Medizin - Berliner Ärzteblatt
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Ärztemangel<br />
Stipendien für junge Ärzte<br />
Die Bedingungen für Ärzte in ländlichen Gebieten sind stark verbesserungsbedürftig. Nicht ohne<br />
Grund haben diese Regionen enorme Probleme, Nachwuchs zu finden. Jetzt wird über Möglichkeiten<br />
nachgedacht, die Versorgungslücke zu schließen.<br />
Bad Wurzach. Kurhaus. Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla<br />
Schmidt hat sich angekündigt.<br />
Sie soll an einer Diskussion über<br />
das Gesundheitssystem teilnehmen.<br />
Die Ministerin verspätet<br />
sich. Um eine Viertelstunde.<br />
Doch dann sagt sie Worte, die die<br />
Leute hier gerne hören. „Wir versuchen<br />
seit Jahren die Situation auf<br />
dem Land zu verbessern. Ich weiß,<br />
dass die Hausärzte hier in den<br />
ländlichen Regionen rund um die<br />
Uhr arbeiten und <strong>Medizin</strong>er und<br />
Seelsorger in einem sind.“<br />
Und weil sie gerade so gut im<br />
Zug ist, setzt sie noch einen drauf.<br />
Die Bedingungen für junge Ärzte<br />
müssten verbessert werden, damit<br />
der Nachwuchs den Weg aufs<br />
Land finde. Der Landarzt dürfe<br />
nicht „zum auslaufenden Modell“,<br />
werden, warnt die Ministerin.<br />
Es sei beispielsweise zu überlegen,<br />
ob die Länder Stipendien zahlten,<br />
die die angehenden Ärzte bei<br />
einer Niederlassung im ländlichen<br />
Raum nicht zurückzahlen müssten.<br />
„Ich kann niemanden zwingen,<br />
dort und dort Arzt zu werden,<br />
aber ich bin sicher, wenn die jungen<br />
Leute die Zweifel an der länd-<br />
lichen, einsamen Region verlieren<br />
und sehen, was hier geboten wird –<br />
die bleiben nach ihrem Stipendium<br />
gerne hier“, sagt Schmidt.<br />
Das Städtische Klinikum Brandenburg<br />
geht bereits neue Wege<br />
bei der Suche nach jungen Ärzten.<br />
Es will Stipendien an <strong>Medizin</strong>studenten<br />
vergeben. Wer sich<br />
dazu verpflichtet, nach seiner Aus-<br />
bildung mindestens drei Jahre<br />
lang als Arzt in einer Abteilung<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> (Rotes Blatt) 12/2008/121/ 41<br />
des Klinikums zu<br />
arbeiten, soll während<br />
des Studiums<br />
500 Euro im Monat<br />
Zuschuss bekommen.<br />
Es kann auch<br />
etwas mehr sein,<br />
denn ein Zuschuss<br />
zum Beispiel für<br />
Nachhilfestunden<br />
in bestimmten Fächern des Studiums<br />
winkt.<br />
Der „Märkischen Allgemeinen“<br />
verriet Geschäftsführerin Gabriele<br />
Wolter, dass das städtische Krankenhaus<br />
fünf Stipendien vergeben<br />
will. Ab sofort könne sich jeder<br />
<strong>Medizin</strong>student darum bewerben,<br />
unabhängig davon, an<br />
welcher Universität und in welchem<br />
Semester er oder sie sich<br />
befinde. Eine Auswahlkommission<br />
soll die Bewerbungen sichten<br />
und über die Vergabe der Stipen-<br />
dien entscheiden. Nach Anga-<br />
ben der Verwaltungschefin lässt<br />
das Klinikum sich diese Ausgabe<br />
6 000 Euro im Jahr kosten.<br />
„Wenn ich sehe, was wir sonst<br />
für die Personalwerbung ausgeben,<br />
ist das nicht zu viel“, sagt<br />
Wolter der Zeitung. Das Krankenhaus<br />
wolle sich auf diese Weise<br />
einen Teil seines künftigen ärztlichen<br />
Nachwuchses sichern.<br />
Mindestens drei Jahre Tätigkeit<br />
als Arzt im Klinikum sorgen da-<br />
für, dass man das Stipendium nicht<br />
zurückzahlen muss. Wer nicht<br />
nach Brandenburg kommt, muss<br />
das Stipendium wie ein Darlehen<br />
ans Klinikum zurückzahlen.<br />
Auch in Nordrhein-Westfalen<br />
will Gesundheitsminister Karl-<br />
Josef Laumann mit einem „Aktionsbündnis<br />
zur Verbesserung der<br />
hausärztlichen Versorgung“ dem<br />
drohenden Ärztemangel in ländlichen<br />
Regionen Einhalt gebieten.<br />
Seit Ende 2007 besteht das<br />
Bündnis, das die Zahl der Lehrstühle<br />
für Allgemeinmedizin erhöhen,<br />
Zugangsbeschränkungen<br />
für das <strong>Medizin</strong>studium lockern<br />
sowie Zuschüsse für die Fach-<br />
arztausbildung zum Allgemeinmediziner<br />
für Hausärzte in „Not-<br />
standsgebieten“ und für Praxismieten<br />
zahlen soll.<br />
1,5 Mio. Euro will das Land zur<br />
Verfügung stellen. Die Kreise wollen<br />
den Erfolg der Maßnahmen<br />
des Landes genau prüfen, aber<br />
möglichst mit eigenen, ergänzenden<br />
Maßnahmen das Aussterben<br />
des Berufes „Landarzt“ verhin-<br />
dern. Deshalb könne man sich<br />
durchaus vorstellen, an Universitäten<br />
offensiv für Standorte zu<br />
werben, um auf diese Weise junge<br />
<strong>Medizin</strong>er aufs Land zu locken.<br />
Bereits jetzt suchten viele<br />
Hausärzte einen Nachfolger für<br />
ihre Praxen, die sie aus Altersgründen<br />
nicht mehr weiterführen<br />
könnten. Den Patienten müs-<br />
se eine wohnortnahe Hausarztversorgung<br />
erhalten bleiben.<br />
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Politik