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das ungarische medizinstudium des 18. jahrhunderts an der ...

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d<strong>an</strong>ken gewesen. Diese Phase, in <strong>der</strong> insgesamt 11 Ungarn unter den halleschen Doktor<strong>an</strong>den zu finden<br />

sind (Tabelle 1), endete mit <strong>der</strong> Abberufung Stahls, <strong>der</strong> als Leibarzt nach Berlin beor<strong>der</strong>t wurde; 30<br />

<strong>an</strong><br />

seine Stelle trat Michael Alberti (1682—1757), ein die Konzeptionen seines Lehrers mit Vehemenz vertreten<strong>der</strong><br />

Stahl-Interpret. 31<br />

Die Auflistung <strong>der</strong> <strong>ungarische</strong>n Promoti dieser frühen halleschen Aufbauphase<br />

weist aus, daß dieser Kreis sich mehr <strong>an</strong> die Stahl-Schule als <strong>an</strong> Friedrich Hoffm<strong>an</strong>n mit seiner<br />

„Mech<strong>an</strong>ischen Arzneigelehrtheit" hielt, <strong>der</strong> nur dreimal als Präses <strong>der</strong> Inauguralh<strong>an</strong>dlung vertreten<br />

ist. Unter den Hoffm<strong>an</strong>nschen Doktor<strong>an</strong>den ist <strong>der</strong> Ungar Steph<strong>an</strong> Huszti-Szabó (1671—1710) beson<strong>der</strong>s<br />

errwähnenswert. In <strong>der</strong> Medizinerliste steht er <strong>an</strong> vor<strong>der</strong>ster Stelle, doch hatte er zuvor bereits mit einer<br />

Dissertatio physico-experimentalis De corporibus illorumque principiis et affectibus den philosophischen<br />

Doktorgrad erworben. Der zuvor in den Nie<strong>der</strong>l<strong>an</strong>den am Cartesi<strong>an</strong>ismus geschulte Huszti-<br />

Szabó muß sich in Halle den pietistischen Lehren zugew<strong>an</strong>dt haben; dafür spricht jedenfalls, daß er<br />

später in Debrecen pietistische Schriften — darunter <strong>das</strong> vom Fr<strong>an</strong>cke-Kreis sehr geschätze „Paradiesgärtlein"<br />

von Joh<strong>an</strong>n Arndt (1555—1621) — ins Ungarische übersetzte. 32<br />

Ebenfalls <strong>der</strong> Herausstellung<br />

bedarf aus <strong>der</strong> frühen Ungarn-Liste <strong>der</strong> Name von Georg Sigismund Liebezeit (1690—1739) aus Sopron,<br />

33<br />

<strong>der</strong> genau wie Huszti-Szabó zweimal — 1711 und 1713, beide Male aber in <strong>der</strong> Medizinischen<br />

Fakultät — in den halleschen Disputationslisten vertreten ist. Eine 1711 von Liebezeit vorgetragene gerichtsmedizinische<br />

Disputation über den Abort hat Michael Alberti allerdings als sein geistiges Eigentum<br />

betrachtet und nach Jahren eine Neuauflage ver<strong>an</strong>laßt. In <strong>der</strong> Presse offerierte er:<br />

„ist allhier wie<strong>der</strong> aufgelegt <strong>des</strong> Herrn Hof- und ConsistoriaTRaths D. Alberti disp. de abortus noxio<br />

et nef<strong>an</strong>da promotione welche An. 1711 Mense J<strong>an</strong>uario gehalten, bey mehreren Jahren aber gäntzlich<br />

abgeg<strong>an</strong>gen; da nun dieshero vielfältige Nachfage münd- und schrifftlich darnach geschehen, immassen<br />

diese Tractation ad Medicinám forensem gehöret. 1<br />

' 34<br />

Liebezeit hielt sich nach 1711 zeitweilig in Leiden auf, kehrte aber zur Promotion 1713 nach Halle<br />

zurück und wurde von Stahl graduiert (nicht von Hoffm<strong>an</strong>n, wie C. V. Kölesy irrtümlich in seinem Plutarch<br />

vermerkte). 35<br />

Als Stadtphysikus von Sopron wurde Liebezeit zum Mitglied <strong>der</strong> Kaiserlichleopoldinischen<br />

Akademie <strong>der</strong> Naturforscher ern<strong>an</strong>nt 36<br />

; damit war er <strong>der</strong> erste in Halle graduierte <strong>ungarische</strong><br />

Mediziner, dem diese Auszeichnung zuteil wurde.<br />

Der Studieng<strong>an</strong>g von Liebezeit ist im übrigen bezeichnend : weil es in Halle <strong>an</strong> praxisorientierten Unterweisungen<br />

m<strong>an</strong>gelt, geht m<strong>an</strong> zeitweüig — m<strong>an</strong>chmal auch postgradual — zu Herm<strong>an</strong>n Boerhaave nach<br />

Leiden. An<strong>der</strong>e Ungarn kehrten von einer <strong>der</strong>artigen Peregrinatio medica gar nicht wie<strong>der</strong> zurück. Nicht<br />

unüblich war auch ein Fakultätswechsel. Bek<strong>an</strong>ntlich zählte Matthias Bél zu den Hörern von Georg Ernst<br />

Stahl; 37<br />

er verschrieb sich aber auf Dauer <strong>der</strong> Theologie, wo er 1704 seine Inauguralschrift vorlegte.<br />

Umgekehrt kam <strong>der</strong> Arztsohn Georg Grunde! (1688—1713) aus Besztercebánya als Theologiestudent nach<br />

Halle, wechselte aber zur Medizin über; vor Abschluß <strong>des</strong> Zweitstudiums ist er 1713 in Halle verstorben.<br />

3 0<br />

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3 6<br />

37<br />

Stürzbecher, M.: „Friedrich Hoff m<strong>an</strong>n und Georg Ernst Stahl als Leibärzte in Berlin" FPF (Med.) H. 15 (1966),<br />

S. 335-338<br />

Kaiser, W., u. Völker, A.: „Michael Alberti (1682-1757)" Wiss. B. Univ. Halle 1982/4 (T 44) (Halle 1982)<br />

Spielm<strong>an</strong>n, J.: „Der Cartesi<strong>an</strong>ismus und sein Einfluß auf die Medizin Siebenbürgens im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t" Acta<br />

Congr. Internat. XXIV Hist. Art. Med. (Budapest 1976) S. 743—747<br />

Völker, A.: „Georg Sigismund Liebezeit (1690—1739) und Georg Christi<strong>an</strong> Maternus de Cil<strong>an</strong>o (1696—1773),<br />

zwei hallesche Absolventen <strong>der</strong> frühen Schulze-Ära" Wiss. B. Univ. Halle 1988/40 (T 68), S. 47-54<br />

Wöchentliche Hallische Frage- und Anzeigungs-Nachrichten vom 31. Oktober 1729.<br />

Kölesy, C. V. : Der ungrische Plutarch (Pest 1817)<br />

Kaiser, W., u. Völker, A.: „Zur Mitgliedschaft ungarländischer Wissenschaftler in <strong>der</strong> Academia Naturae Curiosorum<br />

(17. und <strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t)" Comm. Hist, Art. Med. 93—96 (1981), S. 93—111; Duka Zólyomi, N.: „Die<br />

Leopoldinische Akademie und die ungarländische Medizin und Naturwissenschaft bis zum Ende <strong>des</strong> <strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>ts"<br />

Acta hist. Leopoldina Nr. 13 (1980), S. 51—101<br />

Szállási, A.: „Matthias Bél (1684—1749) und sein wissenschaftlichtes Werk" Wiss. B. Univ. Halle 1988/40 (T<br />

68), S. 45-47

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