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Jakobs Kampf mit dem

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— 28 —<br />

und Disziplin und möglicherweise unter Einsatz von Mitteln der Täuschung ver-<br />

suchte, auf einem ganz anderen Gebiet eine vergleichbare elitäre Stellung zu er-<br />

obern. Auch dabei hatte er wiederum <strong>mit</strong> Zähigkeit und Disziplin seine körperli-<br />

chen Unzulänglichkeiten zu überwinden. Daß er diese gesteigert empfand, hat er<br />

selbst mehrfach belegt, so z.B., als er berichtete, daß er sich in seiner Jugend<br />

als häßlich und schwächlich empfand. 1) Sicherlich wurde dieses Empfinden vom Kon-<br />

trast zur heldenhaften, jugendlichen Erscheinung seiner älteren Brüder zusätzlich<br />

genährt. Wir können also an die Stelle der arglistigen Täuschung des Vaters in<br />

der <strong>Jakobs</strong>-Erzählung für Delacroix das ehrgeizige Kompensationsbedürfnis setzen,<br />

das von <strong>dem</strong> Empfinden körperlicher Minderwertigkeit ausgeht, und zur beharrlichen<br />

Verfolgung künstlerischen Ruhms führt.<br />

(19) Da<strong>mit</strong> ist zugleich eine wichtige innere Voraussetzung für die Vorzeichnung<br />

einer Künstlerkarriere gegeben. Nachträglich („Heute denke ich <strong>mit</strong> Lachen daran“)<br />

muß Delacroix seine Kindheitssituation, die einerseits durch die Ambivalenz von<br />

symbiotischer Mutterbindung und dazu korrelativer Abgrenzung von den übrigen Ge-<br />

schwistern und andererseits durch die entwicklungsmäßige Notwendigkeit, das Aus-<br />

erwählt-Sein des Muttersöhnchens durch Auserwählt-Sein qua Eigenleistung ersetzen<br />

und entsprechend die Bindung an die Mutter auflösen zu müssen, geprägt war, als<br />

segensreichen Zwang zur Entwicklung zum auserwählten Künstler, der zugleich der<br />

Stammvater der Moderne wurde, empfunden haben. Nur so läßt sich auch erklären,<br />

daß er einerseits sich immer mehr zurückzog und isolierte, andererseits aber <strong>mit</strong><br />

je<strong>dem</strong> neuen Schritt in seiner Kunstentwicklung zugleich versuchte, die übrigen<br />

Elemente seines Maler-Daeins auf dieselbe<br />

1)<br />

Vgl. Literarische Werke, hrsg. von J. Maier-Gräfe, Leipzig, 1912, S. 368, wo<br />

er im Zusammenhang der Schilderung des Stachels, den für Lord Byron, dessen<br />

verwachsener Fuß bedeutete eine Parallele zu sich selbst zieht: „Ich erinnere<br />

mich, als Knabe ähnliches empfunden zu haben. Ich habe lange Zeit manches<br />

an mir für mißraten gehalten. Meine Magerkeit, mein gelber Teint, meine<br />

scheinbare Schwäche, sogar die Form meiner Nase. Heute denke ich <strong>mit</strong> Lachen<br />

daran.“

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