejenige eines Rennthiers zu ähnlichem Zwecke, namentlich wenn<br />

dies in so kunstverständiger Weise geschehen ist, wie wir es in Fig. 1<br />

kennen gelernt haben.<br />

Man könnte aus dem Gesagten die Berechtigung ableiten, den Alt-<br />

egyptern in Bezug auf die Entwicklung der dekorativen Künste nicht<br />

ein so entschiedenes Hinausschreiten über die Kunststufe der Troglo-<br />

dyten zuzubilligen, als man es nach anscheinend so fundamentalen<br />

Leistungen wie die Schaffung von pflanzlichen Ornamenttypen, erwarten<br />

dürfte. Ein solches Urtheil wäre aber ein einseitiges; um jener Er-<br />

scheinung wirklich gerecht zu werden, muss man die Stellung der alt-<br />

egyptischen Kunst in der Kunstgeschichte überhaupt in's Auge fassen.<br />

Da neigt sich die Wage sofort zu Gunsten der Egypter. Die egyptische<br />

Kunst hatte sich eben — die Erste soviel wir wissen — Aufgaben ge-<br />

stellt, die weit über die Befriedigung eines blossen Schmückungstriebes<br />

hinausgingen. Die Kunst der alten Egypter war im Wesent-<br />

lichen von gegenständlicher Bedeutung. Das Kunstschaffen<br />

hatte bei ihnen nicht mehr bloss den Zweck des Schmückens, seine<br />

vornehmste Bestimmung lag vielmehr darin, Empfindungen, Stimmungen,<br />

Vorstellungen Ausdruck zu geben, die mit der reinen Freude am Schönen<br />

nichts Unmittelbares gemeinsam hatten: ich verweise hiefür bloss auf<br />

die umfassende Verwendung der Kunst im egyptischen Sepulkralwesen.<br />

Wenn wir in dem Aufkommen solcher Anforderungen an das Kunst-<br />

schaffen zweifellos das Zeugniss einer höheren, vollkommeneren Kultur-<br />

stufe zu erblicken haben, so sind die Egypter, so viel wir sehen, die<br />

Ersten gewesen, denen es gelungen ist, sieh zu dieser Kulturstufe empor-<br />

zuschwingen.<br />

Die künstlerischen Aufgaben, die den Egyptern aus den also ver-<br />

änderten und gesteigerten Kulturverhältnissen erwuchsen, waren so<br />

hochgespannte, die Schwierigkeiten ihrer Lösung mit Rücksicht auf das<br />

http://rcin.org.pl<br />

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