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Materialien für das Unterrichtsfach Deutsch

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Materialen <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Unterrichtsfach</strong> <strong>Deutsch</strong> im Fachgymnasium<br />

Baustein A Kommunikationstheorien und -modelle<br />

A1 Der Radikale Konstruktivismus<br />

Der Aufbau von Kenntnissen über die Umwelt erfolgt zwar im Gehirn des<br />

Individuums, aber er geschieht deswegen keineswegs willkürlich, und <strong>das</strong><br />

aus verschiedenen Gründen. So wird der gehirninterne Aufbau von<br />

Umweltmodellen in lebenslangen Lernprozessen überprüft; beibehalten wird<br />

nur, was sich in der Praxis bewährt. Darüber hinaus werden die<br />

Wahrnehmungen mit sensomotorischen ,,Erfahrungen‘‘ verglichen und<br />

eingeordnet, <strong>das</strong> heißt, Gesichtssinn, Gleichgewichtssinn und<br />

Bewegungsmotorik arbeiten ständig zusammen. Hinzu kommt:<br />

Ohne unser Gedächtnis, also ohne frühere Erfahrungen, deren Ergebnisse wir<br />

heute wieder bewußtmachen können, wäre keine Wahrnehmung möglich. Wir<br />

machen Erfahrungen und wir lernen, weil wir schon etwas wissen, sei es aus<br />

eigener, sei es aus fremder Erfahrung, die im ,,sozialen Gedächtnis‘‘<br />

aufbewahrt wird. Und noch ein entscheidender Punkt: Die Ausbildung und<br />

Bestätigung von Objektvorstellungen, also von stabil bleibenden<br />

Gegenständen in unserer Umwelt, ist nur im sozialen Kontakt mit anderen<br />

Menschen möglich. Im ständigen Erproben, Bestätigen und Verwerfen von<br />

individuellen Objekt- und Sinnkonstruktionen, im Umgang und Austausch<br />

mit anderen Menschen wird - laut oder stillschweigend - ausgehandelt, was<br />

in einer gesellschaftlichen Gruppe als ,,wirklich‘‘ gilt. Insofern konstruiert<br />

unser Gehirn eine soziale Wirklichkeit, obwohl es kein ,,Fenster nach<br />

draußen‘‘ hat. /.../<br />

Subjektabhängigkeit jeder Erkenntnis und erfolgreiches technisches Operieren<br />

in der Umwelt widersprechen sich deshalb nicht, weil der Mensch im<br />

gesellschaftlichen Kontext durch Handeln und Kommunizieren erkennt. Wir<br />

erzeugen die Welt, in der wir leben, indem wir sie leben, sagt MATURANA zu<br />

Recht. 20 Und deshalb muß die Welt, die der Einzelne in der Gesellschaft erlebt,<br />

auch so sein, wie sie ihm erscheint, weil er sie mit anderen so gemacht hat<br />

und sie ihm dann wie eine Bestätigung der Richtigkeit seiner<br />

Wirklichkeitskonstruktion erscheint. Erfolgreiche Umweltorientierung setzt<br />

daher keineswegs eine genaue Abbildung einer objektiven Wirklichkeit im<br />

Gehirn voraus. Menschen, als lebende Systeme, arbeiten wie hypothetische<br />

Realisten: induktiv und prognostisch. Was einmal geschehen ist, wird wieder<br />

erwartet; und wiederholt wird nur <strong>das</strong>, was funktioniert hat. Die<br />

Vergleichbarkeit der jeweils subjektabhängig erzeugten Wirklichkeitsmodelle<br />

wird allein durch die biologisch vergleichbare Organisation der Menschen<br />

sowie durch die soziale Kontrolle der Modellkonstruktion durch Bewährung<br />

und Übereinstimmung hergestellt.<br />

Auch wissenschaftliche Erkenntnis ist strikt subjektabhängig. Ihre sog.<br />

Exaktheit und Objektivität beruhen nicht auf Realitätsübereinstimmung,<br />

sondern resultieren aus der kulturellen Einheitlichkeit der Wissenschaftler, die<br />

sich auf bestimmte Kriterien und Methoden im wissenschaftlichen Handeln<br />

geeinigt haben.<br />

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