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das ungarische medizinstudium des 18. jahrhunderts an der ...

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während <strong>des</strong> Nationalaufst<strong>an</strong><strong>des</strong> unter Ferenc Rákóczi II. (1676—1735) dringend <strong>der</strong> Hilfe bedurften 15<br />

Die preußische Regierung konnte aus Gründen <strong>der</strong> Staatsraison keine Unterstützung bieten. Möglich<br />

war <strong>das</strong> aber für August Herm<strong>an</strong>n Fr<strong>an</strong>cke als Privatier: er schickte seinen Emissär Adlung ins<br />

Räköczi-Feldlager nach Terebes, <strong>der</strong> über den Militär- und Leibarzt Jacob Ambrosius L<strong>an</strong>ge von L<strong>an</strong>genthal<br />

(1666—1731) in Direktkontakt zu Rákóczi gel<strong>an</strong>gte. Am 26. August 1707. schrieb Adlung <strong>an</strong><br />

Fr<strong>an</strong>cke nach Halle:<br />

, ,Als <strong>der</strong> H D. v. L<strong>an</strong>genthal dem Fürsten den Statum <strong>der</strong> hallischen Universität als <strong>der</strong> vornehmsten<br />

<strong>an</strong>jetzo referirte und zugleich berichtete, daß viele von seinen L<strong>an</strong>dskin<strong>der</strong>n da studirten, hat er sich<br />

alles sehr Wohlgefallen laßen und ist endl. in diese Worte herausgebrochen: es studiren ihrer zu meinen<br />

Vergnügen zwar viele draußen, allein wenn bekomme ich von meinen Unterth<strong>an</strong>en ein recht capables<br />

Subjection? Sons ten gehet <strong>der</strong> H D. v. L<strong>an</strong>genthal unter <strong>an</strong><strong>der</strong>n auch damit um, wie m<strong>an</strong> eine neue Colonie<br />

von solchen Leuten und H<strong>an</strong>dwerkern möchte hereinbringen, die hier nicht zu finden sind." 16<br />

Der hallesche Pietismus spielte demzufolge für die zu diesem Zeitpunkt bereits hart bedrängte <strong>ungarische</strong><br />

Aufst<strong>an</strong>dsbewegung nicht nur im Hinblick auf Hilfslieferungen eine beson<strong>der</strong>e Rolle. Habsburg<br />

sah in ihm eine zusätzliche Gefahr und verfolgte ihn intensiv; innerungarisch wurde <strong>der</strong> Pietismus aber<br />

selbst für einen Nicht-Konfidenten zum <strong>an</strong>tihabsburgischen F<strong>an</strong>al. So heißt es in einer zusammenfassenden<br />

Darstellung:<br />

, .Gerade <strong>der</strong> Pietismus war nicht nur durch seine Oppositionsstellung gegen die lutherische Orthodoxie,<br />

son<strong>der</strong>n auch durch seinen scharfen Gegensatz zur ungarisch—habsburgischen Regierung beson<strong>der</strong>s<br />

geeignet, Ausdruck <strong>des</strong> Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong><strong>des</strong> zu <strong>der</strong> herrschenden Macht zu sein. Der Pietismus wurde<br />

<strong>des</strong>wegen von <strong>der</strong> Regierung auf <strong>das</strong> schärfste verfolgt. Ein Bekenntnis für den Pietismus war ein revolutionäres<br />

Bekenntnis gegen Habsburg. Ein solches Bekenntnis war für die soziale und nationale<br />

Unterdrückung eine willkommene Möglichkeit, ihrer Unzufriedenheit irgendwie Ausdruck geben zu<br />

können." 11<br />

Größere Hilfe hat m<strong>an</strong> <strong>der</strong> Insurgentenbewegung von Halle aus allerdings nicht leisten können. Es<br />

blieb bei Hilfslieferungen vorwiegend medikamentöser Natur, die über den in Neusohl [Besztercebányai<br />

nie<strong>der</strong>gelassenen Arzt Karl Otto Moller (1670—1747), einen Altdorfer Promotus von 1697, zur Verteilung<br />

gel<strong>an</strong>gten. In <strong>der</strong> Regel waren es hallesche Medikamente, hergestellt in einer August Herm<strong>an</strong>n<br />

Fr<strong>an</strong>cke unterstehenden Medikamenten-Expedition. Begehrt auch in Ungarn war die als wahre Wun<strong>der</strong>droge<br />

geltende Essentia dulcis, ein Aurum-potabile-Präparat. Mitten im Kriege lieferte Moller hierüber<br />

einen Erfolgsbericht nach Halle, den einer <strong>der</strong> Ärzte <strong>des</strong> Fr<strong>an</strong>cke-Kreises unter dem Titel Mollers<br />

Observationes soiulerbahrer durch die Essentiam dulcem zu Neusohl in Ungarn geschehener Curen<br />

1706 publizierte und 1708 durch einen ähnlichen Beitrag ergänzte.<br />

Der Pietismus als Bindeglied Halle—Ungarn war und blieb auch aus einer g<strong>an</strong>z <strong>an</strong><strong>der</strong>en Komponente<br />

heraus bedeutsam für <strong>an</strong>gehende Hochschulabsolventen. Etwa zeitgleich zur Universität entst<strong>an</strong>d<br />

unmittelbar vor den Toren <strong>der</strong> Stadt ein von August Herm<strong>an</strong>n Fr<strong>an</strong>cke begründeter Komplex von Bildungs<strong>an</strong>stalten<br />

,,auf dem Waisenhause"; er gar<strong>an</strong>tierte eine subtile präakademische Ausbildung für<br />

denjenigen Kreis, <strong>der</strong> in dieser Beziehung einen dem eigentlichen Studium vorzuschaltenden Nachhilfbedarf<br />

verspürte. M<strong>an</strong>cher Externus auch aus Ungarn kam als auszubilden<strong>der</strong> Gymnasiast und wurde<br />

hier gezielt auf die Universität vorbereitet. 18<br />

Das kostete wenig und für Unbemittelte nichts. Die allge-<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

Kaiser, W.: „Medizinhistorische Reminiszenzen zum Rakoczi-Gedächtnisjahr 1976" Wiss. B. Univ. Halle<br />

1976/26 (T 12) (Halle 1976)<br />

Berliner Fr<strong>an</strong>cke-Nachlaß; Kapsel 6 (Univ.-Bibliothek Tübingen)<br />

Winter, E.: Die Pflege <strong>der</strong> west- und südslavischen Sprachen in Halle im <strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t S. 137 (Berlin 1954)<br />

Völker, A.: „Zum präakademischen Ausbildungsg<strong>an</strong>g <strong>ungarische</strong>r Absolventen <strong>an</strong> <strong>der</strong> Universität Halle" Comm.<br />

Hist. Art. Med. 115—116 (1986) S. 67—81; Kaiser, W. : „Dokumente zum Werdeg<strong>an</strong>g <strong>ungarische</strong>r Medizine in<br />

halleschen Archiven (<strong>18.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t)" Comm. Hist. Art. Med. 115—116 (1986) S. 163—169.

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