Materialien für das Unterrichtsfach Deutsch

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13.01.2013 Aufrufe

Materialen für das Unterrichtsfach Deutsch im Fachgymnasium 6

Materialen für das Unterrichtsfach Deutsch im Fachgymnasium Baustein A Kommunikationstheorien und -modelle A1 Der Radikale Konstruktivismus Der Radikale Konstruktivismus oder Wahrnehmung als eigenaktives Konstruieren Wie wir wahrnehmen und erkennen Lehrer-/Lehrerinneninformation/1 Einführung: Um genauer umreißen zu können, wie wir miteinander kommunizieren, wie wir verstehen, wie wir unseren Beitrag in einem Gespräch einschätzen und mit „welchen Augen“ wir den Beitrag des anderen „sehen“, müsste zunächst ansatzweise geklärt werden, wie unsere Wirklichkeitsauffassungen zustande kommen. Fragen wie: „Was beeinflusst oder bestimmt unsere WAHRNEHMUNG?“, „Wie erkennen wir Wirklichkeit ?“ haben eine erkenntnistheoretische Qualität. Eine Beschreibung von Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Wahrnehmung muss immer auch die Rolle von kommunikativen Prozessen, also auch sozialen Prozessen einbeziehen, denn das eigene Erkennen ist ohne die anderen Menschen nicht denkbar. Die Theorie des Radikalen Konstruktivismus ist durch neurobiologische Erkenntnisse aus der Gehirnforschung der letzten drei Jahrzehnte zu einer bedeutenden wissenschafts-theoretischen Position geworden. Der chilenische Biologe Humberto Maturana formuliert in seinem Werk die grundlegende These der Konstruktivisten: „Wir erzeugen /.../ buchstäblich die Welt, in der wir leben, indem wir sie leben.“ und „Unser Ausgangspunkt war die Feststellung, daß alles Erkennen ein Tun des Erkennenden ist und daß jedes Erkennen von der Struktur des Erkennenden abhängt.“ (Maturana, Humberto R.; Varela, Francisco J.: Der Baum der Erkenntis. Bern und München 1984. S. 40) Der Radikale Konstruktivismus leugnet nicht die Existenz einer objektiven Realität, einer Welt außer uns. Er macht jedoch keine Aussagen über deren Ähnlichkeit mit unserer Erlebniswirklichkeit, eben weil unsere Wahrnehmungswelt letztlich ein Produkt unseres Gehirns sei. So spricht etwa der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick von „Wirklichkeitskonstruktionen“ und stellt in einem Buch provokant die Frage „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ Vielleicht stößt für Sie der Gedanke, dass die Wirklichkeit, die wir erleben, unsere eigene Konstruktion sei, beim ersten Lesen auf Ablehnung. Es ist jedoch die alltägliche Erfahrung, dass verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Wirklichkeiten/Wirk-lichkeitswahrnehmungen leben. So Seite A1 von 60

Materialen <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Unterrichtsfach</strong> <strong>Deutsch</strong> im Fachgymnasium<br />

Baustein A Kommunikationstheorien und -modelle<br />

A1 Der Radikale Konstruktivismus<br />

Der Radikale Konstruktivismus oder<br />

Wahrnehmung als eigenaktives Konstruieren<br />

Wie wir wahrnehmen und erkennen<br />

Lehrer-/Lehrerinneninformation/1<br />

Einführung:<br />

Um genauer umreißen zu können, wie wir miteinander kommunizieren, wie wir<br />

verstehen, wie wir unseren Beitrag in einem Gespräch einschätzen und mit<br />

„welchen Augen“ wir den Beitrag des anderen „sehen“, müsste zunächst<br />

ansatzweise geklärt werden, wie unsere Wirklichkeitsauffassungen zustande<br />

kommen.<br />

Fragen wie: „Was beeinflusst oder bestimmt unsere WAHRNEHMUNG?“, „Wie<br />

erkennen wir Wirklichkeit ?“ haben eine erkenntnistheoretische Qualität.<br />

Eine Beschreibung von Möglichkeiten und Grenzen menschlicher<br />

Wahrnehmung muss immer auch die Rolle von kommunikativen Prozessen,<br />

also auch sozialen Prozessen einbeziehen, denn <strong>das</strong> eigene Erkennen ist ohne<br />

die anderen Menschen nicht denkbar.<br />

Die Theorie des Radikalen Konstruktivismus ist durch neurobiologische<br />

Erkenntnisse aus der Gehirnforschung der letzten drei Jahrzehnte zu einer<br />

bedeutenden wissenschafts-theoretischen Position geworden.<br />

Der chilenische Biologe Humberto Maturana formuliert in seinem Werk die<br />

grundlegende These der Konstruktivisten:<br />

„Wir erzeugen /.../ buchstäblich die Welt, in der wir leben, indem wir sie<br />

leben.“ und „Unser Ausgangspunkt war die Feststellung, daß alles Erkennen ein<br />

Tun des Erkennenden ist und daß jedes Erkennen von der Struktur des<br />

Erkennenden abhängt.“ (Maturana, Humberto R.; Varela, Francisco J.: Der Baum<br />

der Erkenntis. Bern und München 1984.<br />

S. 40)<br />

Der Radikale Konstruktivismus leugnet nicht die Existenz einer objektiven<br />

Realität, einer Welt außer uns. Er macht jedoch keine Aussagen über deren<br />

Ähnlichkeit mit unserer Erlebniswirklichkeit, eben weil unsere<br />

Wahrnehmungswelt letztlich ein Produkt unseres Gehirns sei. So spricht etwa<br />

der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick von<br />

„Wirklichkeitskonstruktionen“ und stellt in einem Buch provokant die Frage<br />

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“<br />

Vielleicht stößt <strong>für</strong> Sie der Gedanke, <strong>das</strong>s die Wirklichkeit, die wir erleben,<br />

unsere eigene Konstruktion sei, beim ersten Lesen auf Ablehnung. Es ist<br />

jedoch die alltägliche Erfahrung, <strong>das</strong>s verschiedene Menschen mit<br />

unterschiedlichen Wirklichkeiten/Wirk-lichkeitswahrnehmungen leben. So<br />

Seite A1 von 60

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