Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Längst schon wohnt kein Storchenpaar mehr in luftiger Höhe auf dem Unteren Hirm. Der letzte dauerhafte Bewohner des Unteren Turmes war der „Turmfrieder". Die Hohenzollerischen Blätter berichteten 1935: „Chronik des Todes. Gar schnell hat gestern der Sensenmann unsere Turmwächter, den Taglöhner Friedrich Blumenste tt e r, in ein anderes Leben geholt. Als er am Sonntag abend die steile Treppe in seiner Behausung im Untern Türm emporstieg, stürzte er ab und blieb mit einer schweren Kopfverletzung unten liegen. Hier wurde er bewußtlos aufgefunden und ist dann in der Klinik in Tübingen gestern Vormittag gestorben. Wie oft ist wohl der „Turmfrieder", wie man ihn in der Nachbarschaft oft nennen hörte, die sechzig Stufen zu seinen luftigen Stuben im Turm hinaufgestiegen. Er hat dort oben das Licht der Welt erblickt, war doch sein Vater schon Wächter dieses ehrwürdigen Wahrzeichens unserer Stadt. Hier hat Friedrich Blumenstetter sein Lebtag gewohnt und seines Amtes gewartet, die Glocken zu den vorgeschriebenen Stunden und auch die gellende Brandglocke zu läuten. Er war wohl der bescheidenste Gehaltsempfänger der Stadt Hechingen, denn er bezog neben freier Wohnung ein Monatsgehalt von ganzen zwei Mark. Ehrlich und redlich verdiente er sich seinen kargen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, die er immer verläßlich ausführte. Eine geschickte Hand hatte er für gärtnerische Arbeiten. Kein üppiger Platz war ihm an der Tafel des Lebens bereitet. Zufrieden und bescheiden führte er sein Leben." Wachsamkeit ist angesagt Der Untere Türm wurde 1954 baulich gesichert 54 und 1971 renoviert. Er legt in seinem Durchgang Zeugnis ab von der Bildung der Gesamtstadt zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Wappen der ehemals selbständigen Ortsteile wurden hier angebracht. Sein Bestand ist heute nicht mehr gefährdet. Die St. Luzenkirche mit dem Kreuzweg und seinem Kalvarienberg, die Stiftskirche, das 'Neue Schloß', die Alte Synagoge, St. Elisabeth, das Museum wurden in den letzten Jahrzehnten baulich gerettet. Das 'Alte Schloß' wird gegenwärtig gründlich restauriert. Nun gilt es das Augenmerk auf das Pfründehospital mit seiner Kirche ('Spittel') und auf die Villa Eugenia zu richten! Anmerkungen: 1 Werner, Otto: Die gemeine Stadt Hechingen und der Bau der Stiftskirche vor 200 Jahren in: Hohenzollerische Heimat, Nr. 2 / 1982, S. 22. 2 Egler, Ludwig: Chronik der Stadt Hechingen 2. Aufl. Bearb. von Rudolf von Ehrenberg. (Künftig: ChH 11.) Hechingen 1906, S. 21 1. 3 Stadtarchiv Hechingen (künftig: StadtA Hech.), B., A 14: SPProt. 1778- 1801. „Actum d: 10. April 1788. Gartten-Taxation den Kronenwirth Egler betrfd." 4 ChH 11. Hechingen 1906. S. 212. 5 StadtA Hech., B„ A 1 0: SGProt. 1749-54. „Actum den 4. Februar 175 1." 6 Kraus, Johann Adam: Von den Hohenzollern-Hechingischen Lust- und Jagdhäusern. In: Heimatklänge Nr. 9- Hechingen, den 27. Juli 1935, S. 35 f 7 StadtA Hech., B., A 1 0: SGProt. 1749-54. „Actum den 4. Februar 1751." 8 Erdaushub 9 StadtA Hech., B., A 1 1: SGProt. 1754-61. „Actum Hechingen aufm Raths Haußd. 30ten 8br: 1758." 10 fraglichen 11 dem Untertanenstreit 12 wegen (?) 13 StadtA Hech., B., A 1 1: SGProt. 1754-6 1. „Actum Hechingen d. 22ten Aug: 1760." 14 Werner, Otto:, Strittige Fuhrfronen zur Reparatur des Hechinger Residenzschlosses (1737-1760) in: Hohenzollerische Heimat Nr. 1/1983, S. 11 f 15 Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns. Hrsg. von Walter Genzmer. Bd. 1: 62 Kreis Hechingen. Hechingen 1939- S. 190. - Dies steht aber im Widerspruch zu der Datierung einer Federzeichnung, die den Vorhof und Vorbau noch zeigt, auf 1764 durch den Denkmalpflegers Lothar Merkelbach. (Umbau und Instandsetzung des Neuen Schlosses in Hechingen. Anmerkungen des Denkmalpflegers. In: Kreissparkasse im neuen Schloß Hechingen. Hechingen 1982.)- 16 Ch H 11. Hechingen 1906, S. 194. 17 Ebd., S. 195; 18 Laut Franz (s. u.): Sigmaringen, FHA, A 137 (Baurechnungen), fol. 9 v. 19 Franz, Erich: Pierre Michel d'lxnard 1723-1795. Weißenhorn 1985. S. 30. 20 Ebd. 21 die Johannesbrücke 22 ChH 11. Hechingen 1906. S. 199. - Beim Abbruch einer der beiden Torpfeiler im Jahre 1880 fand man Münzen von 1775 und eine (leider) zerstörte Urkunde. (Index W. S. 1880/Nr. 94) 23 Das 'Kegeltörle' ist auf dem Merianstich von 1662 zu sehen. 24 Biisching, D. Anton Friedrich, Erdbeschreibung. Siebenter Theil, der den oberrheinischen, schwäbischen, bayerischen und fränkischen Kreis enthält. Hamburg, 1790. S. 521. 25 Topographisches Lexikon von Schwaben Erster Band. Ulm 1791- Sp.686 26 Ein Tag am fürstlichen Hof in Hechingen 1799 nach dem Reisebericht des P. Hauntinger aus Glatt. Hrsg. von Dr. G. Hebeisen. In: Hohenzollerisches Heimatblatt. 2. Jahrgang Nr. 3. Sigmaringen, 15. Juli 1929. S. 3. 27 1812 28 Diese Maßnahme hatte m. E. nur dann einen Sinn, wenn es die Schauseite des Schlosses war. 29 Egler, Ludwig: Chronik der Stadt Hechingen, Hechingen 1887. S. 193- 30 Es mußte heißen: 29. Novemb. 31 Entresol = Zwischengeschoß, Halbgeschoß 32 Es sind die Initialen des Stukkateurs Wendelin Nuferer, den wir auch beim Bau der St. Luzenkirche antreffen. 33 STAS, Dep. 39 DH 1, A 151. „1812. - Notizen über den Einsturz und Abbruch des vorderen Schloßflügels zu Hechingen." 21. 34 STAS, Dep. 39 Dil 1, A 152. „1812-1818. Akten die Baufälligkeit u. Wiederherstellung des Residenzschlosses zu Hechingen betreffend 1812 -1818." 12. 35 Ebd. 36 ChH 11. Hechingen 1906. S. 242. - Ich bin nicht sicher, ob die Chronik streng zwischen unterem Tor und Unterem Turm unterscheidet. (S. 306!) 37 Verordnungs- u. Anzeigeblatt für das Fürstenthum Hohenzollern-Hechingen. Nro. 19- Samstag den 6. März 1847. 38 Zusammen mit Stadtarchivar Thomas Jauch aufgrund des Brandversicherungskatasters , des Besitzerbuchs und des Grundbuchs (Nr. 267) der Stadt Hechingen und des Katasterplans (Nr. 252) ermittelt. 39 heute: Staig 1 40 ChH 11. Hechigen 1906. S. 242 f 41 StadtA Hech., B„ A 20: SGProt. 1834-43. 42 StadtA Hech., B., A 20: SGProt. 1834-43. „Actum den 16. Septbr. 1834. Setzung von Ortspfählen an den Ein= & Ausgang hiesiger Stadt." 43 Hohenzollerische Heimatbücherei Hechingen, Sign. K 945 V / 1 44 Hohenzollerische Heimatbücherei Hechingen (künftig: HHBH), Sign. K 945 V/2 45 HHBH, Sign. K 945 V/4, 5 u. 6 46 ChH 11. Hechingen 1906. S. 272. 47 HHBH, Sign. K945 V/6 48 Die Ausgabe der Stadtchronik von 1980 berichtet: „Ein Beschluß des Stadtrats, den Untern ftirm abzubrechen, stieß auf entschiedene Ablehnung bei der Bürgerschaft und wurde vom Bürgerausschuß verworfen, der die Mittel für eine gründliche Ausbesserung bewilligte." (S. 305) 49 ChH 11. Hechingen 1906. S. 309. 50 Egler, Ludwig: Ausgewählte Schriften und Gedichte. Hechingen 1998. S.89 ff- 51 ChH II, Hechingen 1906, S. 306. 52 HHBH, Sign. J 133. 53 Hohenzollerische Blätter. Nr. 187. Dienstag, den 13- August 1935. 54 „Der Untere ftirm steht wieder sicher" in: Hohenzollerische Zeitung. Nummer 244. Hechingen, Mittwoch, 20. Oktober 1954.

Botho Walldorf, Die Hohenzollerische Landesbahn in den 1960er-Jahren Im September 2002 hat Botho Walldorf einen neuen Bildband über die Hohenzollerische Landesbahn in den 1960er Jahren veröffentlicht. Wirft man einen Blick in das Büchlein, so ist man erfreut über die Schönheit dieser Fotos und ihren Erinnerungswert. Walldorf konnte viele alte Fotos vom Bahnbau auftreiben, von denen viele hier gezeigt werden. Die Hohenzollerischen Landesbahnen, wie man sie ursprünglich nannte, wurden in Teilstrecken von 1899 bis 1908 gebaut. Es entstanden größere und kleinere Bahnhöfe und Haltepunkte die nur durch eine Wellblechhütte markiert waren. Die Fotos zeigen zahlreiche, heute verschwundene, kleine Bahnhöfe und Haltepunkte. Manche Bahnhöfe erschienen auch auf Postkarten, weil man stolz war, wenn der Ort Bahnanschluß hatte. Seit dem Bahnbau rollten auf den Strecken Dampflokomotiven, Personenwagen, Packwagen und Güterwagen, wobei die Lokomotiven immer größer und stärker wurden. Niemand konnte sich vorstellen, daß sich jemals etwas ändern könnte. 1934 kamen dann die ersten Triebwagen, die hell und luftig waren und nur wenig Lärm machten. Ca. 30 Jahre später erschien die erste Diesellok auf den Gleisen. In den sechziger Jahren fuhren auch noch viele Personen - und Güterzüge mit Dampfloks. Aber im gleichen Jahrzehnt wurde, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, der Dampflok-Betrieb eingestellt. Was Walldorfs Büchlein so interessant macht ist der alltägliche Betrieb, den er Tag und Nacht, Sommer wie Winter, über Jahrzehnte dokumentiert hat. Gleichzeitig hat er damit vielen alten Landesbahnern ein Denkmal gesetzt. Es war eine harte und rußige Arbeit, die sie ihr Leben lang leisteten. Als Beispiel sei der Oberheizer Fabian Eisele aus Gauselfingen genannt, der 1973 im Gammertinger Altersheim verstarb. Jahr für Jahr, Nacht für Nacht, heizte er im Gammertinger Lok-Schuppen die Lokomotiven an, die dann um drei oder vier Uhr in die Nacht hinaus fuhren. Auch Nicht-Eisenbahn-Fans werden an den über 200, noch nie veröffentlichten Fotos, ihre Freude haben. Es ist wie ein Blick in eine längst vergangene Zeit. Gudrun Mangold, Hunger ist der beste Koch. Karge Zeiten auf der rauen Alb - Rezepte und Geschichten Man ist nicht erst heute geneigt, die Vergangenheit zu verklären. Wenn man aber genau hinschaut, wird man feststellen, dass es "die gute alte Zeit" nie gegeben hat und gewiss nicht auf der Schwäbischen Alb, die man früher als die Rauhe Alb bezeichnete. Als Beispiel einer Siedlung auf der Alb dient Laichingen, wo die raue Alb etwa 750 m hoch und am rauesten ist. Die Autorin hat eifrig nach Kochrezepten aus Urgroßmutters Zeiten gesucht. Da sie auf der Alb aufwuchs, ist die Sprache der Älbler ihre Muttersprache, in die sie -oft mitten im Satz- immer wieder verfällt, um sich genauer auszudrücken. Hilfreich ist dabei das mitgegebene 63 Glossar, das sich jeweils auf der betreffenden Seite befindet. Die Kochrezepte sind gewissermaßen ein Gerüst, an dem die Autorin ein Geschichtsbuch aufbaut. So darf man sich nicht wunderen, wenn z. B. die Siedlungsgeschichte von Laichingen im Kapitel „Suppen" erscheint. Unsere Vorfahren mussten sich mit dem begnügen, was der Boden und die jeweilige Jahreszeit hergaben, und das war nicht gerade üppig. Zubereitung und Zutaten werden sehr anschaulich und humorvoll erklärt, so dass es nicht schwierig ist, Schwarzen Brei, Knöpfle mit saurer Soße oder Flädle in allen Variationen selbst zu versuchen. Uns fehlt allerdings das wichtigste Gewürz aus früheren Zeiten, der Hunger. Um die Kocherei erzählt die Autorin unterhaltsame Geschichten. Manche sind lustig, andere machen nachdenklich, wie z. B. die Säuglings- und Kindersterblichkeit vergangener Zeiten von über 50 Prozent, die nicht nur für Laichingen, sondern wohl auf die meisten Alb-Orte zutraf. Sie hatte zweifellos mit der hohen Arbeitsbelastung der Frauen zu tun, die auch zu einer hohen Sterblichkeit bei ihnen selbst führte. Auch wer sich immer schon für die Lebensverhältnisse früherer Zeiten interessierte, wird vieles in dem Buch finden, was er bisher nicht wusste. Besonders zu erwähnen ist die Bebilderung. Neben den aufschlussreichen Dokumentationen von Ernst Kubitza ist Laichingen um die Fülle von prächtigen alten Fotos aus dem Archiv des Höhlen- und Heimatvereins Laichingen zu beneiden. Gudrun Mangold, Hunger ist der beste Koch. 160 Seiten, 91 Abbildungen, fester Einband, Eur. 19,90. ISBN 3-87407-525-7. Silberburg-Verlag Tübingen. Oberschwaben Fährt man von Norden her über die Alb Richtung Riedlingen, so hat man aus dem Buchenwald der Alb kommend, ein herrliches Panorama vor sich: eine weite helle Landschaft, die beherrscht wird von heiligen Berg der Schwaben, dem Bussen. An seinem Fuß sieht man die alte Donaustadt Riedlingen, fast glaubt man hier auch eine andere Luft zu atmen. Diese besondere Landschaft zeigt in ihrer Schönheit und Vielfalt ein neuer Bildband mit Fotos von Rupert Leser (den Beziehern der „Schwäbischen Zeitung" wohlbekannt) und Thomas Stephan und Texten von Manfred Hepperle und Prof. Manfred Thierer. Vor genau 200 Jahren wurde Oberschwaben durch Säkularisierung und Mediatisierung so sehr verändert, wie kaum ein anderer Landstrich in Deutschland. Trotz schmerzhcher Verluste sind die großen klösterlichen Stifte wie Zwiefalten, Obermarchtal, Wieblingen, Ochsenhausen, Weingarten und Salem heute noch Kleinode der Barockkunst. Dazu kommen zahlreiche andere barocke Kirchen- und Klosterbauten oder mittelalterliche Kostbarkeiten wie Heiligkreuztal. Eindrucksvoll sind auch die Bilder aus den alten Reichsstädten wie Ulm, Biberach und Pfullendorf. Kleinere Städte wie Aulendorf, Buchau, Saulgau, Waldsee und Wurzach haben sich in den letzten 50 Jahren zu Bädern und Kurorten gemausert. Es fing an mit dem Moor, aber überall sprudelt jetzt das Thermalwasser. Der Südosten von Oberschwaben hat mit der Moränenlandschaft des Allgäus ein ganz anderes Gesicht. Auch hier sieht man die schö-

Botho Walldorf, Die <strong>Hohenzollerische</strong> Landesbahn in den<br />

1960er-Jahren<br />

Im September 2002 hat Botho Walldorf einen neuen Bildband über<br />

die <strong>Hohenzollerische</strong> Landesbahn in den 1960er Jahren veröffentlicht.<br />

Wirft man einen Blick in das Büchlein, so ist man erfreut<br />

über die Schönheit dieser Fotos und ihren Erinnerungswert.<br />

Walldorf konnte viele alte Fotos vom Bahnbau auftreiben, von denen<br />

viele hier gezeigt werden. Die <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesbahnen,<br />

wie man sie ursprünglich nannte, wurden in Teilstrecken von<br />

1899 bis 1908 gebaut. Es entstanden größere und kleinere Bahnhöfe<br />

und Haltepunkte die nur durch eine Wellblechhütte markiert<br />

waren. Die Fotos zeigen zahlreiche, heute verschwundene, kleine<br />

Bahnhöfe und Haltepunkte. Manche Bahnhöfe erschienen auch auf<br />

Postkarten, weil man stolz war, wenn der Ort Bahnanschluß hatte.<br />

Seit dem Bahnbau rollten auf den Strecken Dampflokomotiven,<br />

Personenwagen, Packwagen und Güterwagen, wobei die Lokomotiven<br />

immer größer und stärker wurden. Niemand konnte sich<br />

vorstellen, daß sich jemals etwas ändern könnte. 1934 kamen<br />

dann die ersten Triebwagen, die hell und luftig waren und nur<br />

wenig Lärm machten. Ca. 30 Jahre später erschien die erste Diesellok<br />

auf den Gleisen. In den sechziger Jahren fuhren auch noch<br />

viele Personen - und Güterzüge mit Dampfloks. Aber im gleichen<br />

Jahrzehnt wurde, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, der<br />

Dampflok-Betrieb eingestellt.<br />

Was Walldorfs Büchlein so interessant macht ist der alltägliche Betrieb,<br />

den er Tag und Nacht, Sommer wie Winter, über Jahrzehnte<br />

dokumentiert hat. Gleichzeitig hat er damit vielen alten Landesbahnern<br />

ein Denkmal gesetzt. Es war eine harte und rußige Arbeit,<br />

die sie ihr Leben lang leisteten. Als Beispiel sei der Oberheizer<br />

Fabian Eisele aus Gauselfingen genannt, der 1973 im Gammertinger<br />

Altersheim verstarb. Jahr für Jahr, Nacht für Nacht, heizte er<br />

im Gammertinger Lok-Schuppen die Lokomotiven an, die dann um<br />

drei oder vier Uhr in die Nacht hinaus fuhren.<br />

Auch Nicht-Eisenbahn-Fans werden an den über 200, noch nie<br />

veröffentlichten Fotos, ihre Freude haben. Es ist wie ein Blick in<br />

eine längst vergangene Zeit.<br />

Gudrun Mangold, Hunger ist der beste Koch.<br />

Karge Zeiten auf der rauen Alb - Rezepte und Geschichten<br />

Man ist nicht erst heute geneigt, die Vergangenheit zu verklären.<br />

Wenn man aber genau hinschaut, wird man feststellen, dass es "die<br />

gute alte Zeit" nie gegeben hat und gewiss nicht auf der Schwäbischen<br />

Alb, die man früher als die Rauhe Alb bezeichnete.<br />

Als Beispiel einer Siedlung auf der Alb dient Laichingen, wo die<br />

raue Alb etwa 750 m hoch und am rauesten ist. Die Autorin hat<br />

eifrig nach Kochrezepten aus Urgroßmutters Zeiten gesucht. Da sie<br />

auf der Alb aufwuchs, ist die Sprache der Älbler ihre Muttersprache,<br />

in die sie -oft mitten im Satz- immer wieder verfällt, um<br />

sich genauer auszudrücken. Hilfreich ist dabei das mitgegebene<br />

63<br />

Glossar, das sich jeweils auf der betreffenden Seite befindet. Die<br />

Kochrezepte sind gewissermaßen ein Gerüst, an dem die Autorin<br />

ein Geschichtsbuch aufbaut. So darf man sich nicht wunderen,<br />

wenn z. B. die Siedlungsgeschichte von Laichingen im Kapitel „Suppen"<br />

erscheint.<br />

Unsere Vorfahren mussten sich mit dem begnügen, was der Boden<br />

und die jeweilige Jahreszeit hergaben, und das war nicht gerade<br />

üppig. Zubereitung und Zutaten werden sehr anschaulich und humorvoll<br />

erklärt, so dass es nicht schwierig ist, Schwarzen Brei,<br />

Knöpfle mit saurer Soße oder Flädle in allen Variationen selbst zu<br />

versuchen. Uns fehlt allerdings das wichtigste Gewürz aus früheren<br />

Zeiten, der Hunger. Um die Kocherei erzählt die Autorin unterhaltsame<br />

Geschichten. Manche sind lustig, andere machen nachdenklich,<br />

wie z. B. die Säuglings- und Kindersterblichkeit vergangener<br />

Zeiten von über 50 Prozent, die nicht nur für Laichingen, sondern<br />

wohl auf die meisten Alb-Orte zutraf. Sie hatte zweifellos mit der<br />

hohen Arbeitsbelastung der Frauen zu tun, die auch zu einer hohen<br />

Sterblichkeit bei ihnen selbst führte. Auch wer sich immer schon<br />

für die Lebensverhältnisse früherer Zeiten interessierte, wird vieles<br />

in dem Buch finden, was er bisher nicht wusste. Besonders zu erwähnen<br />

ist die Bebilderung. Neben den aufschlussreichen Dokumentationen<br />

von Ernst Kubitza ist Laichingen um die Fülle von<br />

prächtigen alten Fotos aus dem Archiv des Höhlen- und <strong>Heimat</strong>vereins<br />

Laichingen zu beneiden.<br />

Gudrun Mangold, Hunger ist der beste Koch. 160 Seiten, 91 Abbildungen,<br />

fester Einband, Eur. 19,90. ISBN 3-87407-525-7. Silberburg-Verlag<br />

Tübingen.<br />

Oberschwaben<br />

Fährt man von Norden her über die Alb Richtung Riedlingen, so hat<br />

man aus dem Buchenwald der Alb kommend, ein herrliches<br />

Panorama vor sich: eine weite helle Landschaft, die beherrscht<br />

wird von heiligen Berg der Schwaben, dem Bussen. An seinem Fuß<br />

sieht man die alte Donaustadt Riedlingen, fast glaubt man hier auch<br />

eine andere Luft zu atmen.<br />

Diese besondere Landschaft zeigt in ihrer Schönheit und Vielfalt<br />

ein neuer Bildband mit Fotos von Rupert Leser (den Beziehern der<br />

„Schwäbischen Zeitung" wohlbekannt) und Thomas Stephan und<br />

Texten von Manfred Hepperle und Prof. Manfred Thierer.<br />

Vor genau 200 Jahren wurde Oberschwaben durch Säkularisierung<br />

und Mediatisierung so sehr verändert, wie kaum ein anderer<br />

Landstrich in Deutschland. Trotz schmerzhcher Verluste sind<br />

die großen klösterlichen Stifte wie Zwiefalten, Obermarchtal,<br />

Wieblingen, Ochsenhausen, Weingarten und Salem heute noch<br />

Kleinode der Barockkunst. Dazu kommen zahlreiche andere barocke<br />

Kirchen- und Klosterbauten oder mittelalterliche Kostbarkeiten<br />

wie Heiligkreuztal.<br />

Eindrucksvoll sind auch die Bilder aus den alten Reichsstädten wie<br />

Ulm, Biberach und Pfullendorf. Kleinere Städte wie Aulendorf,<br />

Buchau, Saulgau, Waldsee und Wurzach haben sich in den letzten<br />

50 Jahren zu Bädern und Kurorten gemausert. Es fing an mit dem<br />

Moor, aber überall sprudelt jetzt das Thermalwasser.<br />

Der Südosten von Oberschwaben hat mit der Moränenlandschaft<br />

des Allgäus ein ganz anderes Gesicht. Auch hier sieht man die schö-

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