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das ungarische medizinstudium des 18. jahrhunderts an der ...

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von William Osier (1848—1919), <strong>der</strong> von einer Minerva medica spricht, die in <strong>der</strong> Renaiss<strong>an</strong>ce in Italien<br />

und im Anschluß in Leiden bei Herm<strong>an</strong>n Boerhaave (1668—1738) residiert habe, bevor sie d<strong>an</strong>n<br />

Teilaufenthalte in London und in Wien wählt. 21<br />

Sicherlich hat William Osler hier etwas summarisch<br />

klassifiziert, denn es fehlen in seiner Liste einige wichtige Zwischenstationen. Eine davon war ohne<br />

Zweifel Halle in <strong>der</strong> Gründungsepoche <strong>der</strong> Academia Fri<strong>der</strong>ici<strong>an</strong>a. Ein überregionaler Flor hielt bis<br />

in die sechziger Jahre <strong>des</strong> <strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>an</strong> und gab Anlaß, daß sich in dieser Zeit mehr als 60 Mediziner<br />

aus Ungarn hier ihren akademischen Grad — die Lizentiatur o<strong>der</strong> <strong>das</strong> Doktorat — holten. 22<br />

Die<br />

Namen <strong>der</strong> meisten von ihnen wurden in chronologischer Reihe in <strong>der</strong> 1787 edierten Succinta Medicorum<br />

Hungáriáé et Tr<strong>an</strong>silv<strong>an</strong>iae Biographia von István Weszprémi (1723—1799) kodifiziert, wobei <strong>der</strong><br />

verdienstvolle <strong>ungarische</strong> Medizinhistoriker 23<br />

zugleich die genauen Graduierungsdaten, die Titel <strong>der</strong><br />

Dissertationen und die Hochschullehrer <strong>an</strong>gab, unter <strong>der</strong>en Vorsitz die Amtsh<strong>an</strong>dlung vonstatten ging.<br />

Weszprémi wird die lnauguralschriften seiner L<strong>an</strong>dsleute in den Händen gehabt haben. Eine Rückfrage<br />

bei <strong>der</strong> halleschen Universitätsadministration scheint nicht erfolgt zu sein, denn eine Differenzierung<br />

zwischen Lizentiatur und Doktorat wurde von ihm nicht vorgenommen. Unbeschadet dieser kleinen<br />

Einschränkung ist sein St<strong>an</strong>dardwerk aber bis heute ein ungemein wichtiger Beitrag zur <strong>ungarische</strong>n<br />

Medizingeschichte geblieben. Seine bis auf die Gegenwart reichende Bedeutung zeigt sich u. a. auch<br />

in <strong>der</strong> Tatsache, daß die ursprünglich lateinischsprachige Edition in den sechziger Jahren unseres Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

durch eine lateinisch—<strong>ungarische</strong> Version ergänzt wurde.<br />

Aus den Dokumentationen von Weszprémi ist unschwer die Spitzenstellung <strong>der</strong> Universität Halle<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>ungarische</strong>n Graduierungen herauszulesen. Legt m<strong>an</strong> <strong>der</strong>en Eckdaten zugrunde (von<br />

<strong>der</strong> Universitätseröffnung bis zum Jahre 1769), d<strong>an</strong>n umfaßt diese innerdeutsche Spitzenposition den<br />

Zeitraum von 75 Jahren und damit eine Phase, die sich nach den Entwicklungsstadien <strong>der</strong> halleschen<br />

Ars medica wie folgt glie<strong>der</strong>n läßt:<br />

(1) die Aufbauphase etwa bis 1717/18<br />

(2) die Phase institutioneller Komplettierungen etwa bis 1730<br />

(3) die Zeit <strong>des</strong> größten überregionalen Renommées etwa bis 1745<br />

(4) <strong>der</strong> Auskl<strong>an</strong>g unter wachsendem Konkurrenzdruck etwa bis 1769.<br />

In diesen 75 Jahren r<strong>an</strong>gierte Halle hinsichtlich <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> <strong>ungarische</strong>n Doktor<strong>an</strong>den und Lizentiaten<br />

klar vor <strong>der</strong> sächsischen Universität Jena (mit etwa 25 Promotionen) und noch deutlicher vor dem<br />

kursächsischen Wittenberg (mit 10 Promotionen). 24<br />

Selbst die 1735 mit ihrem Graduierungsprogramm<br />

beginnende und alsbald weithin renommierte königlich-großbrit<strong>an</strong>nische Georgia Augusta in Göttingen,<br />

die zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schriften von Weszprémi immerhin schon fast ein Halbjahrhun<strong>der</strong>t<br />

best<strong>an</strong>d, hinkt mit nur 7 <strong>ungarische</strong>n Titel Verleihungen 25<br />

ebenso nach wie die Universität Altdorf mit<br />

ihren 6 <strong>ungarische</strong>n Doktor<strong>an</strong>den. So bietet sich die Frage <strong>an</strong>, wie und warum es Halle binnen kurzem<br />

gelingen konnte, für die <strong>an</strong>gehenden <strong>ungarische</strong>n Mediziner zum Studienziel <strong>der</strong> Wahl zu werden. Bei<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> <strong>ungarische</strong>n Son<strong>der</strong>situation und <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten halleschen För<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />

ist hierin sicher einer <strong>der</strong> Gründe zu suchen. Glie<strong>der</strong>t m<strong>an</strong> aber die Zeit <strong>des</strong> <strong>ungarische</strong>n<br />

Mediziner-Zuzugs gemäß <strong>der</strong> personellen und institutionellen Entwicklung in Form <strong>der</strong> Vier-Stadien-<br />

21<br />

2 2<br />

2 3<br />

2 4<br />

2 5<br />

Steudel, J. : ,,Der deutsche Einfluß auf die amerik<strong>an</strong>ische Medizin" in: Festschrift für Werner Leibbr<strong>an</strong>d zum 70.<br />

Geburtstag S. 159—169 (M<strong>an</strong>nheim 1967)<br />

Kaiser, W., u. Völker, A.: ,,Hungarica medica <strong>des</strong> <strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>ts in den Bestäenden <strong>des</strong> halleschen Universitätsarchivs"<br />

Wiss. B. Univ. Halle 1981/38 (T 40) (Halle 1981)<br />

Antall, J.: „Der Medizinhistoriker István Weszprémi (1723—1799)" Wiss. B. Univ. Halle 1988/40 (T 68), S.<br />

74-76.<br />

Kaiser, W„ u. Völker, A.: „Ars medica Vitebergensis 1502—1817" Wiss. B. Univ. Halle 1980/9 (T 34) (Halle<br />

1980)<br />

Tröhler, U. : Vom Medizinstudenten zum Doktor. Die Göttinger Medizinischen Promotionen im <strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

(Göttingen 1993)

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