150 Jahre Bergbau in Bottrop - RAG Deutsche Steinkohle
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<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>
Glückauf zusammen!<br />
<strong>Bottrop</strong> und der <strong>Bergbau</strong> haben Grund zu feiern: Stadt und Kohle blicken auf<br />
e<strong>in</strong>e <strong>150</strong>-jährige geme<strong>in</strong>same Geschichte zurück – und sie blicken nach vorn,<br />
denn der <strong>Bergbau</strong> spielt mit se<strong>in</strong>en verschiedenen Standorten <strong>in</strong> und für<br />
<strong>Bottrop</strong> auch heute und <strong>in</strong> der Zukunft e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Vieles hat sich <strong>in</strong><br />
den vergangenen <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong>n getan, Neues wirft se<strong>in</strong>e Schatten voraus. Wir<br />
laden Sie nun e<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Reise durch die Zeit ...
04-05<br />
1856-1870 Anfänge und Wachstum 06-07<br />
1871-1905 Kohleboom und Bevölkerungsexplosion 08-09<br />
InhaltVorwort<br />
Lebenswelt <strong>Bergbau</strong> 10-11<br />
1906-1918 Neue Schächte und Rekordförderungen 12-13<br />
1919-1929 Nachkriegsjahre und neue Techniken 14-15<br />
<strong>Bergbau</strong>stadt <strong>Bottrop</strong> 16-17<br />
1930-1947 Durch Weltwirtschaftskrise und 2. Weltkrieg 18-21<br />
1948-1959 Wiederaufbau und Kohlekrise 22-23<br />
Frauen und <strong>Bergbau</strong> 24-25<br />
1960-1973 Ruhrkohle AG und Verbundbergwerk entstehen 26-27<br />
1974-1985 Als Verbundbergwerk zu den Lagerstätten im Norden 28-31<br />
Zukunftsberufe im <strong>Bergbau</strong> 32-33<br />
1986-1995 Mit neuen Techniken <strong>in</strong> größere Tiefen 34-37<br />
1996-2001 Gut gerüstet <strong>in</strong>s neue Jahrtausend 38-39<br />
E<strong>in</strong> Bergmann für alle 40-41<br />
2002-2006 Aktiv und modern: <strong>Bottrop</strong> und der <strong>Bergbau</strong> 42-47<br />
Wachstumsbranche <strong>Bergbau</strong>technik 48-49<br />
Das Jubiläumsjahr 50-51<br />
Impressum/Bildnachweis 52
04<br />
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<strong>Bergbau</strong> und <strong>Bottrop</strong> – Geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> die Zukunft<br />
In den vergangenen <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong>n hat der <strong>Bergbau</strong><br />
die Entwicklung, das Gesicht und die Gesellschaft<br />
<strong>in</strong> unserer Heimatstadt geprägt, geformt<br />
und bestimmt. Seit den Anfängen 1856, als mit<br />
dem Abteufen des ersten Schachts begonnen<br />
wurde, war bis zur Blütezeit <strong>in</strong> den 1960er<br />
<strong>Jahre</strong>n e<strong>in</strong> stetiger Zuwachs an Beschäftigten zu<br />
verzeichnen. Der Zuzug von Arbeitskräften hat<br />
<strong>Bottrop</strong> auch gesellschaftlich geprägt. Von der<br />
kle<strong>in</strong>en westfälischen Landgeme<strong>in</strong>de mit rund<br />
3.500 E<strong>in</strong>wohnern hat <strong>Bottrop</strong> sich zu e<strong>in</strong>er<br />
lebendigen Großstadt mit knapp 121.000 E<strong>in</strong>wohnern<br />
entwickelt. Die den „Ruhrgebietsbürgern“<br />
oft bestätigte weltoffene Art ist sicher<br />
auch e<strong>in</strong> Resultat der mit dem <strong>Bergbau</strong> e<strong>in</strong>hergehenden Zuwanderung. Trotz<br />
der derzeit schwierigen Situation ist der <strong>Bergbau</strong> auch heute noch der größte<br />
E<strong>in</strong>zelarbeitgeber <strong>in</strong> unserer Stadt. Die zukunftsweisenden Technologien<br />
der hoch entwickelten deutschen <strong>Bergbau</strong>technik genießen weltweit höchstes<br />
Ansehen und stellen e<strong>in</strong>en Exportschlager dar. Neben dem Rohstoff<br />
Ste<strong>in</strong>kohle verfügen wir über den Rohstoff Wissen. Der Strukturwandel unserer<br />
Montanregion wird sich zweifellos fortsetzen. Aber ich b<strong>in</strong> davon überzeugt<br />
und werde mich stets dafür e<strong>in</strong>setzen, dass der <strong>Bergbau</strong> auch <strong>in</strong><br />
Zukunft e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag für die Wirtschaft und die weitere Entwicklung<br />
der Stadt leisten wird.<br />
Peter Nötzel<br />
Oberbürgermeister Stadt <strong>Bottrop</strong><br />
E<strong>in</strong> verlässlicher Partner<br />
E<strong>in</strong>en starken Partner an se<strong>in</strong>er Seite zu wissen,<br />
ist für jeden von uns e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung,<br />
um alle Lebenssituationen gut <strong>in</strong> den<br />
Griff zu bekommen. Dazu gehört natürlich<br />
immer noch e<strong>in</strong> wenig Glück im richtigen<br />
Moment. Das hatten wir an unseren Standorten<br />
<strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>. Der <strong>Bergbau</strong> hat sich <strong>in</strong> den letzten<br />
<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong>n als guter Partner der Stadt <strong>Bottrop</strong><br />
erwiesen. Das ehemalige Dorf hat sich zu e<strong>in</strong>er<br />
Großstadt entwickelt – und der <strong>Bergbau</strong> ist<br />
fester Bestandteil dar<strong>in</strong>. Zu Beg<strong>in</strong>n, 1856, waren<br />
55 Mitarbeiter beschäftigt; im <strong>Jahre</strong> 2006 s<strong>in</strong>d<br />
es nahezu 6.000 an allen Standorten <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>.<br />
Für die Wirtschaft <strong>in</strong> der Region ist der <strong>Bergbau</strong><br />
e<strong>in</strong>e wichtige Größe. Mit der Ste<strong>in</strong>kohle, die wir fördern, leisten wir e<strong>in</strong>en Beitrag<br />
zur Sicherung der nationalen Energieversorgung. Hightech-Masch<strong>in</strong>en –<br />
geme<strong>in</strong>sam entwickelt mit der Zulieferer<strong>in</strong>dustrie – s<strong>in</strong>d dafür e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
Grundlage. Technik, die weltweit führend und gefragt ist. Die Ressource heimische<br />
Ste<strong>in</strong>kohle ist auch für die Zukunft <strong>in</strong> ausreichendem Maße verfügbar.<br />
Es liegt an uns, diese Quelle und daraus entstandene Potenziale den nachfolgenden<br />
Generationen zu erhalten.<br />
Mit e<strong>in</strong>em freundlichen Glückauf<br />
Bernd Tönjes<br />
Vorsitzender des Vorstands <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG<br />
Mitglied des Vorstands <strong>RAG</strong> Aktiengesellschaft
Mite<strong>in</strong>ander wachsen, zusammen gestalten<br />
<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> bedeuten <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> verantwortungsvolles Planen,<br />
stetes Anpassen an die wechselhaften Zeiten, aber vor allem auch <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> harte<br />
und aufopferungsvolle Arbeit der vielen Bergleute vor Ort. Die Bergleute von heute<br />
stehen auf den Schultern der Generationen vor ihnen. Was die alten Bergleute<br />
erdacht und erarbeitet haben, bildet die Grundlage für die Zukunft. Daher ist es verdienstvoll,<br />
an die Leistungen der Vorgänger zu er<strong>in</strong>nern und den Weg des <strong>Bergbau</strong>s<br />
über <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> zu begleiten. Das Studium der Geschichte ist der beste Weg, Aufgabe<br />
und Ziel der eigenen Generation zu erkennen. So zeigt der Blick <strong>in</strong> die Geschichte<br />
des Bergwerks, dass <strong>Bergbau</strong> auf Prosper-Haniel auch <strong>in</strong> Zukunft Sorgen, Überw<strong>in</strong>dung<br />
von Schwierigkeiten und harte Arbeit bedeuten wird. Er zeigt aber auch, wie<br />
durch fortschrittliche Ideen, E<strong>in</strong>satzbereitschaft, Fleiß und Kameradschaft die<br />
anstehenden Aufgaben und Herausforderungen gemeistert werden können.<br />
<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> heißen <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> geme<strong>in</strong>same Entwicklung, geme<strong>in</strong>sames<br />
Gestalten und Zusammenwirken mit der Stadt <strong>Bottrop</strong> und ihren Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürgern. Ich bedanke mich auch im Namen der Belegschaft für den Zuspruch und die nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />
selbstverständliche Unterstützung zu unserem <strong>Bergbau</strong>. Wir wissen, was wir der Stadt zu verdanken haben und<br />
die Stadt weiß, was sie dem <strong>Bergbau</strong> zu verdanken hat. Diese gelebte Solidarität und das geme<strong>in</strong>same<br />
Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> für die Menschen haben e<strong>in</strong>en besonderen Stellenwert, und wir alle können mit<br />
Stolz auf das bisher Erreichte zurückblicken.<br />
Mögen die kommenden Generationen <strong>in</strong> diesem Geiste mit Gottes Segen und Bergmannsglück den <strong>Bergbau</strong> und<br />
die Stadt erfolgreich weiterentwickeln.<br />
Vorworte<br />
Ludwig Ladz<strong>in</strong>ski<br />
Gesamtbetriebsratsvorsitzender <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG<br />
Vorsitzender Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der Betriebsräte im <strong>RAG</strong>-Konzern<br />
Glückauf<br />
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06<br />
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1856<br />
Die kle<strong>in</strong>e Landgeme<strong>in</strong>de <strong>Bottrop</strong> hat Mitte des 19. Jahr-<br />
hunderts gerade e<strong>in</strong>mal 3.500 E<strong>in</strong>wohner. Die Haupterwerbsquelle der dama-<br />
ligen Bevölkerung ist die Landwirtschaft, und nur wenige <strong>Bottrop</strong>er s<strong>in</strong>d auf<br />
nahe gelegenen Hütten und <strong>in</strong> Fabriken beschäftigt. Doch Kohle ist begehrt,<br />
und als Bauern zum ersten Mal <strong>in</strong> der Umgebung Ste<strong>in</strong>kohle f<strong>in</strong>den, verän-<br />
dert sich das Leben <strong>in</strong> dem bis dah<strong>in</strong> beschaulichen Ort von Grund auf.<br />
<strong>Bottrop</strong> erwacht, und beflügelt von den ersten Entdeckungen f<strong>in</strong>den weitere<br />
Grabungen statt, die zeigen: Tief unter der Erde liegen acht Millionen<br />
Quadratmeter Grubenfelder – Bodenschätze, deren Abbau Reichtum und<br />
Erfolg versprechen.<br />
1856–1870 Anfänge und Wachstum<br />
1856 <strong>Bottrop</strong> erhält se<strong>in</strong>en ersten Schacht<br />
Die Bergleute, die im August 1856 mit dem Abteufen des Schachts Prosper I beg<strong>in</strong>nen,<br />
s<strong>in</strong>d echte Pioniere <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>. Sie ebnen den Weg zum „schwarzen Gold“, das ab sofort<br />
die Entwicklung der Geme<strong>in</strong>de und das Leben <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> maßgeblich bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Die systematische Kohlenförderung ist jedoch für Herzog Prosper Ludwig von<br />
Arenberg als Besitzer der Abbaurechte nicht zu bewältigen. Daher schließen<br />
sich bekannte Industrielle des Ruhrgebiets zusammen: Mitglieder namhafter<br />
Familien wie Waldthausen, Morian, Hammacher, Haniel und Huyssen grün-<br />
den Anfang 1856 die „Arenberg’sche Actien-Gesellschaft für <strong>Bergbau</strong> und<br />
Hüttenbetrieb“, die sich ganz der Gew<strong>in</strong>nung von Ste<strong>in</strong>kohle verschreibt. Die<br />
Eigentümer verlieren ke<strong>in</strong>e Zeit: Innerhalb weniger Monate ist der Bau der<br />
ersten Zeche beschlossen, und schon im August 1856 treiben 55 Mann den<br />
Schacht von Prosper I <strong>in</strong> die Tiefe. Se<strong>in</strong> Name er<strong>in</strong>nert jedoch nicht nur an den<br />
Inhaber des Bergregals. Vom Namen Prosper (lat. „segensreich, glückhaft“)
versprechen sich die <strong>Bottrop</strong>er <strong>Bergbau</strong>-Pioniere auch Glück und<br />
Wohlergehen für ihr Unternehmen. Schacht I bildet die Grundlage für die<br />
erste planmäßige Kohlengew<strong>in</strong>nung <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>.<br />
Von nun an s<strong>in</strong>d Stadt und <strong>Bergbau</strong> eng mite<strong>in</strong>ander verbunden. 1863 fördert<br />
die Zeche die erste Kohle: hochwertige Fettkohle wird abgebaut, von den<br />
mittlerweile 315 Arbeitern der Arenberg’schen Gesellschaft mühsam mit<br />
Muskelkraft aus dem Berg gebrochen. Zur Weiterverarbeitung des „schwarzen<br />
Goldes“ erhält Prosper I im Jahr 1865 e<strong>in</strong>e Kokerei mit 72 Öfen und 1867 e<strong>in</strong>e<br />
Kohlenwäsche. Sowohl der <strong>Bergbau</strong> als auch die Geme<strong>in</strong>de <strong>Bottrop</strong> stehen<br />
1870<br />
nun ganz im Zeichen des Wachstums. Jährlich erreicht die Fördermenge<br />
neue Höchstmarken. Und <strong>Bottrop</strong> wächst durch den Zuzug der vielen<br />
Arbeiter, die dr<strong>in</strong>gend für die Kohlengew<strong>in</strong>nung gebraucht und zunächst <strong>in</strong><br />
Holland, vor allem aber <strong>in</strong> den polnischsprachigen Ostprov<strong>in</strong>zen angeworben<br />
werden. Schnell spricht sich der üppige Bruttolohn von 2,10 Mark je Schicht<br />
herum. Und schon bald kommen Arbeiter mit Namen wie Schimanski,<br />
Kowalski oder Kaczmarek nach <strong>Bottrop</strong>. 1870 leben hier bereits 5.300<br />
Menschen – und doch hat das Wachstum der Geme<strong>in</strong>de durch die Kohle gera-<br />
de erst begonnen.<br />
Prosper I hat sich b<strong>in</strong>nen weniger <strong>Jahre</strong> zu e<strong>in</strong>er ansehn-<br />
lichen Schachtanlage entwickelt – mit Kokerei und Kohlen-<br />
wäsche. Ungewöhnlich ist die Konstruktion der Zeche: Sie<br />
kommt mit nur e<strong>in</strong>em Schacht aus, der auf ganzer Länge<br />
mit e<strong>in</strong>em durchgehenden Wetterscheider geteilt ist, um<br />
frische und verbrauchte Luft vone<strong>in</strong>ander zu trennen.<br />
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08<br />
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1871–1905 Kohleboom und Bevölkerungsexplosion<br />
1871<br />
E<strong>in</strong>en neuen Nachfrageschub nach Kohle löst der<br />
deutsch-französische Krieg von 1870/71 aus. Während mit dem zweiten deut-<br />
schen Kaiserreich die so genannte Gründerzeit beg<strong>in</strong>nt, stellt sich <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong><br />
die Frage, wie der schlagartig gestiegene Bedarf nach Kohle gedeckt werden<br />
kann. Die Antwort liegt für die Gesellschafter der Arenberg’schen AG auf der<br />
Hand: E<strong>in</strong>e zweite Zeche muss her. Folgerichtig entsteht <strong>in</strong> der Bauernschaft<br />
Batenbrock östlich der <strong>Bottrop</strong>er Mitte Prosper II. Die Zechenanlage ist e<strong>in</strong>-<br />
malig <strong>in</strong> der Umgebung, denn sie erhält e<strong>in</strong>en markanten Malakoffturm, des-<br />
sen Name sich vom Hauptbollwerk der russischen Festung Sewastopol am<br />
Schwarzen Meer ableitet. Typisch für diese Art e<strong>in</strong>es Förderturms s<strong>in</strong>d nicht<br />
1905 Mensch und Tier im E<strong>in</strong>satz unter Tage<br />
Grubenpferde ziehen unter Tage die Loren mit der aus dem Ste<strong>in</strong><br />
gebrochenen Kohle. Die Tiere werden mit e<strong>in</strong>er speziellen Konstruktion<br />
aus Gurten senkrecht durch den Schacht <strong>in</strong> die Tiefe gelassen.<br />
nur se<strong>in</strong>e wuchtige Ersche<strong>in</strong>ung, sondern auch die teilweise filigranen<br />
Details wie die achteckigen Türmchen oder Rundbogenfenster <strong>in</strong> der Fassade<br />
aus dunklem Ziegelmauerwerk.<br />
Prosper II und se<strong>in</strong>e Kohle werden dr<strong>in</strong>gend benötigt – umso mehr, als die<br />
<strong>Jahre</strong>sförderung von Prosper I mit 300.000 Tonnen ihre Grenzen erreicht hat.<br />
Ab 1875 sorgt die neue Zeche für e<strong>in</strong>en Wachstumsschub bei der<br />
Kohlenförderung <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>, und 1890 durchbrechen die Prosper-Zechen erst-<br />
mals die Schallgrenze von e<strong>in</strong>er Million Tonnen Kohle im Jahr. Diese<br />
Steigerung ist der Verdienst der Bergleute, denn zu dieser Zeit bedeutet der<br />
Kohlenabbau noch re<strong>in</strong>e Handarbeit unter schwersten Bed<strong>in</strong>gungen.
Morgens um fünf Uhr ruft die Zechensirene die Männer zur Frühschicht. Bis<br />
zu elf Stunden mühen sie sich unter Tage, bevor e<strong>in</strong>e Arbeitsordnung die<br />
Untertageschicht auf maximal acht Stunden begrenzt. Für die Kohlen-<br />
gew<strong>in</strong>nung gilt e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Gleichung: Je mehr Kohle gefördert werden soll,<br />
desto größer ist der Bedarf an Arbeitskräften. Deshalb sorgt Prosper II für e<strong>in</strong>e<br />
wahre Völkerwanderung Richtung Ruhrgebiet, die E<strong>in</strong>wohnerzahlen explodie-<br />
ren geradezu. Rund e<strong>in</strong>e halbe Million „Ruhrpolen“, angeworbene Arbeiter<br />
aus den polnischsprachigen Gebieten, kommen <strong>in</strong> den nächsten Jahrzehnten<br />
<strong>in</strong> die Region und f<strong>in</strong>den auch <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> Arbeit. Zunächst noch ohne ihre<br />
1905<br />
Familien ziehen sie <strong>in</strong> eigens errichtete Unterkünfte, die so genannten<br />
Menagen. Als die Angehörigen nachkommen, s<strong>in</strong>d von den um 1900 <strong>in</strong><br />
<strong>Bottrop</strong> lebenden 25.000 E<strong>in</strong>wohnern rund 60 Prozent polnischer Herkunft.<br />
In der Nähe der Schachtanlagen entstehen typische Zechenkolonien. Die<br />
Bewohner bauen <strong>in</strong> den Gärten Gemüse an und versorgen sich zum großen<br />
Teil selbst. Oft werden e<strong>in</strong>zelne Räume an alle<strong>in</strong> stehende Arbeiter vermietet<br />
– e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>zip, das sich über Jahrzehnte bewährt, denn es ist oft die e<strong>in</strong>zige<br />
Möglichkeit, die weiter wachsende Zahl der Bergleute unterzubr<strong>in</strong>gen.<br />
Prosper II hat <strong>Bottrop</strong> endgültig zur <strong>Bergbau</strong>geme<strong>in</strong>de gemacht.<br />
Um 1900 ist der Kohlenabbau<br />
schwere Handarbeit.<br />
Prosper II zeichnet sich durch den<br />
wuchtigen Malakoffturm aus.<br />
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Lebenswelt <strong>Bergbau</strong><br />
Glückauf! Alt gediente Bergleute, die die Arbeit unter Tage noch ken-<br />
nen, verb<strong>in</strong>den mit dem Gruß den Wunsch auf e<strong>in</strong>e erfolgreiche Schicht und<br />
e<strong>in</strong> gesundes Ausfahren. Sie drücken damit auch ihre Verbundenheit aus, die<br />
durch die Arbeit unter Tage geprägt ist, „die aber auch weit darüber h<strong>in</strong>aus-<br />
geht,“ wie Ra<strong>in</strong>er Schwegmann betont. Vierzig <strong>Jahre</strong> lang ist der 67-Jährige<br />
auf Prosper <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> tätig gewesen, hat se<strong>in</strong> ganzes Berufsleben vom jun-<br />
gen Knappen bis zum Reviersteiger auf der Zeche verbracht. Heute engagiert<br />
er sich <strong>in</strong> der Gesellschaft Prosper-Haniel (GPH) für die Pflege des bergmänni-<br />
schen Brauchtums. „Tradition ist die Bewahrung des Feuers und nicht die<br />
Anbetung der Asche“, nennt Schwegmann das Vere<strong>in</strong>smotto und erklärt:„Wir<br />
wollen den Geist der Bergleute, die e<strong>in</strong>st das Ruhrgebiet zu Wohlstand führ-<br />
ten, lebendig und <strong>in</strong> unseren unruhigen Zeiten die alten Werte hoch halten –<br />
Werte wie Solidarität, kameradschaftliche Treue und soziale Verantwortung.“<br />
Weit über 500 aktive und ehemalige Mitarbeiter von Prosper-Haniel s<strong>in</strong>d<br />
Mitglieder der Gesellschaft. E<strong>in</strong> reges Vere<strong>in</strong>sleben ist für die Bergleute im<br />
Ruhrgebiet gute Tradition. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten sie<br />
Knappenvere<strong>in</strong>e, Kameradschaftskassen oder Nachbarschaftsvere<strong>in</strong>e. Die<br />
GPH selbst ist 1979 nach dem Zusammenschluss der Zechen Prosper und<br />
„Tradition ist die Bewahrung des Feuers<br />
und nicht die Anbetung der Asche.“<br />
Ra<strong>in</strong>er Schwegmann, Gesellschaft Prosper-Haniel
Haniel aus den dortigen Kameradschaftskassen hervorgegangen. E<strong>in</strong>ge-<br />
bunden <strong>in</strong> den Landesverband der Berg- und Knappenvere<strong>in</strong>e Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
Westfalen, pflegt sie Kontakte zu Bergleuten im Revier und darüber h<strong>in</strong>aus. In<br />
traditioneller Tracht mit Kittel und Fahne treffen sie sich beispielsweise zum<br />
Fest der heiligen Barbara, der Schutzpatron<strong>in</strong> aller Bergleute, zu Paraden oder<br />
Bergmannstagen. Oder sie begegnen Kollegen aus dem In- und Ausland und<br />
schließen Freundschaften, etwa mit dem Bergmannsvere<strong>in</strong> im oberbayri-<br />
schen Peißenberg.<br />
„Der <strong>Bergbau</strong> schweißt die Menschen quer durch alle Regionen zusammen“,<br />
betont Ra<strong>in</strong>er Schwegmann, der <strong>in</strong> der Nachkriegszeit von Hamburg nach<br />
<strong>Bottrop</strong> kam und dort se<strong>in</strong>en Traumberuf fand. Und er ist stolz, Menschen von<br />
se<strong>in</strong>er Arbeit und dem <strong>Bergbau</strong> erzählen zu können. Als Aktiver der<br />
Ehrengarde der GPH betreut er zusammen mit 22 Vere<strong>in</strong>skollegen die berg-<br />
männischen Besucherführungen am Malakoffturm und am Standort Prosper II<br />
und macht so das „Gestern“ und das „Heute“ gleichermaßen erlebbar.<br />
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1906–1918 Neue Schächte und Rekordförderungen<br />
1906 <strong>Bottrop</strong> schreibt erst e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert als<br />
<strong>Bergbau</strong>geschichte, doch die erfolgreichen Prosper-Zechen kön-<br />
nen schon jetzt e<strong>in</strong>e ansehnliche Bilanz aufweisen. Die Belegschaft ist auf<br />
rund 5.700 Arbeiter angewachsen. Die Schachtanlagen der Arenberg’schen<br />
AG fördern mit über 1,6 Millionen Tonnen Kohle im Jahr 1906 so viel wie nie<br />
zuvor. Alle<strong>in</strong> im Jubiläumsjahr haben sie die Fördermenge um weitere<br />
200.000 Tonnen nach oben getrieben. Diesen Erfolg nutzt die Geme<strong>in</strong>de<br />
<strong>Bottrop</strong>, um bei der preußischen Regierung e<strong>in</strong>en Antrag auf Gewährung der<br />
Stadtrechte zu stellen – der abgelehnt wird. E<strong>in</strong> dörfliches Lebensgefühl<br />
herrscht dennoch nicht mehr. Die Menschen empf<strong>in</strong>den sich selbstbewusst<br />
1906 Prosper II wächst und gedeiht<br />
Zum 50-jährigen Jubiläum des <strong>Bottrop</strong>er <strong>Bergbau</strong>s ist die Schachtanlage<br />
Prosper II bereits zu bee<strong>in</strong>druckender Größe gewachsen.<br />
Städter, schließlich sorgt der <strong>Bergbau</strong> für hohe Steuere<strong>in</strong>nahmen und per-<br />
sönlichen Wohlstand. Die Wirtschaft floriert, und auch die kommenden <strong>Jahre</strong><br />
versprechen e<strong>in</strong>en guten Absatz für Kohle und Koks. In <strong>Bottrop</strong> heißt das: Der<br />
Abbau muss bald <strong>in</strong> das nördliche Prosper-Grubenfeld vorstoßen, um neue<br />
Lagerstätten zu erschließen. E<strong>in</strong> Mangel an Arbeitskräften herrscht nicht – im<br />
Gegenteil. Der Zuzug von Arbeitern läuft nahezu ungebremst weiter, so dass<br />
sich zwischen 1900 und 1910 die E<strong>in</strong>wohnerzahl <strong>Bottrop</strong>s auf über 47.000<br />
Menschen fast verdoppelt. In dieser Situation fällt die Entscheidung für e<strong>in</strong>e<br />
weitere Zeche leicht: Prosper III entsteht <strong>in</strong> direkter Nähe zum Ortskern und<br />
nimmt 1907 mit Schacht 6 die Arbeit auf. Auch e<strong>in</strong>e neue Kokerei wird errichtet.
Bis 1912 gehören zu Prosper <strong>in</strong>sgesamt vier Zechen: Prosper I, II, III und die<br />
Anlage Arenberg-Fortsetzung, die zwar selbstständig, mit der Mutter-<br />
gesellschaft aber durch Personalunion eng verbunden ist. Geme<strong>in</strong>sam för-<br />
dern sie bis zu 2,78 Millionen Tonnen Kohle.<br />
Für e<strong>in</strong>en leichten Rückgang der Fördermenge um rund 400.000 Tonnen<br />
sorgt der Beg<strong>in</strong>n des ersten Weltkriegs. Viele Männer werden als Soldaten<br />
e<strong>in</strong>gezogen, die Zechen haben weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Dabei<br />
kurbelt gerade der Krieg die Nachfrage nach Kohle an, und 1917 erreicht die<br />
Fördermenge fast wieder 2,8 Mio. Tonnen (das Rekordergebnis aus dem Jahr<br />
Schritt für Schritt gelangt die Kohle aus dem Stollen ans Licht.<br />
Am Füllort kommen die vollen Kohleloren an und werden<br />
<strong>in</strong> den senkrechten Förderschacht umgefüllt. Über Tage<br />
wird der gewonnene Rohstoff dann weiterverarbeitet. So<br />
entsteht <strong>in</strong> den Kokereien durch <strong>in</strong>direktes Erhitzen der<br />
Rohkohle der wertvolle Brennstoff Koks.<br />
1918<br />
1913 kann damit sogar noch übertroffen werden). Die <strong>Bottrop</strong>er Kohle kann ab<br />
1914 über den nun fertig gestellten Prosper-Hafen am Rhe<strong>in</strong>-Herne-Kanal ver-<br />
schifft werden. Die Zechen s<strong>in</strong>d durch diesen Anschluss an den Wasserweg zu<br />
so genannten „nassen Zechen“ geworden. Dank der preiswerteren Fracht-<br />
sätze der Schifffahrt können sie ihre Produkte billiger anbieten.<br />
So groß der Hunger nach Kohle während des Krieges ist, so bitter herrscht die<br />
wirtschaftliche Not <strong>in</strong> den ersten Nachkriegsjahren. Wie alle Geme<strong>in</strong>den und<br />
Industriezweige des Ruhrgebiets stehen auch <strong>Bottrop</strong> und der <strong>Bergbau</strong> vor<br />
e<strong>in</strong>em Neubeg<strong>in</strong>n.<br />
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14<br />
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1919–1929 Nachkriegsjahre und neue Techniken<br />
1919<br />
Die Folgen des Ersten Weltkriegs können die <strong>Bottrop</strong>er<br />
Zechen schnell überw<strong>in</strong>den. Gerade <strong>in</strong> den Nachkriegsjahren wächst die<br />
Belegschaft rasant. Bis zu 15.000 Menschen s<strong>in</strong>d hier beschäftigt. Ihre<br />
Arbeitgeber s<strong>in</strong>d ab 1922 die Rhe<strong>in</strong>ischen Stahlwerke (Rhe<strong>in</strong>stahl), die das<br />
Aktienkapital der Arenberg’schen AG übernehmen. <strong>Bottrop</strong> zählt jetzt 72.000<br />
E<strong>in</strong>wohner und gilt als „größtes Dorf Preußens“. Dem trägt die preußische<br />
Regierung 1919 endlich Rechnung: Die Geme<strong>in</strong>de erhält die ersehnten<br />
Stadtrechte und wird e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb <strong>Jahre</strong> später zur kreisfreien Stadt. Auch neue<br />
Techniken setzen Maßstäbe. Dabei profitieren die Männer unter Tage vor<br />
allem vom 1920 erfundenen Abbauhammer, der das Herauslösen der Kohle<br />
aus dem Geste<strong>in</strong> erheblich erleichtert. Für die Produktivität der Zechen gilt<br />
damit e<strong>in</strong>e neue Gleichung: Ihre Fördermenge steht und fällt mit der Zahl der<br />
e<strong>in</strong>gesetzten Abbauhämmer. Auch andere Neuerungen treiben den <strong>Bergbau</strong><br />
voran: Eiserne Grubenstempel, elektrische statt Benz<strong>in</strong>-Grubenlampen und<br />
Förderbänder statt Grubenpferde. Für mehr als 20 <strong>Jahre</strong> setzen die 1927<br />
erfundenen Kettenschrämmasch<strong>in</strong>en mit Druckluftantrieb Maßstäbe <strong>in</strong> der<br />
Kohlengew<strong>in</strong>nung. Sie schneiden Ritzen <strong>in</strong> die Kohle, damit die sich leichter<br />
1920 Effektiver Abbau mit modernen Masch<strong>in</strong>en<br />
Der Abbauhammer macht die Arbeit des Kohlenhauers nicht nur erheblich<br />
leichter, er setzt auch neue Maßstäbe <strong>in</strong> Sachen Produktivität.
aus dem Berg herausbrechen lässt. Dank moderner Geräte läuft die Kohlen-<br />
förderung auf den <strong>Bottrop</strong>er Zechen auf Hochtouren. Mit immer größeren<br />
Fördermengen s<strong>in</strong>d die vergleichsweise kle<strong>in</strong>en Kokereien der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Schachtanlagen jedoch überfordert. Deshalb ersetzt 1928 e<strong>in</strong>e neue Zentral-<br />
kokerei die Kokereien von Prosper I, II und III. Die Koksproduktion startet zu-<br />
nächst mit vier E<strong>in</strong>zelbatterien mit jeweils 45 Öfen, die schon im ersten Jahr<br />
e<strong>in</strong>e Million Tonnen Koks erzeugen. Außerdem speist die Kokerei mit ihrem<br />
Gasometer verstärkt Kokereigas <strong>in</strong> das so genannte Stadtgasnetz für die<br />
kommunale und <strong>in</strong>dustrielle Gasversorgung e<strong>in</strong>. Bis 1942 wächst die Zentral-<br />
1929<br />
kokerei weiter, erhält noch drei Batterien und wird zur landesweit größten<br />
E<strong>in</strong>e für alle: Die neue Zentralwerkstatt zwischen Prosper I und der<br />
Zentralkokerei übernimmt die Arbeiten aller bisherigen Werkstätten –<br />
damit ist sie gewissermaßen Vorläufer der heutigen zentralen Service-<br />
e<strong>in</strong>richtungen für die verschiedenen Schachtanlagen. Ganze Batterien<br />
von Masch<strong>in</strong>en stehen hier zur Verfügung.<br />
Kokerei: <strong>Bottrop</strong> ist der Mittelpunkt der deutschen Koksherstellung. Für e<strong>in</strong>e<br />
effektivere Kohlengew<strong>in</strong>nung setzen die Prosper-Zechen auf Konzentration.<br />
Prosper I und II werden zu Prosper I/II zusammengelegt. Damit fällt der Start-<br />
schuss für die Entwicklung von Prosper II zum Zentrum der Kohlenauf-<br />
bereitung <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>. Zusammengeführt wird auch der Aufgabenbereich der<br />
Werkstätten. E<strong>in</strong>e neue Zentralwerkstatt bündelt die Arbeit für die Schacht-<br />
anlagen. Hier ist zudem die Ausbildungsabteilung für den gesamten berg-<br />
männischen und handwerklichen Nachwuchs der Prosper-Zechen angesiedelt.<br />
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16 |<br />
<strong>Bergbau</strong>stadt <strong>Bottrop</strong><br />
Industriedenkmale wie der Malakoffturm auf Prosper II s<strong>in</strong>d<br />
stumme Zeugen jener Zeit, als Menschen aus ganz Europa nach <strong>Bottrop</strong><br />
zogen, um sich hier e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Wohlstand zu erarbeiten. Als 1856 mit dem<br />
Abteufen von Prosper I begonnen wurde, um das schwarze Gold nach über<br />
Tage zu fördern, wuchs die Landgeme<strong>in</strong>de zur <strong>Bergbau</strong>stadt. Nach wie vor ist<br />
der <strong>Bergbau</strong> mit 6.000 Arbeitsplätzen größter Arbeitgeber am Ort. Und die<br />
preisgekrönte Forschung & Entwicklung ist im Bereich <strong>Bergbau</strong>masch<strong>in</strong>en-<br />
technologie weltweit führend. Auch städtebaulich ist <strong>Bottrop</strong> durch se<strong>in</strong><br />
„Ohne die Spuren der Vergangen-<br />
heit ist das moderne <strong>Bottrop</strong> kaum<br />
vorstellbar.“<br />
Heike Biskup, Stadtarchivar<strong>in</strong><br />
besonderes Ersche<strong>in</strong>ungsbild als Bergarbeiterstadt geprägt: Typische<br />
Zechensiedlungen s<strong>in</strong>d zur heutigen Stadt mit 121.000 E<strong>in</strong>wohnern zusam-<br />
mengewachsen. Kle<strong>in</strong>e Bergmannshäuser – liebevoll restauriert und moder-<br />
nisiert wie <strong>in</strong> der Gartenstadt Welheim, Im Beckedal oder Im Wilmkesfeld –<br />
f<strong>in</strong>den sich noch <strong>in</strong> vielen Stadtteilen und Straßenzügen. „Ohne die Spuren<br />
der Vergangenheit ist das moderne <strong>Bottrop</strong> kaum vorstellbar“, me<strong>in</strong>t Heike<br />
Biskup, Stadtarchivar<strong>in</strong>, die sich <strong>in</strong>tensiv mit dem Thema Stadt und <strong>Bergbau</strong><br />
ause<strong>in</strong>ander setzt und im Jubiläumsjahr mit e<strong>in</strong>er Ausstellung dokumentiert.
Aber auch der nachhaltige Umgang mit der Natur ist für den <strong>Bergbau</strong> von<br />
besonderer Bedeutung. Veränderungen im Umfeld werden unter ökologi-<br />
schen Aspekten aktiv begleitet und durch Ausgleichsflächen kompensiert. So<br />
veränderten sich Teile des Schwarzbachs zum Feuchtbiotop mit Bewohnern<br />
wie Flussregenpfeifer und Uferschwalbe. Die Entwicklung des Gewässers<br />
können Erholungssuchende nun von e<strong>in</strong>er Brücke aus verfolgen. Für den<br />
Verlust dieses Bachabschnitts wurde am Gartroper Mühlenbach e<strong>in</strong>e neue<br />
Bachaue geschaffen. Freizeit und Kultur haben im Strukturwandel Bedeutung<br />
für <strong>Bottrop</strong> gewonnen. Halden wurden begrünt und mit Wanderwegen aus-<br />
gestattet. Auf historischen <strong>Bergbau</strong>stätten ziehen moderne Attraktionen<br />
Besucher aus dem In- und Ausland an. Das Alp<strong>in</strong>center auf der Halde Prosper<br />
ist die längste Skihalle weltweit. E<strong>in</strong>zigartig auf der Halde Haniel s<strong>in</strong>d auch<br />
das Amphitheater, der Kreuzweg und die Installation von aufrecht stehenden<br />
Bahnschwellen, die „Totems“ des baskischen Künstlers Agust<strong>in</strong> Ibarrola – und<br />
der Tetraeder auf der Halde Beckstraße, 1995 im Rahmen der IBA Emscherpark<br />
erbaut, ist längst das neue Wahrzeichen der Stadt.<br />
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18 |<br />
1930–1947 Durch Weltwirtschaftskrise und 2. Weltkrieg<br />
1930<br />
Die weltweite Wirtschaftskrise erreicht Deutschland ab 1930<br />
verstärkt – und trifft unmittelbar den <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>. Die ersten Leidtragenden s<strong>in</strong>d die<br />
Bergleute von Arenberg-Fortsetzung. Nachdem im Sommer 1930 die dortige Kokerei geschlos-<br />
sen werden muss, s<strong>in</strong>d Öffentlichkeit und Stadtspitze alarmiert. Die Menschen <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong><br />
ahnen bereits, was zum 1. November traurige Gewissheit wird: Wegen der katastrophalen Lage<br />
im Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau kommt es auf Arenberg-Fortsetzung zur ersten Zechenstilllegung <strong>in</strong><br />
<strong>Bottrop</strong>: 950 Beschäftigte müssen gehen. Immerh<strong>in</strong> kann e<strong>in</strong> Teil von ihnen weiterh<strong>in</strong> im<br />
<strong>Bergbau</strong> arbeiten, denn Prosper II übernimmt 600 der entlassenen Bergleute.<br />
Auf den anderen <strong>Bottrop</strong>er Zechen ist die Lage allerd<strong>in</strong>gs kaum weniger heikel. Überall<br />
erzw<strong>in</strong>gt die Krise Feierschichten, also Kurzarbeit, was sich im Geldbeutel der Arbeiter emp-<br />
f<strong>in</strong>dlich bemerkbar macht. Rationalisierungsmaßnahmen und s<strong>in</strong>kende Beschäftigtenzahlen<br />
prägen damit die erste Hälfte der 1930er-<strong>Jahre</strong>. Alle<strong>in</strong> zwischen 1930 und 1932 schrumpft die<br />
Belegschaft der Prosper-Zechen von rund 10.000 Mitarbeitern auf nur noch 6.320 Beschäftigte.<br />
Mit der Nazidiktatur beg<strong>in</strong>nt 1933 das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte und damit<br />
1930 Barer Lohn für harte Arbeit<br />
Ihre Bezahlung holen sich die Bergleute am Ende<br />
jeder Woche <strong>in</strong> bar ab. In der Lohnhalle kommen dafür<br />
alle Mitarbeiter zusammen.
auch der Geschichte des deutschen Ste<strong>in</strong>kohlenbergbaus. Die von den Nazis<br />
betriebene Aufrüstung forciert die Nachfrage nach Kohle. Um mit der<br />
Förderung den riesigen Bedarf zu decken, werden <strong>in</strong> der zweiten Hälfte der<br />
30er-<strong>Jahre</strong> zusätzliche Sonntagsschichten e<strong>in</strong>geführt. In den ersten <strong>Jahre</strong>n<br />
des 2. Weltkriegs wird die Kohlegew<strong>in</strong>nung auf neue Höchstwerte getrieben:<br />
1940 fördert Prosper 3,7 Millionen Tonnen Kohle. Da viele Beschäftigte<br />
Soldaten geworden s<strong>in</strong>d, werden <strong>in</strong> der gesamten deutschen Industrie und<br />
auch im Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau Kriegsgefangene und Konzentrationslager-<br />
1939<br />
häftl<strong>in</strong>ge als Zwangsarbeiter e<strong>in</strong>gesetzt. Viele überleben die unmenschliche<br />
Behandlung nicht, die ihnen dabei widerfährt. Die <strong>RAG</strong> wird sich 1999 für den<br />
deutschen Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau am Entschädigungsfonds der Bundesrepublik<br />
Deutschland für ehemalige Zwangsarbeiter beteiligen. Dies kann ke<strong>in</strong>e<br />
Wiedergutmachung des großen Leids der Zwangsarbeiter se<strong>in</strong>, jedoch soll es<br />
aufzeigen, wie es der <strong>RAG</strong>-Vorstandsvorsitzende Dr. Werner Müller formulierte,<br />
„dass <strong>in</strong> unserem Konzern Menschlichkeit und Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong><br />
grundsätzliche Werte s<strong>in</strong>d.“<br />
Die Technik ist unter Tage nicht mehr wegzudenken. Bergleute bei der<br />
Arbeit mit Schrämmasch<strong>in</strong>en (von „Schram“ = Riss im Geste<strong>in</strong>), die<br />
e<strong>in</strong>er auf e<strong>in</strong>en Rahmen gebauten Kettensäge ähneln. Die Masch<strong>in</strong>en<br />
schneiden schräge Schlitze <strong>in</strong> das Kohleflöz, wodurch sich der Rohstoff<br />
leichter aus dem Berg lösen lässt.<br />
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20<br />
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1944<br />
Im Laufe des Krieges wird von immer stärkeren Luftangriffen auf<br />
Industrieanlagen auch Prosper betroffen. Am 30. November 1944 zerstört e<strong>in</strong><br />
heftiger Luftangriff große Teile der Zentralkokerei und stoppt die Förderung<br />
im Schacht 2. In den folgenden Monaten kommen weitere Schäden h<strong>in</strong>zu, bis<br />
Ende März 1945 die Produktion endgültig zusammenbricht. Aber der<br />
Stillstand dauert nicht lange: Bereits am 7. April 1945, und damit noch e<strong>in</strong>en<br />
Monat vor der Kapitulation Deutschlands, nimmt Prosper auf Befehl der briti-<br />
schen Besatzungstruppen die Arbeit erneut auf. Dabei wird die am wenigsten<br />
zerstörte Anlage Prosper III zuerst <strong>in</strong> Betrieb genommen.<br />
Nach Kriegsende ist vor allem Energie e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>gend benötigtes Gut für den<br />
Wiederaufbau der Wirtschaft <strong>in</strong> Deutschland und Europa – und ganz beson-<br />
ders im heftig zerstörten Ruhrgebiet. Die Alliierten drängen daher auf e<strong>in</strong>e<br />
möglichst schnelle Wiederaufnahme der vollen Kohlenförderleistung. Doch<br />
so kurz nach dem Krieg s<strong>in</strong>d kaum Arbeitskräfte auf den Zechen verfügbar,<br />
und so werden als besonderer Bewerbungsanreiz „Privilegien“ geschaffen –<br />
der Begriff ist jedoch relativ, denn <strong>in</strong> dieser Zeit verstehen die Menschen da-<br />
runter existenziell notwendige D<strong>in</strong>ge: Vor der Schicht erhält der Bergmann<br />
belegte Brote, nach der Schicht e<strong>in</strong>e Suppe. Außerdem werden zusätzliche<br />
Bezugssche<strong>in</strong>e – die so genannten „Bergmannspunkte“ – für rationierte<br />
Waren wie Kleidung, Schuhe, Haushaltsgeräte und die besonders begehrten<br />
Care-Pakete der Amerikaner ausgegeben. E<strong>in</strong> weiterer Vorteil für Bergleute ist<br />
das Kohlendeputat: Ihnen steht e<strong>in</strong>e festgelegte Menge des wertvollen<br />
Auch Prosper II wird durch<br />
Bomben nahezu völlig zerstört.
1947 Buttern und Klönen<br />
Beim Frühstück unter Tage, dem so genannten „Buttern“,<br />
nutzen die Bergleute die Gelegenheit, sich über „Gott und<br />
die Welt“ zu unterhalten.<br />
1947<br />
Heizmaterials zur Verfügung – ganz im Gegensatz zur übrigen <strong>Bottrop</strong>er<br />
Bevölkerung, die so gut wie gar nicht an Kohlen kommt. Jenen Menschen<br />
bleibt nur der Kohlenklau, der schließlich durch Joseph Kard<strong>in</strong>al Fr<strong>in</strong>gs, den<br />
Erzbischof von Köln, legitimiert wird: In e<strong>in</strong>er Predigt verkündet er, dass der<br />
Mundraub lebensnotwendiger D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> diesen schweren Zeiten nicht als<br />
Diebstahl anzusehen ist. Damit ist das „Fr<strong>in</strong>gsen“ geboren: Die Not leidenden<br />
Menschen ziehen h<strong>in</strong>aus, um sich ihre Kohle zum Leben selbst zu organisie-<br />
ren. Wo immer Kohlenzüge mit der wertvollen Fracht anhalten, nehmen sie<br />
sich ihren Teil, den sie mit Säcken und Handwagen nach Hause schaffen.<br />
Insbesondere <strong>in</strong> schweren Zeiten wie diesen ist das Interesse an e<strong>in</strong>em<br />
Arbeitsplatz im <strong>Bergbau</strong> groß, und schon bald ist der Belegschaftsbestand der<br />
Zechen wieder ausreichend aufgestockt. Die Fördermengen können sich<br />
ebenfalls wieder sehen lassen: Schon 1947 fördert Prosper 1,8 Millionen<br />
Tonnen Kohle zutage.<br />
Arbeiten an der<br />
Elektrik unter Tage.<br />
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1948–1959 Wiederaufbau und Kohlekrise<br />
1948<br />
Dynamik erhält der Wiederaufbau mit der Währungs-<br />
reform vom 20. Juni 1948. Nahezu über Nacht verschw<strong>in</strong>den Schwarzmarkt-<br />
und Tauschgeschäfte aus dem öffentlichen Leben. Die Rationierung von<br />
Waren ist aufgehoben, mit e<strong>in</strong>em Mal s<strong>in</strong>d die Regale <strong>in</strong> den Geschäften voll.<br />
Und bei Löhnen von rund zehn Mark pro Schicht lohnt sich das Arbeiten wie-<br />
der. Aus allen Teilen Deutschlands wollen Menschen <strong>in</strong> den <strong>Bergbau</strong> nach<br />
<strong>Bottrop</strong>. Der ist <strong>in</strong> den 50er-<strong>Jahre</strong>n geprägt vom wichtigen Schritt zur vollme-<br />
chanisierten Kohlengew<strong>in</strong>nung.<br />
Die E<strong>in</strong>führung des Kohlenhobels 1951 ist e<strong>in</strong> Meilenste<strong>in</strong> im modernen<br />
Kohlenabbau. Die Masch<strong>in</strong>e fährt am Berg entlang und „schält“ dabei jedes<br />
Mal e<strong>in</strong>e dünne Schicht ab. Der Kohlenhobel tritt aus dem Stand e<strong>in</strong>en wah-<br />
ren Siegeszug an. Er wird auch von anderen Schachtanlagen übernommen<br />
und sorgt auf den Prosper-Zechen für enorme Leistungssteigerungen. Die<br />
Förderung schnellt auf mehr als drei Millionen Tonnen jährlich und erreicht<br />
damit fast schon wieder die Spitzenwerte der bisher ertragreichsten <strong>Jahre</strong><br />
seit 1856. Neben den Zechenanlagen müssen auch die zerstörten oder teils<br />
stark beschädigten Werkswohnungen wieder aufgebaut werden.<br />
1959 Kohle für den Hausgebrauch<br />
Besonders praktisch ist die sauber verpackte Hausbrandkohle,<br />
die sich <strong>in</strong> handlichen Paketen problemlos <strong>in</strong> jedem Kofferraum<br />
transportieren lässt.
Die Zentralwerkstatt hilft <strong>in</strong>tensiv bei den notwendigen Reparaturen. Um für<br />
die gewachsene Belegschaft ausreichend Wohnraum zu schaffen, gründen<br />
Zechengesellschaft und Stadt <strong>Bottrop</strong> am 23. April 1951 die Geme<strong>in</strong>nützige<br />
Wohnungsbaugesellschaft Arenberg. Mit Hilfe öffentlicher Mittel wird die<br />
akute Wohnungsnot erfolgreich bekämpft – zunächst mit modernen Miet-<br />
wohnungen mit Bad, später auch mit Eigenheimen für Familien. Die damit<br />
entstehenden Zechensiedlungen <strong>in</strong> der Welheimer Mark, Im Beckedal, an der<br />
Der <strong>Bottrop</strong>er <strong>Bergbau</strong> vollzieht den Schritt <strong>in</strong>s<br />
neue Grubenfeld „Nordlicht“: Der Querschlag<br />
von Prosper II <strong>in</strong> das Feld Nordlicht-West<br />
erschließt neue Kohlenvorräte. Die Felder im<br />
Süden können die benötigten Fördermengen<br />
auf lange Sicht nicht mehr hergeben. Deshalb<br />
wird Prosper IV <strong>in</strong> Kirchhellen geplant.<br />
1959<br />
Essener und der Scharnhölzstraße, Im Wilmkesfeld und an anderen Orten <strong>in</strong><br />
und um <strong>Bottrop</strong> prägen e<strong>in</strong>mal mehr das Gesicht <strong>Bottrop</strong>s als typische<br />
<strong>Bergbau</strong>stadt.<br />
Neue Kohlenvorräte verspricht 1958 das gerade erworbene Grubenfeld<br />
Nordlicht West <strong>in</strong> Kirchhellen, das nun durch die neue Zechenanlage Prosper<br />
IV erschlossen werden soll. Dafür wird noch im selben Jahr mit den<br />
Teufarbeiten für Schacht 9 begonnen. Auf Grund der Kohlekrise, die sich seit<br />
Spätsommer des <strong>Jahre</strong>s abzuzeichnen beg<strong>in</strong>nt, wird allerd<strong>in</strong>gs auf die übli-<br />
chen Festlichkeiten verzichtet. Als mutig und auch weitsichtig lässt sich die<br />
Entscheidung der Eigentümer bezeichnen: die Nachfrage nach dem Rohstoff<br />
erlahmt und auf den Zechen kommt es zu Kurzarbeit.<br />
Zuversicht und Unterstützung erhalten die Bergleute aber nicht nur von<br />
ihrem Arbeitgeber, sondern auch von der Kirche – <strong>in</strong>sbesondere vom ersten<br />
Bischof des 1958 neu gegründeten Ruhrbistums: Franz Hengsbach pflegt Zeit<br />
se<strong>in</strong>es Lebens e<strong>in</strong>e enge Verbundenheit mit den Bergleuten. Dies dokumen-<br />
tiert er nicht zuletzt durch se<strong>in</strong>en Bischofsr<strong>in</strong>g, den statt e<strong>in</strong>es Edelste<strong>in</strong>s e<strong>in</strong><br />
Stück Kohle ziert.<br />
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24 |<br />
Frauen und <strong>Bergbau</strong><br />
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Das war typi-<br />
scher Alltag im Leben der Bergmannsfrauen <strong>in</strong> den 50er- und 60er-<strong>Jahre</strong>n.<br />
„Alles drehte sich um die Arbeit. Haushalt und Familienleben waren ganz dar-<br />
auf abgestimmt“, er<strong>in</strong>nert sich beispielsweise Adelheid Kobus, deren Mann<br />
Günter als Steiger auf Prosper II und später am Schacht 10 unter Tage im<br />
E<strong>in</strong>satz war. „Ich war oft alle<strong>in</strong>, denn auf dem Bergwerk gab es viel zu tun,<br />
unzählige Überschichten – aber das kam ja f<strong>in</strong>anziell der ganzen Familie<br />
zugute“, beschreibt die gebürtige <strong>Bottrop</strong>er<strong>in</strong> ihren Alltag <strong>in</strong> den<br />
„Der <strong>Bergbau</strong> bee<strong>in</strong>flusste unseren Tagesablauf<br />
und wurde so e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil unseres<br />
Lebens.“<br />
Adelheid Kobus<br />
Aufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Das „schwarze Gold“ nahm viel<br />
Raum im Leben der Familien e<strong>in</strong> und sorgte gleichzeitig für ihren Broterwerb,<br />
ihre Existenz. Freizeitvergnügen am Wochenende waren Spaziergänge im<br />
Stadtgarten mit den drei K<strong>in</strong>dern, Ausflüge zum Schwimmen, <strong>in</strong> die Essener<br />
Gruga oder schon mal bis zum Drachenfels – „später, als wir schon e<strong>in</strong> Auto<br />
hatten“, berichtet Adelheid Kobus.<br />
Die Anfänge der Familien- und Existenzgründung waren oft bescheiden. So<br />
lebten Adelheid und Günter Kobus, deren Väter beide ebenfalls Bergleute <strong>in</strong>
<strong>Bottrop</strong> waren, als junges Ehepaar zunächst <strong>in</strong> zwei Zimmern im Haus der<br />
Schwiegereltern. Auf e<strong>in</strong>em Zwei-Platten-Elektrokocher bereitete Adelheid<br />
jeden Tag die Mahlzeiten: „Gemüsee<strong>in</strong>topf, Fleisch, Vorsuppe – und e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />
der Woche gab es Fisch“, schildert sie die typische Lebenswelt so vieler<br />
Bergmannsfrauen der damaligen Zeit. Später erleichterten die ersten<br />
Waschmasch<strong>in</strong>en die körperliche Hausarbeit, doch der Alltag der Frauen war<br />
weiterh<strong>in</strong> geprägt von Diszipl<strong>in</strong> und Verzicht – denn die Arbeit der Bergleute<br />
sicherte nicht nur das E<strong>in</strong>kommen der Familie, sondern bestimmte nach wie<br />
vor deren Lebensrhythmus. „Angst war auch dabei“, blickt Adelheid Kobus auf<br />
die frühen <strong>Jahre</strong> zurück, „da war die Arbeit unter Tage doch noch anders, als<br />
sie es heute ist. Gott sei Dank hat es schwere Unfälle nie gegeben“, so die<br />
<strong>Bottrop</strong>er<strong>in</strong>, deren Leben exemplarisch ist für viele Frauen ihrer Generation.<br />
Als starke Partner<strong>in</strong>nen haben sie die Arbeit ihrer Männer mit getragen, als<br />
Mittelpunkt der Familie die K<strong>in</strong>der umsorgt und den Haushalt <strong>in</strong> Schuss<br />
gehalten. Damit hat jede von ihnen ihren ganz persönlichen Beitrag zum<br />
Wachstum des <strong>Bergbau</strong>s und der Stadt <strong>Bottrop</strong> geleistet.<br />
Text: Elsbeth Müller, Historische<br />
Gesellschaft <strong>Bottrop</strong><br />
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26<br />
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1960–1973 Ruhrkohle AG und Verbundbergwerk entstehen<br />
1960<br />
Neue Rekorde für den <strong>Bottrop</strong>er <strong>Bergbau</strong> stellt die<br />
Zechenanlage Prosper IV auf, die 1960 mit dem Abbau im Nordlicht-Feld<br />
beg<strong>in</strong>nt. B<strong>in</strong>nen kurzer Zeit werden enorme Mengen Kohle gefördert – das<br />
Geheimnis des Erfolgs ist e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e aus Amerika: Mit dem Cont<strong>in</strong>uous<br />
M<strong>in</strong>er (CM) feiert der voll mechanisierte Streckenvortrieb Premiere <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>.<br />
Der M<strong>in</strong>er stellt unter Tage <strong>in</strong> kurzer Zeit die gewünschten Strecken her,<br />
wobei bereits erhebliche Kohlenmengen anfallen. Nach ersten guten<br />
Erfahrungen mit e<strong>in</strong>er angemieteten Masch<strong>in</strong>e schafft Prosper IV schnell<br />
auch eigene an, die das unterirdische Streckennetz der Zeche herstellen.<br />
Während die <strong>Bergbau</strong>technik ständig neue Verbesserungen hervorbr<strong>in</strong>gt,<br />
spitzt sich die Kohlekrise weiter zu. Kle<strong>in</strong>e Zechen müssen stillgelegt werden,<br />
und auch die großen Betriebe geraten <strong>in</strong> Zugzwang. Die Folge s<strong>in</strong>d<br />
Zusammenlegungen, etwa der Schachtanlagen Jacobi und Franz Haniel, die<br />
zum Verbundbergwerk Jacobi-Franz Haniel werden. Prosper III und IV werden<br />
zur Betriebsdirektion Prosper III/IV zusammengelegt. Trotz Krisenstimmung<br />
setzt Rhe<strong>in</strong>stahl nach wie vor auf die Zukunft der Kohle und modernisiert<br />
Zechenanlagen und Organisationsstrukturen. Schächte werden <strong>in</strong> die Tiefe<br />
verlängert, die Materialwirtschaft der Zechen wird an e<strong>in</strong>em zentralen<br />
Standort konzentriert. Der neuen Technik zum Trotz dauert die wirtschaftli-<br />
che Flaute an. Um dieser Entwicklung nach e<strong>in</strong>em Jahrzehnt entgegenzuwir-<br />
ken, wird 1968 die Ruhrkohle AG (<strong>RAG</strong>) gegründet. Fast alle Bergwerks-
gesellschaften schließen sich dem neu entstandenen Konzern an, auch<br />
Rhe<strong>in</strong>stahl ist mit den Prosper-Zechen dabei. Die Gesamtgesellschaft kann<br />
die Krise zwar nicht beenden, doch sie legt für künftige Zechenstilllegungen<br />
e<strong>in</strong>heitliche Maßstäbe an und sorgt mit Sozialplänen für die weitgehende<br />
Abfederung persönlicher Härten bei der Belegschaft. Neben der wirtschaft-<br />
lichen Lage steht auf Prosper III unter Tage e<strong>in</strong>e technische Herausforderung<br />
an: Gesucht wird nach e<strong>in</strong>er Möglichkeit, das mehr als vier Meter mächtige<br />
Flöz „Dickebank“ zu erschließen. Mit dem Schildausbau, der 1971 im<br />
Ruhrgebiet erstmals zum E<strong>in</strong>satz kommt, wird die Aufgabe mutig und weit-<br />
sichtig gelöst. Das technische Pr<strong>in</strong>zip beruht auf e<strong>in</strong>em verstellbaren<br />
Ausbausystem auf Gleitkufen, das das Geste<strong>in</strong> über dem Kohleflöz und damit<br />
den Arbeitsraum der Bergleute sichert. Neben dem Schutz von Leben und<br />
Material hat die neue Technik den Vorteil, mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Ausrüstung<br />
1973<br />
Kohle <strong>in</strong> verschiedenen Bauhöhen h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander abzubauen – Prosper III<br />
erwirtschaftet so fast 3,4 Millionen Tonnen Kohle „an e<strong>in</strong>em Stück“. Erfolge<br />
wie diese etablieren den Schildausbau im <strong>Bergbau</strong> bis <strong>in</strong> die Gegenwart.<br />
1969 Die Ruhrkohle im Herzen des Reviers<br />
Mitten <strong>in</strong> der Essener Innenstadt, gegenüber des Hauptbahnhofs,<br />
hat die Ruhrkohle AG ihren Sitz. Fast alle <strong>Bergbau</strong>gesellschaften<br />
des Reviers treten dem Zusammenschluss bei.<br />
Mit der Unterzeichnung des entsprechenden<br />
Vertrags u.a. durch Bundeswirtschaftsm<strong>in</strong>ister<br />
Dr. Karl Schiller schlägt die Geburtsstunde der<br />
Ruhrkohle AG. Mit vere<strong>in</strong>ter Kraft wollen die<br />
Bergwerksgesellschaften des Ruhrgebiets so<br />
der Kohlekrise entgegenwirken.<br />
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28 |<br />
1974–1985 Als Verbundbergwerk zu den Lagerstätten im Norden<br />
1977 Teufarbeiten auf Prosper V<br />
Am Schacht 10 <strong>in</strong> Kirchhellen beg<strong>in</strong>nen die Teufarbeiten.<br />
1974<br />
Die Bewertung der verschiedenen Lagerstätten im Ruhrgebiet nach e<strong>in</strong>heit-<br />
lichen Maßstäben ist e<strong>in</strong>e zentrale Aufgabe der Ruhrkohle AG. In <strong>Bottrop</strong> führt diese Analyse am 1. April 1974 zur<br />
Gründung des Verbundbergwerks Prosper-Haniel. Dafür werden Jacobi und Teile des Baufeldes Haniel stillge-<br />
legt, der Rest von Haniel wird mit Prosper verschmolzen. Begründet wird diese weit reichende Entscheidung mit<br />
der ähnlichen Entwicklung, die die e<strong>in</strong>zelnen Zechen des neuen Verbundbergwerks zuvor durchgemacht haben.<br />
Ausgemachte Ziele s<strong>in</strong>d die großen Kohlenvorräte im nördlichen Teil des Baufeldes Haniel, die nicht nur äußerst<br />
reichhaltig, sondern auch geologisch günstig gelegen s<strong>in</strong>d. Genau diese Abbaugebiete im Norden hat das neue<br />
Verbundbergwerk Prosper-Haniel im Visier. Aufgabe des Gesamtbetriebs ist e<strong>in</strong> wirtschaftlicher Abbau der viel<br />
Das Teufgerüst von Schacht 10.
versprechenden Lagerstätten. Tief unter der Erde haben die Bergleute die<br />
Zusammenführung ihrer Betriebe monatelang vorbereitet: Es existieren<br />
Wetterverb<strong>in</strong>dungen zwischen Prosper und Haniel, die für frische Luft unter<br />
Tage sorgen, sowie e<strong>in</strong>e erste geme<strong>in</strong>same Förderverb<strong>in</strong>dung der beiden<br />
Bergwerke. Deren Mitarbeiter haben sich auf der 5. Sohle aufe<strong>in</strong>ander zuge-<br />
arbeitet – beim Treffen <strong>in</strong> 786 Metern Tiefe besiegeln die beiden Ortsältesten<br />
von Prosper und Haniel den Verbund ihrer Betriebe symbolisch per<br />
Handschlag. Durch diese Vorarbeiten können bereits am Gründungstag von<br />
Prosper-Haniel unter Tage die ersten Kohlenzüge vom Grubenfeld Haniel zum<br />
Schacht von Prosper III rollen.<br />
Während sich <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> der <strong>Bergbau</strong> auf den Weg nach Norden macht,<br />
gew<strong>in</strong>nt die Kohle als Energieträger <strong>in</strong> Politik und Öffentlichkeit wieder an<br />
Bedeutung. Die Energiekrise von 1973/74 und der Ölschock führen den<br />
Bundesbürgern den Wert der heimischen Ressourcen vor Augen und stoßen<br />
e<strong>in</strong>en Prozess der Rückbes<strong>in</strong>nung auf die Kohle an. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />
1981<br />
fällt <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> 1975 die Entscheidung für den Bau des Schachtes 10: Er soll als<br />
Frischwetterschacht auf Prosper V für die Klimatisierung der nördlichen<br />
Grubenbereiche sorgen und die Zukunft des <strong>Bergbau</strong>s <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> sichern.<br />
Denn nur mit diesem Schacht ist e<strong>in</strong>e Verlagerung des Abbaus <strong>in</strong> die nördli-<br />
chen Abbaufelder – und damit die angestrebte Steigerung der Fördermengen<br />
– möglich. Als Standort für den neuen Schacht 10 wird der Alte Postweg <strong>in</strong><br />
Kirchhellen ausgewählt. Damit bef<strong>in</strong>det sich die Anlage am Rande des<br />
Naherholungsgebietes Kirchheller Heide. E<strong>in</strong> landschaftspflegerischer<br />
Begleitplan stellt sicher, dass die planerischen Entwicklungen von <strong>Bottrop</strong>-<br />
Kirchhellen und dem schutzwürdigen Naherholungsgebiet Kirchheller Heide<br />
berücksichtigt werden. 1981 ist es dann so weit: Schacht 10 <strong>in</strong> Kirchhellen, das<br />
<strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> e<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>det ist, geht <strong>in</strong> Betrieb und spendet den<br />
Kumpeln <strong>in</strong> den nördlichen Grubenfeldern unter Tage frische Luft. Außerdem<br />
dient der Schacht dem Materialtransport und beschert den Bergleuten e<strong>in</strong>e<br />
kürzere Anfahrt zu ihrem Arbeitsplatz vor Ort.<br />
|<br />
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30 |<br />
1982<br />
Mit weiteren Modernisierungen und noch stärkerer Konzentration rüstet sich<br />
Prosper-Haniel für den Weg <strong>in</strong>s 21. Jahrhundert: Zentrale, elektronisch über-<br />
wachte Bandförderanlagen erhöhen die Kapazitäten im Kohlentransport. In<br />
die ehemalige Kaue von Prosper II hält die zentrale Ausbildungswerkstatt des<br />
Bergwerks E<strong>in</strong>zug. Auf Prosper IV werden die Mannschafts- und Angestellten-<br />
kaue erweitert, e<strong>in</strong>e zentrale komb<strong>in</strong>ierte Kälteerzeugungsanlage, die über<br />
und unter Tage für gutes Klima sorgt, geht <strong>in</strong> Betrieb.<br />
Die Kohlenförderung selbst wird <strong>in</strong> den 80er-<strong>Jahre</strong>n maßgeblich durch den<br />
E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>er Streckenvollschnitt-Vortriebsmasch<strong>in</strong>e (SVM) der Marke DEMAG<br />
vorangebracht. Der 22 Meter lange und 390 Tonnen schwere Stahlkoloss<br />
schneidet e<strong>in</strong>e kreisrunde Strecke von sechs Metern Durchmesser aus dem<br />
Geste<strong>in</strong>.
Mächtig und stark: Die Streckenvollschnitt-<br />
Vortriebsmasch<strong>in</strong>e (SVM) schafft <strong>in</strong> kurzer<br />
Zeit die benötigten Strecken unter Tage.<br />
Damit ist sie e<strong>in</strong> Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Berg-<br />
bautechnik.<br />
1985<br />
Bis zu 300 Meter schafft die SVM <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Monat und kann die gewünschten<br />
Strecken auf der 6. Sohle <strong>in</strong> 1.000 Metern Tiefe <strong>in</strong> der angestrebten Zeit her-<br />
stellen – e<strong>in</strong>e Leistung, die mit e<strong>in</strong>er konventionellen Technik nicht möglich<br />
gewesen wäre.<br />
Auch auf der Kokerei stehen die Zeichen auf Zukunft: Der Komplex erhält e<strong>in</strong>e<br />
neue Gasentschwefelungs- und Säureanlage. Außerdem wird die gesamte<br />
„schwarze Seite“ von der Kohlenentladung bis zur Koksverladung neu zuge-<br />
schnitten und gebaut.<br />
1985 Neue Koksöfen auf Prosper<br />
Die ersten zwei neuen Batterien gehen <strong>in</strong> Betrieb.<br />
|<br />
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32 |<br />
Zukunftsberufe im <strong>Bergbau</strong><br />
„In me<strong>in</strong>er Ausbildung lerne ich echte Spitzentechnologien aus<br />
dem <strong>Bergbau</strong> kennen. Die s<strong>in</strong>d weltweit gefragt und kommen hier vor Ort oft<br />
sogar zum ersten Mal zum E<strong>in</strong>satz. So habe ich <strong>in</strong> Sachen Hightech die Nase<br />
vorn, und das br<strong>in</strong>gt mich auch <strong>in</strong> Zukunft beruflich weiter.“ Matthias Dilly ist<br />
Auszubildender auf dem Bergwerk Prosper-Haniel. Seit e<strong>in</strong>em Jahr erlernt er<br />
den Beruf des Elektronikers für Betriebstechnik und hat damit e<strong>in</strong>e heiß<br />
begehrte Lehrstelle bekommen. Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> bewerben sich jedes Jahr<br />
rund 1.000 junge Leute für e<strong>in</strong>e Ausbildungsstelle auf dem Bergwerk Prosper-<br />
Haniel. Auf e<strong>in</strong>e Lehrstelle kommen rechnerisch etwa zehn Bewerber – die<br />
aber nicht alle<strong>in</strong> die Zukunftsorientierung reizt. Gregor Student, Bereichs-<br />
leiter Personal- und Organisationsentwicklung auf Prosper-Haniel, nennt<br />
weitere Gründe: „Unsere Ausbildung hat auch didaktisch e<strong>in</strong>en hervorragen-<br />
den Ruf. Weit über 90 Prozent unserer Auszubildenden bestehen ihre<br />
Abschlussprüfungen, fast alle mit guten Noten.“<br />
„Rückwärts gerichtet? Ganz im Gegenteil! In<br />
me<strong>in</strong>er Ausbildung im <strong>Bergbau</strong> lerne ich heute<br />
schon Technologien von morgen kennen.“<br />
Die DSK ist mit derzeit 418 Lehrstellen der größte Ausbildungsbetrieb <strong>in</strong><br />
<strong>Bottrop</strong>. 325 Auszubildende s<strong>in</strong>d direkt auf dem Bergwerk tätig, davon 15 auf<br />
der Kokerei. 93 im Servicebereich Belegschaft. Insgesamt macht der Konzern<br />
jedes Jahr mehr als 3.200 junge Menschen <strong>in</strong> Zukunftsberufen fit. Der<br />
Matthias Dilly Gregor Student
Schwerpunkt der Ausbildung liegt auf den modernen Metall- und Elektro-<br />
berufen – überwiegend Industriemechaniker, Mechatroniker und Elektroniker<br />
für Betriebstechnik, aber auch kaufmännische Berufe. Der Anteil der klassi-<br />
schen bergtechnischen Berufe beträgt h<strong>in</strong>gegen kaum noch acht Prozent.<br />
Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildungs<strong>in</strong>halten werden dar-<br />
über h<strong>in</strong>aus auch Zusatzqualifikationen vermittelt. Alle Auszubildenden neh-<br />
men zum Beispiel an e<strong>in</strong>em TÜV-zertifizierten Lehrgang zur „Qualitätsfach-<br />
kraft“ teil. Gregor Student beschreibt die Philosophie für dieses Konzept: „Wir<br />
geben unser Know-how aus dem <strong>Bergbau</strong> weiter und schaffen mit e<strong>in</strong>er hoch<br />
qualifizierten Ausbildung Zukunfts- und Lebensperspektiven für junge Men-<br />
schen – e<strong>in</strong>e Aufgabe, die wir <strong>in</strong> der heutigen Zeit gern übernehmen.“ Den<br />
hohen Qualitätsstandard der Ausbildungsgänge gewährleistet der Service-<br />
bereich Belegschaft am Gleiwitzer Platz. Hier hat die zentrale Koord<strong>in</strong>ation<br />
der Ausbildung <strong>in</strong>nerhalb der <strong>Deutsche</strong>n Ste<strong>in</strong>kohle AG ihren Platz. Und hier<br />
werden auch alle Auszubildenden für kaufmännische Berufe ausgebildet,<br />
bevor sie <strong>in</strong> den anderen Fachbereichen des Unternehmens e<strong>in</strong>gesetzt werden. Besondere Ansprüche stellt so z. B. auch die Komb<strong>in</strong>ation von Ausbildung und Studium.<br />
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1986–1995 Mit neuen Techniken <strong>in</strong> größere Tiefen<br />
1986<br />
Mit e<strong>in</strong>em Jahrhundertprojekt wird die Kohlenförderung<br />
auf Prosper-Haniel an e<strong>in</strong>em Standort zusammengefasst: Sämtliche <strong>in</strong><br />
<strong>Bottrop</strong> gewonnene Kohle gelangt vom 3. November 1986 an über den<br />
„Förderberg“ auf Prosper II zu Tage. Der neu angelegte, 3,6 Kilometer lange<br />
schräge Schacht verb<strong>in</strong>det auf direktem Wege die 5. Sohle unter Prosper IV<br />
mit den Aufbereitungsanlagen von Prosper II. In der Röhre mit 21 Prozent<br />
Steigung läuft e<strong>in</strong>e Bandanlage, die stündlich bis zu 1.800 Tonnen Rohkohle<br />
an die Oberfläche br<strong>in</strong>gt und auf dem Rückweg e<strong>in</strong>en Teil des bei der<br />
Kohlenaufbereitung anfallenden Geste<strong>in</strong>s wieder mit <strong>in</strong> die Grube nimmt.<br />
Für Prosper-Haniel bedeutet die Inbetriebnahme des Förderbergs e<strong>in</strong>e enor-<br />
me Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Das <strong>Bottrop</strong>er Bergwerk kann nun<br />
mit weniger Aufwand erheblich größere Kohlenmengen fördern – und um<br />
diese zu verarbeiten, werden auf Prosper II die Kapazitäten der Auf-<br />
bereitungsanlagen entsprechend erweitert. So bedeutet die Inbetriebnahme<br />
des Förderbergs e<strong>in</strong>en wichtigen Schritt zur Zukunftssicherung des Berg-<br />
werks und der dortigen Arbeitsplätze. Zahlreiche prom<strong>in</strong>ente Gäste wie
1987 Der Papst zu Gast auf Prosper-Haniel<br />
Papst Johannes Paul II besucht <strong>Bottrop</strong> und das Bergwerk<br />
und trägt sich <strong>in</strong>s goldene Buch der Stadt e<strong>in</strong>.<br />
Ruhrbischof Franz Hengsbach, <strong>Bottrop</strong>s Oberbürgermeister Ernst Wilczok und<br />
Rudolf von Benn<strong>in</strong>gsen-Foerder, Aufsichtsratsvorsitzender der <strong>RAG</strong>, sorgen bei<br />
der offiziellen Inbetriebnahme für e<strong>in</strong>en würdigen Rahmen.<br />
E<strong>in</strong>en Besuch der besonderen Art erhält <strong>Bottrop</strong> am 2. Mai 1987: Im Rahmen<br />
se<strong>in</strong>er zweiten Deutschlandreise besucht Papst Johannes Paul II Prosper-<br />
Haniel. Aus diesem Anlass haben die Auszubildenden e<strong>in</strong>e stählerne Figur der<br />
heiligen Barbara, Schutzpatron<strong>in</strong> der Bergleute, sowie e<strong>in</strong> 15 Meter hohes<br />
Holzkreuz aus Spurlatten gefertigt. Das von Ruhrbischof Franz Hengsbach<br />
feierlich geweihte Mal f<strong>in</strong>det später se<strong>in</strong>en endgültigen Platz auf der Halde<br />
Haniel. Den Papstbesuch nebst Fahrt mit dem werkseigenen Jeep, der von<br />
1990<br />
nun an als <strong>Bottrop</strong>s Papamobil bezeichnet wird, erleben 15.000 Menschen<br />
direkt vor Ort. Sie trotzen W<strong>in</strong>d und Wetter, um zuzusehen, wie sich Johannes<br />
Paul II <strong>in</strong>s goldene Buch der Stadt e<strong>in</strong>trägt und die Bergleute begrüßt. In<br />
se<strong>in</strong>er Rede an die Besucher mahnt Johannes Paul II zu Rücksichtnahme und<br />
Solidarität gerade <strong>in</strong> der Arbeitswelt.<br />
Für den <strong>Bergbau</strong> im Ruhrgebiet stellt sich die wirtschaftliche Lage zu Beg<strong>in</strong>n<br />
der 90er-<strong>Jahre</strong> unverändert schwierig dar. Erneut müssen Schachtanlagen<br />
still- oder zusammengelegt werden. Prosper-Haniel nimmt Bergleute von <strong>in</strong>s-<br />
gesamt zwölf anderen Bergwerken auf, und <strong>Bottrop</strong> gew<strong>in</strong>nt als Standort der<br />
Kohlenförderung nochmals an Bedeutung. Die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen haben<br />
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Halde Haniel<br />
sich allerd<strong>in</strong>gs verändert. Viele Bergleute pendeln nun zu ihrem Betrieb, nur<br />
noch knapp die Hälfte der <strong>Bottrop</strong>er Belegschaft wohnt direkt vor Ort.<br />
Technisch verbessert sich der <strong>Bergbau</strong> nach wie vor rasant. Der Fortschritt<br />
macht sich vor allem durch immer mehr EDV und Elektronik unter und über<br />
Tage bemerkbar. So revolutioniert 1990 das so genannte „def<strong>in</strong>ierte Hobeln“<br />
die Abbautechnik, denn dank e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>novativen Steuerung kann der elektro-<br />
hydraulische Kohlenhobel wesentlich mehr Kohle fördern – bei weniger<br />
Verschleiß als bisher. Folgerichtig wird die Elektrohydraulik auf Prosper-Haniel<br />
zum Standard. Die Kohlenaufbereitung über Tage kommt technisch ebenfalls<br />
kont<strong>in</strong>uierlich voran: E<strong>in</strong>e neue Masch<strong>in</strong>e verbessert die Trennung von Kohle<br />
und Geste<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> neuartiger Filter optimiert die Entwässerung der Kohle.<br />
Ebenfalls 1990 geht Schacht 9 auf Prosper IV unterhalb der 4. Sohle <strong>in</strong> Betrieb.<br />
Er ist bis zur 6. Sohle <strong>in</strong> 1.000 Metern Tiefe verlängert worden und verbessert<br />
nun die gesamte Klimatisierung der tiefen Grubenbereiche – e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Voraussetzung für den Kohlenabbau zwischen der 6. und der geplanten<br />
7. Sohle. Dort sollen weitere 200 Millionen Tonnen Kohle gefördert werden,<br />
die den Bestand des Bergwerks sichern. Über Tage stoßen die <strong>Bottrop</strong>er<br />
Halden <strong>in</strong> absehbarer Zeit an die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit. Deshalb<br />
wird 1993 „Schöttelheide“ als Standort für e<strong>in</strong>e neue Halde nordöstlich der<br />
Halde Haniel beantragt und später auch genehmigt.<br />
Als neuer Trend im Ruhrgebiet etabliert sich <strong>in</strong> den 90er-<strong>Jahre</strong>n die<br />
Rekultivierung von Industrieflächen und Halden als Standorte für
1995<br />
Naherholung und Kunstobjekte. Mit der Verlagerung <strong>in</strong> den Norden schafft<br />
der <strong>Bergbau</strong> auf se<strong>in</strong>en ehemaligen Standorten im <strong>Bottrop</strong>er Süden Platz für<br />
neue Nutzungsmöglichkeiten. Auf dem 29 Hektar großen Areal von Prosper III<br />
entsteht e<strong>in</strong> modernes Stadtteilzentrum mit e<strong>in</strong>em attraktiven Mix aus<br />
Wohnen, Gewerbe und Freizeit. Das Projekt der Internationalen<br />
Bauausstellung Emscher-Park (IBA) ist beispielhaft für die gelungene<br />
Reaktivierung e<strong>in</strong>es Industriegeländes mitten im Stadtgebiet. Ebenfalls e<strong>in</strong><br />
1995 Pilger auf der Halde<br />
Feierlich weiht Ruhrbischof Hengsbach den Kreuzweg<br />
auf der Halde Haniel e<strong>in</strong>. Die 15 kupfernen Stationen<br />
führen h<strong>in</strong>auf bis zum Gipfelkreuz.<br />
IBA-Projekt: der Tetraeder auf der Halde Beckstraße. Die 1995 erbaute begeh-<br />
bare Skulptur aus Stahlrohren wird schnell zu <strong>Bottrop</strong>s neuem Wahrzeichen<br />
mit Magnetwirkung auch für Touristen. In <strong>Bottrop</strong> erhält die größtenteils<br />
begrünte Halde Haniel im selben Jahr e<strong>in</strong>en Kreuzweg mit 15 Stationen aus<br />
Kupfer, die die Künstler<strong>in</strong> Tisa von der Schulenburg geschaffen hat. Jedes Jahr<br />
am Karfreitag pilgern seither mehrere Tausend Katholiken den Kreuzweg bis<br />
zum hölzernen Gipfelkreuz h<strong>in</strong>auf.<br />
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1996–2001 Gut gerüstet <strong>in</strong>s neue Jahrtausend<br />
1996 Technik im Griff<br />
1996<br />
Auf dem Weg <strong>in</strong>s 21. Jahrhundert s<strong>in</strong>d die Weichen für e<strong>in</strong>e erfolgreiche Zukunft des Bergwerks<br />
Moderne Computertechnik prägt die neue Grubenwarte. Unten: In wenigen Tagen<br />
schaffen die Männer von Prosper-Haniel den Gurtwechsel im Förderberg (2000).<br />
Prosper-Haniel gestellt. Dabei wird die Arbeitswelt der Bergleute immer mehr geprägt von moderner<br />
Computertechnik: 1996 geht e<strong>in</strong>e neue Grubenwarte <strong>in</strong> Betrieb, die dem stetig wachsenden Bedarf an Information und<br />
Überwachung Rechnung trägt. Mit Hilfe modernster EDV-Anlagen haben die Mitarbeiter alle Abläufe unter Tage im<br />
Blick. Nach der Grubenwarte steht auch am Förderberg e<strong>in</strong>e Modernisierung an: Im Jahr 2000 muss der Fördergurt<br />
gewechselt werden – nach 14 <strong>Jahre</strong>n, <strong>in</strong> denen er fast 100 Millionen Tonnen Kohle zu Tage und 40 Millionen Tonnen<br />
Geste<strong>in</strong> zurück <strong>in</strong> die Grube gebracht hat. Spezialisten von DSK und verschiedenen Unternehmern bewältigen dieses<br />
weltweit e<strong>in</strong>malige Projekt <strong>in</strong> nur fünf Tagen. Der neue Gurt, der vom alten <strong>in</strong> die Bandanlage e<strong>in</strong>gezogen wird, ist wie<br />
se<strong>in</strong> Vorgänger 7.520 Meter lang und 800 Tonnen schwer. Pro Tag kann er bis zu 2.000 Tonnen Kohle transportieren und<br />
dafür e<strong>in</strong>e Last aufnehmen, die dem Gewicht von neun Intercity-Loks entspricht.
Zukunftsweisend ist neben den technischen Veränderungen auch die organi-<br />
satorische Konzentration des <strong>Bergbau</strong>s: Mit der Gründung der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Ste<strong>in</strong>kohle AG (DSK) werden 1998 die Betriebsführungsgesellschaften von<br />
<strong>RAG</strong> Aktiengesellschafft und Saarbergwerke AG zusammengeführt. Damit<br />
2001<br />
s<strong>in</strong>d alle Aktivitäten im Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau bundesweit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Unternehmen vere<strong>in</strong>igt. E<strong>in</strong> entscheidendes positives Signal für den <strong>Bergbau</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> ist 2001 die Genehmigung des Rahmenbetriebsplans bis 2019<br />
durch die Bezirksregierung Arnsberg. Verstärkte Anstrengungen unternimmt<br />
der <strong>Bergbau</strong> auch für die Renaturierung der Landschaften, die sich durch den<br />
Kohlenabbau verändert haben – beispielsweise am Schöttelbach <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>-<br />
Grafenwald. Durch e<strong>in</strong>en neuen Bachlauf und zwei Regenrückhaltebecken<br />
sorgen DSK und Stadt für Hochwassersicherheit des durch Bergsenkungen<br />
veränderten Geländes. Insgesamt werden im Rahmen der Maßnahmen, die<br />
im Jahr 2000 abgeschlossen s<strong>in</strong>d, 20.000 Quadratmeter Fläche rekultiviert.<br />
Gleichzeitig setzt sich die kulturelle Nutzung der Halde Haniel mit e<strong>in</strong>em<br />
neuen Highlight fort: dem Amphitheater, das 800 Zuschauer fasst und<br />
zu den ungewöhnlichsten Freilichtbühnen Deutschlands gehört. Besondere<br />
Beachtung f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Inszenierung des Theaters Oberhausen von Hugo von<br />
Hoffmannsthals „Jedermann“ im Jahr 1999.<br />
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E<strong>in</strong> Bergmann für alle<br />
E<strong>in</strong>er für alle, alle für e<strong>in</strong>en: Bergleute könnten den Wahl-<br />
spruch der Musketiere geprägt haben. Die harte Arbeit unter Tage schweißt<br />
zusammen. Früher g<strong>in</strong>g es um den Wohlstand der Heimat. Heute ist es die<br />
Herausforderung, den Strukturwandel erfolgreich zu bewältigen. „Mit e<strong>in</strong>er<br />
Fülle von E<strong>in</strong>zelmaßnahmen und f<strong>in</strong>anziellem Verzicht leisten die Kumpel<br />
e<strong>in</strong>en enormen Beitrag zur Gestaltung und Umsetzung des schwierigen<br />
Anpassungsprozesses im deutschen Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau. Ohne diese<br />
Solidarität würde e<strong>in</strong> geordneter Strukturwandel, wie ihn die Politik fordert,<br />
Ruhrbischof Dr. Felix Genn<br />
überreicht Ludwig Ladz<strong>in</strong>ski<br />
die Ehrenurkunde.<br />
nicht zu verwirklichen se<strong>in</strong>“, unterstreicht Ludwig Ladz<strong>in</strong>ski. Der 50-jährige<br />
Bergmann ist Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Ste<strong>in</strong>kohle AG und Vorsitzender der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der Betriebsräte im<br />
<strong>RAG</strong>-Konzern. Seit Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Ausbildung vor 35 <strong>Jahre</strong>n zum Starkstrom-<br />
elektriker auf Prosper-Haniel setzt sich Ladz<strong>in</strong>ski für andere e<strong>in</strong>. In der<br />
Industriegewerkschaft <strong>Bergbau</strong> und Energie (heute IG BCE) macht er sich für<br />
die Belange se<strong>in</strong>er Kollegen und Kumpel stark und wird nicht müde, auf die<br />
wesentliche Bedeutung der heimischen Ste<strong>in</strong>kohle h<strong>in</strong>zuweisen: für die<br />
„Ohne die Solidarität der Kumpel wäre der<br />
Strukturwandel nicht zu verwirklichen.“<br />
Ludwig Ladz<strong>in</strong>ski, Vorsitzender Gesamtbetriebsrat <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG,<br />
Vorsitzender Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der Betriebsräte im <strong>RAG</strong>-Konzern
Region als Arbeitgeber, Ausbilder und Wirtschaftsfaktor – aber auch als natio-<br />
nal wichtiger Energielieferant und Technologieträger. Berufliche Qualifizie-<br />
rung und sozialverträglicher Personalabbau s<strong>in</strong>d wichtige Aspekte se<strong>in</strong>er<br />
politischen Vermittlungstätigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern<br />
sowie zwischen <strong>Bergbau</strong> und Politik. Für dieses Engagement wurde er im<br />
März 2006 mit dem He<strong>in</strong>rich-Brauns-Preis des Ruhrbistums Essen ausge-<br />
zeichnet. „Se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz ist beispielhaft für e<strong>in</strong>e christlich geprägte<br />
Betriebsratsarbeit <strong>in</strong> der Zeit des Strukturwandels“, heißt es <strong>in</strong> der Laudatio<br />
des Vorsitzenden der Jury, Weihbischof Franz Grave. Seit jeher stünden für<br />
Ludwig Ladz<strong>in</strong>ski die Menschen se<strong>in</strong>es Umfeldes und se<strong>in</strong>e Kollegen im<br />
Mittelpunkt. Der Betriebsrat – selbst K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er typischen <strong>Bottrop</strong>er<br />
Bergmannsfamilie – sieht se<strong>in</strong>e Arbeit mit jener nüchternen Art, die den<br />
Menschen im Revier zu eigen ist: „Es geht um tragfähige Lösungen für die<br />
Bergleute, aber auch um tragfähige Lösungen für alle anderen – auch für die,<br />
die für den <strong>Bergbau</strong> ke<strong>in</strong> Verständnis haben.“ E<strong>in</strong> echter Bergmann ist eben<br />
auch gegenüber denen sozial, die anders denken.<br />
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2002–2006 Aktiv und modern: <strong>Bottrop</strong> und der <strong>Bergbau</strong><br />
2002 Die Arbeit unter Tage im Blick<br />
2002<br />
Lebendige und <strong>in</strong>novative Technik kennzeichnet den <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> –<br />
sowohl im H<strong>in</strong>blick auf Leistungsfähigkeit und technische Innovationen, als auch im Bereich des<br />
Umweltschutzes, der weiter an Bedeutung gew<strong>in</strong>nt. Se<strong>in</strong> Profil als hochmoderner <strong>Bergbau</strong>-<br />
Standort schärft Prosper-Haniel 2002 mit der Inbetriebnahme e<strong>in</strong>er neuen Spezialwarte: In der<br />
<strong>Bottrop</strong>er Zentralwerkstatt nimmt der weltweit e<strong>in</strong>malige Walzenlader-Onl<strong>in</strong>e-Service (WOS)<br />
se<strong>in</strong>e Arbeit auf. Er sammelt und verarbeitet die Daten aller 17 Walzenlader, die bei der DSK e<strong>in</strong>ge-<br />
setzt s<strong>in</strong>d. Die mächtigen Masch<strong>in</strong>en, bei denen mit Meißeln bestückte rotierende Walzen die<br />
Kohle aus dem Geste<strong>in</strong> schneiden, melden <strong>in</strong>sgesamt 12.700 Messwerte an den WOS, die die<br />
Computer zehnmal <strong>in</strong> der Sekunde abfragen. Damit haben die Mitarbeiter vor den Computer-<br />
Von über Tage überwachen die Mitarbeiter des Onl<strong>in</strong>e-Service am<br />
Standort der Zentralwerkstatt alle Vorgänge unter Tage. Mit ihren<br />
Kollegen <strong>in</strong> der Grube können sie telefonisch kommunizieren.<br />
Kontrolle schafft Sicherheit: Die<br />
ständig besetzten Schaltzentralen<br />
über und unter Tage gewährleis-<br />
ten e<strong>in</strong>en reibungslosen Arbeits-<br />
ablauf und die größtmögliche<br />
Arbeitssicherheit für die Bergleute.
monitoren e<strong>in</strong> genaues Bild von den Abläufen unter Tage. Sie können so<br />
potenzielle Schwachstellen frühzeitig erkennen und Störungen beseitigen.<br />
Hat die Zentralwerkstatt mit dem WOS e<strong>in</strong>e der modernsten Spezialwarten<br />
des <strong>Bergbau</strong>s überhaupt, so hält auf Prosper IV e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>novative<br />
Energieerzeugung E<strong>in</strong>zug, denn hier wird das beim Kohleabbau anfallende<br />
Grubengas zur Energieerzeugung genutzt. An Schacht 9 <strong>in</strong> Grafenwald wer-<br />
den drei Blockheizkraftwerke <strong>in</strong> Betrieb genommen.<br />
E<strong>in</strong>e nahezu revolutionäre Entwicklung <strong>in</strong> der Kohlengew<strong>in</strong>nung feiert 2003<br />
auf Prosper-Haniel ihre Premiere: E<strong>in</strong>e neuartige Hobelanlage, konzipiert von<br />
DSK-Ingenieuren <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit verschiedenen Spezialfirmen, sorgt<br />
– bei stark reduziertem Verschleiß und Wartungsaufwand – für e<strong>in</strong>e erhebli-<br />
che Steigerung der Fördermenge. Diese Technik bedeutet e<strong>in</strong>en<br />
Quantensprung für den <strong>Bergbau</strong>. Experten aus aller Welt kommen nach<br />
<strong>Bottrop</strong>, um sich über den Hightech-Hobel zu <strong>in</strong>formieren.<br />
Im gleichen Jahr stellt e<strong>in</strong>e neue Wetterverb<strong>in</strong>dung zwischen Prosper-Haniel<br />
und dem Schacht Hünxe des Bergwerks Lohberg/Osterfeld die Frisch-<br />
luftversorgung <strong>in</strong> den tieferen Grubenbereichen sicher. Gut 1.000 Meter<br />
unter der Erde, wo die Temperatur aufgrund der Erdwärme um rund 30 Grad<br />
Celsius höher als über Tage liegt, schafft die Verb<strong>in</strong>dung die Voraussetzung<br />
für den künftigen Abbau auf dem Niveau der 7. Sohle. Dort lagern rund<br />
54 Millionen Tonnen Kohle. Der entscheidende Durchschlag zur 7. Sohle erfolgt<br />
dann im Jahr 2005: Der <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von mehr als<br />
1.200 Metern angekommen. Damit erschließt sich das Bergwerk Kohlen-<br />
vorräte für die kommenden 15 bis 20 <strong>Jahre</strong>. Für den dortigen Abbau wird auch<br />
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2004 Berge auf neuen Wegen<br />
Die Verladestation und der neue Bergebunker an der Halde Prosperstraße<br />
sorgen für e<strong>in</strong>e Entlastung der <strong>Bottrop</strong>er Straßen, denn e<strong>in</strong><br />
guter Teil des Bergematerials rollt nun über die Schiene zur Halde.<br />
Schacht 10 bis zur 7. Sohle verlängert. Se<strong>in</strong>e endgültige Tiefe von 1.340 Metern<br />
wird er im Jubiläumsjahr 2006 erreichen und dann e<strong>in</strong>e optimale Klimati-<br />
sierung und Versorgung sicher stellen.<br />
Für e<strong>in</strong>e Optimierung des Transports von Bergematerial auf die Halde sorgen<br />
im Jahr 2004 e<strong>in</strong> neuer Bergebunker und e<strong>in</strong>e Verladestation. Die Anlage am<br />
Rand der Halde Prosperstraße ist an die Bahnstrecke angebunden, so dass<br />
nun erhebliche Mengen Bergematerial per Zug abtransportiert werden kön-<br />
nen: e<strong>in</strong>e enorme Entlastung für Umwelt und <strong>Bottrop</strong>s Straßen zugleich,<br />
denn täglich werden 160 LKW-Fahrten e<strong>in</strong>gespart. Auch auf der Kokerei ste-<br />
hen die Zeichen auf Umweltverträglichkeit und Zukunft: E<strong>in</strong>e neue<br />
Hochdruck-Gasentschwefelungsanlage geht <strong>in</strong> Betrieb und stellt sicher, dass<br />
die Kokerei Prosper auf dem neusten Stand der Umweltschutztechnik arbei-<br />
tet. Gleichzeitig beg<strong>in</strong>nen die Planungen für e<strong>in</strong>e Erweiterung der Kokerei<br />
um rund 60 Prozent, die von der Bezirksregierung Arnsberg im September<br />
2005 genehmigt wird. Zwei Millionen Tonnen Koks produziert die Kokerei<br />
Prosper jährlich und ist damit e<strong>in</strong> wichtiger Partner für die Stahl<strong>in</strong>dustrie.<br />
Kokerei Prosper
Im Naturschutzgebiet Kirchheller Heide beschäfti-<br />
gen die landschaftlichen Veränderungen am Schwarzbach den <strong>Bergbau</strong>. Hier<br />
ist durch Bergsenkungen e<strong>in</strong> See entstanden, die Bäume <strong>in</strong> diesem Gebiet<br />
müssen gefällt werden, um e<strong>in</strong>e Überdüngung zu verh<strong>in</strong>dern. Als Ausgleich<br />
für diesen E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> die Natur der Schwarzbachaue erfolgt die Renaturierung<br />
des Gartroper Mühlenbachs. Bis 2003 werden Bach und Aue naturnah umge-<br />
staltet und ökologisch aufgewertet: Entstanden ist e<strong>in</strong>e rund 1.500 Meter<br />
lange Auenlandschaft, die wertvolle Rückzugsgebiete für seltene Tiere und<br />
Pflanzen bietet.<br />
Mit dem Boye-Konzept wird e<strong>in</strong> vorausschauender Plan für den Wasser-<br />
haushalt e<strong>in</strong>es großen Naturschutzgebietes entwickelt. Das umfassende<br />
Gesamtkonzept dient sowohl der Behebung der durch Bergsenkungen bereits<br />
vorhandenen Störungen als auch der nachhaltigen ökologischen Gestaltung.<br />
In enger Abstimmung mit DSK und Stadt setzt die Emschergenossenschaft<br />
das Boye-Konzept <strong>in</strong> mehreren Bauabschnitten um. Dazu gehören unter<br />
anderem Maßnahmen zum Hochwasserschutz und zum Erhalt der angren-<br />
zenden Biotope.<br />
Feierliche E<strong>in</strong>weihung e<strong>in</strong>es Teils der Gesamtgestaltung. Im Bild von l<strong>in</strong>ks: Hermann Hansen, Bürgermeister<br />
Hünxe; Jürgen Eikhoff, Mitglied des Vorstands <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG; Hans Joachim Berg, Technischer<br />
Dezernent des Kreises Wesel; (Bildmitte) M<strong>in</strong>isterialrat Hans Wittmann, M<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Energie und<br />
Landesplanung NRW; (rechts im Bild) Dr. He<strong>in</strong>z-Werner Voß, Werksleiter des Bergwerks Prosper-Haniel.<br />
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Die „Totems“ auf der Halde Haniel.<br />
Kultur wird auf Halde Haniel groß geschrieben,<br />
nach Gipfelkreuz, Kreuzweg und Bergtheater erhält sie e<strong>in</strong>e weitere<br />
Sehenswürdigkeit: Die Installation „Totems“ des baskischen Künstlers<br />
Agust<strong>in</strong> Ibarrola ist e<strong>in</strong> Projekt der Ruhr-Triennale 2002, des Kommunal-<br />
verbands Ruhrgebiet (heute RVR) und der DSK. Das Kunstobjekt aus mehr als<br />
100 bearbeiteten, aufrecht stehenden Bahnschwellen wird zur neuen<br />
Landmarke und stärkt die Anziehungskraft <strong>Bottrop</strong>s und des Ruhrgebiets als<br />
touristisch attraktive Region. Im Jahr 2006 wird die Halde Haniel ihr endgül-<br />
tiges Ersche<strong>in</strong>ungsbild erhalten. Durch ihre vielseitigen Angebote hat sie sich<br />
2006 <strong>Bottrop</strong>s Halden als Freizeitziel<br />
Die begrünten Flächen bieten Abwechslung und<br />
Erholung für jederman.<br />
zum echten „Allrounder“ entwickelt und ist heute Freizeitziel für<br />
Naturfreunde, Sportler und Kultur<strong>in</strong>teressierte gleichermaßen. Zu neuem<br />
Leben wird auch der historische Malakoffturm auf Prosper II erweckt. Nach<br />
fast zehn <strong>Jahre</strong>n der Restaurierung wird das Industriedenkmal 2004 se<strong>in</strong>er<br />
neuen Bestimmung übergeben. Die Historische Gesellschaft <strong>Bottrop</strong> e.V.<br />
richtet hier ihren Sitz e<strong>in</strong>. Sie hat mehr als 100.000 Euro <strong>in</strong>vestiert und den<br />
Turm geme<strong>in</strong>sam mit dem Eigentümer – der 1995 von Land NRW und <strong>RAG</strong> AG<br />
gegründeten Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur –<br />
denkmalgerecht umgebaut. In den alten Mauern soll nun e<strong>in</strong> Zentrum für<br />
Migration, Integration und Stadtteilarbeit entstehen.
In der Organisation der DSK tut sich E<strong>in</strong>iges. Im Rahmen der Neustrukturierung<br />
2005 zieht der Servicebereich Belegschaft als zentraler Dienstleister für sämtliche Bergwerke und<br />
Verwaltungen der DSK <strong>in</strong> die Gebäude am Gleiwitzer Platz. Gleichzeitig wird die Zentralwerkstatt<br />
dem Servicebereich Technik und Logistik zugeordnet. Sie steht den Bergwerken jederzeit als An-<br />
sprechpartner zur Verfügung und ist stetiger Innovationstreiber für den <strong>Bergbau</strong> – über und unter Tage.<br />
Als e<strong>in</strong>e der größten <strong>Bergbau</strong>städte Europas ist <strong>Bottrop</strong> im Jubiläumsjahr e<strong>in</strong> Paradebeispiel für<br />
moderne Kohlengew<strong>in</strong>nung auf höchstem technischen Niveau. Das <strong>Bottrop</strong>er Bergwerk leistet e<strong>in</strong>en<br />
unmittelbaren Beitrag zum weltweiten Technologievorsprung des deutschen Hightech-<strong>Bergbau</strong>s.<br />
Die <strong>150</strong>-jährige geme<strong>in</strong>same Geschichte <strong>Bottrop</strong>s und des <strong>Bergbau</strong>s wird im Jubiläumsjahr mit<br />
verschiedenen Aktionen gefeiert. E<strong>in</strong>bezogen s<strong>in</strong>d dabei sowohl die Mitarbeiter aller Standorte <strong>in</strong><br />
<strong>Bottrop</strong>, als auch <strong>Bottrop</strong>er Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger sowie prom<strong>in</strong>ente Gäste aus Wirtschaft, Politik,<br />
2006<br />
Verbänden und Institutionen. Höhepunkt der Festlichkeiten ist e<strong>in</strong> buntes Mitarbeiter- und<br />
Bürgerfest im September, das die traditionell enge Verbundenheit zwischen <strong>Bottrop</strong> und dem<br />
<strong>Bergbau</strong> dokumentiert und im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Zukunft besiegelt.<br />
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Wachstumsbranche <strong>Bergbau</strong>technik<br />
Prozessleittechnik, Mikroelektronik, Informations-<br />
und Kommunikationssysteme koord<strong>in</strong>ieren die Betriebsab-<br />
läufe unter Tage. Integrierte Rechnersysteme steuern den Abbau der Kohle,<br />
regeln die Luftzufuhr im gesamten Grubenbetrieb, automatisieren die<br />
Logistik und überwachen die Sicherheit. Intelligente Lösungen für e<strong>in</strong>en scho-<br />
nenden und dennoch effizienten Abbau kennzeichnen den Hightech-<strong>Bergbau</strong><br />
<strong>in</strong> Deutschland. Die e<strong>in</strong>zigartigen Kohlelagerstätten <strong>in</strong> Deutschland – der<br />
Abbau <strong>in</strong> Teufen bis zu 1.500 Metern – stellen höchste Anforderungen an die<br />
Technik und sorgen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er gesteigerten Effizienz für e<strong>in</strong>en enormen<br />
Innovationsdruck.<br />
Ständiger Fortschritt ist im deutschen <strong>Bergbau</strong> e<strong>in</strong> fester Bestandteil der Firmen-<br />
kultur. Es ist unsere Hauptaufgabe, Entwicklungen dauernd zu verbessern<br />
und die Produktivität zu steigern,“ betont Hans-Jürgen Weiß. Der 46-jährige<br />
Ingenieur und Bereichsleiter der Instandhaltung unter Tage auf dem<br />
Bergwerk Propser-Haniel hat geme<strong>in</strong>sam mit se<strong>in</strong>em Kollegen Manfred<br />
Bittner aus der zentralen Technik e<strong>in</strong>e moderne Hobelanlage weiterentwickelt,<br />
die den Abbau aus Streben mit harter Kohle erleichtert. An dem Projekt betei-<br />
ligt waren außerdem die Firmen <strong>Deutsche</strong> <strong>Bergbau</strong> Technik GmbH aus Lünen,<br />
Breuer Motoren aus Bochum und <strong>Deutsche</strong> Montan Technologie GmbH<br />
Essen. Die Anlage, die 2005 mit dem Forschungspreis der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Ste<strong>in</strong>kohle ausgezeichnet wurde, besitzt e<strong>in</strong>e auf zwei Mal 800 Kilowatt ver-<br />
doppelte Antriebsleistung, verfügt über modernste Industrie-PC-Technik für<br />
die Steuerung und hat bereits im Probebetrieb alle Erwartungen übertroffen:<br />
Die Tagesförderung wuchs auf mehr als 10.000 Tonnen verwertbare Kohle,<br />
während der Aufwand für Wartung und Instandhaltung um 50 Prozent redu-<br />
ziert werden konnte.<br />
„Die deutsche <strong>Bergbau</strong>technik ist mit ihren Entwicklungen auf dem<br />
Weltmarkt führend, und sie ist e<strong>in</strong>e wichtige Wachstumsbranche <strong>in</strong> unserem<br />
Land“, unterstreicht auch Professor Per Nicolai Martens, Leiter des Instituts<br />
für <strong>Bergbau</strong>kunde I der RWTH Aachen und Jurymitglied beim Forschungspreis<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Ste<strong>in</strong>kohle. Produkte „made <strong>in</strong> Germany“ stellen 40 Prozent<br />
des Weltmarktanteils. Und das Marktpotenzial reicht weit über die
Kohlenförderung h<strong>in</strong>aus. Lösungen aus dem <strong>Bergbau</strong> kommen <strong>in</strong> vielen ande-<br />
ren Bereichen erfolgreich zum E<strong>in</strong>satz. Getriebe werden <strong>in</strong> W<strong>in</strong>dgeneratoren<br />
e<strong>in</strong>gebaut, Motoren <strong>in</strong> ICE-Zügen und nicht zuletzt auch im Tunnelbau setzen<br />
Innovationen aus dem <strong>Bergbau</strong> Maßstäbe.<br />
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49<br />
„Ständige Innovation ist im<br />
<strong>Bergbau</strong> e<strong>in</strong> fester Bestand-<br />
teil der Firmenkultur“.<br />
Hans-Jürgen Weiß (2.v.l.), mit se<strong>in</strong>em Kollegen Manfred<br />
Bittner (3.v.l.), Dr. Michael Stückradt (li.), Staatssekretär<br />
NRW-Forschungsm<strong>in</strong>isterium und Jürgen Eikhoff (re.),<br />
Vorstand <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG.
50 |<br />
<strong>150</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong><br />
Das Jubiläumsjahr: <strong>Bottrop</strong> und der <strong>Bergbau</strong> s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>sam mite<strong>in</strong>ander und ane<strong>in</strong>ander gewachsen. Deshalb wird das<br />
<strong>150</strong>-jährige Jubiläum auf breiter Basis und mit allen Beteiligten gefeiert.<br />
5. Mai 2006 Festakt<br />
Verb<strong>in</strong>dendes Element aller Aktivitäten im Jubiläumsjahr ist das Kleeblatt-Motiv: Wie der Zechenname Prosper steht es stellvertretend<br />
für e<strong>in</strong>e weiterh<strong>in</strong> glückliche und erfolgreiche Entwicklung des <strong>Bergbau</strong>s und der Stadt <strong>Bottrop</strong>. In diesem S<strong>in</strong>ne: Glückauf zusammen!<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>es Festakts am Standort Haniel kommen<br />
hochkarätige Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kirche,<br />
Verbänden und Institutionen <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong> zusammen.
16. September 2006 Tag der offenen Tür<br />
Die Mitarbeiter des <strong>Bergbau</strong>s, ihre Familien und Freunde sowie die<br />
Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger der Stadt <strong>Bottrop</strong> feiern geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong><br />
buntes Fest auf verschiedenen <strong>Bergbau</strong>standorten <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>.<br />
Das Jubiläum im Netz – kont<strong>in</strong>uierlich begleitet e<strong>in</strong>e beson-<br />
dere Microsite im Internet unter www.deutsche-ste<strong>in</strong>kohle.de<br />
das Jubiläum mit <strong>in</strong>teressanten Informationen zum Berg-<br />
bau <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>.<br />
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51
Impressum/Bildnachweis<br />
Diese Publikation erhebt nicht den Anspruch auf e<strong>in</strong>e vollständige Abbildung der historischen<br />
Ereignisse aus <strong>150</strong> <strong>Jahre</strong>n <strong>Bergbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Bottrop</strong>. Vielmehr wurde e<strong>in</strong>e Auswahl von Daten getroffen,<br />
die den <strong>Bergbau</strong> und die hier tätigen Menschen im H<strong>in</strong>blick auf Wirtschaft, Technik und Umwelt<br />
wesentlich bee<strong>in</strong>flusst haben, um damit auch gleichzeitig e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zu den Aktivitäten<br />
des <strong>Bergbau</strong>s heute herzustellen.<br />
Unser besonderer Dank für die Unterstützung bei der Recherche für diese Festschrift geht an das<br />
Stadtarchiv <strong>Bottrop</strong>, die Gesellschaft Prosper-Haniel und die Stiftung Industriedenkmalpflege<br />
und Geschichtskultur.<br />
Herausgeber:<br />
Vorstand <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG<br />
Gesamtkoord<strong>in</strong>ation:<br />
Kerst<strong>in</strong> Löhmann,<br />
<strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG,<br />
Bereich Kommunikation<br />
Fachliche Begleitung:<br />
Michael Sagenschneider,<br />
<strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG,<br />
Bergwerk Prosper-Haniel<br />
Konzept, Redaktion und Gestaltung:<br />
CP/COMPARTNER<br />
Druck:<br />
He<strong>in</strong><strong>in</strong>g & Müller<br />
Fotos:<br />
Stadtarchiv <strong>Bottrop</strong>; Gesellschaft Prosper-Haniel; <strong>RAG</strong> Aktiengesellschaft;<br />
Adelheid Kobus; <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG<br />
Die <strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG ist e<strong>in</strong> Unternehmen im <strong>RAG</strong>-Konzern.
<strong>Deutsche</strong> Ste<strong>in</strong>kohle AG<br />
Shamrockr<strong>in</strong>g 1<br />
44623 Herne<br />
www.deutsche-ste<strong>in</strong>kohle.de