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Erziehungs- und Bildungspartnerschaft - EEB Niedersachsen

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Abschlussbericht<br />

<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

Der ungehobene Schatz<br />

für Kindertageseinrichtungen,<br />

Schulen <strong>und</strong> Eltern<br />

Ein Projekt von


Träger <strong>und</strong> Beteiligte<br />

Katholische Erwachsenenbildung<br />

im Lande <strong>Niedersachsen</strong> e.V.<br />

Gerberstr. 26, 30169 Hannover<br />

Tel.: 0511/348500<br />

www.keb-nds.de<br />

Evangelische Erwachsenenbildung <strong>Niedersachsen</strong><br />

Archivstr. 3, 30169 Hannover<br />

Tel.: 0511/1241-413<br />

www.eeb-niedersachsen.de<br />

Das Projekt wurde aus Mitteln der Klosterkammer<br />

Hannover gefördert. Die wissenschaftliche Begleit-<br />

forschung wurde von der Agentur für Erwachsenen-<br />

<strong>und</strong> Weiterbildung finanziell ermöglicht.<br />

Projekt-Beirat<br />

Knuth Erbe, Niedersächsisches Kultusministerium<br />

Franz Thalmann, Hauptabteilung Bildung im<br />

Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim<br />

Dr. Sabine Kirk, Universität Hildesheim<br />

Christel Wolf, Agentur für Erwachsenen- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung, Hannover<br />

Matthias Kern, Vorsitzender des Niedersächsischen<br />

Landeselternrats<br />

Steuerungsgruppe:<br />

Petra Völker-Meier, Wilhelm Niedernolte,<br />

Ursula Schirakowski, Heinz Niepötter<br />

(zeitweise: Hubert Stuntebeck, Reinhard Hohmann)<br />

Beteiligte Einrichtungen<br />

Katholische Erwachsenenbildung<br />

Cloppenburg/Friesoythe<br />

Ansprechpartner: Nicola Fuhler<br />

Cloppenburg Schulzentrum „Pingel Anton“/Galgenmoor<br />

Ansprechpartner: Stephan Müller<br />

Katholische Familienbildungsstätte Hildesheim<br />

Ansprechpartnerin: Renate Schenk<br />

Ev. <strong>und</strong> Kath. Erwachsenenbildung Oldenburg<br />

Ansprechpartnerinnen: Ursula Schirakowski <strong>und</strong><br />

Barbara Heinzerling<br />

Ev. Erwachsenenbildung Nordhorn (Standort: Uelsen)<br />

Ansprechpartnerin: Cora Börgeling<br />

Ev. Kindertagesstätten Jork <strong>und</strong> Steinkirchen (bei Stade)<br />

Ansprechpartnerin: Elke Alsago<br />

Laufzeit:<br />

April 2006 bis März 2010<br />

Redaktion:<br />

Reinhard Hohmann


Inhalt<br />

Vorwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Heinz Niepötter, Wilhelm Niedernolte<br />

Das Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“: Zielsetzungen, Verlauf <strong>und</strong> Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Ursula Schirakowski<br />

<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> – eine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

Petra Völker Meier<br />

<strong>Erziehungs</strong>partnerschaft – Zusammenarbeiten für Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

Martin R. Textor<br />

Berichte aus den Standorten<br />

– Friesoythe: Eltern machen Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

– Das Cloppenburger Modell – Partnerschaft zwischen Eltern <strong>und</strong> der HRS Pingel Anton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

– Hildesheim: Elternarbeit an der Don Bosco Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

– Oldenburg: „Ein Stadtteil für starke Kinder“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

– Uelsen: Durch Zusammenarbeit mit Eltern leichte Übergänge schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

– Altes Land: <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> in Kindertagesstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

Autorinnen <strong>und</strong> Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

3


In den letzten fünf Jahren hat die Klosterkammer<br />

Hannover dem gemeinsamen Projekt „<strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“ von evangelischer<br />

<strong>und</strong> katholischer Erwachsenenbildung in<br />

<strong>Niedersachsen</strong> insgesamt 80.000 EUR aus Mitteln<br />

des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds<br />

zugewendet.<br />

An ausgewählten Orten wurden Partnerschaften<br />

zwischen verschiedenen Schulformen <strong>und</strong> Kindertagesstätten,<br />

Eltern, Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrern, Erzieherinnen<br />

<strong>und</strong> Erziehern, Sozialpädagoginnen <strong>und</strong> -pädagogen eingerichtet<br />

<strong>und</strong> unterstützt, Fortbildungen <strong>und</strong> Zukunftswerkstätten<br />

ermöglicht <strong>und</strong> durchgeführt, gleichzeitig aber auch<br />

für die wissenschaftliche Begleitung <strong>und</strong> Evaluation gesorgt.<br />

Aus zwei Gründen haben wir diese umfangreiche Maßnahme<br />

gerne gefördert. Zum Einen handelt es sich hier um<br />

ein Vorhaben, das in besonderer Weise der Gr<strong>und</strong>aufgabe<br />

von Klosterkammer <strong>und</strong> Klosterfonds entspricht. Georg IV.,<br />

der spätere König von Hannover, England <strong>und</strong> Irland formuliert<br />

im Gründungspatent als gr<strong>und</strong>sätzliches Ziel: „auf<br />

eine, den Erfordernissen der Zeiten angemessene Art, die<br />

geistlichen Bedürfnisse [der Menschen im Land] nach<br />

Möglichkeit zu befriedigen“. Gemeint ist hier ein Zugehen<br />

auf den konkreten Menschen mit seinen geistlichen, d.h.<br />

religiösen, aber ganz selbstverständlich auch kulturellen<br />

<strong>und</strong> sozialen Bedürfnissen in konkreten gesellschaftlichen<br />

Zusammenhängen.<br />

4<br />

Zwei niedersächsische Bildungsträger haben sich<br />

gemeinsam den „Erfordernissen der Zeit“ gestellt<br />

<strong>und</strong> die Entwicklung von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong>en als wichtige Aufgabe<br />

identifiziert. Damit können heute die Bedürfnisse<br />

junger, zum Teil benachteiligter Menschen aufgenommen<br />

werden. Die individuelle Begleitung <strong>und</strong><br />

Unterstützung auf ihrem Weg ist erkennbar eine<br />

Hilfe, diese jungen Menschen zu stärken <strong>und</strong> ihnen Chancen<br />

für den Lebens- <strong>und</strong> Berufsweg zu eröffnen.<br />

Dass zwei Bildungsträger, die unterschiedlichen Konfessionen<br />

angehören, diese Aufgabe gemeinsam entwickelt<br />

haben <strong>und</strong> wahrnehmen, war ein zweiter Gr<strong>und</strong> für unsere<br />

Entscheidung, das Projekt zu fördern. Das Gründungspatent<br />

spricht ausdrücklich davon, dass die Erträge des<br />

Stiftungsvermögens „zum wahren Besten Unserer Unterthanen<br />

jeder christlichen Confession“ verwendet werden<br />

sollen. Auch wenn es hier anachronistisch wäre, von einem<br />

ökumenischen Anliegen Georgs IV. zu sprechen, war es<br />

doch seit Beginn Verpflichtung der Klosterkammer, Anliegen<br />

evangelischer wie katholischer Christen in ihrem Fördergebiet<br />

zu unterstützen.<br />

Sigrid Maier-Knapp-Herbst<br />

Präsidentin der Klosterkammer Hannover


Vorwort<br />

Noch nie zuvor in der Geschichte der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland standen Bildungs- <strong>und</strong> Familienpolitik so sehr<br />

im Zentrum der gesellschaftlichen Debatte wie heute. Ernst<br />

zu nehmende Kritiker wie der Mainzer Sozialethiker Gerhard<br />

Kruip, bis vor kurzem Leiter des Forschungsinstituts für<br />

Philosophie in Hannover, sehen sogar hierzulande das<br />

Gr<strong>und</strong>recht auf Bildung gefährdet <strong>und</strong> führen dabei nicht<br />

nur die mangelnde Integration von jungen Migrant/innen<br />

<strong>und</strong> den seit Jahren diskutierten eklatanten Zusammenhang<br />

zwischen Schulerfolg <strong>und</strong> sozialer Herkunft ins Feld,<br />

sondern auch die lückenhafte Frühförderung in den ersten<br />

sechs Lebensjahren. Sie ist dafür verantwortlich, dass sich<br />

Defizite – etwa bei der Sprach- oder Sozialkompetenz –<br />

beim Schuleintritt fatal auswirken, die eigentlich frühzeitig<br />

hätten behoben werden können. Sie trägt auch dazu bei,<br />

dass die Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Beruf für viele junge<br />

Paare ein weit größeres Problem darstellt als in den meisten<br />

anderen europäischen Ländern.<br />

Dies ist der Hintergr<strong>und</strong>, vor dem das hier präsentierte<br />

Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> – der ungehobene<br />

Schatz für Kindertageseinrichtungen, Schulen<br />

<strong>und</strong> Eltern“ gesehen werden muss. Denn neben den „harten“<br />

Faktoren – Ausbau der frühkindlichen Betreuung,<br />

Profilierung der Hauptschule, Zusatzangebote für Schulabgänger<br />

ohne Abschluss – müssen die „weichen“ Faktoren<br />

für bessere Startchancen unserer Kinder verstärkt in den<br />

Blick genommen werden. Zentral ist dabei das intensive<br />

Zusammenwirken zwischen Elternhaus <strong>und</strong> Bildungseinrichtung.<br />

Ihm hat sich das vierjährige Projekt der Evangelischen<br />

<strong>und</strong> Katholischen Erwachsenenbildung in <strong>Niedersachsen</strong><br />

gewidmet.<br />

Am Ende sind wir davon überzeugt, dass ein vertrauensvolles<br />

Aufeinanderzugehen von Eltern, Erzieherinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrkräften im Einzelfall weit mehr für Kinder erreichen<br />

kann als so manche Strukturreform. Und: Die hier dokumentierten<br />

Beispiele gelungener Praxis zeigen, dass es<br />

vielfältige Möglichkeiten für eine echte <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong> gibt. Dabei haben wir das Reservoire<br />

der Möglichkeiten sicher längst nicht ausgeschöpft, aber<br />

– so ist zu hoffen – manche Anregung zur Nachahmung<br />

geben können.<br />

Wir danken den beteiligten Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />

vor Ort für Ideenreichtum <strong>und</strong> Kreativität, besonders<br />

aber für die Hartnäckigkeit bei der Umsetzung ihrer Projekte.<br />

Der Klosterkammer Hannover <strong>und</strong> der Agentur für Erwachsenen-<br />

<strong>und</strong> Weiterbildung gebührt Dank für die großzügige<br />

finanzielle Förderung, ohne die dieses Vorhaben<br />

nicht hätte realisiert werden können.<br />

Hannover, im Mai 2010<br />

Wilhelm Niedernolte<br />

Evangelische Erwachsenenbildung <strong>Niedersachsen</strong><br />

Heinz Niepötter<br />

Katholische Erwachsenenbildung <strong>Niedersachsen</strong><br />

5


Das Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“ –<br />

Zielsetzungen, Verlauf <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

Ursula Schirakowski<br />

1. Zielsetzungen<br />

Auf dem Weg zu einer kinderfre<strong>und</strong>lichen Gesellschaft<br />

müssen Elternhaus, Kindergarten <strong>und</strong> Schule zusammen<br />

arbeiten. Dazu brauchen wir <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>en.<br />

Das Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

– der ungehobene Schatz für Kindertageseinrichtungen,<br />

Schulen <strong>und</strong> Eltern“ hat dazu in den vergangenen<br />

vier Jahren Wege erarbeitet – in unterschiedlichen Regionen<br />

des Landes <strong>Niedersachsen</strong>, bezogen auf verschiedene<br />

Altersgruppen der Kinder, mit unterschiedlichen Projektideen<br />

<strong>und</strong> geleitet <strong>und</strong> koordiniert von der Evangelischen <strong>und</strong><br />

Katholischen Erwachsenenbildung.<br />

Das Projekt wurde 2006 begonnen. Es hat sich zum<br />

Ziel gesetzt, Initiativen an ausgewählten Orten über einen<br />

längeren Zeitraum zu fördern, die Umsetzung zu begleiten<br />

<strong>und</strong> abgesicherte Gr<strong>und</strong>lagen für ihre Verbreitung zu schaffen.<br />

Denn es ist trotz vieler, oft origineller Anläufe, die in<br />

den letzten Jahren beobachtet werden konnten, keineswegs<br />

überall selbstverständlich, dass Eltern, Erzieher/innen<br />

<strong>und</strong> Lehrkräfte vertrauensvoll aufeinander zugehen<br />

<strong>und</strong> längerfristig miteinander kooperieren. Obwohl die Idee<br />

der Partnerschaft in Bildung <strong>und</strong> Erziehung keineswegs<br />

neu ist <strong>und</strong> mittlerweile Eingang in Erlasse <strong>und</strong> Rahmenpläne<br />

gef<strong>und</strong>en hat, setzt sie sich im pädagogischen Alltag<br />

der Schulen <strong>und</strong> Kindertagesstätten eher zögerlich durch.<br />

Unser Projekt wollte also auch möglichen Hemmnissen auf<br />

die Spur kommen <strong>und</strong> ihnen gelungene Beispiele entgegen<br />

setzen.<br />

Evangelische <strong>und</strong> Katholische Erwachsenenbildung in<br />

<strong>Niedersachsen</strong> (<strong>EEB</strong>/KEB) können auf eine langjährige<br />

vertrauensvolle Kooperation zurückblicken. Sie verfügen<br />

über intensive Erfahrungen im Feld der Eltern- <strong>und</strong> Famili-<br />

enbildung, besonders im Bereich der Frühpädagogik <strong>und</strong><br />

in der Fortbildung von pädagogischem Personal. Die Unterstützung<br />

der Familie in all ihren Erscheinungsformen hat<br />

sich in beiden Einrichtungen zur zentralen programmatischen<br />

Aufgabe entwickelt. Dabei ist es uns wichtig, dass<br />

es keine Familienbildung ohne Wertorientierung, ohne<br />

Verständigung über Gr<strong>und</strong>haltungen <strong>und</strong> Maßstäbe für den<br />

Umgang miteinander geben kann.<br />

<strong>EEB</strong> <strong>und</strong> KEB arbeiten lebensphasen- <strong>und</strong> lebenslaufbezogen.<br />

So erreichen sie die Menschen in ihren konkreten<br />

Problemlagen. Das besondere Augenmerk gilt den Übergängen:<br />

Von der behüteten Situation eines Kleinkindes in<br />

der Familie zur Kita, von der Kita in die Gr<strong>und</strong>schule usw.<br />

Diese Übergänge – Soziologen sprechen von „Statuspassagen“<br />

– sind oft krisenhaft, bringen einen großen Informations-<br />

<strong>und</strong> Orientierungsbedarf mit sich <strong>und</strong> rufen nach<br />

Unterstützung. Je weiter sich unsere Schul- <strong>und</strong> Bildungslandschaft<br />

ausdifferenziert, umso weniger dürfen Eltern<br />

allein gelassen werden, wenn ihre Kinder vor wichtigen<br />

Entwicklungsschritten stehen.<br />

Aber nicht nur die Eltern, auch die pädagogischen Fachkräfte<br />

in Kindertagesstätten <strong>und</strong> Schulen stehen unter<br />

hohem Erwartungs- <strong>und</strong> Leistungsdruck. Sie sollen die<br />

Kinder umfassend fördern, mögliche Entwicklungsdefizite<br />

abbauen <strong>und</strong> die Zusammenarbeit mit den Eltern anregen<br />

<strong>und</strong> gestalten.<br />

Die Vernetzung von familienbegleitenden Diensten, Eltern,<br />

Erzieher/innen <strong>und</strong> Lehrer/innen ist dringend vonnöten,<br />

wenn wir das Wohl <strong>und</strong> das Gedeihen unserer Kinder<br />

in den Blick nehmen wollen. Aber Netzwerke müssen nicht<br />

nur gut organisiert sein. Sie gründen vor allem auf wechselseitigem<br />

Vertrauen, das erst entsteht, wenn das Netzwerk<br />

kontinuierlich gepflegt wird.<br />

7


Das Reizvolle des Projekts liegt in der Rückschau darin,<br />

dass sich aus einer gemeinsamen Ausgangslage recht<br />

unterschiedliche Initiativen an sechs Standorten entwickelt<br />

haben. Dabei ist es nicht immer gradlinig zugegangen.<br />

Umwege – um im Bild zu bleiben – waren durchaus einzuplanen,<br />

haben aber am Ende doch durchweg zu neuen<br />

Initiativen <strong>und</strong> neu konstruierten Partnerschaften geführt.<br />

Ein paar Gr<strong>und</strong>einsichten sind dabei immer wieder bestätigt<br />

worden:<br />

Es geht darum, die Engagementbereitschaft der Eltern<br />

zu erkennen <strong>und</strong> aktiv aufzugreifen. Chancen für die <strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> müssen von Anfang an<br />

von den pädagogischen Fachkräften mit den Eltern gemeinsam<br />

entwickelt werden. Die Bereitschaft der Institutionen<br />

zur Zusammenarbeit mit Eltern ist möglicherweise noch<br />

zurückhaltend <strong>und</strong> muss kontinuierlich gestärkt werden,<br />

zugleich braucht es Vernetzung mit familienbegleitenden<br />

Institutionen. Lehrkräfte <strong>und</strong> Erzieher/innen brauchen Ermutigung,<br />

Eltern gegenüber dialogbereit zu sein <strong>und</strong> vorhandene<br />

Ängste <strong>und</strong> Reserven abzubauen.<br />

Eine zunehmende Zahl von Eltern ist mit der <strong>Erziehungs</strong>aufgabe<br />

überfordert. Um sie in ihrer <strong>Erziehungs</strong>kompetenz<br />

zu stärken, braucht es Bildungsangebote für Eltern, die sie<br />

befähigen, den Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsprozess ihrer Kinder<br />

aufmerksam <strong>und</strong> unterstützend zu begleiten. In den letzten<br />

Jahren haben sich eine ganze Reihe von Modellen der Elternbildung<br />

etabliert, angefangen bei „Kess erziehen“ bis<br />

hin zu dem gerade erschienenen Elternkurs „Auf eigenen<br />

Beinen stehen“, der maßgeblich von der Evangelischen<br />

Erwachsenenbildung in Bayern konzipiert worden ist (vgl.<br />

www.elternkurs.net). All diese Modelle weisen auf ein<br />

Gr<strong>und</strong>bedürfnis nach Orientierung in <strong>Erziehungs</strong>fragen hin,<br />

ohne die auch eine <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

auf die Dauer nicht auskommt.<br />

Bildungsferne Familien <strong>und</strong> Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

müssen ermutigt werden, sich in Schule <strong>und</strong><br />

Kindergarten wirksamer einzubringen. Sie können umgekehrt<br />

von der Aufmerksamkeit, die ihnen von den „anderen“<br />

Eltern entgegen gebracht wird, enorm profitieren.<br />

8<br />

2. Verlauf <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

Das Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“ setzt<br />

auf das Anregungspotenzial gelungener Beispiele. Jeder<br />

Standort ist von spezifischen Problemlagen ausgegangen<br />

<strong>und</strong> hat entsprechende eigene Akzente gesetzt. Erst der<br />

Überblick über das Ganze zeigt die Vielfalt der Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> die Freiräume, die unser Bildungssystem bietet. Im<br />

Folgenden sollen deshalb die wesentlichen Akzente aller<br />

Standorte kurz skizziert werden.<br />

Cloppenburg: Aufsuchende Elternarbeit in der HS/RS<br />

Pingel-Anton, Außenstelle Galgenmoor<br />

Seit dem Schuljahr 2006/2007 geht die Hauptschule Pingel-Anton<br />

neue Wege in der Elternarbeit. Eltern der Fünftklässler<br />

werden zu Hause aufgesucht <strong>und</strong> zu einem gemeinsamen<br />

Wochenende in die Schule eingeladen. Der<br />

Erfolg spricht für sich: 20% der Einwohner Cloppenburgs<br />

sind Spätaussiedler. Das prägt auch die Schulwirklichkeit.<br />

Ziel der Elternbesuche war, die Eltern kennenzulernen, sie<br />

für die Aufgaben <strong>und</strong> die Arbeit in der Schule zu interessieren<br />

<strong>und</strong> sie zur Mitarbeit zu gewinnen. Auf die Einladung zu<br />

einem gemeinsamen Eltern-Lehrer-Schüler-Wochenende<br />

reagierten die Eltern zunächst überrascht <strong>und</strong> reserviert,<br />

nahmen aber dann zu 75% teil. Sie arbeiteten mit einem<br />

externen Supervisor <strong>und</strong> überlegten, wie sie den Bildungs-<br />

<strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>auftrag der Schule unterstützen können.<br />

Die Kinder lernten die Schule in zwangloser Atmosphäre<br />

kennen <strong>und</strong> schliefen in Zelten auf dem Schulhof. Die<br />

Schule bekam ein fre<strong>und</strong>liches Gesicht.<br />

Erfahrungen:<br />

Aufsuchende Elternarbeit bedeutet eine große zeitliche<br />

Belastung für die Lehrer <strong>und</strong> päd. Mitarbeiter/-innen, aber<br />

die Hausbesuche zahlen sich aus: Die Atmosphäre zwischen<br />

Schule <strong>und</strong> Elternhaus verbessert sich, beiderseitiges<br />

Vertrauen wird aufgebaut. Der Einblick in die familiäre<br />

Situation macht es auch leichter, so manches Problem<br />

besser zu verstehen, das Schüler mit in die Schule bringen.<br />

Das Modell der aufsuchenden Elternarbeit hat sich so sehr<br />

bewährt, dass es mittlerweile auch auf die Realschul-Eingangsklassen<br />

ausgedehnt worden ist. Eltern begrüßen den


persönlichen Kontakt zur Schule, sie sind motiviert <strong>und</strong><br />

engagieren sich in der Schule. Väter schlugen Koch- oder<br />

Sport-AGs vor. Dabei unterschieden sich die Eltern der<br />

Hauptschul- <strong>und</strong> der Realschulkinder in der Motivation<br />

nicht. In Zukunft sollen Eltern bei der Hausaufgabenbetreuung<br />

<strong>und</strong> bei der Aufsicht beim gemeinsamen Mittagessen<br />

eingeb<strong>und</strong>en werden. Die Möglichkeiten des Miteinanders<br />

sind noch längst nicht ausgeschöpft.<br />

Friesoythe: Eltern machen Schule in Altenoythe,<br />

Neuvrees <strong>und</strong> Hohefeld<br />

Wenn Mütter (<strong>und</strong> immerhin ein Vater) ehrenamtlich in den<br />

Nachmittagsst<strong>und</strong>en Arbeitsgemeinschaften für Gr<strong>und</strong>schulkinder<br />

anbieten, lernen Kinder ohne Zensuren- <strong>und</strong><br />

Konkurrenzdruck. Eltern helfen mit, dass kleine Gr<strong>und</strong>schulen<br />

am Ort nicht geschlossen werden. Frauen erfahren einen<br />

Kompetenzzuwachs, <strong>und</strong> die Schulen können auf dem Weg<br />

zur Ganztags-Gr<strong>und</strong>schule ein wertvolles Bildungs- <strong>und</strong><br />

Freizeitangebot vorhalten. Zurzeit bestehen zehn Arbeitsgemeinschaften,<br />

vornehmlich im kreativen Bereich (Tanzen,<br />

Plattdeutsch, Chor, Töpfern, Kochen, Flöten <strong>und</strong> Völkerball),<br />

aber auch eine Computer-AG.<br />

Erfahrungen:<br />

In diesen kleinen Gemeinden im ländlichen Raum klappt<br />

die Zusammenarbeit von Eltern, Lehrern, Kirche <strong>und</strong> Sportverein<br />

w<strong>und</strong>erbar. Alle unterstützen sich gegenseitig <strong>und</strong><br />

profitieren von dem Engagement jedes Einzelnen. Eltern<br />

haben ein gutes Verhältnis zur Schule, kennen sie doch die<br />

Schulräume noch aus der eigenen Schulzeit. Nach anfänglichen<br />

Schwierigkeiten können die Leiterinnen der Arbeitsgemeinschaften<br />

problemlos die Schulgebäude nutzen,<br />

teilweise haben sie sogar freien Zugang zu den Räumen.<br />

Die Schulen fördern die angebotenen AGs, lassen sie aber<br />

selbstständig agieren. Kinder lernen im veränderten Rahmen,<br />

erleben Schule ohne Druck <strong>und</strong> mit viel Spaß. Einige<br />

Arbeitsgemeinschaften hatten bereits erfolgreiche öffentliche<br />

Auftritte, die die Kinder besonders begeisterten.<br />

Den engagierten Müttern <strong>und</strong> Vätern ist zu wünschen,<br />

dass ihr Engagement durch die Schulen, die anderen Eltern<br />

<strong>und</strong> auch durch die örtliche Politik deutliche Zuwendung<br />

erfährt. Ehrenamtliches Engagement ist keine Selbstver-<br />

ständlichkeit, sondern braucht Anerkennung.<br />

Hildesheim: Eltern <strong>und</strong> Lehrer gestalten Schule<br />

Die Don-Bosco-Schule setzt darauf, mit einer Vielzahl von<br />

Maßnahmen Eltern einzubeziehen, eine vertrauensvolle<br />

Gesprächsatmosphäre <strong>und</strong> damit ein spezifisches elternfre<strong>und</strong>liches<br />

„Schulklima“ zu schaffen.<br />

Die Angebote im Einzelnen:<br />

13+: Eltern ermöglichen eine Schüler/-innenbetreuung über<br />

den Schulschluss hinaus bis ca. 15.00 Uhr. Schulleitung,<br />

Lehrkräfte <strong>und</strong> Eltern koordinieren sich, Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler werden verantwortungsvoll betreut. Eltern <strong>und</strong><br />

Schule arbeiten zusammen <strong>und</strong> erfahren gegenseitige<br />

Unterstützung.<br />

Eltern-Lehrer-Forum: Eltern <strong>und</strong> Lehrer arbeiten gemeinsam<br />

an pädagogischen Fragestellungen. Qualifizierte Referentinnen<br />

<strong>und</strong> Referenten laden zum Dialog ein <strong>und</strong> geben<br />

Hilfestellungen.<br />

Aufbau eines Netzwerkes zu familienunterstützenden<br />

Diensten: <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> braucht<br />

Netzwerke zu Fachdiensten, die bei speziellen Problemen<br />

wie Sucht oder Suizidprävention kompetent beraten <strong>und</strong><br />

handeln können. Eine Infowand im Lehrerzimmer macht<br />

Kontaktadressen bekannt.<br />

Ges<strong>und</strong>es Frühstück: Eltern bieten zweimal in der Woche<br />

ein ges<strong>und</strong>es Frühstück an.<br />

SEIS-Gruppen: Eltern <strong>und</strong> Lehrkräfte arbeiten gemeinsam<br />

an einer besseren Gesprächsatmosphäre, an Umweltfragen<br />

<strong>und</strong> der Ausgestaltung der Schule.<br />

Erfahrungen:<br />

Gemeinsames Tun wird mehr <strong>und</strong> mehr zu einer Selbstverständlichkeit<br />

in dieser Schule. Eltern bewegen sich ohne<br />

Scheu in den Räumen der Schule. Wer die Zurückhaltung<br />

vieler Eltern vor der Begegnung mit Lehrern kennt, der weiß,<br />

dass dies kein kleiner Erfolg ist. Die Bildungsveranstaltungen<br />

des Eltern-Lehrer-Forums ziehen weite Kreise über die<br />

Schule hinaus. Trotzdem müssen alljährlich neue Initiativen<br />

gestartet, neue Eltern angesprochen werden. <strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> ist kein Selbstläufer.<br />

9


Altes Land – Jork <strong>und</strong> Steinkirchen:<br />

Wege zur gelingenden Elternarbeit<br />

In Steinkirchen entschloss sich das Team der Ev. Kindertagesstätte,<br />

mehr auf bildungsfernere Eltern zuzugehen. Dazu<br />

holte es sich zuerst selbst eine Beratung ein. Dann wurden<br />

Eltern gezielt für einen Kurs zur Stärkung der <strong>Erziehungs</strong>kompetenz<br />

unter dem Titel „Handwerkszeug für Eltern“<br />

angesprochen, parallel wurde ein Kurs für Kinder „Handwerkszeug<br />

für Kinder“ angeboten, um deren soziale Kompetenzen<br />

auszubauen <strong>und</strong> die Eltern während des Kursbesuchs<br />

zu entlasten. Dieser Kurs wurde gut angenommen.<br />

Anschließend bildete sich eine Rucksackgruppe. 1<br />

Erfahrungen<br />

Der Elternkurs wurde von den Eltern <strong>und</strong> den Fachkräften<br />

erfolgreich bewertet. Die Rucksackgruppe fand zahlenmäßig<br />

weniger Zuspruch. Das Erzieherinnenteam gelangte zu<br />

einer reflektierten <strong>und</strong> vorurteilsbewussten Haltung den<br />

Eltern gegenüber mit deutlich mehr Empathie.<br />

In Jork wurde der Fokus auf die Arbeit mit Eltern mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> gelegt. Ziele waren der Aufbau eines<br />

Netzwerkes, die Überwindung von Sprachbarrieren <strong>und</strong> die<br />

Entwicklung von Strategien zur <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>.<br />

Elternabende wurden erstmals gedolmetscht.<br />

Möglichst alle wichtigen Briefe <strong>und</strong> Texte wurden<br />

übersetzt. Schnell wurden Frauen gef<strong>und</strong>en, die mehrsprachig<br />

sind, Texte übersetzten <strong>und</strong> innerhalb von Elternabenden<br />

mitwirkten.<br />

Erfahrungen<br />

Kinder <strong>und</strong> Eltern wurden motiviert, die deutsche Sprache<br />

zu erlernen. Eltern bedankten sich, wenn Informationen<br />

auch in ihrer Muttersprache abgefasst waren <strong>und</strong> registrierten<br />

die Wertschätzung. Es entstanden Familienpatenschaften,<br />

die bei alltäglichen Problemen behilflich sind. Innerhalb<br />

der Kommune haben sich gute Kontakte für ein<br />

stabiles Netzwerk ergeben.<br />

Die Erzieherinnen stellen ein neues Teamgefühl fest <strong>und</strong><br />

engagieren sich in einem Studientag.<br />

10<br />

Uelsen: Durch Zusammenarbeit mit Eltern leichte<br />

Übergänge schaffen<br />

Aufbauend auf einer schon bestehenden jahrelangen Kooperation<br />

sollte der Übergang vom Kindergarten zur Gr<strong>und</strong>schule<br />

erleichtert <strong>und</strong> verbessert werden. Eltern <strong>und</strong> Erzieherinnen<br />

gemeinsam haben ein Gruppenangebot für<br />

„Brückenkinder“ aufgebaut (letztes Jahr Kindergarten,<br />

1. Schuljahr). Dabei wurden bisher schlecht erreichbare<br />

Eltern unterstützt <strong>und</strong> angesprochen. Die „Schlaumäuse“-<br />

Gruppe wurde durchgängig mehrheitlich von den mitarbeitenden<br />

Eltern geleitet. In regelmäßigen Teamsitzungen<br />

haben sich Eltern <strong>und</strong> Erzieherinnen vorbereitet. Ziel war,<br />

dass ein Team von „Anschieberinnen“ Ehrenamtliche findet,<br />

die diese Kindergruppe kontinuierlich begleiten <strong>und</strong> interessante<br />

Bildungsangebote initiieren.<br />

Erfahrungen<br />

Die Gruppe hat sich in den Augen der Eltern etabliert. Jede<br />

Mitarbeit der Ehrenamtlichen wurde wertgeschätzt <strong>und</strong> alle<br />

in der Gruppe akzeptieren sich gegenseitig. Durch die<br />

gemeinsame pädagogische Arbeit ohne Vorlagen <strong>und</strong><br />

Schablonen konnten die Mitarbeiterinnen ihre eigenen<br />

Ressourcen kennenlernen <strong>und</strong> zum Wohl der Kinder nutzen.<br />

Zur Nachahmung wird empfohlen, frühzeitig die Gruppe<br />

durch die Presse bekannt zu machen, Lehrkräfte von<br />

Anfang an mit einzubinden, von Beginn an auch Kinder aus<br />

Sprachfördergruppen u.ä. aufzunehmen <strong>und</strong> gleich zu integrieren.


3. Wissenschaftliche Begleitung<br />

Das WeiterbildungsCentrum der Stiftung Universität Hildesheim<br />

ist im Verlauf des Projekts damit beauftragt worden,<br />

in einer empirischen Erhebung die Effekte der auf den Weg<br />

gebrachten Initiativen zu erheben. Mit der Untersuchung<br />

war anfangs Britta Ostermann, später Dr. Hartmut Schröder<br />

beauftragt. Die finanziellen Mittel wurden von der Agentur<br />

für Erwachsenen- <strong>und</strong> Weiterbildung zur Verfügung gestellt.<br />

Es wurden Eltern <strong>und</strong> Mitarbeiter in 12 Einrichtungen<br />

schriftlich befragt, <strong>und</strong> zwar erstmals im Herbst 2008,<br />

danach ein zweites Mal etwa ein Jahr später. R<strong>und</strong> 340<br />

Eltern <strong>und</strong> 60 Mitarbeiter/innen haben die Fragebögen<br />

bearbeitet, die Rücklaufquote lag bei mehr als 50%. Der<br />

Rücklauf bei der zweiten Erhebung im Jahr darauf war<br />

erfreulicherweise mit 47% bei den Eltern <strong>und</strong> 58% bei den<br />

Mitarbeiter/innen kaum geringer – ein gutes Indiz für die<br />

hohe Bereitschaft, sich an der Erhebung zu beteiligen, für<br />

ein ansprechendes Fragebogen-Design, nicht zuletzt aber<br />

auch für eine über lange Zeit tragfähige Motivation zur<br />

Mitarbeit an der <strong>Erziehungs</strong> <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>.<br />

Aus dem umfangreichen Abschlussbericht sollen hier nur<br />

die wesentlichen Trendmeldungen wiedergegeben werden:<br />

Insgesamt ist die Zufriedenheit der Eltern mit den pädagogischen<br />

Einrichtungen deutlich höher, als es in der<br />

landläufigen öffentlichen Meinung zu tragen kommt. In den<br />

evangelischen Kindergärten im Alten Land – um nur ein<br />

Beispiel heranzuziehen – liegt sie bei 90%. Allerdings – auch<br />

das zeigt sich in Jork <strong>und</strong> in Steinkirchen – gibt es eine<br />

große „Ungleichzeitigkeit“ zwischen den pädagogischen<br />

Profis <strong>und</strong> der Elternschaft. Aufgaben wie den Abbau von<br />

Sprachbarrieren finden alle Erzieherinnen vorrangig, aber<br />

nur 40% der Eltern. Eine solche Diskrepanz deutet auf<br />

weiter bestehenden Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsbedarf.<br />

Dafür werden übrigens neuere Kommunikationsformen<br />

wie Email-R<strong>und</strong>briefe, Internetseiten etc. bislang kaum<br />

genutzt.<br />

Etwa die Hälfte der Erzieherinnen ebenso wie der Eltern<br />

gibt im Längsschnitt an, dass sich die Kommunikation<br />

übers Jahr gesehen verbessert habe. Dies halten wir für<br />

einen beeindruckenden Wert, der deutlich macht, dass<br />

Initiativen auf diesem Feld keineswegs leicht versanden,<br />

sondern durchaus auch von den Eltern wahrgenommen<br />

werden, die nicht tagtäglich mit dem Personal der Kindertagesstätte<br />

konfrontiert sind. Allerdings lässt sich auch<br />

nachweisen, dass die Wahrnehmung von Angeboten für<br />

Eltern einem raschen, manchmal unerklärlichen Wandel<br />

unterliegt. So wird ein Eltern-Erzieherinnen-Stammtisch,<br />

der mit viel Verve gestartet ist, nach einem Jahr weniger<br />

genutzt, auf der anderen Seite engagieren sich Eltern stärker<br />

bei der Gartengestaltung <strong>und</strong> nehmen Elterngespräche<br />

am Spätnachmittag mit Vorliebe wahr.<br />

Wo Hospitationen im Kindergarten angeboten werden,<br />

erfreut sich diese Möglichkeit – wie in Uelsen – großer<br />

Beliebtheit.<br />

Markante, durchaus aufwändige Aktionen wie Brückenfeste<br />

(in Uelsen), gemeinsame Wochenenden (Cloppenburg)<br />

oder Adventsbegegnungen (Hildesheim) tragen offenbar<br />

viel dazu bei, dass sich die Idee der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong> in den Köpfen festsetzt.<br />

Dass die Kommunikation mit Eltern im vorschulischen<br />

Bereich lebhafter als in Schulen, <strong>und</strong> in Gr<strong>und</strong>schulen<br />

wiederum lebhafter als im Sek<strong>und</strong>arbereich ausfällt, ist<br />

keine neue Erkenntnis <strong>und</strong> wird durch die Erhebung ein<br />

weiteres Mal bestätigt. Allerdings werden auch im Elementarbereich<br />

Probleme wie Entwicklungsstörungen des Kindes<br />

offenbar nur verhalten angesprochen. Sie sind kein<br />

zentrales Thema der Elterngespräche.<br />

Auch in Hauptschulen stehen die Chancen für vertiefte<br />

Elternbeteiligung am Schulleben nicht schlecht. Das zeigen<br />

die beiden Beispiele aus Cloppenburg <strong>und</strong> Hildesheim.<br />

Dabei muss allerdings eingeräumt werden, dass trotz der<br />

Vielzahl der Kontakt- <strong>und</strong> Begegnungsmöglichkeiten, die<br />

in beiden Schulen mit unterschiedlichen Akzentsetzungen<br />

geschaffen worden sind, ein Großteil der Eltern abständig<br />

bleibt oder keine Zunahme des Informationsaustausches<br />

wahrnimmt. Die Regel bleibt für sie weiterhin der einmalige<br />

halbjährliche Kontakt im Rahmen des offiziellen Elternsprechtages.<br />

Allerdings haben beispielsweise in der HRS<br />

Pingel Anton in Cloppenburg 24% der befragten Eltern<br />

einen intensivierten Austausch mit der Schule wahrgenommen,<br />

38% eine verbesserte Gesprächsatmosphäre.<br />

Dass die Ausgangsvoraussetzungen im Gr<strong>und</strong>schulbereich<br />

günstiger sind, zeigt aufs Neue das Beispiel der drei<br />

11


Friesoyther Gr<strong>und</strong>schulen. 83% aller Eltern der Hohefelder<br />

GS haben angegeben, regelmäßig Gespräche mit Lehrkräften<br />

zu führen, 92% zeigen sich mit der Gesprächsatmosphäre<br />

zufrieden, bei genau einem Drittel hat sich der<br />

Gesamteindruck von der Schule binnen eines Jahres spürbar<br />

verbessert, wobei gerade das außerschulische Programm<br />

<strong>und</strong> die neuen, von Müttern ins Leben gerufenen<br />

Arbeitsgemeinschaften positiv ins Feld geführt werden.<br />

12<br />

4. Beirat<br />

Ein Projektbeirat hat unsere Arbeit kritisch-konstruktiv in<br />

sechs Sitzungen am 13. Oktober 2006, 26. Januar <strong>und</strong> 9.<br />

Oktober 2007, 2. Juli 2008, 18. März 2009 <strong>und</strong> 10. März<br />

2010 begleitet. Ihm gehörten Knuth Erbe (Niedersächsisches<br />

Kultusministerium), Franz Thalmann (Bischöfliches<br />

Generalvikariat Hildesheim), Dr. Sabine Kirk (Universität<br />

Hildesheim), Christel Wolf (Agentur für Erwachsenen- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung, Hannover) <strong>und</strong> Matthias Kern (Vorsitzender<br />

des Niedersächsischen Landeselternrats) an.<br />

Die Mitwirkung des Beirats war in zweifacher Hinsicht<br />

von großer Bedeutung: Einerseits konnten die Beteiligten<br />

ihre örtlichen Projekte vorstellen, sich im Falle auftretender<br />

Schwierigkeiten Rat holen <strong>und</strong> mit weiterführenden Anregungen<br />

versorgt werden. Gelegentlich ist es aber auch<br />

nötig, über aller bedenkenswerten Komplexität im Einzelnen<br />

nicht die Orientierung an den Gr<strong>und</strong>linien der <strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> aus dem Auge zu verlieren.<br />

Solche Gr<strong>und</strong>orientierungen sind – als ein Beispiel unter<br />

vielen – aus dem Gespräch zu entnehmen, das Reinhard<br />

Hohmann zur Halbzeit des Projekts mit dem damaligen<br />

Vorsitzenden des Landeselternrats, Matthias Kern, geführt<br />

hat 2 :<br />

Obwohl in der Öffentlichkeit viel von „Bündnissen für<br />

Erziehung“ die Rede ist, hat man den Eindruck, dass<br />

Eltern <strong>und</strong> Lehrer sich in Deutschland immer noch<br />

weitgehend aus dem Wege gehen. Können Sie diesen<br />

Eindruck bestätigen? Und woran liegt es, wenn es im<br />

Schulalltag wenig Kooperation gibt?<br />

Den Eindruck kann ich bestätigen. Nach meiner Erfahrung<br />

spielen Ängste eine wesentliche Rolle. Eltern, die<br />

ihr zunächst kleines <strong>und</strong> (hoffentlich) gut behütetes<br />

Kind in die Obhut <strong>und</strong> unter den Einfluss einer fremden<br />

Person geben <strong>und</strong> – aufgr<strong>und</strong> der Schulpflicht – geben<br />

müssen, sind nicht in der Lage, den Einfluss dieser<br />

Person des Lehrers oder der Lehrerin auf ihr Kind<br />

einzuschätzen. Nicht immer stimmen die <strong>Erziehungs</strong>-


14<br />

ziele <strong>und</strong> Weltanschauungen der Lehrerinnen <strong>und</strong><br />

Lehrer mit denen der Eltern überein. Eltern möchten<br />

eventuell ihr Kind anders erziehen oder dem Kind andere,<br />

aus ihrer Sicht vordringliche Werte <strong>und</strong> Inhalte<br />

beibringen.<br />

Hinzu kommt, dass die Abläufe innerhalb der Schule<br />

den Eltern nicht bekannt sind <strong>und</strong> nicht bekannt gemacht<br />

werden (können?). Die unbekannten Regularien<br />

innerhalb des Schulbetriebs <strong>und</strong> des Unterrichts verunsichern<br />

die Eltern. Sie wissen nicht, wie sie sie einschätzen<br />

sollen <strong>und</strong> wie sie den daraus resultierenden<br />

Einfluss auf ihre Kinder bewerten sollen.<br />

Schließlich ist die mangelhafte Kommunikation zwischen<br />

Elternhaus <strong>und</strong> Schule ein Gr<strong>und</strong> für die Ängste.<br />

Die Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer wenden sich nicht (regelmäßig)<br />

an die Eltern, obwohl es aus Sicht vieler<br />

Eltern interessante Begebenheiten ihre Kinder betreffend<br />

im Schulalltag gibt. Eltern wenden sich nicht an<br />

Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer, um aufkommende Problemlagen<br />

anzusprechen.<br />

Eine Zusammenarbeit zwischen Schule <strong>und</strong>/oder<br />

Lehrkraft <strong>und</strong> Eltern scheitert oft schon an den unterschiedlichen<br />

Erwartungen an den jeweils anderen Teil.<br />

Hierbei spielt ebenso fehlender wie falsch verstandener<br />

Respekt mit. Diese Gemengelage ansatzweise aufzulösen,<br />

ist mir während meiner Jahre als Funktionsträger<br />

in der Elternarbeit nicht gelungen. Ein gelebtes, positives<br />

Beispiel habe ich nicht wirklich erlebt. An dieser<br />

Stelle kann man die Intention Ihres Projektes nicht hoch<br />

genug schätzen.<br />

Neben sehr engagierten Eltern gibt es ja auch diejenigen,<br />

die praktisch nie erreicht werden. Was müsste<br />

geschehen, damit gerade die Eltern angesprochen<br />

werden, die auf klassische Formen der Elternmitwirkung<br />

nicht ansprechen?<br />

… Es wird aber immer Eltern geben, denen das Interesse<br />

an der Bildung ihrer Kinder fehlt <strong>und</strong> die deshalb<br />

für schulische Belange nicht erreichbar sind. Kinder<br />

solcher Eltern haben auch die geringsten Chancen auf<br />

einen guten Bildungsabschluss. Bei diesen Eltern kann<br />

aus meiner Sicht nur durch außerordentliches, beharrliches<br />

Engagement der Lehrkräfte, eventuell in Zusammenarbeit<br />

mit Sozialdiensten <strong>und</strong>/oder Jugendämtern,<br />

Aufmerksamkeit für die schulischen Belange ihrer<br />

Kinder erzeugt werden. Rein theoretisch kann ohnehin<br />

nur eine Internatsbeschulung eine annähernd chancengleiche<br />

Bildung garantieren. Ein Patentrezept für<br />

eine Einbindung desinteressierter Eltern in den schulischen<br />

Alltag kenne ich nicht.<br />

Darüber hinaus gibt es aber auch überengagierte oder<br />

fehlerhaft engagierte Eltern, die stets genau Bescheid<br />

wissen wollen, was an der Schule <strong>und</strong> in der Klasse<br />

läuft, <strong>und</strong> die an allen Ecken mitreden <strong>und</strong> ihre eigenen<br />

Vorstellungen umgesetzt sehen wollen. Diese Eltern<br />

sind im Gr<strong>und</strong>e nie zufrieden zu stellen. Beide Gruppen<br />

von Eltern wird es weiterhin geben. Aus Sicht der Elternvertretungen<br />

stehen die überengagierten Eltern zu<br />

sehr im Vordergr<strong>und</strong> der schulischen Bemühungen <strong>und</strong><br />

binden hohe Kapazitäten. Die desinteressierten Elternhäuser<br />

sollten deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren.<br />

Im Mittelpunkt der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

steht das Wohl des Kindes. Wie würde für Sie<br />

eine ideale Ergänzung zwischen Elternhaus <strong>und</strong> Schule<br />

aussehen, damit Kinder optimal gefördert werden<br />

können?<br />

Helfen würde ein regelmäßiger, vielleicht auch formalisierter<br />

Dialog. Ein gegenseitiges Kennen(-lernen) ist die<br />

wichtigste Voraussetzung für eine offene, angstfreie<br />

<strong>und</strong> vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Vielzahl der<br />

von einer Lehrkraft zu unterrichtenden Kinder <strong>und</strong><br />

damit die Vielzahl der individuellen Lebensbedingungen<br />

der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler setzt den Idealvorstel


lungen allerdings schnell Grenzen. Eine Lehrkraft wird<br />

nicht mit allen Familien ihrer Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

wirklich gute Beziehungen aufbauen können. Eine<br />

optimale Förderung ist schon deshalb aus meiner Sicht<br />

kaum zu erreichen, allenfalls eine gute <strong>und</strong> Erfolg versprechende.<br />

Aus den Schulen hört man oft, dass neue Initiativen<br />

wegen der Belastung der Schulen mit Reformen (Eigenverantwortliche<br />

Schule, Schulinspektion, Zentralabitur)<br />

kaum noch zu verkraften sind. Halten Sie diesen<br />

Einwand für berechtigt?<br />

In einem gewissen Umfang sehe ich die Sorgen, die<br />

die Vielzahl <strong>und</strong> das Tempo der Reformen in den Schulen<br />

mit sich bringen. Insbesondere die Verlagerung von<br />

zusätzlichen Aufgaben auf Lehrkräfte <strong>und</strong> vor allem<br />

Schulleitungen, ohne die entsprechende Erweiterung<br />

der Ressourcen ist für die Schulen problematisch. An<br />

dieser Stelle wird – wie bei der mangelhaften Unterrichtsversorgung<br />

– deutlich, dass der Landesregierung<br />

das Bildungssystem noch immer nicht wertvoll genug<br />

ist.<br />

Was ich allerdings überhaupt nicht akzeptieren kann,<br />

ist der weit verbreitete Mangel an Bereitschaft zur<br />

Veränderung, den ich in diesem Zusammenhang bei<br />

weiten Teilen der Lehrkräfte sehe. Überaus hoch motivierte,<br />

engagierte Lehrkräfte auf der einen <strong>und</strong> auf<br />

persönliche Bequemlichkeit bedachte Lehrkräfte auf<br />

der anderen Seite arbeiten wohl in jeder Schule nebeneinander.<br />

Hier ist in der Lehrerausbildung <strong>und</strong> in der<br />

Lehrerfortbildung, aber auch in der Information über<br />

Veränderungsprozesse noch eine Menge Arbeit nötig.<br />

Ein Schwerpunkt des Projekts „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“<br />

liegt ja im Versuch, Familien mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> zu erreichen. Wie, glauben Sie,<br />

kann deren kultureller Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> die <strong>Erziehungs</strong>kompetenz<br />

der Eltern gut eingeb<strong>und</strong>en werden?<br />

Zuerst einmal müssen die in dem kulturellen Hintergr<strong>und</strong><br />

von Migrantenkindern <strong>und</strong> -elternhäusern steckenden<br />

Chancen erkannt werden. Sie sollten in den<br />

Schulen, den Elternschaften <strong>und</strong> auch den Klassen zu<br />

einer differenzierten Auseinandersetzung mit kulturellen<br />

Themen führen. Die Erfahrungen verschiedener Horizonte<br />

wirken ohne Frage bereichernd. Ein stabiler Dialog<br />

zwischen den an der Bildung der Kinder beteiligten<br />

ist auch hier der Schlüssel. Die besonderen<br />

Schwierigkeiten der Kommunikation verschiedener<br />

Kulturen kann ich nicht übersehen. Ich plädiere für<br />

gegenseitiges Verständnis <strong>und</strong> engagierte, ausdauernde<br />

Kontaktpflege.<br />

15


5. Fachtagung<br />

Eine wichtige Zäsur im Verlauf des Projekts bildete die<br />

Fachtagung „Gemeinsam Kindern Zukunft geben“ am 13.<br />

Juli 2007, zu der r<strong>und</strong> 50 Interessierte ins Hanns-Lilje-Haus,<br />

Hannover kamen. Sie bot Gelegenheit, die örtlichen Teilprojekte<br />

einem gemischten Publikum von Experten, Eltern<br />

<strong>und</strong> Lehrkräften zu präsentieren. Viele Anregungen sind<br />

dem Eröffnungsreferat von Dr. Martin Textor (Würzburg) zu<br />

verdanken, einem der führenden Fachleute auf dem Gebiet<br />

der frühkindlichen Förderung. Sein Beitrag hat den weiteren<br />

Projektverlauf positiv beeinflusst <strong>und</strong> ist deshalb – leicht<br />

gekürzt – in diesen Abschlussbericht aufgenommen worden.<br />

Schließlich wurden verwandte Projektinitiativen aus<br />

dem Lande <strong>Niedersachsen</strong> vorgestellt: Mechthild Schroers<br />

(Lingen-Holthausen) berichtete aus einem Modellkindergarten<br />

für erweiterte Elternarbeit, Werner Hülsmann (Osnabrück)<br />

stellte die Initiative „Integrationslotsen“ vor.<br />

16<br />

„Gemeinsam Kinder Zukunft geben“<br />

Fachtagung zum Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“<br />

13. Juli 2007 Hanns-Lilje-Haus, Hannover<br />

Die Welt zwischen Elternhaus <strong>und</strong> Schule ist nicht mehr<br />

heil: Von einem deutschen Klassenkampf berichtete<br />

die Wochenzeitung „Die Zeit“ <strong>und</strong> titelte: „Eltern <strong>und</strong><br />

Lehrer haben sich verfeindet – zum Nachteil der Kinder“.<br />

Tatsächlich ist das Misstrauen groß. Die Schule vermisst<br />

die Unterstützung des Elternhauses bei Lernschwierigkeiten<br />

oder Disziplinproblemen, Eltern beklagen<br />

sich über zu wenig Einblick: „Unsere Kinder sind<br />

der Schule ausgeliefert“, sagen sie.<br />

Eine <strong>Bildungspartnerschaft</strong> sollte früh beginnen. Schon<br />

in den Kindertagesstätten können Eltern <strong>und</strong> Erzieherinnen<br />

regelmäßig zusammenarbeiten <strong>und</strong> sich mit<br />

ihren unterschiedlichen Kompetenzen zum Wohl des<br />

Kindes ergänzen. Dabei fällt es oft nicht leicht, den<br />

ersten Schritt zu tun, besonders dann, wenn Eltern das<br />

deutsche Bildungssystem nicht kennen oder in ihrer<br />

eigenen Lebensgeschichte keine guten Erfahrungen<br />

mit ihm gemacht haben.<br />

Evangelische <strong>und</strong> Katholische Erwachsenenbildung in<br />

<strong>Niedersachsen</strong> haben nun ein landesweites Projekt<br />

gestartet, in dem Modelle erprobt werden, wie aus der<br />

Stressbeziehung neues Vertrauen werden kann: Da ist<br />

an flexible Sprechzeiten <strong>und</strong> Elternbesuche im Kindergarten<br />

oder in der Schule gedacht, an „aufsuchende<br />

Elternarbeit“, an <strong>Erziehungs</strong>verträge zwischen Schule<br />

<strong>und</strong> Elterhaus, an Elterntrainings <strong>und</strong> gemeinsame<br />

Fortbildungen.<br />

Erste Erfahrungen sollen bei dieser Fachtagung vorgestellt<br />

werden. Zugleich möchten wir anregen, die <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

weiter zu verbreiten <strong>und</strong> vor Ort<br />

eigene Kooperationen zu entwickeln.<br />

Sie sind herzlich eingeladen!<br />

Hubert Stuntebeck Wilhelm Niedernolte<br />

KEB <strong>Niedersachsen</strong> <strong>EEB</strong> <strong>Niedersachsen</strong>


6. Involve Parents – Improve School<br />

Mangelnde Partnerschaft zwischen Eltern <strong>und</strong> Institutionen<br />

ist nicht nur ein deutsches Problem, es findet sich in der<br />

einen oder anderen Form überall in Europa. Ebenso „europäisch“<br />

ist die ungelöste Frage der Integration von Migranten<br />

in die Bildungslandschaft. Viele Länder tun sich schwer<br />

damit, der nachwachsenden Generation Zugewanderter<br />

gleiche Bildungschancen zu vermitteln. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

hat das Niedersächsische Landesamt für Lehrerbildung<br />

<strong>und</strong> Schulentwicklung (Hildesheim) ein mehrjähriges<br />

Projekt mit Mitteln der Europäischen Union unter dem Titel<br />

„Involve Parents – Improve School“ ins Leben gerufen, an<br />

dem Arbeitsgruppen aus Nordirland, Frankreich, Spanien,<br />

Polen, Russland <strong>und</strong> der Türkei beteiligt waren. Ziel des<br />

Projekts war es, Pakete für die Lehrerfortbildung zu entwickeln,<br />

die transnational verwendbar sein sollten.<br />

Der von der deutschen Arbeitsgruppe gewählte Schwerpunkt<br />

lag auf der Arbeit mit türkischen Eltern. Als sehr<br />

hilfreich hat sich dabei das Cloppenburger Modell aufsuchender<br />

Elternarbeit erwiesen, das bei der ersten internationalen<br />

Tagung im April 2008 in Izmir von Reinhard Hohmann<br />

als Vertreter der KEB <strong>Niedersachsen</strong> präsentiert<br />

worden ist.<br />

18<br />

,Inviting parents’ – a local initiative targeting<br />

ethnic german immigrants<br />

,Inviting parents’ has been developed by the Haupt-<br />

<strong>und</strong> Realschule ,Pingel Anton’ in Cloppenburg and<br />

tends to optimize the transfer from the Gr<strong>und</strong>schule<br />

(grade 4) to the Haupt- and Realschule (grade 5) by<br />

involving parents, who up to now refuse regular contact<br />

with school. Therefore a three-steps-programme was<br />

established at the beginning of the school year, which<br />

is focused on teachers visits at home – an extraordinary<br />

measure in german school system.<br />

Backgro<strong>und</strong><br />

Cloppenburg in the North-West of Lower Saxony is the<br />

,youngest’ town in Germany with an outstanding<br />

amount of yongsters and a very special population:<br />

More than 30% of inhabitants come from the former<br />

Soviet Union. They are so called ethnic german immigrants,<br />

whose grand-grand-parents once settled in<br />

Russia in the 18th century. Most of these immigrants<br />

belong to the baptist church, their ideas about upbringing<br />

children and school education differ considerably<br />

from the standards in their new neighbourhood.<br />

Most of them do not take part in the ,normal’ procedures<br />

of parents’ involvement in school, i.e. school<br />

boards, class and school conferences and parents<br />

associations. Teachers in the Haupt- <strong>und</strong> Realschule<br />

,Pingel Anton’ complained that it was even hard to get<br />

in touch in case of severe school problems of their<br />

children.<br />

In some of these families, still today russian is the<br />

current language.<br />

Aims<br />

Transfer from the Gr<strong>und</strong>schule to the Hauptschule is a<br />

critical phase in students’ life at the age of 10: A new<br />

and bigger school building and long distances, many<br />

new school fellows, higher requirements … Many<br />

students have difficulties to meet these challenges. The<br />

project “Inviting parents” aims to build a close net<br />

between school and parents to support kids and to<br />

abolish frontiers between families and school. The first<br />

and very simple aim is to encourage mothers and<br />

fathers to enter the school building without fear.<br />

Realization<br />

The Cloppenburg Project ‘Inviting parents’ consists of<br />

three steps


Step 1<br />

All parents of newcomers (grade 5) get a letter from<br />

their new school including the announcement of a<br />

teacher’s visit at home. These visits will take place<br />

within the first month of school year, it takes about an<br />

hour and it has an informal character. Central message<br />

is: Let us do the best for your child together. (There<br />

have also been attempts to give these visits a more<br />

formal character and to fill a prominent school evaluation<br />

questionaire.).<br />

Experiences have shown that these visits were highly<br />

esteemed by participating parents, although there was<br />

some confusion about this initiative in the beginning.<br />

Sometimes a russian speaking social worker took over<br />

this task instead of the teacher. Generally teachers<br />

complain a mass of duties at the beginning of a school<br />

year.<br />

Step 2<br />

A weekend is organized in school for parents, students,<br />

teachers and social workers, combined with a tent<br />

camp for the pupils, who stay over night and with<br />

parents-teachers workshops, exibitions and ,sightseeing’<br />

in the school. Meals are included, singing and<br />

dancing and other leisure activities. Central workshop<br />

topics are planning further common activities<br />

(i.e.excursions) during the school year and making<br />

arrangements for parents-teachers-cooperation, especially<br />

in case of school problems.<br />

Step 3 (planned)<br />

The Haupt- <strong>und</strong> Realschule Pingel Anton will become<br />

an all-day-school (remember that normally school in<br />

Germany ends at 1 p.m.) and have additional offers for<br />

students in the afternoon. In this context, a significant<br />

number of parents can play an active role: i.e. cooking<br />

with children, running workshops and sports groups,<br />

organizing tours, supporting the ‘Hausaufgaben’.<br />

There is high agreement to this concept in the school<br />

board, but parents are up to now overcautious and<br />

need encouragement and examples of good practise.<br />

1 „Rucksack“ ist ein Bildungs- <strong>und</strong> Lernprogramm mit einem umfangreichen Angebot<br />

an Spiel- <strong>und</strong> Übungsma-terialien. Ziel von Rucksack ist die Erweiterung der<br />

elterlichen <strong>Erziehungs</strong>kompetenz <strong>und</strong> die systematische Sprachförderung von<br />

Kindern im Alter von 4 bis 6 Jahren.<br />

2 Das Interview ist hier leicht gekürzt abgedruckt.<br />

19


<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> – Eine Einführung<br />

Petra Völker-Meier<br />

Alle Kinder sollen die bestmögliche Förderung <strong>und</strong> Betreuung<br />

erhalten, damit sie sich gut <strong>und</strong> ihren Begabungen<br />

gemäß entwickeln können. – Das ist das Ziel einer <strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> zwischen Eltern, Erzieherinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrkräften.<br />

Was bedeutet aber eine solche „Partnerschaft“? – Die<br />

gr<strong>und</strong>legenden Aspekte von Partnerschaft helfen hier<br />

weiter:<br />

R Partner haben ein gemeinsames Interesse. Sie begegnen<br />

sich auf gleicher Augenhöhe.<br />

R Es gibt keine Hierarchie/ keine Weisungsbefugnis zwischen<br />

ihnen, d.h.: strittige Fragen müssen ausgehandelt<br />

werden, die Ansichten von beiden Seiten haben das<br />

gleiche Gewicht.<br />

R Partner achten sich gegenseitig. Dies ist auch möglich<br />

bei mangelnder Sympathie.<br />

R Partnerschaft bedeutet, sich gegenseitig über alle wichtigen<br />

Vorkommnisse zu informieren.<br />

R Die Umgangsformen sind höflich. Abweichende Meinungen<br />

<strong>und</strong> Werte werden respektiert.<br />

R Partner begegnen sich mit gegenseitiger Wertschätzung.<br />

Voraussetzung dafür ist, dass man sich kennt <strong>und</strong><br />

voneinander weiß.<br />

R Jede/r erkennt die Kompetenz der anderen Seite an.<br />

R Konflikte gehören zu einer ernstgemeinten Partnerschaft<br />

dazu. Sie auszutragen ist ein Zeichen von Kompetenz<br />

<strong>und</strong> Verantwortung. Dazu ist es notwendig, die Anliegen<br />

aller Parteien zu erfahren. Voraussetzung dafür ist eine<br />

Atmosphäre <strong>und</strong> eine Umgangsform, die das Bearbeiten<br />

strittiger Fragen erlaubten. Eine andere Meinung bedeutet<br />

keinen persönlichen Angriff.<br />

20<br />

R In der Partnerschaft gibt es ein gegenseitiges Geben<br />

<strong>und</strong> Nehmen. Nur wenn beide Seiten für ihre Gaben<br />

auch etwas bekommen, bleibt die Lust an der Partnerschaft<br />

erhalten.<br />

Hier gilt es zu beachten, dass Erzieherinnen <strong>und</strong> Lehrkräfte<br />

für ihren Arbeitsanteil an der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

ausgebildet sind, bezahlt werden <strong>und</strong> professionell<br />

handeln. Als Profis sind sie dafür zuständig, den Weg<br />

zu bauen, auf dem die Partner zueinander kommen können.<br />

<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> bedeutet also, dass<br />

hier sehr unterschiedliche Partner zusammenarbeiten –<br />

Eltern <strong>und</strong> pädagogische Profis. Aus den Unterschieden<br />

können sich Hemmnisse für die Zusammenarbeit ergeben,<br />

<strong>und</strong> zwar auf beiden Seiten:


Hemmnisse für Eltern Hemmnisse für Erzieher/innen <strong>und</strong> Lehrkräfte<br />

Fühlen sich leicht unterlegen.<br />

Sind i.d.R. pädagogische Laien. Haben wenig Erfahrung<br />

mit Kindern außer ihren eigenen.<br />

Befürchten oft, ihrem Kind bei abweichenden Meinungen/<br />

Konflikten zu schaden.<br />

Haben Angst, dass die Leistungen ihres Kindes nicht<br />

angemessen (gut) beurteilt werden.<br />

Wenn sie um ein Gespräch gebeten werden, erwarten sie<br />

Kritik an ihrem Kind <strong>und</strong> damit an ihrer <strong>Erziehungs</strong>leistung.<br />

Sind oft redegewandter.<br />

Haben die professionelle Ausbildung <strong>und</strong> viel Erfahrung<br />

mit Kindern.<br />

Fühlen sich bei abweichenden Meinungen leicht in ihrer<br />

Kompetenz nicht anerkannt/in ihrem Verhalten unangemessen<br />

kritisiert<br />

Haben häufiger Angst vor Kritik<br />

(besonders wenn sie an die Öffentlichkeit getragen wird)<br />

Bitten Eltern häufiger nur zu einem längeren persönlichen<br />

Gespräch, wenn es Probleme gibt.<br />

Das ist von vornherein mit unangenehmen Gefühlen<br />

gegenüber den Eltern verb<strong>und</strong>en<br />

Wünschen sich die Anerkennung ihrer <strong>Erziehungs</strong>leistung. Wünschen sich die Anerkennung ihrer pädagogischen<br />

Arbeit.<br />

Möchten nicht über <strong>Erziehungs</strong>probleme sprechen, um<br />

nicht für inkompetent gehalten zu werden <strong>und</strong> sich noch<br />

unterlegener zu fühlen.<br />

Müssen <strong>Erziehungs</strong>probleme zum Wohl der Kinder mit<br />

den Eltern besprechen.<br />

Haben schlechte Erinnerungen an Schule. Haben schon etliche unangenehme Erfahrungen mit<br />

Eltern gemacht.<br />

Können Probleme nur äußern, wenn sie sich anerkannt<br />

<strong>und</strong> geschätzt fühlen.<br />

Haben Angst, dass ihr Kind die Erzieherin/Lehrkraft<br />

wichtiger nimmt als die Eltern (lieber hat …!)<br />

Können sich nicht vorstellen, dass Pädagogen auf die<br />

Zusammenarbeit mit ihnen angewiesen sein könnten.<br />

Wie können solche Hemmnisse überw<strong>und</strong>en werden?<br />

Voraussetzung, Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt für die Zusammenarbeit<br />

ist, dass Eltern sich von Erzieherinnen <strong>und</strong> Lehrkräften<br />

anerkannt <strong>und</strong> akzeptiert fühlen. Basis der <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

ist die fortlaufende gegenseitige Information,<br />

ohne die Zusammenarbeit kaum möglich ist.<br />

Erwarten, dass Eltern bei Problemen zu ihnen kommen.<br />

Möchten für jedes Kind eine wichtige (<strong>und</strong> geliebte)<br />

Bezugsperson sein.<br />

Sind auf die Zusammenarbeit mit den Eltern<br />

angewiesen – wären das aber zuweilen lieber nicht.<br />

21


Eltern können Fachkräfte informieren über: Fachkräfte können Eltern informieren über:<br />

– die Entwicklung des Kindes im häuslichen Umfeld,<br />

– den kulturellen Hintergr<strong>und</strong> der Familie,<br />

– die Biographien der Herkunftsfamilie,<br />

– die Biographie des Kindes,<br />

– die Rolle des Kindes im familiären System,<br />

– die aktuellen familiären Lebensbedingungen.<br />

nach: Hans Dusolt/Kiga heute 9/04<br />

Eltern sind die Experten für ihr Kind im häuslichen Umfeld,<br />

Fachkräfte sind Experten für die Entwicklung des Kindes in<br />

der Einrichtung. Es reicht nicht aus, dass die Experten das<br />

Kind jeweils nur in ihrem eigenen System kennen, verstehen<br />

<strong>und</strong> interpretieren. Es ist notwendig, das Kind in beiden<br />

sozialen Systemen zu sehen <strong>und</strong> zu kennen, um seine<br />

Entwicklung wirklich begleiten <strong>und</strong> fördern zu können.<br />

Eltern beziehen einen Großteil ihrer Information über<br />

Kindergarten <strong>und</strong> Schule aus den Erzählungen <strong>und</strong> dem<br />

Verhalten der Kinder. Erzieher/innen <strong>und</strong> Lehrkräfte beziehen<br />

einen Großteil ihrer Informationen über die einzelnen<br />

Familien aus den Erzählungen <strong>und</strong> dem Verhalten der Kinder.<br />

Das lässt auf beiden Seiten viel Raum für Missverständnisse<br />

<strong>und</strong> Fehlinterpretationen. Dabei kann völlig unnötiger<br />

Ärger entstehen.<br />

Regelmäßige gegenseitige Information entlastet, beugt<br />

unnötigen Konflikten vor, gibt beiden Seiten Gelegenheit,<br />

sich vorher auf Ereignisse einzustellen.<br />

22<br />

– die Entwicklung des Kindes in der Einrichtung,<br />

– das Kind als Mitglied in seiner Gruppe von<br />

Gleichaltrigen,<br />

– pädagogisches Fachwissen, z.B. Entwicklungspsychologie,<br />

Lernen,<br />

– den Umgang mit Kindern allgemein,<br />

– die aktuellen Arbeitsbedingungen in der<br />

Kindertagesstätte/Schule.<br />

Wenn sich Fronten zwischen Eltern <strong>und</strong> der pädagogischen<br />

Fachkraft gebildet haben, dann geht es oberflächlich gesehen<br />

oft nur ums „Rechthaben“. Auf einer tieferen Ebene<br />

jedoch kämpfen Eltern um ihren Status als Experten <strong>und</strong><br />

um die Anerkennung dessen, was sie für dieses Kind schon<br />

geleistet oder auf was sie zu Gunsten dieses Kindes verzichtet<br />

haben. Die pädagogische Fachkraft kämpft um die<br />

Anerkennung ihrer fachlichen Kompetenz als Kernstück<br />

ihrer beruflichen Identität.<br />

Der rechtzeitige „Expertendialog“ zwischen Eltern <strong>und</strong><br />

pädagogischen Fachkräften dient dem Informationsaustausch,<br />

bildet die Gr<strong>und</strong>lage für gegenseitige Akzeptanz<br />

<strong>und</strong> Vertrauen, schützt die Kinder im Fall von Konflikten <strong>und</strong><br />

Meinungsverschiedenheiten vor innerer Zerrissenheit <strong>und</strong><br />

Loyalitätskonflikten, entlastet das Kind als einzige „Gelenkstelle“<br />

zwischen Elternhaus <strong>und</strong> Institution. Kinder mit getrennt<br />

lebenden Eltern leben sogar in drei Systemen, umso<br />

wichtiger sind Information <strong>und</strong> Abstimmung zwischen diesen<br />

Systemen.


Aus dem Orientierungsplan für Bildung <strong>und</strong><br />

Erziehung (2005):<br />

„Es finden regelmäßige Gespräche über die Entwicklung<br />

des Kindes statt. Die Anregungen von Eltern als<br />

Experten werden von den Fachkräften ernst genommen.<br />

Die Kindertagesstätte übernimmt eine vernetzende<br />

Funktion <strong>und</strong> sucht die Kooperation mit anderen Institutionen<br />

in der Region.<br />

Niederschwellige Bildungs- <strong>und</strong> Beratungsangebote<br />

sollten in Kooperation mit der Tageseinrichtung Familien<br />

zugänglich gemacht werden.“<br />

Aus ‚Die Arbeit in der Gr<strong>und</strong>schule‘ (2009):<br />

„...Ein regelmäßiger Austausch <strong>und</strong> eine vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit zwischen Schule <strong>und</strong> Elternhaus<br />

erleichtern es, die Wechselwirkung von schulischen<br />

<strong>und</strong> außerschulischen <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> Lerneinflüssen<br />

miteinander abzustimmen.<br />

Missverständnisse <strong>und</strong> Ärger lassen sich vielfach vermeiden<br />

<strong>und</strong> die pädagogische Arbeit beider Seiten<br />

lässt sich erleichtern, wenn Informationen, Einschätzungen<br />

<strong>und</strong> Ansichten ausgetauscht werden. Der<br />

persönliche Kontakt kann nicht nur dem Austausch<br />

über die Lernentwicklung dienen, auch Informationen<br />

zu besonderen Belastungen <strong>und</strong> Situationen Ihres<br />

Kindes werden vertraulich behandelt <strong>und</strong> helfen der<br />

Lehrkraft.<br />

...Eltern können die Lehrkräfte auch in einigen Unterrichtsphasen<br />

unterstützen oder Arbeitsgemeinschaften<br />

betreuen <strong>und</strong> natürlich auch bei der Vorbereitung <strong>und</strong><br />

Durchführung von Festen <strong>und</strong> Gemeinschaftsvorhaben<br />

mit Rat <strong>und</strong> Tat mitwirken.“<br />

(Niedersächsisches Kultusministerium)<br />

Gegenseitige Anerkennung<br />

Was heißt das für Erzieherinnen <strong>und</strong> Lehrkräfte in ihrer<br />

Wahrnehmung der Eltern <strong>und</strong> für ihre Arbeit? – Sehr wichtig<br />

ist, Eltern in ihrer Kompetenz anzuerkennen <strong>und</strong> ihnen gegenüber<br />

Wertschätzung auszudrücken. Das heißt nicht, so<br />

zu tun, als hätten die Eltern die gleiche pädagogische Kompetenz<br />

wie die Pädagogen. Es heißt vielmehr anerkennen,<br />

R dass die Eltern vieles von ihrem Kind wissen, was die<br />

Pädagogin nicht wissen kann,<br />

R dass die Eltern den größeren Teil der Verantwortung für<br />

das Kind tragen,<br />

R dass die Eltern großen Einfluss auf das Kind haben,<br />

R was die Eltern bereits für das Kind getan haben.<br />

Es heißt gerade bei Eltern, die Unterstützung bei ihrer <strong>Erziehungs</strong>aufgabe<br />

brauchen, jeden kleinen Erfolg anzuerkennen<br />

<strong>und</strong> anzusprechen. Es heißt auch, als erstes<br />

Wertschätzung auszudrücken, auch wenn die Eltern der<br />

Erzieherin oder Lehrkraft gegenüber noch nicht so wertschätzend<br />

auftreten. (Beschimpfungen müssen allerdings<br />

zurückgewiesen werden. Es gilt, die Höflichkeitsformen zu<br />

wahren <strong>und</strong> einzufordern.)<br />

Anerkennung heißt auch: Ich kann andere am besten<br />

wertschätzen, wenn ich mich selbst wertschätze. Wer sich<br />

selbst geringschätzt, muss das auch mit anderen tun.<br />

Wer hat nun die größeren Kompetenzen zu wissen, was<br />

für dieses spezielle Kind gerade das Richtige ist? – Die<br />

Eltern, die ihr Kind von Geburt an kennen, oder die Erzieherin/Lehrerin,<br />

die eine mehrjährige Ausbildung absolviert<br />

hat <strong>und</strong> Erfahrungen mit vielen unterschiedlichen Kindern<br />

sammeln konnte? Die Antwort kann nur lauten: Sowohlals-auch!<br />

– Eigentlich ist es nicht sinnvoll, diese Frage zu<br />

stellen, denn sie führt nicht weiter!<br />

Konkret kann das für die Ansprache von bildungsfernen<br />

Eltern <strong>und</strong> Eltern mit ausländischer Herkunft heißen: Gerade<br />

bildungsferne Eltern sind aufgr<strong>und</strong> ihrer überwiegend<br />

schlechten Erfahrungen mit Bildungsinstitutionen zunächst<br />

sehr stark auf Anerkennung <strong>und</strong> Akzeptanz angewiesen.<br />

Väter können gezielt zur Hospitation 3 eingeladen werden.<br />

Sie sind für die Kinder „Magnete auf zwei Beinen“. Eltern<br />

mit ausländischer Herkunft brauchen besonders viel <strong>und</strong><br />

regelmäßige Information über Ziele der Arbeit in Kindergarten<br />

<strong>und</strong> Schule <strong>und</strong> den dortigen Alltag.<br />

23


24<br />

Im Gegenzug brauchen sie wiederkehrend Gelegenheit,<br />

über ihre Kultur <strong>und</strong> ihre hiesige Lebenssituation zu informieren.<br />

Dabei muss bedacht werden, dass sie ggf. Erzieherinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrkräfte auch als staatliche Kontrollpersonen<br />

ansehen. Wenn die Eltern hospitieren, macht die<br />

Präsenz der Eltern die Kinder stolz <strong>und</strong> beweist allen, dass<br />

ihre Herkunftskultur in der Institution akzeptiert wird.<br />

Da die „Eltern-Zusammensetzung“ in jeder Kindertagesstätte/jeder<br />

Schule anders ist, muss jede Institution ihre<br />

Form der Elternarbeit suchen <strong>und</strong> finden.<br />

3 Die häufige Anwesenheit von Eltern in der Kindergruppe/Schulklasse verändert die<br />

Pädagogin-Eltern-Beziehung. Beide Seiten erleben einander im Umgang mit<br />

Kindern, lernen einander immer besser kennen <strong>und</strong> erkennen die erzieherische<br />

Kompetenz des anderen. Sie entwickeln Vertrauen <strong>und</strong> Wertschätzung füreinander;<br />

offene fre<strong>und</strong>schaftliche Gespräche werden möglich. Aber auch die <strong>Erziehungs</strong>fehler<br />

der Eltern (<strong>und</strong> Fachkräfte) werden sichtbar. Dadurch werden Mythen von der<br />

„guten Mutter“ oder der „perfekten Erzieherin/Lehrerin“ hinfällig: Beide Seiten<br />

nehmen einander als Menschen mit individuellen Stärken <strong>und</strong> Schwächen wahr.<br />

Während der Hospitation machen Eltern viele „Lernerfahrungen“ (Martin Textor). Sie<br />

lernen am Vorbild der Pädagogin, wie Kinder angesprochen, angeregt <strong>und</strong> geleitet<br />

werden können.


<strong>Erziehungs</strong>partnerschaft – Zusammen arbeiten für Kinder<br />

Martin R. Textor<br />

0. Überblick<br />

Die Familie ist die wichtigste Bildungsinstanz. Sie ist einflussreicher<br />

als Kindertageseinrichtung <strong>und</strong> Schule.<br />

Die Familie kann sogar die Schule ersetzen. So findet in<br />

den USA seit einigen Jahren eine in Deutschland kaum<br />

reflektierte Revolution im Bildungsbereich statt: Immer mehr<br />

amerikanische Kinder besuchen nicht mehr die Schule,<br />

sondern werden von ihren Eltern gebildet. Während 1999<br />

ca. 850.000 Kinder zwischen 5 <strong>und</strong> 17 Jahren zu Hause<br />

„geschult“ wurden, waren es 2003 bereits 1,1 Mio. Kinder<br />

(National Center for Educational Statistics 2004). Das National<br />

Home Education Research Institute geht sogar von<br />

schätzungsweise 1,7 bis 2,1 Mio. Kinder für das Schuljahr<br />

2002/2003 aus – bei Zuwachsraten zwischen 7 <strong>und</strong> 15%<br />

pro Jahr .<br />

Bei diesen hohen Zahlen ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass<br />

es in den USA inzwischen ein ausgeprägtes Unterstützungssystem<br />

für „Homeschoolers“ gibt. Beispielsweise<br />

können Eltern auf für sie entwickelte Unterrichtsmaterialien<br />

zurückgreifen, sich Verbänden <strong>und</strong> Selbsthilfegruppen<br />

anschließen <strong>und</strong> spezielle Ressourcen im Internet nutzen.<br />

Bibliotheken, Museen, Unternehmen, Kirchengemeinden,<br />

Colleges usw. machen Angebote für sie <strong>und</strong> ihre Kinder.<br />

Inzwischen haben auch nahezu alle Universitäten besondere<br />

Aufnahmeverfahren für Jugendliche entwickelt, die<br />

keine Schul- bzw. Abschlusszeugnisse vorlegen können.<br />

Kinder bzw. Jugendliche, die von ihren Eltern unterrichtet<br />

werden, schnitten laut mehreren Untersuchungen bei<br />

Schulleistungstests gleich gut oder sogar besser ab als<br />

Gleichaltrige, die eine Schule besuchten (Burns 1999, ERIC<br />

Development Team 2001, 2003). Ein etwa gleich hoher<br />

Prozentsatz der Kinder besuchte später ein College (ca.<br />

50%), wobei sie in etwa gleich erfolgreich wie Studierende<br />

mit einer traditionellen Schullaufbahn waren (ERIC Development<br />

Team 2003). Obwohl Kinder bei Homeschooling<br />

weniger Kontakte zu Gleichaltrigen haben, scheint ihre<br />

soziale Kompetenz nicht schlechter zu sein als die von<br />

Schulkindern (Krumm 1995). Zum einen haben sie mehr<br />

Kontakt zu Personen unterschiedlichen Alters, zum anderen<br />

sind sie zumeist Mitglied in außerschulischen Peergroups.<br />

25


1. Zur Bildungsmacht von Familien<br />

Aber auch bei Kindern, die eine Regelschule besuchen, ist<br />

seit langem wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Familie<br />

stärker die Bildungslaufbahn eines Kindes prägt als<br />

die Schule. Schon in den 1960er Jahren wurden in den<br />

Aufsehen erregenden Büchern „Equality of Educational<br />

Opportunity“ von Coleman et al. (1966) <strong>und</strong> „Children and<br />

Their Primary Schools“ von Plowden (1967) anhand von<br />

Untersuchungen aufgezeigt, dass der Anteil der Schule am<br />

Schulerfolg von Kindern nur etwa halb so groß wie der<br />

Anteil der Familie ist. Seitdem wurden H<strong>und</strong>erte von empirischen<br />

Studien veröffentlicht, in denen ganz unterschiedliche<br />

Merkmale von Familien <strong>und</strong> Schulen in Bezug zur<br />

Schulleistung von Kindern erforscht wurden. Metaanalysen<br />

zeigten, dass bei den weitaus meisten Untersuchungen die<br />

Effektstärken der Lernbedingungen in der Familie größer<br />

waren als die Effektstärken von Schul-, Lehrer-, Unterrichts<br />

<strong>und</strong> Methodenmerkmalen (Fraser et al. 1987, zusammengefasst<br />

von Krumm o.J.).<br />

Die Effektstärke von Familienmerkmalen war in 20 von<br />

25 Metaanalysen auch größer als diejenige von Kindmerkmalen.<br />

Das heißt, dass z.B. die Bedeutung der genetischen<br />

Anlagen nicht überschätzt werden sollte. So können laut<br />

Helmke <strong>und</strong> Weinert (1997) nur ca. 25% der Schulleistungsvarianz<br />

anhand der Intelligenz vorhergesagt werden.<br />

Die m.W. erste Längsschnittuntersuchung in Deutschland,<br />

die sowohl den Einfluss von der Familie als auch von<br />

Kindergarten <strong>und</strong> Schule auf die Entwicklung <strong>und</strong> die<br />

Schulleistungen von Kindern erfasste, wurde 2005 von<br />

Tietze, Rossbach <strong>und</strong> Grenner vorgelegt. Hier wurde u.a.<br />

festgestellt, dass der Kindergarten von geringerer Bedeutung<br />

als die Familie ist: Am Ende der Kindergartenzeit<br />

wurden je nach Kriteriumsvariable 6,3 bis 21,9% der Entwicklungsvarianz<br />

durch die Qualität des Familiensettings<br />

<strong>und</strong> nur 3,6 bis 8,4% an zusätzlicher Varianz durch das<br />

Kindergartensetting erklärt. Am Ende der zweiten Gr<strong>und</strong>schulklasse<br />

war der Anteil an der modellerklärten Varianz,<br />

die auf die Familie zurückging, r<strong>und</strong> doppelt so groß wie<br />

der Anteil des Kindergartens <strong>und</strong> der Schule.<br />

Somit ist der Einfluss der Familie auf den Schulerfolg<br />

größer als der Einfluss der Schule: Die kindliche Entwicklung<br />

26<br />

wird in den ersten Lebensjahren auf eine so intensive Weise<br />

durch die Familie geprägt, dass die Kinder selbst bei<br />

gleicher Intelligenzausstattung <strong>und</strong> Begabung mit unterschiedlichen<br />

Voraussetzungen in die Gr<strong>und</strong>schule kommen.<br />

Den Lehrer/innen gelingt es dann nicht, die „benachteiligten“<br />

Kinder so zu fördern, dass sie mit den<br />

Gleichaltrigen aus „bildungsmächtigen“ Familien mithalten<br />

können. Vielmehr öffnet sich die „Leistungsschere“ zwischen<br />

den Schüler/innen mit der Zahl der Schuljahre immer<br />

mehr (Krumm 1995): Im Jugendalter sind die Unterschiede<br />

im Wissen <strong>und</strong> Können zwischen Gymnasiast/innen <strong>und</strong><br />

Hauptschüler/innen bereits sehr stark ausgeprägt.<br />

Kinder aus „bildungsmächtigen“ Familien erreichen also<br />

in der Regel einen höheren Schul- <strong>und</strong> Berufsabschluss als<br />

Kinder aus „bildungsschwachen“ Familien. Allgemein bekannt<br />

dürfte hier der Zusammenhang mit dem sozioökonomischen<br />

Status der jeweiligen Familie sein: Beispielsweise<br />

haben die PISA-Studien (z.B. Max-Planck-Institut für<br />

Bildungsforschung 2004) ergeben, dass Kinder aus Akademikerfamilien<br />

eine viermal größere Abiturchance als<br />

Kinder aus Facharbeiterfamilien haben. Selbst Unterschichtkinder<br />

mit besten Leistungen bleiben in der Hauptschule.<br />

Ausländerkinder haben in Deutschland schlechtere<br />

Bildungschancen als in anderen Industrienationen mit einem<br />

ähnlichen Ausländeranteil.


2. Zur <strong>Erziehungs</strong>macht von Familien<br />

Die Familie prägt aber nicht nur die kognitive bzw. intellektuelle<br />

Entwicklung von Kindern, sondern auch ihre soziale,<br />

emotionale <strong>und</strong> personale Entwicklung. So ist weitestgehend<br />

anerkannt, dass der Einfluss der Eltern auf das Verhalten<br />

<strong>und</strong> Erleben ihrer Kinder bei weitem größer ist als<br />

der Einfluss von Lehrer/innen <strong>und</strong> Erzieher/innen.<br />

Leider wird seit einigen Jahren die <strong>Erziehungs</strong>funktion<br />

von Familien seitens der Politik, der Medien <strong>und</strong> der Bildungseinrichtungen<br />

zunehmend kritisch gesehen: So wird<br />

ein wachsender Bedarf von Eltern an Beratung <strong>und</strong> Unterstützung<br />

bei der Wahrnehmung ihrer <strong>Erziehungs</strong>aufgaben<br />

konstatiert, werden Fälle der Vernachlässigung, Misshandlung<br />

oder Ermordung von Kindern intensiv diskutiert, wird<br />

die Erziehung von Kindern aus Migrantenfamilien sowie aus<br />

sozial benachteiligten <strong>und</strong> bildungsfernen Schichten kritisiert.<br />

Bei dieser Defizitorientierung wird ignoriert, dass weiterhin<br />

der größte Teil der Familien die <strong>Erziehungs</strong>funktion erfüllt.<br />

Das schließt natürlich nicht aus, dass Eltern manchmal<br />

unsicher sind oder Fehler machen. Kinder brauchen aber<br />

keine perfekten Eltern; sie benötigen nur relativ gute. Und<br />

das dürften knapp 80% aller Eltern sein – zumindest sind<br />

nur r<strong>und</strong> 20% der Kinder in unseren Kindertagesstätten<br />

verhaltensauffällig, also durch irgendwelche, unter Umständen<br />

familialen Einflüsse geschädigt worden. Auch in den<br />

Schulen dürfte der Prozentsatz nicht nennenswert höher<br />

sein, wobei mit zunehmendem Alter der Kinder der Einfluss<br />

pathogener Faktoren außerhalb der Familie zunehmen<br />

dürfte. Und behandlungsbedürftig sind sowieso nur knapp<br />

5% der Kinder in Tageseinrichtungen <strong>und</strong> Schulen ...<br />

In den meisten Familien werden die Kinder also so erzogen,<br />

dass sie sich positiv entwickeln. Sie lernen hier<br />

Kompetenzen <strong>und</strong> Einstellungen, die für das ganze Leben<br />

wichtig sind. Dazu gehören Lernmotivation, Neugier, Leistungsbereitschaft,<br />

Interessen, Werte, Selbstkontrolle,<br />

Selbstbewusstsein, soziale Fertigkeiten usw. Nur in einem<br />

kleinen Teil der Familien – insbesondere in Familien aus<br />

unteren sozialen Schichten, in Migrantenfamilien <strong>und</strong> Familien<br />

in besonderen Belastungssituationen – wird die<br />

Entwicklung der Kinder unzureichend gefördert.<br />

3. Konsequenzen für die Politik<br />

Sonderbarerweise werden die Erkenntnisse über die Bildungs-<br />

<strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>macht von Familien weitgehend<br />

ignoriert. Das gilt z.B. auch für entsprechende Ergebnisse<br />

der ersten PISA-Studie. Obwohl sie die Bedeutung der<br />

Familie betonte, wurden diese Aussagen einfach nicht<br />

diskutiert. Rauschenbach, Leu <strong>und</strong> ihre Co-Autor/innen<br />

(2004) schreiben in einer Veröffentlichung des B<strong>und</strong>esbildungsministeriums:<br />

„Nach den Ergebnissen der PISA-<br />

Studie erweist sich die Qualität des sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Kapitals, das Kindern in ihren Familien vermittelt wird, als<br />

die wichtigste Voraussetzung <strong>und</strong> wirksamste Gr<strong>und</strong>lage<br />

für den schulischen Lernprozess. Die Wirkungen der informellen<br />

Kontexte der Herkunftsfamilie der Jugendlichen<br />

sowie deren Fre<strong>und</strong>schaftsnetzwerke sind nach den Erkenntnissen<br />

der Studie wichtiger als die Wirkungen institutioneller<br />

Kontexte. Allerdings wird dieser Bef<strong>und</strong> in der öffentlichen<br />

Diskussion um die PISA-Studie kaum<br />

wahrgenommen.“ (S. 313).<br />

Aus den skizzierten wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

über die große Bedeutung der Familie ergeben sich m.E.<br />

zwei bisher weitgehend ignorierte Konsequenzen für die<br />

Politik:<br />

1. Insbesondere während der ersten Lebensjahre der Kinder<br />

sollten erziehungs- <strong>und</strong> bildungsmächtige Familien<br />

gestärkt werden.<br />

2. <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> bildungsschwache Familien müssen<br />

besonders intensiv unterstützt werden: Einerseits sollten<br />

die Eltern Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen,<br />

die Entwicklung ihrer Kinder besser zu fördern.<br />

Andererseits sollten für die Kinder kompensatorische<br />

Maßnahmen angeboten werden, durch die Entwicklungsverzögerungen<br />

frühestmöglich abgebaut werden<br />

<strong>und</strong> eine mangelnde Stimulierung ausgeglichen wird.<br />

Bisher haben sich Bildungs- <strong>und</strong> Familienpolitik noch nicht<br />

in wünschenswertem Maße mit diesen Herausforderungen<br />

befasst <strong>und</strong> entsprechende politische Ziele formuliert. Aber<br />

auch die Kommunalpolitik ist gefragt, da Familien auf der<br />

lokalen Ebene am besten erreicht werden können. Generell<br />

sollte angestrebt werden, dass seitens Politik, Verwaltung<br />

<strong>und</strong> Wissenschaft flächendeckende Programme entwickelt<br />

27


werden, die der Förderung der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> Bildungsfunktion<br />

von Familien dienen. Diese könnten dann von<br />

Familienbildungseinrichtungen, Volkshochschulen, Jugendämtern,<br />

Kindertagesstätten, Schulen, Kirchen, Verbänden<br />

usw. implementiert werden.<br />

Stattdessen setzt die Politik derzeit auf einen Ausbau<br />

der Kindertagesbetreuung: So sollen mehr Angebote für<br />

Unterdreijährige gemacht werden, werden die Öffnungszeiten<br />

der Kindertageseinrichtungen verlängert, werden<br />

Ganztagsschulen eingeführt bzw. Schulkinder bei Bedarf<br />

nachmittags betreut. Die Tendenz geht also in die Richtung,<br />

dass Kinder weniger Zeit in der „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> Bildungseinrichtung“<br />

Familie <strong>und</strong> mehr Zeit in Kindertagesstätten<br />

<strong>und</strong> Schulen verbringen. Hochschild (2002) berichtete vor<br />

einigen Jahren, dass amerikanische Eltern 1996 durchschnittlich<br />

22 St<strong>und</strong>en pro Woche weniger Zeit für ihre<br />

Kinder hatten als 1969. Inzwischen wird die „Familienzeit“<br />

vermutlich noch weiter abgenommen haben. Ähnliches<br />

dürfte auch für Deutschland gelten.<br />

Unerforscht ist bisher geblieben, wie sich diese Verschiebung<br />

von der familialen Bildung <strong>und</strong> Erziehung hin zur öffentlichen<br />

auf die allgemeine Entwicklung <strong>und</strong> auf die<br />

Schulleistungen der Kinder auswirkt. Zu vermuten ist, dass<br />

erzieherische <strong>und</strong> bildende Einwirkungen auf das einzelne<br />

Kind z.B. in einer Kindergartengruppe mit bis zu 28 Kindern<br />

nicht so intensiv sind wie entsprechende Einwirkungen in<br />

einer Familie mit zwei oder drei Kindern. Ähnliches dürfte<br />

auch für die Schülernachmittagsbetreuung gelten, zumal<br />

sie oft von pädagogisch nicht qualifizierten Personen durchgeführt<br />

wird. Zudem liegen seit den 1970er Jahren Forschungsergebnisse<br />

vor, die eine nur begrenzte Wirkung von<br />

kompensatorischen Maßnahmen an Kindertageseinrichtungen<br />

<strong>und</strong> Schulen belegten, durch die Sozialisations- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsschwächen reduziert werden sollten. Die Effekte<br />

waren aber größer, wenn die Familien der Kinder in<br />

die Fördermaßnahmen einbezogen wurden...<br />

28<br />

4. Eine Herausforderung für die Familienbildung<br />

Wer also die kindliche Entwicklung positiv beeinflussen<br />

möchte, muss auch – <strong>und</strong> vor allem – bei der Familie ansetzen.<br />

Das „klassische“ Angebot für Eltern, die ihr pädagogisches<br />

Wissen erweitern <strong>und</strong> ihre <strong>Erziehungs</strong>kompetenzen<br />

verbessern wollen, ist die Familienbildung. Als deren<br />

allgemeines Ziel kann die Unterstützung von Familien durch<br />

überwiegend bildende Angebote bezeichnet werden. Diese<br />

sollen ein partnerschaftliches Miteinander, ein erfolgreiches<br />

Erfüllen der Familienfunktionen <strong>und</strong> ein möglichst problemloses<br />

Durchlaufen des Familienzyklus mit seinen Entwicklungsaufgaben<br />

ermöglichen (Textor 1996). Unterschieden<br />

werden die institutionelle Familienbildung, die überwiegend<br />

durch Kurse <strong>und</strong> Vorträge in Erwachsenenbildungseinrichtungen<br />

erfolgt, die informelle Familienbildung, die sich ohne<br />

Beteiligung von „Fachleuten“ z.B. in Elterninitiativen, Mütterzentren<br />

<strong>und</strong> Selbsthilfegruppen vollzieht, sowie die<br />

mediale Familienbildung in der Form von Elternzeitschriften,<br />

<strong>Erziehungs</strong>ratgebern <strong>und</strong> entsprechenden Websites (z.B.<br />

www.familienhandbuch.de).<br />

Bei all diesen Angeboten steht allerdings die Familienerziehung<br />

eindeutig im Vordergr<strong>und</strong>; auf die Bildungsfunktion<br />

wird höchstens am Rande eingegangen. Dieses Manko ist<br />

von den Trägern der Familienbildung bisher kaum wahrgenommen<br />

worden, <strong>und</strong> so finden Eltern nur selten Angebote,<br />

die sich speziell auf die Förderung der sprachlichen <strong>und</strong><br />

kognitiven Entwicklung von Kindern, die Weckung von<br />

Lesefreude (Literacy), die Vermittlung lernmethodischer<br />

Kompetenz, die Stärkung von Leistungsmotivation <strong>und</strong><br />

Frustrationstoleranz oder die Kooperation mit Kindergarten<br />

<strong>und</strong> Schule beziehen.<br />

So sollte sich die Familienbildung in Zukunft verstärkt auf<br />

die Bildungsfunktion von Familien konzentrieren. „Es gilt,<br />

vor allem folgende bildungsrelevante Merkmale zu fördern:<br />

1. eine qualitativ gute Kommunikation zwischen Eltern <strong>und</strong><br />

Kindern (also auch bezogen auf Wortschatz, Begriffsverständnis,<br />

Komplexität von Sätzen usw.),<br />

2. Unterstützung des (Klein-) Kindes bei der Erk<strong>und</strong>ung der<br />

Welt <strong>und</strong> bei der Aufnahme sozialer Beziehungen,<br />

3. bildende Aktivitäten in der Familie, z.B. Beschäftigung<br />

mit Lernspielen, Vorlesen, Experimentieren, Gespräche


über Fernsehfilme, Bücher, naturwissenschaftliche Themen<br />

oder politische Ereignisse,<br />

4. eine positive Einstellung zu Lernen <strong>und</strong> Leistung, zu<br />

Kindertageseinrichtung, Schule <strong>und</strong> Berufsausbildung<br />

bzw. Studium,<br />

5. positive Interaktionen über das, was in der Schule <strong>und</strong><br />

im Unterricht passiert, Unterstützung bei den Hausaufgaben,<br />

ein hohes Anspruchsniveau hinsichtlich Schulleistung<br />

<strong>und</strong> -abschluss,<br />

6. ein enger Kontakt zwischen Eltern <strong>und</strong> Erzieher/innen<br />

bzw. Lehrer/innen, damit erstere wissen, wie sie außerfamiliale<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>bemühungen zu<br />

Hause unterstützen können“ (Textor 2005, S. 156).<br />

Anbieter von Familienbildung sollten also besondere Kursprogramme<br />

entwickeln, die der Stärkung der Bildungsfunktion<br />

von Familien dienen. Besonders wichtig sind Angebote,<br />

die in den ersten sechs Lebensjahren von Kindern<br />

greifen, da dieser Zeitabschnitt für deren weitere (schulische)<br />

Entwicklung von größter Bedeutung ist. Zudem sind<br />

junge Eltern motivierter, sich mit pädagogischen <strong>und</strong> kinderpsychologischen<br />

Themen zu befassen <strong>und</strong> sich intensiv<br />

ihren Kindern zu widmen. Insbesondere während des <strong>Erziehungs</strong>urlaubs<br />

können sie zudem relativ leicht tagsüber<br />

an Angeboten der Familienbildung teilnehmen.<br />

Relevante Veranstaltungen sollten aber auch während<br />

der (Gr<strong>und</strong>-) Schulzeit der Kinder angeboten werden. Die<br />

Eltern können deren Lernleistung direkt fördern – viele<br />

Möglichkeiten wurden in dem vor kurzem erschienenen<br />

Buch „So helfe ich meinem Kind ... beim Lernen“ von Burnett<br />

<strong>und</strong> Jarvis (2005) beschrieben. Besonders wichtig ist,<br />

dass die Schüler/innen beim Erledigen ihrer Hausaufgaben<br />

von den Eltern unterstützt werden <strong>und</strong> dass dies auf eine<br />

motivierende Weise geschieht. So wurde inzwischen nachgewiesen,<br />

dass Eltern-Kind-Interaktionen im Zusammenhang<br />

mit dem Erledigen von Hausaufgaben das Interesse<br />

an Bildung auf beiden Seiten fördern <strong>und</strong> beim Kind zu<br />

besseren Schulleistungen führen (Bailey et al. 2004).<br />

Allerdings werden die Angebote der Familienbildung<br />

überwiegend von Müttern <strong>und</strong> Mittelschichtfamilien genutzt<br />

(z.B. Schiersmann et al. 1998). Junge Erwachsene sowie<br />

bildungsschwache, sozial benachteiligte <strong>und</strong> ausländische<br />

Eltern werden hingegen nur selten erreicht. So sind seitens<br />

der Anbieter von Familienbildung noch größere Anstrengungen<br />

als bisher notwendig, um insbesondere die letztgenannten<br />

Zielgruppen zu erreichen. Gerade bei ihnen sind<br />

Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsfunktion besonders<br />

wichtig. Bei Migrantenfamilien muss zudem Interesse<br />

am Erlernen <strong>und</strong> am Verwenden der deutschen<br />

Sprache geweckt werden. Den Eltern ist bewusst zu machen,<br />

dass ihre Kinder in Deutschland oder in ihrem Herkunftsland<br />

nur Erfolg haben werden, wenn sie das Bildungssystem<br />

erfolgreich durchlaufen. Zugleich sollten die<br />

Erwachsenen motiviert werden, selbst Sprachkurse zu<br />

besuchen.<br />

29


5. Zur Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

Einige Familienbildner/innen, Wissenschaftler/innen <strong>und</strong><br />

Politiker/innen haben inzwischen erkannt, dass man alle<br />

Familien nur über die Kindertageseinrichtungen <strong>und</strong> später<br />

über die Schulen erreichen kann. Kindertagesstätten sind<br />

auch der erste öffentliche Raum, in dem die Entwicklung<br />

aller Kinder durch Fachleute überprüft wird. So wird durch<br />

den Vergleich mit Gleichaltrigen relativ schnell deutlich,<br />

welche Kinder von ihren Eltern unzureichend gefördert<br />

werden bzw. welche besonderer kompensatorischer Maß-<br />

Zieldimension Mögliche Kooperationsformen mit Eltern<br />

30<br />

nahmen bedürfen. Diese können entweder von den Erzieher/innen<br />

selbst durchgeführt oder von ihnen vermittelt<br />

werden. Ähnliches gilt dann später für die Schule.<br />

In den letzten beiden Jahrzehnten haben allerdings nur<br />

die Kindertageseinrichtungen ihre Elternarbeit sukzessive<br />

dem Bedarf von Familien angepasst. Während vor 20 Jahren<br />

die Eltern „außen vor“ blieben <strong>und</strong> sich Elternarbeit in<br />

Tür- <strong>und</strong> Angel-Gesprächen, Vortragsabenden <strong>und</strong> Sommerfesten<br />

erschöpfte, wurden seitdem viele neue Formen<br />

der Elternarbeit entwickelt – wie folgende Tabelle verdeutlicht:<br />

Information <strong>und</strong> Austausch – Anmeldegespräch<br />

– Tür-<strong>und</strong>-Angel-Gespräche<br />

– Termingespräche<br />

– Elternabende<br />

– Elternbefragung<br />

– Schriftliche Konzeption des Kindergartens<br />

– Homepage<br />

– Elternbriefe/-zeitschrift<br />

– Schwarzes Brett, Rahmenplanaushang, Fotowand<br />

– Buch- <strong>und</strong> Spielausstellung<br />

– Auslegen von Informationsbroschüren<br />

Stärkung der <strong>Erziehungs</strong>kompetenz – Familienbildende Angebote gemeinsam mit den Eltern festlegen<br />

– Themenspezifische Gesprächskreise<br />

– Elterngruppen, z.B. unter Leitung eines <strong>Erziehungs</strong>beraters<br />

– Einzelgespräche<br />

Gespräche, Fachdienste – Gespräche auf Wunsch der Eltern<br />

– Vermittlung von Hilfen durch psychosoziale Dienste<br />

– Beratungsführer für Eltern<br />

Mitarbeit – Hospitation<br />

– Bastel-/Spielnachmittage<br />

– Mitwirkung von Eltern bei Gruppenaktivitäten, Beschäftigungen <strong>und</strong> Spielen<br />

– Einbeziehung der Eltern in die Planung <strong>und</strong> Durchführung von Projekten<br />

– Begleitung der Gruppe bei Exkursionen<br />

– Kochen mit Kindern<br />

– Spielplatzgestaltung, Gartenarbeit, Renovieren/Reparieren<br />

– Feste <strong>und</strong> Feiern


Zieldimension Mögliche Kooperationsformen mit Eltern<br />

Erleichterung von Übergängen – Relevante elternbildende Angebote vor der Aufnahme eines Kindes<br />

bzw. vor <strong>und</strong> während der Übergangsphase<br />

– Eltern-Kind-Gruppen, andere Angebote für Familien vor Aufnahme des<br />

Kindes in eine Regelgruppe<br />

– Schnuppertage, Vorbesuche in der Gruppe<br />

– Gemeinsame Gestaltung der Eingewöhnungsphase<br />

– Einführungselternabend<br />

Beteiligung, Mitverantwortung<br />

<strong>und</strong> Mitbestimmung<br />

– Mitverantwortung als Mitglied des Elternbeirats<br />

– Beteiligung an Gr<strong>und</strong>satzfragen der Kindertageseinrichtung<br />

– Mitbestimmung bei der Entwicklung von Konzeptionen, Jahres- <strong>und</strong><br />

Rahmenplänen<br />

– Besprechung der pädagogischen Arbeit<br />

– Gemeinsame Planung von Veranstaltungen <strong>und</strong> besonderen Aktivitäten<br />

– Mitbestimmung bei der Gestaltung von Spielecken usw.<br />

– Eltern als Fürsprecher der Kindertageseinrichtung in der Kommune/auf<br />

Landesebene<br />

Ausbau der Kita zum Familienzentrum – Elternstammtisch, Elterncafé<br />

– Bazare, Märkte etc.<br />

– Mittagstisch für Eltern/Nachbarn<br />

– Freizeitangebote für Familien (z.B. Wanderungen, Ausflüge)<br />

– Elterngruppen (mit/ohne Kinderbetreuung)<br />

– Spezielle Angebote für besondere Gruppen von Eltern<br />

(z. B. Alleinerziehende, Migrationsfamilien)<br />

– Elternselbsthilfe (z.B. wechselseitige Kinderbetreuung)<br />

– Babysitterdienst<br />

31


Vor allem aber änderten sich die Einstellungen der Erzieher/<br />

innen: Anstatt die Eltern zu „bearbeiten“, wurde nun die<br />

Kooperation mit ihnen gesucht. Und so wurde der Fachbegriff<br />

„Elternarbeit“ immer mehr durch „<strong>Erziehungs</strong>partnerschaft“<br />

ersetzt. Dieser Begriff verdeutlicht die neue<br />

Haltung der Fachkräfte: Eltern werden als erziehungskompetente<br />

Personen wahrgenommen <strong>und</strong> akzeptiert. Beide<br />

Seiten teilen sich die Verantwortung für die Erziehung der<br />

Kinder <strong>und</strong> arbeiten zum Wohl der ihnen anvertrauten<br />

Kinder zusammen. Als „Partner“ sind sie gleichwertig <strong>und</strong><br />

gleichberechtigt.<br />

Im „Orientierungsplan für Bildung <strong>und</strong> Erziehung im<br />

Elementarbereich niedersächsischer Tageseinrichtungen<br />

für Kinder“ wird die <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft wie folgt expliziert:<br />

„Das Recht auf Betreuung, Bildung <strong>und</strong> Erziehung wird –<br />

bezogen auf das eigene Kind – von den Eltern auf die<br />

Einrichtung per (Betreuungs-)Vertrag übertragen. Schon<br />

aufgr<strong>und</strong> dieser Rechtslage sind die Tageseinrichtungen<br />

zum Wohle des Kindes zu einer guten <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

verpflichtet, über die der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> Bildungsprozess<br />

des Kindes gemeinsam begleitet <strong>und</strong> gestaltet<br />

wird. ...<br />

Ein familienfre<strong>und</strong>liches Klima <strong>und</strong> eine gute Zusammenarbeit<br />

mit den Eltern ermöglichen gemeinsames Handeln.<br />

Die pädagogischen Fachkräfte stellen Transparenz über die<br />

pädagogische Arbeit in der Tageseinrichtung her <strong>und</strong> klären<br />

die Eltern über die Möglichkeiten der Beteiligung auf. Sie<br />

gehen mit Interesse <strong>und</strong> Offenheit auf alle Eltern zu <strong>und</strong><br />

sprechen auch die Väter gezielt an, um sie für die Mitarbeit<br />

zu gewinnen. ...<br />

Ganz allgemein ist das Bewusstsein bei Eltern über<br />

prägende Einflüsse während kindlicher Entwicklungsprozesse<br />

gewachsen <strong>und</strong> somit auch das Interesse, bei der<br />

pädagogischen Fremdbetreuung ihrer Kinder mitgestaltend<br />

tätig zu sein. In der Praxis sind unterschiedlichste Formen<br />

der Elternarbeit mittlerweile ein selbstverständlicher Bestandteil<br />

in der Arbeit der Kindertagesstätte. Eltern haben<br />

einen großen Bedarf an Information, Beratung <strong>und</strong> Austausch.<br />

Dem entspricht die Einrichtung z.B. durch<br />

Informationsabende/-nachmittage <strong>und</strong> Befragungen der<br />

32<br />

Eltern, durch Elterngespräche, durch Aushändigung der<br />

pädagogischen Konzeption usw. Alle Eltern können nach<br />

Absprache hospitieren. ...<br />

Eltern müssen in ihrer <strong>Erziehungs</strong>kompetenz ernst genommen<br />

werden. ... Es finden regelmäßige Gespräche über<br />

die Entwicklung des Kindes statt. Die Anregungen von Eltern<br />

als ‚Experten‘ ihres Kindes werden von den Fachkräften<br />

ernst genommen“<br />

(S. 42–44).<br />

Auch hinsichtlich der Bildung von Kindern sollten Erzieher/<br />

innen <strong>und</strong> Eltern kooperieren. Je mehr die Familie als Co-<br />

Produzent von Bildung wahrgenommen wird, umso mehr<br />

müssen die Fachkräfte ihre Bildungsziele mit den Eltern<br />

abstimmen <strong>und</strong> ihre Bildungsangebote in die Familien hineintragen,<br />

aber auch offen für entsprechende Einflüsse der<br />

Eltern sein. Beide Seiten müssen also miteinander eine<br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong> eingehen. Hierzu heißt es im Niedersächsischen<br />

Orientierungsplan:<br />

„Wenn sich die <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft erfolgreich gestalten<br />

soll, müssen auch die Eltern sich auf den Dialog mit den<br />

Fachkräften einlassen <strong>und</strong> die eigene Verantwortung für die<br />

Bildungsbegleitung ihres Kindes wahrnehmen. Auf ihre<br />

Weise können sie die Bildungsziele dieses Plans mit verfolgen.<br />

...<br />

Eltern werden selber als Akteure in den Alltag der Kindertagesstätte<br />

eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> übernehmen durch ihre<br />

Mitarbeit Verantwortung: Eltern beteiligen sich an der Konzeptionsentwicklung<br />

<strong>und</strong> an der Gestaltung von Veranstaltungen<br />

<strong>und</strong> Familiengottesdiensten (in kirchlichen Einrichtungen),<br />

an interkulturell geprägten Treffen <strong>und</strong> engagieren<br />

sich im Förderverein. Auch praktische Mitwirkung ist gefragt,<br />

z.B. bei einem Elternfrühstück oder in einem Elterncafe,<br />

einem ‚Oma-Opa-Tag‘ oder einem ‚Vater-Kind-Tag‘,<br />

bei Festen <strong>und</strong> Feiern <strong>und</strong> bei Ausflügen“<br />

(S. 44).<br />

Mögliche Formen der Elternmitarbeit in Kindertageseinrichtungen<br />

sind in folgender Tabelle zusammengestellt worden:


Möglichkeiten der Beteiligung von Eltern<br />

Malen – in der Malecke Kindern assistieren<br />

– benötigte, von den Kindern aber nicht erreichbare Utensilien holen<br />

– mit Kindern über ihre Kunstwerke sprechen<br />

– den Namen der Kinder unter die Bilder schreiben<br />

Basteln/Werken – Helfen beim Umgang mit Scheren <strong>und</strong> Klebstoff<br />

– mit Kindern Perlen aufreihen, Papier falten usw.<br />

– Unterstützen von Kindern im Umgang mit Werkzeug<br />

– Aufpassen, dass Kinder sich nicht verletzen<br />

– Herstellen von Requisiten für das Puppentheater<br />

Musik – Singen/Einüben von Liedern<br />

– interessierten Kindern ein Musikinstrument vorstellen<br />

– mit Kindern tanzen<br />

– zu Hause Kassetten mit Musik bespielen<br />

Spiele – mit Kindern Bauwerke erstellen; aufpassen, dass nicht die Bauten anderer<br />

Kinder umgestoßen werden<br />

– Beteiligung an Tischspielen, falls von den Kindern gewünscht<br />

– zu Hause Puppen oder Spielsachen herstellen<br />

Rollenspiel – Beteiligung an Rollenspielen<br />

– neue Rollen <strong>und</strong> Themen einführen<br />

– mit Kindern den Rollenspielbereich auf ein bestimmtes Thema bezogen<br />

ausstatten<br />

– zu Hause Kleidung für den Rollenspielbereich nähen<br />

Medienerziehung – Kindern ein Bilderbuch vorstellen<br />

– mit Kindern über ihre Lieblingsbücher sprechen<br />

– Märchen <strong>und</strong> Geschichten erzählen/vorlesen<br />

– Kindern am Computer assistieren<br />

– zu Hause Kassetten mit selbst vorgelesenen Geschichten bespielen<br />

Naturwissenschaften – mit einigen Kindern experimentieren oder bei Experimenten assistieren<br />

– Kinder auf Naturphänomene aufmerksam machen, mit ihnen über Tiere,<br />

Insekten <strong>und</strong> Pflanzen sprechen<br />

– Kinder vor Störungen durch andere schützen, wenn sie sich z.B. alleine mit<br />

Montessori-Material beschäftigen<br />

Mathematik – Anleiten von Kindern beim Zählen, Sortieren <strong>und</strong> Vergleichen von Objekten<br />

– Eigenschaften wie größer – kleiner, schwerer – leichter miteinander in<br />

Beziehung setzen<br />

33


Möglichkeiten der Beteiligung von Eltern<br />

Sprache – mit einzelnen Kindern/Kleingruppen längere Gespräche führen<br />

– neue Begriffe einbringen<br />

– mit Kindern über die Bedeutung von Wörtern sprechen<br />

– Kindern eine Fremdsprache vorstellen<br />

– Fingerspiele, Gedichte oder Reime einführen<br />

Freispiel (draußen) – den Kindern beim Anziehen von Mänteln, Schuhen usw. helfen<br />

– mit Kindern Fangen oder Verstecken spielen, ihnen einen Ball zuwerfen usw.<br />

– mit Kindern im Sandkasten spielen<br />

Mahlzeiten – den Kindern beim Decken <strong>und</strong> Abdecken des Tisches helfen<br />

– mit Kindern kochen (auch ausländische Gerichte) <strong>und</strong> backen<br />

– Herrichten eines ges<strong>und</strong>en Frühstücksbuffets für die Kinder (regelmäßig/<br />

einige Male pro Monat)<br />

34


Auch die Projektarbeit bietet viele Möglichkeiten, Eltern<br />

gezielt einzusetzen. Beispielsweise können bei einem Projekt<br />

„Berufe“ Eltern an ihrem Arbeitsplatz besucht werden<br />

oder diese ihr „Handwerkszeug“ im Kindergarten vorstellen.<br />

Bei einem Projekt „Erk<strong>und</strong>ung unserer Gemeinde“ können<br />

kunsthistorisch interessierte Eltern eine fachk<strong>und</strong>ige Führung<br />

durch Kirchen, Schlösser oder Museen veranstalten,<br />

kann ein als Stadtrat gewählter Vater das Rathaus vorstellen<br />

oder eine als Journalistin tätige Mutter mit den Kindern<br />

Verkehrsprobleme erörtern. Im Rahmen eines Musikprojekts<br />

können Eltern den Kindern von ihnen beherrschte<br />

Musikinstrumente erklären <strong>und</strong> auf ihnen vorspielen. Schon<br />

diese wenigen Beispiele verdeutlichen die Unmenge der<br />

sich im Rahmen der Projektarbeit ergebenden Möglichkeiten<br />

einer Elternbeteiligung (vgl. Textor 2005a). …<br />

Während in Kindertageseinrichtungen eine <strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> immer häufiger praktiziert wird,<br />

ist sie an Schulen nur außerordentlich selten zu finden. Das<br />

liegt keinesfalls an den rechtlichen Rahmenbedingungen:<br />

So wird z.B. in § 55 Abs. 3 Nr. 2 Niedersächsisches Schulgesetz<br />

ausgeführt: „Die Schule führt den Dialog mit den<br />

<strong>Erziehungs</strong>berechtigten sowohl bezüglich der schulischen<br />

Entwicklung als auch des Leistungsstandes des Kindes,<br />

um entwicklungsspezifische Problemstellungen frühzeitig<br />

zu erkennen <strong>und</strong> gemeinsam mit den <strong>Erziehungs</strong>berechtigten<br />

zu bewältigen“.<br />

Detailliertere Aussagen findet man in den Gr<strong>und</strong>satzerlassen<br />

des Niedersächsischen Kultusministeriums. So<br />

wurde beispielsweise im Erlass „Die Arbeit in der Gr<strong>und</strong>schule“<br />

vom 3. Februar 2004 die Kooperation mit den <strong>Erziehungs</strong>berechtigten<br />

wie folgt expliziert:<br />

9.1 Die Wechselwirkung von schulischen <strong>und</strong> außerschulischen<br />

<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> Lerneinflüssen erfordert eine enge,<br />

vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Schule <strong>und</strong> Elternhaus.<br />

Unterschiede zwischen der Erziehung im Elternhaus,<br />

der Erziehung <strong>und</strong> dem Lernen in der Schule können<br />

die Schülerin oder den Schüler belasten; daher ist in der<br />

Gr<strong>und</strong>schule die kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen<br />

Lehrkräften <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>berechtigten von besonderer<br />

Bedeutung. Anzustreben ist eine <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

von Lehrkräften <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>berechtigten.<br />

9.2 Für diese Zusammenarbeit ist die gegenseitige Information<br />

Voraussetzung. Die Lehrkräfte sind verpflichtet, die<br />

<strong>Erziehungs</strong>berechtigten über die Gr<strong>und</strong>sätze der schulischen<br />

Erziehung zu informieren sowie Inhalt, Planung <strong>und</strong><br />

Gestaltung des Unterrichts mit ihnen zu erörtern. Das gilt<br />

auch für die Kriterien der Leistungsbewertung. Außerdem<br />

müssen die <strong>Erziehungs</strong>berechtigten über die Entwicklung<br />

ihres Kindes in der Schule, über sein Verhalten sowie über<br />

Lernerfolge <strong>und</strong> Lernschwierigkeiten unterrichtet werden.<br />

Die <strong>Erziehungs</strong>berechtigten sollten die Lehrkräfte über die<br />

Lebensumstände ihrer Kinder <strong>und</strong> über die eigene <strong>Erziehungs</strong>praxis<br />

in dem für die Schule erforderlichen Umfang<br />

informieren. Möglichkeiten einer rechtzeitigen Kontaktaufnahme<br />

mit den <strong>Erziehungs</strong>berechtigten einzuschulender<br />

Kinder sollten genutzt werden.<br />

9.3 Zur Zusammenarbeit mit den <strong>Erziehungs</strong>berechtigten<br />

bietet die Schule im Rahmen ihrer Möglichkeiten neben<br />

Sprechst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Elternsprechtagen zusätzliche Sprechnachmittage,<br />

Hausbesuche, Elternabende, Elterninformationsbriefe,<br />

Hospitation der <strong>Erziehungs</strong>berechtigten im<br />

Unterricht sowie Teilnahme <strong>und</strong> Mitarbeit der <strong>Erziehungs</strong>berechtigten<br />

an besonderen Veranstaltungen der Klasse<br />

oder der Schule an. Eltern können die Lehrkräfte in einzelnen<br />

Phasen des Unterrichts unterstützen, Neigungsgruppen<br />

betreuen, die Lehrkraft bei der Vorbereitung <strong>und</strong><br />

Durchführung von Festen, Feiern <strong>und</strong> von Gemeinschaftsvorhaben,<br />

z.B. Landheimaufenthalten, Wanderungen,<br />

Ausflügen <strong>und</strong> Besichtigungen, unterstützen oder mitwirken.<br />

Aus der Hospitation interessierter Eltern im Unterricht<br />

kann sich nach Abstimmung mit der Klassenelternschaft<br />

auch eine sinnvolle Mitarbeit entwickeln“.<br />

Nur – an welcher Gr<strong>und</strong>schule in <strong>Niedersachsen</strong> wird dieser<br />

Erlass umgesetzt?<br />

Viele Faktoren verhindern eine <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

zwischen Schule <strong>und</strong> Familie: Beispielsweise<br />

haben Eltern oft Angst vor Lehrer/innen <strong>und</strong><br />

begegnen ihnen mit Einstellungen <strong>und</strong> Gefühlen aus ihrer<br />

eigenen Schulzeit: So fühlen sie sich ihnen unterlegen,<br />

befürchten Kritik <strong>und</strong> eine „Benotung“ ihrer <strong>Erziehungs</strong>leistung.<br />

Oft haben sie Angst, dass kritische Äußerungen ne-<br />

35


gative Konsequenzen für ihr Kind haben könnten. Aber<br />

auch die Lehrer/innen haben Angst: vor der Konfrontation<br />

mit einer ganzen Gruppe von Eltern beim Elternabend, vor<br />

Gesprächen mit Eltern über die schlechten Schulleistungen<br />

oder die Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder, vor Eltern,<br />

die gleich mit dem Schulamt oder Rechtsanwalt drohen.<br />

Manche befürchten, dass herauskommen könnte, dass sie<br />

schlechte Pädagog/innen sind, keinen guten Unterricht<br />

machen oder die Aufmerksamkeit der Schüler/innen nicht<br />

fesseln können. Lehrer/innen sind es nicht gewöhnt, über<br />

ihre Arbeit Rechenschaft zu geben <strong>und</strong> selbst kritisiert zu<br />

werden, <strong>und</strong> reagieren deshalb unangemessen auf kritische<br />

Äußerungen von Eltern.<br />

Dennoch: Eine <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

zwischen Familie <strong>und</strong> Schule herzustellen ist nicht nur ein<br />

politisches Ziel <strong>und</strong> eine ministerielle Vorgabe, sondern<br />

auch eine Notwendigkeit: Sie entspricht zum einen den zu<br />

Beginn dieses Vortrags skizzierten wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

<strong>und</strong> sichert zum anderen das Kindeswohl – das<br />

Leitlinie allen pädagogischen Handelns sein sollte!<br />

36<br />

6. Neue Formen der Zusammenarbeit mit Eltern<br />

Lassen Sie mich nun auf einige innovative Formen der<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft an Schulen verweisen,<br />

die in den letzten Jahren in vielen B<strong>und</strong>esländern erprobt<br />

wurden <strong>und</strong> vielleicht auch für Ihr Projekt relevant<br />

sind. Dazu gehören beispielsweise:<br />

R Hospitationen von Eltern im Unterricht.<br />

R freiwillige Arbeitsgemeinschaften, in denen Schüler/innen<br />

von der beruflichen Kompetenz, den Sprachkenntnissen<br />

oder den Hobbys von Eltern profitieren.<br />

R Unterstützung von außerunterrichtlichen Lernzirkeln <strong>und</strong><br />

Lernnachmittagen durch Eltern.<br />

R Gestaltung von Lesenachmittagen <strong>und</strong> ähnlichen Veranstaltungen<br />

durch Eltern.<br />

R Projektwochen mit von Eltern entwickelten <strong>und</strong> geleite-<br />

ten Angeboten.<br />

R Musik-, Kunst- oder Theaterdarbietungen unter Leitung<br />

oder Mithilfe von Eltern.<br />

R elterliche Angebote im Rahmen des Programms „Orientierung<br />

in Berufsfeldern“.<br />

R Cafeterias, in der Eltern Pausenbeköstigung oder einen<br />

Mittagstisch anbieten.<br />

R Schaffung von Elternzimmern als Treffpunkt für Eltern.<br />

R „Moderierte Elternabende“, die möglichst mit Beteiligung<br />

der Schüler stattfinden <strong>und</strong> die Eltern in den Verlauf intensiv<br />

einbinden. Beispiel: Klassenelternabend der 8.<br />

Jahrgangsstufe, vorbereitet von einer Schülergruppe.<br />

Am Flipchart hängt die Tagesordnung, durch das Programm<br />

führt die Klassensprecherin. An den Gruppentischen<br />

werden in aus Lehrer(n), Eltern <strong>und</strong> Schüler(n)<br />

bestehenden Gruppen die vereinbarten Themen diskutiert,<br />

etwa: Welche Möglichkeiten gibt es, dass sich Eltern<br />

<strong>und</strong> Schüler über den Unterricht hinaus engagieren?<br />

Eltern präsentieren die Ergebnisse der Tischgruppen.<br />

Zum Abschluss werden die Maßnahmen zusammengestellt,<br />

die man gemeinsam anpacken möchte.<br />

R Gemeinsame Pädagogische Abende für Lehrer <strong>und</strong><br />

Eltern: Bewährt haben sich Gespräche mit Experten zu<br />

einem bestimmten Thema, etwa „Veränderung der Eltern-<br />

<strong>und</strong> Lehrerrolle in der Pubertät der Schüler“.


R Pädagogische Workshops für Eltern (z.B. Durchführung<br />

einer Lernspirale zum Thema: „Wie bereitet ein Schüler<br />

eine Klassenarbeit richtig vor?“).<br />

R Gemeinsame Fortbildung von Lehrern <strong>und</strong> Eltern, z.B.<br />

zum Thema „Kommunikation <strong>und</strong> Konfliktlösung“; ein<br />

Baustein könnten Techniken der Gesprächsführung in<br />

der Elternsprechst<strong>und</strong>e sein.<br />

R EPA-Elterntraining (European Parents Association), in<br />

dem Eltern in Moderationsmethoden geschult werden“.<br />

Drei innovative Formen der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

möchte ich noch detaillierter vorstellen.<br />

6. 1. Elternmitarbeit<br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong> impliziert m.E. die Mitarbeit von Eltern<br />

in der Schule. So trifft man z.B. in vielen amerikanischen<br />

Schulen auf Eltern, die kleine Gruppen von Kindern am<br />

Computer anleiten, mit ihnen in einer Fremdsprache sprechen<br />

oder bestimmte Aktivitäten überwachen. Diese Möglichkeiten<br />

könnten auch an deutschen Schulen geschaffen<br />

werden.<br />

Insbesondere die Projektarbeit bietet viele Möglichkeiten<br />

einer intensiven Einbindung von Eltern in bildende Aktivitäten<br />

(vgl. Textor 2005b). Eltern sollten in die Projektplanung<br />

einbezogen werden, wobei sie eigene Ideen einbringen <strong>und</strong><br />

Aufträge übernehmen können – beispielsweise Bücher,<br />

Materialien bzw. Werkzeuge besorgen oder Besuchstermine<br />

bei Handwerksbetrieben, Firmen bzw. kulturellen Einrichtungen<br />

vereinbaren. Sie können im Verlauf eines Projekts<br />

tätig werden, also z.B. Kleingruppen bei bestimmten<br />

Aktivitäten anleiten, sich als Interviewpartner zur Verfügung<br />

stellen oder bestimmte Kompetenzen einbringen. Eltern<br />

können aufgefordert werden, Projektthemen zu Hause<br />

aufzugreifen <strong>und</strong> zu vertiefen. Schließlich können sie in die<br />

Evaluation eines Projekts einbezogen werden.<br />

Eltern können von den Lehrer/innen auch als außerschulische<br />

Expert/innen im ganz normalen Schulalltag eingeb<strong>und</strong>en<br />

werden. Frie (2006) nennt eine Unmenge von Einsatzmöglichkeiten,<br />

die jedoch aufgr<strong>und</strong> der beschränkten Zeit<br />

von Eltern zumeist kurzfristig sein müssten. Wichtig wäre,<br />

dass immer das Engagement der Eltern gewürdigt werde.<br />

Lehrer/innen sollten aber auch ihre Bildungsangebote in<br />

die Familien hineintragen. So können z.B. die Eltern aufge-<br />

fordert werden, Unterrichtsthemen zu Hause aufzugreifen<br />

<strong>und</strong> zu vertiefen. Auf diese Weise wird erreicht, dass Eltern<br />

<strong>und</strong> Kinder über Unterrichtsinhalte sprechen, diese vertiefen<br />

oder ergänzende Aspekte gemeinsam erarbeiten.<br />

In den USA wird seit Jahren mit so genannten „interaktiven<br />

Hausaufgaben“ gearbeitet, die Lehrer/innen unter<br />

Berücksichtigung der Interessen von Eltern <strong>und</strong> Kindern<br />

entwickeln <strong>und</strong> die von Letzteren im Gespräch miteinander<br />

erledigt werden müssen (Bailey et al. 2004).<br />

6.2 Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>verträge<br />

In mehreren B<strong>und</strong>esländern werden seit einigen Jahren<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>verträge zwischen Eltern <strong>und</strong><br />

Lehrer/innen eingesetzt, in denen die jeweiligen Verantwortlichkeiten<br />

klar beschrieben werden (Sekretariat der Ständigen<br />

Konferenz der Kultusminister der Länder in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland 2004). Sie umfassen<br />

Orientierungen, Ziele <strong>und</strong> Regeln, die gr<strong>und</strong>legend für einen<br />

sinnvollen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>prozess sind. Zumeist<br />

werden ältere Schüler/innen als dritte Vertragspartner einbezogen,<br />

die sich dann ebenfalls auf bestimmte Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> -regeln festlegen.<br />

Im Gr<strong>und</strong>e geht es darum, dass alle Vertragspartner<br />

Verantwortung übernehmen. Sollen die Vereinbarungen<br />

funktionieren, müssen sich Lehrer/innen, Eltern <strong>und</strong> Schüler/innen<br />

gegenseitig anerkennen, respektieren <strong>und</strong> vertrauen.<br />

Der Prozess der Vertragsgestaltung erfordert darüber<br />

hinaus ein hohes Maß an Flexibilität, Fairness <strong>und</strong> Toleranz.<br />

Auf jeden Fall sollte der Vertragsinhalt für alle Beteiligten<br />

leistbar sein: Beispielsweise können Eltern nicht direkt das<br />

Verhalten oder die Leistung ihres Kindes in der Schule<br />

beeinflussen.<br />

In Einzelfällen können zwischen Eltern, Lehrern <strong>und</strong><br />

Schülern auch Verhaltensverträge abgeschlossen werden<br />

(vgl. Ministerium für Schule, Jugend <strong>und</strong> Kinder des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen 2004). Diese sind z.B. bei Verhaltensauffälligkeiten<br />

oder abweichendem Verhalten sinnvoll. In<br />

ihnen macht das Kind konkrete Verhaltenszusagen. Tritt<br />

dieses erwünschte Verhalten auf, wird es unter bestimmten<br />

Bedingungen durch einen Verstärker belohnt. Zugleich wird<br />

festgelegt, wann Ordnungsmaßnahmen entsprechend den<br />

Vorgaben in der Allgemeinen Schulordnung Anwendung<br />

37


finden. Solche Verträge sollen zum Abbau unerwünschten<br />

Verhaltens beitragen. Sie können ferner Übereinkünfte zur<br />

Lösung pädagogischer Probleme jeder Art sein.<br />

6.3 Wochenendseminare<br />

Diese Maßnahme zur Intensivierung der Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Erziehungs</strong>partnerschaft wird z.B. schon seit Jahrzehnten<br />

am Kreuzburg-Gymnasium in Großkrotzenburg praktiziert<br />

<strong>und</strong> ist besonders faszinierend. In Kooperation mit dem<br />

Franziskanischen Bildungswerk werden hier Familienseminare<br />

für die Jahrgangsstufen 5 <strong>und</strong> 8 durchgeführt. Alle<br />

Eltern, Schüler/innen <strong>und</strong> (Klassen-)Lehrer/innen verbringen<br />

gemeinsam ein Wochenende in einem Tagungshaus, um<br />

Berührungsängste abzubauen <strong>und</strong> eine intensive Kommunikation<br />

miteinander zu erleben. Über das gemeinsame Tun<br />

in Workshops kommen sie ins Gespräch <strong>und</strong> lernen sich<br />

dadurch besser kennen. Es entsteht eine Vertrautheit miteinander,<br />

die sich positiv auf das Verhalten der Schüler/<br />

innen <strong>und</strong> die Eltern-Lehrer-Beziehung auswirkt.<br />

7. Zusammenarbeit mit besonderen Zielgruppen<br />

Prinzipiell sollten Erzieher/innen <strong>und</strong> Lehrer/innen Eltern<br />

auch als Ansprechpartner für <strong>Erziehungs</strong>fragen zur Verfügung<br />

stehen <strong>und</strong> ihnen bei <strong>Erziehungs</strong>schwierigkeiten<br />

helfen. Bei größeren Problemen oder bei familialen Belastungen<br />

wie Arbeitslosigkeit, Armut, Betreuung eines behinderten<br />

bzw. pflegebedürftigen Familienmitglieds, Suchtkrankheit<br />

oder psychischer Erkrankung sollten sie<br />

Hilfsangebote medizinischer <strong>und</strong> psychosozialer Dienste<br />

vermitteln.<br />

Im Rahmen der Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

können auch Angebote für besondere Zielgruppen gemacht<br />

werden. Auf drei dieser Gruppen möchte ich zum<br />

Schluss eingehen.<br />

7.1. Scheidungsfamilien<br />

Kinder, deren Eltern getrennt leben oder sich gerade haben<br />

scheiden lassen, sind großen Belastungen ausgesetzt –<br />

insbesondere wenn sie parentifiziert werden, in Konflikte als<br />

Verbündete oder „Friedensstifter“ einbezogen werden, als<br />

„Beschützer“ fungieren, gegen Geschwister ausgespielt<br />

werden oder den Eltern als „Spione“ oder „Botschafter“<br />

dienen (Klosinski 2004). Viele Kinder entwickeln Verhaltensauffälligkeiten<br />

<strong>und</strong> haben psychische Probleme, vor allem<br />

wenn es zu Kämpfen um das Sorgerecht kommt, ein<br />

Elternteil den anderen fälschlicherweise der Misshandlung<br />

bezichtigt oder ihn wegen sexuellen Missbrauchs einer der<br />

Kinder anklagt, ein Elternteil psychisch krank, alkoholabhängig<br />

oder suchtkrank wird, das Kind den anderen Elternteil<br />

nicht mehr sehen darf oder Loyalitätskonflikte geschürt<br />

werden. Auch neue Partnerschaften <strong>und</strong> die Entstehung<br />

einer Stieffamilie können Kinder belasten. In diesen Fällen<br />

verschlechtern sich oft auch die Schulleistungen.<br />

Um solche Fehlentwicklungen möglichst frühzeitig zu<br />

vermeiden, sollten Fach- bzw. Lehrkräfte, die von der Trennung<br />

der Eltern eines Kindes erfahren, beide Eltern zu einem<br />

Gespräch in die Kindertageseinrichtung bzw. Schule einladen.<br />

Selbstverständlich können sie nicht als Eheberater/<br />

innen fungieren – ihre Rolle ist eher die eines Vertreters des<br />

Kindeswohls. So geht es bei dem Gespräch vor allem<br />

darum, Eltern für die (möglichen) Probleme ihres Kindes zu<br />

39


sensibilisieren, auf die Gefahren einer strittigen Scheidung<br />

<strong>und</strong> von Sorgerechtskämpfen zu verweisen <strong>und</strong> dafür zu<br />

plädieren, dass den Kindern ein unbelasteter Kontakt zu<br />

beiden Elternteilen ermöglicht wird. Besonders wichtig ist,<br />

den Eltern aufzuzeigen, wo sie Rat <strong>und</strong> Hilfe finden (z.B.<br />

Ehe- <strong>und</strong> Familienberatungsstellen, Mediation, Scheidungsberatungsstellen).<br />

7.2 Migrantenfamilien<br />

Die Zusammenarbeit mit Migrant/innen wird dadurch erschwert,<br />

dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Kulturen sowie zwischen Gruppen wie Arbeitsmigrant/<br />

innen, Aussiedler/innen, Asylant/innen, Flüchtlingen, Asylbewerbern<br />

<strong>und</strong> binationalen Familien sehr groß sind. Auch<br />

innerhalb einer Kultur bzw. Gruppierung unterscheiden sich<br />

die Familien – man sollte also vermeiden, von mit einer<br />

Familie gemachten Erfahrungen auf andere Familien aus<br />

demselben Land zu schließen: Andere Kulturen sind genauso<br />

vielschichtig wie die deutsche; deshalb sind Stereotype<br />

zu vermeiden.<br />

Die Lebenssituation einer jeden Migrantenfamilie ist also<br />

einzigartig <strong>und</strong> muss von den Erzieher/innen bzw. Lehrer/<br />

innen durch Beobachtung <strong>und</strong> im Gespräch mit den Eltern<br />

erschlossen werden. Dabei werden sie durchaus auf „typische“<br />

Probleme stoßen, z.B. Sprachschwierigkeiten, mangelnde<br />

Integration, Diskriminierung oder eine Art „innere<br />

Zerrissenheit“ zwischen deutscher <strong>und</strong> Herkunftskultur. Oft<br />

ist ein Gespräch mit Migrant/innen nur möglich, wenn andere<br />

Eltern übersetzen, die sowohl Deutsch als auch die<br />

jeweilige Herkunftssprache beherrschen.<br />

Vor längerer Zeit zugewanderte Eltern können auch als<br />

Dolmetscher/innen bei Elternabenden eingesetzt werden,<br />

die ansonsten von Migrant/innen mit wenig Deutschkenntnissen<br />

nicht besucht werden würden. Dann können „Murmelgruppen“<br />

gebildet werden: Die dolmetschende Person<br />

sitzt neben oder hinter den zugewanderten Eltern <strong>und</strong><br />

übersetzt simultan, mit einer flüsternden Stimme. Migrant/<br />

innen sollten aber auch auf geeignete Sprachkurse von<br />

Volkshochschulen <strong>und</strong> Kulturverbänden aufmerksam gemacht<br />

werden.<br />

Erzieher/innen bzw. Lehrer/innen können Angebote<br />

machen <strong>und</strong> Erlebnisräume schaffen, in denen sich Er-<br />

40<br />

wachsene <strong>und</strong> Kinder aus unterschiedlichen Kulturen begegnen,<br />

Interesse an den Lebenserfahrungen, Werten <strong>und</strong><br />

Vorstellungen der anderen zeigen <strong>und</strong> voneinander lernen<br />

wollen. Dann wird die multikulturelle Vielfalt von allen Beteiligten<br />

als Bereicherung erlebt. Beispielsweise können Erzieher/innen<br />

Migrant/innen gelegentlich in die pädagogische<br />

Arbeit der Kindertageseinrichtung einbeziehen: So<br />

können sie diese einladen, in die Gruppe zu kommen, um<br />

den Kindern Grußformeln, Reime oder Lieder in ihrer Herkunftssprache<br />

zu lehren oder die gleiche Geschichte, die<br />

von der Erzieherin auf Deutsch präsentiert wird, in ihrer<br />

Sprache vorzulesen. Die Einbindung der Migrant/innen<br />

stärkt ihr Selbstbewusstsein <strong>und</strong> führt zu einem größeren<br />

Engagement in der Kindertageseinrichtung; sie lesen auch<br />

mehr zu Hause vor. Für die Entwicklung der deutschen<br />

Kinder ist wichtig, dass sie sich in diesen Situationen immer<br />

wieder in der Rolle der Nichtverstehenden erleben. Dies<br />

fördert ihr Verständnis für die Situation von Migrantenkindern.<br />

Migrant/innen können in Kindertageseinrichtungen auch<br />

auf regelmäßiger Basis ihre Herkunftssprache lehren. Die<br />

Kinder lernen dann von ihnen einfache Sätze, Grußformeln,<br />

Reime <strong>und</strong> Lieder. Die Erzieher/innen unterstützen die Migranteneltern<br />

durch den Erwerb von Bilderbüchern, Spielen,<br />

Liedtexten usw. in deren Herkunftssprache.<br />

Als Beitrag zur interkulturellen Erziehung können Migrant/innen<br />

auch von ihrem Herkunftsland <strong>und</strong> den dortigen<br />

Lebensverhältnissen, Sitten <strong>und</strong> Bräuchen berichten, Fotos<br />

oder Dias zeigen, den Kindern Spiele aus ihrer Heimat<br />

beibringen, mit ihnen typische Landesgerichte kochen oder<br />

mit ihnen handwerkliche Tätigkeiten wie Flechten oder<br />

Knüpfen üben. Ferner können (religiöse) Feste gemeinsam<br />

gefeiert werden, wobei Migrant/innen die Festgestaltung<br />

übernehmen <strong>und</strong> über die Entstehung, den Sinn <strong>und</strong> die<br />

Bedeutung des jeweiligen Festes informieren. Die Anschaffung<br />

eines interkulturellen Kalenders kann für die Planung<br />

solcher Angebote sehr hilfreich sein. Solche Feiern sind<br />

eher zu empfehlen als so genannte „multikulturelle Feste“,<br />

bei denen Migrant/innen auf die Rolle derjenigen festgelegt<br />

werden, die exotisches Essen kochen <strong>und</strong> Folklore darbieten.<br />

Hier werden Stereotype <strong>und</strong> Vorurteile eher verfestigt<br />

als abgebaut.


7.3 Väter<br />

Eine bei der Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft weitgehend<br />

vernachlässigte Gruppe von Eltern sind die Väter.<br />

Dies ist bedauerlich: Väter nehmen einen wichtigen Platz<br />

im Leben zumindest der jüngeren Kinder ein; die Väterforschung<br />

hat ihre große Bedeutung insbesondere für die<br />

Entwicklung kognitiver Kompetenzen, sozialer Fertigkeiten,<br />

der Geschlechtsrollenidentität <strong>und</strong> des Selbstwertgefühls<br />

belegt. So sind sie wichtige Miterzieher, die von den Erzieher/innen<br />

bzw. Lehrer/innen nicht ignoriert werden dürfen.<br />

Sie sollten nicht länger „Zaungäste“ in der Kindertageseinrichtung<br />

oder Schule sein, sondern Gelegenheiten erhalten,<br />

auch eine „neue Väterlichkeit“ auszuprobieren, anderen<br />

Vätern zu begegnen <strong>und</strong> sich ihren Kindern zu widmen.<br />

Deshalb sollten Erzieher/innen bzw. Lehrer/innen schon<br />

vom ersten Kontakt an väterfre<strong>und</strong>liche Signale aussenden,<br />

z.B. indem sie ausdrücklich auch Väter zu Elterngesprächen<br />

<strong>und</strong> -abenden einladen. So können diese ihre Perspektiven<br />

<strong>und</strong> Ansichten einbringen, die sich oft von denen<br />

der Mütter unterscheiden. Auch können sie als Mitglieder<br />

des Elternbeirats gewonnen oder zu bestimmten Themen<br />

als Fachmann in die Gruppe bzw. in den Unterricht eingeladen<br />

werden.<br />

In vielen Kindertageseinrichtungen konnte eine besonders<br />

hohe Beteiligung von Vätern durch reine Vater-Kind-<br />

Aktionen erreicht werden – insbesondere wenn die Väter<br />

direkt von ihren Kindern eingeladen wurden. Vielerorts sind<br />

auch positive Erfahrungen mit Angeboten nur für Väter<br />

gesammelt worden. Besonders bewährt haben sich Aktivitäten,<br />

zu denen Körperkraft <strong>und</strong> handwerkliches Geschick<br />

benötigt werden. So haben viele Kindertageseinrichtungen<br />

mit Hilfe von Vätern die Außenanlagen umgestaltet oder<br />

Holzeinbauten in Gruppenräumen erstellt. Auch zu Gartenarbeiten<br />

<strong>und</strong> zum Reparieren von Geräten bzw. Spielsachen<br />

lassen sich Väter relativ leicht gewinnen. Insbesondere<br />

längerfristige oder häufige Projekte schweißen die Beteiligten<br />

zusammen: Es kommt zu intensiven Gesprächen,<br />

Fre<strong>und</strong>schaften entstehen.<br />

Vereinzelt – etwas häufiger in den USA als in Deutschland<br />

– wird von reinen Vätergruppen berichtet. Hier treffen sich<br />

Väter abends in der Kindertageseinrichtung, um mit den<br />

Erzieher/innen über die Entwicklung <strong>und</strong> Erziehung von<br />

Kleinkindern, über altersgemäße Beschäftigungen <strong>und</strong><br />

<strong>Erziehungs</strong>schwierigkeiten zu diskutieren. Ferner wird die<br />

Vaterrolle reflektiert, das traditionelle Männerbild hinterfragt<br />

<strong>und</strong> nach Wegen zur besseren Vereinbarkeit von Familie<br />

<strong>und</strong> Beruf gesucht. Auf diese Weise wird der Weg zu eher<br />

partnerschaftlichen, verständnisvollen <strong>und</strong> empfindsamen<br />

Beziehungen zu Frauen <strong>und</strong> Kindern geebnet.<br />

Schließlich sind reine Freizeitangebote für Väter denkbar<br />

– die möglichst von anderen Vätern organisiert werden<br />

sollten: Fußball, Handball, Basketball, Kegeln, Besuch von<br />

Sportveranstaltungen, Skatabende, Ausflüge u.v.a.m. Hier<br />

lernen Väter einander besser kennen – <strong>und</strong> dann fällt es<br />

ihnen leichter, auch einmal über die Entwicklung <strong>und</strong> Erziehung<br />

ihrer Kinder zu diskutieren.<br />

41


8. Schlusswort<br />

Die Beispiele zur Einbeziehung von Vätern <strong>und</strong> Migrant/<br />

innen haben verdeutlicht, wie intensiv die Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Erziehungs</strong>partnerschaft in manchen Kindertageseinrichtungen<br />

geworden ist. Dies sollte ein Anreiz für Schulen sein,<br />

neue Wege hinsichtlich einer engeren Zusammenarbeit mit<br />

Familien zu erproben <strong>und</strong> die entsprechenden ministeriellen<br />

Vorgaben in die Praxis umzusetzen. Ich wünsche Ihrem<br />

Projekt, dass es hier viele Anstöße geben kann!<br />

42


Zum Weiterlesen<br />

Weitere Ausführungen zum Thema befinden sich in zwei<br />

kleinen Büchern – das eine richtet sich an Erzieher/innen,<br />

das andere an Lehrer/innen:<br />

R Martin R. Textor: Elternarbeit im Kindergarten. Ziele,<br />

Formen, Methoden. Norderstedt: BoD, 2. Aufl. 2009,<br />

112 Seiten, EUR 10,00<br />

R Martin R. Textor: Bildungs <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

in der Schule. Gründe, Ziele, Formen. Norderstedt: BoD<br />

2009, 88 Seiten, EUR 9,80<br />

Viele Fachartikel des Autors zum Thema „<strong>Erziehungs</strong>partnerschaft“<br />

können auch im Internet unter http://homepage.<br />

ipzf.de/Fachartikel.html abgerufen werden.<br />

Literatur<br />

– Bailey, L.B. et al.: The Effects of Interactive Reading<br />

Homework and Parent Involvement on Children‘s Inference<br />

Responses. Early Childhood Education Journal<br />

2004, 32, S. 173-178<br />

– Burnett, G./Jarvis, K.: So helfe ich meinem Kind … beim<br />

Lernen. Kinder zu Hause motivieren <strong>und</strong> unterstützen.<br />

Mülheim an der Ruhr 2005<br />

– Burns, J.: The Correlational Relationship between<br />

Homeschooling Demographics and High Test Scores.<br />

Manuskript 1999, http://searcheric.org/ericdc/<br />

ED439141.htm<br />

– Coleman, J.S. et al.: Equality of Educational Opportunity.<br />

Washington 1966<br />

– Eric Development Team: Homeschooling. ERIC Digest<br />

ED457539, 2001, http://searcheric.org/ericdc/<br />

ED457539.htm<br />

– Eric Development Team: Homeschooling and Higher<br />

Education. ERIC Digest ED480468, 2003<br />

– Fraser, B.J. et al.: Syntheses of Educational Productivity<br />

Research. International Journal of Educational Research<br />

1987, 11, S. 147-251<br />

– Frie, P.: Wie Eltern Schule mitgestalten können. Ein<br />

Handbuch für Lehrer <strong>und</strong> Eltern. Mülheim: Verlag an der<br />

Ruhr 2006<br />

– Helmke, A./Weinert, F.E.: Bedingungsfaktoren schulischer<br />

Leistungen. In: F.E. Weinert (Hrsg.): Psychologie<br />

des Unterrichts <strong>und</strong> der Schule. Enzyklopädie der Psychologie,<br />

Themenbereich D, Serie I, Bd. 3. Göttingen<br />

1997, S. 71-176<br />

– Hochschild, A.R.: Keine Zeit. Wenn die Firma zum Zuhause<br />

wird <strong>und</strong> zu Hause nur Arbeit wartet. Opladen<br />

2002<br />

– Hohmann, R.: <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>.<br />

Der ungehobene Schatz für Kindertageseinrichtung,<br />

Schule <strong>und</strong> Eltern. Zwischenbericht. Hannover, Entwurf<br />

vom 01.05.2007<br />

– Klosinski, G.: Scheidung – Wie helfen wir den Kindern?<br />

Düsseldorf, Zürich: Patmos/ Walter 2004<br />

– Krumm, V.: Über die Vernachlässigung der Eltern durch<br />

Lehrer <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>wissenschaft. Plädoyer für eine<br />

veränderte Rolle der Lehrer bei der Erziehung der Kinder.<br />

Manuskript. Salzburg 1995<br />

– Krumm, V.: Schulleistung – auch eine Leistung der Eltern.<br />

Die heimliche <strong>und</strong> die offene Zusammenarbeit von Eltern<br />

<strong>und</strong> Lehrern <strong>und</strong> wie sie verbessert werden kann. Manuskript.<br />

Salzburg o.J.<br />

– Max-Planck-Institut für Bildungsforschung: Programme<br />

for International Student Assessment. http://www.mpibberlin.mpg.de/pisa<br />

(05.07.2004)<br />

– Ministerium für Schule, Jugend <strong>und</strong> Kinder des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen: Texte zur Diskussion um Bildungs-<br />

<strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>verträge. http://www.bildungsportal.nrw.<br />

de/BP/Schule/Erziehung/buendnis/discussion/texte/<br />

index.html (05.07.2004)<br />

– National Center for Educational Statistics: 1.1 Million<br />

Homeschooled Students in the United States in 2003.<br />

Issue Brief NCES 2004-115, 2004<br />

– Niedersächsisches Kultusministerium: <strong>Niedersachsen</strong>s<br />

Schulen mit neuem Profil – Die Gr<strong>und</strong>satzerlasse für<br />

Gr<strong>und</strong>schule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium,<br />

Kooperative Gesamtschule, Integrierte Gesamtschule.<br />

http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C4687363_<br />

L20.pdf (05.07.2007)<br />

– Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.): Orientierungsplan<br />

für Bildung <strong>und</strong> Erziehung im Elementarbereich<br />

niedersächsischer Tageseinrichtungen für Kinder.<br />

http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C3374461_<br />

L20.pdf (05.07.2007)<br />

43


– Plowden, B. (Hrsg.): Children and Their Primary Schools.<br />

London 1967<br />

– Rauschenbach, T./Leu, H.R./Lingenauber, S./Mack, W./<br />

Schilling, M./Schneider, K./Züchner, I.: Nonformale <strong>und</strong><br />

informelle Bildung im Kindes <strong>und</strong> Jugendalter. Konzeptionelle<br />

Gr<strong>und</strong>lagen für einen Nationalen Bildungsbericht.<br />

Berlin 2004<br />

– Schiersmann, C. et al.: Innovationen in Einrichtungen<br />

der Familienbildung. Eine b<strong>und</strong>esweite empirische Institutionenanalyse.<br />

Opladen 1998<br />

– Schlösser, E.: Zusammenarbeit mit Eltern – interkulturell.<br />

Informationen <strong>und</strong> Methoden zur Kooperation mit deutschen<br />

<strong>und</strong> zugewanderten Eltern in Kindergarten,<br />

Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> Familienbildung. Münster: Ökotopia<br />

2004<br />

– Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister<br />

der Länder in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland: Erziehung<br />

als Auftrag von Elternhaus <strong>und</strong> Schule. Informationen<br />

der Länder über die Zusammenarbeit von Eltern<br />

<strong>und</strong> Schule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom<br />

04.12.2003). http://www.kmk.org/doc/beschl/Elternhaus_<strong>und</strong>_Schule_04_12.pdf<br />

(05.07.2004)<br />

– Textor, M.R.: Allgemeine Förderung der Erziehung in der<br />

Familie. § 16 SGB VIII. Stuttgart 1996<br />

– Textor, M.R.: Die Bildungsfunktion der Familie stärken:<br />

Neue Aufgabe der Familienbildung, Kindergärten <strong>und</strong><br />

Schulen? Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für<br />

öffentliche <strong>und</strong> private Fürsorge 2005, 85 (5), S. 155-159<br />

– Textor, M.R.: Elternarbeit im Kindergarten. Ziele, Formen,<br />

Methoden. Norderstedt: BoD 2005a<br />

– Textor, M.R.: Projektarbeit im Kindergarten. Planung,<br />

Durchführung, Nachbereitung. Norderstedt: BoD 2005b<br />

– Tietze, W./Roßbach, H.-G./Grenner, K.: Kinder von 4 bis<br />

8 Jahren. Zur Qualität der Erziehung <strong>und</strong> Bildung in<br />

Kindergarten, Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> Familie. Weinheim 2005<br />

44


Berichte aus den Standorten<br />

„Eltern machen Schule“ in Friesoythe<br />

Nicola Fuhler<br />

Die Vorbereitung des Projekts „Eltern machen Schule“<br />

begann in Friesoythe bereits im Winter 2004/2005. Damals<br />

wurde die Idee der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

publik. Nicola Fuhler, pädagogische Mitarbeiterin des Bildungswerks<br />

Cloppenburg, griff diese Idee auf, um sie in<br />

Friesoythe umzusetzen. Zwei Gr<strong>und</strong>schulen aus dem Friesoyther<br />

Ortsteil Altenoythe zeigten sich besonders interessiert,<br />

<strong>und</strong> die beiden Schulleiterinnen organisierten Elternabende,<br />

um die Resonanz in der Elternschaft auszuloten.<br />

Schnell fanden sich Eltern, die bereit waren, Kurse in den<br />

Schulen durchzuführen.<br />

So begann die Arbeit im Projekt „Eltern machen Schule“<br />

in Friesoythe bereits am 1. Februar 2005. Zu dieser Zeit<br />

nahmen in den Gr<strong>und</strong>schulen Gerbertschule <strong>und</strong> Hohefeld<br />

des Ortsteils Altenoythe acht engagierte Frauen ihre ehrenamtliche<br />

Arbeit in insgesamt sechs Arbeitsgemeinschaften<br />

auf. Zunächst waren da zwei Lesegruppen mit den damals<br />

noch so genannten „Lesemüttern“. Des Weiteren starteten<br />

eine Computer-, eine Tanz- <strong>und</strong> eine Flötenspiel-AG. Darüber<br />

hinaus gab es noch eine Kreativ-AG, in der gebastelt<br />

wurde, die aber auch mit der Theater-AG der Schule an der<br />

Erstellung von Bühnenbildern arbeitete.<br />

Die Gruppengröße variierte zwischen drei <strong>und</strong> vierzehn<br />

Kindern. Die AGs fanden zunächst überwiegend in der<br />

Betreuungszeit der beiden Verlässlichen Gr<strong>und</strong>schulen<br />

statt, <strong>und</strong> zwar in der Zeit von 12 bis 13 Uhr. Einige Kurse<br />

fanden von Beginn an nachmittags statt, <strong>und</strong> im Laufe der<br />

Zeit verlagerten sich auch die meisten anderen Kurse auf<br />

den Nachmittag.<br />

Die AGs liefen unverändert über vier Schulhalbjahre bis zum<br />

31. Januar 2007. Dann endeten die Kurse der „Lesemütter“<br />

<strong>und</strong> die Kreativ-AG. Dafür gründete sich eine weitere Tanz-AG.<br />

Von den ursprünglichen AGs bestehen bis heute die<br />

Gruppe der Flötenkinder <strong>und</strong> der Computerkurs. Letzterer<br />

hat seinen Schwerpunkt jedoch mehr auf das Tastenschreiben<br />

verlagert. Die Zahl der AGs blieb im Wesentlichen<br />

unverändert, es kamen also auch immer wieder neue<br />

Gruppen hinzu.<br />

Andere Gr<strong>und</strong>schulen in Friesoythe zeigten sich anfangs<br />

skeptisch oder nur gering interessiert. Einige Schulleitungen<br />

befürchteten eine zusätzliche Arbeitsbelastung. Zum Teil<br />

hatten aber wohl auch die jeweiligen Lehrerkollegien Vorbehalte,<br />

weil sie in den AGs eine Art Unterrichtsersatz sahen.<br />

Deshalb konzentrierte sich Nicola Fuhler auf die bestehenden<br />

AGs, die sehr erfolgreich arbeiteten. Hier war<br />

die Resonanz in der Lehrer-, Eltern- <strong>und</strong> Schülerschaft<br />

gleichermaßen positiv. Zum 1. Februar 2008 stieg dann die<br />

Gr<strong>und</strong>schule in Neuvrees, einem weiteren Ortsteil Friesoythes,<br />

auf eigenes Betreiben in das Projekt ein. Hier bildeten<br />

sich schnell vier AGs, wobei zum ersten Mal auch ein Mann<br />

einen Kurs übernahm. Unterstützt wurde er dabei von<br />

seinem Arbeitgeber, der ihm zur Durchführung einer Fußball-AG<br />

eine flexible Handhabung seiner Arbeitszeit ermöglichte.<br />

Bis zum offiziellen Beginn des Projekts „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong>“ wurden unvermeidbare Kosten von<br />

den Schulen getragen. Erst als die projektgeb<strong>und</strong>enen<br />

Mittel zur Verfügung standen, wurde den AG-Leiterinnen<br />

<strong>und</strong> Leitern eine kleine Aufwandsentschädigung gezahlt.<br />

Sie erfüllte vor allem den Zweck, das Engagement der<br />

Beteiligten zu würdigen.<br />

45


Zurzeit sieht es so aus, dass vier bestehende AGs über den<br />

Förderzeitraum hinweg weitergeführt werden. Einen neuen<br />

Impuls brachte ein vom Bildungswerk Cloppenburg initiierter<br />

Kurs für „Lesehelferinnen bzw. -helfer“. Dieser Begriff<br />

beschreibt die tatsächliche Arbeit der ursprünglich als<br />

„Lesemütter“ bezeichneten Kursleiterinnen in diesem Bereich<br />

wesentlich treffender <strong>und</strong> pädagogisch angemessener.<br />

Die große Resonanz, die dieser Kurs hervorrief – insgesamt<br />

26 Frauen nahmen an der Fortbildungsmaßnahme<br />

teil – zeigt, dass es eine ungebrochen große Bereitschaft<br />

gibt, sich für ein erweitertes Bildungsangebot in den Gr<strong>und</strong>schulen<br />

zu engagieren, auch wenn es sich bei den Interessierten<br />

hauptsächlich um Eltern <strong>und</strong> hierbei vor allem um<br />

Mütter handelt.<br />

46<br />

Das „Cloppenburger Modell“ – Partnerschaft<br />

zwischen Eltern <strong>und</strong> der HRS Pingel Anton<br />

Stephan Müller<br />

Im Juli 2006 wurde im Rahmen des Projekts „<strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“ eine Zusammenarbeit zwischen<br />

der Haupt- <strong>und</strong> Realschule Pingel Anton/Galgenmoor<br />

<strong>und</strong> der Katholischen sowie Evangelischen<br />

Erwachsenenbildung <strong>Niedersachsen</strong> vereinbart. Unter<br />

Berücksichtigung von orts- <strong>und</strong> schulspezifischen Aspekten<br />

sollten verschiedene Ziele verfolgt werden:<br />

R Die sukzessive Initiierung <strong>und</strong> Forcierung der Kooperation<br />

zwischen dem Elternhaus <strong>und</strong> der Schule, um migrationsbedingte<br />

Zurückhaltung <strong>und</strong> Nichtbeteiligung<br />

der Elternhäuser aufzubrechen.<br />

R Die transparente Darlegung des Leitbildes, der Ziele <strong>und</strong><br />

der pädagogischen Programme der Schule, damit diese<br />

für alle Beteiligten verständlich sind <strong>und</strong> auch von ihnen<br />

gelebt werden.<br />

R Die Stärkung der elterlichen Kompetenzen unter Berücksichtigung<br />

der kulturellen <strong>und</strong> sozialen Hintergründe<br />

durch besondere Angebote in Seminaren <strong>und</strong> schulischen<br />

Veranstaltungen.<br />

Um die Umsetzung dieser Vorhaben zu gewährleisten, entwickelten<br />

wir das „Cloppenburger Modell“, ein Konzept,<br />

das durch seine vierschrittige Vorgehensweise gekennzeichnet<br />

ist:<br />

1. Aufsuchende <strong>und</strong> einladende Elternarbeit<br />

2. Der Versuch einer „offenen Schule“<br />

3. Eltern unterstützen Lehrer<br />

4. Evaluation<br />

1) Aufsuchende <strong>und</strong> einladende Elternarbeit<br />

Zu Beginn des Schuljahres 2006/2007 wurden erstmals<br />

Hausbesuche durchgeführt. Ein externer pädagogischer<br />

Mitarbeiter besuchte dabei alle Eltern der Schüler des 5.<br />

Hauptschuljahrgangs. Durch den hohen Anteil an Schülern<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> an unserer Schule bestehen oft<br />

unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Bildung <strong>und</strong><br />

Erziehung, der Werte <strong>und</strong> Normen oder der Aufgaben von<br />

Eltern <strong>und</strong> Schule. Die Hausbesuche sollten vor allem dazu<br />

beitragen, Missverständnissen vorzubeugen, Vorurteile


abzubauen <strong>und</strong> gleichzeitig wichtige Informationen an die<br />

Eltern weiterzugeben. Dazu gab es Flyer, Anmeldeformulare<br />

für das gemeinsame Wochenende <strong>und</strong> die Schulordnung.<br />

Die Hausbesuche wurden seinerzeit von einem externen<br />

Mitarbeiter mit entsprechendem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

durchgeführt, da die Sprachkenntnisse <strong>und</strong> die Sozialisation<br />

eine besondere Berücksichtigung erfahren sollten.<br />

Trotz anfänglicher Skepsis <strong>und</strong> Unbehagens auf Gr<strong>und</strong><br />

der für die Eltern ungewohnten Situation, entwickelten sich<br />

fruchtbare Gespräche, in denen wichtige Informationen<br />

ausgetauscht wurden. Während die Eltern mit dem Leitbild<br />

der Schule sowie mit deren pädagogischen Zielen <strong>und</strong><br />

Programmen vertraut gemacht wurden, erhielt der pädagogische<br />

Mitarbeiter Informationen über die Erwartungen,<br />

Wünsche <strong>und</strong> Ängste der Eltern, aber auch wichtige Hinweise<br />

im Hinblick auf etwaige Lernschwächen, Erkrankungen<br />

oder gar therapeutische Behandlungen der Schüler.<br />

Die Elterngespräche wurden protokolliert, so dass auf die<br />

gewonnenen Erkenntnisse jederzeit zurückgegriffen werden<br />

konnte.<br />

Im darauf folgenden Schuljahr 2007/2008 führten die<br />

Klassenlehrer der 5. Hauptschuljahrgänge die Hausbesuche<br />

durch. Der frühzeitig geknüpfte Kontakt zum Elternhaus<br />

wirkte sich in vielerlei Hinsicht positiv auf die fortlaufende<br />

Zusammenarbeit zwischen den Klassenlehrern <strong>und</strong> der<br />

Elternschaft aus. Allerdings wurde schon sehr bald klar,<br />

dass diese Vorgehensweise eine enorme zusätzliche Belastung<br />

für die Klassenlehrer darstellt.<br />

Für das Schuljahr 2008/2009 beschlossen wir, das<br />

Projekt auszudehnen <strong>und</strong> die 5. Realschuljahrgänge mit in<br />

die veränderte Schuleingangsphase einzubeziehen. Angesichts<br />

der im vorangegangenen Schuljahr gesammelten<br />

Erfahrungen bezüglich der Mehrbelastung durch Hausbesuche<br />

sowie der Tatsache, dass die Schülerzahl in den<br />

Realschulklassen deutlich größer ist als in den Hauptschulklassen,<br />

wurden die Klassenlehrer entlastet. Die Hausbesuche<br />

wurden nur zu einem Teil von ihnen selbst durchgeführt.<br />

Einen Großteil der Besuche übernahmen nach<br />

Absprache mit den Klassenlehrern pädagogische Hilfskräfte<br />

mit eigenem Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

Diese Vorgehensweise wurde im Schuljahr 2009/2010<br />

erneut praktiziert. Dabei versuchte man verstärkt darauf zu<br />

achten, dass die externen pädagogischen Mitarbeiter die<br />

Eltern mit Migrationshintergr<strong>und</strong> besuchten.<br />

Resümierend lässt sich feststellen, dass viele Klassenlehrer<br />

auf Gr<strong>und</strong> der positiven Erfahrungen mit den Hausbesuchen<br />

<strong>und</strong> der daraus resultierenden Zusammenarbeit<br />

mit Eltern gern alle Elternbesuche selbst durchgeführt<br />

hätten. Leider ist dies angesichts des enormen zeitlichen<br />

Aufwandes nicht praktikabel.<br />

2) Der Versuch einer „offenen Schule“<br />

Um den Übergang zu unserer Schule möglichst positiv zu<br />

gestalten <strong>und</strong> zwangsläufig auftretenden Problemen vorzubeugen,<br />

haben wir für die Schüler der fünften Klassen<br />

eine veränderte Eingangsphase eingerichtet. Im Rahmen<br />

dieser Eingangsphase, die insgesamt 3½ Wochen dauert,<br />

werden die Schüler sukzessiv an den Regelst<strong>und</strong>enplan<br />

herangeführt. Sie erhalten zunächst die Gelegenheit, sich<br />

untereinander <strong>und</strong> die Schule kennen zu lernen, <strong>und</strong> bekommen<br />

durch ein auf mehrere Tage verteiltes Methodentraining<br />

gr<strong>und</strong>legendes Handwerkszeug für erfolgreiches<br />

Lernen vermittelt.<br />

Während wir in den ersten beiden Jahren zunächst lediglich<br />

die Hauptfächer von Beginn an unterrichteten, hat<br />

es sich als produktiver herauskristallisiert, auch die künstlerisch-gestalterischen<br />

<strong>und</strong> die musisch-kulturellen Fächer<br />

sowie das Fach Sport von Beginn an in den Plan einfließen<br />

zu lassen, da gerade in diesen Bereichen die soziale Komponente,<br />

die während der Einführungswochen von zentraler<br />

Bedeutung ist, stärker betont werden kann.<br />

Alle 5. Klassen führten an jeweils zwei Terminen zusätzlich<br />

ein Sozialtraining mit einer Sozialpädagogin durch. Das<br />

soziale Lernen steht auch beim Aufsuchen außerschulischer<br />

Lernorte innerhalb der Einführungswochen im Mittelpunkt.<br />

Im Schuljahr 2006/2007 wurden das Museumsdorf<br />

Cloppenburg sowie das Zeughaus in Vechta aufgesucht.<br />

Da beide Lernorte im historischen Bereich angesiedelt sind<br />

<strong>und</strong> das Zeughaus sich zudem besonders in Klasse 6 für<br />

einen Besuch anbietet, um dort das Mittelalter näher zu<br />

thematisieren, haben wir in den darauf folgenden Jahren<br />

anstatt des Zeughauses den Kletterwald in Thüle aufgesucht.<br />

Er ist hervorragend geeignet, um das „Wir-Gefühl“<br />

innerhalb der Klasse zu stärken. Immer wieder konnte man<br />

47


eobachten, wie die Schüler versuchten, sich gegenseitig<br />

zu helfen, wie sie auf einander warteten <strong>und</strong> sich gegenseitig<br />

Tipps gaben <strong>und</strong> anfeuerten. Aber auch der Besuch<br />

des Museumsdorfes in Cloppenburg förderte den Gemeinschaftssinn<br />

im Rahmen verschiedener pädagogischer<br />

Programme wie „Pottbäcker <strong>und</strong> Kannengießer“ oder „Essen<br />

wie damals“. Auch hier war zu beobachten, wie die<br />

Schüler sich entweder gegenseitig unterstützten oder aber<br />

in Gemeinschaftsproduktion etwas herstellten.<br />

Den Höhepunkt <strong>und</strong> zugleich Abschluss dieser Eingangsphase<br />

stellt ein gemeinsames Wochenende in der<br />

Schule dar, an dem Schüler, Eltern <strong>und</strong> Lehrer zusammen<br />

in der Schule agieren. Die Aktion begann in den vergangenen<br />

Jahren stets mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken in<br />

der Aula der Schule. Anschließend hatten die Schüler Gelegenheit,<br />

verschiedene Spiel- <strong>und</strong> Bastelangebote wahrzunehmen,<br />

während die Eltern gemeinsam mit einem externen<br />

Supervisor arbeiteten, um über Wünsche <strong>und</strong><br />

Ängste sowie Erwartungen an die neue Schule zu sprechen<br />

<strong>und</strong> diese zu fixieren. Danach fanden sich die Eltern mit den<br />

jeweiligen Klassenlehrern in den Klassenräumen zusammen,<br />

um die Aufgaben <strong>und</strong> Rechte der Elternvertreter zu<br />

thematisieren <strong>und</strong> anschließend die Elternpflegschaft zu<br />

wählen.<br />

Am frühen Abend wurden dann gemeinsam die Zelte<br />

der Schüler, die auf dem Schulgelände übernachteten,<br />

aufgebaut. Es folgte ein Grillen mit den Eltern, die sich<br />

danach verabschiedeten <strong>und</strong> ihre Kinder erst am darauf<br />

folgenden Morgen bei einem gemeinsamen Frühstück in<br />

der Schule wieder trafen.<br />

Die Teilnahme an diesem gemeinsamen Wochenende<br />

war von Beginn sehr rege <strong>und</strong> lag im Schuljahr 2006/2007<br />

auf Seiten der Schüler bei über 85 Prozent. Zudem nahmen<br />

etwa 75 Prozent der Eltern teil. Auch in den darauf folgenden<br />

Schuljahren wurden ähnlich hohe Werte erzielt. Lediglich<br />

in Klassen mit einem hohen Anteil an Schülern aus der<br />

Pfingstler-Glaubensgemeinde stellten wir eine deutlich<br />

niedrigere Beteiligung an der Übernachtung in der Schule<br />

fest. Besonders positiv fiel auf, dass zahlreiche Eltern auch<br />

nach dem offiziellen Teil beim Auf- <strong>und</strong> Abbau, beim Aufräumen,<br />

beim Abwasch oder beim Grillen behilflich waren.<br />

Für viele Schüler stellt dieses gemeinsame Wochenende in<br />

48<br />

der Schule noch heute eine besondere Erfahrung dar, was<br />

die folgenden Aussagen einiger Schüler verdeutlichen:<br />

„Wann übernachten wir endlich wieder in der Schule? Das<br />

war voll cool!“ (Marleen, 6. Klasse RS)<br />

„Können wir nicht den Wandertag ausfallen lassen <strong>und</strong><br />

dafür wieder in der Schule zelten?“ (Marvin, 7. Klasse HS)<br />

„Das ist voll fies. Die 5. Klassen machen so ein Wochenende<br />

mit Übernachten, Spielen <strong>und</strong> Grillen <strong>und</strong> so…<strong>und</strong> wir<br />

dürfen das dieses Jahr nicht machen.“ (Julia, 6. Klasse RS)<br />

„Können Sie nicht Herrn N. (Schulleiter) fragen, ob wir auch<br />

bei dem Wochenende mitmachen dürfen.“ (Markus, 6.<br />

Klasse HS)<br />

„Ey Alter, noch einmal so eine Nachtwanderung wie damals<br />

bei dem Wochenende in ’ner Schule, wo alle Mädchen so<br />

viel Schiss hatten…das wär’ echt fett!“ (Denny, 7. Klasse<br />

HS zu einem Mitschüler)<br />

Da die Anzahl der teilnehmenden Schüler durch die Ausdehnung<br />

des Projektes auf die Realschulklassen deutlich<br />

angestiegen ist, sind wir am gemeinsamen Wochenende<br />

verstärkt auf externe Hilfskräfte angewiesen. Neben den<br />

pädagogischen Mitarbeitern haben in den vergangenen<br />

Jahren auch die Pfadfinder zu einem reibungslosen Ablauf<br />

beigetragen.<br />

3) Eltern unterstützen Lehrer<br />

Es ist unser Anliegen im Sinne des Projekts „<strong>Erziehungs</strong><strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong>“, die Kompetenzen der Eltern<br />

verstärkt zu nutzen <strong>und</strong> in den Schulalltag einzubinden. Da<br />

die Haupt- <strong>und</strong> Realschule Pingel Anton/Galgenmoor seit<br />

dem Schuljahr 2008/09 Ganztagsschule ist, bieten sich hier<br />

zahlreiche Möglichkeiten zur Kooperation:<br />

R Projekte, in denen Eltern mit Schülern zusammen arbeiten,<br />

R Arbeitsgemeinschaften, die von Eltern geleitet werden,<br />

R Formen der Hausaufgabenbetreuung,<br />

R Führen der Aufsicht beim gemeinsamen Mittagessen,<br />

R Weitere Formen der Zusammenarbeit.


Zurzeit bieten verschiedene Eltern u.a. einen Entspannungs-Kurs,<br />

eine Koch-AG sowie einen Schwimmkurs an.<br />

4) Evaluation<br />

Um die Qualität unserer Arbeit in der Schule kontinuierlich<br />

zu verbessern, haben wir darüber hinaus in den letzten drei<br />

Schuljahren eine Selbstevaluation durchgeführt. Gr<strong>und</strong>lage<br />

dieser Befragung von Eltern, Schülern, Lehrern <strong>und</strong> sonstigen<br />

Mitarbeiten waren die international erprobten <strong>und</strong><br />

wissenschaftlich geprüften Fragebögen der Bertelsmann<br />

Stiftung („SEiS“ – „Selbstevaluation in Schulen“), die in<br />

modifizierter Form zum Einsatz gelangten.<br />

In der Vergangenheit haben wir diesen Fragebogen<br />

immer wieder leicht modifiziert. Da die erste Seite des<br />

Fragebogens lediglich bereits bekannte Informationen lieferte,<br />

wurde sie ersatzlos gestrichen. Gleiches gilt für Fragen,<br />

deren Beantwortung den Eltern im Schuljahr zuvor<br />

offenk<strong>und</strong>ig Probleme bereitete, da sie Mutmaßungen<br />

anstellen mussten, beispielsweise über das allgemeine<br />

Leistungsniveau an unserer Schule oder die Qualität von<br />

Unterricht.<br />

Die Auswertung dieser Fragebögen signalisierte uns eine<br />

insgesamt hohe Zufriedenheit seitens der Eltern hinsichtlich<br />

unserer schulischen Arbeit. Nichtsdestotrotz versuchen wir<br />

sensibel auf jegliche Form von Kritik zu reagieren, um unser<br />

Handeln sukzessiv zu optimieren.<br />

Fazit<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich das im<br />

Rahmen des Projektes „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“<br />

initiierte Cloppenburger Modell in vielerlei Hinsicht<br />

bewährt <strong>und</strong> positiv auf den Schulalltag ausgewirkt hat. Die<br />

Resonanz war in den vergangenen vier Schuljahren groß,<br />

<strong>und</strong> wir ernteten viel Lob, aber auch Anregungen <strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge<br />

von unterschiedlichsten Seiten. Die<br />

Umsetzung des Modells ist allerdings kostspielig, so dass<br />

wir in der Vergangenheit froh waren, aus den Mitteln des<br />

Projekts finanziell unterstützt zu werden. Trotz dieser Unterstützung<br />

war die finanzielle Belastung während dieser<br />

Zeit auch für die Eltern relativ hoch: Von jedem Schüler<br />

wurde allein für die Einführungswochen ein Betrag von<br />

17,– Euro eingesammelt, damit diese in der beschriebenen<br />

Form überhaupt durchgeführt werden konnten. Da wir<br />

diesen Betrag auf keinen Fall erhöhen wollen, wird es nun<br />

unumgänglich sein, Sponsoren zu gewinnen. Denn ohne<br />

weitere finanzielle Unterstützung ist das Projekt auf Dauer<br />

nicht durchführbar.<br />

49


Hildesheim: Elternarbeit an der<br />

Don-Bosco-Schule<br />

Renate Schenk<br />

Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein wichtiger Bestandteil<br />

des Schullebens an der Don Bosco Schule.<br />

Selbstverständlich sind regelmäßige Elternsprechtage <strong>und</strong><br />

ein zuverlässiger Informationsfluss zwischen Schule <strong>und</strong><br />

Elternhaus. In Einzelgesprächen zwischen Eltern <strong>und</strong> Lehrer/innen<br />

sowie der Schulsozialpädagogin können Sorgen<br />

<strong>und</strong> Probleme, die das eigene Kind betreffen, besprochen<br />

werden. Einige der Lehrer/innen wählen inzwischen den<br />

elektronischen Kommunikationsweg durch Emails, um Informationen<br />

bequem, prompt, papierlos <strong>und</strong> zuverlässig zu<br />

geben bzw. auszutauschen. Darüber hinaus bietet die<br />

Schule folgende Möglichkeiten der aktiven Beteiligung der<br />

Eltern am Schulleben:<br />

Mitarbeit bei der „Übermittagsbetreuung 13+“<br />

Aktive Beteiligung an den SEiS-GRUPPEN<br />

(aus einer Umfrageinitiative im Jahr 2006 hervorgegangen):<br />

Ges<strong>und</strong>es Frühstück<br />

Jeden Dienstag <strong>und</strong> Freitag werden ges<strong>und</strong>e Brötchen für<br />

die erste große Pause vorbereitet. Für Einkauf, Vorbereitung,<br />

Verkauf <strong>und</strong> Nachbereitung stellen sich Eltern zur<br />

Verfügung.<br />

Teamgeist<br />

Eine Gruppe aus Eltern, Lehrkräften <strong>und</strong> dem Hausmeister<br />

der Schule kümmert sich z.B. um Reparaturen <strong>und</strong> Verschönerungen<br />

in der Schule <strong>und</strong> organisiert Feste.<br />

Kommunikation<br />

Eine Gruppe aus Eltern <strong>und</strong> einer Lehrkraft engagiert sich<br />

für die Weiterentwicklung der Kontakte zwischen Schüler/<br />

innen, Lehrkräften <strong>und</strong> Mitarbeiter/innen der Schule.<br />

Umweltgruppe<br />

Eine Gruppe aus Eltern <strong>und</strong> Lehrkräften kümmert sich um<br />

vielfältige Belange der Schule als Umweltschule, z.B. initiiert<br />

50<br />

sie den jährlichen Arbeitseinsatz im Naturschutzgebiet Am<br />

Rothen Stein oder die Schulgarten-Aktion zur Pflege <strong>und</strong><br />

Entwicklung eines umweltfre<strong>und</strong>lichen Schulgeländes.<br />

Das halbjährlich stattfindende Eltern-Lehrer-Forum<br />

Halbjährlich werden für Eltern <strong>und</strong> Lehrkräfte gemeinsam<br />

Vorträge zu pädagogischen Themen mit externen Referenten<br />

in der Aula unserer Schule angeboten, z.B. zu den<br />

Themen „Pubertät“, „Gefahren von Chatten <strong>und</strong> Drogen“,<br />

„Suizidprävention“, „Handy“, „Legasthenie“ u.s.w.<br />

Die Eltern-Lehrer-Begegnung im Advent<br />

An jedem Freitag vor dem ersten Adventswochenende<br />

treffen sich Eltern <strong>und</strong> Lehrkräfte in adventlicher Atmosphäre<br />

in der Schule. Dort werden u.a. Hobbys vorgestellt. In<br />

kleinen Gruppen wird zwei St<strong>und</strong>en lang mit der Laubsäge<br />

gearbeitet, werden Adventssträuße zusammengestellt, wird<br />

Doppelkopf gespielt, eine Weinprobe abgehalten, gesungen,<br />

gekocht… Am Ende gibt es ein Festmahl in der Aula.<br />

Es werden immer neu Eltern gesucht, die sich aktiv beteiligen.<br />

Eltern-Lehrer-Chor<br />

In den Proben wird zum einen zur Entspannung <strong>und</strong> aus<br />

Freude gesungen. Zum anderen werden auch Gottesdienste<br />

<strong>und</strong> Musikabende vorbereitet.<br />

Förderverein<br />

Der Förderverein Don-Bosco-Schule e.V. hat sich das Ziel<br />

gesetzt, das Zusammenleben in der Schule bestmöglich<br />

zu fördern <strong>und</strong> die Lernumgebung unserer Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schülern weiter zu optimieren. Dies geschieht durch<br />

Schaffung von Freizeitangeboten, Unterstützung von Schüler/innen<br />

in ihren musischen, kulturellen, sportlichen, naturwissenschaftlichen<br />

<strong>und</strong> technischen Fähigkeiten, Hilfestellung<br />

beim Lernen <strong>und</strong> Anfertigen der Hausaufgaben,<br />

finanzielle Unterstützung von Schulprojekten <strong>und</strong> Schulveranstaltungen,<br />

Beschaffung von benötigten Lehr- <strong>und</strong> Unterrichtsmitteln<br />

sowie Ausstattungsgegenständen.


Schuljahr 2008/2009<br />

Im Schuljahr 2008/2009 haben Abende des Eltern-Lehrer-<br />

Forums zu den Themen „Grenzen setzen – Kinder stärken“,<br />

„Zauberwort Kinesiologie“ <strong>und</strong> zusätzlich „Handy: lieb <strong>und</strong><br />

teuer“ stattgef<strong>und</strong>en, die jeweils von ca. 50 Eltern <strong>und</strong><br />

Lehrer/innen besucht wurden.<br />

Die SEIS-Gruppen waren sehr aktiv <strong>und</strong> haben verschiedene<br />

Projekte ins Leben gerufen bzw. intensiviert. In der<br />

Gruppe „Kommunikation“ ist der KOM-Kasten entwickelt<br />

worden, der jetzt für die Schulöffentlichkeit leicht zugänglich<br />

im Schulverwaltungsflur neben dem Telefon an der Wand<br />

hängt <strong>und</strong> von der Schulsozialpädagogin verwaltet wird.<br />

Der KOM-Kasten ist eine Art Kummerkasten für Anliegen<br />

aller Art <strong>und</strong> schafft Verbindungen unter den SEIS-Gruppen.<br />

Wenn Verbesserungsvorschläge, Wünsche oder Beschwerden<br />

schriftlich vorliegen, tritt die Schulsozialpädagogin<br />

mit den zuständigen Ansprechpartnern in Verbindung<br />

<strong>und</strong> gibt die Wünsche weiter. Dann wird geschaut, ob<br />

Veränderungen eingeleitet werden.<br />

Die SEIS-Gruppe „Ges<strong>und</strong>heit /Zufriedenheit“ hat das<br />

ges<strong>und</strong>e Frühstück, dass von Müttern zubereitet <strong>und</strong> verkauft<br />

wird, weiterhin dienstags in der ersten großen Pause<br />

angeboten. „Teamgeist“ hat geplant, die Schaukästen in<br />

der gesamten Schule neu zu gestalten <strong>und</strong> die Wanddekoration<br />

zu verändern. Die Umweltgruppe hat einen Arbeitseinsatz<br />

im Schulgelände organisiert, der bei den Eltern<br />

guten Anklang fand.<br />

Die Musik-AG‘s sind wieder für zwei Tage auf den<br />

Wohlenberg gefahren <strong>und</strong> haben dort eine Aufführung<br />

eingeübt (Schülerband, Chor, Einzelvorführungen). Am<br />

Freitagabend wurde das musikalische Programm dann den<br />

Eltern <strong>und</strong> anderen Interessierten vorgeführt. Es war ein<br />

sehr gut besuchter <strong>und</strong> erfolgreicher Abend, der auf die<br />

Schulgemeinschaft positiv gewirkt <strong>und</strong> Beziehungen zwischen<br />

Schüler/innen, Lehrkräften, der Schulsozialpädagogin<br />

<strong>und</strong> auch den Eltern intensiviert hat.<br />

Schuljahr 2009/2010<br />

Mit dem Schuljahr 2009/2010 ist ein Anstieg der Elternbeteiligung<br />

beim „Ges<strong>und</strong>en Frühstück“ erfolgt. Es helfen jetzt<br />

so viele Mütter mit, dass das Angebot auf zwei Tage erweitert<br />

werden konnte. Es wird jetzt jeden Dienstag <strong>und</strong> Freitag<br />

ein ges<strong>und</strong>es Frühstück in der ersten großen Pause angeboten.<br />

Auch bei der Übermittagsbetreuung 13+ arbeiten dieses<br />

Schuljahr vier Mütter mit, die bei der Betreuung der Hausaufgaben<br />

<strong>und</strong> im Freizeitbereich mithelfen.<br />

In diesem Schuljahr hat bisher, von der SEiS-Gruppe<br />

„Teamgeist“ organisiert, ein Weinabend für Eltern <strong>und</strong> Lehrer<br />

stattgef<strong>und</strong>en, ein Filmabend für Schüler/innen ist geplant.<br />

Im September 2009 hat ein Abend des Eltern-Lehrer-<br />

Forums zum Thema „Legasthenie“ stattgef<strong>und</strong>en. Er war<br />

mit ca. 50 Teilnehmern gut frequentiert, auch Eltern <strong>und</strong><br />

Lehrer aus anderen städtischen Schulen wurden durch<br />

diese Thematik angelockt. Ein weiterer Abend zum Thema<br />

„Jungenarbeit“ in Kooperation mit anderen ansässigen<br />

Schulen ist für Februar 2010 geplant.<br />

Die Schulsozialpädagogin hat anfangs des Schuljahres<br />

eine Elternumfrage bezüglich des Interesses an einem<br />

Yogaabend in der Schule gestartet. Es kamen 65 positive<br />

Rückmeldungen. In diesem Zuge wurde die alte Idee aufgegriffen,<br />

wieder eine Ruheoase in der Schule einzurichten.<br />

Die Planung dazu ist noch im Gange.<br />

Ab Dezember 2009 werden zwei monatliche Yogakurse<br />

für Eltern angeboten. Vorerst finden die Yogaabende noch<br />

in einem mit Teppich ausgelegten Klassenraum statt.<br />

Die positive Resonanz auf dieses Angebot zeigt, dass<br />

sich immer mehr Eltern Zeiten der Ruhe, der Entspannung<br />

<strong>und</strong> inneren Einkehr wünschen. Es ist schön, dass wir in<br />

der Schule diesem Bedürfnis nachkommen können <strong>und</strong> so<br />

die Eltern auf einer Ebene der Selbsterfahrung erreichen<br />

können. Wenn die Eltern nach dem Kurs mit einem Gefühl<br />

des inneren Friedens <strong>und</strong> von innerer Kraft nach Hause<br />

gehen, wirkt sich das wiederum auf die Beziehung innerhalb<br />

der Familien positiv aus. Zudem wird die Schule durch ein<br />

solches Angebot für Eltern als Ort der Persönlichkeitsentwicklung<br />

erlebt <strong>und</strong> eine positive Einstellung zur Schule <strong>und</strong><br />

den dort arbeitenden Menschen gefördert.<br />

51


Die Eltern-Lehrer-Begegnung war in diesem Schuljahr<br />

wieder ein voller Erfolg. Es haben verschiedene Angebote<br />

wie Gestecke binden, Basteln, Filzen, Doppelkopf spielen,<br />

Singen, gemeinsames Kochen, Rückenschule <strong>und</strong> Yoga<br />

stattgef<strong>und</strong>en. Der Abend war mit ca. 100 Eltern gut besucht.<br />

Solche Veranstaltungen des lockeren, kreativen<br />

Zusammenseins zwischen Eltern <strong>und</strong> Lehrern sorgen für<br />

eine vertiefte Beziehung <strong>und</strong> fördern eine vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit.<br />

52<br />

Oldenburg: „Ein Stadtteil für starke Kinder“<br />

Ein Projekt zur frühen Förderung von<br />

Kindern <strong>und</strong> Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

in Oldenburg<br />

Franziska Strosche<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Projekts<br />

Kinder mit Migrationshintergr<strong>und</strong> haben im Vergleich zu<br />

anderen Kindern deutlich schlechtere Bildungschancen.<br />

Ihre Benachteiligung durch das deutschen Bildungssystems<br />

wurde in den letzten Jahren anhand diverser Studien,<br />

nicht zuletzt PISA <strong>und</strong> IGLU , aufgezeigt. Gleichzeitig erreichen<br />

die herkömmlichen Angebote präventiver Frühförderung<br />

<strong>und</strong> Familienbildung viele Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

nicht, da die Zugangsschwellen oft zu hoch sind.<br />

An dieser Stelle setzt das Pilotprojekt „Ein Stadtteil für<br />

starke Kinder“ in den Oldenburger Stadtteilen Krusenbusch<br />

<strong>und</strong> Bümmerstede an. Das Projekt ist aus einer gemeinsamen<br />

Initiative der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB)<br />

<strong>und</strong> der Evangelischen Erwachsenenbildung (<strong>EEB</strong>) hervorgegangen<br />

<strong>und</strong> wird seit September 2008 in Zusammenarbeit<br />

mit dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche<br />

Bildung <strong>und</strong> Entwicklung (nifbe) umgesetzt <strong>und</strong> vom Ministerium<br />

für Wissenschaft <strong>und</strong> Kultur finanziert. Weitere Unterstützer<br />

sind das Jugendamt der Stadt Oldenburg <strong>und</strong><br />

der Präventionsrat Oldenburg e.V.<br />

Das Ziel des Projekts ist der Aufbau eines ganzheitlichen<br />

<strong>und</strong> niedrigschwelligen Frühfördernetzwerks für Kinder<br />

bzw. Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong>. „Ein Stadtteil für<br />

starke Kinder“ verfolgt dabei einen mehrdimensionalen<br />

Ansatz, der Elternseminare, Sprachkursangebote, Hausbesuche<br />

<strong>und</strong> offene Beratungsarbeit sowie bedarfsorientiert<br />

entwickelte niedrigschwellige Angebote miteinander<br />

verbindet.<br />

Die gr<strong>und</strong>legenden Bildungsangebote des Projekts<br />

Mittlerweile haben sich verschiedene Angebote etabliert,<br />

die bedarfsorientiert umgesetzt werden.<br />

Die Interkulturelle Mutter-Kind-Gruppe <strong>und</strong> die<br />

„Griffbereit“-Gruppen für Kinder von 1–3 Jahren als auch<br />

die „Rucksack“-Gruppen für Kindergartenkinder sind Angebote<br />

der Familienbildung. Sie beziehen Eltern frühzeitig


<strong>und</strong> ressourcenorientiert in die Entwicklungsförderung ihrer<br />

Kinder ein. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Sprachförderung<br />

unter Einbeziehung der jeweiligen Muttersprache.<br />

Durchgeführt werden die Angebote von mehrsprachigen,<br />

durch die <strong>EEB</strong> <strong>und</strong> KEB speziell geschulten Elternbegleiterinnen.<br />

Alle Gruppen sind an örtliche Kindertagesstätten<br />

oder Gr<strong>und</strong>schulen angeb<strong>und</strong>en, um die <strong>Erziehungs</strong>partnerschaft<br />

zwischen Eltern <strong>und</strong> Bildungsinstitutionen zum<br />

Nutzen der Kinder zu fördern.<br />

Verschiedene Sprachkurse für Frauen erweitern das Feld<br />

dieser interkulturell orientierten Bildungsarbeit. Sie werden<br />

wohnortnah mit Kinderbetreuung angeboten, berücksichtigen<br />

den Sprachstand <strong>und</strong> die Alltagsstruktur der Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> orientieren sich eng an Themen ihrer Lebenswelt.<br />

Als Türöffner für Familien, die vom regulären Angebot<br />

der Familienbildung oftmals nicht erreicht werden, bietet<br />

das Projekt weitere niedrigschwellige Veranstaltungen an.<br />

Diese schaffen für Eltern vielfältige Möglichkeiten mitzuwirken<br />

<strong>und</strong> Verantwortung zu übernehmen.<br />

Jeden zweiten Sonntag im Monat findet in einer Freizeit-<br />

<strong>und</strong> Begegnungsstätte der Stadtteile ein Interkulturelles<br />

Frauenfrühstück statt, das sich mittlerweile fest etabliert hat.<br />

Hier treffen sich bis zu 20 Frauen, knüpfen neue Kontakte<br />

<strong>und</strong> tauschen sich zu unterschiedlichen Themen aus. Zum<br />

Frauenfrühstück sind auch alle Kinder willkommen. Sie spielen<br />

in Betreuung einer Fachkraft in einem Nachbarraum.<br />

Im Laufe des Projekts wurden auf der Gr<strong>und</strong>lage von<br />

Bedarfsanalysen <strong>und</strong> Initiativen von Teilnehmerinnen an den<br />

Projektangeboten weitere niedrigschwellige Angebote ins<br />

Leben gerufen. Zu ihnen gehören Kurse zur musikalischen<br />

Früherziehung von Kindern zwischen 4–6 Jahren <strong>und</strong> 7–10<br />

Jahren <strong>und</strong> ein Tanzangebot für Frauen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

in Kooperation mit einem ansässigen Sportverein.<br />

Letzteres kann langfristig gesehen die Integration in Sportvereine<br />

erleichtern. Interkulturelle Veranstaltungen wie die<br />

Durchführung des russischen Jolka-Festes oder ein gemeinsamer<br />

Ausflug von Müttern <strong>und</strong> Kindern auf die Nordseeinsel<br />

Norderney tragen auf vielfältige Weise zur Integration<br />

bei.<br />

Fünf Schülerpatinnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> unterstützen<br />

Gr<strong>und</strong>schulkinder in Einzel- oder Kleingruppen bei<br />

den Hausaufgaben <strong>und</strong> beim Erlernen der deutschen Sprache.<br />

Eine Lesepatin unterstützt die Teilnehmerinnen eines<br />

Sprachkurses durch Individualförderung <strong>und</strong> Erläuterungen<br />

in der Muttersprache.<br />

Eine besondere Rolle spielen die vier Elternbegleiterinnen<br />

des Projekts, die entscheidend zur Bekanntheit <strong>und</strong><br />

Akzeptanz des Projekts <strong>und</strong> seiner Angebote bei den Familien<br />

beigetragen haben. Sie haben selbst einen Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

sind mehrsprachig, Mütter <strong>und</strong> im Stadtteil<br />

bekannt, in dem sie wohnen. Aufgr<strong>und</strong> des ähnlichen Erfahrungshintergr<strong>und</strong>s<br />

können sie sich gut in die Lebenslagen<br />

der Familien hineinversetzen, diese erreichen <strong>und</strong> Zugangsbarrieren<br />

abbauen. Sie geben Informationen über<br />

Unterstützungsangebote, beraten bei <strong>Erziehungs</strong>fragen<br />

<strong>und</strong> wirken als Vermittlerinnen im Umgang mit Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> Behörden.<br />

Elternbegleiterinnen, Schüler- <strong>und</strong> LesepatInnen sowie<br />

die Kursleiterinnen der übrigen Projektangebote werden für<br />

ihre Aufgaben durch die Katholische <strong>und</strong> die Evangelische<br />

Erwachsenenbildung begleitend geschult. Diese helfen<br />

ihnen darüber hinaus bei ihrer beruflichen Orientierung <strong>und</strong><br />

Entwicklung.<br />

Projektstrukturen<br />

Zur Verwirklichung des Projektziels, ein ganzheitliches<br />

Frühfördernetzwerk aufzubauen, ist die Vernetzung der<br />

verschiedenen Stadtteilakteure in einer zentralen Steuergruppe<br />

sowohl Voraussetzung als auch Garant.<br />

In der Steuergruppe sind die Projektleitung, die Koordinierungsstelle<br />

<strong>und</strong> die wissenschaftliche Begleitung des<br />

Projekts vertreten. Dazu kommen Vertreterinnen der Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter der Kindertagesstätten, der<br />

Gr<strong>und</strong>schulen <strong>und</strong> Kirchengemeinden, der Elternbegleiterinnen<br />

des Projekts, des Jugendamts Oldenburg <strong>und</strong> die<br />

Integrationsbeauftragten der Stadt. Alle zwei Monate<br />

tauscht sich die Gruppe über Erfahrungen, Ressourcen <strong>und</strong><br />

Kenntnisse aus.<br />

Die Projektleiterinnen, Ursula Schirakowski von der KEB<br />

Oldenburg <strong>und</strong> Barbara Heinzerling von der <strong>EEB</strong> Oldenburg,<br />

agieren als zentrale Ansprechpartnerinnen. Sie leiten<br />

die Treffen der Steuergruppe, vergeben die Verantwortung<br />

innerhalb des Projekts, repräsentieren es nach außen <strong>und</strong><br />

53


sichern seine Nachhaltigkeit. Zudem initiieren, unterstützen<br />

<strong>und</strong> beraten sie sämtliche Bildungsmaßnahmen des Projekts<br />

<strong>und</strong> konzipieren neue Angebote.<br />

Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt des Projekts in den Stadtteilen ist<br />

die Koordinierungs- <strong>und</strong> Anlaufstelle in der Freizeit- <strong>und</strong><br />

Begegnungsstätte der AWO „Frisbee“. Unmittelbar zwischen<br />

den beteiligten Stadtteilen gelegen, wird sie von der<br />

Sozialpädagogin Monika Weber betreut. Bei ihr laufen alle<br />

Informationen über Veranstaltungen, Absprachen, Gruppensitzungen<br />

<strong>und</strong> Termine zusammen. Darüber hinaus ist<br />

sie für die Organisation, Begleitung, <strong>und</strong> Koordinierung der<br />

Arbeit im Stadtteil verantwortlich, wozu u. a. die Organisation<br />

der niedrigschwelligen Angebote, die Kooperation mit<br />

den örtlichen sozialen Institutionen, offene Beratungszeiten<br />

sowie der Einsatz <strong>und</strong> die Koordinierung der Elternbegleiterinnen<br />

<strong>und</strong> SchülerpatInnen gehören.<br />

Gleichzeitig ist die Freizeitstätte ein zentral gelegener<br />

Durchführungsort für Angebote des Projekts <strong>und</strong> wird von<br />

den verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Stadtteils in<br />

unterschiedlicher Weise genutzt.<br />

Unterstützt werden Projektleitung <strong>und</strong> Steuergruppe von<br />

der wissenschaftlichen Begleitforschung, vertreten durch<br />

Prof. Dr. Susanne Miller von der Universität Bielefeld <strong>und</strong><br />

die Diplom-Pädagogin Franziska Strosche. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung ist für die begleitende Dokumentation<br />

<strong>und</strong> Evaluation des Projekts <strong>und</strong> den Transfer aktueller<br />

wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Projektpraxis verantwortlich.<br />

Regelmäßige Begleitstudien <strong>und</strong> Bedarfsanalysen<br />

tragen zur kontinuierlichen Weiterentwicklung <strong>und</strong> Zielüberprüfung<br />

des Projekts bei.<br />

54<br />

Nachtrag<br />

Von 2006–2007 war das Projekt „Ein Stadtteil für starke<br />

Kinder“ Teil des Projektes „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“<br />

<strong>und</strong> wurde durch die Klosterkammer<br />

Hannover gefördert.<br />

Katholische <strong>und</strong> Evangelische Erwachsenenbildung in<br />

Oldenburg können auf eine langjährige <strong>und</strong> bewährte<br />

Kooperation zurück blicken. Nicht nur im Bereich der<br />

frühkindlichen Bildung, sondern auch in anderen Themenfeldern<br />

der organisierten Erwachsenenbildung wie<br />

Kirchenführer- oder Seniorenbegleiterausbildungen<br />

lagen gute Erfahrungen vor. Daher lag es nahe auch in<br />

einem neuen Projekt die vorhandenen Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Interessengemeinschaft einzusetzen. Zielgruppe<br />

sollten Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong> in zwei Oldenburger<br />

Stadtteilen sein, besonderes Interesse lag<br />

auf der Förderung <strong>und</strong> Integration der Kinder.<br />

Zeitgleich ergab sich, dass sich auch die Universität<br />

Oldenburg mit ihrem Fortbildungszentrum unter dessen<br />

damaligem Leiter Wolf Renneberg der Interessen<br />

von Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong> annahm. Nichts<br />

lag näher, als sich zusammenzuschließen <strong>und</strong> die<br />

unterschiedlichen Kompetenzen zu bündeln. Immer<br />

wieder gab es allerdings Probleme mit der fehlenden<br />

konstanten wissenschaftlichen Begleitung <strong>und</strong> einer<br />

verlässlichen <strong>und</strong> ausreichenden Finanzierung.<br />

Im September 2008 gelang es dann, eine Finanzierung<br />

durch das nifbe, Niedersächsisches Institut für frühkindliche<br />

Bildung <strong>und</strong> Erziehung zu erhalten. Die Auftaktveranstaltung<br />

fand am 8. November 2008 in Oldenburg<br />

statt. Eine große Hilfestellung zur Realisierung<br />

unserer Projektidee stellte die Anschubfinanzierung<br />

durch die Klosterkammer Hannover dar.<br />

Ursula Schirakowski


Uelsen: Durch Zusammenarbeit mit Eltern<br />

leichte Übergänge schaffen<br />

Cora Börgeling<br />

Ausgangslage<br />

Uelsen ist eine kleine Gemeinde im nördlichen Teil des<br />

Landkreises Grafschaft Bentheim. Die beiden örtlichen<br />

Kindergärten <strong>und</strong> die einzige Gr<strong>und</strong>schule im Ort kooperieren<br />

schon seit einigen Jahren gut miteinander.<br />

Aufgr<strong>und</strong> des neuen Erlasses für die Arbeit an Gr<strong>und</strong>schulen<br />

in <strong>Niedersachsen</strong> <strong>und</strong> der Arbeit an dem Orientierungsplan<br />

für Bildung <strong>und</strong> Erziehung im Elementarbereich<br />

sollte die Zusammenarbeit dieser Einrichtungen in Uelsen<br />

ohnehin erweitert <strong>und</strong> qualifiziert werden. Da kam das<br />

Projekt „<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong>“ gerade<br />

wie gerufen, um die weitere Zusammenarbeit <strong>und</strong> die Konzeption<br />

eines Kooperationsplanes voranzutreiben.<br />

Zu Beginn war die Idee, dass sich alle vergleichbaren<br />

Institutionen der Samtgemeinde treffen (drei Kindergärten,<br />

drei Gr<strong>und</strong>schulen <strong>und</strong> vier Spielkreise), um an einem gemeinsamen<br />

Konzept/Projekt zu arbeiten. Bekanntlich verderben<br />

viele Köche den Brei, was sich in diesem Fall so<br />

ausgewirkte, dass sich zu viele unterschiedliche Interessens-<br />

<strong>und</strong> Kooperationspartner (mit guten <strong>und</strong> mit schlechten<br />

Vorerfahrungen) gegenseitig blockierten.<br />

So verstrich in der Anfangsphase wertvolle Zeit. Nachdem<br />

die Geschäftsführerin der <strong>EEB</strong> in der Grafschaft Bentheim,<br />

Silvia Fries, <strong>und</strong> die Projektmoderatorin, Sandra<br />

Gr<strong>und</strong>mann, entschieden hatten, zunächst nur mit der<br />

Ursprungstriade (zwei Kindergärten <strong>und</strong> eine Gr<strong>und</strong>schule)<br />

ein Pilotprojekt zu starten, wurde der Kreis arbeitsfähig.<br />

Konzept<br />

Die Triade Kindergarten – Gr<strong>und</strong>schule – Eltern soll genutzt<br />

werden, um Übergänge von Elternhaus zum Kindergarten<br />

<strong>und</strong> zur Gr<strong>und</strong>schule zu erleichtern <strong>und</strong> zu verbessern. Um<br />

Gemeinsamkeiten zu entdecken <strong>und</strong> als Stärken zu nutzen,<br />

brauchen die Erziehenden <strong>und</strong> Lehrkräfte einen Raum, in<br />

dem sie unverkrampft aufeinander zugehen können <strong>und</strong><br />

sich in ihrer Unterschiedlichkeit kennen <strong>und</strong> respektieren<br />

lernen können. Gerade Eltern, die ansonsten von Kindergarten<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule schlecht erreicht werden, d.h. sich<br />

auch nicht an einem gemeinsamen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>prozess<br />

beteiligen, sollen mit diesem Projekt unterstützt<br />

<strong>und</strong> angesprochen werden.<br />

Aktivitäten<br />

In der „Kick off“- Veranstaltung mit ca. 40 Mitarbeiter/innen<br />

der Kindergärten, Spielkreise <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen der Samtgemeinde<br />

Uelsen hielt Dr. Andreas Belle vom Ludwig-<br />

Windhorst-Haus ein Impulsreferat zum Thema: „<strong>Erziehungs</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> – mehr als eine reine<br />

Kooperation?“. Hier ging es um das Konstrukt Partnerschaft<br />

<strong>und</strong> was eigentlich dazugehört: z.B. Kontakt, Attraktivität,<br />

Zusammenarbeit, Gleichwürdigkeit, Integrität, Authentizität,<br />

Verantwortung <strong>und</strong> Gemeinschaft. Anschließend<br />

wurden in drei Arbeitsgruppen die Fragen „Was haben wir?“<br />

„Was müssen wir?“ <strong>und</strong> „Was wollen wir?“ bearbeitet.<br />

Obwohl alle Beteiligten ihre Bereitschaft erklärt hatten,<br />

am Projekt mitzuarbeiten, trat nach dieser Veranstaltung<br />

die bereits oben erwähnte Lähmung auf. Untergruppen, die<br />

sich verabreden wollten, um kleinere Konzepte zu planen<br />

<strong>und</strong> in der Großgruppe vorzustellen, trafen sich nicht <strong>und</strong><br />

ließen das Vorhaben kurzzeitig fast völlig scheitern.<br />

Erst in dem Treffen des sogenannten Pilotprojektes ging<br />

dann nach einiger Zeit die Arbeit weiter, <strong>und</strong> die folgende<br />

Idee wurde geboren: Es wird wöchentlich eine Gruppe im<br />

Nachmittagsbereich für die „Schulkinder“ des Kindergartens<br />

<strong>und</strong> für die Erstklässler angeboten. Unterschiedliche<br />

Mitarbeiter/innen der Elementareinrichtungen, Lehrer/innen<br />

<strong>und</strong> päd. Mitarbeiter/innen der Gr<strong>und</strong>schule werden diese<br />

Kindergruppe leiten. Zusätzlich sollen Ehrenamtliche (Eltern,<br />

Auszubildende, Erzieher/innen <strong>und</strong> Jugendgruppenleiter/<br />

innen der Kirchengemeinden) die Arbeit unterstützen <strong>und</strong><br />

vernetzen. Der „Sozialraum Uelsen“ wird quasi die Bildungsbühne.<br />

Ziel ist, dass ein Team von „Anschieberinnen“/ Multiplikatorinnen<br />

(diese sollen auch eine Aufwandsentschädigung<br />

bekommen) viele Ehrenamtliche (Eltern, Rentner, Jugendliche)<br />

findet, die diese Kindergruppe kontinuierlich begleiten<br />

<strong>und</strong> zusätzlich interessante Bildungsangebote im Sozialraum<br />

initiieren.<br />

Zu Beginn waren als „Anschieberinnen“ drei Erzieherinnen,<br />

zwei pädagogische Mitarbeiterinnen der Gr<strong>und</strong>schule,<br />

55


eine Spielkreishelferin <strong>und</strong> fünf (ehemalige) Kindergarten-<br />

<strong>und</strong> Spielkreismütter beteiligt.<br />

Ein Plan für die Gruppennachmittage mit interessanten<br />

Bildungsangeboten für die Kinder wurde erstellt. Institutionen,<br />

die beteiligt werden sollten, wurden angeschrieben<br />

<strong>und</strong> Werbung für ehrenamtliche Helfer/innen gemacht.<br />

Die Gr<strong>und</strong>schule hat sich in dieser Zeit zu einer Ganztagsschule<br />

mit Betreuungsangebot im Nachmittagsbereich<br />

entwickelt.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde die Gruppe der „Schlaumäuse“<br />

eingerichtet. Die Kinder des ersten Jahrganges<br />

benannten sich so, <strong>und</strong> dieser Name wurde schnell zum<br />

Erkennungszeichen der Gruppe.<br />

Anfänglich erwies es sich als schwierig, Mitarbeitende<br />

zu finden. Doch schnell wurde eine Lenkungsgruppe aus<br />

sieben engagierten Eltern <strong>und</strong> drei Erzieherinnen zusammengestellt.<br />

Leider gelang es nicht, Lehrkräfte oder pädagogische<br />

Mitarbeiter/innen aus der Schule zu mobilisieren.<br />

Dies hatte zeitliche Gründe.<br />

Die Schlaumäuse-Gruppe läuft wöchentlich mit 20 Kindern.<br />

Sie bekommt in der Schule einen Raum zur Verfügung<br />

gestellt. Die Teammitglieder erhalten eine Aufwandsentschädigung.<br />

In regelmäßigen Teamtreffen bereiten sie die<br />

Angebote vor. Koordiniert wird die Arbeit von der Erzieherin<br />

Cora Börgeling.<br />

Mit einem großen Brückenfest für Eltern, Kinder, Erzieherinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrkräfte in der Schule, bei dem die Arbeiten<br />

der Kinder ausgestellt wurden, wurde der erste Durchgang<br />

zum Schuljahresende sehr erfolgreich abgeschlossen.<br />

Zu dieser Zeit hatten sich durch die gemeinsame Arbeit<br />

kurze Dienstwege zwischen den Hauptamtlichen von Kindertagesstätten<br />

<strong>und</strong> Schule gebildet. Die Zusammenarbeit<br />

mit Eltern bekam eine größere Selbstverständlichkeit, der<br />

Blick wurde dafür geweitet, was vielleicht noch möglich wäre.<br />

Das Angebot fand eine so gute Resonanz bei den Familien,<br />

dass im zweiten <strong>und</strong> dritten Projektjahr jeweils zwei<br />

Gruppen stattfinden konnten. Das Ziel, auch vermehrt<br />

Kinder aus der Sprachfördergruppe aufzunehmen, wurde<br />

erreicht: Inzwischen sind ein norwegisches Kind, zwei vietnamesische<br />

<strong>und</strong> acht niederländische Kinder dabei.<br />

Jedes Jahr findet nun zum Abschluss ein großes Brückenfest<br />

in der Schule statt.<br />

Zur pädagogischen Arbeit<br />

Jede Gruppe führt ein Gruppenbuch, damit die Informationen<br />

darüber, was in den einzelnen Gruppen durchgeführt<br />

wurde, leicht weiterzugeben sind. Besondere Vorkommnisse,<br />

Absprachen <strong>und</strong> der Ablauf der Gruppe werden darin<br />

eingetragen. Bei Wechseln im Team findet jede/r Neue sich<br />

damit schnell ein.<br />

Zunächst fehlten einigen Eltern Informationen darüber,<br />

was in den Gruppenst<strong>und</strong>en gemacht wird (manche Kinder<br />

erzählen sehr wenig). Deswegen gibt es jetzt eine „Schlaumäuse-Mappe“,<br />

in der die Ergebnisse der Gruppenst<strong>und</strong>en<br />

gesammelt werden. Die Mappen werden immer wieder<br />

ausgelegt, um den Eltern einen Einblick zu geben. Die<br />

Kinder erhalten sie als Abschlussgeschenke.<br />

Die Ausarbeitung der Themen wird bewusst offen gehalten,<br />

so dass sich jeder, d.h. Kinder <strong>und</strong> Erwachsene, mit<br />

seinen Interessen <strong>und</strong> Ressourcen einbringen kann. Inzwischen<br />

wurde eine Ideenmappe mit Angeboten angelegt,<br />

die bereits mit den Kindern durchgeführt wurden. So hat<br />

man ein breites Repertoire <strong>und</strong> kann auf gute Ideen zurückgreifen.<br />

Die Schwierigkeit ist nun, beide Gruppen gleichrangig<br />

mit Themen zu „füttern“, da Vorurteile schnell aufkommen:<br />

„In der anderen Gruppe machen die aber das…“. Die Interessensgebiete<br />

der Kinder herauszufinden <strong>und</strong> darauf ein<br />

lernbasiertes Angebot aufzubauen ist die zentrale Aufgabe<br />

für die Organisation. Koordinierung sowie die Betreuung<br />

der Mitarbeiter/innen <strong>und</strong> ein regelmäßiger Austausch sowohl<br />

im eigenen Team als auch mit den Leiterinnen <strong>und</strong> der<br />

<strong>EEB</strong> sind weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Arbeit.<br />

Bei den Teamtreffen fällt die gegenseitige Akzeptanz in<br />

der Gruppe auf. Es ist egal, ob jemand noch nie mit Kindern<br />

gearbeitet hat oder eine pädagogische Ausbildung hat.<br />

Jede Mitarbeit zählt, <strong>und</strong> besonders zählt jede Idee, den<br />

Kindern spielerisch etwas beizubringen.<br />

Das Schönste ist, dass die Gruppe inzwischen in den<br />

Augen der Eltern etabliert ist. Und so kam es vor, dass die<br />

Mutter eines Säuglings in die Gr<strong>und</strong>schule kam, um ihr Kind<br />

schon vorsorglich bei den Schlaumäusen anzumelden!<br />

Die Mitarbeiterinnen haben eine gemeinsame pädagogische<br />

Arbeit ohne Vorlagen <strong>und</strong> Schablonen kennengelernt.<br />

Ihre eigenen Ressourcen zu nutzen <strong>und</strong> zu erfahren,<br />

57


wie wissbegierig Kinder sind, hat so manche sprachlos<br />

gemacht.<br />

Es wäre schwierig, den mitarbeitenden Eltern nahe zu<br />

bringen, dass Basiskompetenzen wichtiger sind als schon<br />

im Kindergarten die Querwurzel ziehen zu können. Denn<br />

besonders sie möchten – ausgehend von Erfahrungen bei<br />

ihren eigenen Kindern – die teilnehmenden Kinder optimal<br />

fördern. Doch sobald Neugierde <strong>und</strong> Interesse bei Kindern<br />

geweckt sind <strong>und</strong> ein Hauch von Kreativität <strong>und</strong> Kindgerechtheit<br />

dazukommt, fangen Kinder automatisch an zu<br />

lernen. Dies sah man besonders schön während der gemeinsamen<br />

Ausflüge zur Uelsener Mühle oder beim jährlich<br />

stattfindenden Brückenfest.<br />

Unsere Gruppe ist toll angelaufen <strong>und</strong> hat uns gezeigt,<br />

wie einfach es eigentlich sein kann, zusammen zu arbeiten.<br />

Leider lief nicht immer alles so, wie man es sich gewünscht<br />

hätte, aber durch die gesammelten Erfahrungen können<br />

wir jetzt schon sagen, dass wir diese Gruppe jederzeit<br />

wieder mit kleinen Veränderungen starten würden.<br />

Für diejenigen, die neu mit solch einer Arbeit beginnen<br />

wollen, empfehlen wir,<br />

R die Gruppe frühzeitig durch die Presse bekannt zu machen.<br />

Dies dient zur Werbung, stärkt das Selbstbewusstsein<br />

der Kinder <strong>und</strong> Mitarbeiter in der Gruppe <strong>und</strong><br />

macht neue Eltern neugierig auf die Schlaumäuse.<br />

R Lehrkräfte von Anfang an mit einzubinden, z.B. indem<br />

sie bald nach Beginn in die Gruppe eingeladen werden,<br />

ein kleines Projekt mit Buchstaben oder Zahlen mit den<br />

Kindern durchzuführen<br />

R von Beginn an auch Kinder aus Sprachfördergruppen<br />

u.ä. aufzunehmen <strong>und</strong> gleich zu integrieren.<br />

58<br />

Altes Land: <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Bildungspartnerschaft</strong> in Kindertagesstätten<br />

Elke Alsago<br />

Der Einstieg<br />

Im Dezember 2006 erreichte uns durch Petra Völker-Meier<br />

(<strong>EEB</strong> <strong>Niedersachsen</strong>) die Frage, ob wir im Kirchenkreis<br />

Stade in ein Projekt zur <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong><br />

mit Eltern einsteigen wollten. Auf Ebene der Leiterinnen<br />

der evangelischen Kindertageseinrichtungen diskutierten<br />

wir die Notwendigkeiten <strong>und</strong> Möglichkeiten der Kitas.<br />

Wir entschieden uns dafür, dass in der ersten <strong>und</strong> zweiten<br />

Meile des Alten Landes das Projekt gut platziert sei, denn<br />

das eher durch Tradition, Obstanbau <strong>und</strong> Tourismus geprägte<br />

Alte Land verändert sich zurzeit rasant. Die Flugzeugindustrie<br />

<strong>und</strong> andere Wirtschaftssparten haben das<br />

Hamburger Umland für sich entdeckt <strong>und</strong> bauen ihre Aktivitäten<br />

dort aus. Das Alte Land wird zunehmend neuer<br />

Wohn- <strong>und</strong> Lebensort für Familien aus aller Welt. Diese<br />

Familien haben hier keine Wurzeln <strong>und</strong> sind auf sich allein<br />

gestellt. Häufig sind beide Elternteile berufstätig oder wären<br />

gern berufstätig. Doch die Kommunen, Kindertageseinrichtungen<br />

<strong>und</strong> Schulen stellen sich erst langsam auf die veränderte<br />

Situation ein. Es gibt wenig Krippenplätze, fast<br />

keine Ganztags- oder Hortplätze, keine Versorgung über<br />

Mittag in den Schulen. Durch das Nebeneinander von alteingesessenen<br />

<strong>und</strong> hinzugezogenen Familien sind die<br />

Neubürger relativ isoliert, was sich deutlich auf Kinder mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> ihre Möglichkeiten des Spracherwerbs<br />

auswirkt.<br />

Unser Projektstandort war gef<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> es ging daran,<br />

die Zielgruppe genauer zu definieren <strong>und</strong> Strategien zu<br />

entwickeln.<br />

Da in Jork der Anteil der Kinder mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

vor allem in den Nachmittagsgruppen sehr hoch ist,<br />

war hier die Zielgruppe schnell gef<strong>und</strong>en. In Steinkirchen<br />

stellt sich die Situation anders dar. Hier sind es vor allem<br />

die Familien, die wenig in familiäre Kontexte einbezogen<br />

sind, die den pädagogischen Fachkräften überfordert erscheinen<br />

<strong>und</strong> denen die Kita gern Möglichkeiten zur Stärkung<br />

ihrer <strong>Erziehungs</strong>kompetenz anbieten würde.


Beide Kindertageseinrichtungen veranstalteten im Juni 2007<br />

einen gemeinsamen Studientag, um sich Gr<strong>und</strong>lagen zum<br />

Thema <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> anzueignen.<br />

Ende März 2010 schließen die beiden Kindertageseinrichtungen<br />

das Projekt mit einer Rückschau <strong>und</strong> Auswertung<br />

ebenfalls gemeinsam ab.<br />

Steinkirchen<br />

(Projektverantwortliche: Stefanie Hartleff,<br />

Susanne S<strong>und</strong>ermann)<br />

Die Kindertageseinrichtung Lühezwerge in Steinkirchen<br />

entschied sich, zunächst individuell auf einzelne Familien<br />

zu schauen <strong>und</strong> mit Hilfe von externer Beratung sich konkrete<br />

Situationen mit einzelnen Kindern <strong>und</strong> ihren Familien<br />

anzusehen. Mit der Beraterin entwickelte sie Strategien, mit<br />

den Familien zu arbeiten <strong>und</strong> den Eltern Hilfe zur Selbsthilfe<br />

anzubieten. Dieses Vorgehen half den Mitarbeiterinnen<br />

dabei, ein vorurteilsbewusstes Verhältnis zu den Eltern<br />

aufzubauen <strong>und</strong> mit ihnen gemeinsam konstruktive Lösungen<br />

für den Alltag in der Familie, aber auch in der Kita zu<br />

entwickeln.<br />

In einem weiteren Schritt wurde der Fokus von einzelnen<br />

Familien auf die Gruppe der Eltern gerichtet <strong>und</strong> ein Angebot<br />

zur Stärkung der <strong>Erziehungs</strong>kompetenz in der Zusammenarbeit<br />

mit der Familienbildungsstätte entwickelt <strong>und</strong><br />

organisiert. Nach den Sommerferien 2008 wurden die Eltern<br />

gezielt angesprochen, was zunächst Widerstand <strong>und</strong><br />

Unmut bei den Eltern hervor rief. Auf einem Elternabend<br />

wurde jedoch so umfassend informiert <strong>und</strong> die Widerstände<br />

der Eltern aufgegriffen, dass der Kurs „Handwerkszeug<br />

für Eltern“ mit guter Beteiligung zu Stande kam. Parallel<br />

wurde der Kurs „Handwerkszeug für Kinder“ angeboten,<br />

um die teilnehmenden Eltern zu entlasten <strong>und</strong> den Kindern<br />

Möglichkeiten zur Stärkung ihrer Sozialkompetenz anzubieten.<br />

Auch dies wurde von den Eltern positiv aufgenommen<br />

<strong>und</strong> gern in Anspruch genommen. Als problematisch<br />

bei der Durchführung erwies sich die mangelnde Bereitschaft<br />

der Dozenten, sich tatsächlich auf die Situation der<br />

Kinder einzustellen. Obwohl im Vorwege die Situation der<br />

Kinder eingehend besprochen wurde, wurde das fertige<br />

Konzept angewandt, welches nicht auf die Kinder in dieser<br />

Situation <strong>und</strong> Gruppenzusammensetzung passte.<br />

Im Nachhinein wurde der Elternkurs sowohl von Eltern als<br />

auch Fachkräften als erfolgreich eingeschätzt, so dass auf<br />

Wunsch der Eltern über ein weiteres Angebot nachgedacht<br />

wurde.<br />

Das Team entschied sich mit der Unterstützung durch<br />

die <strong>EEB</strong> Stade (Projekt „Grenzen überwinden“), in Kooperation<br />

eine Elterngruppe nach dem Vorbild der „Rucksackgruppen“<br />

einzurichten. Schnell fand sich eine engagierte<br />

Mutter, die dies gern in Angriff nahm. Regelmäßig ging sie<br />

zu den von der <strong>EEB</strong> veranstalteten Treffen für die Elternbegleiterinnen<br />

<strong>und</strong> traf sich ab März 2009 regelmäßig mit einigen<br />

Müttern. Verblieben sind in dieser Gruppe zurzeit zwei<br />

Mütter, die diese Treffen gern in Anspruch nehmen. Bis zu<br />

den Herbstferien nahmen zwei weitere Mütter regelmäßig<br />

teil, die inzwischen weggezogen sind. Ansonsten wechselte<br />

die Beteiligung. Aus den Äußerungen der ausgeschiedenen<br />

Mütter lässt sich schließen, dass sie das Angebot<br />

für sich nicht als bedarfsgerecht erlebten, entweder wegen<br />

der zeitlichen Belastung (wöchentliche Treffen) oder als<br />

nicht anspruchsvoll genug.<br />

Das Team in der Kita Steinkirchen entwickelte eine große<br />

Bereitschaft, die eigene Haltung gegenüber den Eltern,<br />

die sie bisher oft als unangemessen fordernd <strong>und</strong> in ihrer<br />

Elternrolle als überfordert erlebt haben, zu reflektieren. So<br />

fand Anfang Dezember ein Studientag zur Zusammenarbeit<br />

mit den Eltern statt. Die Dozentin, Frau Ansari, hatten wir<br />

bewusst wegen ihres Hintergr<strong>und</strong>es (Projekt „Kinderwelten“,<br />

Berlin, Vorurteilsbewusste Erziehung) gewählt. Dies<br />

erwies sich als voller Erfolg. Mit dem Ansatz der vorurteilsbewussten<br />

Erziehung gelang es den Mitarbeiterinnen<br />

deutlich mehr Empathie für die Eltern zu entwickeln. Dies<br />

zeigt sich auf anschließend stattgef<strong>und</strong>enen Elternabenden,<br />

die entspannt <strong>und</strong> nicht wie zuvor oft konfrontativ<br />

verliefen.<br />

Um den Erfolg nachhaltig abzusichern, findet im März<br />

2010 eine weitere Fortbildung mit Frau Ansari statt.<br />

Jork<br />

(Projektverantwortliche: Bianka Lange)<br />

Die Kindertageseinrichtung Jork „Am Fleet“ hatte sich<br />

vorgenommen, in einer ersten Phase die Situation der Eltern<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> stärker zu beleuchten, um Stra-<br />

59


tegien für die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bildungspartnerschaft</strong> zu<br />

entwickeln.<br />

In Zusammenarbeit mit der Gr<strong>und</strong>schule wurden Elternabende<br />

durchgeführt, die das Schulsystem in Deutschland<br />

speziell in Jork erklärten, Eltern aktiv miteinbezogen <strong>und</strong><br />

Kindheit hier <strong>und</strong> heute mit den Erfahrungen der Eltern<br />

verglichen. Innerhalb der Kommune Jork wurde ein Netzwerk<br />

aufgebaut, um alle Eltern an der Bildung ihrer Kinder<br />

teilhaben zu lassen <strong>und</strong> dabei bestehende Barrieren, vor<br />

allem Sprachbarrieren, zu überwinden.<br />

Beides wurde erfolgreich umgesetzt, wobei Ressourcen<br />

zutage traten, von denen vorher keiner etwas geahnt hatte.<br />

Sowohl in der Kita selbst als auch bei der Gemeinde Jork<br />

gab es Frauen, die fließend in mehreren Sprachen zu Hause<br />

sind <strong>und</strong> inzwischen Texte übersetzen, innerhalb von<br />

Elternabenden mitwirken <strong>und</strong> in Situationen, in denen<br />

sprachliche oder kulturelle Probleme gelöst werden müssen,<br />

den pädagogischen Fachkräften der Kita <strong>und</strong> der<br />

Gr<strong>und</strong>schule hilfreich zur Seite stehen.<br />

Nachdem jetzt die Zeit für die Projektarbeit fast vorbei<br />

ist, stellen wir bei unserem Rückblick fest, dass viele der<br />

angeschobenen Arbeiten fest in unserer täglichen Arbeit<br />

mit den Kindern <strong>und</strong> den Eltern eingeb<strong>und</strong>en worden sind.<br />

Dies kann man feststellen, wenn wir bei Elterngesprächen<br />

positive Rückmeldungen zur geleisteten Arbeit bekommen.<br />

Aussage eines Vaters, der in der Türkei geboren wurde <strong>und</strong><br />

schon einige Jahre mit seiner Frau <strong>und</strong> den drei Kindern in<br />

Deutschland lebt: „Wir geben unsere Kinder bewusst in<br />

diesen Kindergarten, weil hier darauf geachtet wird, dass<br />

die Kinder dazu aufgefordert werden, die deutsche Sprache<br />

zu benutzen.“ Und: „Meine Frau besucht jetzt einen<br />

Deutschkurs <strong>und</strong> wird von den Kindern korrigiert. Für mein<br />

jüngstes Kind wünsche ich mir auch wieder einen Platz bei<br />

Ihnen im Kindergarten!“<br />

Wir erhalten auch viel positive Resonanz dafür, dass wir<br />

versuchen, wichtige Informationen für die Eltern in die jeweilige<br />

Muttersprache zu übersetzen oder Vordrucke vom Ges<strong>und</strong>heitsamt<br />

in den jeweiligen Sprachen auszudrucken <strong>und</strong><br />

zu verteilen (türkisch, polnisch, englisch sind hier nur einige<br />

Beispiele). Auf unserer letzten Adventsfeier, an der auch die<br />

türkischen Familien teilgenommen haben, wurde in der Kirche<br />

das Bilderbuch „ Felix, Kemal <strong>und</strong> der Nikolaus“ gezeigt.<br />

60<br />

Im Moment arbeiten wir an einer Übersetzung für ein<br />

Schreiben, in dem die Schuleingangsuntersuchung erklärt<br />

wird, um den Eltern die Ängste vor dieser Hürde zu nehmen.<br />

Aber auch die Elternschaft insgesamt sieht, wie wir die<br />

Eltern mit Migrationshintergr<strong>und</strong> annehmen, <strong>und</strong> bestärkt<br />

uns in unserer Arbeit. Wir bekommen Hinweise, wo wir<br />

Hilfe bekommen könnten (eine Mitarbeiterin im Rathaus der<br />

Gemeinde spricht türkisch), <strong>und</strong> durch die Zusammenarbeit<br />

mit dem Familienservicebüro gibt es weitere Schnittstellen.<br />

Durch intensiven Austausch wurden Familienpatenschaften<br />

aufgebaut <strong>und</strong> Hilfe bei Abläufen des täglichen Lebens<br />

angeboten.<br />

Wir werden gezielt von Eltern angesprochen, ob sie einen<br />

Platz in unserer Einrichtung bekommen können. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> wurde der Vergabebogen der Gemeinde<br />

Jork so überarbeitet, dass hier die Deutschsprachigkeit der<br />

Familie abgefragt wird <strong>und</strong> wir bei der Vergabe nicht nur<br />

das Alter, das Geschlecht die Berufstätigkeit der Eltern<br />

berücksichtigen, sondern auch verstärkt die soziale Situation<br />

der Familie.<br />

Aus der Situation der Einrichtung (Umzug, Anbau, fünf<br />

neue Mitarbeiterinnen) heraus erschien es uns notwendig,<br />

Anfang 2010 mit allen Mitarbeiterinnen einen Studientag zu<br />

veranstalten, der der gemeinsamen Verständigung bzgl.<br />

der Elternarbeit dienen sollte. Damit auch die Leiterin sich<br />

in diesen Prozess einbringen konnte, hielten wir es für angebracht,<br />

eine externe Moderatorin diesen Tag gestalten<br />

zu lassen.<br />

Die Moderatorin eröffnete den Tag mit einer offenen<br />

Frager<strong>und</strong>e zum Ist-Stand <strong>und</strong> leitete nach einem ausführlichen<br />

Orientierungsspiel über zum Qualitätsmanagement-<br />

System. Hier sind verschiedene Verfahren <strong>und</strong> Abläufe zum<br />

Thema Elternarbeit vorhanden <strong>und</strong> sollten den neuen Mitarbeitern<br />

nähergebracht werden, damit sie sich damit<br />

identifizieren können. Gemeinsam wurden die Prozessregelungen<br />

erarbeitet, für einige Verfahren waren auch neue<br />

Abläufe notwendig.<br />

In einer offenen Atmosphäre <strong>und</strong> der sachbezogenen<br />

Arbeit stellte sich schnell auch ein neues Teamgefühl ein.<br />

Der Studientag war ein voller Erfolg (Zitat einer Kollegin:<br />

„Die Gewürze sind neu gemischt.“), <strong>und</strong> wir konnten schon<br />

in den ersten Tagen feststellen, dass Zuständigkeiten viel


verantwortungsbewusster übernommen wurden, dass Abläufe<br />

gegenüber Eltern viel klarer erklärt werden konnten oder<br />

(ganz wichtig!) dass ein neues Teamgefühl entstanden ist!<br />

Wir freuen uns, dass wir als „Quereinsteiger“ noch die<br />

Chance bekommen haben, an diesem Projekt teilzunehmen,<br />

<strong>und</strong> hoffen, auch in Zukunft alle Eltern stärker in ihrer<br />

Vielschichtigkeit berücksichtigen zu können.<br />

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Autorinnen <strong>und</strong> Autoren<br />

Elke Alsago<br />

Fachberaterin für evangelische Kindertagesstätten in Stade.<br />

Cora Börgelmann<br />

Erzieherin im Tabaluga Kindergarten in Uelsen.<br />

Nicola Fuhler,<br />

päd. Mitarbeiterin beim Bildungswerk Cloppenburg<br />

Stephan Müller<br />

Lehrer an der Haupt- <strong>und</strong> Realschule Pingel Anton/<br />

Galgenmoor in Cloppenburg.<br />

Renate Schenk,<br />

päd. Mitarbeiterin der Katholischen Familienbildungsstätte<br />

Hildesheim, zeitweise tätig als Schulsozialarbeiterin an der<br />

Don-Bosco-Schule in Hildesheim.<br />

Ursula Schirakowski,<br />

Dipl.-Päd., Leiterin der Katholischen Erwachsenenbildung<br />

Oldenburg e.V.<br />

Franziska Strosche,<br />

Dipl.-Pädagogin, betraut mit der wissenschaftlichen Begleitforschung<br />

im Projekt „Ein Stadtteil für starke Kinder“ in<br />

Oldenburg.<br />

Dr. Martin R. Textor,<br />

leitet das Institut für Pädagogik <strong>und</strong> Zukunftsforschung<br />

(IPZF) in Würzburg <strong>und</strong> ist als Experte für Fragen frühkindlicher<br />

Bildung <strong>und</strong> Erziehung ausgewiesen. Er unterhält<br />

mehrere Online-Handbücher, u.a. zur Familienbildung.<br />

Petra Völker-Meier,<br />

päd. Mitarbeiterin der Evangelischen Erwachsenenbildung<br />

Hannover.<br />

63


Impressum<br />

Evangelische Erwachsenenbildung<br />

<strong>Niedersachsen</strong><br />

Archivstr. 3<br />

30169 Hannover<br />

Tel.: 0511/1241-413<br />

www.eeb-niedersachsen.de<br />

Katholische Erwachsenenbildung im<br />

Lande <strong>Niedersachsen</strong> e.V.<br />

Gerberstr. 26<br />

30169 Hannover<br />

Tel.: 0511/348500<br />

www.keb-nds.de<br />

ISBN 3-922208-11-8<br />

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