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Der Süden kommt - Deutsche Evangelische Allianz

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GEISTLICHE KOLUMNE<br />

Anhalten<br />

Kleine geistliche Reflexionen<br />

Aus alten Pfadfindertagen ist mir das noch gut vertraut. Auch<br />

noch vom Autofahren vor der „Navi“-Zeit. Man muss zwischendurch<br />

anhalten, klären wo man eigentlich gerade steht,<br />

also die eigene Position klären – und danach die Weiterfahrt planen.<br />

Manchmal ist das Anhalten unbequem, es hält auf. Aber es hilft auch.<br />

Weil es hilft, gehört das Anhalten auch zum Angebot eines „Hauses<br />

der Stille“. Dort kann es vorkommen in Form einer Frage, die einen<br />

längeren Spaziergang füllt. Oder in Form einer persönlichen Denkund<br />

Gebetszeit an einem stillen Ort.<br />

Die Frage kann heißen: „Was ist aus mir geworden?“ – was gar<br />

nicht die berufliche, sondern eher die Seite der Persönlichkeit, des<br />

Charakters, der inneren Einstellung meint. Oder die Frage kann heißen:<br />

„Was soll aus mir noch werden? Wo zieht es mich hin?“ Denn es ist ja<br />

eine Sache, zu sagen, man sei festgelegt, abhängig, vielleicht zu alt für<br />

Veränderungen – aber es ist eine andere Sache, die eigene Vergänglichkeit<br />

anzuschauen, das Einmalige meines Lebens und die liegengebliebene<br />

Sehnsucht. Darum: „Wo zieht es mich hin?“<br />

Nichts zu sagen?<br />

Und noch eine Frage halte ich für wert, dafür anzuhalten, dafür<br />

eine Einkehr zu suchen, vielleicht auch Gesprächspartner: „Was<br />

möchte ich der kommenden Generation sagen?“ – meinen Enkeln,<br />

jungen Leuten überhaupt? Gewiss, die Gelegenheiten, wo wir Ältere<br />

das Ohr der Jungen haben, werden seltener. Umso bedauerlicher wäre<br />

es, wenn wir am Tag x gar nichts zu sagen hätten.<br />

Darum meine ich: Nach jahrzehntelangem Leben in meist guten bis<br />

sehr guten Verhältnissen (Frieden, wirtschaftlicher Aufstieg, demokra-<br />

24<br />

EiNS September 2011<br />

tische Verhältnisse, Wohlstand, weitgehender Gesundheit, sehr gute<br />

ärztliche Versorgung, gesicherte Rente usw.) müsste doch vielleicht<br />

eine Art Vermächtnis möglich sein, etwas, das wir als Lebenswissen<br />

erworben haben, Einsichten über wirklich wichtige Dinge im Leben?<br />

Woran könnte sich ein Mensch halten, damit sein Leben gelingt?<br />

Eine gute Frage zumuten<br />

Von Hanspeter Wolfsberger<br />

Als Pfarrer in früheren Gemeinde habe ich diese Frage immer wieder<br />

zu alten Menschen getragen: „Lieber Herr (oder Frau) Sowieso,<br />

darf ich Sie etwas fragen: Sie haben zwei Kriege überstanden, Sie haben<br />

schwerste Zeiten ausgehalten, Sie sind 90 Jahre alt geworden und Sie<br />

sind immer noch sehr präsent im Zeitgeschehen – was muss ein Mensch<br />

für sein Leben wissen? Worauf <strong>kommt</strong> es an, Ihrer Erfahrung nach?“–<br />

Mein Tagebuch zeigt mir heute noch, wie enttäuscht ich oft war, wenn<br />

ich ohne Antworten wieder gehen musste.<br />

Darum halte ich diese Augenblicke für kostbar: Anhalten wollen,<br />

dem eigenen Leben eine gute Frage zumuten, nicht vor ihr weglaufen<br />

in banale Auskünfte.<br />

Das lohnt.<br />

Hanspeter Wolfsberger ist Pfarrer in der Gemeinde<br />

Betberg/Baden, Leiter des dortigen „Hauses der Besinnung“<br />

(www.betberg.de) und Mitglied im Hauptvorstand der<br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Evangelische</strong>n <strong>Allianz</strong>.<br />

istockphoto.com, michaelmjc

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