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Arbeitslosengeld<br />

Zahlen – Daten – Fakten<br />

Magazin für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

7. Ausgabe 2007<br />

60. Jahrgang<br />

ISSN 1432-9689<br />

Die Sozialsekretäre:<br />

Botschafter der <strong>CDA</strong><br />

<strong>CDA</strong>-Verlagsgesellschaft mbH, Oranienburger Str. 65, 10117 Berlin - Postvertriebsstück G 6361 - Gebühr bezahlt


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Bildung schützt vor Armut<br />

Armut in Deutschland hat<br />

ein Gesicht: Es sind Arbeitslose,<br />

Migranten und allein<br />

Erziehende. Rund 5,3 Millionen<br />

Menschen in Deutschland<br />

sind Hartz IV-Bezieher.<br />

In diesen Familien leben<br />

rund 1,8 Millionen Kinder.<br />

Nicht einmal 2,50 Euro pro Tag<br />

stehen einem Kind von Arbeitslosengeld-II-Empfängernrechnerisch<br />

für Nahrungsmittel und<br />

Getränke zur Verfügung. Fallen<br />

Sonderausgaben an wie Einschulung<br />

oder der Klassenwechsel,<br />

ist dafür kein Extra-Geld vorgesehen.<br />

Auch deshalb haben viele<br />

Hartz IV-Familien die 2 Euro 50<br />

für ein Schulessen nicht übrig.<br />

Stattdessen nehmen immer<br />

mehr Kinder die kostenlosen<br />

Suppenküchen in Anspruch.<br />

Doch entspricht es unserem<br />

christlichen Menschenbild, dass<br />

viele Menschen inzwischen aus<br />

der Gesellschaft ausgeschlossen<br />

sind? Dass sie gar nicht mehr<br />

teilhaben können an Bildung, an<br />

Sport oder Kultur, weil die finanziellen<br />

Mittel fehlen? Der beste<br />

Schutz vor Armut in Deutschland<br />

ist eine gute Bildung. Die<br />

ungünstigsten Voraussetzungen<br />

in unserem Land haben diejenigen,<br />

die ohne Schulabschluss<br />

sind. Die große Mehrheit von<br />

ihnen bleibt auch ohne beruflichen<br />

Bildungsabschluss.<br />

Auch zwischen den höchsten<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

Bildungsabschlüssen der Eltern<br />

und denen der Kinder besteht<br />

ein enger Zusammenhang: Nur<br />

rund 10 % der Kinder von Eltern<br />

ohne schulischen Abschluss<br />

erlangen das Abitur. Eine gute<br />

schulische Ausbildung und ein<br />

abgeschlossener Beruf sind<br />

daher ganz klar die effektivste<br />

Form der Armutsbekämpfung!<br />

Auch deshalb plädiere ich für<br />

Ganztagsschulen.<br />

In ihrem Grundsatzprogramm,<br />

das die CDU auf ihrem Bundesparteitag<br />

Anfang Dezember<br />

in Hannover beschließen will,<br />

bekennt sich die Partei ausdrücklich<br />

zur Teilhabe und zur<br />

„Chancengesellschaft“. Dafür<br />

hat die Politik die Voraussetzungen<br />

zu schaffen – und das<br />

sollte die CDU in ihrem Grundsatzprogramm<br />

bekräftigen.<br />

Deswegen hat die <strong>CDA</strong> einen<br />

entsprechenden Änderungsantrag<br />

formuliert.<br />

Auf Kinderarmut folgt meist Bildungsarmut.<br />

Wer schlecht ausgebildet<br />

ist, hat nur schlechte<br />

Aussichten auf einen Job – und<br />

wenn er einen bekommt, ist<br />

der meist schlecht bezahlt. Das<br />

Ende vom Lied: Die Rente ist<br />

auch niedrig. Die armen Kinder<br />

von heute sind die armen Alten<br />

von morgen. Auch das verstößt<br />

gegen unsere Vorstellungen<br />

von Teilhabe und Gerechtigkeit.<br />

Deshalb hat die <strong>CDA</strong> auch<br />

hierzu einen Änderungsantrag<br />

für den Parteitag gestellt. Damit<br />

die Altersarmut nicht der soziale<br />

Sprengstoff von morgen wird.<br />

Von Karl-Josef Laumann<br />

<strong>CDA</strong>-Bundesvorsitzender<br />

EDITORIAL<br />

3


INHALTSVERZEICHNIS<br />

4<br />

PRISMA<br />

Gewerkschaften<br />

Stabwechsel bei ver.di –<br />

Elke Hannak löst Kurt Martin ab. S. 6<br />

Altersvorsorge<br />

Die Sozialversicherungsfreiheit für<br />

die betriebliche Rente bleibt. S. 6<br />

Junge <strong>CDA</strong><br />

Nachwuchsorganisation<br />

wählte neuen Vorstand. S. 7<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

<strong>CDA</strong> Deutschlands<br />

Oranienburger Str. 65<br />

10117 Berlin<br />

Geschäftsführer<br />

Josef Zolk<br />

Chefredakteurin<br />

Andrea Resigkeit<br />

Telefon: 030/92 25 11-194<br />

Telefax: 030/92 25 11-2194<br />

E-Mail: aresigkeit@cda-verlag.de<br />

TITEL<br />

Arbeitslosengeld I<br />

Warum Ältere länger Unterstützung<br />

brauchen und Jüngere schneller in<br />

den Job kommen. S. 8<br />

Sozialsekretäre<br />

Unsere Botschafter in den<br />

Regionen: Wir zeigen den<br />

schnellsten Weg zu ihnen. S. 15<br />

Gestaltung<br />

iconate Gesellschaft für<br />

Kommunikation und Medien mbH<br />

Anzeigen<br />

Telefon: 030/92 25 11-195<br />

E-Mail: anzeigen@soziale-ordnung.de<br />

Website: www.soziale-ordnung.de<br />

Die Ausgaben erscheinen in unregelmäßigen<br />

Abständen 8 Mal im Jahr.<br />

Namensartikel geben nicht unbedingt<br />

die Meinung der Redaktion wieder.<br />

POLITIK<br />

Familienfrau<br />

Bundesministerin von der Leyen<br />

über Rabenmütter und die<br />

weibliche Zukunft. S. 16<br />

Was ist christlich-sozial?<br />

Das <strong>CDA</strong>-Diskussionspapier auch<br />

im Blog – diskutieren Sie mit<br />

Seehofer, Schmoldt usw. S. 18<br />

Druck<br />

Heider Druck GmbH<br />

Fotos<br />

CDU, <strong>CDA</strong>, privat<br />

Titel<br />

Jeanette Klauza<br />

Preis<br />

Abonnement: 25,60 €, der Bezugspreis<br />

ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Derzeit gültige Anzeigen-Preisliste vom<br />

01. Januar 2007.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


REPORTAGE<br />

Grundsatzprogramm<br />

In Hannover gibt sich die CDU<br />

ein neues Profil – der Weg<br />

dorthin war lang. S. 11<br />

Betriebsarbeit<br />

„Lebenslanges Lernen und fit<br />

bleiben sind Zwillinge“ – Betriebe<br />

fördern Gesundheitsschutz. S. 13<br />

Mitgliederservice<br />

Jessica Willscheid<br />

Telefon: 030/92 25 11-170<br />

Telefax: 030/92 25 11-2170<br />

E-Mail: jwillscheid@cda-bund.de<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

<strong>CDA</strong> INTERN<br />

Herne<br />

Reichstagung der<br />

Sozialausschüsse. S. 20<br />

Umzug<br />

Schwerin hat neuen Job<br />

in Brüssel angetreten. S. 21<br />

Wahl<br />

Sylvia Gielisch in den Vorstand<br />

der FU gewählt. S. 23<br />

Ehrung<br />

<strong>CDA</strong>-Urgestein Peter Keller<br />

feierte 70. Geburtstag. S. 22<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

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5


6<br />

PRISMA<br />

Stabwechsel bei ver.di<br />

Elke Hannack kommt – Kurt Martin geht<br />

ver.di verabschiedet sich von Kurt Martin.<br />

Mit 92,8 % wurde Elke Hannack<br />

neu in den ver.di-Bundesvorstand<br />

gewählt. Damit erhielt das <strong>CDA</strong>-<br />

Bundesvorstandsmitglied das<br />

zweitbeste Ergebnis auf dem Bundeskongress<br />

der Dienstleistungsgewerkschaft.<br />

849 von 900 gültigen<br />

Stimmen erhielt Frank Bsirske von<br />

den Delegierten des zweiten ver.di-<br />

Bundeskongresses. Somit ist er mit<br />

94,3 % als Vorsitzender wiedergewählt.<br />

Als stellvertretende Vorsitzende<br />

gewählt sind Gerd Herzberg<br />

(82,6 %), Andrea Kocsis (90,7 %),<br />

Margret Mönig-Raane (86,2 %) und<br />

Frank Werneke (86,2 %).<br />

Im Vorstandsamt bestätigt wurden<br />

Uwe Foullong (72,3 %), Erhard<br />

Ott (85,8 %), Ellen Paschke (89,6<br />

%), Isolde Kunkel-Weber (59,3 %),<br />

Petra Gerstenkorn (85,8 %) und<br />

Lothar Schröder (82,5 %). Werner<br />

Filipowski wurde ins Präsidium des<br />

Gewerkschaftsrates gewählt.<br />

Elke Hannack ist seit 1980 Mitglied<br />

der CDU und trat zwölf Jahre<br />

später in die <strong>CDA</strong> ein. Dort gehört<br />

sie seit 2001 dem Landesvorstand<br />

der <strong>CDA</strong> Nordrhein-Westfalen und<br />

dem Bundesvorstand der <strong>CDA</strong> an.<br />

2001 wurde die ehemalige Theologiestudentin<br />

auch stellvertretende<br />

Vorsitzende des DGB-Bezirkes<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

Verabschiedet mit 69 anderen<br />

Kollegen wurde auf dem Kongress in<br />

Leipzig <strong>CDA</strong>-Mitglied Kurt Martin.<br />

Die Vorsitzende des ver.di-Gewerkschaftsrats<br />

Monika Brandl fand<br />

unter dem Beifall der 1000 Delegierten<br />

warme Worte: „Seit 1971<br />

bist Du in hauptamtlichen Diensten<br />

bei der ÖTV und in ver.di seit Beginn<br />

Leiter des Bundesfachbereichs<br />

Gemeinden. Deine Zuständigkeit<br />

für die Tarifpolitik des Öffentlichen<br />

Dienstes und Dein Einsatz für die<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

ist jedem hier im Saal – da bin<br />

ich sicher – ein Begriff.“<br />

Elke Hannack jetzt im ver.di-Vorstand.<br />

ALTERSVORSORGE<br />

Beitragsfreiheit<br />

bleibt<br />

Die Bundesregierung will die<br />

Sozialversicherungsfreiheit der<br />

betrieblichen Altersvorsorge<br />

über das Jahr 2008 hinweg fortschreiben.<br />

Der dazu vorgelegte<br />

Gesetzentwurf (16/6539) sieht<br />

außerdem vor, das Alter, bis zu<br />

dem Arbeitnehmer in einem<br />

Unternehmen beschäftigt sein<br />

müssen, um Anspruch auf die<br />

arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente<br />

zu haben, von derzeit 30<br />

Jahren auf 25 Jahre abzusenken.<br />

Das kräftige Wachstum der betrieblichen<br />

Altersvorsorge sei in<br />

erster Linie auf die Steuer- und<br />

Beitragsfreiheit der Vorsorgezahlungen<br />

zurückzuführen, so<br />

die Regierung. Der bevorstehende<br />

Wegfall der Beitragsfreiheit<br />

habe dieses Wachstum jedoch<br />

merklich abgeschwächt. Da das<br />

Ziel einer flächendeckenden,<br />

freiwilligen kapitalgedeckten<br />

Altersvorsorge jedoch noch<br />

nicht erreicht sei, gelte es sichere<br />

und langfristige Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen. Die<br />

Absenkung der Altersgrenze<br />

auf 25 Jahre sei nötig geworden,<br />

da viele Beschäftigte,<br />

insbesondere kindererziehende<br />

junge Frauen vor dem 30.<br />

Lebensjahr aus den Unternehmen<br />

ausscheiden und dadurch<br />

eine Voraussetzung auf die Betriebsrentenanwartschaft<br />

nicht<br />

erfüllen können. Der Bundesrat<br />

begrüßte die geplante Beibehaltung<br />

der Beitragsfreiheit.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Neuer Vorstand bei der Jungen <strong>CDA</strong><br />

Der stark verkleinerte Vorstand der Jungen <strong>CDA</strong> mit dem Vorsitzenden Dennis Radtke (mi.).<br />

Bundestagung der Jungen <strong>CDA</strong><br />

in Dortmund: Bei der Wahl zum<br />

Vorsitzenden setzte sich der<br />

Bochumer Dennis Radtke mit<br />

großer Mehrheit durch. Der<br />

gelernte 28jährige Industriekaufmann<br />

ist gleichzeitig stellvertretender<br />

Kreisvorsitzender<br />

der Jungen Union Bochum und<br />

Landesvorsitzender der Jungen<br />

<strong>CDA</strong> NRW. Zu Stellvertretern<br />

wurden Till Gensler (Essen, Nordrhein-Westfalen),<br />

Florian Enser<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

(Baden-Württemberg), Anita Euler<br />

(Hessen) und Sönke Siegmann<br />

(Niedersachsen) gewählt. Bereits<br />

am Vortag der Bundestagung fand<br />

ein Fachgespräch der Jungen <strong>CDA</strong><br />

mit Andrea Hoffmeier, Vorsitzende<br />

des Bundes der katholischen<br />

Jugend, statt. Das Gespräch mit<br />

den Zielgruppen im vorpolitischen<br />

Raum ist eines der Hauptanliegen<br />

von Dennis Radtke. „Nur so können<br />

wir auch Menschen für unsere<br />

Politik begeistern“, so Radtke .<br />

PRISMA<br />

ARBEIT<br />

Immer mehr<br />

Zeitarbeit<br />

Die Christlich-Demokratische<br />

Arbeitnehmerschaft (<strong>CDA</strong>) in<br />

Sachsen warnt vor einer Ausweitung<br />

der Leiharbeit. „Mit<br />

der Zeitarbeit wird mehr und<br />

mehr Schindluder getrieben“,<br />

sagte <strong>CDA</strong>-Landeschef Thomas<br />

Pietzsch. Der Verleih von Arbeitskräften<br />

diene nicht mehr<br />

nur dazu, Auftragsspitzen in den<br />

Unternehmen abzufangen. Zeitarbeit<br />

verdränge mittlerweile<br />

reguläre Jobs, für die Tariflöhne<br />

gezahlt werden müssten, so<br />

Pietzsch. Viele sächsische Industrieunternehmen<br />

hätten sogar<br />

Mindestvorgaben, wie hoch<br />

der Anteil von Leiharbeitern sein<br />

müsse. Im Durchschnitt verdiene<br />

ein Zeitarbeiter nur 60 % des<br />

Lohnes, den sein fest angestellter<br />

Kollege für die gleiche Arbeit<br />

erhält. „Dem Missbrauch muss<br />

Einhalt geboten werden“, forderte<br />

der <strong>CDA</strong>-Chef. Anstatt auf<br />

Zeitarbeit zu setzen, sollten die<br />

Unternehmen einstellen.<br />

7<br />

Woessner


8<br />

TITEL<br />

Warum Ältere länger Arbeitslosengeld brauchen<br />

Berechnungen zeigen die Unterschiede<br />

Rüttgers initiierte den Parteitagsbeschluss.<br />

Der Koalitionsausschuss hat<br />

entschieden: Künftig werden<br />

ältere Arbeitslose länger<br />

ALG I beziehen. Für über<br />

50-Jährige soll das Arbeitslosengeld<br />

I schon bald 15<br />

Monate gezahlt werden, ab 55<br />

Jahren 18 Monate lang und ab<br />

58 Jahren 24 Monate.<br />

Aber immer noch gilt, dass<br />

die Arbeitnehmer einen Großteil<br />

ihres Ersparten abgeben<br />

müssen, bevor sie auf ALG II<br />

Anspruch haben. Die <strong>CDA</strong><br />

hatte mit der CDU-NRW auf<br />

dem Dresdener Parteitag<br />

durchgesetzt, dass die Freigrenzen<br />

erhöht werden. Diese<br />

Forderung bleibt.<br />

Die nordrhein-westfälische CDU hat diese Ungerechtigkeit bereits 2005<br />

in ihrem Landtagswahlprogramm aufgegriffen. Ziemlich genau vor einem<br />

Jahr hat dann der Bundesparteitag der Union diese beiden Forderungen mit<br />

großer Mehrheit beschlossen. Die noch bestehenden Regelungen haben dazu<br />

geführt, dass ganze Lebensentwürfe und Arbeitsbiografien entwertet worden<br />

sind. Deshalb muss jetzt endlich bei Hartz IV für mehr Gerechtigkeit gesorgt<br />

werden. Die Union hat dies längst erkannt. Bei den Sozialdemokraten reift<br />

diese Erkenntnis erst jetzt.<br />

Der Parteitag der CDU hat folgende Staffelung bei der Bezugsdauer des<br />

Arbeitslosengeldes I beschlossen:<br />

Sozialversicherungspflichtige<br />

Vorbeschäftigung<br />

15 Jahre<br />

25 Jahre<br />

40 Jahre<br />

Dauer des Arbeitslosengeld-<br />

bezuges I (CDU-Beschluss)<br />

bis zu 15 Monate<br />

bis zu 18 Monate<br />

bis zu 24 Monate<br />

Wer der CDU vorwirft, sie öffne mit ihren Beschlüssen Scheunentore für eine<br />

neue Frühverrentungswelle und ermögliche, dass sich Arbeitslose im Arbeitslosengeldbezug<br />

einrichten, der kennt die Wirklichkeit nicht. Die allermeisten<br />

Arbeitslosen suchen – im Übrigen egal, wie alt sie sind – händeringend nach<br />

einem neuen Job.<br />

In einem Hartz IV-Änderungsgesetz können auch Mechanismen eingebaut<br />

werden, die einen Missbrauch von längerem Arbeitslosengeld I-Bezug zur<br />

Frühverrentung unmöglich machen.<br />

Junge Menschen sind im Gegensatz zu älteren Arbeitnehmern wesentlich<br />

kürzer von Arbeitslosigkeit betroffen. Während 20- bis 24-Jährige im Durchschnitt<br />

lediglich 3,6 Monate arbeitslos sind, betrug die Dauer der Arbeitslosigkeit<br />

bei den 50- bis 54-Jährigen im September 2007 14,5 Monate und bei<br />

den 55- bis 59-Jährigen sogar 18,6 Monate.<br />

Auch wegen der zunehmenden Dauer der Arbeitslosigkeit bei steigendem Alter<br />

müssen langjährige Beitragszahler länger ALG I beziehen, da die Chancen,<br />

mit steigendem Alter, wieder einen Arbeitsplatz zu finden, immer geringer<br />

werden.<br />

Gleichzeitig ist die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit in den Altersklassen<br />

zwischen 20 und 29 Jahren deutlich gesunken.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Das zeigt wiederum die Abgangsstatistik der BA für September 2007:<br />

Alterskohorte<br />

20 - 24jährige<br />

25 - 29jährige<br />

* Angaben in Monaten.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

Arbeitslosigkeitsdauer<br />

09/07 im *<br />

3,6<br />

6,5<br />

Arbeitslosigkeitsdauer<br />

09/06 im *<br />

Differenz<br />

- 0,8<br />

- 0,8<br />

Junge Arbeitslose finden also im Durchschnitt wesentlich schneller eine neue<br />

Beschäftigung als ältere.Diese Entwicklung hat sich auch während des Aufschwungs<br />

auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten und auch bei<br />

steigendem Fachkräftebedarf verfestigt und verschärft. Deshalb ist es sozial<br />

gerecht, ältere Arbeitslose länger abzusichern als junge. Denn wenn uns auch die<br />

Statistiken günstige Entwicklungen zu Arbeitslosigkeit und Beschäftigung von<br />

älteren Menschen suggerieren, sind sie kein überzeugendes Argument gegen<br />

eine Verlängerung des ALG I-Bezuges. Denn nur ein Drittel der über 55-Jährigen<br />

findet wieder einen Job, über den Verbleib der anderen zwei Drittel kann nur<br />

spekuliert werden. Bereits zum Jahresende wird die 58er-Regelung auslaufen<br />

und rund 540 000 ältere Beschäftigte werden wieder in der Statistik auftauchen.<br />

4,4<br />

7,1<br />

Dauer der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitsloser<br />

Nach der Abgangsstatistik (Wie lange war die Person bei Abgang aus der Arbeitslosigkeit<br />

im Durchschnitt arbeitslos?) der Bundesagentur für Arbeit ergibt sich im<br />

Vergleich zum Vorjahr folgendes Bild:<br />

Alterskohorte<br />

50 - 54jährige<br />

55 - 59jährige<br />

60 - 64jährige<br />

* Angaben in Monaten.<br />

Arbeitslosigkeitsdauer<br />

09/07 im *<br />

14,5<br />

18,6<br />

13,7<br />

Arbeitslosigkeitsdauer<br />

09/06 im *<br />

14,0<br />

17,1<br />

13,2<br />

Differenz<br />

+ 0,5<br />

+ 1,5<br />

+ 0,5<br />

Trotz des Aufschwungs auf dem Arbeitsmarkt ist die durchschnittliche Dauer<br />

der Arbeitslosigkeit ab 50 Jahre im vergangenen Jahr sogar angestiegen.<br />

Übergang älterer Arbeitsloser in Beschäftigung<br />

Die Anzahl der Arbeitslosen im Alter über 50 Jahre ist seit September 2006<br />

stärker (- 17,4 %) zurückgegangen als die der Arbeitslosen insgesamt (- 16,4 %).<br />

Dieser Rückgang ist aber nur zu einem geringen Teil mit einem Übergang in<br />

Beschäftigung verbunden.<br />

Beispielsweise gingen von den insgesamt 140000 Abgängen aus der Arbeits-<br />

TITEL<br />

losigkeit im September 2007 in den<br />

Altersgruppen ab 50 nur 41000 in<br />

Erwerbstätigkeit (weniger als ein<br />

Drittel!). Die Hälfte der Menschen<br />

gelangte in „Nichterwerbstätigkeit“<br />

(unter anderem in Rente).<br />

Abgänge in<br />

Erwerbstätigkeit<br />

Abgänge in<br />

Ausbildung<br />

Abgänge in<br />

Nichterwerbstätigkeit<br />

Sonstiges/<br />

K.A.<br />

Abgänge<br />

insgesamt<br />

41.027<br />

16.831<br />

69.153<br />

13.783<br />

140.794<br />

Beschäftigungsquote älterer<br />

Menschen<br />

29%<br />

11%<br />

50%<br />

10%<br />

100%<br />

Die Beschäftigungsquote ist (nach<br />

Eurostat) in der Altersgruppe ab<br />

55 bis 64 Jahre seit 1998 drastisch<br />

(von 37 %) auf 52 % (2006)<br />

gestiegen. Dieser Wert ist aber<br />

auch Folge der demografischen<br />

Entwicklung und lässt keine<br />

generellen Rückschlüsse auf die<br />

Arbeitsmarktchancen älterer<br />

Arbeitnehmer zu.<br />

Vermögensfreigrenzen erhöhen<br />

Der Dresdener Parteitag der<br />

CDU hat aber auch beschlossen,<br />

die Vermögensfreigrenzen für<br />

Arbeitslosengeld II-Bezieher deutlich<br />

zu erhöhen. Diese Entscheidung<br />

ist sozialpolitisch ebenso<br />

wichtig wie eine Verlängerung<br />

des Arbeitslosengeld I-Bezuges<br />

9


10<br />

TITEL<br />

Die Beschäftigungszahlen bei den „unternehmensnahen Diensten“ im Jahr 2007 deuten eher auf einen weiteren Anstieg der Zeitarbeit hin.<br />

für Ältere. Heute muss ein Hartz<br />

IV-Empfänger sein Altersvorsorgevermögen<br />

bis auf 250,- Euro<br />

pro Lebensjahr aufzehren, bevor<br />

er Arbeitslosengeld II bekommen<br />

kann. Das bedeutet, er muss<br />

Sparverträge oder Lebensversicherungen<br />

auflösen, die eigentlich<br />

der privaten Rentenvorsorge<br />

dienen sollten. Ausgenommen<br />

hiervon ist bislang lediglich<br />

beispielsweise die Riesterrente.<br />

Die Politik predigt zu Recht seit<br />

einigen Jahren, dass mehr private<br />

ANZEIGE<br />

Altersvorsorge betrieben werden<br />

soll. Gleichzeitig bleiben einem<br />

Hartz IV-Empfänger maximal<br />

16.250 Euro als private Altersvorsorge.<br />

Damit kann nur eine<br />

private Rente von ca. 84 Euro<br />

erzielt werden. Kein Mensch kann<br />

damit die notwendigen rentenpolitischen<br />

Beschlüsse der letzten<br />

Jahre und damit ein sinkendes<br />

Rentenniveau privat ausgleichen.<br />

So ist bei vielen Menschen Altersarmut<br />

vorprogrammiert, die dann<br />

die kommunalen Haushalte durch<br />

die Grundsicherung im Alter<br />

auffangen müssen. Die CDU hat<br />

beschlossen, dass die Freigrenzen<br />

für Altersvorsorgevermögen auf<br />

700 Euro pro Lebensjahr bzw.<br />

maximal 45.500 Euro erhöht<br />

werden sollen. Mit diesem Betrag<br />

kann eine private Zusatzrente von<br />

ca. 235 Euro erzielt werden. Nur<br />

so erreichen wir, dass Menschen<br />

nach einem Hartz IV-Bezug nicht<br />

auch noch im Alter zu Bittstellern<br />

für eine bedarfsabhängige Grundsicherung<br />

des Staates werden.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Endspurt für das Grundsatzprogramm<br />

<strong>CDA</strong> beschließt Änderungsanträge<br />

Hessen-Chef Roland Koch mit Generalsekretär Michael Boddenberg und Karl-Josef Laumann.<br />

Anfang Dezember beschließt<br />

die CDU Deutschlands ihr<br />

drittes Grundsatzprogramm<br />

in Hannover. Der <strong>CDA</strong>-Bundesvorstand<br />

hat dazu rund 30<br />

Änderungsanträge formuliert.<br />

Kernpunkte sind Initiativen<br />

zur armutsfesten Rente, zur<br />

Verhinderung von Kinderarmut<br />

und Teilhabe an Bildung.<br />

Bereits in den Regionalkonferenzen<br />

und auf Bezirks- und<br />

Kreisebene beteiligten sich die<br />

<strong>CDA</strong>-Mitglieder aktiv an der<br />

Grundsatzprogrammdebatte.<br />

Die Bundeskanzlerin war beeindruckt.<br />

Der gesamte <strong>CDA</strong>-Bundesvorstand<br />

saß während der<br />

Regionalkonferenz der CDU zum<br />

Grundsatzprogramm in der ersten<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

Reihe der Ullstein-Halle in Berlin.<br />

Die <strong>CDA</strong>ler hätten auch schon zum<br />

gemütlichen Teil in Berlin übergehen<br />

können, deshalb freue sie sich<br />

über deren Anwesenheit besonders,<br />

so die CDU-Chefin Angela Merkel.<br />

In Berlin fand vor allem <strong>CDA</strong>-<br />

Bundesvorstandsmitglied Joachim<br />

Specht Gehör. Der IT-Fachmann<br />

wies auf die noch nicht gänzlich<br />

ausgereiften Aussagen zum Arbeitsrecht<br />

hin, bescheinigte aber dem<br />

Entwurf „die richtige Richtung.“<br />

Hanau, Berlin, Stuttgart, Essen:<br />

Dies waren nur die ersten Stationen<br />

der breit angelegten Endrunde der<br />

Diskussion, die am 3. Dezember in<br />

Hannover auf dem 21. Parteitag<br />

der CDU ihr Ende finden soll. Dort<br />

wird der Programmentwurf als<br />

REPORTAGE<br />

„Antrag des Bundesvorstandes“ zur<br />

endgültigen Beschlussfassung vorliegen.<br />

Das Adenauer-Haus wollte<br />

die Diskussion zum neuen Grundsatzpapier<br />

mit seinen 77 Seiten<br />

auf eine breite Basis stellen. Denn<br />

der Entwurf gab bereits Anlass zu<br />

vielen Diskussionen in seiner Entstehungsgeschichte.<br />

Die <strong>CDA</strong> war mit<br />

Hauptgeschäftsführer Martin Kamp,<br />

Josef Zolk aus Rheinland-Pfalz,<br />

Jürgen Scharf aus dem Saarland und<br />

dem EU<strong>CDA</strong>-Chef Elmar Brok MdEP<br />

gut in der Grundsatzprogramm-<br />

Kommission der CDU vertreten. Sie<br />

hatten schon im Vorfeld vor allem<br />

beim Arbeitsrecht die Vorstellungen<br />

der <strong>CDA</strong> formuliert .<br />

Dass, auch in einer globalisierten<br />

Welt die Arbeitnehmer ein „Recht<br />

auf Planbarkeit in ihrem Leben<br />

haben“ machte <strong>CDA</strong>-Chef Karl-Josef<br />

Laumann in Hanau bei der Auftaktveranstaltung<br />

deutlich. Zusammen<br />

mit Hessens Ministerpräsident<br />

Roland Koch referierte der NRW-<br />

Minister für Arbeit, Gesundheit und<br />

Soziales über die Folgen der Globalisierung.<br />

„Wenn heute oft nur noch<br />

Zeitverträge abgeschlossen werden<br />

und jemand nicht weiß, ob sein Job<br />

im nächsten Jahr noch sicher ist,<br />

wird er keine Kinder in die Welt<br />

setzen, warnte Laumann in Richtung<br />

Arbeitgeber. Globalisierung<br />

dürfe nicht zu einem Wettkampf um<br />

Dumpinglöhne und niedrige Sicherheitsstandards<br />

führen. Laumann:<br />

„Die soziale Marktwirtschaft ist<br />

das erfolgreichste Modell der Welt,<br />

es muss darum gehen, dieses zu<br />

exportieren.“<br />

„Die <strong>CDA</strong> hatte einen starken Auftritt“,<br />

lobte Baden-Württembergs<br />

11


12<br />

REPORTAGE<br />

CDU-Generalsekretär Thomas Strobl<br />

nach der Konferenz in Stuttgart.<br />

In der baden-württembergischen<br />

Landeshauptstadt hatte die CDU-<br />

Parteivorsitzende Angela Merkel<br />

noch einmal deutlich gemacht, warum<br />

sie „ein neues Grundsatzprogramm<br />

für notwendig hält“. Es hätten<br />

sich seit der Verabschiedung<br />

des letzten Grundsatzprogramms<br />

1994 verschiedene Veränderungen<br />

in Gesellschaft und Wirtschaft<br />

vollzogen, so Merkel, die jetzt ihren<br />

Niederschlag finden müssten. Zu<br />

diesen Entwicklungen zähle die<br />

Globalisierung, der Klimawandel,<br />

die Demografie, der Terrorismus<br />

usw. Sie verwies darauf, dass es<br />

wichtig sei, dass die Grundwerte<br />

Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität<br />

gleichwertig nebeneinander<br />

stehen. Sie tritt für eine Teilhabe<br />

für alle an Wohlstand, Bildung und<br />

Arbeit ein. Mit zwanzig Wortmeldungen<br />

schloss sich in Stuttgart<br />

eine Diskussion zum Entwurf des<br />

Grundsatzprogramms an. Der<br />

<strong>CDA</strong>-Landesvorsitzende Dr. Christian<br />

Bäumler forderte zu einem<br />

Bekenntnis zu Mindestlöhnen im<br />

Grundsatzprogramm auf. Der Staat<br />

könne sittenwidrige Löhne durch<br />

allgemein verbindliche Tarifverträge,<br />

die Ausweitung des Entsendegesetzes<br />

und die Neufassung des<br />

Gesetzes über Mindestarbeitsbedingungen<br />

vermeiden helfen,<br />

begründete er seine Forderung.<br />

Der <strong>CDA</strong>-Bezirksvorsitzende aus<br />

Nordwürttemberg, Herbert Simm,<br />

unterstützte in seinem Wortbeitrag<br />

ebenfalls die Forderung nach<br />

Mindestlöhnen und trat für die<br />

Aufnahme in das Grundsatzprogramm<br />

ein.<br />

Für die <strong>CDA</strong> forderte Christian<br />

Bäumler auch eine stärkere Kontrolle<br />

ausländischer Beteiligungen an<br />

deutsche Firmen ein. Die Bundesregierung<br />

muss die Möglichkeit<br />

haben, ausländische Beteiligungen<br />

an deutschen Firmen im Einzelfall zu<br />

untersagen, wenn nationale Interessen<br />

berührt sind. Weiterhin setzte<br />

sich der <strong>CDA</strong>-Landesvorsitzende<br />

dafür ein, entsprechend der Elternzeit<br />

eine Pflegezeit einzuführen,<br />

die für die Pflege von Angehörigen<br />

einen begrenzten Ausstieg aus der<br />

Erwerbstätigkeit ohne Lohnansprüche,<br />

aber unter Aufrechterhaltung<br />

des Arbeitsverhältnisses ermöglicht.<br />

„Die <strong>CDA</strong> hatte einen<br />

starken Auftritt.“<br />

Vor den rund 1500 Parteimitgliedern<br />

in Essen versicherte Merkel,<br />

dass die CDU auch in ihrem neuen<br />

Grundsatzprogramm bei ihren<br />

Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit<br />

und Solidarität bleibe. Die CDU<br />

bekenne sich nach wie vor zu ihren<br />

liberalen, christlich-sozialen und<br />

konservativen Wurzeln. Ausgehend<br />

vom christlichen Menschenbild<br />

bleibe die „Soziale Marktwirtschaft<br />

unsere Vision“. Dabei berief sich die<br />

Kanzlerin auf Ludwig Erhard, den<br />

Vater des Wirtschaftswunders im<br />

Nachkriegs-Deutschland. Während<br />

Erhard in den 50-er Jahren „Wohlstand<br />

für alle“ propagiert habe,<br />

laute die Botschaft heute: „Teilhabe<br />

und Wohlstand für alle.“<br />

Außerdem sprach sich die Kanzlerin<br />

dafür aus, die Arbeitnehmer<br />

stärker an den Kapitalerträgen zu<br />

beteiligen. Die Löhne hätten in<br />

den vergangenen Jahren mit der<br />

Kapitalentwicklung nicht Schritt<br />

gehalten. Deshalb sei die Zeit reif<br />

für neue Wege. „Der Investivlohn<br />

muss endlich kommen“, bekräftigte<br />

Merkel. Nordrhein-Westfalens<br />

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers<br />

sagte, die Menschen in Deutschland<br />

hätten sich inzwischen auf die<br />

Globalisierung eingestellt, wie ihr<br />

Verzicht auf größere Lohnerhöhungen<br />

zeige. „Die Menschen sind<br />

bereit für die Herausforderungen“,<br />

versicherte der CDU-Vize. Sie<br />

müssten aber das Gefühl haben,<br />

dass es dabei gerecht zugeht.<br />

Deshalb würden Freiheit und<br />

Sicherheit auch künftig im Zentrum<br />

christdemokratischer Politik<br />

stehen.<br />

Generalsekretär Ronald Pofalla bekräftige<br />

die Forderung der Union<br />

nach einer verlängerten Zahlung<br />

des Arbeitslosengeldes I für ältere<br />

Erwerbslose. Wer arbeitslos werde,<br />

habe ein Anrecht auf die Solidarität<br />

der Gesellschaft. Allerdings müsse<br />

diese Verlängerung aufkommensneutral<br />

finanziert werden. Erneut<br />

plädierte Pofalla dafür, die Beiträge<br />

zur Arbeitslosenversicherung auf<br />

3,5 % zu senken. Die finanziellen<br />

Spielräume dafür seien vorhanden.<br />

Diese Reduzierung erspare<br />

Arbeitnehmern und Unternehmen<br />

insgesamt fünf Milliarden Euro an<br />

Beitragszahlungen. Diese Mittel<br />

könnten die Unternehmen nutzen,<br />

um Arbeitsplätze zu schaffen.<br />

Weitere Informationen:<br />

> Änderungsanträge der <strong>CDA</strong> unter<br />

www.cda-bund.de abrufbar.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

REPORTAGE<br />

„Lebenslanges Lernen und fit bleiben sind Zwillinge“<br />

Bei Betriebsarbeits-Tour stand die Gesundheitsförderung im Mittelpunkt<br />

Es stinkt nach Schwefel, es ist<br />

heiß, es ist unangenehm im<br />

Hochofen von ThyssenKrupp<br />

Steel in Duisburg. „Bis 65<br />

hält hier keiner durch“ und<br />

als Besucher ist man schon<br />

froh, wenn man die halbe<br />

Stunde hinter sich hat, die die<br />

Führung gemeinsam mit der<br />

<strong>CDA</strong>/CDU-Betriebsgruppe in<br />

der Firma dauert. Bernd Kruse,<br />

freigestellter Betriebsrat,<br />

hatte uns dorthin eingeladen.<br />

12 Wochen lang waren wir unterwegs,<br />

haben Firmen besichtigt,<br />

mit Betriebsräten und Personalräten<br />

gesprochen, um über die<br />

Politik der Union zu informieren.<br />

Aber mehr noch, um Anregungen,<br />

Wünsche, Forderungen aufzunehmen.<br />

Eine immer wiederkehrende<br />

Forderung: „Die Rente mit 67“ zu<br />

überdenken oder abzufedern. Ob<br />

im Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden<br />

von Georgsmarienhütte<br />

oder beim Treffen mit<br />

dem Arbeitsdirektor eines Nahverkehrsunternehmens<br />

in Frankfurt<br />

– die Heraufsetzung des Renten-<br />

eintrittsalters war überall ein<br />

Thema. Mögen nackte Zahlen auch<br />

dafür sprechen – wenn die Rente<br />

mit 67 voll greift, wird die Lebenserwartung<br />

der Menschen um weitere<br />

fünf Jahre gestiegen sein, der<br />

Arbeitsalltag vieler Beschäftigter<br />

macht nachdenklich.<br />

Überall streben die Kollegen schon<br />

heute früher in Rente. „Nur noch<br />

einzelne Mitarbeiter sind über<br />

60“, bekommen wir etwa „beim<br />

Daimler“ in Stuttgart zu hören, da,<br />

wo die Mercedes-S-Klasse gebaut<br />

wird. Dabei legt man gerade dort<br />

Wert auf eine gute Ergonomie,<br />

also arbeitnehmerfreundliche<br />

Gestaltung der Arbeitsplätze. So<br />

hängen die Autos von der Decke<br />

herunter, die Stellen, an denen die<br />

Arbeiter schrauben müssen, haben<br />

sie direkt vor sich und nicht über<br />

sich.<br />

Rente mit 67? – Wenn das mal<br />

klappen sollte, dann nur, wenn<br />

die Leute auch in die Lage versetzt<br />

werden, länger zu arbeiten.<br />

Deshalb haben inzwischen viele<br />

Firmen Gesundheitsprogramme.<br />

Etwa DOW in Böhlen bei Leipzig,<br />

die wir auch im Rahmen unserer<br />

Tour besuchen. Selbst ein eigenes<br />

Fitnessstudio gibt es auf dem<br />

Werksgelände - ein Angebot, das<br />

auf eine große Resonanz stößt, wie<br />

wir beim Gespräch mit Betriebsrat<br />

Andreas Zielke und Vertretern der<br />

Geschäftsleitung erfahren.<br />

Fitnessprogramme, Rückenschulen,<br />

Ernährungsprogramme und<br />

vieles andere – das hat sich das<br />

Institut für betriebliche Gesundheitsförderung<br />

(BGF) in Köln auf<br />

seine Fahnen geschrieben, eine<br />

Einrichtung, die zur AOK Rheinland-Hamburg<br />

gehört. Das BGF<br />

berät Unternehmen in Gesundheitsfragen.<br />

Es nimmt den Krankenstand<br />

von Firmen unter die<br />

Lupe und es gibt Tipps, wie die<br />

Belegschaft fitter wird. Oft sind es<br />

auch Betriebsräte, die die Anregung<br />

geben, das BGF ins Haus zu<br />

holen. Grund genug, ihm im Rahmen<br />

unserer Tour einen Besuch<br />

abzustatten. Heinz Kowalski, Geschäftsführer<br />

des BGF, unterstrich<br />

die Bedeutung der Prävention am<br />

Arbeitsplatz. „Die Verlängerung<br />

der Lebensarbeitszeit kann nur gelingen,<br />

wenn die Beschäftigungs-<br />

13


14<br />

REPORTAGE<br />

fähigkeit der Menschen steigt.“<br />

Kowalski hofft, dass bei dem von<br />

der Großen Koalition geplanten<br />

Gesundheitspräventionsgesetz<br />

auch die betriebliche Gesundheitsförderung<br />

berücksichtigt wird.<br />

„Lebenslanges Lernen und fit<br />

bleiben – das sind Zwillinge“, so<br />

Kowalski. Ähnliche Ziele hat sich<br />

die Initiative „Neue Qualität der<br />

Arbeit“ (INQA) gesetzt, die bei der<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz<br />

und Arbeitsmedizin in Dortmund<br />

angesiedelt ist und die wir ebenfalls<br />

besuch haben. Die INQA<br />

will die Arbeitsbedingungen der<br />

Menschen verbessern, indem sie<br />

„Best-Practice“-Beispiele verbreitet,<br />

den Austausch in Initiativkreisen<br />

und Netzwerken organisiert,<br />

die Arbeitsqualität wissenschaft-<br />

ANZEIGE<br />

lich untersucht. Ziel dabei auch:<br />

Mehr Arbeitssicherheit, weniger<br />

Arbeitsunfälle.<br />

Besonders weit ist man bei DOW<br />

in Böhlen: Gab es dort 1995 noch<br />

7,5 meldepflichtige Arbeitsunfälle<br />

pro 200000 Arbeitstunden, so lag<br />

der Wert im letzten Jahr bei 0,09.<br />

Die Vision heißt null – es soll keinen<br />

Arbeitsunfall mehr geben.<br />

Nicht überall ist solches Firmenengagement<br />

bei der Arbeitssicherheit<br />

indes selbstverständlich.<br />

„Der Wettbewerb wird über die<br />

Löhne ausgetragen“ – das hören<br />

wir nicht nur in einem Gespräch.<br />

Aber wer den Schwarzen Peter<br />

beim Thema Lohndruck nur den<br />

Chefs zuschiebt, macht es sich<br />

offenbar zu leicht. „Die Deutschen<br />

zahlen für Kleidung keine deutschen<br />

Löhne“, sagt man uns zum<br />

Beispiel bei der Firma Brinkmann<br />

(„Bugatti“) in Herford. Und die<br />

Konsequenzen von Billigflügen<br />

führen uns die Kollegen vom<br />

Frankfurter Flughafen, Fraport,<br />

vor Augen, wo <strong>CDA</strong>-Kollege Peter<br />

Wichtel Betriebsratsvorsitzender<br />

ist: Die Fluggesellschaften wollen<br />

weniger für die Dienstleistungen<br />

am Flughafen ausgeben, die Löhne<br />

für das Sicherheitspersonal sinken.<br />

So hat Fraport eine eigene Tochterfirma<br />

gegründet, bei der der<br />

Tarifvertrag für den öffentlichen<br />

Dienst keine Anwendung mehr findet.<br />

Immerhin: Besser als bei vielen<br />

Konkurrenten sind die Arbeitsbedingungen<br />

dort immer noch.<br />

Martin Kamp<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Die Sozialsekretäre der <strong>CDA</strong><br />

Ihre Ansprechpartner vor Ort Josef Müller<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Baden-Württemberg<br />

Daniel Güttler<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Martin Arnst<br />

<strong>CDA</strong>-Bezirksverband<br />

Ost- u. Südwestfalen<br />

Heinz Rudolf<br />

Goldenhaus<br />

<strong>CDA</strong>-Bezirksverband<br />

Niederrhein<br />

Lothar Kauffels<br />

<strong>CDA</strong>-Bezirksverband<br />

Aachen & Mittelrhein<br />

Marco Wirtz<br />

<strong>CDA</strong>-Bezirksverband<br />

Ruhrgebiet<br />

Josef Holtvogt<br />

<strong>CDA</strong> in<br />

Niedersachsen<br />

Petra Heinemeyer<br />

<strong>CDA</strong> in<br />

Niedersachsen<br />

Hans-Joachim<br />

Schneider<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Christian Gössl<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Hessen<br />

Julia Staudigl<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Hamburg<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

T: 0211 / 1 36 00-56/57<br />

F: 0211 / 3 23 90 60<br />

daniel.guettler@cda-nrw.de<br />

T: 02921 / 36 63-23<br />

F: 02921 / 36 63-24<br />

martin.arnst@cda-nrw.de<br />

T: 0203 / 2 89 84 24<br />

F: 0203 / 2 89 84 26<br />

heinz.goldenhaus@cda-nrw.de<br />

T: 0221 / 38 85 28<br />

F: 0221 / 38 41 24<br />

lothar.kauffels@cda-nrw.de<br />

T: 0203 / 33 17 74<br />

F: 0203 / 34 36 31<br />

marco.wirtz@cda-nrw.de<br />

T: 0511 / 2 79 91-28<br />

F: 0511 / 2 79 91-42<br />

jholtvogt@cda-bund.de<br />

T: 0511 / 2 79 91-43<br />

F: 0511 / 2 79 91-42<br />

heinemeyer@<br />

cdu-niedersachsen.de<br />

T: 06131 / 28 47-14<br />

F: 06131 / 28 47-68<br />

hschneider@cdu-rlp.de<br />

T: 0611 / 16 65-5 22<br />

F: 0611 / 16 65-4 90<br />

cda@cduhessen.de<br />

T: 040 / 4 68 54-8 93<br />

F: 040 / 48 20 24<br />

kontakt@cda-hamburg.de<br />

TITEL<br />

Branka Todoric<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Baden-Württemberg<br />

Harald Trieschmann<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Sönke Lintzen<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Schleswig-Holstein<br />

Alexander<br />

Steinbrecher<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Saar<br />

Mathias Wiegand<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Brandenburg<br />

Beate Heß<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Thüringen<br />

Bernhard Kurpiers<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Bremen<br />

Frank Marten<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Berlin<br />

Heike Münch<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Sachsen<br />

Norbert Kanthack<br />

<strong>CDA</strong>-Landesverband<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

T: 0711 / 6 69 04-32<br />

F: 0711 / 6 69 04-15<br />

josef.mueller@mail.cdu.org<br />

T: 0711 / 6 69 04-32<br />

F: 0711 / 6 69 04-15<br />

branka@todoric.de<br />

T: 0391 / 5 66 68-61<br />

F: 0391 / 5 66 68-67<br />

cdalsa@nexgo.de<br />

T: 0431 / 6 60 99-81<br />

F: 0431 / 6 60 99-99<br />

soenke.lintzen@cdu-sh.de<br />

T: 0681 / 58 45 3-11<br />

F: 0681 / 58 50 52<br />

alexander.steinbrecher@<br />

cdu-saar.de<br />

T: 030-3981-1540<br />

F: 033398-69382<br />

wiegand@cda-brandenburg.de<br />

T: 036929-634-39<br />

F: 036929-634-40<br />

cdathueringen@aol.com<br />

T: 0421 / 9 60 32 22<br />

F: 0421 / 9 60 32 23<br />

bernhard.kurpiers@<br />

nord-com.net<br />

T: 030 / 32 69 04-38<br />

F: 030 / 32 69 04-56<br />

cda@martenweb.de<br />

T: 0375 / 29 15 35<br />

F: 0375 / 29 15 35<br />

lv.sachsen@cda-bund.de<br />

T: 039933 / 7 06 83<br />

F: 039933 / 7 18 74<br />

norbert@kanthack.de<br />

15


16<br />

POLITIK<br />

„Die Diskussion über Rabenmütter ist schädlich“<br />

Bundesministerin Ursula von der Leyen kämpft für alle Familien<br />

Vor Kurzem wurde sie zur<br />

„Kommunikatorin des Jahres“<br />

gekürt. Im Adenauer-Haus<br />

gilt die siebenfache Mutter als<br />

Geheimwaffe für den kommenden<br />

Wahlkampf. Ursula von<br />

Leyen nimmt kein Blatt vor den<br />

Mund, wenn es um die Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf<br />

geht. Zu Recht: Für 90 % aller<br />

Arbeitnehmer ist die Familienfreundlichkeit<br />

ihres Arbeitgebers<br />

genauso wichtig wie das<br />

Gehalt. In der SO! beschreibt<br />

die Bundesministerin ihre<br />

künftigen Ziele.<br />

SO: Die CDU hat erstmals einen<br />

Kompetenzvorsprung in der Familienpolitik.<br />

Freut Sie das?<br />

Von der Leyen: Es freut mich sehr,<br />

dass wir uns in der Union einig sind,<br />

endlich mehr für die Familien in<br />

Deutschland tun und die Rahmenbedingungen<br />

verbessern, um sie<br />

zu unterstützen. Die Familie ist die<br />

Kernzelle unserer Gesellschaft und<br />

unseres Staates und wenn wir unsere<br />

Zukunft sichern wollen, dann müssen<br />

wir dafür sorgen, dass Familie<br />

weiterhin lebbar ist in Deutschland.<br />

SO: Immer wieder haben auch<br />

<strong>CDA</strong>-Mitglieder das Gefühl, dass die<br />

Frauen, die nicht arbeiten gehen,<br />

abgewertet werden. Was antworten<br />

Sie denen?<br />

Von der Leyen: Was Sie ansprechen,<br />

ist genau das Problem – dass<br />

wir immer den Mütter das Gefühl<br />

geben, etwas falsch zu machen.<br />

Ich halte die Diskussion um die<br />

„Rabenmütter“, „Gebärmaschinen“,<br />

„Herdprämien“ und die „Heimchen<br />

am Herd“ für diskriminierend und<br />

schädlich. Wir dürfen die Familien<br />

nicht spalten und die Mütter an<br />

den Pranger stellen, weil sie sich angeblich<br />

falsch verhalten. Mein Ziel<br />

ist es, dass Eltern in Deutschland<br />

so leben und ihre Kinder erziehen<br />

können, wie sie es wollen. Jeder<br />

und jede soll die Möglichkeit haben<br />

zu entscheiden, ich bleibe zu Hause<br />

bei meinem Kind oder ich gehe<br />

meinem Beruf nach und lasse mein<br />

Kind zeitweise betreuen. Um diese<br />

Wahlfreiheit zu schaffen, müssen<br />

wir allerdings erst eine bedarfsgerechte<br />

Kinderbetreuung aufbauen.<br />

Darin sind sich inzwischen alle einig<br />

und wir haben die notwendigen<br />

Schritte beschlossen. Wer dann<br />

sagt, ich bleibe trotzdem zu Hause,<br />

um für mein Kind da zu sein, für<br />

den habe ich Hochachtung. Deshalb<br />

habe ich auch so sehr darum<br />

gekämpft, dass keinesfalls die SPD<br />

sich durchsetzt mit ihrem Vorschlag,<br />

für den Ausbau der Kinderbetreuung<br />

das Ehegattensplitting<br />

und das Kindergeld zu kürzen. Dann<br />

hätten Familien den Ausbau der<br />

Kinderbetreuung finanziert – das<br />

konnte ich nicht zulassen. Jetzt wird<br />

frisches Geld dafür eingesetzt und<br />

das ist richtig so, denn Kindererziehung,<br />

Betreuung und frühe Bildung<br />

finanziell zu unterstützen, ist eine<br />

gesamtgesellschaftliche Aufgabe.<br />

SO: Das Thema Betreuung oder<br />

Betreuungsgeld wird auch in der<br />

CDU kontrovers diskutiert. Wo geht<br />

die Reise hin?<br />

Von der Leyen: Wir haben eindeutige<br />

Verabredungen getroffen, unter<br />

anderem im Koalitionsausschuss,<br />

wo alle Parteivorsitzenden, der<br />

Vizekanzler und der Finanzminister<br />

eine Abfolge beschlossen haben.<br />

Der erste Schritt, den wir gehen,<br />

besteht darin, die Kinderbetreuung<br />

auszubauen, um europäischen<br />

Durchschnitt zu erreichen. Hinter<br />

diesem Ziel stehen alle. Ab 2013 soll<br />

es dann einen Rechtsanspruch auf<br />

einen Kindergartenplatz für Kinder<br />

unter drei Jahren geben und ein Betreuungsgeld<br />

soll eingeführt werden.<br />

SO: Wieder ist die Kinderdurchschnittszahl<br />

in Deutschland gesunken.<br />

Liegt es vielleicht auch daran,<br />

dass hier Kinderfreundlichkeit nicht<br />

ganz oben auf der Liste der Tugenden<br />

steht?<br />

Von der Leyen: Wir haben es in<br />

Deutschland lange Zeit jungen Paaren<br />

wirklich nicht einfach gemacht,<br />

sich für Kinder zu entscheiden.<br />

Inzwischen haben wir das Problem<br />

erkannt und wichtige Schritte unternommen,<br />

damit junge Menschen<br />

auch die Kinder haben können, die<br />

sie sich wünschen. Dazu gehören<br />

das Elterngeld, Mehrgenerationenhäuser,<br />

der Ausbau der Kinderbetreuung<br />

und Allianzen mit der<br />

Wirtschaft für familienfreundlichere<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Arbeitsbedingungen. Wichtig ist<br />

allerdings, dass insgesamt wieder<br />

ein kinderfreundliches Klima in<br />

Deutschland herrscht, dass Kinderlachen<br />

und Kinderlärm wieder als<br />

Bereicherung und nicht als Belästigung<br />

empfunden werden. Da sind<br />

wir alle, die Gesellschaft, die Politik<br />

und die Unternehmen gefragt – wir<br />

alle müssen mehr dafür tun, dass<br />

Deutschland ein Land wird, in dem<br />

die Menschen gerne Kinder haben<br />

und in dem die Kinder gerne groß<br />

werden.<br />

SO: Viel wird von der Verantwortung<br />

der Frauen gesprochen, die<br />

aber oft von den Männern verlassen<br />

und überfordert sind. Ist nicht das<br />

Thema Kinder eine gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe?<br />

Von der Leyen: Ich bin der festen<br />

Überzeugung, dass unser Land nur<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

dann wieder kinderbejahend wird,<br />

wenn Kinder ein gemeinsames<br />

Anliegen von Männern und Frauen<br />

sind. In den Ländern, in denen<br />

heute wieder mehr Kinder geboren<br />

werden, ist vor allem die Vaterrolle<br />

viel stärker und akzeptierter. Das<br />

bedeutet natürlich auch, dass Kindererziehung<br />

und eigene Erwerbstätigkeit<br />

als Verantwortung beider<br />

Eltern angesehen! Wenn in Dänemark<br />

Männer nach 18 Uhr im Büro<br />

hocken, fragt man sie, ob zu Hause<br />

alles in Ordnung ist. In Deutschland<br />

dagegen arbeiten Männer im Schnitt<br />

mehr, wenn sie Väter werden. Allerdings<br />

beobachte ich hier auch eine<br />

Bewusstseinsveränderung. Junge<br />

Männer heute wollen nicht nur<br />

Ernährer und Versorger der Familie<br />

sein, sondern auch aktive Väter, die<br />

sich Zeit für ihre Kinder wünschen<br />

und nehmen. Das wird auch aus den<br />

ersten, noch vorläufigen Daten zum<br />

POLITIK<br />

Elterngeld deutlich: Die Zahl der<br />

Väter, die in Elternzeit gehen, hat<br />

sich in den ersten vier Monaten<br />

dieses Jahres bereits verdoppelt, in<br />

Bayern sogar verdreifacht!<br />

SO: Es gibt Diskussionen über das<br />

Kindergeld. Wird es angehoben<br />

oder gibt es andere Lösungen?<br />

Von der Leyen: Wir müssen<br />

warten, bis Ende des Jahres der<br />

Existenzminimumbericht vorgelegt<br />

wird, an den das Elterngeld indirekt<br />

geknüpft ist. Wenn der Bericht vorliegt<br />

und sich abzeichnet, dass das<br />

Existenzminimum und damit der<br />

Kinderfreibetrag in der Steuer erhöht<br />

werden müssen, dann werden<br />

wir auch über das Kindergeld diskutieren.<br />

Ich kann mir vorstellen, dass<br />

wir das Kindergeld nach Anzahl der<br />

Kinder gestaffelt weiter erhöhen.<br />

Je kinderreicher eine Familie, desto<br />

schwerer ist es, das Einkommen<br />

für alle zu verdienen, da zählt jeder<br />

zusätzliche Euro Kindergeld viel!<br />

SO: Sie gelten als neue Wunderwaffe<br />

der CDU. Gefällt Ihnen<br />

dieses Image?<br />

Von der Leyen: Ich freue mich<br />

natürlich, dass meine Politik auf<br />

breite Zustimmung trifft. Es bestätigt<br />

mich darin, dass es richtig ist,<br />

eine Bresche für das Thema Familie<br />

zu schlagen. Die Zustimmung aus<br />

der Bevölkerung kommt sicherlich<br />

auch daher, dass ich versuche, das<br />

Thema möglichst pragmatisch und<br />

lebensnah anzugehen. Und zugegeben:<br />

Manchmal, wenn man mitten<br />

in der politischen Auseinandersetzung<br />

steckt, hilft Rückenwind<br />

schon weiter.<br />

17


18<br />

POLITIK<br />

Teil 4 des Diskussionspapiers<br />

„Was ist heute christlich-sozial?“<br />

Werte<br />

In einer Zeit weit verbreiteter Sehnsucht<br />

nach Transparenz und Glaubwürdigkeit<br />

sagen wir klar, woher wir<br />

kommen und wohin wir wollen.<br />

Wir stellen uns den politischen<br />

Herausforderungen von Gegenwart<br />

und Zukunft mit einem ausdrücklichen<br />

Bekenntnis zu den Schätzen<br />

der christlich-sozialen Tradition.<br />

Dazu fordern wir als dritten Weg<br />

zwischen Kollektivismus und<br />

Wirtschaftsliberalismus die konsequente<br />

Umsetzung der Grundideen<br />

der Sozialen Marktwirtschaft. Wir<br />

stimmen nicht in den Chor derjenigen<br />

ein, die alles „neu“ erfinden<br />

wollen. Wir verbleiben auch nicht<br />

in der Nostalgie vergangener<br />

Erfolge. Wir machen uns stark<br />

für die Umsetzung der im christlichen<br />

Menschenbild begründeten<br />

Grundwerte und Sozialprinzipien,<br />

die auch einer weltanschaulich<br />

übergreifenden Humanitätsidee<br />

entsprechen. Dies ebnet den Weg<br />

für einen am Menschen orientierten<br />

Wertkonsens im pluralistischen<br />

Kontext. Das Bekenntnis zu unseren<br />

Wurzeln, zu Realitätsbewusstsein<br />

und die Offenheit für alle, die sich<br />

für die Entfaltung des Menschen<br />

mit seiner Freiheits- und Sozialnatur<br />

als höchstes Ziel der Gesellschaft<br />

einsetzen, sind unser Programm.<br />

Damit stehen wir für ein klar<br />

erkennbares, am Menschen ausgerichtetes<br />

Profil, das sich von Liberalismus<br />

und Sozialismus, vor allem<br />

aber von Totalitarismus wie allen<br />

Formen der Gewaltverherrlichung<br />

abgrenzt. Wir setzen uns für die<br />

weltanschaulich umfassend gültigen<br />

Inhalte von Freiheit, Gerechtigkeit,<br />

Solidarität und Subsidiarität ein.<br />

Die Idee der Nachhaltigkeit gibt<br />

unseren Wertvorstellungen zugleich<br />

eine Zukunftsdimension. Unsere<br />

Werte und Prinzipien, die unserer<br />

Tradition entsprechen, sind für uns<br />

unverrückbar. Sie realisieren die<br />

Menschenwürde, die nach christlichem<br />

Verständnis in der Gottebenbildlichkeit<br />

des Menschen und der<br />

Menschwerdung Gottes überzeugend<br />

begründet sind. Gegen einen<br />

opportunistischen Zeitgeist, der der<br />

Politik ein hohes Maß an Unglaubwürdigkeit<br />

einbringt, benennen wir<br />

offen die Inhalte unserer Werte und<br />

Prinzipien und wenden sie auf aktuelle<br />

politische Herausforderungen<br />

an. Wir stehen dabei auf der Seite<br />

aller, die auch mit anderen Begründungen<br />

zu den gleichen Inhalten<br />

kommen. Denn alle Menschen, die<br />

diese Ideale teilen, haben ihre Heimat<br />

in der <strong>CDA</strong>.<br />

Gleichheit im Sinne der Menschenwürde<br />

als höchstes ordnungspolitisches<br />

Ziel realisiert den Einklang<br />

von Gemeinwohl und Einzelwohl<br />

in Verantwortung vor Gott, den<br />

Menschen und der Schöpfung. Sie<br />

ist dann verwirklicht, wenn die<br />

Ordnung mit ihren Regeln und der<br />

von ihr in Bildung und Anreizsystemen<br />

geförderten Identität jeden<br />

Menschen dazu befähigt, seine ihm<br />

eigene natürliche Bestimmung zu<br />

entfalten, die ihm aus christlicher<br />

Sicht von Gott aufgegeben ist. Dies<br />

schließt etwa für Rationierungsfragen<br />

nutzenbasierte Diskriminierungen<br />

wie auch den Raubbau<br />

an den Zukunftschancen künftiger<br />

Generationen aus.<br />

Gerechtigkeit fordert ein über nationale<br />

Grenzen und Generationen<br />

hinaus wirksames Recht, das (in<br />

diesem absoluten Sinne) die Menschenwürde<br />

zur Geltung bringt. Die<br />

entsprechend legitimen Forderungen<br />

richten sich sowohl an die<br />

konkrete Gestaltung der nationalen<br />

Ordnung als auch an die Visionen<br />

für eine Weltordnung im Zeitalter<br />

der Globalisierung. Denn sie beruhen<br />

auf einem universal gültigen<br />

Verständnis gleicher Menschenwürde<br />

und Gerechtigkeit. Wir treten<br />

damit allen Ideologien entgegen,<br />

die Individual- und Gemeinwohl<br />

voneinander entkoppeln wollen.<br />

Die Gemeinschaft ist mehr als die<br />

Summe der Individuen. Und das<br />

Individuum ist mehr als ein Teil des<br />

Kollektivs. Der Mensch ist Individuum<br />

und zugleich auf Gemeinschaft<br />

angelegt. Gerechtigkeit verstehen<br />

wir deshalb weder individualistisch<br />

noch kollektivistisch, sondern im<br />

Sinne der Personalität. Denn aus<br />

der natürlichen Bestimmung, die<br />

den Menschen zur Person macht,<br />

folgen seine individuellen wie sozialen<br />

Rechte und Pflichten. Soziale<br />

Gerechtigkeit fordert die legitime<br />

Verteilung knapper Ressourcen<br />

nach dem Gebot der Menschenwürde.<br />

Wir halten es für notwendig,<br />

dass die CDU diesen der christlichsozialen<br />

Tradition entsprechenden<br />

Grundwert neu für sich entdeckt<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


und seine Auslegung nicht kampflos<br />

dem politischen Gegner überlässt.<br />

Deshalb treten wir ausdrücklich seiner<br />

wirtschaftsliberalen Verkürzung<br />

wie seinen kollektivistischen Überdehnungen<br />

entgegen. Wir stehen<br />

für die am Menschen orientierte<br />

Idee der sozialen Gerechtigkeit, wie<br />

sie der Sozialen Marktwirtschaft<br />

zugrunde liegt. Damit geben wir der<br />

sozialen Gerechtigkeit ein klares<br />

inhaltliches Profil, das der Freiheits-<br />

und Sozialnatur des Menschen<br />

gerecht wird. Zentral ist für uns in<br />

diesem Zusammenhang die Forderung<br />

nach sozialer Gerechtigkeit als<br />

Beteiligungs- und Befähigungsgerechtigkeit.<br />

Der Mensch ist Freiheitswesen,<br />

das seine Eigenverantwortung<br />

durch Kreativität und sich lohnende<br />

Leistung entfalten soll. Er hat damit<br />

einen grundsätzlichen Anspruch<br />

auf den Schutz vor willkürlichen<br />

Eingriffen des Staates in seine Persönlichkeits-<br />

und Eigentumsrechte.<br />

So verstandene Freiheit verbrieft<br />

ein bloßes Abwehrrecht. Marktergebnisse<br />

dürfen zum Schutz des<br />

Marktes korrigiert werden (etwa<br />

Monopolverbot). Als Legitimationsprinzip<br />

reicht hier zunächst<br />

der Markt. Eine Unterstützung der<br />

an der Entfaltung ihrer Leistung<br />

Gehinderten kann nur mit der<br />

Erhaltung des sozialen Friedens gerechtfertigt<br />

werden. Anders als die<br />

wirtschaftsliberale Schule halten<br />

wir ein solches Freiheitsverständnis<br />

für verkürzt und deshalb für ergänzungsbedürftig.<br />

Denn Freiheit<br />

braucht ein Ziel. Freiheit als bloßes<br />

Abwehrrecht konkurriert mit dem<br />

Anspruch auf Befähigung. Grundwert<br />

ist die Befähigungsfreiheit.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

Das heißt: Den von ihrer Herkunft<br />

her Benachteiligten und potenziell<br />

zur Eigenverantwortung Fähigen<br />

steht ein einklagbares Recht darauf<br />

zu, dass sie überhaupt dazu befähigt<br />

werden, eigenverantwortlich<br />

handeln zu können. Damit haben<br />

sie unabhängig von Effizienzberlegungen<br />

einen unbedingten Anspruch<br />

auf einen öffentlich bereitzustellenden<br />

Mindeststandard an<br />

Bildung, Nahrung, Gesundheit und<br />

dazu ein moralisches Recht auf<br />

Arbeit. Grund dafür ist allein die<br />

Menschenwürde, nicht der Markt<br />

und nicht der Nutzen. Wir lehnen<br />

zugleich einen Wohlfahrtsstaat<br />

ab, der eine Anspruchsmentalität<br />

fördert und den Markt durch den<br />

Staat ersetzt. Denn die Grenze<br />

des sozialen Anspruchs liegt dem<br />

Subsidiaritätsprinzip entsprechend<br />

in der Befähigung zu Eigenverantwortung<br />

und Integration.<br />

Die Einheit eines „Förderns und<br />

Forderns“ erlaubt die Sanktionierung<br />

von Trittbrettfahrern und<br />

Integrationsunwilligen, die aus<br />

Eigennutz bzw. aus ideologisch<br />

bedingter Abschottung dem Gemeinwohl<br />

schaden. Die grundsätzlich<br />

nicht zur Eigenverantwortung<br />

Fähigen (wie etwa Schwerstbehinderte)<br />

haben einen davon unabhängigen<br />

Anspruch auf Hilfe, um<br />

die ihnen möglichen Fähigkeiten zu<br />

entfalten. Dies Freiheitsverständnis<br />

ist das Erfolgsrezept Sozialer<br />

Marktwirtschaft. Denn es fördert<br />

und fordert zugleich mehr Eigen-<br />

wie Sozialverantwortung.<br />

Der Mensch ist ein Sozialwesen.<br />

Die Solidarität als sozialverantwortliche<br />

Rechtsverpflichtung<br />

POLITIK<br />

folgt dem Geist des „Einer für<br />

alle, alle für einen“. Die stärkeren<br />

Glieder (die Geber) sind juristisch<br />

(über Steuerabgaben) verpflichtet,<br />

die mit der Befähigungsfreiheit<br />

verbundenen Rechtsansprüche der<br />

Schwäche-ren (der Nehmer) einzulösen.<br />

Die Nehmer wiederum sind<br />

zur sub-sidiären Nutzung dieser<br />

Hilfen zur Selbsthilfe verpflichtet.<br />

Schon die Begründer der Sozialen<br />

Marktwirtschaft haben erkannt,<br />

dass eine solche gegenseitige<br />

Verpflichtung einen gesellschaftlichen<br />

Grundkonsens voraussetzt.<br />

Fehlt er, werden die Geber gegen<br />

ihre Zahlungen an vermeintliche<br />

„Schmarotzer“ und die Nehmer<br />

aus Neid gegenüber den vermeintlichen<br />

„Ausbeutern“ gegen ihre<br />

Mitwirkung am Gemeinwesen<br />

opponieren.<br />

Entscheidend für die Idee der<br />

Nachhaltigkeit ist, dass sie mit<br />

der Kategorie Zukunft einen<br />

Zeithorizont eröffnet, der bislang<br />

vorherrschende, weitestgehend<br />

kurzfristige Sichtweisen übersteigt<br />

und neuerdings berechtigte<br />

Ansprüche nachwachsender und<br />

zukünftig lebender Menschen<br />

explizit ausweist. Sie gibt unseren<br />

Wertvorstellungen einen Zukunftsbezug.<br />

Sie erfordert, mit den vorhandenen<br />

sozialen, ökonomischen<br />

und ökologischen Ressourcen mit<br />

Blick auf die Sicherung der eigenen<br />

Lebenschancen sowie der zukünftiger<br />

Generationen angemessen<br />

– gerecht – umzugehen.<br />

Weitere Informationen:<br />

> Der Blog ist unter<br />

www.cda-bund.de.<br />

19


20<br />

<strong>CDA</strong> INTERN<br />

Vor 60 Jahren: Reichstagung<br />

der Sozialausschüsse<br />

Ende November jährt sich<br />

die erste gesamtdeutsche<br />

Tagung der in CDU und CSU<br />

organisierten ArbeitnehmerInnen<br />

zum 60. Mal. Vom<br />

28.-30. 11. 1947 trafen sich<br />

im Kolpinghaus Herne rund<br />

600 Mitglieder der Sozialausschüsse<br />

aller vier Besatzungszonen.<br />

Thematisch besonders<br />

im Blickpunkt: die Situation<br />

christlich-sozialer KollegInnen<br />

in den Gewerkschaften und<br />

die Entwicklung der Einheitsgewerkschaften.<br />

Innerorganisatorisch stand am<br />

Ende der Zusammenschluss zur<br />

Arbeitsgemeinschaft der Sozialausschüsse<br />

der CDU/CSU mit Sitz<br />

in Köln. Erster geschäftsführender<br />

Vorsitzender wurde Johannes Albers<br />

(1890 – 1963), der unmittelbar nach<br />

Kriegsende zunächst in Köln und<br />

dann in der gesamten britischen<br />

Besatzungszone die Gründung der<br />

neuen Volkspartei vorantrieb und<br />

überlebende Akteure der Weimarer<br />

Republik sammelte.<br />

Die christlich-sozialen ArbeitnehmerInnen<br />

hatten aber besonderen<br />

Grund, sich mit Gewerkschaftsfragen<br />

zu befassen. Einmal war für<br />

viele christliche Kolleginnen und<br />

Kollegen der Weg in die weltanschaulich<br />

unabhängige Einheitsgewerkschaft<br />

noch ungewöhnlich und<br />

diskussionsbedürftig. Katholische<br />

Kreise arbeiteten auf den Wiederaufbau<br />

christlicher Gewerk-<br />

schaften hin. Andererseits aber<br />

begannen in der neuen EinheitsgewerkschaftAuseinandersetzungen,<br />

die auch Jahrzehnte später<br />

trotz aller gemeinsam errungenen<br />

gewerkschaftlichen Erfolge immer<br />

wieder auf der Tagesordnung<br />

standen. Matthias Föcher (1886<br />

– 1967), Christdemokrat und<br />

2. Vorsitzender des DGB in der<br />

britischen Zone, erläuterte offen<br />

die Probleme, übrigens im Beisein<br />

des 1. Vorsitzenden Hans Böckler<br />

(1875 – 1951), der 1949 erster<br />

Vorsitzender des bundesdeutschen<br />

Dachverbandes wurde.<br />

Föchers zentrale Aussagen gingen<br />

in eine Broschüre über die Reichstagung<br />

ein, grundsätzliche gewerkschaftspolitische<br />

Vorstellungen der<br />

Sozialausschüsse wurden in einer<br />

„Entschließung zur Gewerkschaftsfrage“<br />

festgehalten.<br />

Vor allen Dingen wurde kritisiert,<br />

dass die Einbeziehung der<br />

christlich-sozialen KollegInnen in<br />

Gewerkschaftsfunktionen und in<br />

Mitbestimmungsstrukturen der<br />

Wirtschaft viel zu gering sei, in<br />

der Bildungsarbeit die christlichen<br />

Wurzeln zu wenig geachtet würden<br />

und immer wieder Parteipolitik mit<br />

Gewerkschaftsarbeit verwechselt<br />

werde. Föcher machte deutlich, dass<br />

die Sozialausschüsse allen Grund für<br />

selbstbewusstes Auftreten hätten,<br />

denn auch nach Mitgliedern seien<br />

die beiden Wurzeln der Einheitsgewerkschaft<br />

vergleichbar stark – er<br />

wies für das Jahr 1928 knapp 4.6<br />

Mio. Mitglieder in sozialistischen<br />

Vorläuferorganisationen nach, für<br />

die nichtsozialisitischen Verbände<br />

rechnete er mit knapp 3,6 Mio.<br />

Mitgliedern, die seit Kriegsende politisch<br />

größtenteils durch die Union<br />

und ihre Sozialausschüsse vertreten<br />

seien.<br />

Die Handlungsvorschläge der<br />

Reichstagung gingen von einem<br />

klaren Bekenntnis zur Einheitsgewerkschaft<br />

aus, forderten auf dieser<br />

Grundlage aber Respekt vor der „...<br />

christlichen Weltanschauung und<br />

Überzeugung...“ und parteipolitische<br />

Neutralität. Für die<br />

Zukunft wurde eine bessere Beteiligung<br />

in Gewerkschaftsgremien,<br />

Betriebsräten und Wirtschaftsorganisationen<br />

angemahnt mit dem<br />

Ziel einer Garantie tatsächlicher<br />

Gleichberechtigung, zumal die<br />

christlich-sozialen Kolleginnen und<br />

Kollegen „...aufgeschlossen dem<br />

Neuen, einsatzfreudig und verantwortungsbereit...“<br />

nicht weniger als<br />

andere geeignet seien.<br />

Volker Scharlowsky M. A.<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


Namen und Nachrichten<br />

+++ „Eine Lichtgestalt der Mitbestimmung“,<br />

Alexander Graf von<br />

Schwerin (mi.), hat seinen neuen<br />

Arbeitsplatz in Brüssel eingenommen.<br />

Der Koordinator für EUrechtliche<br />

Belange war 27 Jahre als<br />

Betriebsratsvorsitzender der DVG.<br />

Das ehemalige <strong>CDA</strong>-Bundesvorstandsmitglied<br />

wurde natürlich von<br />

seinen DVG-Kollegen gebührend<br />

verabschiedet. Der „Graf an der<br />

Kurbel“, wie einer seiner zahlreichen<br />

Spitznamen lautet, erhielt<br />

eine Geige als Abschiedsgabe.<br />

Damit er künftig auch in Europa die<br />

„Erste“ spielen kann. +++<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

+++ Aus Berlin war <strong>CDA</strong>-Vize Dr.<br />

Ralf Brauksiepe MdB angereist,<br />

um über die „2. Halbzeit der Großen<br />

Koaltition - Herausforderungen<br />

der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik“<br />

in Lahnstein zu referieren. Der<br />

arbeitsmarktpolitische Sprecher<br />

der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,<br />

der auch im Koalitionsausschuss<br />

für die Gewinn- und<br />

Kapitalbeteiligung sitzt, äußerte<br />

die Zuversicht, dass CDU und<br />

SPD weiterhin konstruktiv und<br />

erfolgreich weiterarbeiten werden.<br />

Er schätzte die Chancen eines Gesetzes<br />

über betriebliche Mitarbeiterbeteiligungen<br />

als günstig ein.<br />

Das Live Entertainment des Kölner<br />

Saxophonisten Vladimir Nadtoschij<br />

wurde auch von Johannes<br />

Lauer, Ekkehard Gauglitz, Vladimir<br />

Nadtoschij, Martin Gerhardt<br />

und Karl-Josef Peil mit Begeisterung<br />

aufgenommen. +++<br />

<strong>CDA</strong> INTERN<br />

+++ <strong>CDA</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />

Martin Kamp besuchte die Panzertruppenschule<br />

in Munster. Ziel<br />

dieses Besuchs war es vor allem,<br />

sich über die Panzertruppenschule<br />

auf dem Weg zum Ausbildungszentrum<br />

Munster zu informieren<br />

sowie einen Einblick in die simulatorgestützte<br />

Ausbildung zu<br />

erhalten. Initiiert worden war dieser<br />

Besuch durch den stellvertretenden<br />

Vorsitzenden und Sprecher<br />

der Arbeiter, Bezirkspersonalrat<br />

beim Heeresamt Theo Quodt<br />

und den stellvertretenden Vorsitzenden<br />

und Sprecher der Gruppe<br />

der Arbeiter im Personalrat der<br />

Panzertruppenschule Hubertus<br />

Klenner. Begleitet wurde Martin<br />

Kamp vom Organisationsleiter der<br />

<strong>CDA</strong>-Hauptgeschäftsstelle Martin<br />

Schulte und dem Landessozialsekretär<br />

der <strong>CDA</strong> Niedersachsen<br />

Josef Holtvogt. +++<br />

21


22<br />

<strong>CDA</strong> INTERN<br />

+++ Peter Keller ist 70 Jahre alt<br />

geworden. Der Ehrenvorsitzende der<br />

CSA war langjähriger erster stellvertretender<br />

Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe<br />

der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.<br />

Seine zahlreichen<br />

Funktionen und Titel zu nennen,<br />

sprengt den Rahmen der SO!. Aber<br />

seit Jahren ist Peter Keller nunmehr<br />

der Vorsitzende der Bundes-AG für<br />

Arbeitskammern. +++<br />

+++ NRW-Gesundheitsminister<br />

Karl-Josef Laumann und der<br />

Berichterstatter für die Pflegereform<br />

der CDU/CSU Bundestagsfraktion,<br />

Willi Zylajew, machten<br />

sich gemeinsam ein Bild vom Pro<br />

8-Pflege Konzept vor Ort. Der Geschäftsführer<br />

Johannes Heinrichs<br />

stellte seine Einrichtungen selbst<br />

vor. Ständige Fort- und Weiterbildungen<br />

der Pflege-, Verwaltungs-<br />

und Hauswirtschaftskräfte sind<br />

ein weiteres Merkmal des wegweisenden<br />

Konzepts. Die ärztliche<br />

und fachärztliche Versorgung<br />

ist ebenso verbindlich geregelt,<br />

wie die Einbindung in örtliche<br />

Ehrenamtler-Strukturen. Dabei<br />

sind alle, rund 50 Heimplätze pro<br />

Einrichtung, von gerontopsychiatrisch<br />

erkrankten Mitmenschen<br />

bewohnt. Wie Minister Laumann<br />

zu seinem Erstaunen feststellen<br />

konnte, kommen rund 80 % der<br />

Bewohnerinnen und Bewohner aus<br />

Fach- oder Landeskrankenhäusern<br />

in die Pro 8. +++<br />

+++ Die <strong>CDA</strong>-Kreisvorsitzende<br />

Monika Schick aus Gütersloh<br />

konnte 700 Gäste im Haus<br />

Müterthies begrüßen, um mit<br />

NRW-Familienminister Armin<br />

Laschet zu diskutieren. Darunter<br />

waren viele Erzieherinnen und Erzieher,<br />

die ihrer Unzufriedenheit<br />

Ausdruck gaben. +++<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007


+++ Sylvia Gielisch, Büroleiterin<br />

der <strong>CDA</strong>-Hauptgeschäftsstelle,<br />

wurde erneut in den Bundesvorstand<br />

der Frauen Union der CDU<br />

Deutschlands gewählt. Mit<br />

87, 28 % erhielt die Brandenburgerin<br />

das zweitbeste Stimmenergebnis<br />

der Beisitzerinnen. Neue<br />

und alte Vorsitzende ist Prof. Dr.<br />

Maria Böhmer MdB. +++<br />

Soziale Ordnung 7. Ausgabe 2007<br />

+++ dbb-AG wählte neuen Vorstand:<br />

Hans Knebel (Nauort) ist<br />

neuer Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft<br />

christlich-<br />

sozialer Gewerkschafter/innen des<br />

dbb. Karl-Heinz Boll (Hachenburg)<br />

ist stellvertretender Vorsitzender.<br />

Zu Beisitzern wurden Waltraud<br />

Daun (Koblenz), Ekkehard Gauglitz<br />

(Osterspai), Hans Eberhard<br />

Hielscher (Ober-Olm) und Ernst<br />

Krohn (Kirrweiler) gewählt. Der<br />

bisherige Vorsitzende Bardo<br />

Kraus hatte nach seiner Wahl zum<br />

<strong>CDA</strong>-Landesvorsitzenden auf eine<br />

erneute Kandidatur verzichtet. Die<br />

Arbeitsgemeinschaft ist der Zusammenschluss<br />

der dbb-Mitglieder<br />

innerhalb der Christlich-Demokratischen<br />

Arbeitnehmerschaft(<strong>CDA</strong>)<br />

im Landesverband Rheinland-Pfalz.<br />

Über die Arbeit aus dem rheinlandpfälzischen<br />

Landtag berichtete<br />

Innenausschussmitglied Bernhard<br />

Henter MdL (Konz). Er erinnerte<br />

daran, dass sich dbb und CDU<br />

erfolgreich gegen die von der SPD-<br />

Landesregierung geplante Absenkung<br />

der Eingangsbesoldung beim<br />

gehobenen und höheren Dienst der<br />

<strong>CDA</strong> INTERN<br />

Beamten in Rheinland-Pfalz eingesetzt<br />

haben. Auch in der Frage der<br />

Besoldungsanpassung für aktive<br />

Beamte und Versorgungsempfänger<br />

werden vom Grundsatz her<br />

ähnliche Positionen bezogen. Die<br />

CDU-Landtagsfraktion unterstützt<br />

die dbb-Forderung nach einer<br />

Besoldungsanpassung in Höhe des<br />

Tarifergebnis von 2,9 % für 2008.<br />

Henter MdL machte deutlich, dass<br />

auch die Beamtenschaft und die<br />

Versorgungsempfänger in angemessener<br />

Weise am wirtschaftlichen<br />

Aufschwung partizipieren<br />

sollten. +++<br />

Seminare ANZEIGE<br />

23


Herzliche Einladung!<br />

„Nur Gerechtigkeit schafft Zukunft!“ Dies ist das<br />

Motto der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft.<br />

Die Bundestagswahlen haben gezeigt, dass die Menschen<br />

ein sozial gerechtes Deutschland wollen.<br />

Dafür stehen wir Christlich-Soziale in der CDU.<br />

Helfen Sie uns, dieses Ziel zu erreichen!<br />

Aufnahmeantrag<br />

der Christlich-Demokratischen<br />

Arbeitnehmerschaft Deutschlands (<strong>CDA</strong>)<br />

Postfach 04 01 49 • 10061 Berlin<br />

Ich beantrage die Aufnahme in die <strong>CDA</strong>:<br />

Name:<br />

Vorname:<br />

Straße: Haus-Nr.:<br />

PLZ: Wohnort:<br />

Geb.-Datum:<br />

Telefon:<br />

Telefax:<br />

Mobil:<br />

E-Mail:<br />

Betrieb / Verwaltung / Ausbildungsstätte:<br />

CDU-Mitglied: ja nein<br />

Als Aufnahmespende zahle ich €<br />

Unterschrift<br />

, den<br />

Bankeinzugsermächtigung:<br />

Wir bitten Sie, die Bankeinzugsermächtigung auszufüllen.<br />

Hiermit erkläre ich mich bis auf Widerruf damit einverstanden,<br />

dass die <strong>CDA</strong>-Hauptgeschäftsstelle den von mir zu zahlenden<br />

Monatsbeitrag in Höhe von: €<br />

in Worten: €<br />

einmal jährlich zweimal jährlich<br />

von meinem Konto:<br />

Nr.:<br />

BLZ:<br />

bei der:<br />

(Geldinstitut, Ort) abbucht.<br />

, den<br />

Unterschrift (für Kreditinstitut)<br />

Unsere monatlichen Beiträge:<br />

> Familienbeitrag für Ehepartner und Kinder: 5,10 €<br />

> Nichtmitglieder der CDU: 4,60 €<br />

> CDU-Mitglieder: 4,10 €<br />

> Mitglieder, die das 27. Lebensjahr noch nicht<br />

vollendet haben: 2,60 €<br />

> Auszubildende, Schüler/innen, Studenten/innen,<br />

Wehr- und Zivildienstleistende, Arbeitslose und bei<br />

besonderen sozialen Härten auf Antrag: 1,10 €<br />

Zuwendungen (Mitgliedsbeiträge und Spenden) an politische Parteien<br />

sind steuerlich als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 b EStG).

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