Valeo mittendrin | November 2011

Im Magnetresonanztomografen (MRT) des
Epilepsie-Zentrums Bethel wurden Schichtaufnahmen
vom Gehirn des Patienten angefertigt.
Die Entzündung im Hippocampus
war deutlich zu erkennen. „Der Hippocampus
ist für das Gedächtnis zuständig.
Deshalb litt Walter Neuhaus an Gedächtnisverlust“,
sagt Dr. Christian Bien. Der Entzündungsherd
grenzte an den Bereich, der das
Gefühl der Übelkeit hervorruft. Darum wurde
ihm immer schlecht.
Eigenes Antikörperlabor
Die Diagnose „limbische Enzephalitis“ wurde
durch den Nachweis von Antikörpern im
Blut bestätigt. Es handelte sich um den Antikörper
CASPR2. „Das Wissen um die Antikörper
und die Behandlung sind neu. Veröffentlichungen
darüber gibt es erst seit
rund einem Jahr“, so Dr. Bien, der schon länger
an der Forschung beteiligt ist. Im Krankenhaus
Mara in Bethel hat er für die Diagnostik
ein eigenes Antikörperlabor eingerichtet.
Kliniken aus ganz Deutschland schicken
die Blutproben ihrer Patienten dorthin.
Die Ergebnisse werden mit dem Labor, das
die Antikörpertests herstellt, und mit Wissenschaftlern
im englischen Oxford, die den
Antikörper entdeckt haben, ausgetauscht.
Walter Neuhaus bekam Kortison gegen die
Entzündung im Hippocampus und eine
Blutwäsche im Dialyse-Zentrum des EvKB,
um die CASPR-2-Antikörper zu entfernen.
„Auf dem Monitor sehen wir jetzt die Grafik,
in der die Anzahl der täglichen Anfälle notiert
ist“, erklärt Dr. Bien seinem Patienten.
Am Tag der stationären Aufnahme hatte er
mehr als 15 Anfälle. Seit dem 11. Juli ist der
70-Jährige anfallsfrei.
Erinnerungslücken
„An die Urlaube, die ich zusammen mit meiner
Frau unternommen habe, kann ich mich aber
immer noch nicht erinnern, auch nicht, wenn
ich mir die Fotos ansehe“, äußert Walter Neuhaus
sorgenvoll. Doch Dr. Bien ist zuversichtlich.
Er hat die Schichtaufnahme seines Gehirns
auf Zeichen eines Gewebsuntergangs
untersucht. „Wenn die Struktur im Gehirn zerstört
ist, schrumpft sie. Das ist hier nicht der
Fall“, macht der Experte für Epileptologie Hoffnung
auf eine vollständige Genesung.
Dr. Christian Bien und Walter Neuhaus werden
in Zukunft weiterhin miteinander zu
tun haben. Denn der 70-Jährige ist wichtig
für die Forschung. Bei ihm ist ein Phänomen
aufgetreten, das bis jetzt noch nicht
beschrieben wurde. „Wir dachten bisher,
die Entzündung im Gehirn wird allein von
den Antikörpern ausgelöst“, so Dr. Bien.
Bei Walter Neuhaus jedoch steigen die Antikörper
im Blut wieder an, obwohl er gar
Aus den VALEO Häusern
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Im Antikörperlabor im Epilepsie-Zentrum
Bethel untersucht Privatdozent Dr. Christian
Bien mit einer Assistentin Serumproben.
keine neue Entzündung hat. „Das könnte
bedeuten, dass die CASPR2-Antikörper
nicht allein verantwortlich sind für die
limbische Enzephalitis.“ Die Blutwerte von
Walter Neuhaus werden bereits in der Wissenschaft
diskutiert. „Sie leisten gerade
nachfolgenden Patienten einen unschätzbaren
Dienst“, wendet sich Dr. Bien an Walter
Neuhaus. Und der hat nichts dagegen,
wenn Erkenntnisse aus seiner Krankheit
anderen Menschen helfen.
Valeo mittendrin | November 2011