Nr. 2/2011, 54. Jahrgang - Kölner Zoo
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Ortstreue (Philopatrie) kommt es zur<br />
Überlappung mehrerer Generationen.<br />
Bei Nacktmullen gibt es ein Kastensystem,<br />
wobei die Zugehörigkeit zu<br />
einer Kaste von dem Alter und zum<br />
Teil von der Körpergröße abhängig ist<br />
(Alterspolyethismus). So versorgen<br />
junge Nacktmulle ihre jüngeren<br />
Geschwister, ältere Tiere gehen auf<br />
Nahrungssuche und halten die Gänge<br />
instand. Besonders große Nacktmulle<br />
helfen bei der Verteidigung gegenüber<br />
Eindringlingen wie z.B. Schlangen<br />
(SHERMAN et al., 1991; JARVIS et al.,<br />
1994). Ob es solch einen Alterspolyethismus<br />
auch bei den Graumullen<br />
gibt, bedarf weiterer Untersuchungen.<br />
Die Familien erreichen bei Nacktmullen<br />
Größen von durchschnittlich<br />
75 Tieren, Graumullfamilien umfassen<br />
durchschnittlich 13 Tiere (BURDA et<br />
al., 2000). Dabei sollte weder die<br />
Gruppengröße noch das Vorhandensein<br />
von Kasten eine notwendige Voraussetzung<br />
für ein eusoziales System<br />
sein (BURDA et al., 2000). Wichtigere<br />
Kennzahlen, die die Dauer des Bestehens<br />
und damit die Stabilität einer<br />
Gruppe und deren Philopatrie widerspiegeln,<br />
sind der „Familienumsatz“<br />
(Koloniegröße dividiert durch die Anzahl<br />
an Neugeborenen pro Jahr) oder<br />
die Anzahl der zusammen lebenden<br />
Generationen (Koloniegröße dividiert<br />
durch das durchschnittliche Lebensalter<br />
nicht reproduktiver Tiere). Legt<br />
man diesen Maßstab an, so sind Ansell-<br />
Graumulle ebenso als eusozial zu<br />
betrachten wie Nacktmulle (BURDA<br />
et al., 2000).<br />
Bei den Graumullen sind die Tiere<br />
einer Familie enorm xenophob (fremdenfeindlich)<br />
gegenüber Mitgliedern<br />
anderer Familien. Setzt man versehentlich<br />
ein Tier zu einer fremden Familie,<br />
so endet die Begegnung in 99 % der<br />
Fälle tödlich für den „Eindringling“.<br />
Hier zeigen besonders die Weibchen<br />
ein großes Potenzial an Aggressivität.<br />
Setzt man jedoch gegengeschlechtliche<br />
Tiere aus unterschiedlichen Familien<br />
in einem separaten Gehege zusammen,<br />
so kommt es meist innerhalb kurzer<br />
Zeit zur Kopulation und zur Gründung<br />
einer neuen Familie. Die nicht<br />
reproduktiven Individuen sind daher<br />
keineswegs steril. Ob eine einmalige<br />
Begattung allerdings zu einer erfolgreichen<br />
Empfängnis führt, ist fraglich, da<br />
Ansell-Graumullweibchen induzierte<br />
Ovulierer sind (WILLINGSTORFER<br />
et al., 1998; HAGEMEYERR et al., 2009).<br />
Innerhalb der Familie kommen inzes-<br />
98<br />
Abb. 18: Riesengraumulle bei der Paarung. Reproduktive Tiere kopulieren mehrmals pro<br />
Woche und pflanzen sich bis ins hohe Alter (max. Lebensspanne: 22 Jahre) fort.<br />
Giant mole-rats during mating. Reproductive animals copulate several times per week<br />
and reproduce until death (max. life-span: 22 years). (Foto: Marie-Therese Bappert)<br />
Abb. 19: Trächtige Ansell-Graumullweibchen nehmen in den letzten Wochen vor dem<br />
Werfen mitunter enorm viel zu. Dieses Weibchen hatte, kurz bevor sie drei Junge gebar,<br />
einen auffallend großen Bauchumfang.<br />
Pregnant Ansell’s mole-rat females gain much weight during the last weeks before giving<br />
birth. This female had a tremendous girth shortly before she gave birth to three pups.<br />
(Foto: Marie-Therese Bappert)