Materialien für das Unterrichtsfach Deutsch
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10. Das Auge unmittelbar und <strong>für</strong> sich allein würde<br />
keine anderen Grenzen, als zwischen verschiedenen<br />
Farben, nicht aber durch die Umrisse zwischen<br />
verschiedenen Gegenständen bestimmen. Es kommt<br />
zu dieser Bestimmung nur entweder durch die<br />
tastende, also in einer Zeitfolge den Körper<br />
umgleitende Hand, oder durch die Bewegung, mit<br />
welcher ein Gegenstand sich von dem anderen<br />
losreißt. Auf <strong>das</strong> eine oder andre bauet <strong>das</strong>selbe<br />
nachher alle seine analogischen Schlüsse.<br />
11. Die schneidendsten unter allen Veränderungen<br />
in der Zeit sind diejenigen, welche die Stimme<br />
hervorbringt. Sie sind zugleich die kürzesten, und<br />
aus dem Menschen selbst mit dem Hauche, der ihn<br />
belebt, hervorgehend, und augenblicklich<br />
verhallend, bei weitem die lebendigsten und<br />
erweckendsten.<br />
12. Die Sprachzeichen sind daher notwendig Töne,<br />
und nach der geheimen Analogie, die zwischen allen<br />
Vermögen des Menschen ist, mußte der Mensch,<br />
sobald er deutlich einen Gegenstand als geschieden<br />
von sich erkannte, auch unmittelbar den Ton<br />
aussprechen, der denselben bezeichnen sollte.<br />
13. Dieselbe Analogie wirkte weiter fort. Als der<br />
Mensch Sprachzeichen suchte, hatte sein Verstand<br />
<strong>das</strong> Geschäft zu unterscheiden. Er bildete ferner<br />
dabei Ganze, die nicht wirkliche Dinge, sondern<br />
Begriffe, also eine freie Behandlung, abermalige<br />
Trennung und neue Verbindung, zulassend, waren.<br />
Diesem gemäß wählte also auch die Zunge<br />
artikulierte Töne, solche die aus Elementen<br />
bestehen, welche vielfache neue<br />
Zusammensetzungen erlauben.<br />
14. Solche Töne gibt es sonst in der ganzen übrigen<br />
Natur nicht, weil niemand, außer dem Menschen,<br />
seine Mitgeschöpfe zum Verstehen durch<br />
Mitdenken, sondern höchstens zum Handeln durch<br />
Mitempfinden einladet.<br />
15. Der Mensch nimmt daher keinen einzigen<br />
Naturlaut, roh wie er ist, in seine Sprache auf,<br />
sondern bildet immer nur einen demselben<br />
ähnlichen artikulierten.<br />
16. Er unterscheidet sogar sein eignes<br />
Empfindungsgeschrei gar sehr von der Sprache; und hierin<br />
leitet die Empfindung auch den Gebildetsten sehr richtig.<br />
Ist er so bewegt, daß er nicht mehr daran denken kann,<br />
den Gegenstand von sich selbst wenigstens in der<br />
Vorstellung loszureißen, so stößt er den Naturlaut aus; im<br />
entgegengesetzten Fall redet er, und erhöht nur den Ton<br />
nach Maßgabe seines Affekts.