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HANDBUCH zum CURRICULUM für ANTIRASSISTISCHE ... - Maiz

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pretationsschritten von Seiten der Bastlerin wird die<br />

Biographie mit Hilfe einer Moderatorin bearbeitet.<br />

Wichtig ist: Die Bastlerin ist die einzige Expertin ihrer<br />

Biographie und hat immer Recht. Die Gruppe stellt<br />

Fragen, ergänzt und vertieft. Die Moderatorin achtet<br />

darauf, dass die Gruppe nicht interpretiert, projiziert,<br />

korrigiert und belehrt. Es geht nicht um eine Bewertung!<br />

Anhand der Biographiearbeit kann deutlich werden,<br />

dass Widersprüche wichtig sind, weil sie Zonen der<br />

Bewegung, Veränderung und Entwicklung markieren<br />

(vgl. Frigga Haug, Erinnerungsarbeit. Argument Verlag<br />

1990, Gabriele Rosenthal, Erlebte und Erzählte Lebensgeschichte,<br />

Campus 1995).<br />

Nach Beendigung des Bastelprozesses erfolgte die<br />

Nachbesprechung und Reflexion anhand folgender<br />

Überlegungen:<br />

- Lassen sich aus den Biographien gesellschaftliche<br />

Zusammenhänge besonders in Hinblick auf die<br />

Migrationsgeschichte herauslesen?<br />

- Würde ich diese Methode in der Bildungsberatung<br />

anwenden? Welche Vorteile/Nachteile hat sie?<br />

In Hinblick auf die Migrationsgeschichte ist deutlich<br />

geworden, dass viele Teilnehmerinnen bestimmte Abschnitte<br />

ihrer Bildungsbiographie ausgeblendet<br />

haben, die erst nach wiederholtem Nachfragen der<br />

anderen Teilnehmerinnen <strong>zum</strong> Vorschein kamen. Hier<br />

wird ein gesellschaftlicher Mechanismus deutlich, der<br />

sich individuell manifestiert: Arbeits- und Berufserfahrungen,<br />

die im Herkunftsland gemacht wurden,<br />

werden von den betroffenen Personen selbst in den<br />

Hintergrund gedrängt, also als unwichtig erachtet.<br />

Diese Haltung spiegelt die Erfahrungen wider, den die<br />

Personen im Umgang mit ihrer Biographie gemacht<br />

haben. Die Wiederentdeckung dieser Erfahrungen war<br />

in vielen Fällen mit einer Stärkung des Selbstwertgefühls<br />

verbunden. An dieser Stelle lässt sich daran anknüpfen,<br />

dass es eine Tendenz gibt, dass Menschen<br />

sich <strong>für</strong> soziale Belastungen selbst verantwortlich fühlen.<br />

Diese Art der Selbstverantwortung führt dazu,<br />

dass Individuen ihren Frust und ihre Ängste <strong>für</strong> sich<br />

behalten, während gesamtgesellschaftliche oder sozialpolitische<br />

Unterstützungen ausbleiben können. Bei<br />

MigrantInnen ist diese Form struktureller Diskriminierung<br />

manchmal stark verinnerlicht, wodurch struktureller<br />

Rassismus als normal angesehen wird. D.h., gesamtgesellschaftlich<br />

getragene Diskriminierung wird<br />

in das Individuum verlagert. Diese Selbstabwertung<br />

lässt sich am besten durch das Aufzeigen eben dieser<br />

strukturellen Zusammenhänge deutlich machen und<br />

stellt durch die Bildung eines kritischen Bewusstseins<br />

einen Schritt zur Politisierung dar, die ermöglicht, mit<br />

erlebten Diskriminierungen nach außen zu gehen und<br />

auf der Grundlage dieser Erfahrungen Veränderungen<br />

auf gesellschaftlicher Ebene mitzugestalten.<br />

3. <strong>CURRICULUM</strong><br />

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