HANDBUCH zum CURRICULUM für ANTIRASSISTISCHE ... - Maiz
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2. BEGRIFFSBESTIMMUNG<br />
- 10 -<br />
Methodologische Überlegungen und Prinzipien:<br />
Wissenschaft ist kein Neutrum. Die soziale Einbettung<br />
von Erkenntnisprozessen zeigt sich gerade auch in der<br />
Domäne der Wissenschaften und ihren Methoden.<br />
Ihre Ansprüche auf Objektivität und Universalität wer-<br />
den durch das Aufzeigen von Andro- und Ethnozentrismus<br />
kritisch hinterfragt.<br />
Da eine migrantische Methodologie erst im Entstehen<br />
ist, müssen wir bei der Auswahl der Methoden<br />
sehr präzise darauf achten, ob sie Prämissen enthalten,<br />
die vom (auf gesellschaftlichen Konventionen basierenden<br />
und konsensstiftenden) Andro- und Ethnozentrismus<br />
zeugen, und ob sie geeignet sind, bestehende<br />
Ungleichheiten zu reproduzieren oder diese zu<br />
dekonstruieren.<br />
"Die Methode ist (...) die äußere Form des Bewusstseins,<br />
das sich in Handlungen manifestiert" (Alvaro<br />
Vierira Pinto, hier zit. in Freire 1984; 54).<br />
Daher ist es uns wichtig, Methoden heranzuziehen,<br />
die mit unseren Prinzipien und Inhalten übereinstimmen,<br />
den Zielgruppen und dem jeweiligen Kontext<br />
gerecht werden.<br />
Bildungsprozesse sind immer politisch. Bildung kann<br />
den Status quo verfestigen oder aber kritisch hinterfragen.<br />
Sie kann die Behauptung der Menschen "als<br />
Subjekte oder ihre Reduzierung auf Objekte" fördern<br />
(Freire 1983; 11). Bildung kann Selbstbestimmung<br />
provozieren oder Anpassung an die Struktur der<br />
Unterdrückung programmieren, die unangetastet<br />
bleiben soll. Im Einklang mit Paulo Freire entscheiden<br />
wir uns <strong>für</strong> die problemformulierende Bildungsarbeit,<br />
die eine fortwährende Enthüllung der<br />
Wirklichkeit sowie kritische Eingriffe in die Wirklichkeit<br />
auslöst, Theorie und Praxis dialektisch miteinander<br />
verbindet (Einheit von Reflexion und Aktion). Bei<br />
der Methodenauswahl wird darauf geachtet, dass im<br />
Laufe des Bildungsprozesses selbst (und nicht nur als<br />
erwünschtes Endresultat) MigrantInnen Instrumente<br />
in die Hand bekommen, die ihnen Zugang zu Informationen<br />
bzw. Ressourcen verschaffen und sie in ihrem<br />
Subjektstatus stärken.<br />
Der partizipatorische Ansatz orientiert sich am dialogischen<br />
und kommunikativen Prinzip, provoziert<br />
Selbstbestimmung und fördert Empowerment im<br />
Sinne des politischen Anti-Rassismus. Durch eine defizit-orientierte<br />
Herangehensweise, die die MigrantInnen<br />
als korrekturbedürftige Mängelwesen behandelt,<br />
kann das dialogische Prinzip nicht entfaltet werden.<br />
Eine ressourcen-orientierte Annäherung respektiert<br />
die Kompetenzen der MigrantInnen (Mehrsprachigkeit,<br />
Umgang mit den Codes mehrerer Gesellschaften,<br />
Strategien gegen Ausgrenzung, etc.) und stärkt sie in<br />
ihrem Selbstbewusstsein. Dialog entsteht im Kontext<br />
der Gleichwertigkeit. Die Thematisierung und Relativierung<br />
des Machtgefälles zwischen hegemonialen<br />
und ausgegrenzten Gruppen ist sowohl Bedingung als