HANDBUCH zum CURRICULUM für ANTIRASSISTISCHE ... - Maiz
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2. BEGRIFFSBESTIMMUNG<br />
- 8 -<br />
Grundprinzipien unserer Arbeit:<br />
Theoretische und politische Grundsätze<br />
Der moralische Anti-Rassismus bedient sich individualisierender<br />
und psychologisierender Ansätze, um die<br />
mehr oder weniger bewusste Rassismusbereitschaft<br />
von Individuen zu erklären oder aber zu rechtfertigen.<br />
Hierbei bleibt die Gesellschaftsstruktur unangetastet,<br />
der dem Rassismus immanente Gruppenkonflikt hinsichtlich<br />
materieller und kultureller Ressourcen wird<br />
ausgeblendet. Die vom Rassismus betroffenen Menschen<br />
werden als hilflose Opfer ohne Strategien dargestellt,<br />
der Toleranzdiskurs - der sich bei näherer Betrachtung<br />
ebenfalls als ein Machtdiskurs enthüllt:<br />
denn, wer hat hier die Macht, wen zu tolerieren? -<br />
blüht.<br />
Mit Paulo Freire stellen wir fest, "dass die konkrete Situation,<br />
die die Unterdrückung erzeugt, verändert<br />
werden muss" (Freire 1984; 37). Der politische<br />
Anti-Rassismus tritt Praktiken und Ideologien der<br />
strukturellen Ungleichheit entgegen, fordert gleiche<br />
Rechte <strong>für</strong> Alle sowie Gleichstellung der MigrantInnen<br />
auf allen Ebenen, damit Mitgestaltung des gesellschaftlichen<br />
Lebens und tatsächliche Partizipation gewährleistet<br />
werden kann.<br />
Nicht moralischer Anti-Rassismus, sondern die Dekonstruktion<br />
rassistischer Strukturen bildet die Vorbedingung<br />
<strong>für</strong> den Aufbau einer antirassistischen Gesell-<br />
schaft. Um es mit Stuart Hall auszudrücken: den Anti-<br />
Rassismus gibt es nur, "soweit er politisch hergestellt<br />
wird" (Hall 1989; 915). Das Grundprinzip unserer Arbeit<br />
ist der politische Anti-Rassismus.<br />
Mit dem Begriff Migrantin bezeichnen wir einen op-<br />
positionellen Standort und keine ethnische, sondern<br />
eine strategisch konstruierte politische Identität als<br />
Aktionsbasis politischer Artikulation. Unsere jahrelange<br />
Erfahrung zeigt, dass Migrantinnen keine hilflosen<br />
Opfer aufgezwungener Ausgrenzungspraxen sind, die<br />
sich in ihrem Alltag manifestieren, sondern Akteurinnen,<br />
die Strategien gegen Ausgrenzung(-slegitimationen)<br />
und Alternativen <strong>für</strong> Inklusion entwickeln. In den<br />
Lebensentwürfen von Migrantinnen kann der Protagonismus<br />
mehr oder weniger verborgen sein, oder<br />
sich in Strategien politischer und symbolischer Intervention<br />
gegen Rassismus und Sexismus äußern. Die<br />
Prozesshaftigkeit des Protagonismus zeigt sich im<br />
Übergang von der "Rebellion zur kritischen Intervention"<br />
(Freire, 1983; 41).<br />
Die Forderung nach Selbstvertretung - nach jahrelanger<br />
Stellvertreterpolitik - ist Ausdruck politisch handelnder<br />
Subjekte im Kampf um Selbstdefinition,<br />
Selbstbestimmung und gleichberechtigter Partizipation.<br />
Diese Forderung schließt weder automatisch<br />
noch notwendigerweise aus, dass migrantische Anliegen<br />
auch durch Angehörige der Mehrheit vertreten<br />
werden. Allianzenbildung und Zusammenarbeit mit