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Jakobs Kampf mit dem

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(30) Sieht man die Bedeutung der Marokko-Reise unter <strong>dem</strong> Gesichtspunkt ihrer<br />

Fernwirkung auf die Synthese, die Delacroix für sein malerisches Werk in Saint-<br />

Sulpice fand, dann stimmen die 20 Jahre, die Jakob <strong>dem</strong> Laban dienen mußte, bis er<br />

ins Land seiner Bestimmung zurückkehren konnte, recht gut <strong>mit</strong> der Zeit überein,<br />

die Delacroix seit der Marokko-Reise benötigte, bis er den Schatz, den er dort<br />

„inkubierte“, in Saint—Sulpice endlich heben konnte. Die Gestaltung der Bildthe-<br />

men für Saint-Sulpice liegt in den Skizzen des Frühjahrs 1850, also genau 18<br />

Jahre nach Marokko und 20 Jahre nach <strong>dem</strong> „Sardanapal“, im Grundsätzlichen vor.<br />

Das „Dienen“ bezöge sich bei Delacroix zum einen auf die disziplinierten Ausein-<br />

andersetzungen <strong>mit</strong> den Widerständen des „mentiers“, auf die Auseinandersetzungen<br />

<strong>mit</strong> den Fremdbestimmungen seiner malerischen Existenz, insbesondere den Widrig-<br />

keiten, die von der aka<strong>dem</strong>ischen offiziellen Malerei ausgingen. Des weiteren lie-<br />

ßen sich die 20 Jahre des Dienens spezifizieren als die Zeit der der letzten<br />

Wandmalerei in Saint-Sulpice vorausgehenden — 1855 beginnenden — großen Dekora-<br />

tions—Aufträge, in denen er tatsächlich viel mehr als in Saint-Sulpice an die<br />

Anforderungen der Auftraggeber und des jeweils öffentlichen Ortes gebunden war.<br />

Demgegenüber konnte er in Saint-Sulpice, an diesem historisch wenig bedeutenden<br />

Ort und unter den Augen von Geistlichen, die von religiöser Malerei ohnehin ganz<br />

andere Vorstellungen hatten, vergleichsweise frei und unkontrolliert, fast als<br />

Privatmann, eine große Wanddekoration schaffen, die zugleich sein ganz intimes<br />

eigenes Werk war, <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> in einer letzten Anstrenung, zu sich selbst fand.<br />

(31) So wie Laban den Jakob <strong>mit</strong> allen Mitteln in seinen Diensten halten und an<br />

der Vollendung seiner Bestimmung hindern wollte, so hatte Delacroix bis zum Ende<br />

seines Lebens um die Unabhängigkeit seiner Existenz als Maler zu kämpfen.<br />

Delacroix konnte als Geistesaristokrat ja nicht einfach den Weg der „Bohemiens“<br />

gehen und sich Nation und Gesellschaft gegenüber für gleichgültig und verpflich-<br />

tungslos erklären. Das hätte einen vollständigen, auch inneren Bruch <strong>mit</strong> seiner<br />

Herkunftsfamilie und seinem

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