HANDBUCH zum CURRICULUM für ANTIRASSISTISCHE ... - Maiz
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Mehrheitsangehörigen ist eine wichtige politische<br />
Strategie, wobei jedoch die Macht-Asymmetrie und<br />
die Konfliktlinien innerhalb der Kooperation sichtbar<br />
gemacht und Bedingungen egalitärer Zusammenarbeit<br />
in dialogischer Aktion geschaffen werden sol-<br />
len. "Kooperation als Charakteristikum dialogischer<br />
Aktion ereignet sich nur zwischen Subjekten (...) und<br />
kann nur durch Kommunikation erreicht werden. Dialog,<br />
so wichtig wie Kommunikation, muss Grundlage<br />
jeder Kooperation sein" (Freire 1984; 143).<br />
Das erklärte, gemeinsame Ziel der Gleichberechtigung<br />
kann weder ohne Reflexion über Rassismus /<br />
Sexismus innerhalb der Kooperation noch ohne Entwicklung<br />
egalitärer Formen der Zusammenarbeit erreicht<br />
werden.<br />
Partizipation setzt Strategien von MigrantInnen voraus,<br />
die in Reflexion und Aktion entwickelt werden,<br />
um aus der Marginalisierung in die Position der<br />
Gleichberechtigung zu gelangen. Dieser Prozess verlangt<br />
von den marginalisierten Gruppen Entscheidungs-<br />
und Interventionskompetenzen ab. Das oft<br />
herbeizitierte Wort "Empowerment" scheint hier die<br />
passende Lösung zu liefern: Die neoliberale Rhetorik<br />
blendet die Konfliktpotenziale durch hegemoniale<br />
Interessen aus und präsentiert eine Welt der win-win-<br />
Situationen, die <strong>für</strong> alle Menschen gleichermaßen zugänglich<br />
wäre, wenn sie nur voller Selbstverantwortung<br />
agierten. Objektiv bestehende Macht- und Aus-<br />
grenzungsverhältnisse werden bagatellisiert, der institutionelle<br />
Rassismus und der Rassismus in den gesellschaftlichen<br />
Bewusstseinsstrukturen, in den sog.<br />
Selbstverständlichkeiten des common sense bleiben<br />
unerwähnt, und die Folgen der Ausgrenzungspraxen<br />
werden den Betroffenen als Individualschuld zur Last<br />
gelegt: mangelndes Selbstwertgefühl, mangelnde<br />
Emanzipation, mangelnde Selbstdisziplin, mangelnde<br />
Selbstverantwortung... Das Defizit ist also individuell<br />
(oder ethnisch bedingt und somit kulturell), liegt bei<br />
ihnen und dem können / sollen sie Abhilfe durch die<br />
Zauberformel "Empowerment" aus dem EU-Vokabular<br />
schaffen. Eine neue Norm aus dem Indikatorenkatalog<br />
gelungener Anpassung? Die angepasste Person ist<br />
"nur Person als Objekt. Anpassung stellt dabei eine<br />
sehr schwache Form der Selbstverteidigung dar:<br />
Wenn der Mensch unfähig ist, die Realität zu verändern,<br />
passt er sich stattdessen an" (Freire 1983;<br />
10f.).<br />
Im politischen Anti-Rassismus wird "Empowerment"<br />
hingegen als eine kontinuierliche Strategie gesehen,<br />
die strukturelle Transformation anvisiert. In dialogischer<br />
Reflexion und Aktion transformieren sich Individuen,<br />
um gesellschaftliche Strukturen des Ausschlusses<br />
zu transformieren. Es geht darum, an der kreativen<br />
Dimension teilzunehmen, um in die Realität einzugreifen<br />
und sie zu verändern (vgl. Freire 1983; 10).<br />
2. BEGRIFFSBESTIMMUNG<br />
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