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Tempodrom – Berliner Kulturzirkus mit Zukunft - Fassade

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FASSADEN-ARCHITEKTUR<br />

48<br />

<strong>Tempodrom</strong> <strong>–</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Kulturzirkus</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Vor etwa 20 Jahren ging eine spektakuläre<br />

Headline durch die internationale<br />

Presse, die alle Leser zum Staunen<br />

brachte: „Krankenschwester erbt Millionen“.<br />

. . Statt gewinnträchtig zu investieren,<br />

erfüllte sich die private Investorin Irene<br />

Moessinger aus Berlin damals <strong>mit</strong> dieser<br />

Erbschaft ihren Kindheitstraum. Sie<br />

kaufte sich ein Zirkuszelt und gründete<br />

1980 am Potsdamer Platz, im Schatten<br />

der <strong>Berliner</strong> Mauer, das <strong>Tempodrom</strong>.<br />

Der Wanderzirkus bot an seinen <strong>Berliner</strong><br />

Standorten immer etwas Besonderes. Heute<br />

in eine Stiftung bürgerlichen Rechts<br />

umgewandelt, veranstaltet die private Stiftungs-Initiative<br />

ein alle Genres umfassendes<br />

Kulturangebot für das breite Publikum.<br />

Im Laufe der Jahre entwickelte sich das<br />

<strong>Tempodrom</strong> <strong>mit</strong> seiner enormen Pro-<br />

FASSADE 1/2002<br />

grammvielfalt zu einer einmaligen Kulturinstitution.<br />

Nachdem der Zirkus im Tiergarten<br />

wieder einmal seine Zelte abbrechen<br />

und dem Neubau des Bundeskanzleramts<br />

weichen musste, konnte die Stiftungs-Initiative<br />

im Winter 2001 in ein neu<br />

erbautes Veranstaltungsgebäude am traditionellen<br />

Anhalter Bahnhof in Berlin-<br />

Kreuzberg den Spielbetrieb wieder aufnehmen.<br />

Durch den Abriss des Anhalter Bahnhofs<br />

im Jahre 1959 entstand dort zwischen<br />

Askanischem Platz und Landwehrkanal eine<br />

ausgedehnte Freifläche, die <strong>mit</strong> Fragmenten<br />

von Bahnsteigen und Gleisanlagen<br />

im südlichen Teil an den einstigen Bahndamm<br />

erinnert, während der nördliche, auf<br />

Straßenniveau gelegene Teil <strong>mit</strong> der Ruine<br />

des Portals die Dimension der einstigen<br />

Bahnhofshalle noch heute erahnen lässt.<br />

Die Bühne städtischen Lebens<br />

Auf dieser ausgedehnten Freifläche, dem<br />

ehemals bedeutendsten Bahnknotenpunkt<br />

Europas, entstand nach den Plänen<br />

des Architekturbüros von Gerkan, Marg<br />

und Partner, Berlin, ein faszinierendes,<br />

neues Veranstaltungsgebäude. Hier steht<br />

das <strong>Tempodrom</strong> wieder am historisch<br />

richtigen Platz, baut auf bewährte Tradition<br />

und auf die aufregend neuen Möglichkeiten,<br />

die sich <strong>mit</strong> einem festen Haus<br />

im Zentrum der Bundeshauptstadt ergeben.<br />

Übergeordnetes Planungsziel des<br />

städtebaulichen Konzeptes war es deshalb,<br />

den Baukörper selbst als öffentliche<br />

und begehbare Platzanlage um das Zeltdach<br />

herum zu definieren und ihn gleichermaßen<br />

als Teil einer Promenade von


der Ruine des Portals über die Gleisanlagen<br />

hinweg bis weit nach Schöneberg<br />

hinein zu begreifen.<br />

Das Gebäude reagiert auf die genannten<br />

Planungsziele in Form einer gebäudebreiten<br />

Freitreppe im Norden, in die der Eingang<br />

zum Foyer <strong>mit</strong> einer großen Öffnung<br />

gleichsam eingeschnitten ist. Sie<br />

führt hinauf zu einer holzbeplankten<br />

Dachterrasse, die im Sommer als Biergarten<br />

genutzt wird und wieder hinab auf<br />

die ehemaligen Bahnsteige. Die Offenheit<br />

dieser Konzeption erlaubt die Zugänglichkeit<br />

für jedermann.<br />

Das skulpturale Zeltdach<br />

Aber nicht nur die Planung begeistert,<br />

sondern auch die märchenhafte Architektur<br />

und die besondere Bauausführung.<br />

Den baulichen Höhepunkt bildet die 37 m<br />

hohe Dachkonstruktion über der großen<br />

Arena, durch deren Öffnungen im Zenit<br />

Tageslicht in die Spielstätte fällt. Großformatige<br />

<strong>Fassade</strong>n in den Dachfalten<br />

stellen einen intensiven Außenbezug zur<br />

Dachterrasse <strong>mit</strong> Ausblick in den umliegenden<br />

Park dar. Das Faltwerk ruht filigran<br />

auf zwölf walzenförmigen Lagern,<br />

die dessen Lasten in das Sockelbauwerk<br />

ableiten. Die expressive Dachform schafft<br />

einen visuellen Fixpunkt im heterogenen<br />

städtebaulichen Umfeld und ver<strong>mit</strong>telt<br />

auf diese Weise Orientierung und Übersichtlichkeit.<br />

Die Dachkonstruktion des<br />

neuen Veranstaltungsgebäudes fällt<br />

schon von weitem auf. Ein richtiges Zirkuszelt<br />

bedeckt die ca. 2 900 m 2 große<br />

Fläche der Arena unter dem Zeltdach.<br />

Ganz zweifellos stellt die symbolhafte<br />

Form jedoch eine bauliche Interpretation<br />

und Reminiszenz des Phänomens dar,<br />

welches die Identität des <strong>Tempodrom</strong>s für<br />

alle Besucher und Freunde in der Vergangenheit<br />

prägte <strong>–</strong> das Erlebnis des Zeltraumes.<br />

Mit der Ausführung des Zeltdaches wurde<br />

der Verarbeitungsbetrieb Dachland<br />

GmbH aus Dahlewitz bei Berlin beauftragt.<br />

Die Dachfläche besteht aus vorgefertigten<br />

Betonfertigelementen in B-45-<br />

Qualität. Darauf wurde werkseitig zu<br />

75% eine Dampfsperre aufgebracht, weitere<br />

25% der Dampfsperre konnte auf der<br />

Baustelle montiert werden. Für die Dämmung<br />

des Daches wählten die versierten<br />

Dachland-Dachdecker die Dämmstoffelemente<br />

von Rockwool, Typ Durock, Stärke<br />

180 mm. Die mechanische Befestigung<br />

erfolgte <strong>mit</strong> den bewährten SFS Befestigern<br />

für Beton, Typ Spike D 197 <strong>–</strong> 6,3 x<br />

229 und den Tellern IRD 82 x 40.<br />

Die Dachabdichtung erfolgte <strong>mit</strong> weiß<br />

eingefärbten Polyolefin-Dachabdichtungsbahnen,<br />

einer Sonderanfertigung von<br />

Sarnafil, Typ TS 77-20 E, 2 mm stark. Insgesamt<br />

ca. 9 000 m 2 Material sind für<br />

dieses Objekt vorkonfektioniert und nach<br />

exaktem Verlegeplan eingebaut worden.<br />

Die Befestigung der Dachbahnen erfolgte<br />

<strong>mit</strong> dem Sarnafil Schienensystem. Die<br />

spektakuläre Dachform erforderte insgesamt<br />

2 000 Meter Sarnafil Schienen und<br />

mehr als 30 000 SFS-Befestiger.<br />

Der Neubau am Anhalter Bahnhof wird<br />

im Rahmen des Umwelt-Förder-Programmes<br />

durch die Europäische Union unterstützt.<br />

Hierzu wurde das Gebäude in einer<br />

sehr hohen thermischen Qualität ausgeführt.<br />

Durch erhöhten Wärmeschutz im<br />

Bereich der Grundflächen, Wände,<br />

Decken und des zeltförmigen Daches und<br />

der Rückgewinnung der im Gebäude anfallenden<br />

Wärme war es möglich, die erst<br />

kürzlich verschärften Anforderungen der<br />

Wärmeschutzverordnung deutlich zu unterschreiten.<br />

In dem neuen Domizil am Anhalter Bahnhof<br />

lässt sich ein immens breitgefächertes<br />

kulturelles Angebot <strong>–</strong> von experimentellen<br />

Ausdrucksformen bis hin zu volksnahen<br />

Massenveranstaltungen <strong>–</strong> konstant<br />

weiterführen und um Dimensionen erweitern,<br />

die sich durch den rapiden Wandel<br />

der gesellschaftlichen Verhältnisse ergeben<br />

haben. Neben den klassischen Veranstaltungen,<br />

die in ihrer interessanten<br />

Mischung das <strong>Tempodrom</strong> in seiner<br />

FASSADEN-ARCHITEKTUR<br />

zwanzigjährigen Zirkusgeschichte weltberühmt<br />

machten, werden in dem neuen<br />

Haus nun auch Programmschwerpunkte<br />

realisiert, die im saisonalen Betrieb in den<br />

„fliegenden Bauten“ an verschiedenen<br />

<strong>Berliner</strong> Standorten nur bedingt zu integrieren<br />

waren. sr<br />

Bautafel<br />

Fotos: Deutsche Rockwool<br />

Bauherr: Stiftung neues <strong>Tempodrom</strong>,<br />

Berlin<br />

Planung/Architekten: Gerkan,<br />

Marg und Partner, Berlin<br />

Ausführungsarbeiten Zeltdach:<br />

Dachland GmbH, Dahlewitz bei Berlin<br />

Dämmung: Deutsche Rockwool<br />

GmbH & Co. oHG<br />

Befestigung: SFS intec GmbH & Co. KG<br />

FasteningSystems, Oberursel/Ts.<br />

FASSADE 1/2002<br />

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