10.01.2013 Aufrufe

Das ABC der Bindungstheorie

Das ABC der Bindungstheorie

Das ABC der Bindungstheorie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

� Büring (2005): Kap. 1.1-1.3<br />

Sag/Wasow/Ben<strong>der</strong> (2003): Kap. 7<br />

Anapher<br />

<strong>Das</strong> <strong>ABC</strong> <strong>der</strong> <strong>Bindungstheorie</strong><br />

Anaphern sind sprachliche Ausdrücke, die nicht eigenständig referieren können, son<strong>der</strong>n in ihrer<br />

Referenz von an<strong>der</strong>en sprachlichen Elementen abhängen. In <strong>der</strong> klassischen Grammatik wird<br />

zwischen Kataphern und Anaphern unterschieden, beides sind phorische Ausdrücke. <strong>Das</strong><br />

Antezedens ist dasjenige Element, das die Referenz <strong>der</strong> Anapher bestimmt. <strong>Das</strong> Antezedens geht<br />

<strong>der</strong> Anapher voraus, aber <strong>der</strong> Katapher voran.<br />

(1) a. Bevor er ins Krankenhaus ging, kaufte Hans Blumen. (Katapher)<br />

b. Hans kaufte Blumen, bevor er ins Krankenhaus ging. (Anapher)<br />

Demnach sind sich, er usw. gleichermaßen Pronomen wie Anaphern.<br />

In <strong>der</strong> generativen Grammatik wird „Anapher“ eingeschränkt nur für reflexive und reziproke<br />

Ausdrücke verwendet, die über ein Bezugselement im selben kleinsten Satz verfügen müssen, d. h.<br />

die Prinzip A <strong>der</strong> <strong>Bindungstheorie</strong> unterliegen (s. unten). Die nicht-anaphorischen Pronomen<br />

werden oft auch kurz als „Pronomen“ bezeichnet. Demnach wird sich als Anapher bezeichnet<br />

(i.e.S.) und er kurz als „Pronomen“.<br />

Charakterisieren Sie die Grundzüge einer <strong>Bindungstheorie</strong>!<br />

Prinzip Referenzkategorie Domäne Bindung<br />

Prinzip A „Anapher“<br />

(Reflexiv- und Reziprokpronomen)<br />

lokaler Satz (S) muss<br />

Prinzip B Pronomen (ohne Refl./Rez.) lokaler Satz (S) darf nicht<br />

Prinzip C R-Ausdrücke komplexer Satz darf nicht<br />

Kongruenz pronominale Anaphern – –<br />

• Reflexiv-/Reziprokpronomina und an<strong>der</strong>e Pronomen treten komplementär verteilt auf.<br />

• Man kann eine Hierarchie <strong>der</strong> Referentialität bilden:<br />

R-Ausdrücke � Pronomen � Reflexiv-, Reziprokpronomen<br />

• R-Ausdrücke sind inhärent referentiell.<br />

• Pronomen können auch deiktisch verwendet werden. Sie erhalten ihre Referenz durch den<br />

Kontext – sprachlich o<strong>der</strong> außersprachlich. Sie unterliegen syntaktischen Bedingungen.<br />

• Reflexivpronomen erhalten ihre Referenz immer syntaktisch.<br />

Katarina Klein PS HPSG (SS 2006) 1/5


<strong>Das</strong> <strong>ABC</strong> <strong>der</strong> <strong>Bindungstheorie</strong><br />

(2) Typenhierarchie: referentielle Eigenschaften nominaler Ausdrücke<br />

Anaphern (i.e.S.)<br />

Pronomen<br />

Reflexivpronomen Reziprokpronomen<br />

Was ist Bindung?<br />

Nominale Ausdrücke<br />

nicht-anaphorische Pronomen<br />

nicht-pronominale Ausdrücke<br />

R-Ausdrücke<br />

Büring (2005) stellt folgende mögliche Definitionen vor:<br />

Koindizierung und …<br />

• Precedence [�pr�s�d�ns]<br />

• c-Kommando:<br />

C-Kommando ist eine strukturelle Relation, d. h. sie sagt etwas über die Beziehung zwischen<br />

verschiedenen Positionen in einer Baumstruktur aus. Ein Knoten A c-kommandiert einen<br />

Knoten B dann, wenn alle Knoten, die A dominieren, auch B dominieren, aber A B nicht<br />

dominiert und B A nicht dominiert.<br />

• θ-Kommando:<br />

θ-Kommando setzt eine θ-Hierarchie voraus. Dies ist eine semantische Relation: Ein<br />

Argument A, das eine bestimmte Theta-Rolle θA trägt, θ-kommandiert ein Argument B, das<br />

eine bestimmte Theta-Rolle θB trägt, genau dann, wenn θA in <strong>der</strong> θ-Hierarchie höher steht als<br />

θB. • O/A-Kommando:<br />

Dies ist eine Relation zwischen den Argumenten eines Lexems. Vorausgesetzt wird, dass die<br />

Argumente nach bestimmten allgemeinen Regeln geordnet sind, die sich von Sprache zu<br />

Sprache unterscheiden können. Die Argumentstruktur selbst ist für jedes Lexem festgelegt.<br />

Ein Argument A a-kommandiert ein Argument B genau dann, wenn A B auf <strong>der</strong><br />

Argumentstrukturliste vorangeht (A ist dann weniger oblique als B).<br />

Erinnerungen und Hinweise:<br />

• while und that zählen zu den Komplementierern (C). Ihr Komplement ist ein Satz. Analysieren<br />

Sie die Abfolge [while S] bzw. [that S] als CP, d. h. verwenden Sie die Regel CP → C S.<br />

• Komplemente (hier: ZP) gehören immer zur maximalen Projektion des Kopfes, d. h. sie sind<br />

in <strong>der</strong> maximalen Phrase (hier: XP).<br />

• Schema:<br />

XP<br />

X ZP<br />

(Komplement)<br />

2/5 PS HPSG (SS 2006) Katarina Klein


<strong>Das</strong> <strong>ABC</strong> <strong>der</strong> <strong>Bindungstheorie</strong><br />

• Durch das Hinzufügen eines Adjunkts zu einer Phrase verän<strong>der</strong>n sich die Subkategorisierungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Phrase nicht.<br />

• Schema:<br />

XP<br />

XP ZP<br />

(Adjunkt)<br />

• Verbale Adjunkte modifizieren immer die ganze VP, d. h. sie werden an die VP adjungiert.<br />

VP<br />

...V...<br />

VP<br />

Adjunkt<br />

• Wenn eine Adjektivphrase an eine nominale Zwischenprojektion adjungiert wird, dann ist die<br />

entstehende Phrase ebenfalls eine nominale Zwischenprojektion.<br />

NP<br />

Det<br />

die<br />

AP<br />

(Adjunkt)<br />

interessanten<br />

N'<br />

N<br />

(Kopf)<br />

Probleme<br />

N'<br />

NP<br />

(Komplement)<br />

<strong>der</strong> Syntax<br />

• In <strong>der</strong> GB wird die Sättigung einer Phrase anhand <strong>der</strong> Position in <strong>der</strong> Struktur bestimmt<br />

(konfigurationell): Köpfe sind ungesättigte Elemente, Zwischenprojektionen haben noch keinen<br />

Spezifikator, maximale Projektionen haben keine offenen Spezifikator- o<strong>der</strong><br />

Komplementfor<strong>der</strong>ungen mehr.<br />

• Die Komplemente werden in <strong>der</strong> GB meist einzeln hinzugefügt, so dass eine binäre Struktur<br />

entsteht.<br />

• Damit Adjunkte in <strong>der</strong> Struktur eindeutig von Komplementen zu unterscheiden sind, benötigt die<br />

Struktur (in <strong>der</strong> GB) ggf. leere Knoten, wie im Bild rechts (man könnte an diesen Knoten ein<br />

Komplement einfügen: des Deutschen). Vereinfachend wird aber oft die Struktur links verwendet.<br />

<strong>Das</strong> Adjunkt sieht im Bild links aus wie ein Komplement, ist aber keins.<br />

Katarina Klein PS HPSG (SS 2006) 3/5


D<br />

die<br />

NP<br />

AP<br />

interessante<br />

<strong>Das</strong> <strong>ABC</strong> <strong>der</strong> <strong>Bindungstheorie</strong><br />

N'<br />

N<br />

Syntax<br />

4/5 PS HPSG (SS 2006) Katarina Klein<br />

D<br />

die<br />

NP<br />

AP<br />

interessante<br />

N'<br />

N'<br />

N<br />

Syntax<br />

• Diese „streng konfigurationelle“ Struktur wird als X-bar-Schema bezeichnet, denn sie ermöglicht<br />

es, alle Phrasenstrukturen gleich zu behandeln:<br />

XP<br />

Spec X'<br />

Comp X<br />

Kopf<br />

• Adjungiert werden darf an X’ o<strong>der</strong> an XP. Die Projektionsebene än<strong>der</strong>t sich dadurch nicht.<br />

XP<br />

Adj XP<br />

Spec X'<br />

Comp X<br />

Kopf<br />

Übungen ditransitive Verben<br />

These 1 These 2<br />

VP<br />

V O O<br />

V'<br />

VP<br />

V O<br />

XP<br />

Spec X'<br />

Viele ditransitive Verben im Englischen lassen zwei Konstruktionen zu:<br />

O<br />

Adjunkt X'<br />

Comp X<br />

Kopf


<strong>Das</strong> <strong>ABC</strong> <strong>der</strong> <strong>Bindungstheorie</strong><br />

(3) a. Benjamin gave the cloak to Lee. (Dative Construction)<br />

b. Benjamin gave Lee the cloak.<br />

Die Konstruktionen weisen unterschiedliche Bindungseigenschaften auf:<br />

(4) a. I showed Benjamin himself (in the mirror).<br />

b.* I showed himself Benjamin (in the mirror).<br />

(5) a. I showed Benjamin to himself (in the mirror).<br />

b.* I showed himself to Benjamin (in the mirror).<br />

→ Jeweils das an erster Stelle realisierte Objekt bindet das an zweiter Stelle realisierte Objekt.<br />

• Nach <strong>der</strong> konfigurationellen <strong>Bindungstheorie</strong> müssen R-Ausdrücke frei sein. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />

dass wir keine ternäre Struktur (s.u.) annehmen dürfen, weil sonst <strong>der</strong> jeweilige R-Ausdruck<br />

nicht frei wäre.<br />

V<br />

gave<br />

VP<br />

NP<br />

the cloak<br />

PP<br />

to Nathan<br />

• Nach <strong>der</strong> nicht-konfigurationellen <strong>Bindungstheorie</strong> ergeben sich keine Probleme, denn die<br />

Argumente sind unabhängig von ihrer strukturellen Realisation geordnet.<br />

• Aber so wie die konfigurationelle BT angewiesen ist auf unterschiedliche Strukturen für die<br />

Sätze oben, muss die nicht-konfigurationelle BT unterschiedliche Ordnungen auf <strong>der</strong><br />

Argumentstruktur annehmen.<br />

Übung für nächste Woche<br />

Zeichnen Sie Satzstrukturen (ohne FS) für die folgenden Sätze:<br />

(6) * Shei spoke after Lisai read the newspaper.<br />

(7) Lisai spoke while shei read the newspaper.<br />

(8) Tom ignored her i [while Lisa i ate lunch].<br />

(9) * Tom told her i [that Lisa i would fall].<br />

Fragen<br />

• Sind die angegebenen Sätze mit einer Bindungsdefinition verträglich, die auf linearer Abfolge<br />

(precedence) beruht?<br />

• Legen Sie im folgenden die konfigurationelle <strong>Bindungstheorie</strong> zugrunde, die auf dem c-<br />

Kommando basiert, d. h. setzen Sie voraus, dass diese Definition korrekt ist.<br />

Gehen Sie außerdem davon aus, dass alle Komplemente Schwestern des selegierenden<br />

Kopfes sind (also keine binäre Struktur).<br />

Welche Annahmen über die Struktur <strong>der</strong> Sätze müssen Sie dann machen?<br />

• An welche Phrase wird adjungiert?<br />

• Wie unterscheiden sich Adjunkt und Komplement strukturell?<br />

Katarina Klein PS HPSG (SS 2006) 5/5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!