iMDC03 zum Download (pdf)
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von der wissenschaft ins<br />
management<br />
Am Vormittag des 5. September 1991 unterschrieb Detlev<br />
Ganten seinen Vertrag im Bundesforschungsministerium<br />
in Bonn und schon am Nachmittag desselben Tages sprach<br />
er als neuer Gründungsdirektor zu etwa 2000 Menschen, die<br />
sich in der Campus-Mensa versammelt hatten. Der amtierende<br />
Direktor Prof. Günter Pasternak, der seit 1984 Direktor<br />
des Zentralinstituts für Molekularbiologie der Akademie<br />
der Wissenschaften der DDR war, arbeitete bis <strong>zum</strong> 31.<br />
Dezember 1991 weiter als Direktor im Direktorenzimmer im<br />
Max-Delbrück-Haus. Detlev Ganten zog in den Flachbau. Am<br />
20. Dezember 1991 fand die formale Übergabe statt. Wieder<br />
warteten in der Mensa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
mit ihren Fragen, wie es weitergehen würde, und beide<br />
Direktoren hielten eine Rede. Ein schwieriger aber zugleich<br />
würdevoller Übergang, so Gantens Erinnerung. Und ab 1.<br />
Januar 1992 gab es dann das MDC, für das nur 350 Planstellen<br />
vorgesehen waren.<br />
Prof. Karl G. Zimmer<br />
der name max delbrück<br />
Der deutsch-amerikanische Nobelpreisträger, Max<br />
Delbrück, der von 1934 bis 1939 mit den Kollegen in Buch<br />
kooperiert und publiziert hatte, sollte Namensgeber für das<br />
neue Forschungszentrum werden. Detlev Ganten besuchte<br />
im Frühjahr 1992 die Witwe Manny Delbrück in ihrem Haus<br />
in Pasadena, Kalifornien, wo sie bis <strong>zum</strong> Tode von Max Delbrück<br />
gemeinsam gelebt hatten. Die lebhafte Kalifornierin<br />
stimmte sofort zu, das neue Institut nach Max Delbrück zu<br />
benennen und gab die Nobelpreis-Urkunde von 1969 gleich<br />
mit. Mit seinen Arbeiten in Berlin-Buch legte Delbrück<br />
zusammen mit Nikolai W. Timoféeff-Ressovsky und Karl<br />
Günter Zimmer die Grundlagen für die molekulare Genetik.<br />
Delbrück, so resümiert Ganten, ist als Wissenschaftler und<br />
als Mensch in jeder Hinsicht ein Vorbild. Er verkörperte die<br />
beste Wissenschaftstradition und ließ sich durch nichts,<br />
auch durch kein politisches System von seinen Überzeugungen<br />
abbringen. Zu Berlin Buch hat er auch zu DDR-Zeiten<br />
die Verbindung aufrechterhalten. Die Berliner Künstlerin<br />
Jeanne Mammen hat er in der Kriegs- und Nachkriegszeit<br />
gefördert und unterstützt. Ihrer Bilder sind jetzt im<br />
Jeanne-Mammen-Saal ausgestellt.<br />
Prof. Jens Reich,<br />
Mediziner, Bioinformatiker, Molekularbiologe und<br />
DDR-Bürgerrechtler, MDC-Forschungsgruppenleiter<br />
„Bioinformatik” von 1992-2007, seit 2007 Koordinator<br />
des Forschungsprojekts „Systembiologie des Eisenstoffwechsels<br />
des Menschen“ und seit 2001 Mitglied<br />
des Nationalen Ethikrates, seit 2008 Deutscher Ethikrat<br />
Prof. Nikolai W. Timoféeff-Ressovsky<br />
Jubiläum<br />
Tradition macht stark<br />
Ganten ist ein international orientierter Wissenschaftler,<br />
der nach eigenen Aussagen ein schwieriges Verhältnis<br />
<strong>zum</strong> „Vaterland“ hatte. Mit seiner Frau war er nach Kanada<br />
ausgewandert. Seine beiden Söhne haben die kanadische<br />
Staatsbürgerschaft. Er hat lange in den USA und in Frankreich<br />
gelebt. Seine Sicht auf Deutschland ist durch die großen<br />
Brüche der Geschichte geprägt: die Vielstaaterei, der<br />
Zusammenbruch des Kaiserreiches, die bewegten Zwanziger<br />
Jahre, die totalitären und undemokratischen Perioden, die<br />
Katastrophen des 1. und 2. Weltkrieges. Erst mit der Wiedervereinigung<br />
konnte er einen inneren emotionalen Bezug<br />
zu Deutschland aufbauen: die Zeit nach der Wende war eine<br />
spannende Zeit. Was ihn mit Deutschland versöhnte, war<br />
die Rückbesinnung auf die großen Traditionen der Geistesgeschichte,<br />
der gemeinsamen Kultur und Wissenschaft,<br />
die in Ost und West nicht verlorengegangen waren, und<br />
die ihre große einigende Kraft in ganz besonderer Weise in<br />
dieser Zeit zeigten. Das wiedervereinigte Deutschland als<br />
Wissenschafts- und Kulturland gemeinsam wieder aufzubauen<br />
– mit einer friedlichen Verbindung zu den östlichen<br />
und westlichen Nachbarn – das war für ihn eine unglaubliche<br />
Motivation. Mit vielen Bucher Kollegen wie z.B. Heinz<br />
Bielka, Jens Reich, Erhard Geißler, Peter Langen, Ernst<br />
Georg Krause, Klaus Ruckpaul, Volker Wunderlich und vielen<br />
anderen, die für ihn die Wissenschaftstradition auf dem<br />
Bucher-Campus verkörperten, lernte er, welche Bedeutung<br />
Tradition für Zukunft haben kann. Auch der in dieser Zeit<br />
besonders wichtige Personalrat mit Marion Bimmler als<br />
Vorsitzende, behielt immer das gemeinsame große Ziel im<br />
Auge. Alle Bucher, die alten und die neuen, hatten etwas<br />
prägendes Gemeinsames bewahrt oder wiedergewonnen:<br />
das Bewusstsein einer Tradition großartiger Wissenschaft<br />
in Buch, in Berlin, in Deutschland.<br />
imdc03 2012<br />
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