Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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erühmten Architekten Friedrich Weinbrenner erbracht. F. Weinbrenner (1766-1826) gab vor allem seiner Vaterstadt Karlsruhe ein eigenartiges Gepräge durch zahlreiche Bauten im 'Weinbrennerstil', einem Gemisch von dorisierendem Stil der Revolutionszeit mit rundbogigen Tür- und Fensterformen und Blendnischen, in dem er auch viele öffentliche Gebäude, Kirchen etc. im badischen Land ausgeführt hat. Aber auch in Hechingen zeigen heute noch viele im klassizistischen Stil erbaute Häuser im Giebel das 'Weinbrennerauge'. Gehorsamste Beantwortung der Fragen über die Baufälligkeit und Wiederherstellung des Fürstlich Hohenzollei-Hechingischen Residenz Schloßes. ad 1. Nach meinem Ermessen ist die gegenwärtige Gefahr des Schloßes nicht so groß, daß es dem Einsturz droht, und dasselbe ist allerdings zu repariren, und für die Zukunft wohnbar zu machen. ad 2. Große Veränderungen bey einem alten Gebäude sind oft kostspieliger als neue Bauwesen; in dem vorliegenden Fall muß daher die Bequemlichkeit und Solidität des Gebäudes, in Hinsicht auf Economie, zum Theil in Abtragung des Alten überflüssigen Bauwesens, theils aber in Erbauung neuer fehlender Theile geschehen. ad 3. nach vorhergehender Beantwortung der aufgestellten Fragen wird kein neues Schloß erfordert, und da der größte Theil des alten Schloßes wieder zu repariren und zu gebrauchen ist, so sind auch die Kosten weit geringer, als die Erbauung eines neuen Gebäudes. ad 4. Eine zweckmäßige Benuzung des alten Schloßes, mit der Ergänzung, der noch für eine fürstliche Wohnung erforderlichen Bequemlichkeiten, werden das Ganze charakterisiren. Bey einem ganz neuen Gebäude wäre dieses auch der Fall, ad 5. Die Keller oder Souterrains in dem Schloß scheinen mir vorzüglich gut und solid zu seyn, nach dem oben angegebenen Bauplan, würden sie auch keine Veränderung erleiden, und können so wie der ad 6. bemerkte sogenannte Cammerflügel, während des übrigen Baues benuzt bleiben, ad 7. sind in finanzieller Hinsicht alle Verzierungen, insofern sie keinen Zweck haben bey einem Gebäude uberflüssig, und die Anständigkeit und Schönheit eines architektonischen Gegenstandes ist schon durch die Übereinstimmung der einzelnen Theile mit dem Ganzen allein zu erreichen. Hechingen am 18. ten Merz 1816. F. Weinbrener Der fürstliche Bauherr Friedrich Hermann Otto (1810-1838) entschied sich anders. Oberst von Hövel hatte die Friedrichsburg für baufällig erklärt, dennoch erwiesen sich beim Abbruch die Mauern von solcher Stärke, daß sie mit Pulver gesprengt werden mußten. Auch bei den Abbrucharbeiten mußten die Untertanen Hand und Spannfronen leisten. Hövel soll später die Pietätlosigkeit seines Gutachtens bedauert haben. Aber die Einsicht kam zu spät. Neubau des Burnitzschen Schlosses Rudolph Burnitz (1788 -1849), ein Weinbrenner-Schüler, erhielt den Auftrag zum Bau eines neuen Residenzschlosses. Zeugniß Nachdem der Architect Rudolph Burnitz aus Ludwigsburg das hiesige Fürstliche Residenz Schloß von Grund aus neu erbaut, und durch dieses nach allen Theilen in Plan und Ausführung sehr gut gelungene Bauwesen die höchste Zufriedenheit Seiner hochfürstlichen Durchlaucht unsers gnädigsten Fürsten und Herrn sich erworben hat, so wird aufhöchsten Befehl ihm hierüber gegenwärtiges Zeugniß ausgestellt. Urkundlich nachstehender Fertigung. Hechingen den 9ten November 1819. (L. S.) Hochfiirstlich hohenzollerische Hofkammer. 60 Für den Innenausbau des „Neuen Schlosses" wollten oder konnten die Bauherren das Geld nicht aufbringen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhundert residierten die Fürsten Friedrich Hermann Otto und Friedrich Wilhelm Konstantin (1838-1850) im Schlößchen Lindich, im 'Alten Schloß' und in der Villa Eugenia, die in den Jahren 1833-34 ihre heutige Gestalt erhielt und hoffentlich behält. Verkauf des unteren Torhauses 1831 fiel das Torsperrgeld für die beiden Torwärter weg. 1835 wurden auch die Torflügel beim unteren Tor und am Unteren Turm ausgehängt. Im Brandversicherungskataster von 1839 ist als Nr. 243 noch das „untere Thorhaus, 2 Stok mit Fachwerk" aufgeführt. 1847 schrieb es die Stadt zur Versteigerung aus. 1848 erwarb es Xaver Schraner, der daneben staigabwärts seine Werkstätte hatte. Beide Häuser wurden durch das Sanitätshaus Buckenmayer ersetzt. Dort befindet sich seit einigen Jahren eine Aussichtsplattform. Vom Jahr 1835 an war der Zu- und Durchgang durch die Stadt bei Tag und Nacht ungehindert. Der Stadtrat und der Bürgerausschuß beschlossen am 30. November 1835 einstimmig, bei der fürstlichen Regierung den Antrag zu stellen, daß sowohl das obere als das untere Tor, welche ohnehin bei den gegenwärtigen Umständen keine Sicherheit gewähren, abgeschafft und förmlich caßirt werden möchte. Zur Markierung, daß man sich innerhalb der Stadt befand, waren 1834 (nach dem Beispiel benachbarter Staaten) Ortspfähle an den Ein- & Ausgang der hiesigen Stadt gesetzt worden. Abbruch des Unteren 1\irmes? Auch der Untere T\irm sollte (1851) abgebrochen werden. Königliche Regierung! Gehorsamstes Gesuch des Stadtmagistrates dahier um Gestattung der Entfernung des untem Thurmes. Schon vor mehreren Jahren, ehe wie (?) Stadtgemeinde auf die Reparatur des unteren Thurmes nicht geringe Kosten zu verwenden hatte, ging man mit dem Vorhaben um, den untem Thurm gänzlich zu entfernen. Diesem Vorhaben stand jedoch hauptsächlich der Umstand im Wege, daß der untere Thurm die sämmtlichen Gefängnisse der hiesigen Gerichte enthielt. Inzwischen sind jedoch jene Gefängnisse in ein anderes Gebäude verlegt worden u. es stünde der Beseitigung des Thurmes in dieser Beziehung ein Hinderniß nicht mehr im Wege. Es entstand deshalb in neuerer Zeit der Gedanke, wie zweckmässig der Abbruch des genannten Gebäudes für die Stadtgemeinde u. für den öffentlichen Verkehr seyn wurde u. es wurde deshalb von dem Stadtmagistrate unterm 24ten Februar Kaufenden) J(ahres) der Beschluß gefaßt: „Bezüglich der Entfernung des untern Thurmes geeignete Verhandlungen einzuleiten", da der Magistrat selbst dahin einig war, daß diese Entfernung nur als wünschenswerth erscheine. Die Gründe sind einfach folgende: Der untere Thurm ist wegen seines hohen Alters, trotz der mehrfach vorgenomenen Reparaturen, in einem sehr schlechten baulichen Zustande, insbesondere, was den obem Theil des Baues betrifft, indem erst vor wenigen Wochen das ganze Dach gewankt und dieses Wanken die Nachbarschaft bei dem jeweiligen Läuten (der Glocke) in nicht geringen Schrecken versetzt hat. Zwar wurde für den Augenblick die Gefahr beseitigt, indem wieder einige neue Balken eingesetzt worden sind, - es wird aber die Verbesserung von keiner langen Dauer seyn. Mehr noch als die vorhandene Gefahr spricht für die beabsichtigte Entfernung des untern Thurmes die hierdurch ermöglichte Verbesserung der Passage an der Steige u. es wird überflüssig erscheinen, Hochdieselbe auf die Mängel dieser Passage u. die mögliche Correctur derselben aufmerksam zu machen. Was den Abbruch des Thurmes etwa hindernd im Wege stehen könnte,

ist das regelmässige Läuten der auf demselben befindlichen Glocke zu gewissen Tageszeiten u. das Bestehen einer Uhr mit Schlagwerk auf demselben. Ersteres könnte nachdem zu verschiedenen Zeiten des Tages auf den Kirchen in der Stadt, im Spitale u. bei St. Lützen geläutet wird, ohne Anstand unterlassen, wenn dieses aus dahier unbekannten Gründen nicht statthaft seyn sollte, die zu läutende Glocke an einem anderen Orte, etwa auf dem Rathhause angebracht werden. Ebenso wenig als das Geläute ist die auf dem untern Thurme bestehende Uhr ein örtliches Bedürfniß, indem hiefür die Uhren auf der Stadtkirche, auf dem Rathhause, dem Schlosse u. der Spitalkirche vollkommen hinreichen. Hiernach dürfte dem Vorhaben des Stadtmagistrats ein Hinderniß nicht in dem Wege stehen u. erlaubt man sich deshalb die gehorsamste Bitte: „Hochdieselbe wolle die Entfernung des der Stadt gehörigen untern Thurmes Hochgeneigtest gestatten." Baldiger Hoher Resolution entgegensehend, geharret verehrungsvollst Hechingen den Iten April 1851 Einer Königlichen Regierung gehorsamster Stadtmagistrat. I. A. Stadtschultheissenamt [gez.] Ruff. Offensichtlich war dies kein Aprilscherz, denn ein dreiviertel Jahr später wurde der Stadtschultheiß im Auftrag des Stadtmagistrats in der Angelegenheit wiederum vorstellig und ließ in der Sache nicht locker. Die Stadtväter wollten partout den wackeren Koloss loswerden. An die Königliche Regierung hier. Gehorsamste Vorstellung des Stadtmagistrats, Abbruch des untern Thurmes betreffend. Unterm lten April kaufenden] J[ahres] hat der Stadtmagistrat unter Darstellung gewichtiger Gründe [!!!] die gehorsamste Bitte sich erlaubt, „es wolle die Entfernung des der Stadt gehörigen untern Thurmes hochgeneigtest gestattet u. hierwegen baldige hohe Resolution ertheilt werden." Dieser Bitte wurde bis jetzt nicht willfahrt. Da jedoch in neuerer Zeit an dem bezeichneten Gebäude, u. zwar an dessen Haupttheile, dem unteren Gewölbe bedeutende Risse und Sprünge entstanden sind, welche die Gefahr des Einsturzes, besonders bei eintretendem Thauwetter, in drohende Aussicht stellen" so sieht man sich zu dringender Wiederholung des früheren Gesuches um so mehr veranlaßt, da bei einem etwaigen Einstürze nicht nur Menschenleben bedroht sind, sondern auch der Stadtgemeinde wegen des Baues der nahehegenden Gebäude bedeutende Nachtheile zugehen würden, gegen welche man sich für den Fall einer weiteren Verzögerung hiemit ausdrücklich verwahren muß. Unter so bewandten Umständen dürfen wir die Anführung weiterer Gründe, die eine Willfahrung unseres Gesuches rechtfertigen, unterlassen und uns mit der Bemerkung begnügen, daß Herr Hofbauinspector Wiest bereits um abermalige Untersuchung des untern Thurmes u. Erstattung seines Augenscheinberichtes an Hochdieselbe ersucht worden ist. Verehrungsvollst Einer Königlichen Regierung gehorsamster Stadtmagistrat. Indessen besonderem Auftrage. K Stadtschultheissenamt. [gez.] Ruff. Hechingen den 22 Decbr 1851. Das Königliche Oberamt Hechingen wurde in dem Begleitschreiben um möglichst schleunige Vorlage [...] an die Königliche Regierung [...] um so dringender gebeten, da sich an dem besagten Gebäude Spuren bemerkbar gemacht haben, welche einen baldigen Einsturz befürchten lassen. Hofbaumeister Wiest berichtete jedoch, daß keine Gefahr im Verzuge sei. Der Königliche Kreisgerichtsdirektor Fischer hielt die Wiedereinrichtung der Arrest-Lokale auf dem Untern Turm für erforderlich, außer die Stadt verstünde sich darauf, im Rathaus oder in einem anderen städtischen Gebäude zwei andere Arrestlokale einzurichten und dem Königlichen Kreisgericht zur Verfügung zu stellen. Der Königliche Kommissar Graf von Villers wollte die Ankunft eines Oberbau-Inspektors aus den älteren Provinzen abwarten, bis eine definitive Entschließung erfolge. Dem Stadtschultheiß war daraufhin nicht mehr nach Abbruch des Unteren Turmes zumute; er wollte nun vielmehr nur noch, 61 daß die Stadt von den Einrichtungs- und Unterhaltungskosten befreit werde, wenn der Benützung weiteren Benützung der beiden Arrest- Lokale durch das Königliche Kreisgericht nichts mehr im Weg stehe. Er behielt sich aber erforderlichenfalls das Recht vor, jene Lokale zum Gebrauch der Stadt einst wieder an sich zu ziehen. Der Abbruch unterblieb, Gott sei Dank! Man besann sich eines Besseren, und auf Veranlassung des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen erfolgte stattdessen die Ausbesserung der Fundamente durch den Ingenieur-Hauptmann Blankenburg. Seitens der Königlichen Regierung in Sigmaringen wies Graf von Villers am 22. November 1852 darauf hin, daß die "hohen Ministerien ... mit Rücksicht auf die Benutzung des der Stadt-Commune zu Hechingen angehörigen Thorthurms daselbst zu Polizei- und Gerichts-Gefängnissen auf unsere Antrag die Kosten für die nothwendig gewesene Beseitigung der an dem Fundament des Thurms vorhanden gewesenen Defecte bewilligt" habe, die Gemeinde Hechingen jedoch verpflichtet sei, künftig die bauliche Unterhaltung des Torturms zu tragen. Schon auf der sicheren Seite Als im Januar 1862 die Neustraße für den Verkehr freigegeben war und damit die Trasse Staig - Schloßplatz- Schloßstraße ihre Bedeutung als Hauptverkehrsader durch Hechingen weitgehend einbüßte, verlor das Argument, der Untere Turm sei ein blockierendes Verkehrshindernis, seine Schlagkraft. Endgültig wurde die Absicht, den Turm zu beseitigen, im Jahr 1883 fallengelassene und der Turm einer gründlichen Ausbesserung unterzogen. Er behielt seine Stellung an der Schnittstelle zwischen dem unteren Plateau der Oberstadt und dem steilen Abhang zur Unterstadt, und ist vor allem für die Gesamtansicht Hechingens von Norden zusammen mit dem Rathaus und der Stiftskirche markant. Der Untere Turm blieb somit ein Wahrzeichen Hechingens; davon gibt es nicht (mehr) so viele! Wohl schmachteten in ihm Schuldige und Unschuldige. Die 'Turmstrafe', verschärft bei Wasser und Brot, war in früheren Jahrhunderten eine häufig vom Stadtgericht ausgesprochene Freiheitsstrafe, mit der Unbotmäßige zur Vernunft gebracht wurden oder gebracht werden sollten. Der Untere Tbrm bedeutete aber auch Schutz und Trutz in bedrohlichen Zeiten. Seine Nachts geschlossenen Tore ließen die Bürger ruhig schlafen. Der Wächter auf seinem Ausguck Türm warnte sie vor Gefahren. Die Glocke auf dem Turm gliederte den Tageslauf. Die Geschichten, die sich um ihn ranken, sollten wieder belebt werden. Wer kennt beispielsweise Die Sage vom Untern Thurm zu Hechingen (Aufs Neue ans Licht gezogen, als man den Thurm abbrechen wollte.)? Den westlichen Pfeiler des unteren Tores brach man im Jahr 1880 ab. Um diese Zeit dichtete Viktor Bilharz: Der untere Thurm. Viereckig bin ich unten Und oben polygon, Sehr alt ist mein Gemäuer, Zum Theil verwittert schon. Ich biete den Passanten Durch einen Bogen Raum, Ein Brunnen ist daneben, Mancheiner sieht ihn kaum. Hoch oben auf der Kuppe Da ruht ein großes Nest, Drinn wohnt mit seiner Störchin Der Storch aufs Allerbest.

ist das regelmässige Läuten der auf demselben befindlichen Glocke zu<br />

gewissen Tageszeiten u. das Bestehen einer Uhr mit Schlagwerk auf<br />

demselben. Ersteres könnte nachdem zu verschiedenen Zeiten des<br />

Tages auf den Kirchen in der Stadt, im Spitale u. bei St. Lützen geläutet<br />

wird, ohne Anstand unterlassen, wenn dieses aus dahier unbekannten<br />

Gründen nicht statthaft seyn sollte, die zu läutende Glocke an einem<br />

anderen Orte, etwa auf dem Rathhause angebracht werden. Ebenso<br />

wenig als das Geläute ist die auf dem untern Thurme bestehende Uhr<br />

ein örtliches Bedürfniß, indem hiefür die Uhren auf der Stadtkirche,<br />

auf dem Rathhause, dem Schlosse u. der Spitalkirche vollkommen hinreichen.<br />

Hiernach dürfte dem Vorhaben des Stadtmagistrats ein Hinderniß<br />

nicht in dem Wege stehen u. erlaubt man sich deshalb die<br />

gehorsamste Bitte: „Hochdieselbe wolle die Entfernung des der Stadt<br />

gehörigen untern Thurmes Hochgeneigtest gestatten." Baldiger Hoher<br />

Resolution entgegensehend, geharret verehrungsvollst Hechingen den<br />

Iten April 1851 Einer Königlichen Regierung gehorsamster Stadtmagistrat.<br />

I. A. Stadtschultheissenamt [gez.] Ruff.<br />

Offensichtlich war dies kein Aprilscherz, denn ein dreiviertel Jahr<br />

später wurde der Stadtschultheiß im Auftrag des Stadtmagistrats in der<br />

Angelegenheit wiederum vorstellig und ließ in der Sache nicht locker.<br />

Die Stadtväter wollten partout den wackeren Koloss loswerden. An die<br />

Königliche Regierung hier. Gehorsamste Vorstellung des Stadtmagistrats,<br />

Abbruch des untern Thurmes betreffend. Unterm lten April<br />

kaufenden] J[ahres] hat der Stadtmagistrat unter Darstellung gewichtiger<br />

Gründe [!!!] die gehorsamste Bitte sich erlaubt, „es wolle die<br />

Entfernung des der Stadt gehörigen untern Thurmes hochgeneigtest<br />

gestattet u. hierwegen baldige hohe Resolution ertheilt werden."<br />

Dieser Bitte wurde bis jetzt nicht willfahrt. Da jedoch in neuerer Zeit<br />

an dem bezeichneten Gebäude, u. zwar an dessen Haupttheile, dem<br />

unteren Gewölbe bedeutende Risse und Sprünge entstanden sind,<br />

welche die Gefahr des Einsturzes, besonders bei eintretendem<br />

Thauwetter, in drohende Aussicht stellen" so sieht man sich zu dringender<br />

Wiederholung des früheren Gesuches um so mehr veranlaßt,<br />

da bei einem etwaigen Einstürze nicht nur Menschenleben bedroht<br />

sind, sondern auch der Stadtgemeinde wegen des Baues der nahehegenden<br />

Gebäude bedeutende Nachtheile zugehen würden, gegen<br />

welche man sich für den Fall einer weiteren Verzögerung hiemit<br />

ausdrücklich verwahren muß. Unter so bewandten Umständen dürfen<br />

wir die Anführung weiterer Gründe, die eine Willfahrung unseres Gesuches<br />

rechtfertigen, unterlassen und uns mit der Bemerkung begnügen,<br />

daß Herr Hofbauinspector Wiest bereits um abermalige Untersuchung<br />

des untern Thurmes u. Erstattung seines Augenscheinberichtes<br />

an Hochdieselbe ersucht worden ist.<br />

Verehrungsvollst<br />

Einer Königlichen Regierung gehorsamster Stadtmagistrat.<br />

Indessen besonderem Auftrage. K Stadtschultheissenamt. [gez.] Ruff.<br />

Hechingen den 22 Decbr 1851. Das Königliche Oberamt Hechingen<br />

wurde in dem Begleitschreiben um möglichst schleunige Vorlage [...]<br />

an die Königliche Regierung [...] um so dringender gebeten, da sich<br />

an dem besagten Gebäude Spuren bemerkbar gemacht haben, welche<br />

einen baldigen Einsturz befürchten lassen.<br />

Hofbaumeister Wiest berichtete jedoch, daß keine Gefahr im Verzuge<br />

sei. Der Königliche Kreisgerichtsdirektor Fischer hielt die Wiedereinrichtung<br />

der Arrest-Lokale auf dem Untern Turm für erforderlich,<br />

außer die Stadt verstünde sich darauf, im Rathaus oder in einem anderen<br />

städtischen Gebäude zwei andere Arrestlokale einzurichten und<br />

dem Königlichen Kreisgericht zur Verfügung zu stellen. Der Königliche<br />

Kommissar Graf von Villers wollte die Ankunft eines Oberbau-Inspektors<br />

aus den älteren Provinzen abwarten, bis eine definitive Entschließung<br />

erfolge. Dem Stadtschultheiß war daraufhin nicht mehr nach Abbruch<br />

des Unteren Turmes zumute; er wollte nun vielmehr nur noch,<br />

61<br />

daß die Stadt von den Einrichtungs- und Unterhaltungskosten befreit<br />

werde, wenn der Benützung weiteren Benützung der beiden Arrest-<br />

Lokale durch das Königliche Kreisgericht nichts mehr im Weg stehe.<br />

Er behielt sich aber erforderlichenfalls das Recht vor, jene Lokale zum<br />

Gebrauch der Stadt einst wieder an sich zu ziehen.<br />

Der Abbruch unterblieb, Gott sei Dank! Man besann sich eines Besseren,<br />

und auf Veranlassung des Königs Friedrich Wilhelm IV. von<br />

Preußen erfolgte stattdessen die Ausbesserung der Fundamente durch<br />

den Ingenieur-Hauptmann Blankenburg. Seitens der Königlichen Regierung<br />

in Sigmaringen wies Graf von Villers am 22. November 1852<br />

darauf hin, daß die "hohen Ministerien ... mit Rücksicht auf die Benutzung<br />

des der Stadt-Commune zu Hechingen angehörigen Thorthurms<br />

daselbst zu Polizei- und Gerichts-Gefängnissen auf unsere Antrag<br />

die Kosten für die nothwendig gewesene Beseitigung der an dem<br />

Fundament des Thurms vorhanden gewesenen Defecte bewilligt" habe,<br />

die Gemeinde Hechingen jedoch verpflichtet sei, künftig die bauliche<br />

Unterhaltung des Torturms zu tragen.<br />

Schon auf der sicheren Seite<br />

Als im Januar 1862 die Neustraße für den Verkehr freigegeben war<br />

und damit die Trasse Staig - Schloßplatz- Schloßstraße ihre Bedeutung<br />

als Hauptverkehrsader durch Hechingen weitgehend einbüßte, verlor<br />

das Argument, der Untere Turm sei ein blockierendes Verkehrshindernis,<br />

seine Schlagkraft. Endgültig wurde die Absicht, den Turm zu<br />

beseitigen, im Jahr 1883 fallengelassene und der Turm einer gründlichen<br />

Ausbesserung unterzogen.<br />

Er behielt seine Stellung an der Schnittstelle zwischen dem unteren<br />

Plateau der Oberstadt und dem steilen Abhang zur Unterstadt, und ist<br />

vor allem für die Gesamtansicht Hechingens von Norden zusammen<br />

mit dem Rathaus und der Stiftskirche markant. Der Untere Turm blieb<br />

somit ein Wahrzeichen Hechingens; davon gibt es nicht (mehr) so<br />

viele! Wohl schmachteten in ihm Schuldige und Unschuldige. Die<br />

'Turmstrafe', verschärft bei Wasser und Brot, war in früheren Jahrhunderten<br />

eine häufig vom Stadtgericht ausgesprochene Freiheitsstrafe,<br />

mit der Unbotmäßige zur Vernunft gebracht wurden oder gebracht<br />

werden sollten. Der Untere Tbrm bedeutete aber auch Schutz und<br />

Trutz in bedrohlichen Zeiten. Seine Nachts geschlossenen Tore ließen<br />

die Bürger ruhig schlafen. Der Wächter auf seinem Ausguck Türm<br />

warnte sie vor Gefahren.<br />

Die Glocke auf dem Turm gliederte den Tageslauf. Die Geschichten, die<br />

sich um ihn ranken, sollten wieder belebt werden. Wer kennt beispielsweise<br />

Die Sage vom Untern Thurm zu Hechingen (Aufs Neue ans Licht<br />

gezogen, als man den Thurm abbrechen wollte.)?<br />

Den westlichen Pfeiler des unteren Tores brach man im Jahr 1880 ab.<br />

Um diese Zeit dichtete Viktor Bilharz:<br />

Der untere Thurm.<br />

Viereckig bin ich unten<br />

Und oben polygon,<br />

Sehr alt ist mein Gemäuer,<br />

Zum Theil verwittert schon.<br />

Ich biete den Passanten<br />

Durch einen Bogen Raum,<br />

Ein Brunnen ist daneben,<br />

Mancheiner sieht ihn kaum.<br />

Hoch oben auf der Kuppe<br />

Da ruht ein großes Nest,<br />

Drinn wohnt mit seiner Störchin<br />

Der Storch aufs Allerbest.

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