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rückte hält sie zurück, prüft mich wiederholte Male aufmerksam Gesichtszug für<br />
Gesichtszug und sagt dann: ,Dieses Kind wird ein berühmter Mensch werden; aber<br />
sein Leben wird eines der mühevollsten und geplagtesten sein, das man sich vor-<br />
stellen kann, ständig Widersprüchen ausgeliefert. Sie sehen es ja: Ich arbeite<br />
und ich werde immer noch abgelehnt. So war es also doch die Vor— herbestimmtheit<br />
(“la predestination“) (Vgl. Th. Silvester, Paris 1855, S. 6o f.) - Desweiteren<br />
berichtet Delacroix von einem <strong>mit</strong> seinen Eltern befreundeten Organisten in<br />
Bordeaux, der ihm eine große Künstlerkarriere, allerdings als Musiker— prophezeit<br />
habe (vgl. Journal...).<br />
8)Für das Weitere können wir Jakob <strong>mit</strong> Eugène gleichsetzen und Esau <strong>mit</strong> den übri-<br />
gen Geschwistern von Delacroix. Eugène ist strukturell gesehen sowohl der Nach-<br />
zügler wie der retardierte Schwächere. Tatsächlich war er als Sieben-Monats-Kind,<br />
das zeitlebens kränkelte, nicht nur ein Nachzügler, sondern zugleich der körper-<br />
liche Schwächling, <strong>dem</strong> besondere Zuwendung zuteil werden mußte. Seine „erstgebo-<br />
renen“ Geschwister waren ihm gegenüber körperlich kräftige Menschen <strong>mit</strong> „rötli-<br />
cher“, d.h. blutvoller und „rauher“, d.h. strapazierfähiger Haut. Sie hatten als<br />
Normalgeborene wesentlich günstigere körperliche Lebensvoraussetzungen.<br />
9)Wie Esau waren sie Menschen der Tat, der Jagd und des Krieges. Beide älteren<br />
Brüder von Delacroix waren Soldaten, die es in der napoleonischen Armee durch<br />
Tapferkeit weit gebracht hatten. Die Schwester war ebenfalls eine tüchtige Frau.<br />
Im Louvre-Bild von David (!) tritt sie uns als kräftige, sinnliche und resolute<br />
Person entgegen.<br />
10) Entsprechend dürfen wir annehmen, daß die älteren Geschwister, die es weit<br />
gebracht hatten, <strong>dem</strong> Vater, der ja selbst zu den herausgehobenen bürgerlichen<br />
Notabeln der französischen Revolution gehörte, viel Freude bereiteten, während<br />
Eugène als schwächlicher Nachzügler dazu keine Gelegenheit mehr erhielt und mög-<br />
licherweise als Künstler auch keine Gelegenheit erhalten hätte.