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Valeo mittendrin | November 2011

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20 Aus den VALEO Häusern<br />

Entzündliche Epilepsien gaukeln eine Demenz vor<br />

Antikörper attackieren das Gehirn<br />

Bielefeld. Es war für ihn eine Zeit, in<br />

der er mutlos und verzweifelt war,<br />

erinnert sich Walter Neuhaus (Name<br />

von der Redaktion geändert). Doch<br />

zum Glück erinnert er sich. Denn vor<br />

eineinhalb Jahren verlor der pensionierte<br />

Lehrer dramatisch schnell<br />

sein Gedächtnis. Alzheimer-Demenz<br />

stand als Diagnose im Raum. Doch<br />

jetzt sitzt Walter Neuhaus hellwach<br />

und nahezu gesund im Büro seines<br />

behandelnden Arztes im Krankenhaus<br />

Mara im Epilepsie-Zentrum<br />

Bethel und bespricht seine Befunde.<br />

„Wir schauen jetzt von vorne in Ihr Gehirn hinein,<br />

sehen uns den Schläfenlappen an, und<br />

hier ist die Stelle, die für Ihre Gedächtnisprobleme<br />

verantwortlich ist.“ Chefarzt Dr. Christian<br />

Bien tippt mit dem Finger auf den großen<br />

Monitor in seinem Arbeitszimmer. Walter<br />

Neuhaus hat sich leicht vorgebeugt und<br />

betrachtet interessiert die Schichtaufnahmen<br />

seines Gehirns. In dem Areal, das Hippocampus<br />

genannt wird, ist ein heller Fleck<br />

zu erkennen. Eine entzündliche Epilepsie,<br />

wie sich vor einigen Wochen herausstellte,<br />

keine Alzheimer-Demenz. Die Entzündung<br />

wurde behandelt. Jetzt geht es dem 70-Jährigen<br />

wieder gut.<br />

Diagnose im Epilepsie-Zentrum<br />

Glück im Unglück hatte Walter Neuhaus.<br />

Wäre der Bielefelder in einer anderen Stadt<br />

zu Hause, wäre die entzündliche Epilepsie<br />

möglicherweise nie erkannt worden. In Bielefeld<br />

aber sind die Ärzte durch die Nähe<br />

zum Epilepsie-Zentrum Bethel sensibilisiert<br />

und denken auch an die Möglichkeit einer<br />

Anfallserkrankung. Glück hatte er auch, dass<br />

Privatdozent Dr. Christian Bien in Deutschland<br />

an der Spitze der Forschung über entzündliche<br />

Epilepsien steht. „Weltweit wird<br />

es Menschen geben, die alle Anzeichen einer<br />

Demenz haben, in Wirklichkeit aber an<br />

<strong>Valeo</strong> <strong>mittendrin</strong> | <strong>November</strong> <strong>2011</strong><br />

Unter dem Fluroeszenzmikroskop leuchten positive Befunde rot.<br />

einer entzündlichen Epilepsie leiden. Und<br />

die kann man heilen“, betont Dr. Bien.<br />

Im März vergangenen Jahres bemerkte<br />

Walter Neuhaus die ersten Symptome. Er<br />

war auf einem Spaziergang, als ihm plötzlich<br />

so eigenartig wurde, wie er es bezeichnet.<br />

„Dann setzte die Übelkeit ein. So eine<br />

schlimme Übelkeit kannte ich bisher nicht.<br />

Sie entstand nicht im Magen, sondern darüber“,<br />

schildert der Pensionär die Symptome.<br />

Die heftige Übelkeit trat immer häufiger<br />

auf, bis zu 17 Mal am Tag. Und auch sein<br />

Gedächtnis wurde immer schlechter. Dazu<br />

kamen Orientierungslosigkeit und Bewusstseinstrübung.<br />

Der Neurologe konnte einen<br />

Schlaganfall und einen Gehirntumor ausschließen.<br />

Einen weiteren Befund ergaben<br />

die Untersuchungen nicht. Eine psychiatrische<br />

Erkrankung schien wahrscheinlich.<br />

Verdacht auf Depression<br />

Mit der Verdachtsdiagnose einer Depression<br />

wurde der Patient in die Klinik für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie in Bethel geschickt.<br />

„Natürlich war er depressiv. Wer wäre das<br />

nicht bei dem dramatischen Krankheitsverlauf“,<br />

sagt Dr. Rainer-Uwe Burdinski, stellver-<br />

tretender Leiter der Klinik im Ev. Krankenhaus<br />

Bielefeld (EvKB). Doch die Depression<br />

war nur eine Begleiterkrankung und nicht<br />

die Ursache für die Symptome. Der Psychiater<br />

vermutete vielmehr eine hirnorganische<br />

Erkrankung. Weil er eine Demenz nicht ausschließen<br />

konnte, bat er seine Kollegin Dr.<br />

Christine Thomas, sich den Patienten genauer<br />

anzusehen. Die Leiterin der Abteilung<br />

für Gerontopsychiatrie ist eine Expertin auf<br />

dem Gebiet demenzieller Erkrankungen.<br />

Schnelles Voranschreiten<br />

„Ich erinnere mich genau an das Telefonat,<br />

dass ich mit Frau Dr. Thomas geführt habe,<br />

nachdem sie den Patienten untersucht hatte“,<br />

berichtet Dr. Christian Bien. „Das sei keine<br />

Alzheimer-Demenz, hat sie gesagt. Der<br />

Verlauf sei viel zu schnell.“ Bei einer Demenz<br />

geht der Prozess über Jahre. Bei Walter Neuhaus<br />

waren es Wochen. „Vor allem die Übelkeitsattacken,<br />

die er beschrieb, machten sie<br />

hellhörig. Sie vermutete, dass das epileptische<br />

Anfälle seien könnten und lag damit<br />

vollkommen richtig“, so der Privatdozent.<br />

Am 21. Juni dieses Jahres wurde Walter Neuhaus<br />

sein Patient.

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