Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Hohenzollerische Heimat Herausgegeben vom I ^^H Hohenzollerischen Geschichtsverein 52. Jahrgang ^ ^ ^ ^ Nr.l - März 2002 E 3828 Die Stadt Trochtelfingen ist durch die Stadtsanierung zu einem wahren Schmuckstück geworden.
- Seite 2 und 3: Trochtelfinger Stadtfest 2001 „Wi
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- Seite 12 und 13: waltung, die Geschäfts- und Protok
- Seite 14 und 15: HEDWIG MAURER Abgegangene Siedlunge
- Seite 16 und 17: Verlag: Hohenzollerischer Geschicht
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- Seite 20 und 21: damaligen Sigmaringer Fürstin Amal
- Seite 22 und 23: Formulierung von der Mitgliedervers
- Seite 24 und 25: hervorging, und im Gebäude Schwabs
- Seite 26 und 27: Abb.4: Ausschnitt aus dem Ölbild "
- Seite 28 und 29: Buch, zu Steinshofen und zu St. Joh
- Seite 30 und 31: 1 fercht. Unter schrecklichen Umst
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- Seite 36 und 37: OTTO H. BECKER Vor dem Abriß: Das
- Seite 38 und 39: Literaturnachweis: -Joachim Emig: F
- Seite 40 und 41: 1477 verstarb sie und wurde im Klos
- Seite 42 und 43: des Stiftes mit Eintragungen von 14
- Seite 44 und 45: fried an ze Zell bei der kirchen, g
- Seite 46 und 47: der hl. Mutter Anna auf, nämlich e
- Seite 48 und 49: Verlag: Hohenzollerischer Geschicht
- Seite 50 und 51: „Seekreis" günstig. Die beiden S
<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />
Herausgegeben vom I ^^H <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
52. Jahrgang ^ ^ ^ ^ Nr.l - März 2002 E 3828<br />
Die Stadt Trochtelfingen ist durch die Stadtsanierung zu einem wahren Schmuckstück geworden.
Trochtelfinger Stadtfest 2001<br />
„Wiedergutmachung preußischen Unrechts" mit diesen markanten<br />
Worten überschrieb die Schwäbische Zeitung in ihrer Ausgabe vom<br />
13- Oktober 1951 einen Artikel, mit welchem von einer Änderung<br />
der Gemeindeordnung im damaligen Bundesland Württemberg-<br />
Hohenzollern berichtet wurde. Mit dieser Rechtsänderung wurden<br />
fünf hohenzollerischen Gemeinden - und eine davon war Trochtelfingen<br />
- das Recht wieder zugesprochen, die Bezeichnung "Stadt"<br />
zu führen. Dieses Recht hatten die fünf Gemeinden (außer Trochtelfingen<br />
waren dies Gammertingen, Veringenstadt, Hertingen, und<br />
Haigerloch) im Jahr 1900 mit dem Inkrafttreten der damaligen hohenzollerischen<br />
Gemeindeordnung (und deren Urheber waren die<br />
Preußen, denn Hohenzollern war ja bekanntlich damals preußische<br />
"Provinz") verloren.<br />
Der Landtag von Württemberg - Hohenzollern änderte 1951 die<br />
Gemeindeordnung und schuf so die rechtliche Grundlage dafür,<br />
dass die fünf Gemeinden sich künftig offiziell wieder als Stadt bezeichnen<br />
konnten, eine Rechtsänderung, welche die Schwäbische<br />
Zeitung eben als "Wieder- gutmachung preußischen Unrechts" be-<br />
titelte (und da es sich um die Änderung eines Gesetzes, im Grunde<br />
nur um die Rückgängigmachung einer früheren gesetzlichen Regelung,<br />
handelte, gibt es auch keine Wiederverleihungsurkunde:<br />
die Rechtsänderung trat - ganz unspektakulär - mit ihrer Verkündigung<br />
im Gesetzblatt im Oktober 1951 in Kraft).<br />
Für die Stadt Trochtelfingen war dies trotzdem ein Grund, mit einem<br />
Festakt am 02. November 2001 an den 50. Jahrestag der "Wiederverleihung"<br />
zu erinnern, hat doch Trochtelfingen die Stadtrechte<br />
2<br />
bereits seit dem Hochmittelalter inne (erstmals als Stadt bezeichnet<br />
wurde Trochtelfingen um das Jahr 1310).<br />
Die - natürlich mit den hohenzollerischen Fahnen geschmückte -<br />
Eberhard-von-Werdenberg-Halle bot den angemessenen Rahmen<br />
für den Festakt, an dem als Ehrengäste u.a. der Präsident des Regierungsbezirks<br />
Tübingen, Hubert Wicker, der Landrat des Landkreises<br />
Reutlingen, Dr. Edgar Wais, die Wahlkreisabgeordneten<br />
des Landtages, zahlreiche ehemalige und jetzige Mitglieder des Gemeinderates<br />
und viele weitere Gäste und Einwohner der Gesamtstadt<br />
teilnahmen.<br />
Teil des Festaktes war eine Ausstellung des Geschichts- und <strong>Heimat</strong>vereines;<br />
in diesem Rahmen stellte der Geschichts- und <strong>Heimat</strong>verein<br />
als Herausgeber das von Rudolf Griener verfasste Buch<br />
"Trochtelfingen 1900 bis 2000 - das Leben im Städtle" vor (siehe<br />
Buchbesprechung in diesem Heft) Der formelle Teil wurde eröffnet<br />
mit einer abendlichen Serenade von Bürgerwehr, Stadtkapelle<br />
und Freiwilliger Feuerwehr. Höhepunkt der Vorträge war ein Festvortrag,<br />
verfasst von Karl-Werner Steim, Redakteur aus Riedlingen<br />
Salutschießen der Trochtelfinger Bürgerwehr beim Stadtfest 2000<br />
und einer der profundesten Kenner der hohenzollerischen Geschichte.<br />
Leider musste Herr Steim kurzfristig wegen Krankheit<br />
absagen, und so sprang Rektor a.D. Friedrich Ströbele "in die Bresche"<br />
und hielt den Festvortrag. Alles in allem war es ein sehr gelungener<br />
Abend, der in würdiger Form an diesen Teil der hohenzollerischen<br />
Geschichte Trochtelfingens erinnerte und stilgerecht<br />
mit dem gemeinsamen Singen des Hohenzollernliedes ausklang.<br />
(Nach einem Bericht im "Trochtelfinger <strong>Heimat</strong>brief' 2001)
Mitteilungen<br />
aus dem<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong><br />
Veranstaltungen<br />
im 2.Quartal 2002<br />
I. Mitgliederversammlung III. Exkursionen<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder<br />
des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s!<br />
Ich lade Sie recht herzlich zur Mitgliederversammlung<br />
am Montag, 29. April, um 18.30 Uhr in den Konstantinsaal<br />
des „Museums" in Hechingen ein.<br />
Tagesordnung:<br />
1) Begrüßung und Nachrufe,<br />
2) Tätigkeitsbericht des Schatzmeisters,<br />
3) Rechnungsprüfungsbericht zum 31.12.01,<br />
4) Anträge und Verschiedenes.<br />
Anträge bitte ich bis spätestens 21. April 2002<br />
dem Sekretariat, Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />
(Tel. 07571/101-580 oder 559) mitzuteilen.<br />
An die Mitgliederversammlung schließt sich um 20.15 Uhr<br />
am gleichen Ort ein öffentlicher Vortrag an.<br />
Es spricht Christine Glauning M.A., Stuttgart<br />
Das Unternehmen „Wüste" und das Konzentrationslager in<br />
Bisingen.<br />
II. Vorträge<br />
1. Christine Glauning M.A., Stuttgart<br />
Das Unternehmen „ Wüste" und das Konzentrationslager in<br />
Bisingen (s. oben unter I.)<br />
IV. Seminare<br />
2. Heinrich Bücheler, Inzigkofen<br />
Napoleon und die Deutschen. Teil2: Die Napoleonkritiker.<br />
Montag, 15. April, um 20 Uhr im Prinzenbau (Staatsarchiv) in<br />
Sigmaringen.<br />
3. Dr. Frank Raberg, Stuttgart<br />
Südweststaatsbildung und Hohenzollernfrage.<br />
Dienstag, 07. Mai, im Sitzungssaal des Landratsamts<br />
Zollernalbkreis in Bahngen, Hirschbergstraße 28.<br />
1. Der <strong>Geschichtsverein</strong> veranstaltet unter der Leitung von Beiratsmitglied<br />
Otto Bogenschütz, Hechingen, am Samstag,<br />
11. Mai, eine Geologische Wanderung rund um Jungingen.<br />
Treffpunkt: Um 14 Uhr vor dem Rathaus in Jungingen.<br />
2. Unter der Leitung von Dr. Casimir Bumiller findet am Samstag,<br />
29. Juni, die<br />
Exkursion zum Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt<br />
statt.<br />
Unter der Trägerschaft der Stadt Sulz a.N. und des Landkreises<br />
Rottweil ist im ehemaligen Wasserschloss Glatt ein Kultur- und<br />
Museumszentrum entstanden, das aus insgesamt vier musealen<br />
Einrichtungen besteht, nämlich einem Adelsmuseum, einem<br />
Schlossmuseum, einem Bauernmuseum und einer Galerie, in<br />
welcher wichtige Werke der Bernsteinschule zu sehen sind,<br />
darunter Arbeiten von HAP Grieshaber und Paul Kälberer. - Da<br />
Dr. Bumiller die Museumskonzeption erarbeitet hat, bekommen<br />
die Teilnehmer somit Informationen aus erster Hand.<br />
Abfahrt: Sigmaringen um 13 Uhr an der Bushaltestelle<br />
Marstallpassage,<br />
Hechingen um 14 Uhr am Obertorplatz.<br />
Rückkehr: Hechingen um ca, 19 Uhr,<br />
Sigmaringen um ca. 20 Uhr.<br />
Anmeldungen nimmt das Sekretariat des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>s, Karlstr, 3, 72488 Sigmaringen (Telefon<br />
07571/101-580 oder 559) entgegen.<br />
1. Das Volkshochschulheim Inzigkofen bietet in Zusammenarbeit<br />
mit dem Staatsarchiv Sigmaringen und dem <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong> vom 10. bis 15. Juni das Seminar<br />
Geschichtliche Landeskunde Hohenzollerns<br />
an.<br />
Neben Vorträgen werden unter der Leitung von Dr. Volker Trugenberger<br />
und Dr. Otto Becker auf drei Exkursionen die vielfältigen<br />
landschaftlichen Reize Hohenzollerns zwischen<br />
Schwarzwald und Bodensee und auch die kunstgeschichtlich<br />
bedeutsamen Stätten hohenzollericher Geschichte, wie die namengebende<br />
Burg bei Hechingen, die frühneuzeitliche Resi-
denzstadt Haigerloch und die Deutschordensschlösser Achberg<br />
und Hohenfels aufgesucht. Die letztendlich dem extravaganten<br />
Lebensstil der Fürstin Amalie Zephyrine zu verdankende geschichtliche<br />
Sonderentwicklung, die Hohenzollern für knapp<br />
hundert Jahre zum Außenposten Preußens in Südwestdeutschland<br />
machte, kommt selbstverständlich ebenfalls nicht zu kurz.<br />
Weitere Informationen über dieses Seminar erteilt:<br />
Volkshochschulheim Inzigkofen, Parkweg 3, 72514 Inzigkofen<br />
(Tel. 07571/739833).<br />
2. Das Kultur- und Archivamt Sigmaringen wiederholt wegen<br />
großer Nachfrage<br />
in Zusammenarbeit mit dem <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
und dem Bildungswerk Inzigkofen den<br />
Einfiihrungskurs für <strong>Heimat</strong>forscher.<br />
Kursprogranun:<br />
Mittwoch, 26.06., 19.30 Uhr<br />
Gewölbekeller Kl. Inzigkofen<br />
Überblick über die Territorialstruktur und Herrschaftsverfassung<br />
in Südwestdeutschland im Alten Reich (Dr. E. Weber)<br />
Mittwoch, 03 07., 19 30 Uhr<br />
Gewölbekeller Kl. Inzigkofen<br />
Die Binnenverhältnisse in den Dörfern und Städten der vorindustriellen<br />
Zeit (Dr. E. Weber)<br />
Zur Trochtelfinger Stadtgeschichte<br />
Die Frühgeschichte<br />
Die Frühgeschichte von Trochtelfingen betrifft hauptsächlich den<br />
Ortsteil Haid. Hier gab es noch im 19. Jahrhundert zahlreiche<br />
Grabhügel aus der Bronzezeit. Die meisten sind heute eingeebnet.<br />
Grabungen auf der "Haid" erbrachten Funde aus der Bronze- und<br />
Eisenzeit. Die Anwesenheit der Römer ist durch einige spärliche<br />
Zeugnisse erwiesen. Spuren einer römischen Siedlung wurden<br />
aber nicht nachgewiesen. Wohl führte eine Römerstraße über<br />
Trochtelfinger Gebiet.<br />
Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. siedelte sich nahe der Seckach-<br />
quelle eine alamannische Sippe an. Sie mied wohl den quellenlosen<br />
Bereich der Haid (der erst im 19. Jahrhundert besiedelt wurde). Wo<br />
diese alamannische Siedlung lag, ob in der Nekkarhalde neben der<br />
Seckach oder auf dem höchsten Punkt, wo heute Kirche und Schloß<br />
steht, läßt sich wohl nicht mehr mit Bestimmtheit feststellen.<br />
Bei der Christianisierung im 7-/8. Jahrhundert wurden die größe-<br />
ren Orte Urpfarreien. Es ist anzunehmen, daß Trochtelfingen eine<br />
solche Urpfarrei war, denn viele der ersten Gotteshäuser wurden<br />
dem hl. Martinus geweiht, der auch noch heute Patron der Kirche<br />
4<br />
Mittwoch, 10.07., 19 30 Uhr<br />
Wahlraum Rathaus Inzigkofen<br />
Quellen zur Orts- und <strong>Heimat</strong>geschichte in den verschiedenen<br />
Archiven (Dr. E. Weber)<br />
Mittwoch, 17.07., 1930 Uhr<br />
Kreisarchiv Sigmaringen<br />
Quellen zur Orts- und <strong>Heimat</strong>geschichte in Kommunalarchiven<br />
des Landkreises Sigmaringen (Dr. E. Weber)<br />
Mittwoch, 24.07., 19-30 Uhr<br />
Staatsarchiv Sigmaringen<br />
Quellen zur Orts- und <strong>Heimat</strong>geschichte im<br />
Staatsarchiv Sigmaringen (Dr. Otto Becker)<br />
V. Hinweis<br />
Am Dienstag, 07. Mai, findet um 20 Uhr im Sitzungssaal des<br />
Landratsamts Zollernalbkreis in Balingen die Präsentation des<br />
Bandes<br />
Vorderösterreich an oberem Neckar und oberer Donau<br />
statt.<br />
gez. Dr. Becker<br />
Vorsitzender<br />
ist. Zur Pfarrei Trochtelfingen gehörten die Kirchen von Steinhil-<br />
ben, Wilsingen und Meidelstetten. Seit der Mitte des 15. Jahrhun-<br />
derts war Trochtelfingen Sitz des Dekanates Trochtelfingen-Rin-<br />
gingen. Die erste sichere urkundliche Nennung fällt auf das Jahr<br />
1161. Anläßlich eines Zehntstreites mit Bernloch kommt Bischof<br />
Hermann von Konstanz nach Trochtelfingen (Trudolvingin).<br />
Wir nähern uns dem Mittelalter. Trochtelfingen gehörte damals<br />
zur Grafschaft Gammertingen. Mit dem Aussterben der Grafen<br />
von Gammertingen kam das Gebiet um Trochtelfingen in die<br />
Hände der Grafen von Ronsberg, dann in den Besitz der Pfalz-<br />
grafen von Tübingen.<br />
Diese werden als die Stadtgründer von Trochtelfingen angesehen.<br />
Schon im 13. Jahrhundert hatten die Grafen von Hohenberg Be-<br />
sitz in Trochtelfingen. 1310 verkauften die Grafen von Hohenberg<br />
ihren Besitz in Trochtelfingen "der statt" an den Grafen Eberhard<br />
von Württemberg. Dieser übergab Trochtelfingen an seine Toch-<br />
ter Agnes, die den Grafen Heinrich von Werdenberg heiratete, als<br />
Aussteuer (1316/17).
Zeit der Werdenberger undFürstenberger<br />
Die Zeit der Werdenberger (bis 1534) darf mit Recht als eine<br />
Blütezeit der Stadt Trochtelfingen gesehen werden. Damit sind<br />
wir wieder beim "Städtle" angelangt, wie es sich den Bewohnern<br />
und Fremden heute darbietet. Freilich herausgeputzt, saniert, er-<br />
gänzt und erweitert. Teile des Städtles sind Zeugen vom Wirken<br />
der Werdenberger: Das Schloß, das um 1450 (1480?) unter Graf<br />
Eberhard III. erbaut wurde, die Kirche, die nach dem großen<br />
Stadtbrand 1320 wiederaufgebaut werden mußte (von dieser Kir-<br />
che stammt der Chor mit seinem Kreuzrippengewölbe und der<br />
untere Teil des ftirmes), das Langhaus der Kirche, um 1450 er-<br />
baut, die Stadtbefestigung (die heute noch sichtbaren Reste stam-<br />
men allerdings aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts), die Hen-<br />
nensteinkapelle (1322), die Haidkapelle (1475), die Erhardska-<br />
pelle (1363) mit ihren 1910 aufgedeckten Fresken, die der<br />
Trochtelfinger Meister Heinrich Gretzinger um 1430 malte, die<br />
Michaelskapelle (um 1420 genannt und 1823 abgebrochen),<br />
drei der vier Mühlen (Äußere- Untere- und Stadtmühle).<br />
Weitere Zeugnisse aus der Werdenbergischen Zeit gibt es in der<br />
Kirche, die drei trauernden Frauen (um 1430), eine "Mater ama-<br />
bilis" (um 1470), das Weltgericht (Fresko um 1480), ein wert-<br />
volles Kreuz (eine Stiftung des Grafen Johann von Werdenberg<br />
um 1500), das Grabmal des »her her Johannes« (neben dem Sei-<br />
tenaltar auf der Südseite-Anm.: Das Erbbegräbnis von zwölf Gra-<br />
fen von Werdenberg-Trochtelfingen in der Kirche ist nicht mehr<br />
einsehbar), und das Werdenberg-Zimmersche Wappen an der<br />
Nordwand außen.<br />
Das Leben der Grafen von Werdenberg und der Bürger der Stadt<br />
war eng mit der Kirche verbunden. Die Bürger lebten in einem<br />
Abhängigkeitsverhältnis zur Herrschaft und zur Kirche. Beide Sei-<br />
ten pochten unerbittlich auf ihre Rechte, zum Leidwesen der Le-<br />
henbesitzer, Pächter ... , die unter den Abgaben (Groß-, Klein-,<br />
Neubruch-, Blutzehnte, Landgarbe, Zins, (Gült) schwer zu leiden<br />
hatten. Weitere Geschehnisse, fallen in die Zeit der Werdenber-<br />
ger: 1501 wird der Friedhof nach außerhalb der Mauern verlegt.<br />
Um 1500 wird das Chorgebet eingeführt (bis 1821) und eine<br />
neue Orgel angeschafft. - Ob es die erste war, ist fraglich, denn<br />
1414 wird ein "Ludimagister" genannt, der wohl die Orgel spielte.<br />
- Ab 1400 stiften die Werdenberger und reiche Bürger neun<br />
Pfründe für ihr und anderer Seelenheil. Damit war die Anstellung<br />
von weiteren Kaplänen verbunden.<br />
Unter Graf Eberhard III. gehörten 1441 neben Trochtelfingen<br />
auch Salmendingen, Meldungen, Stetten u.H., Erpfingen, Mäger-<br />
kingen, Oberstetten und die Herrschaft Jungnau zu dessen Herr-<br />
schaft. Mägerkingen und Erpfingen kamen etwas später an Graf<br />
Ludwig von Württemberg. Beide Orte wurden deshalb 1535 evan-<br />
gelisch.<br />
Im Jahre 1534 endete die Herrschaft der Werdenberger. Die<br />
Tochter des letzten Grafen, Anna heiratete den Grafen Friedrich<br />
III zu Fürstenberg. Die Herrschaft fiel damit bis zum Jahre 1806<br />
an Fürstenberg. Im Schloß zog ein Obervogt ein.<br />
Hatten die Werdenberger dem Städtchen ihr Gepräge gegeben, so<br />
versuchten die Fürstenberger möglichst viel herauszuholen. In<br />
der Folgezeit trafen die Bewohner schwere Heimsuchungen. He-<br />
xenprozesse fanden Ende des 16. Jahrhunderts statt. Mehrere<br />
Male wütete die Pest. Von 1609 bis 1612 starben 92 Erwachsene,<br />
von 1630 bis 1635 waren es sogar über 300 Tote. In den Nach-<br />
bargemeinden war es nicht anders. Dort mußten eigene Fried-<br />
höfe angelegt werden. Bisher führten die Steinhilber und Hör-<br />
schwager ihre 'Toten über die Totenwege zum Trochtelfinger<br />
Friedhof. Während des Dreißigjährigen Krieges war das "Städtle"<br />
von den Kaiserlichen, dann von den Schweden, wieder von den<br />
Kaiserlichen und nochmals von den Schweden und Franzosen be-<br />
setzt. Der Mariaberger Konvent suchte Zuflucht bei Dekan Benk-<br />
ler im Trochtelfinger Pfarrhof. Die Menschen wurden arm. Nach<br />
1700 suchten viele Überzählige ihr Glück in der Auswanderung.<br />
Bauern und Handwerker waren es, die keine Bleibe mehr sahen.<br />
Ihr Ziel war meistens Ungarn. Im Jahre 1786 zählte man im<br />
"Städtle" 200 Auswanderer. - Nach dem 2. Weltkrieg sind viele<br />
Nachkommen in die engere <strong>Heimat</strong> ihrer Vorfahren zurückge-<br />
kehrt.<br />
Schwarze Tage<br />
Trochtelfingen hat deren mehrere erlebt. Der große Stadtbrand<br />
1320 wurde schon erwähnt. Am 11. September 1726 brach im<br />
Barn der "Goldenen Krone" Feuer aus. 52 Häuser brannten nie-<br />
der und 72 Familien wurden obdachlos. Im Jahre 1707 erschien<br />
eine feindliche Reiterschar vor den Toren. Sie verlangten tausend<br />
Gulden. Das verarmte Volk brachte diese Summe nicht zusam-<br />
men. Geiseln wurden mitgenommen. Es mußten nun die Meß-<br />
geräte, die in Sicherheit gebracht waren, verpfändet werden, um<br />
die Geiseln wieder zurückzuerlangen. Im Jahre 1388 überfielen<br />
Reutlinger aus Rache ahnungslos arbeitende Bauern, töteten 20<br />
davon und nahmen 30 mit sich fort.<br />
Das Trochtelfinger Handwerk<br />
Die erste Zunftordnung für die Obervogtei Trochtelfingen stammt<br />
vom 1. Mai 1655. In ihr waren alle Handwerker vereinigt. Ihre<br />
Produkte waren nur für den Bezirk der Obervogtei bestimmt.<br />
Fremden Handwerkern war es verboten, in der Herrschaft zu<br />
hausieren. Eingeschränkt wurden diese an bestimmten Jahr- und<br />
Wochenmärkten zugelassen. Ab 1717 gab es vier Zünfte mit eige-<br />
ner Zunftlade lind Herberge. Die wirtschaftliche Lage der Hand-<br />
werker war meistens sehr schlecht. 1791 schrieb der Pfarrer:<br />
"Die Professionen sind meist weiter nichts als eine kleine Neben-<br />
erwerbung und der Feldbau der Hauptnahrungszweig!" 1778<br />
vermochten die Strumpfstricker und Hafner nicht mal mehr die<br />
Auslagen ihrer Zunftlade zu bestreiten. Doch waren die Vermö-<br />
gensverhältnisse der Bauern als Hauptabnehmer der Handwerk-<br />
sprodukte keine besonders günstige. Zudem waren die einzel-<br />
nen Handwerke im Vergleich zur Bevölkerung überbesetzt. So<br />
gab es z. B. 1785 in Trochtelfingen allein 138 Handwerker. Durch<br />
verschiedene Bestimmungen wurde erreicht, daß für Trochtelfin-<br />
gen die Zahl der Handwerksmeister auf 113 festgesetzt wurde, für<br />
Meldungen auf 39, für Salmendingen auf 33, für Ringingen auf<br />
38 und Steinhilben auf 33. im ganzen waren dies für den Bezirk<br />
259 Meister. Das Jahr 1869 brachte dann auch für Trochtelfin-<br />
gen die Gewerbefreiheit. Zugleich lösten sich die Zünfte ganz auf.<br />
Viele Berufe sind inzwischen ausgestorben: die Nagel-, die Mes-<br />
5
ser, die Hufschmied, die Weber, die Küfer, die Gerber, die Wagner,<br />
die Müller, die 'llichmacher... Alle diese Handwerke waren noch<br />
um die Jahrhundertwende vertreten, z.T. noch in großer Zahl. So<br />
gab es z.B. um diese Zeit 10 Schuhmacher im Städtle! Aus den vie-<br />
len Handwerken entwickelten sich seit 1930 und nach dem Krieg<br />
doch einige leistungsfähige Betriebe. Über die industrielle Ent-<br />
wicklung und die Veränderungen in der Landwirtschaft wird in<br />
dem neuen Buch von Rudolf Griener ausführlich berichtet.<br />
Die Zeit nach 1806<br />
Trochtelfingen wurde 1806 mediatisiert, d. h. es kam unter die<br />
staatliche Oberhoheit des Fürstentums Hohenzollern-Sigmari-<br />
gen. Schon um 1812 wurden die Stadttore und der Bierturm be-<br />
seitigt. 1809 wurden Wilsingen, 1824 Hörschwag und 1845<br />
Steinhilben eigene Pfarreien. Das fürstenbergische Obervogtei-<br />
amt blieb als fürstlich - hohenzollerisches Oberamt bestehen und<br />
wurde 1861 dem Oberamt Gammertingen angegliedert.<br />
In der Märzrevolution von 1848 ging es recht turbulent zu. »Zur<br />
Beruhigung« schickte die fürstenbergische Verwaltung einen<br />
Domänenrat nach Trochtelfingen. Während im Rathaus verhan-<br />
delt wurde, entstand auf der Straße ein Auflauf. Weiber mit Säbeln<br />
unter den Schürzen sollen gerufen haben: »Schmeißt ihn her-<br />
aus«. Auf gutes Zureden des Stadtpfarrers zerstreute sich die<br />
Menge schließlich wieder. Der Domänenrat wurde im Rathaus<br />
festgehalten, erst am nächsten Tag ließ man ihn wieder frei. Am<br />
30. Juli 1848 wurde die Ernennung von Erzherzog Johann zum<br />
Reichsverweser gefeiert. Stadtpfarrer Maier hielt eine festliche<br />
Ansprache. Alt und Jung zogen mit der Bürgerwehr und Musik<br />
auf den Hennenstein. Unter Böllerschüssen und Gewehrsalven<br />
wurde ein Hoch auf Erzherzog Johann ausgebracht. 1850 wurde<br />
auch das »Städtle« preußisch. 1869 erwarb die Gemeinde das<br />
Schloß und baute es als Rat- und Schulhaus aus. Das alte Rat- und<br />
Schulhaus, das 1747 wegen Mangel eines geeigneten Versamm-<br />
GERD BANTLE<br />
Michael Walter, Schulmann<br />
und <strong>Heimat</strong>forscher<br />
Im letzten Jahr hätte eine bedeutende hohenzollerische Persön-<br />
lichkeit ihren 125. Geburtstag feiern können: der aus Grosselfin-<br />
gen stammende ehemalige, Regierungsdirektor Michael Walter.<br />
Als <strong>Heimat</strong>forscher hat er sich auch um die hiesige Region ver-<br />
dient gemacht.<br />
Michael Walter, geboren am 24. September 1876 und gestorben<br />
am 19. April 1958 in Rangendingen, brachte es vom einfachen<br />
Bauerssohn zum Volks- und späteren Realschullehrer. 1913 be-<br />
rief man ihn als Schulrat nach Pforzheim und wenig später als Re-<br />
gierungsrat an das badische Kultusministerium. Vorbildlich für<br />
ganz Deutschland war bald die von ihm aufgebaute badische<br />
Fortbildungsschule. In Anerkennung seiner Verdienste wurde<br />
Walter zum Oberregierungsrat und später zum Regierungsdirek-<br />
tor ernannt.<br />
6<br />
lungsraumes bzw. Rathauses von der Stadt erbaut wurde, wird<br />
etwas später Herberge für die Post. 1882 wurde Trochtelfingen<br />
mit den übrigen hohenzollerischen Kleinstädten als Landge-<br />
meinde eingestuft. 1889 veräußerte die Herrschaft das Rentamt.<br />
Verkehrsmäßig war Trochtelfingen früher sehr benachteiligt. Im-<br />
merhin wurde der Ort 1901 an die <strong>Hohenzollerische</strong> Landesbahn<br />
angeschlossen. Als nach dem 2. Weltkrieg der Straßenverkehr<br />
stark zunahm, wurde die bisherige Kreisstraße zur Bundesstraße.<br />
Aber noch lange quälte sich der wachsende Verkehr durch das<br />
ganze Städtle. Durch den Bau der Umgehungsstraße, der 1959<br />
begann, wurde Trochtelfingen vom Durchgangsverkehr entlastet.<br />
Durch die Gemeindereform wurde Trochtelfingen zum Zentralort<br />
mit den Teilorten Hausen a.L., Mägerkingen, Steinhilben und Wil-<br />
singen. Das alte Hohenzollern-Städtchen gehört seit 1972 zum<br />
Kreis Reutlingen. Im Jahre l600 hatte Trochtelfingen 600 Ein-<br />
wohner, 1748 waren es 1128, im Jahre 1948 nur 1112, im Jahr<br />
2000 3697 Einwohner (Gesamtstadt: 6569 Einwohner).<br />
Um 1920 gibt es nur zwei evangelische Familien im "Städtle".<br />
Heute gibt es fast ebensoviele, evangelische wie katholische Chri-<br />
sten. 1959 wurde die evangelische Christus-Kirche erbaut und<br />
1993 das neue Gemeindehaus eingeweiht.<br />
Der Sinn für Überlieferung und Erhaltenswertes war in der Nach-<br />
kriegszeit wenig ausgeprägt.<br />
Auf Initiative der Gebrüder Schoser wurden jedoch damals schon<br />
einige Fachwerke freigelegt. 1979 wurde die Gesamtanlage<br />
"Stadtkern Trochtelfingen" unter Denkmalschutz gestellt. Mit ei-<br />
ner großzügigen Sanierung wurde begonnen, die mehr als ein<br />
Jahrzehnt in Anspruch nahm. Dabei wurde nicht nur an die<br />
äußere Fassade gedacht, sondern auch im Inneren der Häuser<br />
auf gediegene Wohnqualität Wert gelegt. Für Trochtelfingen kann<br />
man dies als Jahrhundertwerk bezeichnen.<br />
(Zusammengestellt nach Unterlagen von Fritz Eisele<br />
und Rudolf Griener).<br />
Walter widmete sich mit Leib und Seele auch der Geographie. Er<br />
war Mitbegründer des Verbands deutscher Schulgeographen und<br />
Geschäftsführer der Geographischen Gesellschaft in Karlsruhe.<br />
Bei Forschungsreisen in Deutschland und auch im Ausland sowie<br />
durch wissenschaftliche Veröffentlichungen in Büchern, Zeit-<br />
schriften und Zeitungen erwarb er sich internationale Aufmerk-<br />
samkeit.<br />
Auch um die hohenzollerische <strong>Heimat</strong>kunde hat sich der For-<br />
scher verdient gemacht. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten, die<br />
sich auf die hiesige Region beziehen, zählen unter anderem "Die<br />
Schwäbische Alb zwischen Achalm - und Hohenzollern", "Flurna-<br />
menforschung in Hohenzollern", "Die mittelalterlichen Badstu-<br />
ben mit besonderer Berücksichtigung Hohenzollerns", "Der<br />
Name Sigmaringen" und "Was sagt uns der Name Josefslust?"<br />
Weitere Arbeiten behandelten Waldnamen, sowie hohenzolleri-<br />
sche Ortsnamen mit den Endungen "ingen", "hausen", "kofen"<br />
"heim" und "dorf". Viele von Walters Arbeiten erschienen in den<br />
"<strong>Hohenzollerische</strong>n Jahresheften" und der „<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Heimat</strong>".
Die <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong> in neuem Gewände<br />
Die "<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>" erscheint jetzt im 52. Jahrgang.<br />
Die erste Nummer erschien im Januar 1951, also in der unmittelbaren<br />
Nachkriegszeit. Ihr geistiger Vater war der damalige<br />
erste Vorsitzende des hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong>s, Dekan<br />
Nikolaus Maier. Seine Gedanken über das neu geschaffene<br />
<strong>Heimat</strong>blatt hat er in einem Vorwort zur ersten Nummer der<br />
"<strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong>" zum Ausdruck gebracht:<br />
auch den vielen Hohenzollern, die irgendwo im Rheinland<br />
oder Baden oder sonst wohnen! Sie alle denken gerne an die<br />
<strong>Heimat</strong> zurück und freuen sich, über so einen <strong>Heimat</strong>gruß.<br />
Die "<strong>Hohenzollerische</strong>n Jahreshefte" (heute "Zeitschrift für<br />
<strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte"), die der Verein seinen Mitgliedern<br />
alljährlich als Gabe zu überweisen sich bemüht, erhalten<br />
durch diese Blätter keinen Konkurrenten, sondern<br />
"Das Fehlen eines <strong>Heimat</strong>blattes für Hohenzollern wird seit eine Ergänzung Viele Beiträge, die dort keinen Platz fin-<br />
Jahren beklagt. Bei den Generalversammlungen des "Verden, können hier erscheinen. Wir haben aber auch die Hoffeinsfür<br />
Geschichte, Kultur und Landeskunde in Hohenzolnung,<br />
daß viele Leser der "<strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong>" sich<br />
lern" 1949 und 1950 wurde die Notwendigkeit hervorgeho- angeregt fühlen werden, dem Verein beizutreten, um die<br />
ben. Es ist kein schlechtes Zeichen, daß man in den Zeiten "Jahreshefte" zu erhalten. Es dürfte wenige Vereine geben,<br />
der Not umso mehr sich aufdie engere <strong>Heimat</strong>, ihre Schön die - um 6.- DM ihren Mitgliedern so viel bieten. Der 10.<br />
heit, ihre Geschichte und Kultur besinnt, nachdem in der Band, 1950, dürfte nun in den Händen aller Mitglieder sein.<br />
"großdeutschen Zeit" der Blick von ihr abgelenkt wurde und<br />
die "Zollerheimat" mit ihrem 10. Jahrgangs 1941 leider ihr Was soll die "<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>" bringen? Sie ist ein<br />
Erscheinen einstellen mußte, die "<strong>Heimat</strong>klänge" aber, Kleinorgan die für alle Belange der <strong>Heimat</strong>kunde und das Nach-<br />
Beilage zum "Der Zoller", schon früher nicht mehr erschierichtenblatt des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s. Sie<br />
nen. Die "<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>" will nun allen <strong>Heimat</strong>soll<br />
berichten über Bodenfunde, Erdßlle, Geschichte und<br />
freunden Gelegenheit bieten, ihr Wissen zu erweitern und Kunst, alles was für die Natur und Kultur unseres Landes von<br />
Liebe um unser Ländchen zu wecken. Sie möchte ein LeseInteresse<br />
ist. Ferner über anderswo erschienene Aufsätze<br />
stofffür die Familie sein, der alle interessiert.<br />
und Bücher, die sich auf Hohenzollern beziehen, über Veranstaltungen,<br />
Vorträge, die der <strong>Heimat</strong>kunde gewidmet<br />
Seit Kriegsschluß wird der Mangel an heimatlichem Lesestoff sind, über bedeutende Persönlichkeiten und über wichtige<br />
in der Schule sehr beklagt.<br />
Vorkommnisse der Jetztzeit.<br />
Wiefreuten wir Alten uns einst, wenn so ein schöner Aufsatz Die Schriftleitung hat Hauptlehrer J. Wiest, Gammertingen<br />
über Hohenzollern im Unterricht durchgesprochen wurde übernommen, dem schon so manche Arbeit über die Ge-<br />
oder aus dem reichen Schatz hohenzoüerischer Sagen eine schichte unserer <strong>Heimat</strong> zu danken ist.<br />
Person oder ein Ort unsere Phantasie ganz gefangen nahm.<br />
Die alten hohenzollerischen Lesebücher, angefangen vom Möge sein Ruf reichen Widerhallfinden.<br />
Reiserschen, (Musterlehrer Heinrich Reiser aus Gammertingen,<br />
1805-1889) waren heimatlich ausgerichtet. Beiträge Möge dieses <strong>Heimat</strong>blatt des Hohenz. <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
zur <strong>Heimat</strong>kunde jeder Art möchte unser Blatt für Schüler nun eine große Lesergemeinde finden.<br />
und Lehrer darbieten. Viele Lehrpersonen sind jetzt tätig,<br />
denen unser Land erschlossen werden muß, weil sie in an- Träger der "<strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong>" ist der "Verein für<br />
deren Gauen aufgewachsen simi Womit sollen sie sich vor- Geschichte, Kultur- undlandeskunde in Hohenzollern", der<br />
bereiten? Die'<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>" bringt den Stoff. seit 1867 schon so viele Studien über fast alle Orte Hohenzollems<br />
veröffentlichte und hier über den Kreis der Mitglie-<br />
Den <strong>Heimat</strong>forschem muß ein Blatt offen stehen, das die Erder<br />
hinaus sich an das ganze Zollerland wendet."<br />
gebnisse ihrer Arbeit aufnimmt und sie interessierten Lesern<br />
zufuhrt. In der Tagespresse geschieht das nur zum Teil und Im Untertitel des Blattes stand: „Vierteljahresblätter für Schule<br />
gerät schnell in Vergessenheit Diese Blätter stehen nun und zur Haus". Hergestellt wurde die neue Zeitschrift von der<br />
Aufnahme bereit. Die Buchdruckerei S. Acker in Gammertin Druckerei - Acker in Gammertingen, die auch das finanzielle Ri-<br />
gen übernimmt mit dem Erscheinen der "<strong>Hohenzollerische</strong>n siko trug. Schriftleiter war der bewährte Gammertinger Hei-<br />
<strong>Heimat</strong>" ein großes Risiko. Mögen viele Mitarbeiter und eine matforscher und Schulleiter Josef Wiest, der auch viele Beiträge<br />
große Lesergemeinde das in sie gesetzte Vertrauen lohnen. selbst In lieferte. Seit 1969 wurde die <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong> in<br />
die Hand der Schüler, und in die Schülerhilfsbücherei der der Druckerei Liehner, bzw. Thorbecke Verlag in Sigmaringen<br />
Schulen gehört das Vierteljahresheft, in die Pfarrbücherei gedruckt. Nun ist sie sozusagen zu ihren Ursprüngen zurückge-<br />
ebenso wie in die Familienbibliothek. Schickt das Heft auch kehrt und erscheint in neuem Gewände bei der Druckerei<br />
Euren im Ausland wohnenden Verwandten und Freunden Acker in Gammertingen.
Ausstellung und Buchveröffentlichung über die Sigmaringer Fasnet<br />
Anläßlich des Narrentreffens der Landschaft Donau der Vereinigung<br />
Schwäbisch - Alemannischer Narrenzünfte e. V. am 2./3. Februar<br />
2002 in Sigmaringen und ihres bevorstehenden 90. Geburtstags ver-<br />
anstaltete die Narrenzunft Vetter Guser Sigmaringen e.V. zusammen<br />
mit dem Staatsarchiv vom 6. Januar bis 12. Februar 2002 im Prin-<br />
zenbau in Sigmaringen die Ausstellung "Fünf Jahrhunderte Sigma-<br />
ringer Fasnet - 90 Jahre Narrenzunft Vetter Guser e. V"<br />
Im ersten Teü der Schau wurde, ausgehend von der Sigmaringer<br />
Fastnachtsordnung von 1594, anhand von Dokumenten, Bildern, Fo-<br />
tos und Plakaten, aber auch dreidimensionalen Ausstellungsstücken<br />
die Geschichte der Sigmaringer Fasnet vom 16. Jahrhundert bis in<br />
die Gegenwart dargestellt und erläutert. Breiten Raum nahm dabei<br />
das 1723 erstmals erwähnte "Bräuteln" ein, bei dem am Fastnachts-<br />
dienstag die grünen, sübernen, goldenen und auch diamantenen<br />
Hochzeiter inmitten einer großen Narrenschar und bei dem Spiel<br />
der Stadtkapelle und des Spielmanns- und Fanfarenzugs von den<br />
"Bräutlingsgesellen" auf einer gepolsterten Stange um den Brunnen<br />
vor dem Rathaus in Sigmaringen getragen werden. Das Bräuteln, das<br />
sich aus dem Gesellen- und Bräutlingsbaden des Spätmittelalters und<br />
der frühen Neuzeit in Schwaben entwickelt hat, ist der älteste Sigma-<br />
ringer Brauch, der später von einer Reihe von benachbarten Ge-<br />
meinden und auch in Haigerloch rezipiert worden ist.<br />
Der zweite Teü der Ausstellung war der Geschichte der 1912 gestif-<br />
teten und bei der Bräutlingsfeier 1913 aus der Taufe gehobene Nar-<br />
renzunft Vetter Guser gewidmet, die sich die Bewahrung des Sigma-<br />
ringer Fasnetsbrauchtums, insbesondere aber das historische Bräu-<br />
teln zur Aufgabe gestellt hat. Zu den Spitzenstücken der Schau zähl-<br />
ten u.a. die Drehorgel von Härtung mit der liebevollen Darstellung<br />
des Bräuteins auf dem Rathausplatz und die Präsentation der Ornate<br />
bzw. der Häser des Elfer- und Narrenrates, der Traditionsfledermaus,<br />
der -Braunen Fledermaus, der Kinderfledermaus, des Schloß-Nar-<br />
ros und der Bräutlingsgesellen des Vetter Guser.<br />
Schmankerln stellten sicherlich auch der Film vom Narrentreffen der<br />
Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte 1936 in<br />
Oberndorf a.N. mit der Vorführung des Sigmaringer Bräuteins sowie<br />
die Bilderschau zur Fasnet 2001 in Sigmaringen dar.<br />
Zur Ausstellung wurde ferner ein von Otto H. Becker und Mitautoren<br />
bearbeitetes Buch mit dem Titel "Freut Euch des Lebens. Zur Ge-<br />
BERNHARD RÜTH UND ANDREAS ZEKORN<br />
Graf Albrecht II. und die<br />
Grafschaft Hohenberg<br />
Im April 1998, erinnerten das Berneuchener Haus Kloster Kirch-<br />
berg, der Landkreis Rottweil, der Zollernalbkreis sowie der Ho-<br />
henzollerische <strong>Geschichtsverein</strong> mit einer Vortragsveranstaltung<br />
an das Dynastengeschlecht der Grafen von Hohenberg. Dieses Ge-<br />
schlecht bestimmte die territoriale Entwicklung des oberen Neck-<br />
arraumes vom späten 12. Jahrhundert bis ins späte 14. Jahrhun-<br />
8<br />
Fürst Friedrich von Hohenzoliern in Kapitänsuniform, auf der Kogge<br />
„ Windjammer" beim Fastnachtsumzug i960 in Sigmaringen<br />
schichte der Sigmaringer Fastnachtsbräuche" mit 216 Seiten Umfang<br />
und rund 200 zumeist farbigen Abbildungen herausgebracht. In<br />
dem stattlichen Band werden u.a. auch die übrigen Träger der Sig-<br />
maringer Fasnet im Laufe ihrer Geschichte gewürdigt; er ist zum<br />
Preis von 28 Euro im Buchhandel erhältlich (ISBN 3-9807995-1-4).<br />
Dr. Otto H. Becker<br />
dert entscheidend mit. Den Anlass für die Vortragsveranstaltung<br />
bot der 700. Todestag Graf Albrecht II. von Hohenberg, der am 17.<br />
April 1298 in der Schlacht zwischen Oberndorf und Leinstetten ge-<br />
fallen und im Kloster Kirchberg beigesetzt worden war.<br />
Die Anregung zur Gedenkveranstaltung ging von Schulamtsdirek-<br />
tor in Ruhe Adolf Kiek, Balingen, aus. In Verbindung mit dem Ber-
neuchener Haus Kloster Kirchberg übernahmen das Kreisarchiv des<br />
Zollernalbkreises und das Archiv- und Kulturamt des Landkreises<br />
Rottweil die Vorbereitung einer Tagung mit historischen Vorträgen.<br />
Mitveranstalter war der <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong>. Es gelang,<br />
exzellente Kenner der hohenbergischen Geschichte als Referenten<br />
zu gewinnen: Dr. Casimir Bumiller, Prof. Dr. Franz Quarthai<br />
und Prof. Dr. Wilfried Schöntag. Die Tagung stieß auf ein äußerst reges<br />
Publikumsinteresse, das die Erwartungen der Veranstalter übertraf.<br />
An die 200 Geschichtsfreunde konnten in den stimmungsvollen<br />
Räumen des ehemaligen Dominikanerinnen-Klosters als Teilnehmer<br />
begrüßt werden. Die Nachmittagsveranstaltung fand im Konventssaal<br />
statt, der die Zuhörerschaft kaum zu fassen vermochte.<br />
Besonders eindrucksvoll war anschließend die Abendveranstaltung<br />
in der Klosterkirche. Jedem der damals Anwesenden, wird die<br />
dichte Atmosphäre, hervorgerufen durch den musikalischen Vortrag<br />
des Minnelieds Graf Albrechts durch Herrn Vinskis und den<br />
Lichtbildervortrag von Prof. Dr. Franz Quarthai am Ort der Grablege<br />
Graf Albrechts, in bester Erinnerung sein.<br />
Im November 2001 konnten die Erträge dieser Tagung in Form eines<br />
Aufsatzbandes vom Archiv- und Kulturamt des Landkreises<br />
Rottweil und vom Kreisarchiv des Zollernalbkreises vorgelegt werden.<br />
Hinzuzufügen ist, dass die letzten Beiträge erst im Sommer<br />
2001 eingingen.<br />
Die Bedeutung des Geschlechts der Hohenberger für die Geschichte<br />
unseres Raumes ist groß. Hervorgegangen ist es als ältere<br />
Linie der Grafen von Zollern um das Jahr 1179 unter dem neuen<br />
Namen Hohenberg. In teils heftigen Auseinandersetzungen mit den<br />
Zollern büdeten die Hohenberger ein umfangreiches Territorium<br />
ausgehend von der namensgebenden Burg Oberhohenberg bei<br />
Schömberg-Schörzingen, über Haigerloch bis nach Rottenburg. Im<br />
13- Jahrhundert wurden in der hohenbergischen Ära Burg und<br />
Stadt Haigerloch um- und ausgebaut. Graf Burkhard III. gründete<br />
das Kloster Kirchberg im Jahre 1237 als Hauskloster der Hohenberger.<br />
Dieses Kloster diente auch als Grablege des Geschlechts, wo der<br />
Klostergründer (f 1253 vom Blitz erschlagen) selbst und Graf Albrecht<br />
sowie seine Ehefrau Margareta (t 1296) bestattet sind. Um<br />
1280 gründete Graf Albrecht die "neue Stadt" Rottenburg, als<br />
neuen Mittelpunkt des Gesamtterritoriums. Auch nach dem Ruin<br />
der Grafen von Hohenberg und dem Verkauf der Grafschaft an<br />
Habsburg im Jahre 1381, ist die weitere Entwicklung des Herrschaftsgebiets<br />
von maßgeblicher Bedeutung für die Geschichte unserer<br />
Region. Ein Teil der Grafschaft, die Herrschaft Haigerloch,<br />
kam nach zahlreichen Verpfändungen an die Zollern. Andere Teile<br />
blieben bis 1806 österreichisch oder als österreichische Lehen in<br />
den Händen von Angehörigen des niederen Adels.<br />
Graf Albrecht von Hohenberg selbst war ein bedeutender Staatsmann<br />
mit besten verwandtschaftlichen Beziehungen. Seine Schwester<br />
Gertrud heiratete Rudolf von Habsburg, der 1273 zum König<br />
gewählt wurde. Albrecht war ein enger Weggefährte und Vertrauter<br />
des Königs. So nahm er beispielsweise an mehreren Feldzügen König<br />
Rudolfs teil und besuchte häufig die Reichstage. Albrecht er-<br />
hielt die neu geschaffene Landvogtei Niederschwaben zur Verwaltung<br />
des - verbliebenen - Reichsguts übertragen, ebenso wurde er<br />
zum Landvogt von Achalm bestellt. Wichtig war die Revindikation<br />
und Reorganisation des Reichsguts als Basis für das Wiedererstarken<br />
des Königtums. Mit der Übernahme solcher Verpflichtungen<br />
für König und Reich begann allerdings bereits der spätere Ruin der<br />
Hohenberger. Und schließlich setzte Albrecht für das Haus Habsburg<br />
gar sein Leben ein. Er unterstützte seinen Neffen, Herzog Albrecht<br />
von Österreich, im Kampf gegen König Adolf von Nassau um<br />
den Königsthron. Herzog Otto von Niederbayern war im Frühjahr<br />
1298 unterwegs, um König Adolf im Breisgau zu Hilfe zu eilen. Als<br />
er in unserer Gegend anlangte, griff ihn Graf Albrecht von Hohenberg<br />
an. Doch der Überraschungsangriff misslang, und Graf Albrecht<br />
fiel in der Schlacht, die sich am 17. April 1298 zwischen<br />
Oberndorf und Leinstetten zutrug, nachdem ihn angeblich die meisten<br />
seiner Ritter verlassen hatten. Matthias von Neuenburg, Prokurator<br />
des geistlichen Gerichts des Bischofs von Straßburg,<br />
zürnte mit folgenden Worten darüber: "Wären doch blutgierige<br />
Wölfe gekommen und hätten die Feiglinge gefressen."<br />
Mit seiner staatsmännischen und kriegerischen Tätigkeit ist eine<br />
Seite Albrechts erfasst. Die andere Seite ist die des Literaturfreundes<br />
und Minnesängers. Obwohl Albrecht nur mit einem Gedicht in<br />
der Manessischen Liederhandschrift vertreten ist, wird ihm dort<br />
wegen seines hohen ständischen Ranges ein hervorragender Platz<br />
eingeräumt. Sein letzter Kampf ist in der Liederhandschrift in der<br />
bekannten, eindrucksvollen, aber auch blutrünstigen Darstellung<br />
festgehalten, die selbstverständlich auch im Buch wiedergegeben<br />
ist. Ein Zeichen seiner Wertschätzung ist, dass sein Tod mehrfach<br />
literarisch verarbeitet wurde.<br />
Entsprechend seiner Bedeutung ist der erste Beitrag des Buches<br />
aus der Feder Prof. Dr. Franz Quarthals, Historisches Seminar der<br />
Universität Stuttgart, Abt. Landesgeschichte, der „Hauptperson"<br />
Graf Albrecht gewidmet. Die Abhandlung trägt den Titel „Graf Albrecht<br />
II. als Territorial- und Reichspolitiker zur Zeit der Könige Rudolf<br />
und Albrecht von Habsburg". Im Mittelpunkt der breit angelegten<br />
biographischen Abhandlung steht Albrechts Anteil an der<br />
„großen Politik". Quarthai würdigt sein reichs- und territorialpolitisches<br />
Engagement differenziert. Einen großen Teil seines Lebens<br />
widmete Rudolf, wie bemerkt, dem Verwaltungsdienst sowie politischen<br />
und militärischen Missionen König Rudolfs von Habsburg.<br />
Dabei stellte Albrecht die Interessen seines eigenen Hauses gegenüber<br />
denjenigen des Reiches und des Hauses Habsburg hintan.<br />
Am Ende des Beitrags werden ausführlich die politischen Umstände<br />
der Schlacht bei Oberndorf/Leinstetten sowie das Kampfgeschehen<br />
selbst, bei dem Albrecht den Tod fand, dargestellt.<br />
Aber der Beitrag Franz Quarthals geht weit darüber hinaus: wir erhalten<br />
Auskunft über das Herkommen der Hohenberger und ihren<br />
Herrschaftsraum; aufgezeigt werden die Heiratsverbindungen des<br />
Geschlechts als wichtigstem Indikator für dessen sozialen Rang.<br />
Und die Hohenberger - so das Fazit - bewegten sich in den besten<br />
Kreisen. Als Territorialpolitiker hingegen gelangen Albrecht keine<br />
großen Herrschaftszugewinne, allerdings gründete er an einer topographisch<br />
wichtigen Stelle die neue Stadt Rottenburg und ver-<br />
9
drängte damit das Kloster Kreuzlingen aus dem Herrschaftsraum. In<br />
dieser Stadt stiftete er wohl auch ein Karmeliterkloster (um 1276).<br />
Ansonsten trat er mehrfach als Wohltäter umhegender Klöster auf.<br />
Schließlich geht Quarthai auf Graf Albrecht als Minnesänger ein.<br />
Insgesamt erhalten wir eine neue, auf dem aktuellen Forschungs-<br />
stand beruhende Biographie Albrechts, die ihn als einen Mann er-<br />
fasst, der noch ganz dem Denken der mittelalterlichen Feudalwelt<br />
sowie einem ritterlichen Ehrenkodex als Norm verhaftet war.<br />
Nicht minder faszinierend ist die siegelkundliche Untersuchung<br />
Prof. Dr. Wilfried Schöntags, Präsident der Landesarchivdirektion<br />
Baden-Württemberg, mit dem Titel „Rechtsstellung und Selbstver-<br />
ständnis der Grafen von Hohenberg im Spiegel ihrer Reitersiegel".<br />
Schöntag bezieht dabei nicht nur die Siegel, sondern auch die<br />
Grabplatten als Zeugnisse des Selbstverständnisses dieses Hocha-<br />
delsgeschlechts in die Betrachtung ein. Mit der Untersuchung wird<br />
der Blickwinkel auf die Gesamtgeschichte des Hauses Hohenberg<br />
erweitert. Dem Verfasser verdanken wir bereits grundlegende,<br />
neue Erkenntnisse über die Entstehung der Linie der Grafen von<br />
Hohenberg, die sich als ältere Linie von den Zollern abspaltete. Da-<br />
bei konnte die ideologisch vorbelastete Geschichtsschreibung des<br />
19- Jahrhunderts, die im Dienste des preußischen Königs- bzw.<br />
Kaiserhauses stand und die bis ins 20. Jahrhundert hinein wirkte,<br />
revidiert werden. Anhand der Reitersiegel und Grabmäler kann<br />
Schöntag zahlreiche Erkenntnisse zur Vorstellungswelt und zur<br />
verfassungsrechtlichen Stellung der Hohenberger im 13- und 14.<br />
Jahrhundert gewinnen. Sehr differenziert wird beispielsweise der<br />
hohe verfassungsmäßige Rang der Hohenberger innerhalb des<br />
Adels, der knapp unterhalb des Reichsfürstenstandes anzusiedeln<br />
ist, und die Veränderungen innerhalb dieser Rangfolge herausge-<br />
arbeitet. Zugleich legen die Grabmäler Zeugnisse ab von der Ver-<br />
haftung des Geschlechts innerhalb des ritterlichen Ideals, das nie-<br />
deren und hohen Adel umspannte. Die zur gleichen Zeit entstan-<br />
denen Grabmäler der Grafen von Württemberg etwa dokumentie-<br />
ren dagegen den Willen dieser Grafen zur Repräsentation und da-<br />
mit ihren Anspruch auf Zugehörigkeit zum hohen Adel.<br />
Mit dem Selbstverständnis der Hohenberger befasst sich auch der<br />
Historiker Dr. Casimir Bumiller in seinem Aufsatz über „Die Ho-<br />
henberger in der Tradition der Grafen von Haigerloch-Wiesneck".<br />
Diese Grafen von Haigerloch-Wiesneck waren die älteren Grafen<br />
von Haigerloch, die von den Hohenbergern beerbt wurden. Bumil-<br />
ler formuliert in seinem Aufsatz zum einen beachtenswerte Hypo-<br />
thesen zur Geschichte der Besitzvorgänger der Hohenberger, den<br />
Grafen von Haigerloch-Wiesneck, einem der großen Adelsge-<br />
schlechter des 11. Jahrhunderts. Diese Grafen hatten einen um-<br />
fangreichen Besitzkomplex, wozu u.a. die namengebende Burg<br />
Wiesneck im Dreisamtal gehörte; weiterhin besaßen sie eine reich-<br />
haltige Tradition, beispielsweise zählten der Gründer des Klosters<br />
St. Märgen und der Reichskanzler Adelbert zu diesem Geschlecht.<br />
Ferner verfügten die Wiesnecker über eine Geschichte, die sich -<br />
zumindest in der Sage - bis in ottonische Zeit zurückverfolgen ließ.<br />
Dies waren ideale Voraussetzungen für die Grafen von Hohenberg,<br />
sich die Tradition ihrer Vorgänger anzueignen. Die Hohenberger<br />
sahen sich nämlich nach ihrer Abspaltung von den Zollern<br />
genötigt, sich eine neue Tradition zu verschaffen. Die zollerischen<br />
10<br />
Vettern hatten sich als treulos gegenüber dem Kaiser erwiesen, des-<br />
halb wollten sich die Hohenberger von derartigen Vettern distan-<br />
zieren. So legten sie die zollerische Tradition ab und übernahmen<br />
diejenige der Grafen von Haigerloch-Wiesneck, welche ebenfalls<br />
prestigeträchtig war. Es ging sogar so weit, dass die Hohenberger<br />
den Vorgängern ihre eigene, hohenbergische Geschichte über-<br />
stülpten und zwar derart erfolgreich, dass sogar moderne Histori-<br />
ker Hohenberger und Wiesnecker gleichsetzten.<br />
Der letzte Aufsatz im Band aus der Feder des Historikers Hans Pe-<br />
ter Müllers trägt den Titel „Genealogia Hohenbergica - Die Linien<br />
Wildberg und Nagold". Diese Abhandlung eines profunden Ken-<br />
ners der archivalischen Quellen wurde nachträglich in den Band<br />
aufgenommen. Die Genealogie der Hohenberger in den Linien Na-<br />
gold und Wildberg wird dabei einer Revision unterzogen. Durch<br />
den Aufsatz Hans Peter Müllers erhalten wir mithin eine auf dem<br />
neuesten Forschungsbestand beruhende, in Teilen korrigierte Ge-<br />
schichte der Wüdberger und Nagolder Linie der Hohenberger.<br />
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der vorzustellende Auf-<br />
satzband eine Fülle neuer Erkenntnisse zur Geschichte der Grafen<br />
von Hohenberg im hohen und späten Mittelalter bietet. Die ältere<br />
Forschung wurde revidiert und gegebenenfalls berichtigt. Das Buch<br />
beinhaltet nicht allein Ausführungen zu Graf Albrecht II. selbst, son-<br />
dern zur Geschichte der Hohenberger überhaupt. Die landesge-<br />
schichtliche Forschung wird damit ein gutes Stück weiter gebracht.<br />
Im, wie es Bernhard Rüth formulierte, „südwestschwäbischen"<br />
Kulturraum wird man sich wieder der gemeinsamen historischen<br />
Wurzeln der Regionen zwischen Schwarzwald und Schwäbischer<br />
Alb bewusst. Dieser Aufsatzband steht am Anfang einer Folge lan-<br />
desgeschichtlicher Publikationen, die aus Vortragsveranstaltungen<br />
von überregionaler Tragweite hervorgegangen sind. Als organisa-<br />
torische Basis der historischen Büdungsarbeit bewährt sich das<br />
Netzwerk der Kreisarchive und der <strong>Geschichtsverein</strong>e. Anzukündi-<br />
gen sind in diesem Zusammenhang gleich die nächsten Bücher: am<br />
28. April 2002 wird der Öffentlichkeit das Buch „Vorderösterreich<br />
an oberem Neckar und oberer Donau" präsentiert und zwar dann<br />
im Landratsamt in Bahngen. Dieser Band geht auf eine entspre-<br />
chende Vortragsveranstaltung des Jahres 1999 zurück. Auf eine<br />
noch weiter zurückliegende Tagung geht das Buch „Adel zwischen<br />
Schwarzwald und Schwäbischer Alb" zurück, das ebenfalls in na-<br />
her Zukunft vorgestellt wird.<br />
Finanziell getragen wurde das Buch durch den Landkreis Rottweil,<br />
und den Zollernalbkreis, die als Herausgeber des Bandes fungie-<br />
ren. Gedruckt wurde das Buch mit Unterstützung der Oberschwä-<br />
bischen Elektrizitätswerke (OEW).<br />
Bibliographie<br />
Graf Albrecht II. und die Grafschaft Hohenberg. Herausgegeben<br />
von Bernhard Rüth und Andreas Zekorn im Auftrag des Landkrei-<br />
ses Rottweü und des Zollernalbkreises. Bibliotheca academica<br />
Verag Tübingen, 124 Seiten, 2 Farbtafeln, 13 Abbildungen, 2<br />
Stammtafeln, 1 Karte ISBN 3-928471-44-9- Ladenpreis 17,00 Euro.<br />
Zu beziehen über jede Buchhandlung.
EDWIN ERNST WEBER<br />
Zum Tod des <strong>Heimat</strong>forschers<br />
und langjährigen Kreispflegers<br />
Meinrad Häberle<br />
Im hohen Alter von 91 Jahren ist am 23. Oktober 2001 der Hei-<br />
matforscher und langjährige Sigmaringer Kreispfleger Meinrad<br />
Häberle gestorben. Als geschäftsleitender Verwaltungsbeamter des<br />
Kreisverbandes Sigmaringen von 1949 bis zu seinem Ruhestand<br />
1975 und sodann als Chronist seines <strong>Heimat</strong>kreises hat sich Hä-<br />
berle bleibende Verdienste erworben.<br />
Meinrad Häberle entstammt einem alteingesessenen Bauernge-<br />
schlecht in Sigmaringendorf, das sich mit seinem Anwesen an der<br />
Krauchenwieser Straße bis in das 17. Jahrhundert zurückverfol-<br />
gen lässt. Am 19- Januar 1910 wurde er hier als das erste Kind des<br />
Landwirts Meinrad Häberle senior (1879 - 1952) und seiner aus<br />
Scheer stammenden Ehefrau Theresia geb. Merk (1886 - 1955)<br />
geboren, zwei jüngere Geschwister, Paul und Wilhelmine, folgten<br />
nach. Meinrad Häberle senior spielte im "Dorfer" Gemeindeleben<br />
zwischen Kaiserreich und NS-Diktatur eine fuhrende Rolle und be-<br />
kleidete als Vorsitzender des Kriegervereins, der Ortsgruppe des<br />
katholischen Zentrums sowie als Gemeinderat herausragende Po-<br />
sitionen, die er mit Beginn des "Dritten Reiches" einbüßte.<br />
Nach der Volksschule seines <strong>Heimat</strong>ortes besucht der junge Mein-<br />
rad Häberle von 1922 bis 1928 bis zur Mittleren Reife die Real-<br />
schule im württembergischen Nachbarstädtchen Mengen. Am 1.<br />
April 1928 tritt er als Volontär in die Dienste beim damals noch<br />
preußischen Landratsamt Sigmaringen und lernt hier in der Folge<br />
als Staatsangestellter die ganze Bandbreite der staathchen Kreis-<br />
aufgaben von der Registratur über die damals noch junge Kfz-Ver-<br />
waltung bis zum Jagdwesen kennen. Der strebsame Verwaltungs-<br />
mann legt 1936 die Sekretär-Prüfung für den mittleren und 1938<br />
die Inspektoren-Prüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst ab<br />
und wird zum Beamten in der Landkreis-Selbstverwaltung, dem<br />
Kreisverband.<br />
Vorübergehend eine andere Richtung erhält die Berufslaufbahn<br />
von Meinrad Häberle, als er Ende 1938, im Gefolge der Annexion<br />
Österreichs durch Nazi-Deutschland, in die "Ostmark" abgeordnet<br />
wird und in die Dienste der Bezirkshauptmannschaft Amstetten in<br />
Niederösterreich tritt. Zum 1. April 1940 wechselt er als Stadt-<br />
oberinspektor in den kommunalen Verwaltungsdienst der benach-<br />
barten Stadt Neunkirchen. Im Jahr darauf verheiratet er sich mit<br />
der aus Laiz stammenden Elisabeth Lutz, die mit dem im Mai 1941<br />
geborenen Sohn Werner in die neue <strong>Heimat</strong> nach Österreich nach-<br />
zieht. Zwei weitere Söhne, Rainer und Gerhard, werden dem Ehe-<br />
paar nach dem Zweiten Weltkrieg geschenkt.<br />
Zum 1. Januar 1942 wird Meinrad Häberle zum Kriegsdienst ein-<br />
berufen, der ihn in einem Artillerie-Regiment auf den Balkan und<br />
an die Ostfront fuhrt. Nachdem er bei Kriegsende in der Tschecho-<br />
slowakei in russische Kriegsgefangenschaft geraten war, muss er<br />
die folgenden zweieinhalb Jahre in einem Lager in der kriegszer-<br />
störten Stadt Woronesch südöstlich von Moskau verbringen. Bei<br />
seiner Entlassung Ende Oktober 1947 in die <strong>Heimat</strong> ist er gesund-<br />
t<br />
Mein rad Häberle (19.10-2001)<br />
Aufnahme 1997. Bildvorlage Kreisarchiv Sigmaringen<br />
heitlich stark angeschlagen und über drei Monate lang bis zu sei-<br />
ner Genesung krank geschrieben. Häberle trifft seine Familie in<br />
Laiz wieder, wo sich seine Frau mit ihrem kleinen Sohn kurz vor<br />
Kriegsende von Niederösterreich aus hinbegeben hatte. In der<br />
Schreinerei des Schwiegervaters Franz Lutz ist Meinrad Häberie im<br />
Frühjahr 1948 einige Monate lang als kaufmännischer Mitarbeiter<br />
tätig, ehe er von August bis Dezember 1948 als Aushilfs-Angestell-<br />
ter bei der <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesbank Sigmaringen zur Ab-<br />
wicklung der damaligen Währungsreform eingesetzt wird.<br />
Nachdem er sich über Monate hinweg vergeblich bei hohenzolleri-<br />
schen und württembergischen Kreis- und Gemeindeverwaltungen<br />
um eine Wiedereinstellung als Beamter bemüht hatte, wird er im<br />
Dezember 1948, nach dem Abschluss seines Entnazifizierungsver-<br />
fahrens und der Einstufung als "Mitläufer", als Angestellter beim<br />
Kreisverband Sigmaringen beschäftigt. Bereits ein halbes Jahr spä-<br />
ter, im April 1949 übernimmt er bei der Selbstverwaltungskörper-<br />
schaft des Landkreises die Aufgaben als geschäftsleitender Beam-<br />
ter und Leiter der Haupt- und Finanzverwaltung (Kreispfleger).<br />
Die damit verbundene, umfangreiche Zuständigkeit für das Perso-<br />
nal- und Organisationswesen des Kreisverbandes, die Finanzver-<br />
11
waltung, die Geschäfts- und Protokollführung für Kreistag und<br />
Kreisrat sowie die Einrichtungen des Kreises wie Kreisaltersheim,<br />
Kreisautobetrieb und seit 1963, mit dem Übergang der Stiftungs-<br />
verwaltung für das Sigmaringer Fürst-Carl-Landeskrankenhaus auf<br />
den Landkreis, auch noch das Krankenhauswesen behält Häberle<br />
bis zur Kreisreform von 1972/73. Wichtige Projekte des Landkrei-<br />
ses Sigmaringen in der Nachkriegszeit wie der Neubau des Kreis-<br />
hauses in der Karlstrasse 1955, die Errichtung des neuen Berufs-<br />
schulzentrums in der Talwiese 1958/61 und der Baubeginn für das<br />
neue Kreiskrankenhaus auf dem Dettinger Berg 1974 sind un-<br />
trennbar mit dem Wirken von Häberle verbunden.<br />
Daneben setzt sich der Verwaltungsmann für eine kulturgeschicht-<br />
liche Profilierung "seines" Landkreises ein - durch die Annahme<br />
eines Kreiswappens 1954, die Herausgabe eines Wappenbuches<br />
zum Landkreis und seinen Gemeinden 1958 und die Veröffentli-<br />
chung eines "Kreisbuches" in der Reihe "<strong>Heimat</strong> und Arbeit" des<br />
Theiss-Verlags 1963. Eine letzte große Herausforderung bringt die<br />
Kreisreform von 1973, die an die Stelle des 1925 gebildeten ho-<br />
henzollerischen Kreises Sigmaringen einen nahezu doppelt so<br />
großen "Dreüänderkreis" mit badischen, württembergischen und<br />
hohenzollerischen Gebietsanteüen treten lässt. Die damit verbun-<br />
denen Verwaltungsaufgaben und Vermögensauseinandersetzungen<br />
beschäftigen den 1973 zum Kämmerer des "neuen" Landkreises<br />
Sigmaringen bestellten Häberle noch ein ganzes halbes Jahr über<br />
seinen regulären Ruhestandsbeginn hinaus bis in den Sommer<br />
1975. In Erinnerung gebheben ist der Verwaltungsbeamte Meinrad<br />
Häberle vielen früheren Mitarbeitern wie auch zahlreichen Bür-<br />
gern durch sein ausgeprägtes Pflichtgefühl, seine Zuverlässigkeit,<br />
die Sorgfalt und Korrektheit seines Arbeitsstils und seiner Aufga-<br />
benerfüllung. Die andere Seite dieser von Häberle geradezu verin-<br />
nerlichten preußischen Beamtentugenden waren allerdings eine<br />
gewisse Pedanterie und ein ausgeprägtes Kontroll- und Sicher-<br />
heitsbedürfnis. Zu erkennen ist diese Neigung des langjährigen<br />
Kreispflegers bis heute an den von Häberle akkurat geführten<br />
Kreistagsprotokollen, die allerdings nicht nur in einer Fassung,<br />
sondern zudem noch in mitunter drei bis vier weiteren Kopien vor-<br />
liegen, sowie in einer überbordenden Flut handschriftlicher Ak-<br />
tenvermerke zu allen nur denkbaren Verwaltungsgegenständen.<br />
Die von Häberle bestimmte Ära gehört zur Freude des Archivars auf<br />
jeden Fall zu den am besten dokumentierten Perioden der Land-<br />
kreisgeschichte.<br />
Meinrad Häberle identifizierte sich mit "seinem" Landkreis weit<br />
über seine aktive Berufstätigkeit hinaus. Zu seinem Abschied in<br />
den Ruhestand holte er sich 1975 das Einverständnis des Kreisrats<br />
zu seinem Vorhaben, fortan als Pensionär gegen Stundenvergütung<br />
die Altakten der Landkreisverwaltung zu sichten und zu ordnen<br />
und langfristig eine Darstellung zur Kreisgeschichte zu erarbeiten.<br />
Am Ende dieser Erforschung der Vergangenheit des Landkreises<br />
stand 1985, nach zehnjähriger akribischer Arbeit, die Veröffentli-<br />
chung einer umfangreichen Verwaltungsgeschichte zum "alten"<br />
hohenzollerischen Kreis Sigmaringen von 1925 bis 1972. Das dem<br />
Vorwort zufolge "aus Verbundenheit mit meinem <strong>Heimat</strong>kreis" ver-<br />
fasste Buch trägt den Charakter eines Nachschlagewerks, das kom-<br />
petent und minutiös, mit zahlreichen Fakten, Statistiken und Ge-<br />
setzesverweisen die Geschichte, die Organe und das breite Aufga-<br />
benspektrum der Landkreisselbstverwaltung auffächert.<br />
12<br />
Bereits in hohem Alter widmet Meinrad Häberle sodann noch ein<br />
weiteres Buch seinem <strong>Heimat</strong>ort Sigmaringendorf. Um "die orts-<br />
geschichtlichen Fakten und Begebenheiten zu erhalten, bevor<br />
diese mit der älteren Generation verschwinden und verloren ge-<br />
hen", erstellt er in wiederum zeitaufwendiger Quellen- und Fleiß-<br />
arbeit eine Zusammenstellung der Bei- und Hausnamen von Sig-<br />
maringendorf, die nichts weniger als ein Panoptikum der alten<br />
"Dorfer" Geschlechter bietet und auch so manches Original der<br />
Vergessenheit entreißt. Dabei wird Häberle auch zum Chronist sei-<br />
ner eigenen bäuerlichen Famihe, die nach dem Tod seines als Hof-<br />
nachfolger bestimmten Bruders Paul im Zweiten Weltkrieg und<br />
später auch der kinderlos gebliebenen Schwester Wilhelmine mit-<br />
tlerweüe in Sigmaringendorf nicht mehr fortbesteht. Am jahrhun-<br />
dertelangen Standort des Häberleschen Bauernhofes befindet sich<br />
heute ein Wohn- und Geschäftshaus, das zunächst als Apotheke<br />
und sodann als Bankfiliale genutzt wurde.<br />
Verdient gemacht hat sich Meinrad Häberle weiterhin durch ein<br />
ausgeprägtes soziales Engagement: Vor allem für ältere Menschen<br />
übernahm er Pflegschaften, Testamentsvollstreckungen und vielfa-<br />
che Betreuungsaufgaben, als sachkundiger Ansprechpartner war<br />
er bei Kontakten und der Wahrnehmung von Rechten gegenüber<br />
Behörden, Verbänden und Versicherungen behilflich. In jüngeren<br />
Jahren hatte sich Häberles öffentliches Engagement überdies auf<br />
den Sport erstreckt: Neben einer aktiven Laufbahn seit 1924 als Ju-<br />
gendturner, Leichtathlet und Fußballer im Turnverein seiner Hei-<br />
matgemeinde hatte er als Schriftführer zunächst bei den Hirnern in<br />
Sigmaringendorf und sodann, nach dem Zweiten Weltkrieg, auch<br />
noch beim wiedergegründeten Turnerbund an seinem neuen<br />
Wohnort in der Kreisstadt Sigmaringen fungiert. Seinen Lebens-<br />
abend verbrachte Meinrad Häberle zusammen mit seiner Ehefrau<br />
in dem 1952 von der Famihe bezogenen Haus in Hedingen, in un-<br />
mittelbarer Nähe des "Prinzengartens", den er bis kurz vor seinem<br />
Tod für seine Spaziergänge nutzte.<br />
Quellen und Literatur;<br />
Kreisarchiv Sigmaringen V - 1990/1 Nr. H.<br />
Schwäbische Zeitung Sigmaringen v. 19. 1. 1990: "Auf vielen Ge-<br />
bieten verdienstvoll gewirkt - Zum 80. Geburtstag von Kreiskäm-<br />
merer a.D. Meinrad Häberle"<br />
Südkurier Sigmaringen v. 19.1.1990: "Sein Bestes für die <strong>Heimat</strong><br />
getan -Kreiskämmerer a.D. Meinrad Häberle feiert heute seinen<br />
80. Geburtstag"<br />
Schwäbische Zeitung Sigmaringen v. 24. 10. 2001 mit Todesan-<br />
zeige für Meinrad Häberle<br />
Protokoll der Zeitzeugenbefragung von Elisabeth Häberle durch<br />
Kreisarchivar Dr. E. Weberam 15.1. u. 5- 2.2002 (Kreisarchiv Sig-<br />
maringen)<br />
Meinrad Häberle: Tabellarischer Lebenslauf mit Daten von 1928 -<br />
1971, o.D., masch.-schr. (Kopie Kreisarchiv Sigmaringen)<br />
Meinrad Häberle: Der Landkreis Sigmaringen 1925 - 1972. Ein<br />
Beitrag zu seiner Geschichte. Sigmaringen 1985.<br />
Meinrad Häberle: Bei- und Hausnamen in Sigmaringendorf. Ein<br />
Beitrag zur Geschichte der Gemeinde. Sigmaringen 1996.
6 ichbespreciiunger-<br />
Rudolf Griener,<br />
Trochtelfingen 1900 - 2000,<br />
Das Leben im Städtle<br />
Die Stadt Trochtelfingen feierte 2001 ein Jubiläum: Fünfzig Jahre<br />
Wiedererlangung der Stadtrechte. Bleibende Erinnerung an dieses<br />
Jubiläum ist ein außergewöhnliches <strong>Heimat</strong>buch, nicht nur wegen<br />
der Größe ca. 30 x 22cm, den 240 Seiten auf Kunstdruckpapier und<br />
etwa 225 zum großen Teü farbigen Abbüdungen. Es schildert einfach,<br />
wie der Untertitel schon sagt, das Leben im Städtle in den letzten<br />
hundert Jahren. Wer 1900 zwei Pferde und mindestens vier<br />
Milchkühe hatte, war reich. Arm waren eigentlich nur die, welche<br />
überhaupt nichts hatten. Irgendwie besaß fast jeder Haushalt eine<br />
kleine Landwirtschalt und ein Gärtie von dem man leben mußte.<br />
Wasser gabs vom Brunnen und der Seckach, das Vieh wurde in den<br />
Bach getrieben. Armselig und beengt waren auch die Wohnverhältnisse<br />
der meisten Bürger. Das Leben in der Gemeinde war vor allem<br />
durch die Landwirtschaft und das Handwerk geprägt.<br />
Dem werden die Verhältnisse am Ende des 20. Jahrhunderts gegenübergestellt.<br />
Die Bürger leben in Sicherheit und Wohlstand (die<br />
meisten jedenfalls). Im Städtle gibt es Sport-, Tennis-, Reitplätze,<br />
Festplatz, Hirn - und Festhalle, Schießanlage, ein Altersheim und<br />
vieles mehr. Jährlich ziehen etwa 200 Menschen nach Trochtelfingen<br />
und etwa die gleiche Zahl wieder weg. Und doch ist das Städtle für<br />
die meisten <strong>Heimat</strong> geblieben und für viele geworden.<br />
Der Verfasser hat seinen umfangreichen Stoff in drei Teile gegliedert.<br />
Im ersten Teü wird über die geschichtliche Entwicklung berichtet,<br />
die von den großen, meist schlimmen politischen Ereignissen geprägt<br />
wurde: Bis zum 1. Weltkrieg, Der 1. Weltkrieg, Die Inflation,<br />
Die Zeit der Weltwirtschaftskriese, Von 1933 bis zum 2. Weltkrieg,<br />
Die Kriegsjahre, Das Kriegsende in Trochtelfingen, Die Jahre bis zur<br />
Währungsreform, Die Zeit nach der Währungsreform.<br />
Das Leben des Einzelnen und der Gemeinde in der ersten Hälfte des<br />
Jahrhunderts wurde von Ereignissen bestimmt, auf die niemand Einfluß<br />
hatte. Mit der „Währung" begann dann eine Entwicklung, von<br />
der damals niemand etwas ahnte. Die Zeitmarken waren nicht mehr<br />
vor oder nach dem Krieg oder in der „Hitlerzeit", sondern die „60er<br />
Jahre", die „80er" Jahre, kurzum 55 Jahre Friedenszeit bis zur Jahrtausendwende.<br />
Von schlechten Zeiten, die vielleicht auch wieder<br />
kommen könnten, sprachen nur noch die Alten. Neue Probleme kamen<br />
auf, der ständig wachsende Verkehr, Umweltverschmutzung,<br />
schnelles Wachstum der Wohngebiete und der Industerie und vieles<br />
andere. Ein wichtiges Kapitel sind natürlich die Folgen der Gemeinde-und<br />
Kreisreform. Die jahrhundertealte Bindung an Hohenzollern<br />
wurde durch Anschluß an den Kreis Reutlingen abgelöst und<br />
Trochtelfingen wurde zum Zentralort, in den auch altwürttembergische,<br />
evangelische Orte integriert wurden.<br />
Unzählige Zeitzeugen wurden befragt, von denen viele inzwischen<br />
verstorben sind. Alle werden sie persönlich vorgestellt, oft sind sie<br />
auch auf einem alten Foto zu sehen. Neben Erfreulichem werden<br />
auch schlimme Ereignisse nicht verschwiegen.<br />
Im zweiten Teil geht das Buch auf die Strukturen des Städtles ein, Kir-<br />
chen, Schule, Kindergarten, Gemeindedienste, Wasserversorgung,<br />
Gebäude, Gasthäuser, Kaufläden, Fürstlicher Wald, Staatswald und<br />
Gemeindewald. Besonders wichtig sind die Kapitel Handwerker und<br />
Landwirtschaft. Hier hat sich im 20. Jahrhundert am meisten verändert<br />
und vieles ging unwiederbringlich verloren. Der Verfasser hat<br />
viele Bauern und Handwerker genau nach ihrer früheren Tätigkeit<br />
befragt und so vieles aufgeschrieben, an das sich kaum noch jemand<br />
erinnert. Der dritte Teil bringt Daten, Zahlen und Tabellen. Es gibt<br />
nichts in Trochtelfingen, das man nicht hier nachschlagen könnte.<br />
Die Stadtverwaltung, Gemeinderatswahlen und ihrer Ergebnisse, Gefallene<br />
und Vermisste der beiden Weltkriege, Stadtkernsanierung,<br />
Hausbesitzer, Landwirte mit Betriebsgrößen, Ehrungen und Auszeichnungen,<br />
Pfarrer, Lehrer, Ärzte, Tierärzte, Hebammen, Architekten,<br />
Ordensschwestern, Polizei, Post, Banken und vieles mehr,<br />
selbstverständlich sind die Vereine und die Fasnet nicht vergessen.<br />
Von den über 200 Fotos, die den Text begleiten, wurde schon berichtet.<br />
Den Abschluß bilden Fotos von der Fußballmannschaft, der<br />
Stadtkapelle, dem Fanfarenzug der Feuerwehr, der Bürgerwehr, des<br />
Kirchenchores von St. Martin und des Singkreises der Christuskirche.<br />
Ein großes farbiges Luftbild zeigt die Stadt mit allen Baugebieten<br />
und ein Plan demonstriert die bauliche Entwicklung von 1847 bis<br />
1995. Im Vorwort schreibt der Verfasser: „Wir sind zufrieden, wenn<br />
das ganze Jahrhundert als eine bewegte Zeit voller Veränderungen,<br />
in Freud und Leid, als umfassendes Leben für Sie gegenwärtig erscheint."<br />
Dies darf man als voll gelungen bezeichnen und man kann<br />
die Trochtelfinger zu diesem <strong>Heimat</strong>buch nur beglückwünschen.<br />
Herausgeber des Buches ist der Geschichts-und <strong>Heimat</strong>verein<br />
Trochtelfingen, dessen Mitglieder in Teamarbeit die Herstellung vorbereitet<br />
haben. Das Buch kann bezogen werden beim Geschichtsund<br />
<strong>Heimat</strong>verein Trochtelfingen zum Preis von 25 Euro zuzüglich<br />
Versandkosten.<br />
Karl Werner Steim,<br />
Haigerloch in alten Ansichten Band 2<br />
1981 erschien der ersten Band ,Haigerloch in alten Ansichten', der<br />
inzwischen neu aufgelegt wurde. Die reizvolle Lage der Stadt regte<br />
schon früh die Herstellung von Ansichtskarten an, von denen sich<br />
viele erhalten haben. Karl Werner Steim hat nun Ansichtskarten aus<br />
der Zeit von 1900 bis um 1924 zum Band 2, Haigerloch in alten Ansichten'<br />
zusammengestellt.<br />
In der Einleitung berichtet er über die Verleger und die Fotografen<br />
aus dieser Zeit. Auf 76 Abbüdungen wird das Aussehen und die Entwicklung<br />
von Haigerloch im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts gezeigt.<br />
Durch die eingehenden Büdbeschreibungen erfahren auch<br />
Nicht-Haigerlocher etwas über die reiche Geschichte und die Schönheit<br />
der Eyachstadt.<br />
1924 hat der Fotograf Paul Weber in Haigerloch ein Fotogeschäft<br />
eröffnet, das bis heute besteht. Es entstanden seither unzählige Fotos<br />
und Ansichtskarten. Diese sollten in einem eigenen Band gezeigt<br />
werden.<br />
Karl Werner Steim, Haigerloch in alten Ansichten Band 2. ISBN<br />
90 288 6678 7, Europäische Bibliothek Zaltbommel/Niederlande.<br />
13
HEDWIG MAURER<br />
Abgegangene Siedlungen im Gebiet der ehemaligen Grafschaft Zollern<br />
und dem alten Kreis Hechingen (Fortsetzung)<br />
100<br />
Schönrain<br />
TK 7619 FKSW1408 Stein<br />
Im Volksmund erzählt man sich von einem dort gestandenen Dorf<br />
und der Burg der Herren von Bechthold. Von 1405 bis 1478 wird<br />
Dorf und später der Hof Schönrein in verschiedenen Urkunden erwähnt.<br />
1405 stellte Volkard von Ow, genannt Wutfuß, einen Lehensrevers<br />
gegen Abt Heinrich von Alpirsbach um das Gut Schönrain<br />
bei Stein an die Pflege Haigerloch aus. 1410 entschied Graf<br />
Eberhard von Wirtemberg in Streitsachen zwischen denen von Ow<br />
und Graf Fritz dem Älteren von Zolr. Unter anderem beklagten sich<br />
die Herren von Ow, daß die Grafen von Zolr ihnen in Sickingen,<br />
(Bechtolds)-Weiler und Schönrain großen Schaden verursacht haben.<br />
"und darnach an dim zinstag und am Mittwoch do branten sy<br />
im (ihm) und den sinen (seinen) ze schönrain ... und ze Wiler<br />
schupen hof, und Hessen im ainen sew (See) ab., und branten im<br />
um den wyer (Weiher) die höwschochen (Heu-)., daz schatt<br />
(Schaden) im anderthalb hundert guldin, minder oder mehr".<br />
1472 kaufte Graf Jos Niclas die Dörfer Stein, Weiler, Sickingen und<br />
Schönrain samt dem Weiher um 1836 Gulden von Graf Ulrich<br />
von Wirtemberg. Alpirsbach, das 1478 immer noch Besitz in<br />
Schönrain hatte, verkaufte in diesem Jahr an Graf Ulrich von Wirtemberg<br />
und Mömpelgard 12 Pfund Heller jährl. Gilt aus dem Hof<br />
und den Gütern zu Schönrain um 240 Gulden. 1646 lesen wir: "Im<br />
Schönen Rain ietz die weillerhaldn genannt". Demnach existierte<br />
der Weiler 1646 nicht mehr. Wann es verlassen wurde, ist nicht bekannt.<br />
101<br />
Seeheim<br />
TK 7620 FK SO 1901/02/03 Ringingen<br />
Auf den Gemarkungen von Jungingen, Killer und Ringingen finden<br />
wir Flurnamen die auf ein abgegangenes Seeheim hinweisen.<br />
Greifbar ist nur ein Ulrich von Sehan und ein Volrich von Sehan,<br />
der zu Beginn des 14. Jh. Abgaben an das Kloster Beuron entrichten<br />
mußte. 1365 gab Hans ftifelli, Bürger von Reutlingen, seiner<br />
Schwester Yrmelin, Klosterfrau zu Stetten 10 ß Hlr. aus der großen<br />
Wiese zu Sehan neben Albrecht sei. Wies von Killwiler. 1507<br />
schenkte Peter Schwelher zu Straßberg seiner Base Veronika von<br />
Neuneck geb. Spet sein Recht am Seeheimer Thal und Seeheimer<br />
Berg bei Killer zur beliebigen Verwendung für die von ihr beabsichtigte<br />
Stiftung in die Kapellen bei Ringingen und auf dem Kornbühl<br />
bei Salmendingen. Am 26 Juli 1513 verkauite sie Seeheimer<br />
Thal und Berg an die Gemeinde Ringingen. 1545 und 1584 lesen<br />
wir "underm Schloßgraben des Seeheimers Berges". Demnach war<br />
1507 die Siedlung schon verschwunden. Die Seemühle wurde um<br />
1680/85 erbaut. 1936 wurde der Betrieb eingestellt. Im Jahre<br />
1949 war der Weiher verschlammt.<br />
14<br />
102<br />
Seelhof<br />
TK 7619 FKSW 1912/11 Grosselfingen<br />
Der Seelhof in Grosselfingen war gemeinsamer Klosterbesitz von<br />
Beuron und Stetten. Im Beuroner Urbar vom Anfang des 14. Jahrhunderts<br />
steht: "ain gut, ist gemain der frowen von Stetten und der<br />
herren ze Bürren". Zinspflichtige Äcker und Wiesen lagen "uf ebnit<br />
horbach, in minheld, staina und ein wis in dem brül". Im Jahre<br />
1349 gelangte dieser Hof der "uff der ebeni untz an dem weg, der<br />
gen Balgingen gat" lag, durch Gütertausch an Graf Friedrich von<br />
Zollern dem Vitztum zu Augsburg (Herr auf der Hainburg). Er<br />
tauschte Äcker zu Buch, zu Madach, "haisset der anwander" zu<br />
Brand "haissent die stain ege" (heute Stunga). Diese insgesamt 4<br />
Jauchert tauscht er "für ain recht aygen umme alles das sü uff dem<br />
seelhoff hettan uff der ebeni untz an den weg, der gen Bagingen<br />
galt".<br />
103<br />
Semdach, Burgstall, Hofstatt<br />
TK7619 FKSW 1804 (1904) Boll<br />
Semdach, das sich unter dem Flurnamen Sindoch versteckt, begegnet<br />
uns oft in alten Urkunden. Bei Sankt Johannisweiler lasen<br />
wir, daß es 1402 zum Erbteil des Öttingers gehörte, der es 1415 an<br />
Württemberg verkaufte. 1310 ging eine Stiftung aus Semdach an<br />
das Kloster Stetten. 1344 einigten sich Dietterich Branber, Bürger<br />
zu Hechingen, und seine Söhne Herman, Dietherich und Friderich<br />
über Güter und Gefälle mit Lüttgart von Semdach, des erstgenannten<br />
Schwester, die im Kloster zu Stetten war. Friedrich der Walch<br />
verkaufte 1351 seinen Acker zwischen Stetten und Semdach in den<br />
Stadtäckern gelegen, dem Kloster Stetten. 1354 verkaufte Werner<br />
von Boll eine Wiese zwischen Semdach und Boll an das Kloster.<br />
Konrad der Schenk von Stauffenberg gab dem Kloster Stetten 1361<br />
dafür, daß seine Töchter Mätze und Adelheid in der Pfründ sind, u.<br />
a. Zinsen aus dem Brühl zu Semdach. 1390 löste Itelwalch eine<br />
Schuld an seine Schwester Gutta, Klosterfrau in Stetten. Bei den<br />
Gütern, die er ihr übergab, waren auch Wiesen zu Semdach. Aus<br />
den Urkunden können wir entnehmen, daß Semdach im 14. /15.<br />
Jahrhundert einen eigen Ortsadel hatte, der sich später in Hechingen<br />
niederließ. Vermutlich haben die Herren von Semdach die<br />
Burg gebaut, deren Lage wir beim "Burgstall" vermuten dürfen.<br />
1452 empfing Hans Junckt von Semdach, "gesessen zu Stetten unter<br />
Zolre"' ein Erblehen vom Kloster. Auch die Walchen, die von<br />
Staufenberg und natürlich die Grafen von Zollern waren dort begütert.<br />
1428 scheint nur noch ein Hof zu Semdach bewirtschaftet<br />
worden zu sein.
104<br />
Sießen, Süßen?<br />
TK 7620 FK SW 1602/01, SO 1601 Schlatt<br />
An der nordöstlichen Gemarkungsgrenze von Schlatt gegen Salmendingen<br />
und Beuren ist aufiallig, daß dort eine Ausbuchtung in<br />
die Gemarkung Salmendingen stößt. Manchmal deuten solche sonderbare<br />
Grenzverläufe auf eine abgegangene Siedlung hin. Auf alten<br />
Karten lesen wir anstelle der "Süß"-Flurnamen "Sieß". 1461 ist<br />
von einer Sießenegart und 1584 von Siesach und Sießheimer Steig<br />
die Rede. Aus dem Althochdeutschen können wir ableiten, daß das<br />
Wort etwas mit "sitzen", zu tun hat. Demnach könnte es einen<br />
Wohnsitz anzeigen. Die in der Nähe vorkommenden Flurnamen "in<br />
Brunnentrögen, Stelle, Stellebene, (wo das Vieh zusammengetrieben<br />
wurde), Auchtert (Nachtweide)" lassen alle auf Weidebetrieb<br />
schließen. So kann man vermuten, daß hier durch Waldrodungen<br />
Platz geschaffen wurde um Stallungen für das Vieh und Wohnungen<br />
für die Hirten zu bauen. Ob daraus ein Weiler entstand und wie<br />
lange er existierte, wissen wir nicht.<br />
105<br />
Spechtshart<br />
TK 7620 FKSW 1503/02 Beuren<br />
Die Lage des Weilers Spechtshart finden wir auf einer Forstkarte<br />
vom Jahre 1733- Dort ist er auf Beurener Gemarkung als "Spethserhoff"<br />
eingetragen. Nahe dabei treffen wir auf die Flurnamen Hof-<br />
Register 2001<br />
berg, Hofwäldle, Hofgärten. Bei Buch haben wir schon gelesen,<br />
daß 1324 der Maier von Spechtshart zur Pfarrei Mössingen<br />
gehörte. In jener Zeit waren die meisten Orte nicht in der Hand nur<br />
eines Herren. Adlige oder Klöster waren meist Besitzer von Höfen,<br />
die sie von Maiern bewirtschaften ließen. Selbst Burgen wurden<br />
von mehreren Adelsfamilien bewohnt. Auf Spechthart war wohl<br />
eine Käserei, denn 1316 verkaufte Walter der Schenk von Hurningen<br />
(Hirrlingen) 40 Käse und 3 Pfund und 7 Schilling Heller jährliches<br />
Geld aus zwei Gütern zu Spechtshart an den Maier von<br />
Wurmlingen. 1377 verschrieb Graf Friedrich "der Ältere" die Hälfte<br />
von Spechtshart und andere Güter seiner Gemahlin Adelheid von<br />
Fürstenberg. Auch wissen wir bereits, daß 1402 bei der ErbteÜung<br />
Spechtshart Eitelfritz zugesprochen wurde. 1484 traf der Junker<br />
Werner einen Entscheid wegen eines Wegstreits zwischen den Maiern<br />
zu Spechtshart und den Erben zu Beuren. 1589 wurde der Hof<br />
Spechtshart zur Hälfte Junker Adam von Ow, zur andern Hälfte dem<br />
Barfüßlerkloster zu "Reitlingen" zinsbar.<br />
Spechtshart ist eine der wenigen Siedlungen von der wir den Zeitpunkt<br />
ihres Abgangs kennen. Fritz Staudacher fand im Pfarrarchiv<br />
zu Hechingen folgenden Eintrag: "den 11 Julii (1732) ist der sogenandt<br />
spechzemayer hoff ze beyern durch ein gelögtes feyer zue<br />
aschen verbrennen und dasiger mayer, so von Rangendingen gebürtigt<br />
nit ein hellers werth salvieren können undt mit größter gefahr<br />
seines löbens das in der wiegen gelegenes kindt noch erröttet,<br />
weiter nichts". Das dürfte das Ende des Weilers Spechtshart gewesen<br />
sein, der zu jener Zeit nur noch aus einem Hof bestand.<br />
Altheim, Das Salpetergraben in der Herrschaft Dürmentingen und der Streit darüber in Altheim S. 28<br />
Berus, Die Hohenzollern in Burg und Herrschaft Berus S. 18<br />
Bingen, Eine spätgotische Beweinungsgruppe in Bingen - Frage nach der Herkunft S. 34<br />
Burladingen, Vom alten Pfarrhof (Leserbrief) S. 14<br />
Burladingen - Hermannsdorf, Zur Geschichte der Küche S. 56<br />
Hechingen, Aufregung um das Hechinger Musikfest im Jahre 1837 S. 27<br />
Hechingen St. Lützen, Die Zunge des Hl. Antonius S. 37<br />
<strong>Heimat</strong>bücherei in Hechingen wird elektronisch erfaßt S. 35<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong>, Einführungskurs für <strong>Heimat</strong>forscher S. 15<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong>, Jahresversammlung (2001) S. 50<br />
Hohenzollernstraße, 10 Jahre Hohenzollernstraße S. 49<br />
Inzigkofen, Krippenbau und Kunsthandwerk im Kloster Inzigkofen S. 2<br />
Jungingen, Die Junginger Evangelistenfiguren des einheimischen Büdhauers Joachim Taubenschmid S. 26<br />
Mayenfisch, Freiherr Karl von S. 17<br />
Neufra, Hochbergkapelle, Einst kamen PÜger von der ganzen Alb S. 29<br />
Sigmaringen, Herrschaft über den öffentlichen Raum, die Zeit des Nationalsozialismus in der Stadt S. 20<br />
Singer Franz, Der Meßkircher Baumeister (1701 - 1757) S. 52<br />
Stockwerkseigentum, ein aussterbendes Recht in Hohenzollern S. 53<br />
Straßberg, Zum 75. Todestag von Dr. Paul Wilhelm v. Keppler, Bischof von Rottenburg S. 55<br />
Stroppel Caspar, vnd die frommen Frawen zue Ynzkoffen S. 42<br />
Strüb Jakob, Veringenstadt, Ein bisher unbekanntes Büd von Jakob Strüb S. 7<br />
15
Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />
E 3828<br />
PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />
Vilsingen, Zur Geschichte der Vilsinger Zehnt - und Pfarrscheuer S. 8<br />
Weckmann - Werkstatt, Drei Sebastiansfiguren aus der Ulmer Weckmann - Werkstatt S. 57<br />
Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte im Internet S. 57<br />
Zollern, Abgegangene Siedlungen in der Grafschaft Zollern (Fortsetzung) S. 10<br />
Zollern, Abgegangene Siedlungen... (Fortsetzung) S. 29<br />
Zollern, Abgegangene Siedlungen... (Fortsetzung) S. 44<br />
Zollern, Abgegangene Siedlungen... (Fortsetzung) S. 6l<br />
Zollernalbkreis, Gedenkstätten - Initiative S. 37<br />
Buchbesprechungen:<br />
Ausflugsziel Schönbuch S. 47<br />
Damals im Killertal (Hausen) S. 31<br />
Das Ende von Kloster und Reichsabtei Zwiefalten S. 47<br />
Daud, Ein Afrikanerkind in Calw S. 13<br />
Die Schwäbische Alb, Bildband S. 13<br />
Geschichte von Baden und Württemberg 1900 - 1952 S. 47<br />
Glückwunsch - Verse für Gratulanten S. 62<br />
Gsälzbrot und Bärlauch S. 13<br />
"Höhnet " Schwäbische Gedichte von Rösle Reck, Hinterglasbüder von Ilse Wolf S. 62<br />
Maß und Gewicht im Gebiet des Königreichs Württemberg und Hohenzollern am Ende des 18. Jahrhunderts S. 32<br />
MirSchwoba S.48<br />
Obs au gnuag Himmel geit S. 13<br />
S' Neue Testament ond d Psalma S. 14<br />
Wo ist Württemberg? S. 47<br />
Werwars? S. 47<br />
www.i-brauch-de.com S. 48<br />
HOHENZOLLERISCHER HEIMAT<br />
herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />
72486 Sigmaringen<br />
ISSN 0018-3253<br />
Erscheint vierteljährlich.<br />
Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />
und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />
Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />
Beiträge.<br />
Bezugspreis:<br />
Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
ist der Bezugspreis im Beitrag<br />
enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />
€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />
beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
(s. o.) bestellt werden.<br />
16<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
Gerd Bantle,<br />
Hedingerstraße 5, 72488 Sigmaringen<br />
Dr Otto H. Becker,<br />
Hedingerstraße 17, 72488 Sigmaringen<br />
Hedwig Maurer,<br />
Stettengasse 25, 79540 Lörrach<br />
Bernhard Rüth,<br />
Archiv- und Kulturamt,<br />
Landratsamt Rottweil,<br />
78614 Rottweil<br />
Dr. Edwin Emst Weber,<br />
Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen<br />
Dr. Andreas Zekron<br />
Landratsamt Balingen<br />
Hirschbergstraße 29, 72334 Balingen<br />
Gesamtherstellung:<br />
Druckerei Acker GmbH,<br />
Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 9301-0,Fax9301-30<br />
info@druckerei-acker.de<br />
www.druckerei-acker.de<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
Eichertstraße 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 4407<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />
Mitteilungen der Schriftleitung sind<br />
als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />
an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />
Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />
<strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.
<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />
Herausgegeben vom<br />
52.Jahrgang<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Nr.2-Juni 2002 E 3828<br />
DREILÄNDERKREIS<br />
SIGMARINGEN<br />
Hohenzollern<br />
Württemberg<br />
9 Gemeinden<br />
• eingemeindete Ortsteile<br />
Sowohl der "Dreiländerkreis" Sigmaringen wie auch die "Dreiländergemeinde" Ostrach im Südosten des<br />
Kreisgebiets umfassen Anteile von allen drei historischen Vorgängerländern des heutigen<br />
Baden - Württemberg: Baden, Württemberg und Preußen/Hohenzoüern<br />
Vorlage: Kreisarchiv Sigmaringen
EDWIN ERNST WEBER<br />
Ostrach und seine Grenzen<br />
An der Nahtstelle des Südweststaats<br />
entsteht ein Grenzsteinmuseum<br />
Die "Dreiländergemeinde" Ostrach im Landkreis Sigmaringen hegt<br />
an einer Nahtstelle des Südweststaates. Als einzige Gemeinde in<br />
Baden-Württemberg umfasst sie badische, württembergische und<br />
hohenzollerische Gebietsteile und damit alle drei historischen Bestandteüe<br />
des 1952 gebildeten Bundeslandes. Zum Landesjubiläum<br />
"50 Jahre Baden-Württemberg" wird in Ostrach am 28.<br />
Juni 2002 ein Grenzsteinmuseum eröffnet, das an die bis ins Mittelalter<br />
zurückreichenden, vielfach hochverzwickten Grenzverhältnisse<br />
in diesem nordwestlichen Teü von Oberschwaben erinnert.<br />
Bestandteile des in Kooperation der Gemeinde Ostrach, des<br />
Flurbereinigungsamtes Ravensburg, des Landkreises Sigmaringen<br />
und zahlreicher privater Förderer und Sponsoren entstandenen<br />
Projekts sind eine Ausstellung im neuen Ostracher <strong>Heimat</strong>museum<br />
im von der Gemeinde unlängst erworbenen früheren salemischen<br />
Rentamt, ein Vermessungslehrpfad mit Grenzwanderweg durch die<br />
Ostracher Gemarkung, nicht weniger als vier Dreiländerecken und<br />
schließlich eine Freiluftanlage bei Burgweiler.<br />
Dort wird auf einem ca. 3500 m2 großen Gelände maßstabsgetreu<br />
im Verhältnis 1 zu 200 die hügelige Endmoränenlandschaft<br />
des Ostracher Raums mit Fluren, Wäldern, Bächen, Straßen,<br />
Ortschaften, vor allem aber den früheren Landesgrenzen nachgehildet.<br />
Sobald die Vegetation den Winterschlaf abgelegt hat,<br />
markieren gelbe Hecken und Blüten die badische Grenze, weiß<br />
steht für Hohenzollern und rot schließlich für Württemberg. Informationstafeln<br />
erläutern das Museumskonzept, Aufgaben und<br />
Geschichte der Landesvermessung, die Ostracher Grenz-<br />
Geschichte durch die Jahrhunderte und nicht zuletzt die Grenzsteine<br />
als die wichtigsten Zeugnisse der früheren Grenz-Landschaft.<br />
Die Suche und alsbald die systematische Erfassung und Dokumentation<br />
der im Ostracher Raum trotz aller Verluste noch immer in<br />
stattlicher Zahl auffindbaren Landesgrenzsteine durch den pensionierten<br />
Ingenieur Ludwig Sautter und seine Frau Brigitte hatten<br />
1998 am Anfang des Projektes gestanden. An der im Ostracher<br />
Bereich ca. 30 km langen ehemaligen württembergisch-hohenzollerischen<br />
Grenze vermochte das Ehepaar Sautter in jahrelanger<br />
Sucharbeit von ursprünglich rund 550 Landesgrenzsteinen immerhin<br />
noch etwa 190 aufzufinden. Der besondere Stolz von Ludwig<br />
Sautter sind indessen die exakt ermittelten drei bzw. - bei Berücksichtigung<br />
eines später korrigierten Messfehlers - sogar vier<br />
Dreiländerecken, wo von 1806 bis 1945 Baden, Württemberg und<br />
Preußen-Hohenzollern aufeinander gestoßen waren. Alle Dreiländerecken<br />
- eine im Ried bei Laubbach und drei bei Wangen/Jetkofen<br />
sind mittlerweile durch Stellen mit den Wappen von Baden,<br />
Württemberg und Hohenzollern markiert. Im Rahmen der vom<br />
Landesdenkmalamt in Verbindung mit dem Schwäbischen <strong>Heimat</strong>bund,<br />
dem Schwäbischen Albverein und dem Schwarzwaldverein<br />
zur Zeit betriebenen Dokumentation von Kleindenkmalen besitzt<br />
die von Ludwig Sautter initiierte und sodann von der Gemeinde Ostrach<br />
und ihren Partnern in ein anspruchsvolles Museumsprojekt<br />
umgesetzte Aktion Vorbildfunktion.<br />
18<br />
Buntscheckige Herrschafts- und Grenzverhältnisse<br />
Der Ostracher Raum ist von jeher eine Grenzlandschaft. Bereits in<br />
Mittelalter und Früher Neuzeit stoßen hier die Grenzen diverser<br />
Territorien zusammen und gehören die Dörfer und Weder unterschiedlichen<br />
Herrschaften an. Die Hochgerichtsbarkeit, also die<br />
herrschaftliche Zuständigkeit für die Ahndung von Kapitalverbrechen<br />
einschließlich solcher "Delikte" wie Hexerei und Zauberei,<br />
ist dreigeteilt zwischen der Grafschaft Heiligenberg im Süden,<br />
der Grafschaft Sigmaringen im Westen und der Grafschaft<br />
Friedberg im Osten. Im Dorf Ostrach verläuft dabei die Grafschafts-<br />
und Hochgerichtsgrenze entlang des gleichnamigen Flüsschens<br />
mitten durch den Ort: Tötungsdelikte links des Bachs werden<br />
in Sigmaringen, solche rechts davon dagegen in Scheer abgestraft.<br />
Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts kann die finanzstarke<br />
Reichsabtei Salem in ihrem Ostracher Herrschaftsbezirk die Sigmaringer<br />
und Scheerer Hochgerichtsrechte käuflich erwerben.<br />
Noch bunter ist das Bild im Bereich der Niedergerichts- und<br />
Ortsherrschaft, die letztlich über die territoriale Zugehörigkeit<br />
eines Dorfes oder einer Stadt entscheidet. Der größte Teil des<br />
heutigen Gemeindegebiets mit den Pfarrorten Ostrach,<br />
Tafertsweiler, Magenbuch und Levertsweiler untersteht bereits seit<br />
dem Mittelalter der Ortsherrschaft des Klosters Salem, 1603<br />
kommt auch noch Einhart hinzu. Territoriales "Ausland" sind aus<br />
salemischer Sicht dagegen Jettkofen und die damals zwei Wirnsweiler<br />
Höfe, die mit Landeshoheit, Ortsherrschaft und<br />
Besteuerung der Grafschaft Friedberg-Scheer zugehören, weiterhin<br />
auch Wangen, Burgweiler und Dichtenhausen, die letztere<br />
beide seit dem Verkauf von 1637 durch Salem fürstenbergischer<br />
Landes- und Ortsherrschaft unterstehen, sodann Laubbach, das<br />
Besitz des Reichsklosters Schussenried ist, und schließlich partiell<br />
auch Kalkreute, wo Salem zwar die Ortsherrschaft, den Inhabern<br />
der Grafschaft Sigmaringen demgegenüber Besteuerung und<br />
Wehrhoheit zustehen. Das Dominikanerinnenkloster Habsthal<br />
bildet zusammen mit dem Dorf Rosna unter der Schirmvogtei der<br />
Grafschaft Sigmaringen eine eigene, kleine Niedergerichts- und<br />
Ortsherrschaft.<br />
Neuordnung der Landkarte durch Napoleon<br />
Diese in einer jahrhundertelangen Entwicklung entstandenen<br />
buntscheckigen Herrschafts- und Grenzverhältnisse werden zu Beginn<br />
des 19. Jahrhunderts mit der Neuordnung der Landkarte<br />
durch Napoleon völlig umgekrempelt: Anstelle von mehr als 100<br />
Kreisständen, also den im Schwäbischen Reichskreis zusammengeschlossenen<br />
reichsunmittelbaren Territorien, dazu noch<br />
zahlreichen Reichsritterherrschaften sowie diversen vorderösterreichischen<br />
Kamerai-, Lehens- und Pfandherrschaften behalten im<br />
deutschen Südwesten zwischen Rhein und Lech bis 1806/10 gerade<br />
einmal noch fünf Staaten Bestand. In einem ersten Schritt<br />
werden 1803 durch den sog, Reichsdeputationshauptschluss alle<br />
geistlichen Herrschaften, Klosterherrschaften ebenso wie Hochstifte,<br />
säkularisiert und darüber hinaus auch die Reichstädte mit<br />
ihren Landgebieten mediatisiert. Formell werden mit den<br />
geistlichen und reichsstädtischen Besitzungen weltliche Grafen<br />
und Fürsten entschädigt, die durch die Abtretung des gesamten<br />
linken Rheinufers an das revolutionäre Frankreich Gebietsverluste<br />
erlitten hatten. Das Territorium der Reichsabtei Salem beispielsweise<br />
wurde durch den Reichsdeputationshauptschluss<br />
zweigeteüt: Die Besitzungen und Herrschaftsrechte am Bodensee<br />
und im Linzgau kamen an die Markgrafen und späteren<br />
Großherzöge von Baden, die oberschwäbischen Gebiete, darunter
Mitteilungen<br />
aus dem<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong><br />
Im dritten Quartal finden wegen<br />
der Ferien keine Veranstaltungen statt.<br />
VORANKÜNDIGUNG<br />
1. Lichtbildervortrag<br />
Im Rahmen des Landesjubiläums veranstalten der <strong>Hohenzollerische</strong><br />
<strong>Geschichtsverein</strong> und die Stadt Hechingen den Lichtbildervortrag<br />
von Dr. Edwin Ernst Weber, Sigmaringen, und Reiner<br />
Lobe, Bingen, mit dem Thema<br />
Montag, 7. Oktober 2002, um 20 Uhr im Hohenzollernsaal des<br />
Neuen Schlosses (Sparkasse Zollernalb) in Hechingen.<br />
2. Vortragsveranstaltung<br />
Zum Gedenken an die Säkularisation vor 200 Jahren bietet der<br />
<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong> am Samstag, 9- Nov. 2002,<br />
im Kapitelsaal des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen<br />
(Volkshochschulheim) eine Vortragsveranstaltung von<br />
10 bis ca. 17 Uhr mit dem Thema<br />
Die Säkularisation in den Fürstentümern<br />
Hohenzollern 1802/3 an.<br />
auch die Herrschaft Ostrach, an die Fürsten von Thum und Taxis.<br />
Die mit Waldbeuren, Umensee und Großstadelhofen bzw. Denkingen,<br />
Großschönach und dem Amt Sohl auch im Ostracher Raum<br />
bzw. dessen Nachbarschaft mit Untertanenorten vertretenen<br />
Reichsstädte Pfullendorf und Überlingen büßten, wie alle anderen<br />
oberschwäbischen Reichsstädte, 1803 ihre Reichsunmittelbarkeit<br />
ein und kamen unter die Landeshoheit gleichfalls des Hauses<br />
Baden.<br />
Die Veränderungen von 1803 waren indessen nur der erste Schritt.<br />
In einer zweiten Etappe der "territorialen Flurbereinigung" verlieren<br />
sodann 1806 im Gefolge der sog. "Rheinbundakte" auch die<br />
meisten der 1803 vielfach vergrößerten Hochadels-Territorien<br />
ihre Selbstständigkeit und kommen unter die Landeshoheit von im<br />
deutschen Südwesten schlussendlich noch fünf Nachfolgestaaten:<br />
Das Königreich Bayern, das Königreich Württemberg, das<br />
Großherzogtum Baden sowie die beiden hohenzollerischen<br />
Fürstentümer Hechingen und Sigmaringen. Bayern verlegt durch<br />
die Gebietsgewinne zu Beginn des 19. Jahrhunderts seine Landes-<br />
Geplant sind Vorträge über die Säkularisation der folgenden<br />
Klöster bzw.Klausen: Stetten im Gnadental, St. Luzen, Rangendingen,<br />
Gruol, Beuren, Inzigkofen und Habsthal. - Nach der<br />
Begrüßung und Einführung soll auch ein Referat über die Säkularisation<br />
der Klöster Gorheim und Laiz in der Säkularisation<br />
unter Kaiser Josef II. 1782 gehalten werden.<br />
Das genaue Programm wird im 3- Heft der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Heimat</strong> Jg. 2002 bekanntgegeben.<br />
Hängt a Socke überzwerch - Hohenzollern in Bildern und Die Teilnahme an den Vorträgen ist unentgeltlich. Die Kosten<br />
Geschichte.<br />
für das Mittagessen (8,50 Euro/Person) sowie für Kaffee und<br />
Kuchen<br />
(3,25 Euro/Person) sind von den Anwesenden aufzubringen.<br />
19<br />
Wegen der Verpflegung und der begrenzten Platzverhältnisse<br />
muss auf formelle Anmeldung bestanden werden.<br />
Während der Mittagspause besteht die Möglichkeit zur Führung<br />
im Kloster Inzigkofen, der Klosterkirche und im Kreuzgang sowie<br />
ggfs. auch im Park Inzigkofen.<br />
Anmeldungen werden vom Sekretariat des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
jeweils von Montag bis Freitag angenommen (Tel. 07571/101<br />
580 oder 559).<br />
Dr. Becker<br />
Vorsitzender<br />
grenze vom Lech bis tief nach Oberschwaben an die Iiier vor.<br />
Baden vervierfacht seine Fläche zwischen 1802 u. 1810 von 3900<br />
auf ca. 15000 Quadratküometer, Württemberg verdoppelt sein Gebiet<br />
von 9500 auf 19500 Quadratkilometer, die Bevölkerungszahl<br />
erhöht sich jeweils etwa im gleichen Verhältnis.<br />
Eine Frau rettet die hohenzollerischen Fürstentümer<br />
Stolze südwestdeutsche Hochadelshäuser, so etwa die Fürstenberger,<br />
die Waldburger oder auch die erst seit dem ausgehenden<br />
18. Jahrhundert in Oberschwaben begüterten Thum und Taxis,<br />
werden mit ihren teüweise umfangreichen Besitzungen mediatisiert<br />
und sind fortan landsässige "Standesherren" unter badischer,<br />
württembergischer oder hohenzollerischer Landeshoheit.<br />
Entgegen aller Wahrscheinlichkeit entgehen 1806 ausgerechnet<br />
die beiden hohenzollerischen Duodez-Fürstentümer aufgrund der<br />
diplomatischen Unterstützung des stammverwandten Königs von<br />
Preußen, vor allem aber durch die persönlichen Beziehungen der
damaligen Sigmaringer Fürstin Amalie Zephyrine in die Führungsschichten<br />
des napoleonischen Frankreich der Vereinnahmung<br />
durch den König von Württemberg, der in der Residenzstadt Sigmaringen<br />
bereits seine Besitznahmepatente angeschlagen hatte.<br />
Wie schon 1803, als u.a. die Herrschaft Glatt der schweizerischen<br />
Fürstabtei Muri, das Augustiner-Chorherrenstift Beuren und das<br />
Augustiner-Chorfrauenstift lnzigkofen gewonnen werden konnten,<br />
vermag zumal das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen auch<br />
1806 wiederum einen beträchtlichen Gebietszuwachs zu verbuchen,<br />
darunter auch die Landeshoheit über die drei Jahre zuvor<br />
an Thum und Taxis gefallene ehemalige salemische Herrschaft<br />
Ostrach sowie das kleine Gebiet des Dominikanerinnenklosters<br />
Habsthal. Die fürstenbergische Grafschaft Heiligenberg mit Burgweiler,<br />
Wangen und Dichtenhausen kommt demgegenüber unter<br />
badische Souveränität, die bislang thum und taxissche Grafschaft<br />
Friedberg-Scheer und damit auch Jettkofen und Wimsweiler sowie<br />
das ehedem zum Kloster Schussenried und später den Grafen von<br />
Königsegg gehörige Laubbach mit Ober- und Unterweiler werden<br />
württembergisch.<br />
Der Weg zur "Dreiländergemeinde" Ostrach<br />
Der Ostracher Raum liegt damit an der Nahtstelle der durch die<br />
napoleonische Flurbereinigung zwischen 1803 und 1810 neu<br />
gezogenen Grenzen zwischen Baden, Württemberg und Hohenzollern-Sigmaringen,<br />
das 1849/50 im Gefolge der Revolution von<br />
1848/49 zusammen mit dem Hechinger Schwesternfürstentum<br />
seine Souveränität verliert und unter preußische Landeshoheit<br />
kommt. Die - nach einer letzten Feinbereinigung von 1810 - zu Beginn<br />
des 19- Jahrhunderts gezogenen Grenzen behalten in Südwestdeutschland<br />
und damit auch im Ostracher Raum Bestand bis<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst jetzt, nach eineinhalb Jahrhunderten,<br />
lösen sich in mehreren Etappen die unter Napoleon festgelegten<br />
Landesgrenzen wieder auf und gewinnt das westlich der<br />
Iiier gelegene Oberschwaben seine Einheit wieder. Unter französischer<br />
Besatzungsherrschaft wird zunächst das aus dem preußsischen<br />
Zusammenhang gelöste Hohenzollern mit dem südlichen<br />
Württemberg zu einer Verwaltungseinheit und sodann 1947 zum<br />
Land Württemberg-Hohenzollern zusammengelegt, und 1952 fällt<br />
Mitgliederversammlung des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
Zur Jahresversammlung, die am 29. April 2002 im Konstantinsaal<br />
des Museums in Hechingen stattfand, konnte der Vorsitzende, Dr.<br />
Otto Becker, eine ansprechend große Zahl von Mitgliedern begrüßen.<br />
Persönlich begrüßt wurden der Hechinger Bürgermeister<br />
Jürgen Weber und Ehrenmitglied Dr. med. Herbert Burkarth aus<br />
Gammertingen. Wegen eines Antrags von Herrn Klaus Roth-Stielow<br />
musste das vorgelegte Programm um einen weiteren Tagesordnungspunkt<br />
aufgestockt werden. Es folgte das Verlesen der seit der<br />
Jahresversammlung 2001 verstorbenen Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>s, wozu sich die Anwesenden von ihren<br />
Sitzen erhoben.<br />
Anschließend ging der Vorsitzende auf die Entwicklung des Mitgliederstandes<br />
ein. Danach weist der Verein zur Zeit 755 Mitglieder<br />
auf. 12 Austritten standen 12 Eintritte gegenüber, Unter den ausgetretenen<br />
Mitgliedern befanden sich eine Schule, eine staatliche<br />
Behörde und ein Verlag.<br />
20<br />
mit der Gründung des Bundeslandes Badenwürttemberg dann<br />
auch die Landesgrenze nach (Süd-) Baden. Mit der Kreis- und<br />
Gemeindereform der 1970er Jahre werden die ehemaligen Landesgrenzen<br />
schließlich auch noch auf kommunaler Ebene beseitigt<br />
und entstehen der "Dreiländerkreis" Sigmaringen und die<br />
"Dreiländergemeinde" Ostrach, die badische, hohenzollerische<br />
und württembergische Gebietsanteile zugleich in sich vereinigen.<br />
Lediglich in den kirchlichen Gebietseinteüungen sowohl der<br />
kathohschen Diözesen wie auch der evangehschen Landeskirchen<br />
bestehen die alten Landesgrenzen bis zum heutigen Tag fort, wobei<br />
bei den Katholiken Hohenzollern zur - badischen- Erzdiözese<br />
Freiburg, bei den Protestanten dagegen zur Evangehschen Landeskirche<br />
Württemberg gehört.<br />
Grenzstein-Versammlung an der ehemaligen Landesgrenze<br />
zwischen Württemberg und Hohenzollern bei Ostrach. "KW"<br />
steht für Königreich Württemberg, TTfür Thum und Taxis:<br />
Foto: Ludwig Sautter<br />
In seinem anschließenden Tätigkeitsbericht machte der Vorsitzende<br />
eingangs deutlich, dass die stundenweise Beschäftigung von<br />
Frau Liebhaber im Vereinssekretariat gegen Bezahlung nicht nur zu<br />
einer stärkeren Belastung der Vereinskasse, sondern auch zu einer<br />
stärkeren Arbeitsbelastung der Vorstandsmitglieder geführt habe.<br />
Hinzu kam, wie der Vorsitzende weiter ausführte, dass die Archivare<br />
in der Vorstandschaft infolge des Jubüäums „50 Jahre Baden-<br />
Württemberg" und infolge der Vorarbeiten zur Landesausstellung<br />
über die Säkularisation vor 200 Jahren mit dem Thema „Alte Klöster<br />
- neue Herren" im kommenden Jahr vermehrt in Anspruch<br />
genommen wurden bzw. werden. Anschließend übergab der Vorsitzende<br />
dem Leiter der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong>bücherei, Herrn<br />
Alf Müller, ein Exemplar der offiziellen Veröffentlichung zum Landesjubiläum,<br />
zu der er den Beitrag über Hohenzollern beigesteuert<br />
hatte.<br />
Doch selbst unter diesen Auspizien konnte der <strong>Hohenzollerische</strong>
<strong>Geschichtsverein</strong> seit der Jahresversammlung wiederum ein respektables<br />
Veranstaltungsprogramm, bestehend aus Vorträgen, einem<br />
Seminar und zwei Führungen, anbieten. So sprach Herr Thomas<br />
Stier am 8. Oktober im Bildungshaus St. Luzen in Hechingen<br />
und am 5. November in Sigmaringen über das Thema „St. Luzen in<br />
Hechingen. Der Renaissancebau Eitelfriedrichs I." Zum 75. Geburtstag<br />
des Sigmaringer Rathauses hielt Dipl.-Ing. Franz-Severin<br />
Gäßler am 25. Februar in Sigmaringen den Vortrag „Architektur als<br />
Zeichen: Das Sigmaringer Rathaus, Werk Friedrich Imberys". Am<br />
11. März fand in Hechingen der Vortrag des Tübinger Doktoranden<br />
Matthias Ilg mit dem Thema „Fidelis von Sigmaringen. Ein Märtyrer<br />
des Dreißigjährigen Krieges" statt.<br />
Zusammen mit dem Landratsamt Sigmaringen veranstaltete der<br />
Hohenzollerichen <strong>Geschichtsverein</strong> am 21. März im Landeshaus in<br />
Sigmaringen den Vortrag „Die <strong>Hohenzollerische</strong>n Lande im<br />
Neugliederungsgeschehen des deutschen Südwestens 1945 -<br />
1952". Als Referent konnte Dr. Frank Raberg von der Kommission<br />
für geschichüiche Landeskunde in Baden-Württemberg aus Stuttgart<br />
gewonnen werden.<br />
Am 15. April sprach Oberstleutnant a.D. Heinrich Bücheler in Fortsetzung<br />
seines Vortrags vom Vorjahr über die deutschen Napoleonkritiker.<br />
- Alle Vorträge des <strong>Geschichtsverein</strong>s waren gut bis<br />
sehr gut besucht.<br />
Das vom Kreisarchiv Sigmaringen und vom <strong>Geschichtsverein</strong> gemeinsam<br />
angebotene Seminar „Einführung für <strong>Heimat</strong>forscher"<br />
musste wegen großen Zuspruchs 2001 zum dritten Mal veranstaltet<br />
werden.<br />
Die angebotenen Führungen am 6. Januar und 12. Februar durch<br />
die Ausstellung „Fünf Jahrhunderte Sigmaringer Fastnacht - 90<br />
Jahre Narrenzunft „Vetter Guser" im Staatsarchiv Sigmaringen kamen<br />
sehr gut an.<br />
Abschließend gab der Vorsitzende eine Vorschau auf das Programm<br />
des <strong>Geschichtsverein</strong>s in den kommenden Monaten. Erwähnt<br />
wurden dabei die Wiederholung des Vortrags von Dr. Raberg<br />
zum Landesjubiläum am 7. Mai im Landratsamt Balingen, die geologischen<br />
Wanderungen rund um Jungingen unter der Leitung von<br />
Beiratsmitglied Otto Bogenschütz, Hechingen, am 7. Mai und die<br />
Exkursion am 29. Juni unter der Führung von Vereinsmitglied Dr.<br />
Casimir Bumiller zum Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt.<br />
Der Vorsitzende wies ferner auf das vom 10. bis 15. Juni stattfindende<br />
Seminar „Geschichtliche Landeskunde Hohenzollerns" unter<br />
der Leitung von Dr. Volker Trugenberger und Dr. Otto Becker<br />
und das letztmals im Juni/Juli angebotene Seminar „Einführung für<br />
<strong>Heimat</strong>forscher" hin.<br />
Am 7. Oktober 2002 veranstalten die Stadt Hechingen und der <strong>Geschichtsverein</strong><br />
im Rahmen des Landesjubiläums im Hohenzollernsaal<br />
des Neuen Schlosses in Hechingen den Lichtbildervortrag von<br />
Dr. Edwin Ernst Weber und Reiner Löbe mit dem Thema „Hängt a<br />
Socke überzwerch - Hohenzollern in Geschichte und Bildern". Im<br />
Hinblick auf die Veranstaltungen zum Gedenken an die Säkularisation<br />
vor 200 Jahren im kommenden Jahr wird der Hohenzol-lerische<br />
<strong>Geschichtsverein</strong> am 9- November 2002 im Kapitelsaal des<br />
ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen eine Vortragsveranstaltung<br />
über die Säkularisation in Hohenzollern anbieten.<br />
Das genaue Programm und die Teilnahmebedingungen werden<br />
Ende September in Heft 3 der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> Jg. 2002<br />
noch rechtzeitig bekanntgegeben.<br />
Die Herausgabe der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> erfolgte wiederum<br />
21<br />
reibungslos. Hierfür sprach der Vorsitzende dem Schriftleiter,<br />
Herrn Dr. Herbert Burkarth, seinen aufrichtigen Dank und seine<br />
Anerkennung aus.<br />
Heft 1 der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> im laufenden Jahr wurde<br />
nach Jahrzehnten wieder bei der Druckerei Acker in Gammertingen<br />
gedruckt. Dieser Wechsel war Folge des Austritts des Jan Thorbecke<br />
Verlags aus dem <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong> im<br />
vergangenen Jahr. Der Vorstand hat dies zum Anlass genommen,<br />
der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> auch ein neues Layout zu geben.<br />
Die entsprechenden Ausschreibungen, Verhandlungen mit<br />
Druckereien und dem Graphiker wurden von Schatzmeister Dopfer<br />
geführt. Für dieses Engagement sprach Dr. Becker dem Schatzmeister<br />
seinen aufrichtigen Dank aus.<br />
Die Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte Jg. 2001 konnte<br />
erst Ende Mai 2002 in den Druck gehen. Diese Verspätung war u.a.<br />
auch auf außergewöhnliche Belastungen des Vorsitzenden zurückzuführen.<br />
Außerdem waren bei einigen Beiträgen vermehrt Redaktionsarbeiten<br />
erforderlich. Schließlich stellte sich auch die Veröffentlichung<br />
des Mitgliederverzeichnisses als recht problematisch<br />
heraus.<br />
Seit der letzten Jahresversammlung hatte der Vorstand und Beirat<br />
zweimal in Gammertingen getagt. Der Vorsitzende und der stellvertretende<br />
Vorsitzende, Herr Werner, nahmen an der Feier zum 50.<br />
Geburtstag des <strong>Heimat</strong>vereins Bisingen-Steinhofen am 2. März<br />
2002 in der Hohenzollernhalle in Bisingen teil. Der Vorsitzende besuchte<br />
am 22. März 2002 die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises<br />
<strong>Heimat</strong>pflege im Regierungsbezirk Tübingen.<br />
Trotz erhöhter finanzieller Belastungen konnte Schatzmeister Hans<br />
Joachim Dopfer eine positive Bilanz des Rechnungswesens des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
vorlegen. Der Vorsitzende dankte dem Schatzmeister<br />
daraufhin für seine im Ehrenamt geleistete Arbeit. Schließlich<br />
sei eine erfolgreiche Vereinsarbeit ohne ein geordnetes Rechnungswesen<br />
nicht möglich.<br />
Der Rechnungsprüfungsbericht der Herren Alois Schleicher und<br />
Fritz Schöttgen, den Schriftführer Helmut Göggel vortrug, bescheinigte<br />
Schatzmeister Dopfer eine übersichtliche und einwandfreie<br />
Rechnungsführung. Nach dem Dank an die Rechnungsprüfer beantragte<br />
der Vorsitzende die Entlastung des Schatzmeisters, was<br />
dann auch einstimmig mit Ausnahme des Betroffenen geschah.<br />
Auf Antrag von Herrn Norbert Stehle wurde daraufhin auch der<br />
Vorstand insgesamt entlastet. Dr. Becker sprach danach allen Kollegen<br />
im Vorstand, nämlich dem stellvertretenden Vorsitzenden<br />
Otto Werner, Schriftführer Helmut Göggel und Schatzmeister Hans<br />
Joachim Dopfer für ihre Mitarbeit und ihre Anregungen seinen<br />
Dank aus. Sein Dank galt außerdem dem Schriftleiter der Hohenzollerichen<br />
<strong>Heimat</strong>, Herrn Dr. Burkarth, dem Mitschriftleiter der<br />
Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte, Herrn Dr. Andreas Zekorn,<br />
und den Mitgliedern des Beirats sowie Frau Helga Liebhaber<br />
und Frau Uta Neuendorff vom Vereinssekretariat.<br />
Anschließend wurde der Antrag von Herrn Roth-Stielow diskutiert.<br />
Dieser hatte mit Schreiben vom 25. März 2002 der Mitgliederversammlung<br />
den folgenden Antrag zur Abstimmung gestellt:<br />
„Der Verein nimmt in seine Arbeit auch die Beschäftigung mit der<br />
Besiedlung Hohenzollerns durch<br />
1) die Römer zwischen 12 v. Chr. und 260 n. Chr. sowie<br />
2) die Alamannen ab 260 auf".<br />
Nach längerer Aussprache wurde auf Antrag des Vorsitzenden die<br />
\1
Formulierung von der Mitgliederversammlung angenommen, dass<br />
sich der <strong>Geschichtsverein</strong> auch mit der Römerzeit und der Landnahme<br />
und Besiedelung der Alamannen im Bereich des späteren<br />
Hohenzollern und angrenzender Gebiete beschäftigt.<br />
Nach der Mitgliederversammlung fand an gleicher Stelle ein öf-<br />
GERNOT PAUKERT<br />
Das Backhaus in der Gemeindescheuer<br />
in Kaiseringen<br />
Am 28. April 1936 kaufte die damals noch selbständige Gemeinde<br />
Kaiseringen von dem Sattler Karl Seybold aus Ebingen die dem heutigen<br />
landwirtschaftlichen Anwesen von Fidelis Pfaff gegenüber hegende<br />
Scheune. Die Scheuer wurde instandgesetzt. In einen Tritt<br />
am Eingang wurde eben diese Jahreszahl eingelassen und ist heute<br />
noch sichtbar.<br />
Leider läßt sich an Hand der vorhandenen Bestände im Gemeindearchiv<br />
Abteilung Kaiseringen das Jahr der Erbauung nicht ermitteln.<br />
In einem Nachtrag zum Feuersozietäts-Kataster aus dem Jahre<br />
1910 wird ein Alter von 45 Jahren genannt. Offensichtlich muß es<br />
sich hier um einen Schreibfehler handeln. In einem Lageplan aus<br />
dem Jahre 1845 ist die Fachwerkscheuer nämlich schon als Gebäude<br />
Nr. 45 enthalten.<br />
Das Backhaus selbst wurde im Jahre 1938 unter Bürgermeister Anton<br />
Bantle, also vor 64 Jahren, eingerichtet und befindet sich im<br />
Bild hinter der rechten Tür des Gebäudes. Es wurde ein elektrischer<br />
Ofen, Fabrikat Neff, gekauft und von den Oberschwäbischen<br />
Elektrizitätswerken (OEW) eingebaut. Am 6. Oktober 1938 wurde<br />
der Backofen in Betrieb genommen. Die OEW errechneten in einem<br />
Wirtschaftlichkeitsbericht Backkosten in Höhe von 1,68 Pfennig<br />
je Pfund. Davon entfielen auf Stromkosten 1,18 Pfennig und<br />
0,5 Pfennig auf den Backlohn. Für das Backen eines Kuchens in<br />
der üblichen Größe wurden 6 Pfennig verlangt. Mathilde Böhringer<br />
hatte bereits privat den ersten elektrischen Backofen in Kaiseringen<br />
und mußte deshalb auch das Backhaus in Kaiseringen übernehmen.<br />
FRANZ SEVERIN GÄSSLER<br />
Das Laizer Tor in Sigmaringen<br />
Lage und Gestalt<br />
Bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts hinein besaß Sigmaringen<br />
zwei Stadttore (Abb. 1). Sie unterbrachen die Stadtmauer<br />
an den beiden Endpunkten der damaligen Hauptgasse, die<br />
heute Teil der Fürst-Wilhelm-Straße ist. Damals war die Hauptgasse<br />
einzige Verbindung für Fuhrwerke in die Stadt hinein und<br />
wieder aus ihr heraus 1). Das östhche Tor wurde Mühltor genannt<br />
und das westliche, das zum benachbarten Dorf Laiz hin ausgerichtet<br />
war, Laizer Tor 2) . Keine der bisher bekannten Abbildungen<br />
gibt uns Informationen, wo das Laizer Tor in der Zeit vor seinem<br />
Abbruch genau stand und wie es aussah 3) • Einzig die beiden<br />
Stadtpläne aus der Zeit zu Beginn des 19- Jahrhunderts zeigen das<br />
Tor zusammen mit der Situation am westlichen Stadteingang. Auf<br />
22<br />
fentlicher Vortrag statt. Es sprach Frau Christine Glauning M.A.<br />
über das Thema „ Das Unternehmen,Wüste' und das Konzentrationslager<br />
in Bisingen". - Der Vortrag stieß auf eine außergewöhnlich<br />
große Resonanz, wie die Diskussion danach deutlich machte.<br />
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Dr Otto H. Becker<br />
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Gemeindescheuer mit Backhaus in Kaiseringen<br />
Backfrauen waren Mathilde Böhringer, geh. Dietz, von der Eröffnung<br />
bis ca. Ende 1945, anschließend für kurze Zeit Berta Holdenried,<br />
geb. Fauler. Es folgte Johanna Gottschalk, geb. Hartmann,<br />
vom 2.11.1946 bis 1983- Im Jahre 1983 wurde die Tätigkeit<br />
von Maria Hartmann, geb. Gauggel übernommen. Noch heute<br />
ist Frau Hartmann jeden Freitag vormittags im Backhaus in Kaiseringen<br />
anzutreffen, wenn es gilt, den Ofen anzuheizen und Brot zu<br />
backen wie "anno dazumal".<br />
Quellenangabe:<br />
- Ortschronik Kaiseringen<br />
- Gemeinde Straßberg, Bauakten<br />
- Gemeindearchiv Abteilung Kaiseringen - Az: 1523 und 1900<br />
- Freundliche Auskünfte von Herrn Anton Böhringer<br />
dem Stadtgrundriß aus dem Jahr 1823 (Abb. 2) ist ein Haus mit<br />
schmaler Grundfläche (Gebäude-Nr. 46) zu sehen, das in der<br />
nördhchen Hälfte der Hauptgasse sitzt und ihr den Weg versperrt.<br />
Östhch dieses Gebäudes öffnet sich der Raum zu einem kleinen<br />
Platz mit unregelmäßiger Grundfläche, geprägt durch die Fassaden<br />
mehrgeschossiger Gebäude, von denen vermutlich die Häuser Häberle,<br />
Schluchter, und Schlageter (Zoller journal) bis in unsere<br />
Zeit überdauerten 4). Westlich des Gebäudes bleibt die Straße räumlich<br />
eingeschnürt von zwei Gebäuden, die auch heute noch an<br />
dieser Stelle stehen - Hoftheater und Cafd Schön. Und direkt auf<br />
der Südseite des in der Straße stehenden, schmalen Hauses,<br />
schließt das Stadttor an. Der zweite Plan ist der "Occular-Grundriß"<br />
der Stadt Sigmaringen, der nicht datiert ist, doch vermutlich<br />
aus der Zeit vor 1812 stammt, da auf ihm einerseits noch das 1812<br />
abgebrochene Mühltor erkennbar ist, andererseits die Häuser entlang<br />
der unteren Antonstraße, die ab 1816 errichtet wurden, noch
nicht dargestellt sind 5). Auf diesem Plan wird die Situation am<br />
westlichen Stadteingang ebenfalls, jedoch nur schematisch aufgezeigt.<br />
Dort ist im Straßenraum kein Gebäude zusehen; doch sind<br />
nördlich der Toreinfahrt gleichfalls vier Gebäude gezeichnet. Einerseits<br />
besticht dieser Plan durch seinen hohen Informationswert,<br />
andererseits gibt er den Grundriß der Stadt nur verzerrt und<br />
unmaßstäblich wieder. Prägnantes wurde überzeichnet und weniger<br />
Prägnantes weggelassen. Die weiter unten vorgetragenen Informationen<br />
lassen den Schluß zu, daß auf Mezlers Plan der Bereich<br />
um das sog. Laizer Tor nicht realitätsgetreu wiedergegeben<br />
wurde, so daß für uns der Plan von 1823 maßgebend bleibt.<br />
Das Torstüble<br />
Auf den späteren Lageplänen und Katasterkarten ist das kleine,<br />
schmale Gebäude nicht mehr zu finden. 1831 war es abgetragen<br />
worden 6). Im Original jenes Lageplans von 1823 ist dieses Gebäude<br />
mit der Ziffer 46 gekennzeichnet. Aus dem Sigmaringer<br />
Häuserbuch, das Dr. Alex Frick 1973 abgeschlossen hat, erfahren<br />
wir u.a., dass die Stadt 1671 dieses Gebäude vom Zimmermeister<br />
Wolf Herburger errichten ließ, es über Jahrzehnte hinweg als Wohnung<br />
für sozial Schwache nutzte und daß 1820 der Bau von der<br />
fürstlichen Hofkammer der Stadt abgekauft wurde 7). Im gleichen<br />
Jahr hatte die Stadt nämlich beabsichtigt, erhebliche Mittel in das<br />
Gebäude zu investieren, es umzubauen und aufzustocken. Das Gesuch<br />
reichte sie bei der fürstlichen Regierung ein, die mit es mit<br />
Schreiben vom 17. August 1820 ablehnte. Drei Gründe teilte sie<br />
mit: Erstens verenge die Aufstockung des Torgebäudes die Stadteinfahrt<br />
noch mehr, zweitens sei im Brandfalle der Zugang zum<br />
nördlich angrenzenden Haus blockiert und drittens sei keine für<br />
eine Familie ausreichend dimensionierte Wohnung zu erhalten.<br />
Doch erklärt sich der Kauf vermutlich primär mit dem Ziel des Fürsten,<br />
das Gebäude ersatzlos abzubrechen, um die Engstelle zu beseitigen<br />
und die Stadteinfahrt zu öffnen 8).<br />
Glücklicherweise ist von jenem städtischen Vorhaben der Plan<br />
überliefert, der das Gebäude sowohl im Grundriß zeigt als auch<br />
dessen drei einsehbaren Fassaden (vgl. Abb. 3). Vom damaligen<br />
Stadtbaumeister Schwander ist der Plan unterschrieben und vermutlich<br />
auch gezeichnet. Das Gebäude ist darauf als "Thorstüble"<br />
bezeichnet, Bestand und Aufstockung des Gebäudes sind im Maßstab<br />
1:75 widergegeben 9)- Das eingeschossige Gebäude schloß<br />
mit einem Walmdach ab. Das Straßengefälle nach Westen, der Donau<br />
zu, glich ein Sockel aus. Aus dem Plan lässt sich eine Gebäudelänge<br />
von 10,35 in erschließen, eine Breite von 4,20 in, eine<br />
Wandhöhe ab Oberkante Sockel von 2,65 in und eine Dachhöhe<br />
von 2,45 in. Schmale Wände unterteüten das Innere in vier Kammern<br />
von unterschiedlicher Größe. Die größte Kammer, auf der<br />
westlichen Seite gelegen, maß gerade einmal 13,5 m2 in der<br />
Fläche. Sie wies jedoch drei große Fenster auf, zwei nach Süden<br />
ausgerichtet und eines nach Westen. Einen GroßteU der mittleren<br />
Kammer beanspruchte die Podesttreppe, die ins Dach führte. Belichtet<br />
war dieser Raum nur über ein kleines, in der Südwand stehendes<br />
Fenster. Die beiden kleinen Kammern auf der Ostseite besaßen<br />
jeweils eine kleine Fensteröffnung. Zugänglich war das Gebäude<br />
durch eine Tür, die innerhalb der Stadt, an der südöstlichen<br />
Gebäudekante lag. Völlig geschlossen war die nördliche Außenwand.<br />
Das Gebäude besaß zwei Feuerstellen, so daß alle vier Kammern<br />
beheizbar waren. Die Stärke der Außenwände sind mit einem<br />
Maß zwischen 50 und 60 cm gezeichnet. Ob das Gebäude unterkellert<br />
war, ist nicht nachvollziehbar.<br />
23<br />
Das Tor<br />
Auf dem Plan Schwanders ist sowohl im Grundriß als auch im Aufriß<br />
der nördliche Torpfeüer dargestellt (vgl. Abb. 3). Der gegliederte<br />
Torpfeiler bestand demnach aus einem Basisstein mit darüber<br />
liegendem Wulst und einem zweigeteUten Schaft, dessen oberes<br />
Fünftel durch eine Platte abgeteUt war. Eine weit ausladende<br />
Gesimsplatte begrenzte den Schaft nach oben hin und trug eine<br />
Halbkugel, die auf einer vermutlich quadratisch ausgebildeten<br />
Platte lag. Der Basisstein maß ca. 1 mal 0.65 in, die Breitseite des<br />
Schaftes noch ca. 85 cm. Bis zur Oberkante der Gesimsplatte erreichte<br />
der Pfeiler in der Mitte der Südseite gemessen eine Höhe<br />
von ca. 3,05 in, bis zur Oberkante der Halbkugel ungefähr 3,55 in.<br />
Ob am Torpfeüer ein Torflügel angebracht war, ist nicht auszumachen,<br />
da auf Schwanders Plan hierzu keinerlei Informationen ablesbar<br />
sind. Einzig die Lage von Pfeiler und Eingangstür, die an der<br />
Gebäudekante sitzt, könnte darauf hinweisen, dass der Durchlaß<br />
ehemals mit zwei Torflügeln verschließbar war. Denn zwischen<br />
Torpfeiler und Eingang ins Torstüble befand sich genügend Raum,<br />
um einen Torflügel aufzunehmen. Seit wann der Torpfeüer in dieser<br />
Form bestand, ist bislang unbekannt. Doch weist er mit seiner<br />
Form, seinem oberen Abschluss darauf hin, dass das Tor zu jener<br />
Zeit nicht überbaut war. Die Breite der Tordurchfahrt läßt sich nur<br />
aus dem Stadtplan von 1823 erschließen. Da dieser nicht genau<br />
mit dem heutigen Katasterplan übereinstimmt, kann nur ein ungefähres<br />
Maß genannt werden. Im Bereich des Schaftes könnte dies<br />
zwischen 2,9 und 3,5 in betragen. Aufgrund dieser geringen Dimension<br />
war der Durchlass immer nur für ein Fuhrwerk passierbar<br />
und damit hervorragend zu kontrollieren.<br />
Die Stadtmauer<br />
Im Westen der Stadt zog sich die Stadtmauer, eingebunden in die<br />
Wohnhäuser, unterhalb des fürstlichen Marstalls in geringem Abstand<br />
östlich des heutigen Hoftheaters verlaufend bis zur heutigen<br />
Fürst-Wilhelm-Straße (Abb. 1 und 2). Von dort aus führte sie in<br />
südöstlicher Richtung weiter, wie auf dem Stadtgrundriss zu sehen<br />
ist, nach wenigen Metern abknickend, und an einem Gebäude endend,<br />
in dem heute die Metzgerei Häberle Fleisch- und Wurstwaren<br />
anpreist. Wahrscheinlich lief die Mauer in diesem Abschnitt<br />
ursprünglich wie mit der Schnur gezogen gegen Süden, so wie es<br />
heute noch der Grenzverlauf zwischen den Grundstücken Häberle,<br />
Knäpple, Burkart, Götz einerseits und Schön, Langenbach, Schön<br />
andererseits andeutet. Geschickt war in diesem Bereich zudem die<br />
Topographie ausgenutzt, denn das Gelände fiel dort mit deutlichem<br />
Gefälle nach Westen, hin zur Donau ab.<br />
Ob die Stadtmauer an dieser Stelle die ursprüngliche war und<br />
ebenso das Tor, ist nicht überliefert, aufgrund der Gestalt des Tores<br />
jedoch eher unwahrscheinlich. Denn Tor und Mauer hatten zumindest<br />
in den letzten Jahrzehnten ihres Bestehens eher die Aufgabe<br />
der rechtlichen und steuerlichen Abgrenzung und der Kontrolle<br />
über Zugang und Aufenthalt in der Stadt als fortifikatorischen<br />
Nutzen. Einer Belagerung Stand zu halten, waren Tor und Mauer<br />
aufgrund der Konstruktion und der Abmessung wohl kaum in der<br />
Lage. Von jenem Gebäude, das ehemals nördlich des Torstübles<br />
stand und das Ende der Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts<br />
abgerissen wurde, ist uns auf Plänen noch der Kellergeschoßgrundriss<br />
überliefert. Dieser zeigt auf der Westseite des Gebäudes gewaltige<br />
Substruktionen (Abb. 2). Fundamentmauern ähnlicher Dimension<br />
finden wir auf der Ostseite der Altstadt wieder, im heutigen<br />
Wilhelmsbau des Schlosses, der aus zwei getrennten Gebäuden
hervorging, und im Gebäude Schwabstraße 1, aber auch vom 1826<br />
abgebrochenen Rathaus sind Fundamente mit einer Breite von<br />
1,80 in bekannt 10). Der kleine Vergleich zeigt uns, daß die Stadtmauer<br />
zumindest zu jener Zeit in den angesprochenen Bereichen<br />
keine einheitliche Stärke besaß, daß aber auch Gebäude, die weit<br />
ab der Stadtmauer standen Substruktionen in ähnlich starker Dimension<br />
aufwiesen wie sie bei den Untergeschoßmauern entlang<br />
der Stadtmauer zu finden sind. Diese Informationen werfen mehr<br />
Fragen auf, als daß sie ohne weitere Bauforschungen schlüssige<br />
Antworten zulassen. Doch könnten die unterschiedlichen Mauerbreiten<br />
darauf hindeuten, daß die Stadtmauer in den genannten<br />
Bereichen nicht gleichzeitig, sondern abschnittsweise errichtet<br />
bzw. ausgewechselt worden war. Und vermutlich wurden die<br />
Außenwände derjenigen Gebäude, die dem Stadtgraben zugewandt<br />
waren, beim Neubau im Vergleich zu den übrigen Außenwänden<br />
stärker dimensioniert, so dass sie die Aufgabe einer Stadtmauer erfüllten.<br />
Das sog. "Thorstüble" entstand gut ein Jahrzehnt nach dem Aufbau<br />
des im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannten östlichen Teils des<br />
fürstlichen Schlosses und des Rathauses, in einer Zeit, in der zahlreiche<br />
Hofstellen neu aufgebaut wurden 11). Auch die Form der<br />
Torpfeiler fügt sich in die Formensprache der zweiten Hälfte des<br />
17. Jahrhunderts, so daß der Gedanke nahe hegt, Tor und Torhaus<br />
gehören derselben Erbauungszeit an.<br />
Das Pendant des Laizer Tors im Osten, das Mühltor, ist uns nur aus<br />
einer einzigen Abbildung und dazu nur in einer Teilansicht bekannt.<br />
Auf einem Ölbild aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts,<br />
das Schloss, Mühlenvorstadt und östlichen TeÜ der Altstadt<br />
vom Mühlberg aus zeigt (Abb. 4), ist auf der nördlichen Seite des<br />
Ow'schen Hauses (Schwabstraße 1) das Mühltor zu sehen. Erkennbar<br />
sind vom fiirm: oberstes Geschoß, Satteldach, östlicher<br />
Fachwerkgiebel und Dachreiter mit eingehängter Glocke . Reichte<br />
die Traufe des Torturmes über jene des Ow'schen Gebäudes hinaus,<br />
so blieb sein First doch deutlich unter der Höhe jenes Hauses<br />
zurück. Im Gegensatz zum Laizer Tor war das Mühltor überbaut.<br />
Doch war, wie sich aus dem Ölbüd schließen lässt, der vermutlich<br />
dreigeschossige Torturm von eher bescheidener Gestalt. Beide<br />
ANMERKUNGEN<br />
1) Ein weiterer Durchlaß, jedoch mit geringerer Höhe, existiert heute noch im so-<br />
genannten Wilhelmsbau des Schlosses, kleine Pforten in der Mauer mit einer Breite<br />
zwischen 1,5 und 2 Metern befanden sich auf der Südseite und auf der Westseite der<br />
Stadt. Das sogenannte Milchtörle, stellte über die heutige Weingasse eine kurze Ver-<br />
bindung zum herrschaftlichen Sennhaus im Süden her, das ungefähr dort lag, wo<br />
heute die Alte Schule steht. Auf der Westseite konnte man über die heutige Fidelis-<br />
straße auf kurzem Wege in den Stadtgraben gelangen, der wohl gärtnerisch genutzt<br />
war und im westlichen Teil auch zur Straße hin durch eine Mauer abgegrenzt<br />
wurde. Vgl. hierzu Abb. 2 sowie den Stadtplan "Sigmaringen im Jahr 1823", beige-<br />
legt: 900 Jahre Sigmaringen 1077-1977. Herausgegeben von der Stadt Sigmarin-<br />
gen. Sigmaringen 1977.<br />
2) Zu den Namen der beiden Tore vgl. Alex Frick, Entstehung und Entwicklung des<br />
Stadtbildes von Sigmaringen.<br />
In: 900 Jahre Sigmaringen 1077-1977. Herausgegeben von der Stadt Sigmaringen.<br />
Sigmaringen 1977, S. 69-76<br />
3) Die Rekonstruktion des Laizer Tors von Albert Deutschmann, vgl. hierzu die Ab-<br />
bildung bei Maren Kuhn-Rehfus, Werner Kuhn, Sigmaringen in alten Ansichten.<br />
24<br />
Tore waren zumindest im 18. Jahrhundert und bis zu ihrem Abbruch<br />
im ersten Drittel des darauf folgenden Jahrhunderts für die<br />
Maler und Zeichner der Stadtansichten nicht dokumentationswürdig.<br />
Ob daraus auf eine bescheidene Gestalt beider Stadteingänge<br />
geschlossen werden kann? Auch für das Laizer Tor sind uns jetzt<br />
die Dimensionen bekannt, so daß sich die Frage beantworten läßt.<br />
Die zollerischen Schwesterstädte und ehemaligen Residenzen Haigerloch<br />
und Hechingen, diejenigen der Fürstenberger und Waldburger<br />
- Meßkirch, Trochtelfingen und Scheer - und ebenso die<br />
südlich und östlich von Sigmaringen gelegenen sogenannten Donaustädte<br />
Mengen, Riedlingen und Saulgau und nicht zuletzt die<br />
Freie Reichsstadt Pfullendorf wiesen beachtliche, das Stadtbild<br />
prägende Toranlagen auf, die teüweise noch erhalten sind. Im direkten<br />
Vergleich blieben diejenigen der Stadt Sigmaringen, was<br />
Größe und Gestalt betraf, eindeutig hinter jenen zurück. Und zugleich<br />
blieben sie - im Gegensatz zu den genannten Städten - für das<br />
Stadtbild bedeutungslos. Genauso gering wie die Gestalt der Tore<br />
war das Steueraufkommen des Zwergstädtchens von Anbeginn,<br />
und ebenso bedeutungslos blieben sie, wie die Rolle, die das Städtchen<br />
als Marktort für die Region spielte 12). Zudem spiegelt sich<br />
hier möglicherweise der rechtliche Status wider, der seit der Herrschaft<br />
der Zollern über die Stadt bis zum Ende des Alten Reichs<br />
bestimmend war und dem Sigmaringer Magistrat weitestgehende<br />
Autonomie in der kommunalen Selbstverwaltung sicherte - die Zollern<br />
besaßen die Stadt nicht als Eigen, sondern nur als Lehen von<br />
den Habsburgern. Dieser rechtliche Status, der zu stetigen Auseinandersetzungen<br />
zwischen Bürgerschaft und dem zollerischen<br />
Stadtherrn führte, veranlasste den Autor des 1802 herausgegebenen<br />
Geographisch Statistisch-Topographischen Lexikon von<br />
Schwaben zu der bezeichnenden Aussage über die städtische<br />
Selbstverwaltung Sigmaringens: "Es (Sigmaringen) hat seinen eigenen<br />
Magistrat und ist durch Verträge befugt, seine eigene Unordnung<br />
zu erhalten 13) " Die Burg- und spätere Schloßanlage mit<br />
ihrer überwältigenden Dimension, ihrer imposanten doppeltürmigen<br />
Torbastion, ihrer homogenen Dachlandschaft und den in diese<br />
integrierten Türmen war und blieb zusammen mit dem l\irm der<br />
katholischen Pfarrkirche beherrschendes Signum der Stadt. Für<br />
dominante Toranlagen fehlten dem Zwergstädtchen zumindest die<br />
wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen.<br />
Sigmaringen 1995, Abb. 94, S. 90, ist sicher ohne Detailkenntnis über den Stadt-<br />
grundriß in der Zeit vor dem Abbruch der Toranlagen entstanden und ist frei dar-<br />
gestellt.<br />
4) 1987 wurden das Gebäude Fürst-Wilhelm-Str. 38, das 1874 umgebaut worden<br />
war, sowie die nördlich anschließenden Häuser abgerissen und durch Neubauten<br />
ersetzt; vgl. Bauakten im Bauordnungsamt der Stadt Sigmaringen.<br />
5) Der Plan ist beigelegt Franz Xaver Mezler, Versuch einer medizinischen Topo-<br />
graphie der Stadt Sigmaringen. Freiburg 1822, abgebildet u.a. bei Franz-Severin<br />
Gäßler, Carlsplatz und Carlsstraße in Sigmaringen - Stadterweiterungen in der 1.<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts, Teil 1. In: ZHG 29, 1993, S. 165-197, Abb. 1, S. 186.<br />
Zur Datierung des Mühltorabbruchs vgl. Maren Kuhn-Refus, Sigmaringen 1077-<br />
1977. Ein Abriß seiner Geschichte. In: 900 Jahre Sigmaringen 1077-1977. Hrsg.<br />
Von der Stadt Sigmaringen. Sigmaringen 1977, S. 11-66, bes. S. 47; zur Datierung<br />
der Gebäude entlang der Antonstraße (Nr. 19, 21, 23, 25) vgl. Alex Frick, Häuser-<br />
buch von Sigmaringen, Bd. 1, 1973 (mschr.).<br />
6) Zum Abbruch des Laizer Tores vgl. Franz-Severin Gäßler, Carls-platz und Carls-<br />
straße in Sigmaringen -Stadterweiterungen in der 1. Hälfte des 19- Jahrhunderts,<br />
Teil 2. In: ZHG 30/31,1994/1995, S. 308<br />
7) Alex Frick, Hänserbuch von Sigmaringen, maschschr. Exemplar im Staatsarchiv
Sigmaringen. Wolf Herrenburger errichtete und plante vermutlich auch zusammen<br />
mit Hans Simon aus dem benachbarten Laiz 1656 bis 1658 das 1827 abgebrochene<br />
Rathaus in Sigmaringen. Vgl. hierzu Alexander Frick, Die Geschichte des alten Rat-<br />
hauses. In: Festschrift anläßlich der Einweihung des Rathauses zu Sigmaringen am<br />
9. Januar 1927. Sigmaringen 1927, S. 27-36.<br />
8) Vgl. STAS, Dep. 1, Bd. 3, Akten Nr. 1 1 84.<br />
9) Wie Anm. 8.<br />
10) Im nordöstlichen Teil des Wilhelmsbaus beträgt die Stärke der Außenmauer im<br />
Vorkeller ungefähr 2 m und im darüber liegenden Erdgeschoß noch 1,7 m, im süd-<br />
lich angrenzenden Teil immerhin noch 1,4 m im Keller und 1,1 m im Erdgeschoß; vgl.<br />
hierzu die Bauakten der Fürstl. Hofökonomieverwaltung zum Umbau des Kavalierge-<br />
bäudes (Karl-Anton-Platz 2) im Jahr 1906 im Bauordnungsamt der Stadt Sigmarin-<br />
gen. Zum Vergleich beträgt beim Gebäude Schwabstraße 1 die Mauerstärke im Erd-<br />
geschoß ca. 1,35 m und im darunter liegenden Keller ca. 1,7 m; vgl. hierzu die Bau-<br />
akten im Bauordnungsamt der Stadt Sigmaringen. Zur Dimension der Rathausfunda-<br />
mente vgl. die Grabungsaufnahme des späteren Stadtbaumeisters Heck vom 1. Sep-<br />
tember 1926, STAS, Dep. 1, T3, Akten Nr. 1195<br />
11) Zur Datierung des Schlosses vgl. Walter Kaufhold, Schloß Sigmaringen. Die<br />
Geschichte der Burg und der Schlossherren, München/Zürich 3. Aufl. 1965 (Kleine<br />
Kunstführer; 580), S. 14; zum Rathausbau vgl. Anm. 7.<br />
12) Zur Bedeutung Sigmaringens als Marktort vgl. Theo Hornberger, Die hohenzolle-<br />
rischen Städte. Diss. Uni Tübingen. Hechingen 1935.<br />
13) Zitat bei Maren Kuhn-Relus, Sigmaringen 1077-1977, hrsg. von der Stadt Sigma-<br />
ringen, Sigmaringen 1977, S. 11-66, S. 45. Zum rechtlichen Status vgl. Andreas Ze-<br />
korn, Zwischen Habsburg und Hohenzollern. Verfassungs- und Sozialgeschichte der<br />
Stadt Sigmaringen im 17. und 18. Jahrhundert. Sigmaringen 1996 .<br />
i ; cni ii<br />
IM' tt*<br />
Abb.l:<br />
Lageplan der Stadt Sigmaringen um 1823 (oben) mit der<br />
Donauschleife, dem von Alexander Frick vermuteten<br />
hochmittelalterlichen Stadtumgriff (punktiert), dem<br />
spätmittelalterlichen Stadtmauerverlauf, dem Grabenbereich,<br />
den beiden Stadteinfahrten im Osten und Westen<br />
/Laizer Tor und Mühltor), der Hauptgasse, den drei weiteren<br />
Pforten sowie dem Höhenprofil (unten) vom Rathaus<br />
aus nach Westen und nach Nordosten, jeweils zu den Donaubrücken<br />
hin.<br />
Vorlage: Plansammlung Gäßler/Zeichnung: F.-S. Gäßler).<br />
25<br />
Abb.2:<br />
Links: Lageplan über, den westlichen Altstadtbereich im<br />
jähr 1823 im Bereich des Laizer Tors, des Stadtgrabens<br />
und der Hauptgasse, Ausschnitt aus Abb. 1. Umzeichnung<br />
eines Ausschnitts aus dem Stadtplan "Sigmaringen im<br />
Jahre 1823". Gebäude mit Gebäude-Nm.; fürstl. Gebäude<br />
mit kräftiger Schrajfur, kirchl. Gebäude mit Kreuzschraffur<br />
städt. Gebäude (Torstüble, Gebäude-Nr.46) mit<br />
Schraffur nach links oben.<br />
Rechts: Lageplan über den westlichen Altstadtbereich im<br />
jähr 2002; Ausschnitt wie nebenstehender Lageplan; Gebäude<br />
mit Haus-Nrn.; Gebäude der fürstl. Hoßammer<br />
mit kräftiger Schraffur kirchl. Gebäude mit Kreuzschraffur;<br />
Grundstücksgrenzen, Gestrichelte Linien, Grundlage:<br />
Katasterkarte, Vorlage: Plansammlung Gäßler<br />
(Zeichnungen: F.-S. Gäßler)<br />
5L<br />
z<br />
•1 «ft/liGf* HOFIMATfl^<br />
5 HEl/Tiöt* CAffr *C»QN M111 f Flfcl<br />
Abb.3:<br />
Grundriß und Aufrisse des sog, "Thorstübles" an Laizer<br />
Tor in Sigmaringen, sowie Rekonstruktion des daran<br />
anschließenden ehemaligen Laizer Tors und dessen Umgebung<br />
(links oben Westfassade, rechts oben Südfassade,<br />
darunter Grundriss des Torhauses (mit Kreuzschraffur),<br />
Kellergeschoßgrundriss des 1988. abgebrochenen nordöstlich<br />
davon stehenden Gebäudes Fürst-Wilhelm-Str. 38,<br />
und umriß des Gebäudes Fürst-Wilhelm-Str. 40, nordt<br />
westlich des "Thorstübles"gelegen.<br />
Vorlage: Plansammlung Gäßler (Zeichnung: F.-S. Gäßler).<br />
Quelle: SIAS, Dep. 1, Bd. 3, Akten Nr 1184; sowie Akten<br />
des Bauordnungsamts der Stadt Sigmaringen.
Abb.4:<br />
Ausschnitt aus dem Ölbild "Sigmaringen, Schloß und<br />
Stadt vom Mühlberg aus". Deutlich erkennbar der Turm<br />
des Mühltors mit Satteldach und Dachreiter nördlich des<br />
Ow'schen Hauses (Schwabstr. 1) und teilweise verdeckt<br />
durch das hochaufragende fürstliche Bräuhaus. Im Vordergrund<br />
ist die Mühle mit dem Donauwehr zu sehen und<br />
rechts oben ein Teil des Hochschlosses mit dem gewaltigen<br />
Walmdach. Foto: Franz-Seberin Gäßler; Vorlage:<br />
Fürstlich Hohenzollemsche Sammlungen, Sigmaringen.<br />
HANS PETER HAUIER<br />
Über den Verbleib fehlender spätmittelalterlicher Glasmale-<br />
reien der Klosterkirche zu Heiligkreuztal.<br />
Die heute noch vorhandenen mittelalterlichen Glasmalereien der<br />
Klosterkirche Heiligkreuztal gehören zu den bedeutendsten künstle-<br />
rischen Leistungen ihrer Art im siidwestdeutschen Raum. Leider<br />
handelt es sich bei diesen Kunstwerken nur noch um Bruchstücke<br />
der einstmals vorhandenen, wesentlich umfangreicheren Fenster-<br />
verglasung.<br />
Nach der Säkularisation ging die württembergische Regierung als<br />
neuer Besitzer der Klosteranlage sehr stiefmütterlich mit den ihr zu-<br />
gefallenen Kulturgütern um. In der heutigen Pfarrkirche, ehemals<br />
Klosterkirche, wurden damals offensichtlich eine ganze Anzahl wert-<br />
voller Glasfenster heraus genommen und lagerten viele Jahre weit-<br />
gehend unbeachtet im Kreuzgang des Klosters.<br />
Das heute von so vielen Besuchern bewunderte Mittelfenster im Chor<br />
der Kirche wurde aus Resten der 3 ursprünglich vorhandenen Chor-<br />
fenster zusammengetragen. Diese Fensterbüder stammen größten-<br />
teils aus dem Jahre 1305 und sind eine Stiftung der Äbtissin Elisabeth<br />
von Stoffeln (1307- 1312).<br />
Die im Jahre 1870 der Königlichen Altertumssammlung in Stuttgart<br />
zugeführten 6 Wappenscheiben aus den oberen Fenstern des Kir-<br />
chenschiffs wurden unter der Äbtissin Veronika von Riedheim im<br />
26<br />
Jahre 1533 geschaffen. Die Entwürfe dazu werden dem Meister von<br />
Meßkirch zugeschrieben. Sie gehören heute zum wertvollsten Besitz<br />
an Glasmalerei im Landesmuseum Stuttgart. Wo aber blieben die<br />
übrigen wertvollen Glasfenster ? Diese Frage zu beantworten könn-<br />
ten einige im Archiv von Hornstein Grüningen aufgefundene bruch-<br />
stückartige Abschriften eines Briefverkehrs aus dem 19. Jahrhundert<br />
zwischen dem Haus von Hornstein und dem Kameralamt Heilig-<br />
kreuztal helfen.<br />
Unter dem 12. Dez. 1828 schrieb Freiherr Honor Carl von Hornstein<br />
zu Grüningen (1761 - 1838) an das Königl. Kameralamt in Heilig-<br />
kreuztal, er wisse ,daß sich im Kreuzgang des Klosters noch mehrere<br />
„gemalte Scheiben von seinem Familienstamm befinden, er wäre<br />
dankbar, wenn man ihm diese Scheiben auf seine eigenen Kosten<br />
überlassen würde. Sollte dies mit nur mit Genehmigung der höheren<br />
Behörde möglich sein, so bitte er, sein Ansuchen durch einen gün-<br />
stigen Bericht zu befördern." - Offensichtlich ist der Bitte Honor<br />
Carls nicht entsprochen worden. Er gab jedoch keine Ruhe und<br />
wandte sich Mitte des Jahres 1829 erneut an das Kameralamt, das die<br />
Bitte des Grüninger Freiherrn im Juni des Jahres an die Königlich<br />
Württembergischen Finanzkammer des Donaukreises in Ulm weiter-<br />
leitete. Von diesem wurde das Kameralamt Heiligkreuztal angewie-<br />
sen, es solle dem Freiherrn von Hornstein zu Grüningen zu erken-<br />
nen geben, „daß man dieser Bitte um so weniger zu entsprechen<br />
wisse, als denen von Hornstein durch die diesseitige Entschließung<br />
vom 09- März 1824 von den meisten Fensterscheiben mit Wappen<br />
ihrer Familie und um welche dieselben neuerlich gebeten haben, je<br />
ein Doppelstück überlassen worden sei." - Wir erfahren also beiläu-<br />
fig, daß Honor Carl im Jahre 1824 schon bemalte Fensterteüe mit<br />
Hornsteinschen Wappen aus Heiligkreuztal erhalten hatte.<br />
Nach dem Tode Honor Carls 1838 übernahm der Sohn Carl Theodor<br />
von Hornstein (1801 - 1862) das Hauswesen in Grüningen. Wie sein<br />
Vater in früheren Jahren, so wurde auch er beim Kameralamt Hei-<br />
ligkreuztal vorstellig und bat um Gegenstände aus ehemaligem Klo-<br />
sterbesitz. Ihm gelang es im Jahre 1841 mit Zustimmung der König-<br />
lichen Württ. Finanzkammer ein geschnitztes Hornsteinwappen aus<br />
der Kirche in Heiligkreuztal zu erhalten. Er erhielt es allem nach ge-<br />
schenkt, denn von einem Kaufpreis ist bei der gegebenen Erlaubnis<br />
aus Ulm nicht die Rede! Man muß annehmen, daß diese Großzügig-<br />
keit der Finanzkammer Karl Theodor von Hornstein veranlaßt hat,<br />
um die im Kreuzgang noch herumstehenden Glasbilder zu bitten.<br />
Das Kameralamt Heiligkreuztal dürfte daraufhin der übergeordneten<br />
Behörde den nicht besonders guten Zustand dieser erbetenen Glas-<br />
malereien mitgeteüt haben, worauf diese die Büder an den Freiherrn<br />
von Hornstein abgab. Unter dem 01. Sept. 1844 brachte Karl Theo-<br />
dor die Glasgemälde zur Reparatur an „Lindenmayer in Ulm". Er<br />
scheint sich des Werts dieser Glasfenster wohl bewußt gewesen zu<br />
sem und beschrieb sie vor dem Abtransport nach Ulm auf einem teil-<br />
weise schwerlesbaren Schmierzettel folgendermaßen:<br />
(Nicht eindeutig lesbare und teilweise überschriebene Stellen sind<br />
mit „(?)" gekennzeichnet!)<br />
1. Große Tafel mit 2 Wappen<br />
Jörg Wühelm Streitt von Imendingen, Johann Streitt von<br />
Imendingen<br />
Anno Domini MDCIV -1604<br />
2. Eine große Tafel mit einem Wappen von Reischach von Dietfurt
Anno 1578<br />
3. Eine große Tafel mit 2 Wappen Hans Schultheiß und<br />
Bar bara Schultheiß geborene von Buyer Anno 1578 (?)<br />
(sicher: 157?)<br />
4. Eine große Tafel mit einem Wappen (die Auferstehung)<br />
Elisabeth Pfingern von Graneck 115.7<br />
5. Eine große Tafel mit 1 (oder 2 ?) Wappen Gabriel und<br />
Raphael Reichlin von Meldegk,<br />
beide Gebrüder zu Lieburg -1574<br />
6. Eine kleine Tafel, Christus am Kreuz mit 1 Wappen. Melchior<br />
Ludwig von Münchhausen und dann von Neuhausen<br />
-Anno 1573<br />
„mit 2 Wappen" (nachträglicher Ergänzungseintrag,<br />
- unklar ob zu Nr. 6 oder Nr. 7 gehörig!<br />
7. Seyfried von Ulm von Roßwangen, oben mit Schweinjagd<br />
8. Ein Wappen, Hans Friedrich von Iffling der von Graneck 1573<br />
9. Ein Wappen (?) Stebenhaber 1575 BL (?)<br />
10. Ein Wappen Jerg von Neuhausen Anno Domini 1580<br />
11. Ein Wappen - Barbara von Neuhausen geb. von Stain von<br />
Klingenstein 1580<br />
12. Ein Wappen Christoph von Sirgenstein zu Mowiller 1601<br />
13 Mit 2 Wappen Hans Caspar von Ulm Vogt zu Gaienhofen<br />
1575 Dorothea von Ulm zu Hoheneckh sein Ehegemahl<br />
Ob noch weitere Glasbilder vorhanden waren, die nicht zur Repara-<br />
tur gegeben wurden, ist nicht bekannt. Das weitere Schicksal der<br />
Glasbilder kann aus mündlichen Überlieferungen der Familie von<br />
Hornstein rekonstruiert werden.<br />
Die farbigen Glasbilder waren zum Einbau in Fenster des Schlosses<br />
Grüningen nicht geeignet, weil sie die Räume dunkel gemacht hät-<br />
ten. So standen sie vermuüich Jahrzehnte in unbewohnten Räumen<br />
unter dem Grüninger Schloßdach. Vor dem II. Weltkrieg ver-<br />
schenkte sie Hans Christoph von Hornstein (1906 - 1948) an seinen<br />
damaligen Freund in Freiburg namens .Junghans". Dieser habe da-<br />
mals diese Fenster in das Treppenhaus seines Wohnhauses einge-<br />
baut.<br />
Es wären Nachforschungen notwendig, um zu klären, ob die wert-<br />
vollen Glasmalereien aus der Klosterkirche in Heiligkreuztal noch<br />
existieren!<br />
Quellen:<br />
Steim, Karl Werner: Heiligkreuztal, - vom Kloster zum Dorf S 24 - 27<br />
Riedlinger Zeitung<br />
Beilage: Der Bussen - <strong>Heimat</strong>blätter für den Bezirk Riedlingen<br />
2. Jg. (1931) Nr. 11-<br />
Die Glasmalereien aus dem ehemaligen Cisterzienserkloster<br />
zu Heiligkreuztal<br />
Archiv von Hornstein Grüningen Heiligkreuztal, Chorfenster um 1312<br />
HEDWIG MAURER<br />
Abgegangene Siedlungen im Gebiet der ehemaligen Grafschaft Zollern<br />
und dem alten Kreis Hechingen (Fortsetzung)<br />
106<br />
Stainshofen<br />
TK7620 FK SW 1402 Belsen<br />
Stainshofen, Sankt Johannisweüer und Buch waren im 14. /15. Jh.<br />
27<br />
wie Mössingen und Belsen im Besitz der Grafen von Zollern. Stains-<br />
hofen lag etwa 1,5 km südlich des Westrands von Belsen am Geis-<br />
bach. 1342 bestätigte "Graft Friderich von Zolr der elter, der herre<br />
zu Zolr ist" als Gerichtsherr den Verkauf von Gütern zu Belsen, zu
Buch, zu Steinshofen und zu St. Johannisweiler von Johann von<br />
Genckingen an das Kloster Stetten. Bei der Erbteilung von 1402 zwischen<br />
den Grafen Friedrich dem Älteren, genannt Öttinger, und Eitelfriedrich<br />
von Zollern erhielt der Öttinger: "Messingen das Dorf,<br />
Eschingen das Dorf, Belsan das Dorf, Stainshofen, Sant Johanswiler,<br />
Stetten, Boll, Semdach, zell und der tail an der altenstatt ze hechingen".<br />
An Eitelfritz fielen: "Schlatt, Bürran, Spehtzhart, wiler ob<br />
Schlatt, Killer, husen, Burladingen, Maigingen und das zehendli ze<br />
Ringingen. 1407 machte der Öttinger eine Wittumsverschreibung<br />
der obigen Güter an seine Gemahlin Anna Gräfin von Sulz. 1415 verkaufte<br />
er einen Teil seines Besitzes an Eberhard von Württemberg.<br />
Nachdem der Öttinger geächtet worden war, wurde Burckard von<br />
Reischach und Volkard von Ow 1417 in seine Güter eingewiesen. Im<br />
gleichen Jahr verkaufte Volkards Sohn, nach dessen Tod, die Besitzungen<br />
an Eitelfritz. Aus dem langen Bruderzwist zwischen den Zollern<br />
war Eitelfritz als Sieger hervorgegangen. Es gelang ihm einen<br />
Teil der verpfändeten Güter wieder zu lösen. Im Jahre 1435 ließ er<br />
von Wernher Bickelsperg ein Lagerbuch anlegen worin alle Einkünfte<br />
des Grafen festgehalten wurden. Dort sind auch Einträge, die<br />
Zahlungen aus heute abgegangenen Orten festhalten, zu finden. So<br />
gibt "die Sitzin ob Schönn Hof 13 Schilling uß irem guet ze Stanshoven.<br />
Reste einer Burg sollen auf der Flur Tiergarten bei Mössingen<br />
erhalten sein.<br />
107<br />
Staufifenburg<br />
TK 7619 FKSW1509 Hechingen/Rangendingen<br />
Die wenigen Reste der Stauffenburg finden sich beim Stauffenburger<br />
Hof auf einem Bergvorsprung zwischen Zimmerbach und Starzeltal,<br />
der schroff zu den beiden Tälern abfällt, auf den übrigen Seiten war<br />
die Burg durch Wallgraben geschützt, von denen einer noch eine<br />
stattliche Tiefe aufweist. Infolge der Lage war die Burg geeignet Starzel<br />
- und Zimmerbachtal zu überwachen und zu beherrschen. Das<br />
Geschlecht, das hier seine "vesti" baute, waren die Schenken von<br />
Stauffenberg. Sie bekleideten einst das Schenkenamt bei den Grafen<br />
von Zollern. Im Jahre 1317 tauchte der Name erstmals auf. Das Geschlecht<br />
blüht noch heute. Zwei seiner Söhne Berthold und Claus<br />
wurden 1944 von den Nazis ermordet. Die Burg kam von den Herren<br />
von Stauffenberg in verschiedene Hände. l603 und 1610 lebten<br />
zollrische Vögte auf der Burg. 1605 ist ist Caspar Ruof Burgvogt zu<br />
Stauffenburg und Crist Boll als Wirt dort genannt. An den Besitz der<br />
Schenken von Stauffenberg erinnert noch der Stauffenburger Hof an<br />
der Einmündung des Zimmerbachs in die Starzel.<br />
108<br />
Stockhausen<br />
TK 7619 Wessingen/Zimmern<br />
Otto Bogenschütz von Bisingen schrieb 1988 in der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
Zeitung, daß die Wessinger und Zimmerner unter gräflicher<br />
Aufsicht die Gemarkung von Stockhausen unter sich aufteüten. Wo<br />
diese Siedlung genau lag, ist nicht bekannt.<br />
109<br />
Uffhofen ?<br />
TK 7720 SO 2305 ? Burladingen/Mayingen<br />
28<br />
1435 "Die Gnepfferin git vom agker zu Uffhofen 1 Schöffel habern".<br />
Dieser Weüer ist vermutlich in Burladingen aufgegangen.<br />
110<br />
Umlauf<br />
TK7619 FKSW1612,1712 Grosselfingen<br />
FN: Umlauf<br />
1748 wurde ein Bericht abgefaßt über die Kosten der "Hohenzollern<br />
- Hechingischen Lust - und Jagdhäuser" den J. A. Kraus 1935 veröffentlichte.<br />
Da steht über das "neue Jagdhaus auf dem sog. "Umlauf'<br />
folgendes geschrieben: "Zunächst bei diesem Gebäude seynd die<br />
also betitulten Schwarzen Wälder gelegen, in welche sich seit einigen<br />
Jahren das schwarze Wüdpreth aus anderen Forstdistrikten sehr<br />
stark gezogen. Weüen nun dadurch der Wüdschaden in diesem Revier<br />
vermehret worden, und die Untertanen deswegen öfter Klage geführet,<br />
so haben Ihro Hochfürstliche Durchlaucht zu Bezeugung ihrer<br />
Landesfiirstlichen Milde gnädigst erlaubet, daß ermelte Wälder<br />
mit einem Zaun umfangen werden dörffen. Da nun die Wälder eo<br />
ipso zu einem Tiergarten geworden, so haben Höchstdieselben (der<br />
Fürst) teüs zur Wohnung eines Tiergärtners, teüs um von der Schweinejagd<br />
in diesen Wäldern zur Winterszeit desto gemächlicher profitieren<br />
zu können, für sich und einige Diener ein Jagdhaus innerhalb<br />
dieses Wüdzauns auf einem Allmandplatz erbauen zu lassen, der bis<br />
dato noch der Gemeinde Grosselfingen zugehört, wie auch auf der<br />
Rangendinger Gemarkung eine Wohnung für einen Zaunknecht erstellt<br />
wurde. Herauf wurde bis Ende 1747 ausgegeben: 1932 Gulden,<br />
43 Kreuzer".<br />
In der Nähe des Umlauf entspringt im Wald eine Quelle, die von alten<br />
Grosseifingern "Fürstenbrünnle" genannt wird, weil der Fürst<br />
(welcher?), wenn er in diesem Gebiet auf der Jagd war, an dieser<br />
Quelle seinen Durst löschte.<br />
111<br />
Vornagelhof<br />
TK 7620 FKSW 1801,1901, SO 1801 Jungingen<br />
Nordwestlich von Jungingen hegt der Weilerwald von dort kommen<br />
wir über den Gänssteig zu einer Schlucht dahinter, die Vornagel<br />
heißt. Hier lag der 1466 genannte Vornagelhof.<br />
112<br />
Waidenbühl<br />
TK 7619 FKSW 1507,1607 Hechingen<br />
Der Waidenbühl in Hechingen war einst im Besitz der Walchen und<br />
daher eigentlich ein Walchenbühl. Ob die Walchen von Niederhechingen<br />
auf diesem Bühl auch siedelten, ist nicht sicher. Von dem in<br />
und um Hechingen reich begüterten Geschlecht der Walchen haben<br />
wir schon bei Semdach gehört. Im Jahre 1298 ist ein Walch Schultheiß<br />
in Hechingen. 1318 ein solcher Dekan in Maria Zell. Crusius<br />
widmet den Walchen in seiner "Schwäbischen Chronik" von 1733 einen<br />
besonderen Abschnitt und schreibt: "Ihre Wohnung hatten sie<br />
mehrentheils zu Nieder-Hechingen und ihr Begräbnuß im Closter<br />
Stetten". Es ist daher nicht verwunderlich, daß sie dem Kloster als<br />
ihrem Erbbegräbnis reiche Zuwendungen machten.<br />
Fortstetzung folgt...
Vorderösterreich an oberem Neckar und oberer Donau<br />
"Mit dem Gift der Widersetzlichkeit durchtränkt" waren die bis<br />
1806 österreichischen Untertanen in Dormettingen, Erlaheim,<br />
Nusplingen und Obernheim. Die Orte gehörten zur Herrschaft Kal-<br />
lenberg. Die damals ebenfalls österreichischen Einwohner von<br />
Harthausen und Benzingen, früher zur Grafschaft Veringen, heute<br />
zu Winterlingen gehörend, erhoben sich mit bewaffneter Hand ge-<br />
gen die Grafen von Hohenzollern-Sigmaringen und konnten sich<br />
später von der Leibeigenschaft befreien. Dramatische Szenen<br />
spielten sich vor zum Teil über 400 Jahren in unserer Gegend ab.<br />
Etwas ruhiger war es dagegen in den Orten Schömberg und Bins-<br />
dorf oder in Dautmergen, Ratshausen, Schörzingen und Weilen<br />
u.d.R., die zur Grafschaft Hohenberg gehörten, einem der vor-<br />
derösterreichischen Kerngebiete. Auch wenn es vielfach nicht<br />
mehr im Bewusstsein ist: Österreich war bis 1806 mit großen Be-<br />
sitzanteilen im heutigen Gebiet des Zollernalbkreises präsent und<br />
spielte eine zentrale Rolle. Um diese habsburgische Vergangenheit<br />
wieder zu vergegenwärtigen fand am 16. Oktober 1999 in Schöm-<br />
berg-Schörzingen eine Vortragsveranstaltung unter dem Titel "Vor-<br />
derösterreich an oberem Neckar und oberer Donau" statt. Aus<br />
dieser Veranstaltung ging der gleichnamige Tagungsband hervor,<br />
den Andreas Zekorn, Bernhard Rüth, Hans-Joachim Schuster und<br />
Edwin Ernst Weber im Auftrag der Landkreise Rottweil, Sigmarin-<br />
gen, Tuttlingen und des Zollernalbkreises herausgeben. Das einlei-<br />
tende Kapitel „Habsburg am oberen Neckar und an der oberen Do-<br />
nau verfasste Prof. Dr. Franz Quartal.<br />
Von dem Buch werden alle ehemals österreichischen Orte im Ge-<br />
biet der genannten Kreise berührt. Dabei war die habsburgische<br />
Herrschaft in den vergangenen Jahrhunderten zeitweilig derart be-<br />
hebt, dass sich die Menschen hier als die "treuesten" habsburgi-<br />
schen Untertanen begriffen. Diese Liebe zu Habsburg war nicht<br />
ohne Grund, regierte doch das Kaiserhaus oftmals mit milderer<br />
Hand als mancher benachbarte Landesherr. Mit dem Friedens-<br />
vertrag von Preßburg 1805 musste Habsburg Vorderösterreich<br />
und damit seine gesamten Gebiete in Südwestdeutschland abtreten.<br />
Bisherige vorderösterreichische Untertanen wechselten durch die-<br />
sen Federstrich ihre Staatsangehörigkeit und wurden zu Badenern,<br />
Bayern, Württembergern und Hohenzollern.<br />
Die Autoren des vorliegenden Bandes machten sich für das Gebiet<br />
am oberen Neckar und an der oberen Donau von Schramberg im<br />
mittleren Schwarzwald bis Sigmaringen an der Donau auf Suche<br />
nach der gemeinsamen vorderösterreichischen Vergangenheit.<br />
Die Beiträge zeigen auch für diese Region, dass Vorderösterreich<br />
kein einheitliches Herrschaftsgebiet war, sondern eine seit dem 14.<br />
Jahrhundert gewachsene Ansammlung kleiner und kleinster Ge-<br />
biete. Diese unterstanden nur zum Teil Habsburg direkt, meist<br />
wurden sie von adligen Lehens- und Pfandnehmern regiert, so dass<br />
Habsburg oft nur mittelbar Herr über die jeweiligen Untertanen<br />
war. Galt das Hauptinteresse Wiens ab dem 16. Jahrhundert den<br />
östlichen Grenzgebieten in Ungarn und Böhmen, so wurde die Er-<br />
weiterung seines filigranen politischen Machtsystems im südwest-<br />
deutschen Raum dennoch diplomatisch und psychologisch ge-<br />
29<br />
schickt vorangetrieben: Herrschaftsansprüche wurden eher durch<br />
Austarierung der Kräfte und Beruhigung der Konflikte durchgesetzt<br />
als durch militärisches Eingreifen. Wenn von Vorteil machte sich<br />
Habsburg auch die Anliegen seiner mittelbaren Untertanen zu ei-<br />
gen, um so seinen Einfluss zu stärken und seinen Machtanspruch<br />
gegenüber den Lehensinhabern zu behaupten. Es pflegte dabei das<br />
Büd einer starken sowie zugleich gerecht und milde regierenden<br />
»Schutzmacht«, so dass künltige Untertanen wie in Ehingen und<br />
Ulm sogar selbst aktiv wurden, um unter habsburgische Herrschaft<br />
zu gelangen. Übersehen werden darf dabei aber nicht - so ein wei-<br />
teres Fazit der Autoren - dass diese vermeintlich untertanen-<br />
freundliche Politik hauptsächlich dem Interesse der Machtarron-<br />
dierung und des Machterhalts entsprang. Später, unter württem-<br />
bergischer und hohenzollerischer bzw. preußischer Herrschaft ge-<br />
riet die österreichische Vergangenheit zunehmend in Vergessen-<br />
heit, was zeigt, dass diese Staaten ihre neuen Untertanen gut zu in-<br />
tegrieren vermochten.<br />
Vorderösterreich an oberem Neckar und oberer Donau, hg. von<br />
Andreas Zekorn, Bemhard'Rüth, Hans-Joachim Schuster, Ernst<br />
Edwin Weber im Auftrag der Landkreise Rottweil, Sigmaringen,<br />
Tuttlingen und des Zollernalbkreises, Konstanz: W/K Verlagsge-<br />
sellschaft mbH, 244 Seiten, gebunden, 2 Farbtafeln, 13 Abb.,<br />
ISBN3-89669-966-0; IF (D) 19,90/SFr 33,50<br />
Zöpfe ab, Hosen an!<br />
Die Fünfzigerjahre auf dem Land in Baden-Württemberg<br />
Nie gab es in den ländlichen Gebieten Baden-Württembergs so<br />
große Veränderungen wie in den Fünfzigerjahren. Dieses Buch<br />
lässt mit thematischen Beiträgen und vielen originellen Fotos die<br />
Zeit des Aufbruch wieder lebendig werden. Noch lebt die alte Dorf-<br />
welt scheints unverändert, doch die Vorboten der Moderne treten<br />
immer sichtbarer ins Bild: der Traktor neben dem Pferdefuhrwerk,<br />
das neue Automobil auf der Schotterpiste, der alte Tante-Emma-La-<br />
den mit dem Coca-Cola-Schild. -Ein Buch der sieben regionalen<br />
Freilichtmuseen in Baden-Württemberg. Das Buch erscheint zum<br />
Jubiläum 50 Jahre Baden-Württemberg und zur Ausstellungsfolge<br />
»Was machet mer jetzt? - Das Land vor 50 Jahren« (28. April bis<br />
3. November 2002) in den regionalen Freilichtmuseen Baden-<br />
Württembergs und im Deutschen Landwirtschaftsmuseum Hohen-<br />
heim.<br />
Herausgeggeben von der Landesstelle für Museumsbetreuung<br />
Baden Württemberg und der Arbeitgemeinschaft der regionalen<br />
ländlichen Freilichtmuseen Baden-Württemberg, erschienen<br />
im Silherburg-Verlag, Tübingen. 216 Seiten, 193 teils farbige<br />
Abb., EUR 16,90. ISBN3-87407-505-2.<br />
Unternehmen "Wüste" Hitlers letzte Hoffnung.<br />
Treibstoffgewinnung aus schwäbischem Ölschiefer, ein vergesse-<br />
nes Kapitel nationalsozialistischer Terrorherrschaft. Tausende von<br />
KZ-Häftlingen starben in den letzten Kriegsmonaten für ein aus-<br />
sichtsloses Unterfangen. Gegen Kriegsende war die Benzinpro-<br />
duktion in Deutschland fast zum Erliegen gekommen. Hitlers letzte<br />
Hoffnung galt dem ölhaltigen Schiefer unter der Schwäbischen Alb.<br />
Unter dem Decknamen "Unternehmen Wüste" wurde das Öl-schie-<br />
ferprogramm am Fuße der Zollernalb konzipiert. Häftlinge aus<br />
ganz Europa wurden von den Nazis in eilig errichtete KZs gep-<br />
1
1<br />
fercht. Unter schrecklichen Umständen wurden sie zur Arbeit in<br />
den Ölschieferbrüchen und Verschwelanlagen gezwungen. Mehr<br />
als 3500 Menschen kamen dabei ums Leben. Nach langen Recher-<br />
chen hat Michael Grandt das erste Buch zu diesem bisher wenig<br />
beachteten Kapitel nationalsozialistischer Terrorherrschaft ver-<br />
fasst. Er beschreibt die Vorgeschichte des Programms, die einzel-<br />
nen Werke und Lager, die Rekrutierung der Häftlinge, die "Todes-<br />
märsche" nach der Evakuierung und das Verhalten der Bevölke-<br />
rung, auch die Rache der Befreiten. Er schüdert die Exhumierung<br />
der Leichen und die Fortführung des Ölschieferprojekts unter fran-<br />
zösischer Besatzung. Er behandelt die Kriegsverbrecherprozesse<br />
in der Region, weil sie etwas von der Psychologie der Täter verra-<br />
ten, und bietet einen Überblick über die heutigen Gedenkstätten.<br />
Historische und aktuelle Fotos runden den Band ab, der weit mehr<br />
ist als eine Untersuchung von begrenzt regionalgeschichtlichem<br />
Wert. Ein Buch das von der Geschichte des Erinnerns handelt und<br />
den Opfern des Nazi-Terrors eine Stimme verleiht. Der Autor<br />
Michael Grandt, geb. 1963, arbeitet als freier Journalist, Referent,<br />
Fachberater und erfolgreicher Buch- und Drehbuchautor.<br />
Michael Grandt:<br />
Unternehmen "Wüste" - Hitlers letzte Hoffnung.<br />
Das NS-Ölschieferprogramm auf der Schwäbischen Alb. 224 Sei-<br />
HERBERT RÄDLE<br />
Die Laizer Anna Selbdritt - ein Werk der<br />
Ulmer Weckmann-Werkstatt<br />
Die Reichsstadt Ulm, im Spätmittelalter eines der wichtigsten Kulturzentren<br />
Süddeutschlands, bot vielen Bildhauern und Malern reiche<br />
Arbeitsmöglichkeiten.<br />
Unter den Bildschnitzern war Nikiaus Weckmann (Schaffenszeit<br />
1481-1528) der bedeutendste. Seine gut organisierte Werkstatt<br />
lieferte in den Jahrzehnten um 1500 zahlreiche Bildwerke auch für<br />
das Gebiet des Raumes Sigmaringen, darunter die Figuren des Bingener<br />
und des Ennetacher Altars.<br />
Die Bedeutung der Weckmann-Werkstatt für die schwäbische Plastik<br />
in der Zeit zwischen 1500 und 1530 kann kaum überschätzt<br />
werden. Bei den Vorarbeiten zu der Weckmann-Ausstellung, die<br />
im Sommer 1993 in Stuttgart stattfand, wurden über 6oo Bildwerke<br />
aus dieser Werkstatt und ihrem Umfeld gezählt. Nur ein geringer<br />
Teil davon konnte ausgestellt werden. Aber auch der umfangreiche<br />
Katalog (1), der zur Ausstellung herausgebracht wurde,<br />
mußte unvollständig bleiben.<br />
Im Katalog nicht aufgeführt, aber dennoch herkunftsmäßig zur<br />
Weckmann-Werkstatt gehörig, ist eine Anna Selbdritt in der Pfarrkirche<br />
St. Peter und Paul in Laiz bei Sigmaringen (Abb. 1). Manfred<br />
Hermann (Kunst im Landkreis Sigmaringen, 1986, S. 122)<br />
ordnet die Laizer Anna Selbdritt treffend in ihren kunst- und geistesgeschichtlichen<br />
Zusammenhang ein und beschreibt sie wie<br />
folgt: "Am Ausgang des Mittelalters war die hl. Anna als Schutzherrin<br />
der Mütter neben ihrer Tochter Maria die meistverehrte<br />
Heilige. Freilich ist sie kaum einmal allein dargestellt, vielmehr zusammen<br />
mit der Gottesmutter, wobei beide sich dem spielenden,<br />
30<br />
ten, 37 Abbüdungen, kartoniert:, Euro 18,90. ISBN 3-87407-508-<br />
7. Erschienen im Silberburg-Verlag, Tübingen.<br />
Helmut Eberhard Pfitzer:<br />
Verschtand ond Gfühl,<br />
Gedichte, Skizzen, Chansons<br />
Der Stuttgarter Autor Pfitzer hat auch in unserer Region auf sich<br />
aufmerksam gemacht: als Mundart-Kabarettist und durch Aultritte<br />
der von ihm mitgegründeten Gruppe "Liederleut", die weit über<br />
den schwäbischen Raum hinaus Anerkennung fand.<br />
Im Büchlein "Verschtand ond Gfühl" (94 Seiten, Silberburg-Verlag,<br />
Tübingen, ISBN 3-87407-520-6) spürt der Autor den Eigenheiten<br />
der Menschen allgemein und der Schwaben im Besonderen nach:<br />
mal im Dialekt, mal Hochdeutsch, mal in Versen und mal unge-<br />
reimt. Er vergleicht die Schwaben mit den Berlinern, er sinniert<br />
über menschhche Beziehungen, er philosophiert und übt Zeitkri-<br />
tik, er offenbart Liebe zur Natur und Umwelt, er zeigt Verbunden-<br />
heit zum Ländle und seinen Bewohnern. Seine Texte sind eine ge-<br />
sunde Mischung, die sowohl Nachdenklichkeit als auch Humor<br />
ausstrahlt. ba<br />
Abb.2:<br />
Anna Selbdritt. Achstetten Kreis Biberach. Kath. Pfarramt.<br />
Lindenholz, hinten ausgeholt. Fassung aus dem 20. Jahrhundert.<br />
Höhe94 cm, Ulm, Beckmann-Werkstatt, um 1520.<br />
Bildnachweis: Austeilungskatalog, wieAnm. 1, S. 468
zumeist nackten Jesuskind zuwenden. Beide Frauen versinnbildlichen<br />
das stille häusliche Glück der Familie, in der Gott als Kind eingekehrt<br />
ist. Zugleich stellt die Gruppe ein irdisches Gegenstück zur<br />
himmlischen Dreifaltigkeit dar.<br />
Bei der Laizer Gruppe ist klar die hl. Mutter Anna betont, die als<br />
Matrone mit Kopf- und Halsschleier, mit rotem Kleid und goldenem<br />
Mantel mit blauem Futter wiedergegeben ist. Die sitzende Heilige<br />
hält das Jesuskind auf dem rechten Knie, wobei sich die Finger der<br />
Rechten sacht in das rosige Fleisch eindrücken; mit der Linken<br />
umfaßt sie die neben ihr stehende, mädchenhafte Maria. Diese hat<br />
sich mit ihrem lieblichen Gesicht und goldener Krone voll dem auf<br />
dem Knie der Großmutter balancierenden Kind zugewandt und<br />
reicht ihm mit der Linken einen roten Apfel. Der Jesusknabe wiederum<br />
hebt sein lockiges Köpfchen der hl. Anna entgegen, die sich<br />
ihm liebevoll zuneigt, und tastet etwas unsicher mit beiden Händen<br />
nach der köstlichen Frucht. So ergibt sich dreiecks-förmig durch<br />
die Blickrichtung der Dargestellten eine innige Verbindung, die<br />
herauszuarbeiten wichtigste Aufgabe des Bildhauers war. Höchst<br />
lebendig hat dieser aber auch die Drapierung der Mäntel vorgenommen.<br />
Jener der hl. Anna ist von links her über beide Knie geschlagen,<br />
hier einen Wulst bildend und unter dem Kind so gewendet,<br />
daß das blaue Innenfutter sichtbar wird. Zwischen den Knien<br />
ist der Mantel eingesunken, eine V-Falte bildend, die in ähnlicher<br />
Form auch links an der Bank auftritt. Schlichter ist das in rotsüberner<br />
Lüsterfassung gegebene Kleid und der goldene Mantel der<br />
Gottesmutter drapiert, die ziemlich glatt niederfließen"<br />
(Hermann, S. 122).<br />
Dieser Beschreibung kann man sicherlich nichts Wesentliches hinzufügen<br />
außer vielleicht einem Hinweis darauf, mit welcher Kunstfertigkeit<br />
der Meister die Hände der Figuren gestaltet und angeordnet<br />
hat. Zärtlich und schätzend umschließen die Hände der<br />
Mutter Anna die beiden anderen Figuren: sie halten die Dreieckskomposition<br />
gleichsam zusammen. Von der rechten Hand Annas<br />
verläuft über die Füßchen des Jesuskinds und die am Leib angelegte<br />
Hand Marias eine wellenförmige Linie hinüber zur linken<br />
Hand der Mutter Anna. Der Abwärtsbewegung der rechten Hand<br />
Marias entspricht im Kontrast die Atifwärtsbewegung ihrer linken<br />
Hand, die den Apfel hält. Die ruhige Harmonie und zugleich bewegte<br />
Heiterkeit der gesamten Szene drückt sich sehr schön im<br />
Spiel der Hände um den im Bildzentrum ruhenden Apfel aus.<br />
Hermann schreibt (a.a.O.) die Laizer Gruppe einem "Bildhauer der<br />
Familie Strüb, Veringenstadt (Meister des Rother Altars) um 1515"<br />
zu. Dazu ist korrigierend folgendes zu sagen. Auf dem Rother Altar<br />
(heute Reiss-Museum Mannheim) befindet sich auf der Rückseite<br />
der Predella die Inschrift: "hans strüb mäler zuo Vertagen hat<br />
diß tafel gemachet do man zalt MCCCCC und XIII jar uff liecht meß"<br />
(= 2. Febr. 1513). Solche nach endgültiger Aufstellung angebrachte<br />
Künstlerinschriften auf Altären gibt es mehrfach, und nach<br />
heutigem Wissen ist es so, daß alle diese die Lieferung bestätigenden<br />
"Künstlerinschriften von den Faßmalerwerkstätten angebracht<br />
worden sind" (2). Es kann also aus obiger Inschrift keineswegs<br />
gefolgert werden, daß Hans Strüb als "Bildhauer" (Hermann) die<br />
Figuren geschnitzt hätte. Er hat sie nur bemalt (gefaßt), und er ist<br />
es auch, der den Altar geliefert, an Ort und Stelle aufgestellt und die<br />
letzte Hand an ihn gelegt hat. Soweit ich sehe, muß die Vorstellung,<br />
daß es in Veringenstadt Strüb-Bildhauer gegeben hätte, aufgegeben<br />
werden. Die Veringer Strüb-Familie war eine Malerfamilie. Der<br />
hier genannte Hans Strüb hat - zusammen mit seinem Bruder Jakob<br />
Strüb - u.a. auch die Tafeln des Inzigkofer Altars gemalt<br />
(=Meister von Sigmaringen). Die Laizer Anna Selbdritt ist aus<br />
mehreren Gründen mit großer Sicherheit der Büdhauerwerkstatt<br />
des Nikiaus Weckmann zuzuweisen:<br />
1. spricht die hohe künstlerische und handwerkliche Qualität für<br />
eine Entstehung in einer namhaften Werkstatt, 2. weist die Laizer<br />
Gruppe in mehrfacher Hinsicht Ähnlichkeit mit anderen, ebenfalls<br />
in der Weckmann-Werkstatt entstandenen Darstellungen der hl.<br />
Mutter Anna auf, nämlich einer aus Rottweü (Katalog wie Anm. 1,<br />
S. 134), einer aus Domat /Ems in der Schweiz (ebd. S. 358), einer<br />
aus Stuttgart (ebd. S. 467) und einer aus Achstetten im Landkreis<br />
Biberach, die wir in Abb. 2 zeigen.<br />
Die Achstettener Figur (Abb. 2) weist sowohl Obereinstimmungen<br />
als auch Unterschiede im Vergleich mit der Laizer Anna Selbdritt<br />
auf.<br />
Der augenfälligste Unterschied ist wohl der, daß bei der Achstettener<br />
Figur Maria nicht als stehende, relativ große Ganzfigur wiedergegeben<br />
ist, sondern - fast zu einer Art "Attribut" verkleinert - auf<br />
dem Schoß der Mutter Anna sitzend und in der Bibel lesend: kompositorisch<br />
ein reines Pendant zum Jesuskind. Deutliche Unterschiede<br />
bestehen auch in der Gestaltung der Gewanddrapierung.<br />
Sehr ähnlich erweisen sich hingegen bei einem Vergleich der beiden<br />
Figuren in Abb. 1 und 2 die Gestaltung von Kopf und Gesicht<br />
der hl. Mutter Anna (Kopfneigung, Blickrichtung, Nase und Mund,<br />
Kopfschleier und Halstuch). Das Jesuskind ist in beiden Fällen stilistisch<br />
nahezu identisch (Haartracht, Gesicht, Haltung von Armen<br />
und Beinen), nur ist es auf der Achstettener Darstellung um ca. 90<br />
Grad gedreht und blickt, wie übrigens auch Maria, auf den Betrachter.<br />
Insbesondere auch die Art, wie Annas rechte Hand das<br />
Kind hält, sowie die Gestaltung dieser Hand ist in beiden Fällen<br />
sehr ähnlich.<br />
Diese signifikanten stilistischen und sonstigen Ähnlichkeiten weisen<br />
eindeutig auf die Entstehung beider Darstellungen in ein und<br />
derselben Werkstatt, und sicherlich handelt es sich dabei um die<br />
Ulmer Weckmann-Werkstatt.<br />
In der neuesten Ausgabe (1997) des Dehio'schen Handbuchs findet<br />
sich übrigens die Laizer Anna Selbdritt aus welchen Gründen<br />
immer nicht mehr verzeichnet.<br />
ANMERKUNGEN:<br />
1) Katalog "Meisterwerke massenhaft - Die Bildhauerwerkstatt des Nikiaus Weckmann<br />
und die Malerei in Ulm um 1500, Hrsg. vom wiirtt. l.andesmuseum Stuttgart,<br />
Stuttgart 1993.<br />
2) Vgl. Katalog wie Anm. 1, S. 323 f. unter der Überschrift<br />
"Malerinschriften". Zitatauf S. 324.<br />
3) Zur Veringer Werkstatt der "Meister Hans und Jakob Strub vgl. Claus Grimm und<br />
Bernd Konrad, Die Fiirstenberg Sammlungen Donaueschingen, München 1990, S.<br />
154-161.<br />
31<br />
1
Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />
E 3828<br />
PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />
HOHENZOLLERISCHER HEIMAT<br />
herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />
72486 Sigmaringen<br />
ISSN 0018-3253<br />
Erscheint vierteljährlich.<br />
Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />
und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />
Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />
Beiträge.<br />
Bezugspreis:<br />
Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
ist der Bezugspreis im Beitrag<br />
enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />
€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />
beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
(s. o.) bestellt werden.<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
GerdBantle,<br />
Hedingerstraße 5, 72488 Sigmaringen<br />
Dr. Otto IL Becker,<br />
Hedingerstraße 17, 72488 Sigmaringen<br />
Hans-Peter Hauler,<br />
Hopfengartenweg 12,<br />
88499 Riedlingen-Grüningen<br />
Hedwig Maurer,<br />
Stettengasse 25, 79540 Lörrach<br />
Gemot Paukert,<br />
Silcherstraße 40, 72479 Straßberg<br />
Dr. Herbert Rädle<br />
Veit-Jung-Straße 13a, 92318 Neumarkt<br />
Abb.l:<br />
Anna Selbdritt. Pfarrkirche St. Peter und Paul, Sigmaringen-Laiz.<br />
Lindenholz, hinten ausgehölt. Alte Fassung freigelegt<br />
und ergänzt. Höhe 90 cm. Ulm, Weckmann-Werkstatt,<br />
um 1520. Bildnachweis: Hermann, Kunst im Landkreis<br />
Sigmaringen, 1986, S. 123. Dort einem Striib-Bildhauer<br />
zugewiesen. Jedoch sind meines Wissens nur<br />
Strüb-Maler belegt. Vgl Ausstellungskatalog, wieAnm. 1,<br />
S. 322-324<br />
Gesamtherstellung:<br />
Druckerei Acker GmbH,<br />
Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 9301-0, Fax9301-30<br />
info @druckerei-acker. de<br />
www.druckerei-acker.de<br />
Schriftleitung:<br />
Franz Severin Gäßler, Regierungsbaumeister<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
Jakobsplatz 28b, 86152 Augsburg<br />
Eichertstraße 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (075 74)4407<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />
Mitteilungen der Schriftleitung sind<br />
als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />
an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />
Dr. Edwin Emst Weber, Kreisarchiv Sigmaringen wir bitten unsere Leser> die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />
Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen <strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.<br />
32
Hohen/ollerische <strong>Heimat</strong><br />
Herausgegeben vom<br />
52.Jahrgang<br />
200Jahre Sä<br />
2003 jährt sich die Säkularisation, die Aufhebung (fast) aller<br />
Klöster und der Untergang der geistlichen Staaten in der Zeit<br />
Napoleons, zum 200. Mal. An diese bedeutende Zäsur in der<br />
Geschichte gerade auch von Südwestdeutschland erinnert das Land<br />
Baden-Württemberg mit der Großen Landesausstellung "Alte<br />
Klöster - neue Herren: Säkularisation im deutschen Südwesten"<br />
vom 12. April bis 5. Oktober 2003 im Neuen Kloster von Bad<br />
Schussenried. Begleitend zu dieser vom Württembergischen Landesmuseum<br />
und der Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte<br />
und Kultur gestalteten Schau mit rund 900 Exponaten, findet landesweit<br />
eine Fülle von Veranstaltungen und Projekten zum "Säkularisations-Gedenkjahr"<br />
vor Ort statt.<br />
Im Landkreis Sigmaringen beispielsweise ist geplant, alle ehedem<br />
17 Klöster von Mariaberg bis Pfullendorf und von Beuron bis<br />
Moosheim mit Vorträgen und Führungen der Bevölkerung vorzustellen<br />
und mit Musik-, Kunst- und Theaterveranstaltungen zu "bespielen".<br />
Vorbereitet werden u.a. die Herausgabe eines Klosterfüh-<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Nr. 3 - September 2002 E 3828<br />
rers, die Erarbeitung einer Multi-Media-Schau unter dem Titel<br />
"Klöster im Landkreis Sigmaringen in Geschichte und Gegenwart",<br />
eine Kunstaktion im Kreuzgang des Klosters Inzigkofen, ein "Ordenstag"<br />
zu den Benediktinern in Beuron, eine Kreisexkursion an<br />
die Stätten der klösterlichen Geschichte sowie verschiedene Konzerte<br />
mit klösterlicher Musik. Nähere Informationen:<br />
www.landkreis-sigmaringen.de/saekularisation<br />
Unser Bild zeigt das ehemalige Benediktinerinnenkloster Mariaberg<br />
über dem Laucherttal. Vor ziemlich genau 200 Jahren, am<br />
24. September 1802 wurde das Kloster von württembergischem<br />
Militär besetzt. Am 1. Mai 1847 zog die von Amtsarzt Dr. Rösch<br />
gegründete Heil- und Erziehungsanstalt in das Gebäude ein. Heute<br />
sind die Mariaberger Heime die älteste Einrichtung für geistig Behinderte<br />
in Deutschland. Vor ca. 20 Jahren wurden Kirche und<br />
Klostergebäude vorbildlich renoviert. Das Foto von i960 zeigt den<br />
Zustand vor der Renovierung. (Foto H. Burkarth)
GERD BANTLE<br />
Monsignore Carl Vogel,<br />
Pfarrer und Kommunalpolitiker<br />
Vor 50 Jahren trat Pfarrer Monsignore Carl Vogel in den Ruhe-<br />
stand. Der Erzbischöfliche Geistliche Rat und langjährige Priester<br />
in Straßberg ist bis heute in Hohenzollern unvergessen, denn er hat<br />
sich auch als engagierter Politiker einen Namen gemacht.<br />
Carl Vogel stammte aus Frohnstetten, er wurde dort am 18. März<br />
1879 geboren. Sein Vater war Lehrer. Nach dem Besuch der Gym-<br />
nasien in Sigmaringen und Rottweil studierte er in Freiburg Theo-<br />
logie. 1902 wurde Vogel zum Priester geweiht.<br />
Als solcher wirkte er in der Folgezeit in Gammertingen, Innerin-<br />
gen, Hechingen, Breisach, Sigmaringen, Krauchenwies, Wald und<br />
in Straßberg (in den Jahren von 1918 bis 1951) -<br />
Der Geistliche genoss hohes Ansehen, was sich auch darin zeigte,<br />
dass er von seinen Mitbrüdern zum Kämmerer gewählt wurde und<br />
dann auch Dekan werden sollte, was er allerdings ablehnte. Erzbi-<br />
schof Dr. Gröber ernannte ihn zum Geistlichen Rat, Papst Pius XII.<br />
zum Ehrenkämmerer.<br />
Im <strong>Hohenzollerische</strong>n Kommunallandtag wurde Carl Vogel als<br />
Nachfolger von Kamill Brandhuber im Jahr 1922 zum Vorsitzenden<br />
gewählt.<br />
Als solcher war er auch Vorsitzender des <strong>Hohenzollerische</strong>n Lan-<br />
desausschusses und Leiter des Landeskommunalverbands der Ho-<br />
henzollerischen Lande. Diese politische Tätigkeit übte er bis 1933<br />
aus.<br />
Wie sehr Carl Vogel geschätzt war und wie verdienstvoll er gewirkt<br />
hat, kann ein Ausschnitt aus dem „Schwarzwälder Boten" bezeu-<br />
gen: Unter seiner Leitung erfuhr 1929/30 das Landeskrankenhaus<br />
Sigmaringen eine völlige Umstellung und moderne Führung und<br />
Anpassung an die Forderung einer modernen Hygiene.<br />
Die Landesbank wurde ausgebaut und die Nebenstellen Burladin-<br />
gen, Haigerloch und Ostrach wurden errichtet. Die Neueinrichtung<br />
des Landeswohlfahrtsamtes als zusammenfassende Dienststelle des<br />
hohenzollerischen Fürsorgeverbandes verdankt Vogel letztlich ihr<br />
Entstehen.<br />
Und nicht zuletzt galt sein Interesse der Modernisierung des<br />
Straßenwesens und der Anpassung an die neuen Verkehrsverhält-<br />
nisse.<br />
Der Ausbau der Laucherttalstraße gibt immer davon Zeugnis.<br />
Prälat Vogel, ein verdienter Bürger unserer hohenzollerischen Hei-<br />
mat, starb am 13. Mai 1968 und fand auf dem Straßberger Fried-<br />
hof sein letzte Ruhestätte.<br />
34<br />
Pfarrer Richard Schell zum Gedenken<br />
Am 25. Mai 2002 starb in Sigmaringen<br />
im gesegneten Alter<br />
von 91 Jahren der Geistliche Rat<br />
Pfarrer i.R. Richard Schell. Der<br />
aus Bisingen stammende Geistliche<br />
hatte als Zögling des Fideliskonvikts<br />
am damaligen<br />
StaaÜichen Gymnasium in Sigmaringen<br />
das Abitur abgelegt.<br />
Nach dem Studium der Theologie<br />
an den Universitäten Freiburg<br />
und Tübingen wurde er<br />
am 27. März 1938 in Freiburg<br />
von Erzbischof Dr. Konrad Grö-<br />
Geisflicher. Rat Richard Schell ber zum Priester geweiht.<br />
Die meiste Zeit seines Priesterlebens verbrachte Richard Schell in<br />
Gemeinden seiner hohenzollerischen <strong>Heimat</strong>. So war er von 1949<br />
bis 1956 Pfarrer von Liggersdorf im Hohenfelser Land. Von 1958<br />
bis zu seiner Pensionierung wirkte er als Stadtpfarrer in Sigmaringen,<br />
wo er eine überaus rege und fruchtbare Tätigkeit im Weinberg<br />
des Herrn entfaltete.<br />
Auch nach seiner Pensionierung hatte Richard Schell zahlreiche<br />
Ämter in Einrichtungen der Erzdiözese Freiburg inne und half in<br />
der Seelsorge aus. Lange Jahre war er Regionalaltenseelsorger und<br />
Heimseelsorger im Altenheim St. Elisabeth in Gammertingen. Ab<br />
1986 wirkte er als Subsidiär in Trochtelfingen und in Steinhilben.<br />
1998 war es dem Geistlichen vergönnt, das seltene Jubiläum der<br />
Diamantenen Priesterweihe begehen zu dürfen. Die letzten Jahre<br />
seines Lebens verbrachte Richard Schell im Altenheim Josefinenstift<br />
in Sigmaringen.<br />
Das Wirken des bedeutenden Priesters fand auch öffentliche Anerkennung.<br />
1966 erhielt er den Titel Geistlicher Rat ehrenhalber.<br />
1984 erhielt er den Fürstlich Hohenzollernschen Hausorden. 1989<br />
wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.<br />
Pfarrer Schell, der i960 dem <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
als Mitglied beitrat, war darüber hinaus auch ein großer Fidelisverehrer<br />
und bedeutender Fidelisforscher. Die Ergebnisse seiner<br />
langjährigen Studien über die Darstellungen des Sigmaringer Stadtheiligen<br />
und Patrons von Hohenzollern veröffentlichte er in dem<br />
1977 bei Thorbecke verlegten Band "Fidelis von Sigmaringen<br />
1577-1977. Der Heilige in Darstellungen der Kunst aus vier Jahrhunderten".<br />
Es folgte die Übersetzung und Kommentierung der in<br />
der Fürstlich Hohenzollernschen Hofbibliothek verwahrten Handschrift<br />
"Fidelitas Coronata", die in der Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong><br />
Geschichte 15 (1979) S. 101-110 abgedruckt wurde. 1986<br />
veröffentlichte Richard Schell bei Thorbecke das T\igendbüchlein<br />
des heiligen Fidelis. Ferner verfaßte er ein Büchlein mit dem Titel<br />
"Leben mit Gott. Der Heilige Fidelis von Sigmaringen", das unter der<br />
Überschrift "Vida em Deus. Säo Fidelis de Sigmaringa" in Piracibaba<br />
im brasilianischen Bundesstaat Säo Paulo in portugiesischer<br />
Sprache herausgebracht wurde.<br />
So nahm Pfarrer Schell zum letzten Mal denn auch an einem Vortrag<br />
des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s am 18. April 2001<br />
im Saal des Fidelishauses in Sigmaringen mit dem Thema "Fidelis<br />
von Sigmaringen, der Heilige der Spanischen Straße" teil.<br />
Dr. Otto H. Becker
Mitteilungen<br />
aus dem<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong><br />
Einzelvorträge<br />
Im Rahmen des Landesjubiläums veranstalten der <strong>Hohenzollerische</strong><br />
<strong>Geschichtsverein</strong> und die Stadt Hechingen den Lichtbildervortrag<br />
von Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber, Sigmaringen,<br />
und Fotograf Reiner Löbe, Bingen, über die Hohenzollernstraße<br />
mit dem Titel<br />
Hängt a Socke iiberzwerch - Hohenzollern in Bildern und<br />
Geschichte.<br />
Montag, 7. Oktober 2002, um 20 Uhr im Hohenzollernsaal des<br />
Neuen Schlosses (Sparkasse Zollernalb) in Hechingen.<br />
Franz-Severin Gäßler, Augsburg:<br />
Der Sigmaringer Leopoldplatz als Zentrum von Kult und<br />
Macht. Die geplante Neugestaltung im Dritten Reich.<br />
Freitag, 25. Oktober 2002, um 20 Uhr im Spiegelsaal des Prinzenbaus<br />
(Staatsarchiv) in Sigmaringen.<br />
II. Vortragsveranstaltung<br />
Zum Gedenken an die Säkularisation vor 200 Jahren veranstaltet<br />
der <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong> am Samstag, 9- November<br />
2002, im Kapitelsaal des ehemaligen Klosters Inzigkofen<br />
(Volkshochschulheim) von 9-45 Uhr bis ca. 17.30 Uhr<br />
ein Kolloquium mit dem Thema<br />
Die Säkularisation in den Fürstentümern Hohenzollern vor<br />
200Jahren.<br />
PROGRAMM<br />
9.45 Uhr<br />
10.10 Uhr<br />
10.50 Uhr<br />
Begrüßung und Grußworte<br />
Dr. Edwin Ernst Weber, Inzigkofen:<br />
Geistliches Leben und klösterlicher<br />
Alltag im Augustinerchorfrauenstift<br />
Inzigkofen am Vorabend der Säkularisation<br />
11.30 Uhr<br />
11.50 Uhr<br />
12.30 Uhr<br />
14.00 Uhr<br />
14.40 Uhr<br />
15.10 Uhr<br />
15.30 Uhr<br />
16.10 Uhr<br />
16.50 Uhr<br />
Kaffeepause<br />
Otto Werner, Hechingen:<br />
Die Säkularisation des Klosters St.<br />
Luzen und des Kollegiatstifts St. Jakob<br />
in Hechingen.<br />
Mittagspause<br />
Robert Frank, Haigerloch:<br />
Die Säkularisation des Klosters<br />
Gruol.<br />
Otto Werner, Hechingen:<br />
Die Säkularisation des Klosters Stetten<br />
im Gnadental und des Klosters<br />
zum hl. Kreuz in Rangendingen.<br />
Kaffeepause<br />
Doris Muth, Bahngen:<br />
Die Säkularisation des Klosters<br />
Habsthal.<br />
Dr. Otto H. Becker, Sigmaringen:<br />
Das Schicksal der Archive und Bibliotheken<br />
der säkularisierten Klöster<br />
in Hohenzollern-Sigmaringen.<br />
Schlussdiskussion und Verabschiedung.<br />
Die Teilnahme ist unentgeltlich. Die Kosten für das Mittagessen<br />
(8,50 Euro/Person) sowie für Kaffee und Kuchen (3,25 Euro/<br />
Person) sind von den Konsumenten aufzubringen.<br />
Wegen der Verpflegung und der begrenzten Platzverhältnisse<br />
muss auf formelle Anmeldung bestanden werden.<br />
Während der Mittagspause besteht die Möglichkeit zur Führung<br />
im Kloster Inzigkofen, der Klosterkirche und im Kreuzgang.<br />
Dr. Andreas Zekorn, Balingen:<br />
Josephinische Säkularisationen in Anmeldungen werden vom Sekretariat des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
Hohenzollern-Sigmaringen: Die Auf- jeweils von Montag bis Freitag angenommen (Tel. 07571/<br />
hebung der Klöster Gorheim und Laiz 101-580 oder 559). gez. Dr. Becker<br />
1782.<br />
Vorsitzender<br />
35
OTTO H. BECKER<br />
Vor dem Abriß:<br />
Das "Klösterle" in Sigmaringen<br />
Der Charakter der Sigmaringer Innenstadt wird in den kommenden<br />
Monaten und Jahren durch den Abriß älterer Bauten und<br />
Neubebauung einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Es sei hier<br />
nur auf den Anbau des Rathauses sowie den genehmigten Abbruch<br />
des "Deutschen Hauses" und die Neugestaltung des Anwesens am<br />
Leopoldplatz hingewiesen. Starke Veränderung wird auch der<br />
Bereich der unteren Josefinenstraße durch die Erweiterung des Alten-<br />
und Pflegewohnheims Josefinenstift erfahren. Diesem Bauvorhaben<br />
hatte bereits Ende Mai dieses Jahres das markante<br />
Gebäude Josefinenstraße 4 mit seinem reizvollen Erker weichen<br />
müssen. Geopfert wird ferner auch das bedeutsame Haus Josefinenstraße<br />
2, das sogenannte "Klösterle". Die Geschichte des<br />
Gebäudes an der ehemaligen Landstraße nach Krauchenwies ist in<br />
der Tat bemerkenswert. Es wurde 1832/33 für rund 9000 Gulden<br />
vom Haus Ilohenzollern-Sigmaringen errichtet.<br />
Die Kosten bewegten sich somit größenordnungsmäßig im Rahmen<br />
der Baukosten, die ein Jahrzehnt zuvor für die Errichtung des<br />
"Schlößles", aus dem später der Alte Prinzenbau hervorging, aufgebracht<br />
werden mußten. Das Anwesen des Hauses am Josefsberg<br />
grenzte im Norden an das Anwesen des Hofkammerrates Bilharz,<br />
das Bilharzhaus, im Süden an den Garten des Regierungspräsidenten<br />
von Huber und im Westen an das Anwesen des Sonnenwirts<br />
Heinrich, das heutige Landeshaus. Als Besonderheit wies das<br />
herrschaftliche Haus eine gußeisernen Altane (Balkon) zur Straße<br />
hin auf. Das Haus am Josefsberg wurde zunächst dem Grafen<br />
Friedrich Wilhelm von Zeppelin als Dienstsitz zugewiesen, der seit<br />
Juni 1834 Hofmarschall und damit der Vorstand der Fürstlich Hohenzollernschen<br />
Hofverwaltung war. Von dem Angebot der<br />
Herrschaft, das Anwesen am Josefsberg käuflich zu erwerben,<br />
mußte der Hofmarschall wegen des Kaufpreises schließlich Abstand<br />
nehmen.<br />
Der Graf schied bereits im August 1836 auf eigenen Wunsch aus<br />
dem Fürstlichen Dienst wieder aus und verließ Sigmaringen.<br />
Danach residierte die Fürstin Therese Gustavine von Stolberg-Gedern<br />
im Haus am Josefsberg. Die Aristokratin, die übrigens eine<br />
Cousine der Fürstin Amalie Zephyrine von Flohenzollern-Sigmaringen<br />
geb. Prinzessin von Salm-Kyrburg (1760-1841) war, starb am<br />
15. Mai 1837. Die Trauerfeierlichkeiten der ehemaligen Reichsfürstin<br />
wurden am folgenden Tag standesgemäß in der Hedinger<br />
Kirche begangen.<br />
Mit herrschaftlicher Genehmigung vom 5. Juni 1837 wurde das<br />
Haus am Josefsberg für 7000 Gulden von dem Geheimen Konferenzrat<br />
und Fürstlichen Hofgerichtsdirektor Friedrich Freiherr<br />
von Laßberg (1798-1855) käuflich erworben. Der Käufer, Sohn<br />
des berühmten Germanisten, Handschriften- und Büchersammlers<br />
Josef von Laßberg (1770-1855), hatte sich am 28. Januar 1824<br />
mit Helene Wilhelmine d'Isque von Schatzberg vermählt.<br />
Die Braut stand offiziell als Hofdame im Dienst der Fürstin Amalie<br />
Zephyrine. Nach den Forschungen von Fritz Kallenberg war Helene<br />
von Schatzberg vermutlich deren Tochter aus der Verbindung mit<br />
Oberst Karl von Voumard. Das Ehepaar von Laßberg wohnte zuerst<br />
auch in der Residenz der Fürstin, dem "Schlößle".<br />
Nach dem frühen Tod des Freiherrn von Laßberg 1838 veräußerte<br />
dessen Witwe das Anwesen am Josefsberg 1841 sodann für 11000<br />
Gulden an die Fürstin Cecilie Rosalie von Salm-Kyrburg geb. Prevost<br />
de Bordeaux. Die Freifrau Helene von Laßberg kehrte 1843<br />
Das »Klösterle« in Sigmaringen aufgenommen 1889 von Baurat Eduard Eulenstein. Das 113 Jahre alte Foto ist mit erstaunlicher<br />
Qualität. Reproduktion H. Burkarth<br />
36
Sigmaringen den Rücken und ließ sich in Hertingen im damaligen<br />
badischen Amt Lörrach nieder. Das Haus am Josefsberg wurde<br />
nunmehr Residenz des Prinzen Ernst von Salm-Kyrburg, der im<br />
Fürstlich Hohenzollernschen Bataillon die Charge eines Unterleutnants<br />
bekleidete. Auf sein Ersuchen hin wurde der Prinz im Juni<br />
1842 aus dem Militärdienst entlassen und erhielt den Rang und<br />
Charakter eines Hauptmanns à la suite.<br />
Die Fürstin von Salm-Kyrburg versuchte daraufhin, das Anwesen<br />
wiederzuverkaufen. In der Ankündigung der Versteigerung am 15.<br />
April 1845 wird das Anwesen folgendermaßen beschrieben:<br />
"Ein solid und geschmackvoll gebautes, in den letzten Jahren von<br />
Sr. Durchlaucht dem Fürsten zu Salm-Kyrburg bewohntes Haus,<br />
aus zwei Stockwerken bestehend. In dem untern, von Stein<br />
gebauten Stocke, sind vier Zimmer, zwei kleinere Gelasse und eine<br />
helle, geräumige Küche; im zweiten Stocke ist ein schöner Salon<br />
mit Altane und zwei Zimmern zur rechten und zwei Zimmer zur<br />
linken Seite; in beiden Stockwerken Alles heizbar. Unter Dach<br />
befinden sich fünf zum Theil sehr freundliche und auch geräumige<br />
Zimmer für die Dienerschaft.<br />
Das ganze Haus ist neu und im besten baulichen Zustand, sein Inneres<br />
durchgehend nicht nur elegant und bequem, sondern eben<br />
so dauerhaft und praktisch, und geeignet sowohl für Herrschaften<br />
als für Gewerbetreibende.<br />
Dieses Haus, mit einer freundlichen geschlossenen Anfahrt, hegt<br />
von allen Seiten frei an einem dazu gehörigen, etwa einen Morgen<br />
haltenden Obst-, Blumen- und Gemüse-Garten. Anfahrt und Garten<br />
stoßen an eine der frequentesten Straßen der Stadt und behaupten<br />
nebenbei einen der schönsten Theile der Stadt..." Mit ihrem Angebot<br />
hatte die Fürstin von Salm-Kyrburg kein Glück.<br />
Am 9- März 1846 mußte nämlich ein weiterer Versteigerungstermin<br />
anberaumt werden. Mit Kaufvertrag vom 15. März des gleichen<br />
Jahres erwarb schließlich der Baron von Dietfurt den Komplex am<br />
Josefsberg für 9500 Gulden. Der Käufer war der Fürstlich Salm-<br />
Kyrburgische Hofrat André Emile Miné, den Fürst Anton Aloys von<br />
Hohenzollern-Sigmaringen 1826/27 mit dem Prädikat "Baron<br />
Miné von Dietfurt" in den Adelsstand erhoben hatte. Von dem<br />
Baron erwarb 1858 sodann die Oberin Pauline von Mallinckrodt<br />
aus Paderborn für 11000 Gulden das Haus samt Zubehör für ihren<br />
Orden der Schwestern der chrisüichen Liebe, die darin später eine<br />
Elementarschule und eine höhere Töchterschule unterbrachten.<br />
Infolge des Kulturkampfes mußten die Ordensfrauen jedoch bereits<br />
1879 Sigmaringen wieder verlassen. Sie durften erst 1887<br />
wieder zurückkehren. Nach dem Auszug der Schwestern der<br />
christlichen Liebe 1879 wurde die 1875 von der Fürstin Josefine<br />
von Hohenzollen (1813- 1900) gegründete Suppenanstalt in dem<br />
Gebäude am Josefsberg untergebracht, die von Vinzentinerinnen<br />
des Fürst-Carl-Landeskrankenhauses betreut wurde.<br />
Am 1. April 1884 erwarb die Fürstin sodann das Anwesen von den<br />
Schwestern der chrisüichen Liebe. Anläßlich der Goldenen Hochzeit<br />
der Fürstin Josefine und des Fürsten Karl Anton am 21. Oktober<br />
des gleichen Jahres errichteten die Kinder und Verwandte des<br />
Fürstenpaares eine Stiftung für den Unterhalt der Volksküche,<br />
einer Haushaltungsschule, einer Kinderbewahranstalt sowie für die<br />
Pflege von Pensionären und übertrugen diese der Fürstin. Diese<br />
Stiftung, die übrigens erst 1890 die offizielle Bezeichnung "Josefinenstift"<br />
erhielt, war rechtlich ein gebundener Teil des Fürstlich<br />
Hohenzollernschen Vermögens. Zur weiteren wirtschaftlichen Ab-<br />
37<br />
sicherung wurden der Anstalt alsbald noch eine Nähschule, ein<br />
Wasch- und Bügelbetrieb sowie ein Badebetrieb angegliedert.<br />
Die Zunahme an Aufgaben machte alsbald auch bauliche Erweiterungen<br />
notwendig. 1884/85 erfolgte ein Anbau auf der Südseite,<br />
dessen Untergeschoß einen Schlafraum für Haushaltungsschülerinnen<br />
und im Obergeschoß eine Kapelle enthielt. Im gleichen<br />
Zeitraum wurde an der westlichen Seite des "Klösterles" ein<br />
Waschraum und ein Baderaum angebaut. Dieser Flügel wurde<br />
1887 und 1890 u.a. zur Unterbringung von Badekabinen nochmals<br />
erweitert.<br />
Zu Ehren der Stifterin erhielt 1902 die damalige Krauchenwieser<br />
Straße den Namen Josefinenstraße. Zum 100. Geburtstag der Fürstin<br />
stifteten die Angehörigen des Fürstlichen Hauses Hohenzollern<br />
die von dem in Sigmaringen geborenen und in München tätigen<br />
Bildhauer Prof. Alois Stehle (1854-1932) geschaffene Bronzebüste,<br />
die 1913 rechts vor dem "Klösterle" aufgestellt wurde.<br />
Pläne zum weiteren Ausbau des Josefinenstifts wurden durch die<br />
Inflation 1923 zunichte gemacht. Da das Fürstenhaus nicht willens<br />
war, die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen, übertrug<br />
Fürst Friedrich von Hohenzollern (1891-1965) mit Vertrag vom<br />
15. August 1931 das noch verbliebene Fundationskapital dem<br />
Provinzialmutterhaus der "Barmherzigen Schwestern des Heiligen<br />
Vinzenz von Paul" mit Sitz in Heppenheim, von denen das Josefinenstift<br />
seit seiner Gründung betreut worden war. 1934 erwarb<br />
das Mutterhaus zur Unterbringung von Pfründnern das Haus Josefinenstraße<br />
4, das für die aktuelle Erweiterung bereits abgebrochen<br />
worden ist.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Josefinenstift<br />
allmählich zu einem reinen Seniorenheim. 1972 wurde der Neubau<br />
des Stifts, ein- bis viergeschossiger Komplex, sodann ausdrücklich<br />
auch als "Altenheim" eingeweiht. Diesem Bau hatten die<br />
1884/85 an das "Klösterle" angebaute Kapelle sowie die schräg<br />
oberhalb gelegene Kinderbewahranstalt, errichtet 1863, weichen<br />
müssen.<br />
1999 übernahmen die Schwestern des Heiligen Vinzenz von Paul<br />
vom Mutterhaus Untermarchtal das Josefinenstift. Die von den<br />
neuen Eigentümerinnen in Angriff genommene Erweiterung des<br />
Josefinenstifts wird nun auch das Gebäude des "Klösterles" zum<br />
Opfer fallen, dem als herrschaftlicher Sitz, Ordensniederlassung,<br />
Schulgebäude und Stätte karitativer und sozialer Einrichtungen ein<br />
ganz besonderer Platz in der Geschichte der Stadt Sigmaringen und<br />
ihres Umlandes zukommt. Unverzeihlich wäre es deshalb, wenn<br />
auch die Bronzebüste der Fürstin Josefine den Baumaßnahmen<br />
zum Opfer fiele.<br />
Quellennachweis:<br />
StA Sigmaringen Ho 80 T 2 C -1 - 2b Nr. 6 (Pak. 157)<br />
StA Sigmaringen Ho 199 T 1 Nr. 675, 680<br />
StA Sigmaringen Dep. FAS NVA 15.539, 15-540, 15-444, 16.786,<br />
36.385<br />
StA Sigmaringen Dienerkartei<br />
Verordnungs- und Anzeigeblatt für das Fürstenthum Hohenzollern-<br />
Sigmaringen<br />
Nr. 10 vom 9- März 1845; dass. Nr. 8 vom 22. Februar 1846
Literaturnachweis:<br />
-Joachim Emig: Friedrich III. von Salm-Kyrburg (1745-1794).<br />
Ein deutscher Reichsfürst im Spannungsfeld von Ancien régime<br />
und Revolution. In: Europäische Hochschulschriften. R. III:<br />
Geschichte und Hilfswissenschaften. Bd. 750. Frankfurt a.M.<br />
- Berlin - New York - Paris - Wien 1997<br />
- Maren Kuhn-Rehfus: Der Prinzenbau in Sigmaringen. Versuch<br />
einer Baugeschichte. In: Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Ge-<br />
ERNST SCHEDLER<br />
Gräfin Adelheid von Hohenzollern<br />
Äbtissin des adeligen Chorfrauenstiftes zu Oberstenfeld<br />
Im Ortskern von Oberstenfeld steht - etwas erhöht - die Stiftskirche<br />
St. Johannes der Täufer. Sie gehörte zum 1016 gegründeten<br />
Chorfrauenstift, das nach der Reformation 1540 in ein adeliges<br />
Damenstift umgewandelt wurde und bis 1919 bestand. Es war gestiftet<br />
worden, um den unverheirateten Adelstöchtern ein standesgemäßes<br />
Leben zu sichern, vor allem auch damit diese durch<br />
gottgefälliges Leben und Gebete zum Seelenheil der Familien<br />
beitragen. Aus der frühesten Zeit des Stiftes stammt die dreischiffige<br />
Säulenkrypta. Sie blieb erhalten, als man um 1200 die querschifflose<br />
Basilika in Form einer Nonnenkirche errichtete, doch<br />
zunächst ohne Hirm. Dieser wurde etwa 30 Jahre später angefügt.<br />
Durch die einschneidende Renovierung von 1888 bis 1891 erfuhr<br />
das südliche Seitenschiff im Innern wie auch im Äußeren<br />
wesentliche Veränderungen.<br />
Blick in die dreischiffige Säulenkrypta aus dem 11. Jahrhundert,<br />
an die sich im Osten die Krypta des um 1230 errichteten<br />
Turmes anschließt.<br />
38<br />
schichte 15 (1979) S. 155-171<br />
-Birgit Robbers: Die Wohlfahrtsstiftungen des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen<br />
im 19. Jahrhundert unter besonderer<br />
Berücksichtigung des Josefinenstifts. Masch. Zulassungsarbeit<br />
PH Freiburg 1968<br />
- Klara Steidle: Die Kongregation der Schwestern der christlichen<br />
Liebe in Sigmaringen. Eine Chronik in 5 Bänden. Bde. 1-2.<br />
Masch. Sigmaringen [1984]<br />
Die Krypta der Stiftskirche als Grablege<br />
Der älteste Teü der Kirche geht annähernd bis in die Gründungszeit<br />
des Stiftes zurück. Erhalten ist noch die dreischiffige Säulenkrypta<br />
aus der Zeit um 1040, die in ihrem Bestand geschont wurde, als sie<br />
um 1200 durch die wesentlich größere Basilika um- und überbaut<br />
wurde. Damals befanden sich in der Krypta noch Gräber der einstigen<br />
Stifter; es wird sogar von einem Hochgrab geschrieben, das<br />
vor der Reformation dort zu sehen gewesen sei. Die Krypta war als<br />
geweihter Raum von Anfang an zur Grablege bestimmt. Sie besaß<br />
drei Apsiden, die beiden seitlichen sind noch erhalten. Von ihnen<br />
aus lasen die Priester die Messen. In der Altarplatte der nördlichen<br />
Apsis ist die Aussparung für die Aufbewahrung der Reliquien noch<br />
erhalten. Die mittlere Apsis musste um 1200 der größeren Kirche<br />
weichen. In der Krypta wurden bis zur Reformation auch die Seelenmessen<br />
für die Verstorbenen an deren Jahrtagen begangen,<br />
diese Messen waren durch besondere Stiftungen der Familien<br />
gesichert.<br />
Epitaph der Äbtissin Gräfin Adelheid von Zollern<br />
Zu ihrem Epitaph gelangt man durch die Säulenkrypta und betritt<br />
anschließend die Hirmkrypta. Sie stellt das unterste, kreuzrippengewölbte<br />
Geschoss des Turmes dar. Vom Beschauer aus gesehen<br />
findet man das Epitaph der Äbtissin Adelheid in der Ecke<br />
rechts von der Altarmensa (südösthche Ecke der Krypta) aufrecht<br />
stehend. Es ist rechteckig, 191 cm hoch, 94 cm breit, 7 cm stark<br />
und aus feinkörnigem Sandstein gefertigt.<br />
Die umlaufende Randinschrift verläuft zwischen eingehauenen Linien.<br />
Im oberen Mittelfeld befindet sich in einem Wappenschild<br />
das Hohenzollern-Wappen, im unteren jenes von Rhäzüns und in<br />
der Mitte ein Balkenkreuz, In dessen Fuß ist die Initiale A eingemeißelt,<br />
darunter die Beischrift reczinß, dem unteren Wappen<br />
zugehörig. Der Stein lag bis 1890 im Fußboden der Apsis des<br />
südlichen Seitenschiffes, vermutlich die Gruft bedeckend. Er ist an<br />
den Rändern bestoßen, die Inschrift lautet (ergänzte Buchstaben<br />
sind in () gesetzt):<br />
"In de(m jar) als man zalt /1502 ist gestorben die Wolgeborn Vnd<br />
gaistlich frow adelhaid greffin Von ho / henzorn abtisin hie zvo<br />
oberstenfeldt der got genad"<br />
Die Schrift ist in gotischen Minuskeln mit Kapitalis-Versalien und<br />
Kapitalis gestaltet. Das eingegrabene A auf dem Stein für Adelheid<br />
diente dazu, die ursprünglich liegende Grabplatte leichter auffinden<br />
zu können und das darunter sich befindende Grab zu kennen,<br />
ohne erst die meist schwer zu lesende Inschrift entziffern zu<br />
müssen. Dasselbe gilt für das rechts daneben stehende Epitaph mit<br />
der Initiale M für Margarete Münch von Rosenberg. Sie war die<br />
Amtsnachfolgerin von Äbtissin Adelheid von Zollern.
Glasfenster der Klosterkirche Stetten im Gnadental, heute im<br />
Kernerhaus in Weinsberg.<br />
Herkunft der Äbtissin Gräfin Adelheid von Zollern<br />
Stammsitz des Grafengeschlechtes, das sich von Zollern, später von<br />
Hohenzollern nannte, war die Burg Zollern bei der von ihnen<br />
gegründeten Stadt Hechingen mit dem benachbarten Kloster Stetten<br />
im Gnadental als Grablege. Nach 1190 entstanden durch den<br />
Erwerb der Burggrafschaft Nürnberg zwei Linien: die fränkische<br />
Linie der Hohenzollern, die Hohenzollern, die über Brandenburg<br />
und Preußen im 18. Jahrhundert zur Königs-, und schließlich<br />
1871 zur Kaiserkrone gelangt ist. Die Entwicklung der zweiten, der<br />
schwäbischen Linie verlief bescheidener und unrühmlicher.<br />
Durch mehrfache Teilungen und Veräußerungen wurde die Linie<br />
wiederholt geschwächt. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war die<br />
Grafschaft Zollern auf ein kleines Gebiet um die Burg und die Stadt<br />
Hechingen zusammengeschmolzen. 1401 starb Graf Friedrich der<br />
Ältere (Fritz) von Zollern - er ist der Großvater von Äbtissin Adelheid<br />
- und nach seinem Willen sollten die beiden ältesten Söhne,<br />
Friedrich der Öttinger und Eitel Friedrich - Vater der Äbtissin -<br />
Burg und Herrschaft gemeinsam besitzen und regieren. Doch entstanden<br />
zwischen ihnen Feindseligkeiten, die über 20 Jahre hinweg<br />
andauerten. In deren Verlauf wurde 1423 die Burg, deren Festigkeit<br />
alle Zeitgenossen gerühmt hatten, völlig zerstört.<br />
Eitel Friedrich I., dem es in diesem Kampf gelungen war, sich gegen<br />
seinen Bruder zu behaupten, versuchte sich durch Teilverkauf<br />
seiner Gebiete wirtschaftlich zu erholen, geriet dadurch jedoch in<br />
Abhängigkeit von Württemberg. Diese Beziehungen spielten vielleicht<br />
bei der späteren Ernennung seiner Tochter Adelheid zur<br />
Äbtissin im Stift Oberstenfeld eine Rolle. Um zu vermeiden, dass die<br />
Grafschaft Zollern an Württemberg fiel, heiratete Eitel Friedrich in<br />
39<br />
fortgeschrittenem Alter - mit etwa 48 Jahren - die erheblich jüngere<br />
Ursula, die begüterte Tochter des Freiherrn von Rhäzüns in<br />
Graubünden.<br />
Dass die Ehe zwischen den beiden durch den großen Altersunterschied<br />
getrennten Partnern glücklich war, wird vom Verfasser der<br />
Zimmerischen Chronik bezweifelt: "Aber das ich widerumb kom uf<br />
graf Friderrichen von Zollerr und sein hausfraw, die von Ratzüns,<br />
so hat die selbig, wie die gar alten in meiner jugendt noch wol<br />
haben künden darvon sagen, nit sonders vil frewd oder gueter zeit<br />
bei irem herren gehapt; schafft alles das groß eifern, dessen er sich<br />
nit enthalten kunt, sonder ain solche Übermaß damit getriben, dass<br />
in aller gegene ein groß sagen von im gewest." Dann wird weiter<br />
geschildert, welche Merkwürdigkeiten der Zoller in der Ehe an den<br />
Tag gelegt und dass später deshalb die junge Witwe ihrem verstorbenen<br />
Gemahl kaum das Totengeleit gegeben habe: "Da ist sie<br />
widerumb zurückgegangen, sprechendt: ,Wolhin mit im zur erden<br />
in aller teufel namen, er soll mich hinfür mit ruwen und zufrieden<br />
lassen!' Kurzlichen darnach, dieweil ir der erst heirat mit Zollern<br />
nit war nach irem gefallen gerathen, do wagte sie's mit grafe Sigmundten<br />
von Hochenberg, mit dem vermehlt sie sich." - Einem<br />
abschriftlich erhaltenen Brief Ursulas an ihre Schwester Clementa<br />
ist jedoch zu entnehmen, dass sie offenbar eine zufriedene Ehefrau<br />
war, vielleicht trotz aller Grillen ihres nicht mehr jungen Gemahls<br />
Eitel Friedrich I.<br />
Aus dieser Ehe stammte: a) Jos Nikiaus I. (geb. 1433), der das<br />
Geschlecht weiterführte (wäre er kinderlos gestorben, wäre die<br />
Grafschaft Zollern an die Grafen von Württemberg gefallen) und<br />
1453 von Kaiser Friedrich III. (1440-1493) die Erlaubnis erhielt,<br />
die Burg wiederherzustellen. Er baute sie mit Hilfe des kurfürstlichen<br />
Hauses Brandenburg neu auf. Im Jahre 1488 starb er<br />
auf Burg Hohenzollern, wurde im Kloster Stetten bei Hechingen<br />
beigesetzt und 1804 in die Stadtpfarrkirche (ehemalige Stiftskirche)<br />
umgebettet, b) Als nächster Sohn folgte Heinrich, der<br />
Domherr zu Straßburg wurde und nach seinem Tode um 1458<br />
seine Ruhestätte ebenfalls im Kloster Stetten fand, 1804 umgebettet.<br />
c) Als jüngstes Kind kam Tochter Adelheid zur Welt, die 1502<br />
in Oberstenfeld starb und deren Epitaph in der Turmkrypta der<br />
Stiftskirche Oberstenfeld steht. Es ist der älteste von mehreren<br />
noch erhaltenen Gedenksteinen einer Äbtissin des Stiftes.<br />
Es soll noch einmal kurz auf die Herkunft der Ehefrau Graf Eitel<br />
Friedrichs I., Ursula Freiin von Rhäzüns, also der Mutter Adelheids<br />
und ihrer Brüder, eingegangen werden. Ihre <strong>Heimat</strong> Rhäzüns hegt<br />
unweit von Chur in der Schweiz am Zusammenfluss von Vorderund<br />
Hinterrhein; die Familie hatte reichen Besitz: die Burg und<br />
einige mit kostbaren Fresken ausgestattete Kirchen ihrer einstigen<br />
Herrschaft machen dies noch heute deutlich. Die durch ihre Ehe<br />
mit Eitel Friedrich eingebrachte Herrschaft Rhäzüns - der Zoller<br />
musste sich allerdings sehr mit der neuen Verwandtschaft<br />
herumstreiten - war wertvolle "Manövriermasse" für die Zollern:<br />
Eitel Friedrich II., der Sohn von Adelheids Bruder, tauschte 1497<br />
das ihm zugefallene Erbe gegen das zur Abrundung seines Territoriums<br />
wichtige Haigerloch ein, das uralter zollerischer Besitz<br />
gewesen und 1381 an Österreich verloren gegangen war.<br />
Eitel Friedrich I., der Gemahl Ursulas geb. von Rhäzün, starb schon<br />
früh (1439). Die Witwe heiratete um 1459 ein zweites Mal und<br />
zwar, wie bereits erwähnt, Graf Sigmund von Zollern-Hohenberg.
1477 verstarb sie und wurde im Kloster Reutin bei Wildberg im<br />
Schwarzwald beigesetzt. Von dem Kloster sind nur noch geringe<br />
Reste vorhanden. In Erinnerung an diese 2. Ehe der Mutter ist auf<br />
dem Epitaph Adelheids in der Oberstenfelder Stiftskirche das mütterliche<br />
Wappen senkrecht zweigeteilt: die eine Hälfte zeigt das<br />
Wappen von Rhäzüns, die andere jenes der Grafschaft Hohenberg.<br />
Warum kam eine Frau aus dem Hause Hohenzollern zur<br />
Äbtissinnenwürde im Stift Oberstenfeld?<br />
Es überrascht, dass im Stift Oberstenfeld, weitab von den hohenzollerischen<br />
Landen, eine Äbtissin aus dem bis heute noch berühmten<br />
und bekannten Geschlecht lebte und "regierte". So der<br />
häufig verwendete Ausdruck im Bück auf die Verantwortung und<br />
Tätigkeit einer stiftischen Äbtissin. Das hat natürlich seinen geschichtlichen<br />
Hintergrund.<br />
Schutz- und Schirmvögte des Stiftes Oberstenfeld waren im Mittelalter<br />
die hochadeligen Herren von Lichtenberg, zu denen u. a. Bischöfe<br />
und Kanzler gehörten. Sie übten das Amt des Vogtes fast zwei<br />
Jahrhunderte aus. Solange die Lichtenberger die Vögte des Stiftes<br />
stellten, setzten sie als Äbtissinnen des Oberstenfelder Stifts meist<br />
Töchter aus der eigenen Familie ein: Einige davon sind urkundlich<br />
nachgewiesen.<br />
Im Jahre 1357 mussten die Herren von Lichtenberg ihre Herrschaft,<br />
Burg und die Vogtei über das Stift an Graf Eberhard den<br />
Greiner (reg. 1344-1392) verkaufen, d.h. an Württemberg. Nun<br />
war es der Graf von Württemberg, der entscheidend mitbestimmte,<br />
wer Äbtissin in Oberstenfeld werden sollte. Dabei kamen Familien<br />
zum Zug, denen sich Württemberg verpflichtet fühlte. Elisabeth von<br />
Lichtenberg verblieb noch bis zu ihrem Tode im Jahr 1381 als<br />
Äbtissin im Stift. Es folgten ihr danach zunächst drei Pfalzgräfinnen<br />
von Tübingen.<br />
Wie oben erwähnt, bestanden Verbindungen zwischen Adelheids<br />
Vater Eitel Friedrich I., der seinerzeit zu Gebietsveräußerungen<br />
gezwungen war, und dem aufkaufenden württembergischen Grafen.<br />
Etwas später, im Jahre 1459, kam Gral Eberhard im Bart an die<br />
Regierung. In einer alten, farbig angelegten Handschrift sind acht<br />
Wappen seiner weiblichen Ahnen dargestellt, darunter auch das<br />
gevierte zollernsche Wappenschild von Eberhards väterlicher<br />
Großmutter, der Burggräfin Elisabeth von Nürnberg. Ob die verwandtschaftlichen<br />
Beziehungen eine Rolle gespielt haben, die frei<br />
gewordene Äbtissinnenstelle im Stift Oberstenfeld mit Adelheid von<br />
Hohenzollern zu besetzen, kann nicht gesagt werden. Mehring<br />
schreibt dazu: "Aus dem 15. Jahrhundert ist aus glaubhafter, wenn<br />
auch nicht urkundlich beglaubigter Quelle überliefert, dass Graf<br />
Eberhard im Bart seinen Einfluss als Schutzvogt des Stifts für die<br />
Wahl der Äbtissin Adelheid Gräfin von Zollern eingesetzt habe."<br />
In den Württembergischen Geschichtsquellen Band 2 wird aus<br />
päpstlichen Archiven berichtet, dass Adelheid von Zollern, Klosterfrau<br />
zu Stetten, größere Geldsummen (sie sind in der Urkunde<br />
einzeln aufgeführt) an die apostolische Kammer in Rom zu entrichten<br />
gehabt habe.<br />
Es ging dabei um die Annaten, d. h. um den ihr als Äbtissin zustehenden<br />
Anteil am Jahreseinkommen des Chorfrauenstiftes, das sie<br />
als neu ernannte Äbtissin einmalig an den Papst zu zahlen<br />
verpflichtet gewesen wäre. Dies scheint sie versäumt zu haben; es<br />
40<br />
gab eine Verhandlung, die mit einem Vergleich mit der Kammer<br />
vom 7. Juli 1471 schloss. "Für zu Unrecht erhobenes Einkommen<br />
aus dem ihr als Äbtissin übertragenen St. Marienkloster zu Obersternfeld"<br />
musste sie nicht allein die Annaten nachentrichten, sondern<br />
darüber hinaus auch eine bestimmte Summe als Buße<br />
bezahlen. Diesem Vorgang ist zu entnehmen, dass Gräfin Adelheid<br />
im Jahre 1471 als Äbtissin an das Stift (Johannes d.T., nicht Marienkloster)<br />
Oberstenfeld gekommen war. Graf Eberhard im Bart<br />
soll sich damals - wie erwähnt - dafür verwendet haben.<br />
Äbtissin Gräfin Adelheid von Zollern soll zwei Nonnen aus<br />
Schwäbisch Gmünd aufnehmen<br />
Im Jahr 1478 lässt Graf Eberhard, der Schutzvogt des Stiftes, bei<br />
Äbtissin Adelheid von Hohenzollern anfragen und bittet mehrfach<br />
darum, dass das Stift zwei Nonnen namens Vetzer aus einem Kloster<br />
in Schwäbisch Gmünd aufnehmen möge. Nur sehr ungern gab die<br />
Äbtissin nach. Die 1478 erteilte Antwort der Äbtissin hat im Hauptabschnitt<br />
ihres Schreibens an Graf Eberhard folgenden Wortlaut:<br />
"Euwer gnad hat umb mehr dann aines thuen bitten durch euwer<br />
gnaden räth auch in geschriften, daz wier euwer gnaden zu heb<br />
und gefallen den zwaien Fetzerinn, die zu Gmund im closter sind,<br />
zwuo pfruond geben und leihen sollen, gnediger herr, daz ist uns<br />
schwer gewesen und noch auf diesen tag, ist der ursach halber,<br />
dass solchs vormals in unsern orden und closter nit gehert oder<br />
herkommen ist, gewillt (geschleierte) und geordet (Ordens )<br />
frowen inzunehmen, sunder dem gemainen adel sin kind, die under<br />
den jaren sind, ufzunemen und zu ziehen nach gesatz der<br />
pfruond, die den uf dise zeit verlihen und vergeben sin gewest<br />
einer'. Weiterhin erklärt dann die Äbtissin, dass das Stift, um dem<br />
Epithaph der Äbtissin Gräfin Adelheid von Zollern in der<br />
Stiftskirche Oberstenfeld. Oben das väterliche Zollemwappen,<br />
unten das mütterliche, es zeigt hälftig das Wappen von<br />
Rhäzüns in Graubünden undjenes von Hohenberg.
Grafen einen besonderen Gefallen zu erweisen, von der seitherigen<br />
Übung abgehen und die zwei Nonnen aus Schwäbisch Gmünd<br />
aufnehmen wolle, es müssten eben die andern Frauen sich so viel<br />
abbrechen (sie!), um die beiden auszustatten.<br />
Es ist wohl kaum dem Hochmut zuzuweisen, dass sich Äbtissin samt<br />
Konvent erst nach mehrmaligem Ansuchen Graf Eberhards dazu<br />
entschlossen hatten, die beiden nichtadeligen Nonnen eines fremden<br />
Klosters bei sich aufzunehmen. Es ist bekannt, dass bei einzelnen<br />
Mönchsorden die Scheu bestand, Glieder eines anderen Ordens<br />
aufzunehmen. Dies dürfte dann im Stift nicht anders der Fall<br />
gewesen sein. Doch etwas anderes spielte hier eine noch wichtigere<br />
Rolle: Wer in ein Kloster üblicher Art aufgenommen wurde, musste<br />
die drei klösterlichen Gelübde ablegen: Keuschheit, Gehorsam und<br />
Armut. Eine Nonne hatte - ebenso wie ein Mönch - keinerlei eigenen<br />
Besitz und bezog auch vom Klostervermögen keine Einkünfte.<br />
Dies war im Oberstenfelder Stift anders. Das Gelübde der Armut galt<br />
hier nicht, die Chorfrauen hatten eigenen Besitz und bezogen<br />
regelmäßig ihren Anteil an den Einkünften des Stifts. Es herrschte<br />
das Pfründesystem. Bei den Oberstenfelder Chorfrauen bestand<br />
weniger die Befürchtung, dass die neu aufzunehmenden Nonnen<br />
nicht recht in den Kreis der adeligen Frauen hineinpassen würden,<br />
als vielmehr die begründete Sorge, dass die Vergrößerung der "Belegschaft"<br />
des Stifts eine Verkleinerung der zu verteilenden<br />
"Kuchenstücke" herbeiführen wurde. So gesehen ist auch oben die<br />
Ausdrucksform zu verstehen, die Chorfrauen müssten sich so viel<br />
abbrechen, um die beiden Nonnen auszustatten.<br />
Doch Adelheid von Hohenzollern war klug genug, dem Schirmvogt<br />
Graf Eberhard nachzugeben und die beiden Nonnen im Stift<br />
aufzunehmen. Vielleicht war dabei auch noch persönliche Dankbarkeit<br />
dafür im Spiel, dass Adelheid ihm die Äbtissinnenwürde zu<br />
danken hatte, die ihr neben der Würde auch ein besseres Einkommen<br />
sicherte. Die Nonnen Vetzer wurden dann im Stift aufgenommen;<br />
als "Chorfrau" sind sie mehrmals in Urkunden erwähnt. 13<br />
Jahre nach dem Tode von Äbtissin Adelheid liest man 1515 zum letzten<br />
Mal von ihnen.<br />
Die Aufnahme der Gmünder Nonnen im Stift und vor allem die vorausgegangene<br />
Stellungnahme der Äbtissin ist für die Geschichte<br />
des Stiftes Oberstenfeld von Bedeutung, denn es macht 1478 deutlich<br />
- rund 80 Jahre vor Einführung der Reformation - dass erstens<br />
das Stift dem Adel vorbehalten blieb (und dies bis zum Jahre<br />
1919), und zweitens, dass das Stift kein eigentliches Kloster war,<br />
sondern eben ein Stift mit Pfründensystem.<br />
Aus verschiedenen Urkunden<br />
Die früheste Nennung von Gräfin Adelheid von Hohenzollern findet<br />
sich wie bereits erwähnt in einer Papsturkunde in Rom. Dort wird<br />
sie 1471 als Nonne in Stetten unter dem Hohenzollern angesprochen,<br />
hatte aber nach derselben Urkunde damals bereits die<br />
Äbtissinnenwürde von Oberstenfeld inne. Ein Eintrag im Seelbuch<br />
des Klosters Stetten ist nur noch in einer späteren Abschrift des<br />
Historikers Gabelkofer gegen Ende des 16. Jahrhunderts erhalten:<br />
"Soror Adelhaid comitissa de Zolr, abbatissa de Oberstenfeld."<br />
Im Staatsarchiv Ludwigsburg hegt eine Reihe von Pergamenturkunden<br />
vor, die durch Äbtissin Adelheid veranlasst wurden und<br />
z. T. noch ihr Siegel tragen. So dokumentiert eine Urkunde vom<br />
41<br />
Jahre 1489 die Einwilligung der Äbtissin zu den Vorschlägen der<br />
Kapläne des Süfts über die Begehung der Seelenmessen. Ebenfalls<br />
von 1489 stammt eine Urkunde, die zwar nicht mehr im Original<br />
erhalten ist, jedoch deren aus dem 16. Jahrhundert stammende<br />
Übersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche. Darin warnt<br />
Äbtissin Adelheid, Gräfin von Zollern: Wenn die Seelenmessen<br />
"durch die darzu verordnete und gehörige Priester kalltsinnig und<br />
nicht mit rechtschaffenem vorsüchtigem Fleiß verrichtet werden",<br />
auch wenn ein Priester nicht pünktlich zum Amt oder beim dritten<br />
nächthchen Amt überhaupt nicht erscheine, soll er eine Geldstrafe<br />
entrichten müssen. Um diesen und weiteren Missständen, die in<br />
jener Zeit allgemein nicht selten waren, ernsthaft entgegenzutreten,<br />
veranlasste die Äbtissin regelnde Bestimmungen über die Begehung<br />
von Seelenmessen.<br />
Es folgen nun die Inhaltsangaben weiterer Pergamenturkunden<br />
aus dem Staatsarchiv Ludwigsburg.<br />
1494: Der Speyrer Generalvikar Jakob von Gochsheim genehmigt<br />
auf Bitten der Äbtissin Adelheid von Zollern zu Oberstenfeld und<br />
der Stiftsfrauen (es folgen deren acht Namen, darunter jene der<br />
Vetzerschen Schwestern) sowie des Plebans Johann Wagner, Dekans<br />
des Landkapitels Marbach, und des Jodocus Trutwin, Schultheißen<br />
in Oberstenfeld, die Stiftung einer Marienbruderschaft zur<br />
Abhaltung von Jahrzeiten, besonders eine mit 30 Priestern für die<br />
Bruderschaft selbst in der Pfarrkirche zu Oberstenfeld.<br />
1498: Gerhard von Talheim, Vogt zu Lauften, und Bernhard von<br />
Liebenstein bringen mit der Äbtissin Gräfin Adelheid von Zollern<br />
und den Chorfrauen von Oberstenfeld nebst ihrem Pfarrer einen<br />
Vergleich mit dem Hofmeister Dietrich von Weiler zustande über<br />
den Neubruchzehnten zu Lichtenberg, den dieser für die von den<br />
Frauen zu Oberstenfeld abgeschaffte Pfründe daselbst in Anspruch<br />
nimmt.<br />
1500: Der Generalvikar des Bischofs von Speyer verleiht auf Bitte<br />
der Äbüssin Adelheid Gräfin von Zollern und des Konvents der<br />
regulierten Stiftsfrauen zu Oberstenfeld für ihre Kirche bestimmte<br />
Ablässe.<br />
Einige Urkunden zeigen die Querelen auf, die sich aus nicht<br />
abgeliefertem Zehnten oder strittigen Zehntrechten ergaben. In<br />
einer weiteren Urkunde, einem Vertragsbrief, geht es um Ärger wegen<br />
Holz aus dem gemeinsamen Wald des Stifts und der Gemeinde.<br />
Es heißt darin: "Zu Wissen, dass sich Irrung und Spahn [Unstimmigkeiten]<br />
gehalten hand, zwischen der Ehrwürdig und wohlgebohren<br />
Frowen, Frow Adelhaid Grövin von Zollern und Abüssin,<br />
Schultheiss, Gericht und Gemeind zue Oberstenfeld uf Einen und<br />
Mathes Müllern zum Hof (Sauserhof), andern Theils, als Mathes<br />
obgenandt in den Wald gen Oberstenfeld gehörig etlich bäum ohnerlaubt<br />
abgehauen hat, darum die von Oberstenfeld angefochten<br />
haben ..." Schließlich kommt es zu einem Vergleich.<br />
Die Streitereien um den Wald hatten sich in späterer Zeit so sehr<br />
gehäuft, dass der ursprünglich gemeinsame Wald im Jahre 1767 in<br />
den Kommun- und den Stiftswald aufgeteilt wurde; letzterer kam<br />
1802 in württembergischen Besitz. Noch erhaltene Markungssteine<br />
dokumentieren Teilung und Besitzerwechsel. Im Lagerbuch
des Stiftes mit Eintragungen von 1477 bis 1512 ist zu lesen: „Ein<br />
wisen stücklin gelegen under dem petersberg, anstosst Gassen-<br />
Henßlins Lehnwisen, hatt ein aptissin genant Frow adelhait grefin<br />
zu Zollre gelihen hern Bechtold rawen zu der Zeiten pfründner der<br />
frauen pfründ umb iiii ß (4 Schilling Heller) jährlichen Zinß."<br />
Ein frommes Vermächtnis<br />
Im Staatsarchiv Ludwigsburg befindet sich des Weiteren das Seelbuch<br />
des Stiftes. Es ist eine für die Stiftsgeistlichen bestimmte Aufstellung<br />
der zu begehenden Jahrtage, also der meist festlich zu<br />
begehenden Seelenmessen, mit genauer Angabe der Beträge, die<br />
den einzelnen Priestern und den Chorfrauen zustehen. - Obwohl<br />
erst 1518 angelegt, enthält das Seelbuch außer laufenden Eintragungen<br />
auch solche, die auf ein älteres zurückgehen.<br />
So die folgende, sich auf Äbüssin Adelheid von Hohenzollern<br />
beziehende. "Nota: Gedenkt durch gotz willen der erwirdigen und<br />
geistlichen frauen frau Adelheit grefrin von Hohenzorn, eptissin dis<br />
gotzhus gewesen, die hat um ir sei heils willen gesetzt ein guldin<br />
geltz an ein ewigen jartag uf her Heinrich Boxberger pferre zu<br />
Heinriet. Soll iglichem priester werden 15 & [Pfennig], dem mesner<br />
1 ß [Schilling], das uberig den frauen uf den kor (Chorfrauen)<br />
. Sol der jartag begangen werden in der wochen vor purificationisMarie<br />
[Mariae Reinigung, 18. Februar]."<br />
HEDWIG MAURER<br />
Das Gedenken an die einstige Äbtissin mag auf Grund der großzügigen<br />
Jahrtags-Stiftung über lange Jahre hinaus gesichert gewesen<br />
sein. Heute erinnert nur noch ihr Epitaph an sie, die Gräfin<br />
Adelheid von Hohenzollern. Das Epitaph wurde bei der Renovierung<br />
während der Jahre 1888/91 in der Apsis des südlichen Seitenschiffs<br />
aufgefunden. Über eine damals darunter liegende Gruft ist<br />
nichts berichtet. Es kann aber angenommen werden, dass die<br />
Äbtissin einst dort beigesetzt worden war. Danach bestimmte die<br />
Familie der Freiherren von und zu Weiler - sie hatte 1483 die Burg<br />
Lichtenberg als Lehen erhalten - diese Apsis im 16. Jahrhundert zur<br />
eigenen Grablege. Mehrere ihrer Epitaphe sind dort noch zu sehen.<br />
Jenes der Äbtissin Adelheid wurde 1891 an seinen heutigen Platz in<br />
der Turmkrypta versetzt. Es ist noch zu bemerken, dass es, obwohl<br />
Grabplatte einer Äbtissin, nicht den Abtsstab zeigt. Ein solcher ist in<br />
Oberstenfeld erstmals auf einem Epitaph von 1570 dargestellt. Die<br />
so eng mit dem Stift Oberstenfeld verknüpfte Lebensgeschichte der<br />
einstigen Äbtissin Gräfin Adelheid von Hohenzollern spiegelt ein<br />
wichtiges Stück Stiftsgeschichte wider. So ist es wohl angebracht,<br />
rund 500 Jahre nach ihrem Tode ihrer zu gedenken.<br />
(Der Beitrag von Herrn Ernst Schedler erschien in den "GeschichtsBlättern<br />
aus dem Bottwartal" Nr.8/1999 mit zahlreichen<br />
Quellenangaben. Er wird hier mit freundlicher Genehmigung des<br />
Verfassers in etwas gekürzter Form abgedruckt. Die Abbildungen<br />
wurden ebenfalls vom Verfasser zur Verfügung gestellt).<br />
Abgegangene Siedlungen im Gebiet der ehemaligen Grafschaft Zollern<br />
und dem alten Kreis Hechingen (Fortsetzung)<br />
Berichtigung zu Nr. 107 Stauffenburg, (Heft 2002 S. 28): Die erste<br />
Nennung der Burg erfolgte nicht 1317, sondern schon 1262 mit<br />
Hugo von Stauffenberg.<br />
113<br />
Walkofen, Walchhofen?<br />
TK 7619 FKSW1805/04,1905/04 Boll<br />
Dieses Walkofen auch Waldhofen war wohl eine Gründung der<br />
Walchen von Hechingen. Vielleicht gehörte die in der Nähe liegende<br />
"Hofstatt" auch zu dem Gut.<br />
Der Besitz des Klosters in diesem Gewann umfaßte im Jahre 1646<br />
einen Garten, einen Hanfgarten, 14 Mannsmahd Wiesen und 8<br />
Jauchert Äcker, nach heutigen Maßen etwa 10 Hektar; wahrscheinlich<br />
das ganze von den Walchen begründete Hofgut.<br />
Der Flurname "Walchhofen" wird im Bickelspergschen Lagerbuch<br />
von 1435 nicht erwähnt, denn dieses verzeichnet nur den Besitz<br />
der Grafen von Zollern, Walchhofen aber gehörte dem Kloster.<br />
114<br />
Wehrstein, Burg<br />
TK 7618 FKSW 1325 Fischingen<br />
Die Ruinen der Burg Wehrstein hegen oberhalb von Fischingen.<br />
Die Herren von Wehrstein werden von 1101-1397 (?) genannt.<br />
42<br />
Die Herrschaft Wehrstein war Sitz eines Geschlechts von Freien, die<br />
Vasallen der Grafen von Hohenberg waren und als deren Vasallen<br />
1237 erstmals genannt werden. 1309 sühnt Graf Friedrich von<br />
Zolre, "des Schalksburg ist", den dem Stift St. Gallen zugefügten<br />
Schaden "..daz ich den hern Hiltebolden von Werstain den portener<br />
ze Sante Gallen ... niemer geirren noch geschade gen sol".<br />
1331 schließen Graf Rudolf von Hohenberg und Elisabet, geb.<br />
Gräfin von Sponheim einen Ehevertag "offe unsir bürg zu Wersteim<br />
mit allin rehtin und nützin die darzu gehörint".<br />
1375 bekennen Konrad und Volz von Weitingen, "daß die Burg<br />
Wehrstein Pfand von dem Grafen von Hohenberg sey, wieder eingelöst<br />
werden könne und demselben offen gehalten werden solle".<br />
1381 verkauft Graf Rudolf von Hohenberg um 66000 schwere<br />
Goldgulden seine Grafschaft Hohenberg an Herzog Lupolt von<br />
Oestreich.. "Werstain die vestin... Haigerloch die vestin und baide<br />
statt". Die österreichischen Herren verpfändeten auch diese Herrschaft<br />
1401 (1404?) an Ritter Burkard von Mansperg, Hauptmann<br />
der Herrschaft Hohenberg und 1419 an die Herren von Weitingen.<br />
1529 kam die Herrschaft an die Grafen von Tengen-Nellenburg, die<br />
auch Dettensee besaßen, 1552 als Lehen an Hohenzollern, 1576<br />
an Haigerloch, 1634 wieder an Sigmaringen, 1806 an die Landeshoheit.
115<br />
Weiler bei Beuren<br />
TK 7620 FK SW 1603 Hechingen/Beuren<br />
Dieser Weiler bei Beuren ist bisher nirgends erwähnt. Er lag zwischen<br />
Hechingen und Beuren. In den Jahren 1405,1452 und 1468<br />
erhält das Kloster Stetten verschiedene Schenkungen aus diesem<br />
Weiler und aus Beuren. Die Flurnamen Weiler und Weilerloch<br />
auf Hechinger Gemarkung erinnern an ihn. Kraus hat die oben<br />
genannten Urkunden alle dem Weiler ob Schlatt zugeordnet.<br />
Die in den Schenkung genannten Fluren lassen sich auch heute<br />
noch zwischen Hechingen und Beuren finden. Außerdem läßt sich<br />
auf der Gemarkungskarte eine Ausbuchtung von Hechingen nach<br />
Beuren feststellen, die den Schluß zuläßt, daß der Weiler nach<br />
Hechingen eingemeindet wurde.<br />
116<br />
Weiler bei Bisingen<br />
TK7Í19 FK SW 2109 Bisingen<br />
FN: Hinter dem Weiler, Weilergärten<br />
1435 "Haintz Mein der alt git 4 hünr uß ainem garten lit im Wyler".<br />
Wahrscheinlich im Dorf aufgegangen.<br />
117<br />
Weiler = Willa bei Empfingen<br />
TK7619 FKSW 1323/22 Empfingen/Mühlheim<br />
am Bach<br />
FN: Weilbank, Weillinde, Weilweg<br />
772 schenken der Priester Kletho und Franchin dem Kloster<br />
Lorsch "in pago Alemannorum in Amphinger Mark a 1 Hube in<br />
Willa und in Taha 2, ebenso alle Besitzungen in Mühlheim und<br />
Fiscina". 1343 verleihen Konrad und Werner von Werstein, Brüder,<br />
Hug und Hug der Kirchherr zu Werstein, auch Brüder und Johann<br />
von Werstein, Johannes sei.<br />
Sohn dem Kloster Kirchberg den Laienzehnten zu Wila bei Empfingen<br />
als Zinslehen um 1,5 Pfd. jährlich, stiften aber zugleich diesen<br />
Zins dem Kloster. 1547 vergleicht sich das Kloster Kirchberg mit<br />
denen zu Mühlen über das Weiderecht auf dem Weiherhof, "zuvor<br />
Willa genannt"'.<br />
118<br />
Weiler bei Melchingen<br />
TK 7620 FK SO 1707 Melchingen<br />
FN: Weileräcker, Weilerwiesen.<br />
Südlich vom Dorf finden wir die Flurnamen Weilerwiesen und Weileräcker,<br />
die eine verschwundene Siedlung vermuten lassen.<br />
119<br />
Weiler bei Ringingen<br />
TK 7620 FK SO 2004 Ringingen<br />
FN: Auf Weüer, Weilerwiesen, Weilerbrunnen<br />
Die heute noch gebräuchlichen Flurnamen auf Weiler, Weilerbrunnen<br />
und Weilerwiesen lassen eine verschwundene Siedlung<br />
südöstlich vom Dorf bei der ehemaligen Weilerkapelle des hl.<br />
Bernhard vermuten, von der aber nichts mehr bekannt ist. 1530<br />
Weiler, Weilerwiesen, 1545 "des Herren Braitin uf dem Weiler, am<br />
Brunnen hinter dem Weiler", Die Bernhardskapelle = Weilerkapelle<br />
wurde um 1830 abgebrochen. In Ringingen sind vier<br />
Kapellen verschwunden.<br />
43<br />
120<br />
Weiler ob Schlatt<br />
TK 7620 FKSW 1802/01 Jungingen/Schlatt<br />
FN: Weüer, Weileresch, Weilerwiesen, Weilersteg/wald/wasen/kreuz.<br />
Auf der Markung Jungingen in Richtung Schlatt lag der Weiler ob<br />
Schlatt, der seit 1317 erwähnt wird. 1402 kam der Weiler bei der<br />
Erbteilung zwischen Eitelfriedrich und dem Öttinger an Eitelfriedrich.<br />
1424 bekommt Henriette von Württemberg, u. a. Weüer ob<br />
Schlatt als Pfand von Eitelfriedrich, der 1435 die Pfandschaft<br />
wieder einlöst. Im Hagenschen Lagerbuch von 1544 wird das Amt<br />
Schlatt bestehend aus "Slath, Burran und Wyler" genannt. Weiler<br />
war 1635 noch besiedelt. 1780 kauft die Gemeinde Jungingen den<br />
Hof Weiler vom Fürsten Josef Wilhelm Eugen von Hechingen um<br />
11600 fl. Die Katharinenkapelle wurde 1806 abgebrochen. Die<br />
Glocke der Katharinenkapelle kam ins Schulhaus nach Jungingen.<br />
121<br />
Weiler bei Trillfingen<br />
TK 7618 FKSW 1416 Trillfingen<br />
FN: Auf Weilen<br />
Ob man hier das abgegangene Geislingen vermuten darf?<br />
122<br />
Weiler im Weilertal<br />
TK 7620 FK SO 2303/2403 Hausen i. K./Neuweiler<br />
Beim heutigen Neuweüer befand sich 1113 die Siedlung Weiler<br />
(Wiler), die um 1380 abging. 1113 gehörte sie zur Grafschaft von<br />
Graf Friedrich von Zollern, später zur Herrschaft Schalksburg. Mit<br />
dieser gelangte sie 1403 an Württemberg. 1113 wird die Burgsiedlung<br />
Weiler und damit die Burg erstmals genannt.<br />
Auf einem Felsvorsprung nördlich von Weüer erhob sich im Hochmittelalter<br />
die "Weilersburg". Noch im 14. Jhd. werden die Herren<br />
von Weiler oder Weilersburg genannt. Katharina und Beth von<br />
Weilersburg waren Klosterfrauen in Stetten. Der letzte des Geschlechts<br />
war Pfaff Wildmann von Weilersburg, Chorherr zu Stuttgart<br />
und Kirchherr zu Hechingen, (1368-1393) also Inhaber zweier<br />
guter Pfründen. 1382 wird eine Meßstiftung an die Liebfrauenkapelle<br />
zu Ebingen, namentlich mit Weilersburg, Burg und Burgstall<br />
Zinsen und Gilten aus der Mühle darunter und der Taferne zu Tailfingen<br />
dotiert. Aus der Urkunde geht hervor, daß der Ort Weiler,<br />
der ursprünglich zur Weilersburg gehört hat, damals bereits nicht<br />
mehr existierte. Die Frauen und Convent des Klosters Stetten verkauften<br />
1394 an die Kapelle zu Ebingen eine jährliche Gilt aus den<br />
Wiesen zu Wüersburg. Die Gilt rührte von Katherinen und Betten<br />
von Wilersburg, weiland Klosterfrauen zu Stetten, her. Nach 1400<br />
wurde die Markung Weüer mit der von Tailfingen vereinigt. Tailfingen,<br />
das ehemals zollerisch war, ging beim Verkauf der Herrschaft<br />
Schalksburg 1403 an Württemberg über. Die Tailfingen zugekehrte<br />
Halde des Weilertals ist die Mühlhalde, deren Name an die 1894<br />
abgebrannte Mühle erinnert.<br />
Im unteren Weilertal bei Hausen standen auch zwei zollerische<br />
"Weüertalmühlen", die im 19- Jahrhundert abgingen.<br />
123<br />
Weiler hinter Zollern<br />
TK 7619 FK SW 2007 Zimmern<br />
In einer Urkunde vom Jahre 1402, welche die Burgfriedensgrenze<br />
für die Burg Hohenzollern festlegt, heißt es: "Und fahet der Burk-
fried an ze Zell bei der kirchen, gat biz under zolr Staig an das<br />
crucz und den bach abhin biz gen Wiler und den Bach abhin von<br />
Wilerbizgen Zimmern". 1283 tritt Walthero pincerna (Schenk) de<br />
Nuwencelle als Zeuge für die Grafen von Zollern auf. Im Jahre 1293<br />
stellt dieser Walther, ein Ritter, genannt der Schenk von Zollern, in<br />
diesem Weiler eine Urkunde aus.<br />
1328 verkauft Werner Schenk von Andeck seinen Hof zu Weiler<br />
unter Zoller an Albrecht Renz von Onstmettingen. Im Bickelspergschen<br />
Lagerbuch der Grafschaft Zollern von 1435 sind<br />
noch verschiedene Lehensträger im "Wylar" aufgeführt. Bei<br />
manchem Lehen steht dabei: "lit wüst", ein Zeichen, daß dieser<br />
Weiler allmählich aufgegeben wurde.<br />
124<br />
Wiler zu Rangendingen<br />
TK 7619 FK SW 1311 Rangendingen<br />
Im Jahre 1341 verkauft Burkard der Junge, Schultheiß zu Haigerloch<br />
dem Kloster Stetten verschiedene Zinsen zu Rangendingen,<br />
darunter aus der Mühle, aus der »Haldungwiese« und aus einer<br />
Wiese, die hinter dem Wiler zu Rangendingen hegt. War dies eine<br />
Siedlung bei Rangendingen? Im Nachlaß von Michael Walter fand<br />
sich folgende Noüz: »Auf dem kleinen Plateau östlich vom Galgenrain,<br />
Hummelberg genannt, wurde auf dem Acker von Ignaz<br />
Schwenk 1874 eine Wagenladung behauener Sandsteine in mauerartiger<br />
Lagerung ausgegraben«.<br />
Ob dort dieser Weiler lag? Vielleicht stand dort »nur« eine Kapelle<br />
deren Reste ausgegraben wurden, denn zu Beginn des 19-<br />
Jahrhunderts sind viele Kapellen verschwunden.<br />
An dem Weg von Rangendingen nach Hart soll auch eine Kapelle<br />
gestanden sein. Rangendingen scheint, wie Weilheim, eine Wehrkirche<br />
besessen zu haben.<br />
Der Friedhof war warscheinlich befestigt, denn im Jahre 1467 als<br />
die Herrschaft Hohenberg schon im Besitz von Österreich war, und<br />
Zollern und Österreich wieder einmal einige "Spänn" wegen Rangendingen<br />
und Steinhofen hatten, heißt es von Rangendingen:<br />
"hant ain guten kirichhoff". Auch ist von einem Steinhaus auf dem<br />
Friedhof ist die Rede, was ein Hinweis auf den Ortsadel sein dürfte,<br />
denn nur diese konnten sich »Steinhäuser« leisten.<br />
Heute kann man noch in Siebenbürgen befestigte Kirchenburgen<br />
bewundern, wie es sie sicher auch bei uns gab. Im Innern der<br />
Mauern gab es für jede Familie eine Kammer für Vorräte. In Gefahrszeiten<br />
konnte die Bevölkerung in Wohnkammern innerhalb<br />
der Mauern Unterschlupf finden. Über die Burg auf der Hochburg<br />
bei Rangendingen, die Kraus der Mechthild von Rangendingen zugeordnet<br />
hat, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.<br />
125<br />
Zell<br />
TK 7619 FK SW 2005 Boll<br />
Südöstlich vom Zollerberg hegt auf einem kleinen Vorsprung am<br />
Fuße des Steilhangs der Schwäbischen Alb in einer sehr hübschen<br />
Lage das Kirchlein Maria Zell. Es ist der letzte Rest des Weilers Zell.<br />
Der Name weist auf eine Gründung hin, die mit einem Kloster in<br />
Zusammenhang steht. Wir wissen, daß das Kloster Sankt Gallen<br />
schon in den Jahren 789 und 795 Schenkungen aus dem Hechinger<br />
Raum erhalten hatte.<br />
44<br />
Vielleicht wurde hier eine Celia gegründet, zu der sich ein Maierhof<br />
gesellte. St. Gallen hatte in der Gegend mehrere solche Maierhöfe,<br />
auf denen Dinggerichte für die Lehensträger des Klosters<br />
abgehalten und Geld-und Naturalzinsen eingezogen wurden.<br />
In einer Zeit,, in der die Talstraßen gemieden wurden, hatte Zell<br />
dafür eine günstige Lage. Es lag an der Zoller-oder Zellersteig, die<br />
über die Ern(t) steig auf die Alb hinaufstieg und von da zu den andern<br />
Höfen und weiter an den Bodensee führten.<br />
Man kann vermuten, daß das Amt des Maiers allmählich erblich<br />
wurde und der einstige Klostermaier zu einem ritterlichen Dienstmann<br />
aufstieg, denn in Urkunden des 13- und 14. Jahrhundertstreffen<br />
wir hier die Herren von Celle, welche Schenken der Grafen<br />
von Zollern waren.<br />
1318 war Pfaff Conrad Walch Dekan zu Zell. Zell war Mutterkirche<br />
von Boll und Zimmern. 1472 wurde der Pfarrsitz von Zell nach Boll<br />
verlegt. Wahrscheinlich hatten bereits dort einige Bewohner den<br />
Ort verlassen.<br />
In der Kreisbeschreibung Bahngen von 1961 lesen wir, daß der<br />
Markungsteil um das Zeller Horn zu dem im 9- Jahrhundert von St.<br />
Gallen angelegten Pfarrdorf Zell gehörte und die Onstmettinger<br />
ihre Zehnten bis zur Ablösung der Grundlasten im 19. Jahrhundert<br />
an die Pfarrkirche zu Boll entrichten mußten.<br />
1561 existiert noch ein Bruderhaus zu Zell, denn in diesem Jahr<br />
hat Martin Schräder aus Boll einen Haufen Sand und Steine zum<br />
Bruder -oder Wäschehäuslin gefahren und dafür 3 Pfund, 6 ß und<br />
8 hlr bekommen. l601 sucht Martin Bogenschütz von Zimmern<br />
um die Erlaubnis nach auf der Sägemühle zu Zell drei Klötze<br />
schneiden lassen zu dürfen.<br />
Heute erinnert nur noch die kleine Wallfahrtskirche an den Ort<br />
und die Herren von Zell, (die sich später von Stauffenberg nannten).<br />
Vermutlich stand auch die erste Burg der Herren von Stauffenberg<br />
bei Zell. Willy Baur meinte, der Burgstall wäre dem dort anstehenden<br />
Tuffabbau zum Opfer gefallen.<br />
1651 richtet die Gemeinde Boll an den Fürsten Eitelfriedrich eine<br />
Bittschrift, worin es heißt: "Euer fürstl. Gnaden tragen vorhin<br />
gnädige Wissenschaft, was gestalten unsere pfarrkirche am Zollersteüg<br />
durch das verderbliche Kriegswesen und sonderlich bei bloquierung<br />
der vöstung Hohenzollern ruiniert und ganz abgerissen<br />
worden, und weilen wir willens sind, solche mit der Gnad Gottes<br />
und dann ehrlicher kathohscher Christen hilf wieder anzubauen<br />
und uns allerhand mittel mangeln und zimliche Unkosten erscheinen<br />
werden ... so bitten wir, uns den 8 tägiken Fron, so ew.<br />
Gnaden von dem flecken Boll das Jahr verrichtet wird, aus milden<br />
Gnaden nachzusehen und denselben zu diesem Bau verrichten zu<br />
dürfen".<br />
126<br />
Zollersteig<br />
TK 7619 FK SW 2005 Boll<br />
Auf der Zollersteig werden wohl Forsthütten oder Zollstaüonen gestanden<br />
haben, denn l603 ist Sixt Oth Burgvogt auf Zollerheislin<br />
und 1605 wohnt Hans Geiger uf Zollersteig im Heuslin.
HERBERT RÄDLE<br />
Zwei Heiligenfiguren aus Stetten am<br />
Kalten Markt - Zuweisung an die Ulmer<br />
Weckmann-Werkstatt<br />
Die Reichsstadt Ulm, im späten Mittelalter eines des wichtigsten Kunstzentren<br />
Süddeutschlands, bot vielen bedeutenden Bildhauern und<br />
Malern Arbeit und Brot. Unter den Büdschnitzern war Nikiaus Weckmann<br />
(Schaffenszeit 1481-1528) der bedeutendste.<br />
Die Weckmann-Werkstatt lieferte in den Jahrzehnten um 1500<br />
Schnitzaltäre auch für das Gebiet des heutigen Landkreises Sigmaringen,<br />
Meisterwerke, die sich teilweise noch am ursprünglichen Standort<br />
befinden, wie die Altarfiguren der Pfarrkirchen Bingen und<br />
Ennetach, zum größeren Teil jedoch abgewandert sind in verschiedene<br />
Museen, wie das Retabel von Roth bei Meßkirch (heute<br />
Reiss-Museum Mannheim) oder der Meßkircher Eligius-Altar (heute<br />
Schnütgen-Museum Köln).<br />
Im Jahre 1993 fand in Stuttgart eine Ausstellung statt, die dem Werk<br />
des genannten Ulmer Bildschnitzers Nikiaus Weckmann und seiner<br />
Werkstatt gewidmet war und die den bezeichnenden Titel Meisterwerke<br />
massenhaft trug. Im Katalog zu dieser Ausstellung sind über 600<br />
noch erhaltene Werke Weckmanns aufgeführt: im zünftischen wie im<br />
künstlerischen Sinne meisterliche Arbeiten, die offenbar massenhaft<br />
(durch Vervielfältigung einmal gefundener Typen!) produziert wurden.<br />
Trotz seines Umfangs von über 500 Seiten konnte der genannte<br />
Katalog jedoch nicht alle Werke der Weckmann-Werkstatt verzeichnen,<br />
einiges blieb (möglicherweise unter dem Zeitdruck der Ausstellung?)<br />
unberücksichtigt -darunter zwei Figuren eines Altars in Stetten<br />
an Kalten Markt, denen wir uns im Folgenden zuwenden wollen. Die<br />
Figuren - außer der in Abb. 1<br />
gezeigten Katharina als Pendant eine<br />
heilige Barbara - stehen in der Stettener<br />
Friedhofskapelle in einem<br />
neugotischen Altar, wobei es unklar<br />
ist, wie sie in die relativ bescheidene<br />
Kapelle gekommen sind. Vielleicht<br />
stammen sie aus Ebingen und wurden<br />
dort aus dem Bildersturm der<br />
Reformationszeit gerettet. Die<br />
genannten Figuren (wie erwähnt<br />
eine Katharina und eine Barbara)<br />
sind an ihrem heutigen Standort in<br />
Stetten bezogen auf eine Mittelfigur,<br />
ein prachtvoll geschnitztes Kreuz.<br />
Ursprünglich ist aber wohl eher eine<br />
(heute verlorene) Madonna als Mittelfigur<br />
vorauszusetzen. Manfred<br />
Hermann, ehemals Pfarrer in<br />
Neufra, der die Figuren in seinem<br />
Abb.l:<br />
Hl. Katharina von Alexandria,<br />
im neugotischen Altar der Friedr<br />
hofskapelle Stetten a.k.M., Lindenholz,<br />
hinten ausgehöhlt, alte<br />
Fassung freigelegt und ergänzt,<br />
H. 115 cm, B. 33 cm, T. 26 cm,<br />
wohl, aus der Ulmer Weckmann-<br />
Werkstatt, um 1515. Bildnachweis:<br />
M. Hermann, 1986, S. 124<br />
45<br />
bekannten Bildband von 1986 bespricht und abbildet, schreibt sie<br />
dort "einem Mitglied der Strüb-Werkstätte Veringenstadt, wohl Jakob<br />
d. J." zu (S. 124). Dennoch kann, wie im Folgenden gezeigt werden<br />
soll, kaum ein Zweifel daran bestehen, daß auch die Stettener Figuren<br />
unter die Produkte der Ulmer Weckmann-Werkstatt einzuordnen<br />
sind. Dies zeigt schon ein oberflächlicher Vergleich unserer Abbildungen<br />
1 und 2, von denen die erste die Stettener Katharina zeigt und<br />
die zweite die zweifelsfrei aus der Weckmann-Werkstatt stammende<br />
Darstellung derselben Heiligen aus dem sogenannten Adelberger<br />
Retabel (vgl. dazu den genannten Ausstellungskatalog, S. 440). Die<br />
Ähnlichkeiten sind evident. Umriß und Haltung der Figuren sind sehr<br />
ähnlich, die Gewandgestaltung ist bei beiden weitgehend identisch:<br />
Ein Mantelzipfel ist jeweils auf der vom Betrachter aus gesehen linken<br />
Seite hochgenommen, so daß das Untergewand sichtbar wird. Ähnlich<br />
ist auch die Gestaltung der Hände in Haltung und Gestik, jedoch<br />
sozusagen seitenverkehrt. Die Stettener Katharina hält den Schwertknauf<br />
mit der rechten, die Adelberger mit der linken Hand, was übrigens<br />
bei der Stettener Figur eine etwas unklare Gewandführung zur<br />
Folge hat. Am verblüffendsten ist jedoch die Übereinstimmung der<br />
Figuren in Gesicht und Haartracht. Die Gesichter weisen eine<br />
ausgesprochene "Familienähnlichkeit" auf (!). Beide Figuren zeigen<br />
eine ovale, nach unten spitz zulaufende Gesichtsform mit schmalem<br />
Mund und leichtem Doppelkinn, beide tragen langes, wellig niederfallendes<br />
Haar. Als Ergebnis kann also wohl ohne weiteres festgestellt<br />
werden, daß an der Herkunft der Stettener Katharina (und ihrer Pendantfigur<br />
Barbara) aus der Ulmer Weckmann-Werkstatt kaum ein<br />
Zweifel bestehen kann. Figuren geschnitzt hätte. Er hat sie nur bemalt<br />
(gefaßt), und er ist es auch, der den Altar geliefert, an Ort und Stelle<br />
aufgestellt und die letzte Hand an ihn gelegt hat. Soweit ich sehe, muß<br />
die Vorstellung, daß es in Veringenstadt Strüb-Bildhauer gegeben<br />
hätte, aufgegeben werden. Die Veringer Strüb-Familie war eine Malerfamilie.<br />
Der hier genannte Hans Strub hat - zusammen mit seinem<br />
Bruder Jakob Strüb - u.a. auch die Tafeln des Inzigkofer Altars gemalt<br />
(= Meister von Sigmaringen). Die Laizer Anna Selbdritt ist aus<br />
mehreren Gründen mit großer Sicherheit der Bildhauerwerkstatt des<br />
Nikiaus Weckmann zuzuweisen: 1.<br />
spricht die hohe künstlerische und<br />
handwerkliche Qualität für eine<br />
Entstehung in einer namhaften Werkstatt,<br />
2. weist die Laizer Gruppe in<br />
mehrfacher Hinsicht Ähnlichkeit mit<br />
anderen, ebenfalls in der Weckmann-<br />
Werkstatt entstandenen Darstellungen<br />
Abb.2:<br />
Hl. Katharina aus dem Adelberger<br />
Retabel, Adelberg, LKr. Göppingen,<br />
ev. Kirchengemeinde, Ulr<br />
richskäpelle, Lindenholz, halbrundgeschnitzt,<br />
hinten ausgehöhlt<br />
(mit Spechtloch). Höhe<br />
(mit Krone) 127 cm, B. 38 cm, T.<br />
19 cm, Krone und Schwertklinge<br />
ergänzt, Gewandfassung aus<br />
dem 19- Jh., Preßbrokat in Anlehnung<br />
an die ursprünglichen<br />
Muster gearbeitet, Inkarnate<br />
weitgehend original Werkstatt<br />
Nikiaus Weckmann in Ulm, datiert<br />
1511. Bildnachweis: Ausstellungskatalog<br />
Wiirtt, Landesmuseum<br />
Stuttgart, 1993, S. 440.<br />
dort auch weitere Literatur
der hl. Mutter Anna auf, nämlich einer aus Rottweil (Katalog wie Anm.<br />
1,S. 134), einer aus Domat/Ems in der Schweiz (ebd. S. 358),einer<br />
aus Stuttgart (ebd. S. 467) und einer aus Achstetten im Landkreis Biberach,<br />
die wir in Abb. 2 zeigen. Die Achstettener Figur (Abb. 2) weist<br />
sowohl Obereinstimmungen als auch Unterschiede im Vergleich mit<br />
der Laizer Anna Selbdritt auf. Der augenfälligste Unterschied ist wohl<br />
der, daß bei der Achstettener Figur Maria nicht als stehende, relativ<br />
große Ganzfigur wiedergegeben ist, sondern - fast zu einer Art "Attribut"<br />
verkleinert - auf dem Schoß der Mutter Anna sitzend und in<br />
der Bibel lesend: kompositorisch ein reines Pendant zum Jesuskind.<br />
Deutliche Unterschiede bestehen auch in der Gestaltung der Gewanddrapierung.<br />
Sehr ähnlich erweisen sich hingegen bei einem Vergleich<br />
der beiden Figuren in Abb. 1 und 2 die Gestaltung von Kopf und Ge-<br />
Buchbesprechungen<br />
Botho Walldorf, Lebenswelt um 1900 Geborener<br />
in Gammertingen<br />
Häuser - Straßen - Leben; Menschen im Ort<br />
"Ortsrundgänge oder der Versuch, an einem Ort seine Geschichte<br />
abzulesen", so lauteten die Titel der Exkursionen, die mich erstmals<br />
mit Botho Walldorf zusammenführten. Es war im September 1982<br />
auf einem Kurs im Volkshochschulheim Inzigkofen, der sich mit der<br />
"Kulturgeschichte unserer bäuerlichen Hausformen" befasste. Wer<br />
interessierte sich damals - als Betonbegeisterung und "Weg mit<br />
dem alten Glump" noch regierten - für alte Häuser, ihr Inventar,<br />
das Leben und Wirtschaften "von gestern"? Es waren ohne Frage<br />
Nostalgiker - dieses Wort kam damals auf - und Einzelgänger: Bewohner,<br />
Besitzer und vor allem Sanierer von alten Häusern, die<br />
meist auch vom Lande kamen, nicht selten weggezogen waren und<br />
eine Art Heimweh nach dem Vergangenen hatten. Botho Walldorf<br />
stellte sich als Gammertinger vor. Er gehörte zu jenen, die der Arbeit<br />
wegen wegzogen, nie aber von der <strong>Heimat</strong> sich entfernt hatten.<br />
Er war und ist - leidenschaftlicher Fotograf und Sammler der Ortsund<br />
Regionalgeschichte, hervorragender Kenner von Land und<br />
Leuten, ein Chronist des Alltags und der Zeitgeschichte. Von Kind<br />
auf - das lernte ich schnell, verfolge und bewundere ich bis heute<br />
-, erforscht er seine <strong>Heimat</strong>, indem er sie aufnimmt, beobachtet,<br />
ins Bild setzt und aufs genaueste beschreibt. Sein besonderes Interesse<br />
(eigentlich müsste man sagen: seine große Liebe) gilt dabei<br />
dem, was andere übersehen oder belächelt haben - eben jenem alten<br />
"Krutscht", dem originalen Dampflokbetrieb bei der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
Landesbahn, der Landtechnik von gestern, dem Mobiliar<br />
und den Gewohnheiten der Alten. Es war all das, was damals seit<br />
dem "Wirtschaftswunder" der 1950er Jahre, seit Wohlstand, Mobilisierung<br />
und Modernisierung als den neuen und allgemein gültigen<br />
Lebensprinzipien - mit dem Makel des Überholten und Gestrigen<br />
versehen wurde: das was nun nicht mehr angesehen, nicht<br />
mehr "d'r Wert" war. Es war das "auslaufende" traditionelle Handwerk,<br />
die Landwirtschaft im "alten Stil", die alten Häuser und Wirtschaftsgebäude,<br />
die man nicht mehr "richtete" und mit den Alten<br />
vollends sterben ließ. Es waren die Fahrzeuge, alte Dampflokomotiven<br />
und Gerätschaften, die "weg sollten" - und es waren, damit<br />
verbunden, die alltäglichen Gewohnheiten und Lebensweisen der<br />
Menschen, die sich damit langsam und oft kaum merklich wandelten.<br />
Umbauten und Umnutzungen kamen ebenso ins Blickfeld, wie<br />
46<br />
sicht der hl. Mutter Anna (Kopfneigung, Blickrichtung, Nase und<br />
Mund, Kopfschleier und Halstuch). Das Jesuskind ist in beiden Fällen<br />
stilistisch nahezu identisch (Haartracht, Gesicht, Haltung von Armen<br />
und Beinen), nur ist es auf der Achstettener Darstellung um ca. 90<br />
Grad gedreht und blickt, wie übrigens auch Maria, auf den Betrachter.<br />
Insbesondere auch die Art, wie Annas rechte Hand das Kind hält, sowie<br />
die Gestaltung dieser Hand ist in beiden Fällen sehr ähnlich.Diese signifikanten<br />
stilistischen und sonstigen Ähnlichkeiten weisen eindeutig<br />
auf die Entstehung beider Darstellungen in ein und derselben Werkstatt,<br />
und sicherlich handelt es sich dabei um die Ulmer Weckmann-<br />
Werkstatt. In der neuesten Ausgabe (1997) des Dehio'schen Handbuchs<br />
findet sich übrigens die Laizer Anna Selbdritt aus welchen Gründen<br />
immer nicht mehr verzeichnet.<br />
eine frühere Nutzung und damit ein sich ständig verändernder Umgang<br />
der Menschen mit "ihrem Sach" - bis hin zum "Sausteigle"<br />
unter der Hausstaffel oder hinter dem Haus, den Aborten im Holzverschlag<br />
oder dem angemauerten "Häusle" mit dem Abtritt. Sie<br />
alle - und alles - hat Botho Walldorf aufgenommen, fotografiert<br />
und beschrieben. Und er hat damit die Menschen und ihre Vergangenheit,<br />
den gelebten Alltag der kleinen Leute ernst genommen, ihn<br />
zu einem Teü der örtlichen Überlieferung im ganz wörtlichen Sinne,<br />
zur "Geschichte" gemacht: das Pferdegespann und das Kuhfuhrwerk<br />
samt. "Micke" und Geschirr, "Trippel" und Göpelwerk, Miste<br />
und Güllenpumpe, Sausteigle und andere Kleintierställe; über Generationen<br />
hinweg unverändert gebliebene und genutzte Küchen,<br />
Herde und Ofen, Wohnstuben und Kammern, das Kripple und den<br />
Herrgottswinkel. "Das alte Glump sott weg!" Viele Bilder von Botho<br />
Walldorf erzählen von dieser Einstellung. "Das Alte muss weg,<br />
damit das Neue Platz hat!". Wir alle kennen solche Sätze. Manche<br />
mögen und brauchen sie, manche verneinen sie, versuchen dagegen<br />
anzukämpfen. Botho Walldorf tut das auf seine, dokumentierende<br />
Art, mit seinen mittlerweile 15 Bildbänden, über 1000<br />
Presseberichten, Kalendern, Ausstellungen und anderen Veröffentlichungen.<br />
Vor allem aber hat er es getan mit jener Sammlung<br />
zur Geschichte und Reisekultur der <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesbahn<br />
und seiner <strong>Heimat</strong>stadt Gammertingen und Umgebung, die er ab<br />
Aug. 1987 dem Staatsarchiv Sigmaringen übergeben hat. Sie umfasst<br />
mittlerweile 25 laufende Meter (davon 2,5 m von B. Walldorf<br />
erschlossen) und ist mit ihren über 100 000 Fotos samt Texten eine<br />
kulturgeschichtliche Dokumentation, die in ihrer Gründlichkeit,<br />
Breite und Einzigartigkeit von Fachleuten und Benutzern höchste<br />
Anerkennung erhält. Die "Sammlung Botho Walldorf II". (Depositum-Nr.<br />
44) im Sigmaringer Staatsarchiv ist ein Glücksfall, für die<br />
Forschung ebenso wie für die <strong>Heimat</strong>geschichte und <strong>Heimat</strong>pflege.<br />
Sie ermöglicht - mit höchstem zeitlichen und materiellen Einsatz<br />
des Autors und mit großer Sorgfalt aller an der Herstellung<br />
Beteiligten - ein Buch wie das vorliegende, das in einem die<br />
Geschichte von Ort, Menschen und Alltag und damit ein <strong>Heimat</strong>buch<br />
im besten, umfassendsten Sinn ist. Es ist eine Chronik des<br />
Lebens im Ort gestern und heute, die nicht schönt, aussortiert und<br />
damit das Loblied auf die gute alte Zeit singt. Es ist vielmehr eine<br />
den Menschen und ihren gelebten Leben gewidmete Dokumentation,<br />
die so nirgendwo aufgeschrieben und festgehalten ist - obwohl<br />
sie heute noch viele wissen oder erfragen könnten. Jene
Geschichte von Originalen, Altledigen, Sonderlingen, von Familien durchaus erfolgreich war. Aus seinem Fundus findet man in dem<br />
und Straßen, Häusern und Besitz, vom "Sach" und vom teilen. Ger- Büchlein ca. 30 Postkarten und zahlreiche alte Fotos. Sie zeigen das<br />
ade heute, wo der Umbruch der ländlichen Lebensverhältnisse sich Dorf wie es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aussah. Die äl-<br />
in einem Maß und Tempo vollzieht wie nie zuvor, sind solche teste Postkarte dürfte eine Farblithographie aus der Zeit kurz vor<br />
Bücher wichüg. Vielleicht regen sie andere an zu neuem Sehen, 1900 sein. Wie bei anderen hohenzollerischen Orten glaubte man,<br />
Aufhorchen, Fragen, zum Zuhören, Aufnehmen und Aufschreiben - das Dorfbild durch eine Abbildung der Burg Hohenzollern "ver-<br />
so wie es Botho Walldorf schon als 15-jähriger in Gammertingen schönern" zu müssen. Doch kurze Zeit später besann man sich auf<br />
getan hat und bis heute tut: mit Neugier an der Geschichte weiter- die eigenen Sehenswürdigkeiten, die Kirche, Muttergotteskapelle,<br />
schreibend, weil sie jeden Tag weitergeht: als <strong>Heimat</strong>geschichte, vor Hochbergkapelle und die Ruinen Lichtenstein. Neben den Kauflä-<br />
Ort. Prof. Dr. phil. Christel Köhle-Hezinger Esslingen/Jena den ließen auch die Wirtschaften, von denen heute keine mehr ex-<br />
Botho Walldorf, Lebenswelt um 1900 Geborener in Gammeristiert,<br />
Postkarten anfertigen. Fotos zeigen auch die früheren Läden,<br />
tingen. ISBN 3-00-008-134-8. Das Buch, das der Verfasser im Handwerker- und Bauernhäuser, auch einige längst abgebrochene<br />
Selbstverlag herausbringt, hat 324 Seiten und ca. '500, teilweise Häuser. Vor dem Bau der Wasserleitung hatte Neufra zwei laufende<br />
farbige Abbildungen.<br />
Brunnen aus der Lichtensteinquelle. Vom Brunnen beim "Adler",<br />
hat sich ein Foto erhalten. Die Fehlabrücke am Rathaus war einmal<br />
eine Eisenkonstruktion, die 1945 unter der Last eines französis-<br />
Botho Walldorf, Feldhausen und Harthausen vor der<br />
chen Panzers zusammenbrach. Schließlich findet man auch viele<br />
Motorisierung.<br />
Bilder von Prozessionen, Festumzügen, Fasnet usw. Von einigen<br />
Jahrgängen sieht man Schulbilder, das älteste von 1909. Für Neufra<br />
und alle die das Dorf mögen, ist das Buch eine erfreuliche Lektüre<br />
und heute schon eine Erinnerung.<br />
ISBN3-89570-788-0 Erschienen im Geiger Verlag Horb a. N.<br />
Gleichzeitig mit dem oben besprochenen Band über Gammertingen<br />
gab Botho Walldorf, ebenfalls im Selbstverlag, ein Buch über Feldhausen<br />
und Harthausen heraus. Es muß dazu gesagt werden, daß<br />
er beide Bücher (und manch andere) selbst finanziert hat.<br />
Seit der Gemeindereform sind die beiden Dörfer Ortsteile von Gammertingen.<br />
Im Gegensatz zu Gammertingen, das durch seine<br />
Herkunft aus einer mittelalterlichen Stadt geprägt ist, waren Feldhausen<br />
und Harthausen rein landwirtschaftliche Dörfer. Seit den<br />
fünfziger Jahren hat sich ihr Erscheinungsbild langsam verändert.<br />
Es war nicht der bundesdeutsche Bauboom, sondern der Wandel in<br />
der Landwirtschaft, der die Veränderungen des Ortsbildes und des<br />
Lebensstils bewirkte. Neubauten auf dem Land waren meistens mit<br />
dem Generationswechsel verbunden. War ein Haus zu alt, wurde es<br />
abgebrochen und der Neubau wieder an der gleichen Stelle<br />
errichtet. Der Verfasser hat dies an mehreren Beispielen gezeigt. In<br />
der fünfziger Jahren waren in den Dörfern noch Bauten aus mindestens<br />
drei Jahrhunderten vorhanden, dem achtzehnten, neunzehnten<br />
und zwanzigsten Jahrhundert. Dies hat Walldorf hervorragend<br />
dokumentiert. Es gelang ihm auch manch altes Foto aufzutreiben,<br />
welches das Leben im Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt.<br />
Stuben, Ställe Scheuern, Werkstätten, Kirchen und Friedhof, alles<br />
was das Dorf ausmacht wurde im Bild festgehalten und im Text erklärt.<br />
Bemerkenswert ist, daß auch die Menschen aus dem Dorf<br />
gezeigt werden. Die meisten sind längst verstorben, aber im Dorf<br />
kennt jeder jeden und man erinnert sich an alle, die man hier<br />
wieder sieht. Vieles was in einigen Jahrzehnten völlig vergessen sein<br />
würde, wird so auch für spätere Generationen erhalten. Es sind<br />
auch Erinnerungen von Flora Bader, Aufzeichnungen von Lehrer<br />
Mathias Heinzelmann und Mike Hummel wiedergegeben. Im<br />
zweiten Teil des Buches sind Ergänzungen zu den Orten Hettingen,<br />
Kettenacker, Bronnen und Neufra enthalten. Botho Walldorf Feld
Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />
E 3828<br />
PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />
Ruoß, der als Verleger und freier Autor in der Donaustadt Ulm lebt,<br />
hat eine stattliche Anzahl von Geschichten zusammengetragen:<br />
phantastische Märchen, Sagen und Erzählungen von Wassernixen<br />
und Drachen, Geistern, Feen und Hexen, Helden und Königskindern.<br />
Diese Geschichten haben die Menschen in Deutschland<br />
und Österreich, in der Slowakei und in Ungarn, in Kroatien, Serbien,<br />
Rumänien und Bulgarien, in Moldawien und in der Ukraine<br />
seit Generationen bewahrt: zur Unterhaltung, Erbauung und<br />
Belehrung, sie haben sie weitergegeben von Mund zu Mund und in<br />
Büchern aufgeschrieben. Siegfried Ruoß hat einen Teil dieses<br />
Schatzes gehoben und ihn in dem 224seitigen Buch "Märchen und<br />
Sagen entlang der Donau" der Öffentlichkeit präsentiert. Es ist im<br />
Silberburg-Verlag, Tübingen, erschienen (ISBN: 3-87407-514-1;<br />
15,80 Euro) und ist eine empfehlenswerte Lektüre, deren Inhalt<br />
nicht nur Donaukinder und -erwachsene verzaubern kann, ba<br />
Johannes Lehmann: Barbarossa & Co.<br />
Wer mit Geschichte die Vorstellung von nüchternen Zahlen- und Namensangaben,<br />
von langweiligem, trockenem Lehrstoff verbindet,<br />
sollte das Buch "Barbarossa & Co. - Reise zu den Staufern in Südwestdeutschland"<br />
(Silberburg-Verlag, 160 Seiten, 120 Abbildungen,<br />
16,90 Euro, ISBN: 3-87407-506-0) zur Hand nehmen, und er<br />
wird eines Besseren belehrt werden. Der Autor Dr. Johannes<br />
Lehmann, der sich als Journalist und Verfasser zahlreicher Sachbücher<br />
einen Namen gemacht hat, vermittelt Geschichtswissen so,<br />
wie man es sich lebendiger und spritziger kaum vorstellen kann,<br />
dies zudem in fundierter, überzeugender Weise. Sein Reiseführer<br />
HOHENZOLLERISCHER HEIMAT<br />
herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />
72486 Sigmaringen<br />
ISSN 0018-3253<br />
Erscheint vierteljährlich.<br />
Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung im alten Land Hohenzollem<br />
und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />
Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />
Beiträge.<br />
Bezugspreis:<br />
Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
ist der Bezugspreis im Beitrag<br />
enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />
€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />
beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
(s. 0.) bestellt werden.<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
Gerd Bantle,<br />
Hedingerstraße 5, 72488 Sigmaringen<br />
Dr. Otto H Becker,<br />
Hedingerstraße 17,72488 Sigmaringen<br />
Hedwig Maurer,<br />
Stettengasse 25, 79540 Lörrach<br />
Dr Herbert Rädle<br />
Veit-Jung-Straße 13a, 92318 Neumarkt<br />
Ernst Schedler<br />
Panoramastraße 18, 71720 Oberstenfeld<br />
durchs Mittelalter ist unterhaltsames, informatives Nachschlagewerk<br />
und fesselndes Geschichtsbuch in einem. Es präsentiert sich<br />
abschnittsweise wie ein spannender Roman. Dr. Lehmann serviert<br />
auf der Suche nach Spuren des Staufergeschlechts profundes Detailwissen.<br />
Er erläutert prägnant historische Zusammenhänge, beschreibt<br />
Lebensschicksale und Machtverhältnisse, gibt Einblicke in<br />
Baustile, Kunst und Kultur, in mittelalterliches Denken und Handeln<br />
und würzt das Ganze mit viel Humor und köstlichen Episoden, ba<br />
Herbert Mayr: 40 km rund um Ulm<br />
Der aus dem Allgäu stammende Autor Herbert Mayr hat nach seinen<br />
Büchern "70 km rund um Stuttgart" und "Zwischen Alb und Bodensee"<br />
nun mit "40 km rund um Ulm" im Silberburg Verlag einen<br />
l68seitigen, mit 139 Farbabbildungen und Karten versehenen Band<br />
veröffentlicht (ISBN: 3-87407-511-7, Euro: 15,90), der 15 Vorschläge<br />
für Wanderungen und zehn für Radfahrten enthält: "Traumtouren<br />
zwischen Ostalb und Oberschwaben" (so der Untertitel).<br />
Dass es in dieser Region viel zu entdecken gibt, offenbart der Autor<br />
mit aussagekräftigen, animierenden Fotos und kurzen, aber prägnanten<br />
Beschreibungen. Die Routenverläufe sind gut dargelegt und<br />
werden durch Karten trefflich ergänzt. Sie sind mit je einem einladenden<br />
Vorspann versehen, und ein jeweiliger "Tourensteckbrief'<br />
sorgt für schnelle Übersicht bei der Auswahl. Tipps für<br />
lohnende Abstecher fehlen nicht. Manche Routen sind auch von<br />
Kindern zu meistern, etliche der Wanderungen sind zudem als Radtouren<br />
geeignet oder umgekehrt, ba<br />
Gesamtberstellung:<br />
Druckerei Acker GmbH,<br />
Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 9301-0, Fax 9301-30<br />
info@druckerei-acker.de<br />
www.druckerei-acker.de<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
Eichertstraße 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 4407<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />
Mitteilungen der Schrifüeitung sind<br />
als solche gekennzeichnet.<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare wer-<br />
den an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />
Dr. Edwin Emst Weber, Kreisarchiv Sigmaringen Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />
Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen <strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.<br />
48
<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />
Herausgegeben vom<br />
52.Jahrgang<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Nr. 4 - Dezember 2002 E 3828<br />
Der Sigmaringer »Kreishirsch« im schicken rot-weißen Vorderösterreich-Dress und mit Hohenzollern-Fähnlein freut sich mit dem württembergischen<br />
Hirsch und dem badischen Greif über den Landes-Geburtstag (Zeichnung: Christoph Stauß, Rulfingen, Vorlage: Kreisarchiv<br />
Sigmaringen).<br />
EDWIN ERNST WEBER<br />
An der Nahtstelle des Südweststaats.<br />
Grenz-Erlebnisse und Landesgründung<br />
1952 im Dreiländereck zwischen Baden,<br />
Württemberg und Hohenzollern<br />
„Als Christen und Katholiken müssen wir nicht Altbaden wählen. Als<br />
Christen und Katholiken können wir auch unbedenklich dem Südweststaat<br />
unsere Stimme geben." Mit diesen Worten widersprachen<br />
„katholische Staatsbürger" der südbadischen Arbeitsgemeinschaft<br />
„Baden-Württemberg" in einem am 8. Dezember 1951 auch dem<br />
Meßkircher Südkurier beihegenden Aufruf dem Freiburger Erzbischof<br />
Wendelin Rauch, der sich zuvor in einer „persönlichen Meinung<br />
als Staatsbürger" für die Wiederherstellung der alten Länder<br />
Baden und Württemberg ausgesprochen hatte. Die Diskussion um<br />
die Bildung des Südweststaats sorgte zu Beginn der 1950er Jahre<br />
auch in der badisch-württembergisch-hohenzollerischen Dreiländerecke<br />
zwischen Donau und Bodensee für heftige Emotionen und<br />
politische Unruhe. In markantem Unterschied zum Mehrheitsvotum<br />
in Südbaden, das sich bei der Volksabstimmung vom 9- Dezember<br />
1951 zu 62,6 Prozent für die alten Länder entschied, fand der politische<br />
Zusammenschluss des deutschen Südwestens in den beiden<br />
badischen Landkreisen Stockach und Überlingen eine Zustimmung<br />
von 59,2 bzw. sogar 65,5 Prozent.<br />
Auch wenn die Abstimmungsergebnisse von Ort zu Ort recht unterschiedlich<br />
ausfielen und beispielsweise in Illmensee, Illwangen,<br />
Ruschweiler, Denkingen, Burgweiler, Herdwangen, Großschönach<br />
und Zell am Andelsbach die „Alt-Badener" deutliche Mehrheiten<br />
erzielten, war der Gesamttrend für den Südweststaat im badischen
„Seekreis" günstig. Die beiden Städte Pfullendorf und Meßkirch votierten<br />
mit 59,6 und 56,8 Prozent für die Länder-Ehe, im Grenzort<br />
Stetten a. k. M. erreichte die Zustimmung gar einen Rekordwert von<br />
82,5 Prozent. Aus nachvollziehbaren Gründen südweststaatsfreundlich<br />
war man mit 89,5 Prozent auch in der von hohenzollerischem<br />
und württembergischem Gebiet umschlossenen badischen Exklave<br />
Wangen bei Ostrach. Insgesamt fällt auf, dass im Meßkircher Raum<br />
der Südweststaat eindeutig mehr Anhänger besaß als im Pfullendorfer<br />
Umland, wo überraschenderweise selbst verschiedene Grenzgemeinden<br />
für die Wiederherstellung des alten Landes Baden und<br />
damit den Fortbestand der Landesgrenze votierten.<br />
Dem allgemeinen Landestrend in Hohenzollern und Württemberg<br />
folgend fällt demgegenüber in den damaligen Kreisen Sigmaringen<br />
und Saulgau die Zustimmung zum Länderzusammenschluss mit 90<br />
Prozent und mehr geradezu überwältigend aus. Die bescheidene Abstimmungsbeteiligung<br />
von gerade einmal 56 Prozent gegenüber 70<br />
und 72 Prozent in den beiden Kreisen Stockach und Überlingen lässt<br />
allerdings erkennen, dass die Südweststaatsdebatte in Württemberg<br />
und Hohenzollern weitaus weniger emotionsgeladen war als bei den<br />
badischen Nachbarn. Zumindest für gewisse Irritationen dürfte bei<br />
den hohenzollerischen Wählern die auf den Stimmzetteln vermerkte<br />
Alternative zum Südweststaat - die „Wiederherstellung des alten Landes<br />
Württemberg einschließlich Hohenzollern" gesorgt haben, denn<br />
württembergisch wollte man im Zollerländchen bekanntlich von jeher<br />
zuallerletzt werden.<br />
„Vorsintflutliche" Grenzverhältnisse<br />
Die Gründe für das vom südbadischen Landestrend auffallend abweichende<br />
Votum des badischen Seekreises für den Südweststaat<br />
werden in einem Südkurier-Artikel zu den „Landesgrenzen im<br />
Bodenseeraum" drei Tage vor der Wahl deutlich. Da ist von „durch<br />
die Entwicklung längst überholten", ja „vorsintflutlichen" Binnengrenzen<br />
im Raum zwischen Donau und Bodensee mit nicht weniger<br />
als 14 Exklaven und Enklaven die Rede. Auch wenn die Grenzpfähle<br />
mittlerweile nur noch für die Verwaltungs-Amtsstuben existierten<br />
und die Bevölkerung des Grenzlandes ihre familiären, geselligen,<br />
kirchlichen und wirtschaftlichen Beziehungen über die Landesgrenzen<br />
hinweg eifrig pflege, beschere die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen<br />
Bundesländern den Menschen doch manche Erschwernis im<br />
Alltag und mitunter geradezu groteske Skurrilitäten. So habe etwa ein<br />
heiratslustiges Paar aus dem zwischen dem badischen Herdwangen<br />
und dem hohenzollerischen Selgetsweiler geteüten Weiler Mühlhausen<br />
in der französischen Besatzungszeit kurz nach Kriegsende für<br />
die Hochzeitsfeier Passierscheine aus den Kreisstädten Überlingen<br />
und Sigmaringen benötigt, obwohl man gerade einmal 30 Meter auseinander<br />
wohnte. Kaum weniger skurril erscheint dem Autor, dass<br />
zur sonntäglichen Verkehrsregelung auf der württembergischen Exklave<br />
Hohentwiel Polizisten aus dem 25 Kilometer entfernten Tuttlingen<br />
anrücken müssten, wo doch das badische Singen so nahe liege.<br />
Vielleicht war den Seekreis-Bewohnern angesichts der kunterbunten<br />
Grenzverhältnisse in ihrer Nachbarschaft aber auch bewusst, dass ihr<br />
Badnerland und die bis 1945 bestehende staatliche Gliederung im<br />
deutschen Südwesten keineswegs so altehrwürdig und organisch<br />
gewachsen waren, wie dies die Badische Landesregierung in Freiburg<br />
oder auch der Landesvorstand der südbadischen CDU in Aufrufen<br />
vor der Abstimmung wahrhaben wollten. Vielmehr waren die<br />
50<br />
vermeintlich „alten" Grenzen und mit ihnen die „gewachsenen" Länder<br />
Baden, Württemberg und Hohenzollern ihrerseits durch eine<br />
radikale Neugliederung der Landkarte zur Zeit Napoleons entstanden,<br />
zu der die Bevölkerung seinerzeit und im Unterschied zu<br />
1951 in keinster Weise nach ihrer Meinung gefragt worden war. An<br />
die Stelle von mehr als einhundert reichsunmittelbaren Territorien<br />
adliger, geistlicher und reichsstädtischer Provenienz, dazu noch<br />
zahlreichen Ritterherrschaften und vorderösterreichischen Gebieten<br />
waren zwischen 1803 und 1810 im deutschen Südwesten schlussendlich<br />
noch fünf Nachfolgestaaten getreten: Die Königreiche Württemberg<br />
und Bayern, das Großherzogtum Baden und schließlich<br />
noch - gegen alle Logik und Wahrscheinlichkeit der Geschichte - die<br />
beiden hohenzollerischen Duodezfürstentümer Hechingen und Sigmaringen.<br />
Diese verdankten ihren Fortbestand als souveräne Staaten<br />
zunächst des Rheinbundes und sodann des Deutschen Bundes weniger<br />
ihren mächtigen Vettern von der preußischen Linie des Hauses<br />
Hohenzollern als den persönlichen Beziehungen der damaligen Sigmaringer<br />
Fürstin Amalie Zephyrine in die Führungsschicht des napoleonischen<br />
Frankreich und in die Familie des französischen Kaisers.<br />
Trauer über die Trennung von Österreich<br />
Dass die Bevölkerung Oberschwabens vor 200 Jahres keineswegs mit<br />
Begeisterung zu neuen Untertanen der Könige von Württemberg und<br />
Bayern und des Großherzogs von Baden wurde, sondern vielmehr<br />
ihren alten Herren und hier zumal dem Haus Österreich vielfach<br />
noch lange nachtrauerte, offenbart ein Zeugnis aus Engelswies: Der<br />
dortige Bürgermeister weiß noch 1865 von seinem längst verstorbenen<br />
Vater zu berichten, dass die alten Engelswieser gut österreichisch<br />
gewesen seien und sie „die Losreißung von Kaiser und Reich"<br />
wie ein „Donnerschlag" überkommen sei. An Württemberg jedenfalls<br />
wollten sie seinerzeit unter keinen Umständen kommen,<br />
„lieber noch wurden sie badisch". „Aber solange mein Vater lebte,<br />
schlug sein Herz östreichisch, war sein Verlangen, wieder dasselbe<br />
zu werden." Nicht wenige Orte wechselten zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
gleich mehrfach ihren Landesherrn. Den Rekord dürfte<br />
wohl das Dorf Ablach halten, das von Österreich 1805 zunächst an<br />
Württemberg, 1810 sodann an Baden und 1812 schließlich im<br />
Tausch gegen Rast an Hohenzollern-Sigmaringen kam.<br />
Die Untertanen des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen erhalten<br />
kaum ein halbes Jahrhundert nach den napoleonischen Umwälzungen,<br />
als Folge der Revolution von 1848/49, abermals einen anderen<br />
Landesherrn, den König von Preußen. Dass man diesen von „oben"<br />
verfügten Herrschaftswechsel, zu dem man unter Bruch der Verfassung<br />
auch jetzt nicht gefragt wurde, offenbar mit durchaus gemischten<br />
Gefühlen betrachtete, enthüllt die bekannte Anekdote von jenem<br />
hohenzollerischen Pfarrer, der in der ihm aufgetragenen Kirchenpredigt<br />
seiner Gemeinde verkündete, er werde heute darüber zu<br />
sprechen haben, „wie sehr wir uns freuen sollen, dass wir preußisch<br />
geworden sind, und darüber, dass wir dies um unserer Sünden willen<br />
auch nicht besser verdient haben".<br />
Nutznießer der Souveränitäts-Übergabe an den König von Preußen<br />
waren vor allem die Fürsten von Hohenzollern, die als Gegenleistung<br />
für die Abtretung ihrer Ländchen die 1803 und 1806 durch die Säkularisation<br />
gewonnenen Kloster- und Kirchengüter als Privatbesitz<br />
garantiert erhielten. Langfristig hatte der Herrschaftswechsel von<br />
1849/50 allerdings auch für die hohenzollerische Bevölkerung seine
Mitteilungen<br />
aus dem<br />
<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong><br />
I. Vorträge<br />
<strong>Geschichtsverein</strong> und das Staatsarchiv Sigmaringen auch einen<br />
Vortrag über König Carol I von Rumänien anbieten. Bei Redak-<br />
Hans Albrecht Oehler, Haigerloch<br />
tionsschluss stand der genaue Termin noch nicht fest. Dieser<br />
,Am Torwarthäuschen". Die Haigerlocher Kindernbuch- wird rechtzeitig in der Presse angekündigt.<br />
Autorin Maria Batzer"<br />
Mit Lichtbildern<br />
Montag, 17. März 2003, um 20 Uhr im Hohenzollernsaal des<br />
Neuen Schlosses (Sparkasse Zollernalb) in Hechingen<br />
Im Zusammenhang mit der Ausstellung „Dan ist beserzu leben<br />
als im Schwaben land". Vom deutschen Südwesten in das<br />
Banat und, Siebenbürgen werden der <strong>Hohenzollerische</strong><br />
guten Seiten, denn eine derart großzügige staatliche Förderung von<br />
Infrastruktur, Wirtschaft und Land hatten „Preußens verwöhnte<br />
Kinder" weder vorher noch danach jemals erfahren.<br />
Landestreue und Randlage<br />
Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts solchermaßen durchaus willkürlich<br />
gezogenen Ländergrenzen behielten über alle politischen Veränderungen<br />
Bestand bis nach dem Zweiten Weltkrieg und als Kreisgrenzen<br />
sogar bis zur großen Kreisreform von 1973- Durch die<br />
gemeinsam erlebte und erlittene Geschichte, die jeweilige Verfassungs-<br />
und Demokratie-Entwicklung und nicht zuletzt durch eine abgrenzende<br />
Stilisierung des eigenen Landes wie auch der Nachbarn<br />
entwickelt sich in den neu geschaffenen Ländern verhältnismäßig<br />
rasch ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl und ein emotional<br />
gefärbter Landespatriotismus. Im Breisgau, im Schwarzwald<br />
und am Bodensee, wo man zunächst mit Baden nur wenig im Sinne<br />
hatte und weitaus lieber österreichisch gebüeben wäre, schreitet die<br />
Landesintegration so rasch voran, dass man 1951 als Gralshüter der<br />
badischen Einheit auftritt und die „richtigen" Badener zwischen Baden-Baden,<br />
Pforzheim und Durlach im Südweststaatsstreit schließlich<br />
an Landestreue um Längen übertrifft. Bis heute wird das Badnerlied<br />
an der Dreisam und entlang der früheren Landesgrenze zwischen<br />
Alb und Bodensee bekanntlich mit ganz besonderer Inbrunst<br />
gesungen.<br />
Die andere Seite der Grenzlage ist eine ausgeprägte wirtschaftliche<br />
und infrastrukturelle Rand- und Rückständigkeit, die das zu Beginn<br />
51<br />
II. Vorankündigung<br />
Der <strong>Geschichtsverein</strong> veranstaltet am Samstag, 3. Mai 2003,<br />
eine Exkursion mit Führung in der Landesausstellung Alte<br />
Klöster - neue Herren in Bad Schussenried.<br />
Näheres darüber wird im 1. Heft der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong><br />
Jg. 2003 bekanntgegeben.<br />
des 19. Jahrhunderts gevierteilte Oberschwaben und zumal das<br />
Dreiländereck an der oberen Donau über eineinhalb Jahrhunderte,<br />
bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg auszeichnet. Grenzüberschreitende<br />
Kooperation wie in dem seit 1898 gebildeten badischwürttemb.-hohenzollerischen„Dreiländer"-Wasserversorgungsverband<br />
für den südlichen Heuberg war dabei lange Zeit eher eine Ausnahmeerscheinung.<br />
Der Normalfall sind Vorgänge wie 1920 in Leiberüngen<br />
und Kreenheinstetten, wo den Gemeinden der gewünschte<br />
Anschluss an das württembergische Stromversorgungsnetz von den<br />
badischen Behörden untersagt und ein Vertrag mit dem einheimischen<br />
Badenwerk durchgesetzt wurde. Längs der Landesgrenzen entwickelt<br />
sich im 19. Jahrhundert und erneut nach 1945 eine nahezu<br />
hermetisch abgeriegelte Presselandschaft, die das benachbarte „Ausland"<br />
in ihrer Berichterstattung weithin ausblendet und damit die<br />
bekannte Welt vielfach an den Grenzpfählen enden lässt.<br />
Heitere bis skurrile Grenz-Erlebnisse<br />
Fester Bestandteil der Grenzlage sind schließlich auch zahllose heitere<br />
bis skurrile GrenzErlebnisse. Geradezu makaber erscheint dabei<br />
ein Vorfall im Dreiländereck beim „Blindloch" zwischen Beuron,<br />
Leibertingen und Fridingen: Als sich dort 1919 ein Leiberünger<br />
Bauernsohn mit einem Armeerevolver erschießt, weü er seine aus<br />
einer ärmeren Familie stammende Angebetete nicht heiraten kann,<br />
beschäftigt der Selbstmord Polizeibehörden und Gerichte in gleich<br />
drei Ländern. Seine positiven Seiten hatte die Grenzlage dagegen für<br />
manche Wirtshaus-Zecher aus dem badischen Meßkirch, die angeb-
lieh mitunter bei Anbruch der Polizeistunde in Gasthäuser in der nahegelegenen<br />
hohenzollerischen Exklave Igelswies auswichen, wo<br />
aufgrund der Entfernung zur Amtsstadt Sigmaringen keine Gendarmen-Kontrollen<br />
zu befürchten waren. Selbst im tiefen Winter spielten<br />
die Grenzverhältnisse eine wichtige Rolle, wenn noch in den<br />
1960er Jahren auf dem südlichen Heuberg der von Buchheim kommende<br />
badische Schneepflug an der Gemarkungsgrenze der hohenzollerischen<br />
Exklave Thalheim die Schaufel anhob und erst dann<br />
wieder absenkte, wenn er wieder badischen Boden erreicht hatte. Es<br />
bedurfte einer hochoffiziellen Vereinbarung zwischen den Landratsämtern<br />
Stockach und Sigmaringen, damit auch Thalheims Straßen<br />
vom durchfahrenden badischen Schneepflug geräumt wurden. Im<br />
benachbarten Kreenheinstetten kollidieren wenige Jahre vor der<br />
Südweststaatsgründung über der Verpachtung der dörflichen Schafweide<br />
wirtschaftliche Erwägungen und badischer Landespatriotismus<br />
ganz massiv miteinander. Als die dortige Gemeinde nämlich<br />
mehrfach ihre Weide an einen vermutlich besser zahlenden Schäfer<br />
aus dem württembergischen Schussenried verpachtet, versuchen der<br />
badische Schäfereiverband und einzelne Schäfer in einem über<br />
mehrere Jahre gehenden Streit, mit Hilfe des Stockacher Landratsamtes<br />
und sogar der Freiburger Ministerialverwaltung die Kreenheinstetter<br />
von einer solchen Bevorzugung von württembergischen<br />
Ausländern auf badischem Boden wieder abzubringen.<br />
Bei einer Schilderung der vielfach skurrilen Grenzverhältnisse dürfen<br />
schließlich keinesfalls die sog. Kondominate, also die Ortschaften<br />
mit geteilter Landeszugehörigkeit unterschlagen werden. In Burgau<br />
bei Riedlingen setzt sich die auf eine Erbteilung der Herren von<br />
Hornstein im 14. Jahrhundert zurückgehende Spaltung des Dorfes<br />
auf zwei Herrschaften über alle Umbrüche der Geschichte nahtlos<br />
fort bis 1969, als im Gefolge des sog. Exklavenbereinigungsgesetzes<br />
die mittlerweile zum württembergischen Kreis Saulgau bzw. zum hohenzollerischen<br />
Kreis Sigmaringen gehörenden Ortshälften endlich<br />
wiedervereinigt werden. Im bereits erwähnten Weiler Mühlhausen<br />
sodann verläuft die Landesgrenze zwischen den in den 1920er Jahren<br />
drei badischen und zwei preußischen Bauernhöfen sogar entlang der<br />
Feldparzellen der einzelnen Güter, so dass sich der Pfullendorfer<br />
Oberamtmann bei einem Gemeindebesuch 1925 angesichts solch<br />
hanebüchener Grenzverhältnisse „an die schlimmsten Zeiten der<br />
deutschen Kleinstaaterei" erinnert fühlt. Die skurrile Teilung des<br />
Weilers findet nach vielen Jahrhunderten gleichfalls erst 1969 mit<br />
der Umgemeindung des hohenzollerischen Ortsteils von Selgetsweiler<br />
nach Herdwangen ein Ende.<br />
Napoleonische Grenzen wirken weiter fort<br />
Mit der Südweststaatsgründung 1952 lebt man dann zwar in einem<br />
gemeinsamen Bundesland, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts willkürlich<br />
gezogenen Grenzen bestehen indessen als Kreis- und Regierungsbezirksgrenzen<br />
weitere 20 Jahre fort. Erst die große Kreisreform<br />
von 1973 hebt nach fast 170 Jahren die napoleonischen<br />
Grenzziehungen endgültig auf und führt das hohenzollerische Oberland<br />
wie auch den badischen Bodenseeraum nach Oberschwaben<br />
zurück, zu dessen kleinterritorial, sakral und österreichisch geprägtem<br />
Kulturraum auch diese Gebiete bis zur Säkularisierung und Mediatisierung<br />
über viele Jahrhunderte stets gehört hatten.<br />
Der an der Nahtstelle der früheren Grenzen gelegene „Dreiländerkreis"<br />
Sigmaringen mit seinen zu etwa gleichen Teilen badischen,<br />
52<br />
hohenzollerischen und württembergischen Bestandteilen erscheint<br />
dabei in gewissem Sinne als Verkörperung des Südweststaates im<br />
kleinen.<br />
Gänzlich vollendet ist die Landesintegration indessen auch am 50.<br />
Geburtstag des Südweststaats noch nicht - weder auf der Ebene von<br />
Baden-Württemberg noch auf jener von Oberschwaben und des<br />
Landkreises Sigmaringen. Im kirchlichen Bereich etwa bestehen die<br />
Grenzen von 1810 weiterhin fort, wobei Hohenzollern auf katholischer<br />
Seite der badischen Erzdiözese Freiburg, auf evangelischer Seite<br />
dagegen der Evangelischen Landeskirche Württemberg zugehört.<br />
Noch nicht zusammengefunden haben gleichermaßen die Bauernverbände,<br />
die meisten Sportverbände und nicht zuletzt auch die Sparkassen,<br />
wo sich weiterhin die württembergischen Kreissparkassen<br />
und die badischen Bezirkssparkassen gegenüberstehen. Demgegenüber<br />
haben die Blasmusiker die alten Grenzen zwar noch nicht zur<br />
Gänze auf Landesebene, aber immerhin auf Kreisebene überwunden,<br />
wo man sich 1979 unter Ausschluss der weiterhin separatistischen<br />
Bläser aus Sentenhart - zu einem einheitlichen Kreisblasmusikverband<br />
Sigmaringen zusammengeschlossen hat. Der Kreisblasmusikverband<br />
Sigmaringen konnte deshalb beim großen Bläsertreffen zum<br />
Landesgeburtstag im Sommer 2002 in Stuttgart auch zu Recht die aus<br />
dem Jubiläumslogo des Landes entliehenen Wappentiere von Württemberg<br />
und Baden mit sich führen - und dazu noch den Sigmaringer<br />
Kreishirsch mit österreichisch rot-weiß gefärbtem Anzug und Hohenzollern-Fähnlein.<br />
Letzteres als kleine, freche Erinnerung daran,<br />
dass unser Bundesland neben Baden und Württemberg mit Hohenzollern<br />
noch einen häufig vergessenen dritten geschichtlichen Bestandteil<br />
besitzt.<br />
Kurzvortrag zur Eröffnung der Ausstellung „Gemeinsam sind wir unwiderstehlich<br />
- 50 Jahre Baden- Württemberg" des Hauses der Geschichte<br />
Baden- Württemberg am 17. Juli 2002 in der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
Landesbank Kreissparkasse Sigmaringen.<br />
Quellen und Literatur:<br />
Schwäbische Zeitung, Ausgabe Sigmaringen 195 1. Südkurier, Ausgabe<br />
Stockach/Meßkirch 195 1.<br />
Hermann Bausinger: Die bessere Hälfte. Von Badenern und Württembergern.<br />
Stuttgart, München 2002.<br />
Fritz Kallenberg (Hg.): Hohenzollern. Stuttgart u.a. 1996.<br />
Momente. Beiträge zur Landeskunde von Baden-Württemberg<br />
1/ 2002.<br />
Wilfried Setzier: 50 Jahre Baden-Württemberg - Vom Werden eines<br />
Bundeslandes. In: Schwäbische <strong>Heimat</strong> 2002/1, S. 22 - 32.<br />
Edwin Ernst Weber: „Grenz-Erfahrungen" im Dreiländereck auf dem<br />
südlichen Heuberg. In: Bernhard Maier und Werner Wohlhüter<br />
(Hgg.): „Grenzraum". Dokumentation zum Symposium vom 9- bis<br />
16. August 1997. Tuttlingen 1997, S. 5 - 1 0.<br />
Edwin Ernst Weber: Von Samt-, Haupt- und Nebengemeinden. Zur<br />
Siedlungs- und Verwaltungsstruktur von Herdwangen und Großschönach<br />
bis zur Gemeindereform von 1924. In: Helga Schnabel-<br />
Schüle u. ders. (Red.): Herdwangen-Schönach. <strong>Heimat</strong>buch zur Geschichte<br />
der Gemeinde. Herdwangen-Schönach 1994, S. 183 - 203.<br />
Edwin Ernst Weber: Vom Wallfahrtsdorf zum Industriestandort. Engelswies<br />
vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. In: Ders.<br />
(Bearb.): Zwischen Wallfahrt, Armut und Liberalismus. Die Ortsgeschichte<br />
von Engelswies in dörflichen Selbstzeugnissen. Sigmaringen<br />
1994, S. 35 - 84.
Dem Andenken an<br />
Prof. Dr. Gregor Richter<br />
Prof. Dr. Gregor Richter<br />
(1027-2002)<br />
Am 19- Oktober 2002 starb in<br />
Stuttgart völlig unerwartet in<br />
seinem 76. Lebensjahr das Ehrenmitglied<br />
des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>s, Herr<br />
Präsident a.D. Prof. Dr. Gregor<br />
Richter. Seit 1973 Mitglied und<br />
seit 1974 Vorstandsmitglied des<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>s wurde der<br />
Verstorbene im Spätherbst 1977<br />
zu dessen Vorsitzenden gewählt<br />
und damit auch mit der<br />
Schriftleitung der Zeitschrift für<br />
<strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte<br />
betraut.<br />
Dr. Gregor Richter, seit Januar 1974 Leiter des Staatsarchivs Sigmaringen,<br />
hatte mit dem Vereinsvorsitz kein leichtes Amt übernommen,<br />
befand sich der Verein doch seit der Aufhebung des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
Landeskommunalverbandes und der Aufteilung des Hohenzollernlandes<br />
auf neun Landkreise, sechs Regionen und drei<br />
Regierungsbezirke durch die Kreisreform 1973 in einer Krise. Infolge<br />
der anschließenden Kommunalreform hatte der <strong>Geschichtsverein</strong><br />
überdies eine Reihe von korporativen Mitgliedern verloren.<br />
Mit viel Energie und Engagement konnte Dr. Richter, der aus Schlesien<br />
stammte, die von seinem Vorgänger eingeleitete Konsolidierung<br />
des <strong>Geschichtsverein</strong>s vorantreiben und schließlich auch zum Abschluss<br />
bringen. Dabei ist es dem neuen Vorsitzenden dank seiner<br />
Kontaktfreudigkeit und seines Einfallsreichtums vor allem auch<br />
gelungen, die Zahl der Mitglieder deutlich zu erhöhen.<br />
Als Dr. Gregor Richter im Dezember 1979 an die Landesarchivdirektion<br />
in Stuttgart berufen wurde, behielt er den Vereinsvorsitz<br />
bei. Die laufenden Schreibtischarbeiten und auch die Redaktion der<br />
Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte, die sich infolge des häufigen<br />
Mangels an geeigneten Beiträgen oft als recht schwierig erwies,<br />
erledigte Dr. Richter zumeist an den Wochenenden in Sigmaringen,<br />
wo er zunächst auch noch seinen Hauptwohnsitz hatte. 1981, nach<br />
OTTO H. BECKER<br />
Die Säkularisation in den Fürstentümern<br />
Hohenzollern vor 200 Jahren<br />
Im kommenden Jahr gedenkt Baden-Württemberg mit einer Landesausstellung<br />
und einer Vielzahl von Veranstaltungen und Publikationen<br />
der Aufhebung der Klöster und geistlichen Korporationen<br />
1802/3 und 1806 und dem Einzug ihrer Besitzungen durch die<br />
weltlichen Staaten und Fürsten, also der Säkularisation. Im Vorgriff<br />
hierzu veranstaltete der hohenzollerische <strong>Geschichtsverein</strong> e.V. am<br />
9. November 2002 im Kapitelsaal des ehemaligen Augustiner-<br />
53<br />
Ablauf der regulären Amtszeit, trat er den Vereinsvorsitz an seinen<br />
Nachfolger im Staatsarchiv Sigmaringen, Dr. Wilfried Schöntag, ab.<br />
Vornehmlich dank seiner intensiven Ausstellungstätigkeit, seiner<br />
zahlreichen Vortragsveranstaltungen, Exkursionen und Führungen,<br />
aber auch dank seiner Tätigkeit als Schriftleiter der Zeitschrift für<br />
<strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte hat Prof. Dr. Gregor Richter bei vielen<br />
Zeitgenossen Interesse an der Geschichte geweckt und Forscher zur<br />
Bearbeitung historischer und landeskundlicher Themen aus dem<br />
Bereich von Südwürttemberg und Hohenzollern angeregt. So brachte<br />
er 1982 zusammen mit dem damaligen Tübinger Regierungspräsidenten<br />
Dr. Max Gögler das Buch „Die Geschichte des Landes Württemberg-HohenzolIern<br />
1945 - 1952. Darstellungen und Erinnerungen"<br />
heraus. Die unter der Mitarbeit zahlreicher Wissenschaftler,<br />
Politiker und höherer Beamter entstandene Publikation ist inzwischen<br />
zu einem Standardwerk der „großen Geschichte" des kleinen<br />
Bundeslandes Württemberg-Hohenzollern geworden.<br />
Auch nach der Verlegung seines Hauptwohnsitzes nach Stuttgart hat<br />
Prof. Dr. Richter die Verbindung zu Sigmaringen und dem <strong>Geschichtsverein</strong><br />
weitergepflegt und sein Wissen und seine Erfahrungen<br />
in die Vereinsarbeit eingebracht. Selbst als Pensionär nahm er recht<br />
häufig an einzelnen Veranstaltungen und Mitgliederversammlungen<br />
des <strong>Geschichtsverein</strong>s teil. Im Rahmen des Vereinsprogramms hielt<br />
der Verstorbene am 30. Juni in Hechingen und am 27. Oktober 1998<br />
in Sigmaringen den Vortrag „Hofkapellmeister Thomas Täglichsbeck<br />
- ein außergewöhnlicher Musiker in Hechingen und in Löwenberg<br />
in Schlesien". Gerne ist Prof. Richter der Einladung des Vereins zum<br />
Festakt am 30. September 2000 auf der Burg Hohenzollern aus Anlass<br />
des Anschlusses der Fürstentümer Hohenzollern an Preußen vor<br />
150 Jahren gefolgt.<br />
Die Verdienste des Verstorbenen um die Geschichte und Landeskunde<br />
Hohenzollerns und um den <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
fanden große Anerkennung. Auf Vorschlag von Vorstand und<br />
Beirat wurde Prof. Dr. Gregor Richter bei der Mitgliederversammlung<br />
am 6. Oktober 1998 in Hechingen einstimmig zum Ehrenmitglied<br />
des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s gewählt.<br />
Der <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong> wird seinem verstorbenen<br />
Ehrenmitglied und früheren Vorsitzenden ein ehrendes Andenken<br />
bewahren.<br />
Dr Otto H. Becker<br />
chorfrauenstifts Inzigkofen ein Kolloquium, bestehend aus sieben<br />
Fachvorträgen, über die Säkularisation in den Fürstentümern Hohenzollern.<br />
Nach der Begrüßung der über 70 Teilnehmer durch den Vorsitzenden<br />
des <strong>Geschichtsverein</strong>s Dr. Otto Becker sprach der Bürgermeister<br />
Pius Widmer auch als zweiter Vorsitzender des Fördervereins<br />
Volkshochschulheim Inzigkofen und nunmehr auch als<br />
Eigentümer des Klostergebäudes Grußworte. Weitere Grußworte<br />
entbot Volkshochschulheimleiter Bernd Eck.<br />
Im ersten Vortrag schilderte der Sigmaringer Kreisarchivar Dr. Edwin<br />
Ernst Weber das religiöse Leben und den klösterlichen Alltag
der Augustinerchorfrauen in lnzigkofen am Vorabend der Säkularisation.<br />
Die Lebensgestaltung der Klosterfrauen schwankte, wie der<br />
Referent vor allem aufgrund der vorhegenden Klosterchronik und<br />
der Visitationsprotokolle lebendig darlegte, zwischen sehr hohen<br />
religiösen Ansprüchen, einer „Hochleistungsfrömmigkeit", auf der<br />
einen und moderaten Formen der Religiosität und durchaus auch<br />
weltlichen Freuden auf der anderen Seite.<br />
Anschließend referierte Dr. Andreas Zekorn, Kreisarchivar des<br />
Zollernalbkreises, über die Säkularisaüon Kaiser Josefs II. im<br />
Jahre 1782, der Vorstufe zur großen Säkularisaüon zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts, der die beiden Terziarinnenklöster Gorheim und<br />
Laiz zum Opfer fielen. Dr. Zekorn machte deutlich, dass Österreich<br />
als Lehnherr der gef'ürsteten Grafschaft Sigmaringen dabei ohne<br />
Rücksichtnahme auf Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen<br />
vorging. Der Fürst ersteigerte die beiden Klostergebäude mit<br />
einzelnen Besitzungen schließlich für 31 000 Gulden, die vom<br />
Österreichischen Religionsfonds vereinnahmt wurden.<br />
Der stellvertretende Vorsitzende des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s,<br />
Rektor a.D. Otto Werner aus Hechingen, steuerte<br />
zum Kolloquium zwei Vorträge bei, nämlich über die Säkularisation<br />
des Klosters St. Luzen und des Kollegiatstifts St. Jakob in<br />
Hechingen sowie über die Säkularisation der Dominikanerinnenklöster<br />
Stetten im Gnadental und Rangendingen. Der Referent ging<br />
dabei sehr intensiv auf die oft bitteren Schicksale der einzelnen<br />
Klosterinsassen ein.<br />
Der Haigerlocher Grund- und Hauptschullehrer Robert Frank behandelte<br />
die Säkularisation des Frauenklosters Gruol, in dem die<br />
Schwestern mit dem Beistand des Ortspfarrers Wilhelm Mercy<br />
1803 eine Mädchenschule einrichteten, die aber nie die Huld des<br />
Fürsten fand und schließlich 1827 aufgegeben werden musste.<br />
Auch im säkularisierten Dominikanerinnenkloster Habsthal, das<br />
1806 an Hohenzollern-Sigmaringen fiel, versuchten die Kloster-<br />
EDWIN ERNST WEBER<br />
Ein menschlicher Arzt und ein kunst-<br />
sinniger Mensch:<br />
Zum Tod von Dr. Rudolf Eisele (1910 - 2002)<br />
Im hohen Alter von 91 Jahren ist am 5. Mai 2002 in Wald der Arzt<br />
Dr. Rudolf Eisele verstorben, der sich über mehr als ein halbes<br />
Jahrhundert mit seinem herausragenden medizinischen und öffentlichen<br />
Engagement bleibende Verdienste in Stadt und Landkreis<br />
Sigmaringen erworben hat.<br />
Rudolf Eisele wurde am 30. November 1910 als drittes von zehn<br />
Kindern des Schultheißen Felix Eisele und seiner Ehefrau Auguste<br />
geb. Ruf in Erüngen im damaligen württembergischen Oberamt<br />
Riedlingen geboren. Seine Kindheit und Jugend waren zumal in der<br />
Zeit des Ersten Weltkriegs und den folgenden Krisenjahren nicht frei<br />
von Not und Entbehrung, da das Einkommen der vielköpfigen Familie<br />
neben dem Verdienst des Vaters stark vom Ertrag einer kleinen<br />
Landwirtschaft abhing. Nach dem Besuch der Volksschule in seinem<br />
54<br />
frauen 1807 eine Mädchenschule einzurichten. Doch, obwohl die<br />
Dominikanerinnen dabei von dem berühmten Geheimen Medizinalrat<br />
Franz Xaver Mezler unterstützt wurden, musste die Schule,<br />
in der vor allem hauswirtschaftliche Fähigkeiten vermittelt wurden,<br />
wie die Referenün Doris Muth M.A. ausführte, infolge der Verweigerung<br />
staatlicher Zuschüsse bereits zwei Jahre nach ihrer<br />
Gründung wieder geschlossen werden.<br />
Im letzten Vortrag referierte Dr. Otto Becker über das Schicksal der<br />
Archive und Bibliotheken der von Hohenzollern-Sigmaringen säkularisierten<br />
Klöster. Danach stellen die heute vor allem im Staatsarchiv<br />
Sigmaringen und im Depositum Fürstl. Hohenz. Haus- und<br />
Domänenarchiv verwahrten Klosterarchivalien nur noch Überreste<br />
dar. Den Archiven blieb jedoch die Tragödie der Bibliotheken erspart.<br />
So sind von der einmal mindestens 20.000 Bände umfassenden<br />
Bibliothek des Augustinerchorherrenstifts Beuron nur rund 900<br />
Bücher in die Hofbibliothek bzw. in die Kapitelsbibliothek in Sigmaringen<br />
gelangt. Der Großteil der Bücher wurde bei einer Versteigerung<br />
1824 in Beuron meistbietend an den Mann gebracht.<br />
Die Säkularisation, das zeigten die Vorträge, aber auch die rege<br />
Aussprache darüber, bewirkten den Verlust bedeutsamer Ordensniederlassungen<br />
und Stifte und erniedrigte vor allem die Klosterfrauen<br />
zu Rentenbeziehern. Versuche von Schwestern, ihre Fähigkeiten<br />
in Schulen zum Nutzen der Allgemeinheit einzubringen,<br />
stießen bei den zuständigen Stellen auf Ablehnung und mussten deshalb<br />
scheitern. Die Patres und Kanoniker wurden demgegenüber<br />
zumeist auf Pfarrstellen versetzt<br />
Der Umgang mit der kulturellen und religiösen Verlassenschaft der<br />
Klöster und Stifte artete nicht selten in puren Vandalismus aus. Auf<br />
der anderen Seite freilich bildete die Säkularisation, wie Dr.<br />
Becker in der Begrüßung feststellte, den Einstieg in den hohenzollerischen<br />
Sonderweg, der erst in der Kreisreform 1973 sein<br />
endgültiges Ende fand.<br />
<strong>Heimat</strong>ort und sodann von 1921 bis 1927 des Progymnasiums im<br />
benachbarten Riedlingen nahm der begabte Schultheißensohn 1927<br />
die Ausbildung am Lehrerseminar in Saulgau auf. Sein Vorhaben,<br />
den Lehrerberuf zu ergreifen und damit in die Fußstapfen seiner<br />
Großvaters mütterlicherseits, des Oberlehrers Felix Ruf (1.840 -<br />
1.922), zu treten, musste er 1929 nach einer schweren Tuberculose-Erkrankung<br />
aber aufgeben. Inmitten dieser schwierigen Zeit<br />
verstarb im Juli 1930 im Alter von erst 55 Jahren der Vater, und der<br />
Mutter oblag mit Unterstützung der älteren Kindern allein die Versorgung<br />
der großen Familie.<br />
Nach seiner Genesung setzte Rudolf Eisele 1931 am Realgymnasium<br />
Ulm, der „Blauschule", seine schulische Ausbildung fort und legte<br />
dort 1932 das Abitur ab. Em Medizinstudium in Tübingen, Breslau<br />
und schließlich in Düsseldorf schloss sich an, im November 1937<br />
legte er das Staatsexamen ab, bis April 1939 folgte an der Medizinischen<br />
Akademie Düsseldorf die Promoüon. Noch während des<br />
Studiums bekam er während einer dreimonatigen Famulatur im<br />
Sommer und Herbst 1936 erstmals Kontakt mit dem Sigmaringer<br />
Fürst-Carl-Landeskrankenhaus und lernte dabei die Laborantin<br />
Helma Keller kennen, die spätere Ehefrau. Zum 30. Dezember 1937
kehrte Eisele nunmehr als Medizinalpraktikant an das hohenzollerische<br />
Stiftungskrankenhaus zurück, wo zu dieser Zeit mit Anstaltsleiter<br />
Dr. End, dem Psychiatriearzt Dr. Hüetlin und dem Chirurgen<br />
Dr. Lieb ganze drei Ärzte fest angestellt waren. Hinzu kamen noch<br />
zwei Medizinalpraktikanten und ein oder zwei sog. Volontärärzte.<br />
Letztere Funktion erlangt Rudolf Eisele Ende 1938, am 1. April 1939<br />
wird er sodann zum Assistenzarzt befördert und verfügt damit erstmals<br />
über ein nennenswertes Einkommen von monatlich 305<br />
Reichsmark. Der junge Arzt ist zunächst als Schüler und in der Folge<br />
als Assistent dem Chirurgie-Chefarzt Dr. Lieb zugeordnet, von dessen<br />
Persönlichkeit und fachlicher Kompetenz Eisele auch noch Jahrzehnte<br />
nach dessen Tod eine hohe Meinung hatte.<br />
Die feste Anstellung auf einer im Frühjahr 1939 neu geschaffenen<br />
Assistenzarztstelle bildet zugleich die materielle Grundlage für die<br />
Heirat Eiseies mit der medizinisch-technischen Assistentin Helma<br />
Keller, der Tochter des Sigmaringer Landwirtschaftsrats Franz Keller,<br />
am 22. April 1940. Dem Ehepaar, das zunächst in der Konviktstraße<br />
und seit 1951 in der Schützenstraße wohnt, werden vier Kinder<br />
geschenkt: Lothar (1941), Brigitte (1944), Gerold (1947) und<br />
Ortrud (1952).<br />
Der gläubige und praktizierende Katholik Dr. Rudolf Eisele hält eine<br />
gewisse Distanz zum Nationalsozialismus und verweigert sich einem<br />
Beitritt zur braunen Partei. Allerdings stellt er sich der Hiüerjugend<br />
seit 1938 als sog. „Bannarzt" zur Verfügung, in der Nationalsozialistischen<br />
Volkswohlfahrt ist er Stellenleiter für Jugendhilfe, und auch<br />
dem NS-Ärztebund gehört er als Anwärter an. Für diese Betätigung<br />
in nachgeordneten NS-Gliederungen wird er in der Entnazifizierung<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg mit einer Geldbuße belegt.<br />
Unmittelbar bei Kriegsbeginn 1939 wird Eisele zur Wehrmacht<br />
eingezogen, kann indessen bis März 1941 weiter am Sigmaringer<br />
Krankenhaus verbleiben, wo ein Reservelazarett eingerichtet wird.<br />
Ende 1940 wird er Augenzeuge des Abtransports von mehr als 70<br />
Behinderten aus der Psychiatrie-Abteilung des Fürst-Carl-Landeskrankenhauses,<br />
die anschließend als „lebensunwert" in der Tötungsanstalt<br />
Grafeneck grausam ermordet werden. Weitere 19 Patienten<br />
werden im März 1941 abgeholt und anschheßend in der Tötungsanstalt<br />
Hadamar bei Limburg umgebracht. Rudolf Eisele hat<br />
dieses unsägliche Verbrechen an behinderten Menschen sein Leben<br />
lang nicht mehr aus dem Gedächtnis verloren.<br />
Nachdem er bereits zuvor in Prag eine militärische Ausbildung erhalten<br />
hat, wird Eisele im März 1941 zu einer Sanitäts-Ersatzabteilung<br />
nach Ulm kommandiert, seit April 1941 ist er sodann in verschiedenen<br />
Reservelazaretten in Polen und zum Kriegsende hin in<br />
Thüringen tätig und behandelt als Arzt die verwundeten und verkrüppelten<br />
Soldaten und Opfer der nationalsozialistischen Eroberungs-<br />
und Vernichtungskriege. Zum Ende des Kriegs gerät er in<br />
amerikanische Gefangenschaft und ist in der Folge wiederum als<br />
Arzt in einem Lazarett im hessischen Arolsen beschäftigt. Nach<br />
seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und der Rückkehr<br />
nach Sigmaringen nimmt er am f5- März 1946 wieder seinen<br />
ärztlichen Dienst am Fürst-Carl-Landeskrankenhaus auf, wo man<br />
angesichts eines akuten Mangels an qualifizierten Ärzten auf den<br />
Rückkehrer bereits dringend gewartet hatte.<br />
Im Juli 1948 wird Dr. Rudolf Eisele zum Oberarzt der Chirurgischen<br />
Abteilung bestellt, und im August 1963 tritt er durch einstimmige<br />
55<br />
Wahl des Kreistags gegen sechs Mitbewerber die Nachfolge von Prof.<br />
Lieb als Chefarzt der Chirurgie an. Von 1965 bis zu seinem Eintritt in<br />
den Ruhestand Ende März 1976 hat der behebte und angesehene<br />
Mediziner überdies auch noch die Funktion des Ärztlichen Direktors<br />
am Landeskrankenhaus inne.<br />
Dr. Rudolf Eisele (1910 - >2002) in einer<br />
Aufnahme von 1990. Vorlage: Kreisarchiv<br />
Sigmaringen.<br />
In dieser Führungsposition ist Eisele eine treibende Kraft beim weiteren<br />
Ausbau Sigmaringens als regionaler Krankenhausstandort:<br />
Wichtige Entscheidungen in seiner Amtszeit sind vor allem die Schaffung<br />
einer urologischen Abteilung im Oktober 1967, die Einrichtung<br />
einer eigenständigen gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung im<br />
Januar 1969 und schließlich die Bildung einer Abteilung für Anästhesie<br />
und Intensivpflege.<br />
Maßgeblichen Anteil hat Rudolf Eisele weiterhin an den Planungen<br />
und Entscheidungen zur Errichtung eines neuen Kreiskrankenhauses<br />
auf dem Dettinger Berg in Sigmaringen. Der Baubeschluss<br />
des Kreistags im Juli 1965, der Baubeginn im Februar 1974 und der<br />
Bezug des neuen Hauses unter der Trägerschaft des Landkreises Anfang<br />
1979 beenden gleichzeitig die jahrzehntelange Agonie des alten<br />
gesamthohenzollerischen Stiftungskrankenhauses, dessen Erweiterung<br />
zum Leidwesen gerade auch des medizinischen Personals zuvor<br />
mehrfach an den Interessengegensätzen des Landeskommunalverbandes<br />
und der beiden Landkreise Hechingen und Sigmaringen<br />
gescheitert war. Die Einweihung des neuen Kreiskrankenhauses,<br />
die gleichzeitig die Aufgabe der in ihren ältesten Teilen auf das Jahr<br />
1847 zurückgehenden Krankenanstalt am Mühlberg bedeutet, erlebt<br />
Dr. Rudolf Eisele bereits als Pensionär, der sich freilich nach<br />
seinem Eintritt in den Ruhestand zum 1. April 1976 auf Bitten von<br />
Landrat Dietmar Schlee dem Landkreis nochmals ein halbes Jahr<br />
lang als Chefarzt-Stellvertreter im damaligen Kreiskrankenhaus<br />
Meßkirch zur Verfügung stellt.<br />
In der Erinnerung seiner Kollegen, Mitarbeiter und Patienten ist<br />
Rudolf Eisele in erster Linie als „ein mitfühlender, menschlicher<br />
Arzt" geblieben, der sich neben seinem hohen fachlichen Können<br />
und seinem bis zur völligen Erschöpfung gehenden Einsatz nicht<br />
zuletzt auch durch hohe soziale Kompetenz, Mitgefühl, Bescheidenheit<br />
und auch Rückgrat auszeichnete, wie Landrat Schlee im Sep-
tember 1976 bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes zu<br />
rühmen wusste. Sein jahrzehntelanges Mühen habe dem Patienten<br />
als Mensch und nicht nur als Behandlungsfall gegolten. Seinem<br />
ärztlichen Beruf blieb Eisele auch noch im Alter verbunden, als er<br />
mehrfach für seinen Schwiegersohn Dr. Hausmanns in Wald die<br />
Praxisvertretung übernahm.<br />
Neben seiner aufreibenden ärztlichen Tätigkeit, die nach der Erinnerung<br />
der Kinder nur selten Freiraum für einen Familienurlaub<br />
gelassen habe, stellte sich Dr. Rudolf Eisele überdies im öffentlichen<br />
Bereich sowie in der Kulturpflege in den Dienst der Gemeinschaft.<br />
Bereits 1948 übernahm er den Vorsitz im Kreisverein der Ärzte. Im<br />
Herbst 1962 wurde das CDU-Mitglied in den Sigmaringer Gemeinderat<br />
gewählt und gehörte diesem Gremium in der Folge als einer<br />
der Meinungsführer in der Stadtpolitik bis 1970 an. An wichtiger<br />
Stelle engagierte sich Eisele weiterhin beim Aufbau der neuen Sigmaringer<br />
Kirchengemeinde St. Fidelis, in deren Pfarrgemeinderat er<br />
ebenso täüg war wie beim Aufbau der kirchlichen Altenarbeit. Auch<br />
bei der Begründung der Sigmaringer Sozialstation und sodann in<br />
deren Vorstand war Eisele in selbstloser Weise tätig.<br />
Neben diesen sozialen Aufgaben gehörte das große Interesse des<br />
Pensionärs indessen vor allem der Kultur. Er übernahm die ehrenamtliche<br />
Betreuung des städtischen <strong>Heimat</strong>museums im „Runden<br />
Türm" und kam dieser wichtigen Aufgabe trotz nachlassender Kräfte<br />
bis wenige Jahre vor seinem Tod nach. Zum Palmenbrauchtum und<br />
Kleindenkmalen, zumal Feldkreuzen in Hohenzollern und Oberschwaben<br />
erstellte Rudolf Eisele in Bildern und Texten eine umfangreiche<br />
Dokumentation, die er noch vor seinem Tod zusammen mit<br />
Unterlagen zur Geschichte des Fürst-Carl-Landeskrankenhauses<br />
dem Kreisarchiv Sigmaringen zur bleibenden Aufbewahrung übergab.<br />
Gerne war der Kunstkenner auch immer wieder bereit, sein<br />
profundes Wissen zur Geschichte und Kultur von Sigmaringen und<br />
der Nachbarschaft bei Vorträgen und Führungen einem interessierten<br />
Publikum mitzuteilen - so zuletzt 1999 und 2000 bei den<br />
Kreisexkursionen „auf den Spuren Vorderösterreichs im Landkreis<br />
Sigmaringen".<br />
Zu Dank verpflichtet ist der Landkreis Dr. Eisele überdies für die von<br />
ihm vermittelte Rückgabe zweier aus dem früheren Landeskrankenhaus<br />
entfremdeten barocker Tafelbilder Inzigkofer Provenienz,<br />
darunter die kunstgeschichtlich bedeutsam, 1746 von Meinrad von<br />
Au geschaffene Darstellung „Erbsünde - Erlösung - Dreifaltigkeit"<br />
mit einer Abbildung des Heiligen Geistes in Menschen-, vielleicht<br />
sogar in Frauengestalt.<br />
Für sein verdienstvolles berufliches und ehrenamtliches Wirken im<br />
Dienst der Gemeinschaft hat Dr. Rudolf Eisele zu Lebzeiten zwei<br />
hohe Auszeichnungen erfahren: 1976 wurde ihm das Bundesver-<br />
Berichtigung<br />
dienstkreuz verliehen, und 1985 wurde er zum Ehrenbürger der<br />
Stadt Sigmaringen ernannt, deren Entwicklung er in den letzten<br />
Jahrzehnten an wichtiger Stelle mitbestimmt hatte.<br />
Die Kraft und den Antrieb für dieses außergewöhnliche ärztliche,<br />
soziale und kulturelle Engagement fand Dr. Rudolf Eisele in einem<br />
tiefen Glauben und einer christlichen Lebenshaltung. Diese Gaben<br />
halfen ihm auch dabei, die Schicksalsschläge im Alter zu bestehen,<br />
so die Behinderung seiner Frau, die er über lange Jahre bis zu ihrem<br />
Tod 1996 aufopferungsvoll betreute und pflegte. Freude und Erholung<br />
fand er auch in seinen weitgespannten, von der Botanik über<br />
die Geologie bis zu Musik und Lyrik reichenden geistigen Interessen<br />
und nicht zuletzt seiner geheimen Leidenschaft, dem Sammeln und<br />
Reparieren alter Uhren.<br />
Seit 2000 lebte er in der Familie seiner jüngsten Tochter in Wald, in<br />
deren Obhut er nach schwerer Krankheit am 5. Mai 2002 verstorben<br />
ist. In einem Nachruf der „Kliniken Landkreis Sigmaringen<br />
GmbH" wurde der Verstorbene zu Recht als „eine außergewöhnliche<br />
Persönlichkeit" gewürdigt, „den eine große Liebe zu den Menschen<br />
ausgezeichnet hat". Sein Leben und Wirken verdienen der<br />
bleibenden Erinnerung.<br />
Quellen und Literatur:<br />
Kreisarchiv Sigmaringen<br />
Fürst-Carl-Landeskrankenhaus/Kreiskrankenhaus<br />
Sigmaringen.<br />
Kreisarchiv Sigmaringen V - 1998/1 Nr. 2: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes<br />
etc. 1947ff.<br />
Kreisarchiv Sigmaringen XI/1 8: Nachlass Dr. Rudolf Eisele.<br />
Protokoll Zeitzeugengespräch mit Frau Ortrud Hausmanns geb.<br />
Eisele am 31-10.2002 in Wald (Kreisarchiv Sigmaringen).<br />
Artikel „Hohe Auszeichnung für einen Arzt, der sich stets um die Patienten<br />
als Menschen bemühte" (Schwäbische Zeitung Sigmaringen<br />
v. 22. 9. 1976).<br />
Artikel „Zum 75. Geburtstag von Dr. Eisele: Der qualifizierte Arzt<br />
operierte auch als Kommunalpolitiker geschickt" (Schwäbische<br />
Zeitung Sigmaringen v. 30.11.1985). Artikel „Vor 50 Jahren geheiratet:<br />
Dr. Rudolf und Helma Eisele feiern goldene Hochzeit"<br />
(Schwäbische Zeitung Sigmaringen v. 21.4.1990).<br />
Todesanzeige für Dr. med. Rudolf Eisele in der Schwäbischen<br />
Zeitung Sigmaringen v. 7.5.2002.<br />
Nachruf der Stadt Sigmaringen auf den Ehrenbürger Dr. Rudolf<br />
Eisele (Schwäbische Zeitung Sigmaringen v. 8. 5. 2002).<br />
Nachruf der Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH für den ehemaligen<br />
Chefarzt und Ärztlichen Direktor Dr. Rudolf Eisele (Schwäbische<br />
Zeitung Sigmaringen v. 10.5.2002).<br />
Im letzten Heft der „Hohenzollerlischen <strong>Heimat</strong>" 3 / 2002 ist ein Fehler unterlaufen. Auf der Seite 45 rechte Spalte endet der Beitrag<br />
von Dr. Herbert Rädle in der 27. Zeile von oben mit „... aus der Ulmer Weckmannwerkstatt kaum ein Zweifel bestehen kann."<br />
Der Nachfolgende Text stammt aus Heft 2 / 2002; wie der an diesen Platz kam, ist ungeklärt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.<br />
56
HERBERT RÄDLE<br />
Eine Kreuzigungstafel des Meisters von<br />
Meßkirch aus dem Meßkircher Schloß<br />
Die in Abb. 1 gezeigte Kreuzigungstafel befand sich ursprünglich<br />
als Andachtsbild in den Gemächern Graf Gottfried Werners von<br />
Zimmern im Meßkircher Schloß.<br />
Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie zur Sicherheit auf die Burg Wildenstein<br />
gebracht, kehrte aber später wieder in die Gemächer der<br />
Meßkircher Schloßherren zurück, bis sie 1818 nach Donaueschingen<br />
kam, wo sie sich heute befindet.<br />
Wie bereits angedeutet, ist die Tafel als Andachtsbild konzipiert.<br />
Sie zeigt - im Vergleich zu den vielfach üblichen figurenreichen,<br />
erzählenden Kreuzigungen (vgl. Abb. 3) - eine einfache Szenerie.<br />
Die wenigen Figuren sind im Vordergrund weitgehend symmetrisch<br />
angeordnet. Die Mittelachse wird vom Kreuz eingenommen,<br />
welches von Maria Magdalena in tradiertem Gestus umarmt wird.<br />
Den Figuren von Maria und Johannes sind oben in einer Zone dunkler<br />
Wolkenzusammenballungen Sonne und Mond kompositorisch<br />
zugeordnet.<br />
Auch in diesem Bild hat der Meister von Meßkirch Anregungen aus<br />
Dürers druckgraphischem Werk übernommen: so etwa die Rückenfigur<br />
des betenden Johannes von einem 1510 datierten Holzschnitt<br />
(Abb. 2), oder die Motive von Sonne und Mond sowie die<br />
eucharistischen Engel, die das Blut Christi auffangen, von einer um<br />
1496 entstandenen vielfigurigen Kreuzigung (Abb. 3).<br />
Abb. 2: Albrecht Dürer. Christus am Kreuz mit Maria und<br />
Johannes, datiert 1510. Bildnachweis: Meder 181<br />
57<br />
Abb. 1: Meister von Meßkirch, Christus am Kreuz (aus Schloß<br />
Meßkirch) um 1538, F. F. Gemäldegalerie Donaueschingen.<br />
Bildnachweis: Beuroner Kunstverlag<br />
Im Unterschied zu den eher erzählenden Blättern Dürers betont<br />
die Kreuzigungstafel des Meisters von Meßkirch entsprechend<br />
ihrem Zweck als Andachtsbild auf sehr eindrückliche Weise symbolhaft<br />
das Erlösungsgeschehen.<br />
In Anlehnung an die Ausführungen Hans Hofstätters (Großer Kunstführer<br />
81, Schnell-Steiner-Verlag München 1980, S. 64) läßt sie sich<br />
etwa folgendermaßen beschreiben: Christus stirbt am Kreuz. Sein<br />
nach der Seite hin geneigtes Haupt wird nicht von einem Heiligenschein<br />
umgeben, sondern ist mit drei Lilien geschmückt, die nach<br />
der christlichen Ikonographie seit alters die Lichtgeburt des Menschen<br />
aus dem Schöße der Erde und der Nacht ankündigen.<br />
Mit Nacht und Finsternis ist auch das Haupt Christi im oberen<br />
Bildteil hinterlegt. Sonne und Mond nehmen trauernd Anteil am<br />
Kreuzigungsgeschehen.<br />
„Die Sonne schämt sich, den Gekreuzigten zu sehen und der Mond<br />
seufzt nach Erlösung", schreibt der heilige Hieronymus. In der theologischen<br />
Auslegung bedeuten Sonne und Mond die Kirche und die<br />
Synagoge. Die Kreuzigung scheidet endgültig das Licht des Neuen<br />
Testamentes von der Nacht des alten.<br />
Darauf sind auch die Engel bezogen, die das ausströmende Blut<br />
Christi in Kelchen auffangen und damit an das Wort erinnern: „Dies<br />
ist das Neue Testament in meinem Blute" (Lukas 22,20). Durch ihr<br />
Tun wird auf die Eucharistie als das zentrale Geheimnis des christlichen<br />
Meßopfers hingewiesen (soweit nach Hofstätter).
Die am Fuß des Kreuzes liegenden menschlichen Gebeine verweisen<br />
nicht nur auf die Bedeutung Golgathas als Richtstätte (Schädelstätte),<br />
sondern deuten auch auf den ersten Menschen Adam, über<br />
dessen Grab Christus nach der Legende gekreuzigt wurde.<br />
Die stille Gefaßtheit des Bildes, betont noch durch den silbergeschmückten<br />
dunklen Rahmen, regt den Gläubigen an zu betrachtendem<br />
Sich-Versenken in die vielfältigen Beziehungen, die Tod und<br />
Erneuerung umfassen.<br />
OTTO WERNER<br />
Vor 150 Jahren drohte dem Unteren<br />
1\irm der Abbruch<br />
Vom Umgang mit Baudenkmälern und einige<br />
Überlegungen dazu<br />
Den Unteren Türm ließ bekanntlich Graf Eitelfriedrich I. von Hohenzollern-Hechingen<br />
im Jahr 1579 erbauen. Davon zeugt die an der<br />
Nordseite angebrachte Inschrift:<br />
Mich hat erbaut Graf Eitel Fritz<br />
vom Grund bis oben an den Spitz 1579<br />
Der Obere Turm und seine Umgebung<br />
Sein Zwillingsbruder, der Obere Turm, war, nachdem der südliche<br />
Stadtbering durch den Bau der Pfarrkirche St. Jakobus 1779/83 aufgebrochen<br />
worden war, deplaziert. Im Jahr 1780 erbaute Kaufmann Caspar<br />
Cany das spätere Pfarrhaus als Wohn- und Geschäftshaus. Er verwendete<br />
dazu Steine der ein Jahr zuvor abgebrochenen Kirche zu Unserer<br />
Lieben Frau und St. Jakob. Das Haus wechselte noch einigemal<br />
den Besitzer, bevor die katholische Kirchengemeinde 1865 das günstig<br />
am Kirchplatz gelegene Gebäude erwarb. Karl Friedrich Reinhard<br />
berichtete 1784 von der Arbeit an einem neuen Stadttor neben der<br />
(neuen) Kirche, das sammt der Kirche gegen die elende rauchigte<br />
Hüttchen rings herum und einen schwarzen steinernen Thurm, der<br />
einige Löcher statt der Fenster hat, den auffallendsten Kontrast macht.<br />
Am 10. April 1788 hieß es folglich: Da der obere Thum ganz baufälligste<br />
und nothwenig abgebrochen werden muß, auch der Plaz von der<br />
Kronen bis an das Thor ohnfehlbar überbaut wird (...) Der Abbruch<br />
erfolgte kurze Zeit später. Das neue obere Tor „erhielt zwei stattliche<br />
mit Kriegstrophäen geschmückte Pfeiler." Dieses neue Stadttor hatte<br />
nicht lange Bestand; es diente nicht einmal fünfjahrzehnte (bis 1835)<br />
als Sperre. Seine Bruchsteine verwendete man beim Bau des Brückenhäuschens<br />
an der Johannesbrücke. Das Stadttor wäre auch einige<br />
Jahrzehnte später beim Bau der Einmündung der Neustraße im Wege<br />
gestanden. Das Obertorhaus mußte zusammen mit dem 'alten' Pfarrhaus'<br />
endgültig dem (Ende 1974 fertiggestellten) Bau des katholischen<br />
Pfarr- und Gemeindehauses weichen. Heute erinnert nur noch<br />
die Bezeichnung Obertorplatz an die frühere obere (südliche) Eingangspforte<br />
zur Innenstadt.<br />
Der Untere Turm und seine Umgebung<br />
Die Umgebung des Unteren Turms unterlag mehrfach Veränderungen.<br />
Fürst Friedrich Ludwig von Hohenzollern-Hechingen (1735-1750)<br />
ließ 1737 den an etlichen Orthen sehr schadhaften Dachstuhl in der<br />
Fürstlichen Residenz repariren. Hechinger Fuhrleute leisteten dabei<br />
freiwillig Fuhrdienste. Johann Adam Kraus zitiert aus einem 1748<br />
abgeschlossenen „summarischen Extract der auf das Schloß zu Burladingen<br />
und anderen fürstlichen Gebäude verwandten Baukosten":<br />
„Die Residenz zumal ist ein uraltes und ehender einem Kloster als<br />
einem fürstlichen Schloß gleichendes Gebäu, (...)"<br />
58<br />
Abb. 3: Albrecht Dürer, Vielfigurige Kreuzigungsgruppe, um<br />
1497. Bildnachweis: Meder 120<br />
Fürst joseph Wilhelm von Hohenzollern-Hechingen (1750-1798) sah<br />
sich im Frühjahr 1751 gezwungen, mit der höchst benöthigten Haupt-<br />
Reparation dero Fürstlichen Residenz, der Friedrichsburg, zu beginnen,<br />
um weiteren und größeren Schaden an dem Renaissanceschloß<br />
vorzubeugen; u.a. sollte ein neuer Dachstuhl auf der einen Seite verfertigt<br />
werden. Auch die Hechinger Fuhrleute mußten Fuhrfronen<br />
leisten. Die Regierung erließ am 26. Oktober 1758 ein Dekret, wonach<br />
Fürst Joseph Wilhelm der Stadt (aus besonderer Gnade) erlaubt<br />
habe, den Schutt und Urbau, der beim Schloßhof hege, auf die Straße<br />
vor dem oberen Tor bis auf den neu gemachten Weg abführen zu<br />
lassen. Zwei Abgesandte aus Bisingen und Wessingen zogen im Juni<br />
1760 vor das Reichkammergericht nach Wetzlar, um sich u.a. wider<br />
die ihnen aufgetragene schloß Frohnen zu beschweren. Sie traten<br />
dabei so auf, als seien sie auch von der Stadt Hechingen bevollmächtigt.<br />
Eine in die Fürstliche Hofratskanzlei berufene Deputation des<br />
Stadtgerichts verwunderte sich nicht wenig, indeme hievon nicht d.<br />
mindiste bekandt. Das Stadtgericht stellte formell klar, daß sie zu<br />
dergl(eich)en Schloss-Frohnen niemahlen wären angehalten worden.<br />
Unterdessen traf aus Wetzlar das (vorläufige) Urteil ein, daß... so wohl<br />
die Stadt alß Landt die quaest: Frohn-Fuhren zum Schloßbauw ohnverwaigerlich...<br />
gehorsambst vollzieh(en) sollen.<br />
Dies wurde einer Deputation des Stadtgerichts in der Fürstlichen<br />
Hofratskanzlei deuthl(Iich) eröffnet und abgelesen. Die städtischen<br />
Deputierten ließen sich dahin vernehmen, daß sie zwar wid(er) das<br />
gegenwerthig Ihnen abgelesene Kayserl (ich) e Cammer Gerichts urthel<br />
was d[as] Landt betreffe, lödiglich nichts dargeg(en) einzuwenden<br />
gedenckhen, hingege(en) aber, d(aß) auch die Stadt hierinnen, und<br />
darmit eingeflochten und unterschoben worden seye, wo man doch<br />
derentwillen, weder einige clag(en) selbsten geführet, eben so wenig<br />
jemandt anderen hier zu Gewaldt und Vollmacht gegeben, welches ihr
von sich gestelltes attestatum genugsam an Tag gebe, seye eine Sach,<br />
darwid(er) man genöthiget zu protestieren, (...). Es stellte sich aber<br />
heraus, daß ein Bürger der Stadt, nämlich der Hafner Johann<br />
Mutschier, auf der Liste der Bauern unterschrieben hatte. Auf Befragen<br />
gestand er vor dem Stadtgericht ein, daß dises sein Will und Meinung<br />
also gewesen, mit dem Vorwandt jedoch, (er) habe solches allein<br />
gethan, umb den alten p r o c e ß zu betreiben, nicht aber eine Klag<br />
räve deren dem Landt umgelegten Schloßfrohnen zuformiren, (...).<br />
Ihm wurde das Bürgerrecht aufgekündigt, und er mußte die Stadt innerhalb<br />
von acht Tagen mit Sack und Pack verlassen. Die Regierung<br />
sagte hierauf zu, daß der Stadt die anverlangte rechtliche Genugthuung<br />
uneingestellet verschafft werden solle. Dies alles zeigt deutlich, daß in<br />
jenen Jahren Umbauarbeiten am Schloß im Gange waren.<br />
Obwohl schriftliche Zeugnisse dafür bislang nicht aufgefunden wurden,<br />
dürfen wir davon ausgehen, daß zu jener Zeit der den Vorhof<br />
bildende Vorbau im Osten, den der Merianstich gut abbildet, bereits<br />
niedergelegt war. Im Kunstdenkmälerwerk ist zu lesen: „Auf Abbildungen<br />
nach 1723 ist der Vorhof nicht mehr vorhanden, es fehlen die<br />
Zwerchgiebel, und die Zwingertürme sind mit Zwiebelhauben gedeckt."<br />
In der Chronik der Stadt Hechingen heißt es: Unter Michel d'Ixnards<br />
Leitung begann 1764 „ein kostpieliger U m b a u des Stadtschlosses<br />
(1768)." - Und 1767: „Der 1764 begonnene Umbau des<br />
Schlosses wurde in diesem Jahre beendet; er kostete neben den<br />
Fronarbeiten 29 660 fl." Pierre Michel d'Ixnard erhielt vom 18. Mai<br />
1764 bis 29. September 1766 eine Anstellung als „Bau Direktor", zur<br />
Neueinrichtung des Ostflügels des Hechinger Schlosses. Laut der<br />
Baurechnungen hatte er einige Innenräume neu einzuteilen und<br />
einzurichten. „Ein Voranschlag vom 7. August 1764 nennt fünf Zimmer<br />
im Ostflügel und das Tafelzimmer. Weitere Zimmer werden in den<br />
Rechnungen erwähnt. Fürst Joseph Wilhelm „scheint mit d'Ixnard<br />
zufrieden gewesen zu sein". Der Bauherr berief ihn rund ein Jahrzehnt<br />
später ja auch wieder als Architekt der Stifts- und Pfarrkirche St.<br />
Jakobus d. Ä. Die baulichen Eingriffe wirkten sich jedoch statisch verheerend<br />
aus, wie wir noch sehen werden.<br />
Gleich nach seinem Regierungsantritt hatte Fürst Joseph Wilhelm auch<br />
neue Brücken über die Starzel und den Mühlbach bauen lassen. Er<br />
ließ damit den bisherigen Übergang von der Unterstadt zur Oberstadt<br />
beim Spittel weiter nach Osten verlegen. Wann das 'Vorwerk' mit den<br />
beiden Türmchen, das auf dem Merianstich von 1662 zu sehen ist,<br />
abgebrochen wurde, wissen wir nicht genau. Die beiden Pfeiler des<br />
Tores neben dem Unteren Turm ließ Fürst Joseph Wilhelm 1775 „aus<br />
Hauwerk" erbauen. Das untere Tor gestaltete den Verkehr flüssiger,<br />
der sich vorher durch das Nadelöhr des Unteren Turmes zwängen<br />
mußte. Gegenüber dem Tor an der Staig stand das untere Torhaus; es<br />
diente als Wohnung des Torhüters. Neben dem unteren Tor stand das<br />
'Kegeltörle'.<br />
Die Schauseite des Renaissanceschlosses im Osten war durch den<br />
„Umbau" nicht besonders gelungen. Beschreibungen aus jener Zeit<br />
besagen: „Das hochliegende Schloß ist regelmäßig gebauet." (Büsching,<br />
1790) - „Das Schloß, das auf einem Hügel an den Grenzen der<br />
Stadt steht, ist im gothischen Geschmack gebaut, und besteht, wie die<br />
alten Schlösser jener Zeit, aus 4 zusammenstoßenden Flügeln. In der<br />
Nähe des Schlosses ist das Kanzleigebäude und Gymnasium." - „Die<br />
Residenz selbst ist weitschichtig, groß und hoch; sie steht etwas über<br />
der Stadt erhoben, aber sie ist halt dennoch ein altes Gemäuer, das in<br />
der Ferne mehr verspricht, als es in der Nähe selbst ist." (Hauntinger,<br />
1799) - Andere erwähnen das einst hochgerühmte Schloß nicht einmal<br />
mehr.<br />
Zu Beginn des 19. Jahrhundert traten die Schäden am Schloß deutlich<br />
zutage. Interssant ist, was Ludwig Egler zum Jahr 1814 schreibt: "Vor<br />
59<br />
dem Flügel gegen die Schloßstraße erhob sich eine Terasse, wahrscheinlich<br />
auf den Grundmauern eines früheren einen Vorhof zum<br />
Schlosse bildenden Flügels. In dem Flügel gegen die Schloßstraße,<br />
welcher zum Theil eingestürzt war (s.o.), befand sich der große Saal<br />
mit dem Theater, aus welchem Fürst Hermann [1798-1810] gegen<br />
die entschiedenen Einwendungen seines Bau-Inspektors Falkner, der<br />
darauf hin pensioniert wurde, die steinernen Fensterkreuze nehmen<br />
ließ, wodurch die Mauer an Festigkeit verlor; (...). Im Jahr 1812<br />
stürzte des Ostflügels des Renaissanceschlosses ein.<br />
Einsturz und Abbruch des vordem Schloßflügels betr.<br />
Am Samstag 28t. Novemb. 1812 Nachmittag fiel am vorderen Schloß-<br />
Hügel, der Facade gegen die Stadt herein machte, ein Pfeiler zwischen<br />
2 Fenstern des im untersten Stokwerkes befindlichen Registratur ein.<br />
Dieser Pfeiler war schon seit langer Zeit in schlechtem Zustande, da er<br />
zu einem Kamin ausgehölt war. Einige Tage vor seinem Einsturz hatte<br />
man die daran befindlichen Risse überstrichen, um zu sehen ob sie<br />
sich in gleichem Stande erhalten, um dann das Mauerwerk noch ausbessern<br />
zu können, oder ob sie sich vergrössern würden. In dieser<br />
Zeit ward die sogenannte äussere Registratur ganz von Schriften, Kästen,<br />
Tischen p. ausgeleert, welche aber der Eile wegen noch grossentheils<br />
in das unmittelbar daran stossende innere Gewölb, das gegen<br />
den Schloßhof hineinsieht, gebracht wurden.<br />
Am Sonntag den 30t. Novemb. abends stürzte ein 36 Schuh hohes, und<br />
27 Schuh breites Stück aus dieser nämlichen Wand vorn heraus, und<br />
riß 2 Fenster des grossen Saals mit sich auf die Terasse herab. Denn<br />
diser Riß reichte gerade bis an die obere Decke des grossen Saales.<br />
Man ersuchte den k. Würt. Landbaumeister v. Brukmann zu Rottenburg<br />
u. den Baucontrolleur Nieffer zu Bahngen hieher zu kommen, um<br />
die Sache einzusehen, u. ihr Gutachten zu geben, was mit diesem den<br />
fernem Einsturz drohenden Flügel anzufangen sey. Indessen wurden<br />
alle Meubles, Fenster, Thüren aus den vor einigen Jahren neu gebauten<br />
Appartements im obersten Stoke hinweggebracht, und zugleich unten<br />
an Aufräumung des Schuttes gearbeitet. Am Mittwoch den 2t. Dezember<br />
1812 vormittag kamen die besagten Baumeister mit ihren Gehülfen;<br />
ein paar Stunden früher aber, morgens um 1/2 8 Uhr stürzte plözlich<br />
vom Dach an ein ganzes Stük des Flügels 43 Schuh breit zusammen,<br />
so daß davon nur die innere Mauer gegen den Schloßhof zu noch<br />
stehen blieb. Die Baumeister fanden dieses ganze Vorgebäude nach<br />
Maasgabe ihres schriftlichen Augenscheinsberichtes so äusserst<br />
schadhaft, und auch von Anbeginn so schlecht construirt, daß sie den<br />
Rath gaben, den ganzen Flügel vollends abzubrechen.<br />
Was noch an Fenstern, Laden, Thüren auf beiden Seiten, neben dem<br />
fast in der Mitte des Flügels herabgestürzten Stüke, noch weggebracht<br />
werden konnte, ward herausgenommen, und mit dem Abdeken des<br />
Daches auf beiden Seiten sogleich der anfang gemacht. Alle Zimmerleute<br />
und Maurer im ganzen Lande wurden aufgeboten, um bei dem<br />
Abbruche im Taglohn zu arbeiten, und so ging die Arbeit unter Direction<br />
des Oberst v. Hövel sehr schnell und unaufhaltsam vor sich, da<br />
man auch Sonn- u. Feyertags daran fortmachte, bis der ganze sehr<br />
schwere Dachstuhl, und der obere Stok samt dem Entresol zwischen<br />
diesem u. dem grossen Saale abgetragen u. der untere Theil des<br />
Gebäudes dadurch vollkommen erleichtert war.<br />
Neben dem grossen Saale, in dem kleinern worinn sich das Theater<br />
befand, an einem Fensterpfeiler gegen den Schloßhof zu, unten am<br />
Fusse des mit Stukaturarbeit, wie der ganze grosse Saal verzierten Pfeilers<br />
fand man die Buchstaben im Stein eingegraben WN 1583 wahrscheinlich<br />
der Name des Baumeisters oder des Stuccadors, mit der<br />
Jahrzahl 1583.<br />
Abbruch des Schlosses<br />
Der Abbruch des Schlosses wäre nicht notwendig gewesen. Wenn es<br />
dazu eines Nachweises bedarf, so ist dieser durch das Gutachten des
erühmten Architekten Friedrich Weinbrenner erbracht. F. Weinbrenner<br />
(1766-1826) gab vor allem seiner Vaterstadt Karlsruhe ein eigenartiges<br />
Gepräge durch zahlreiche Bauten im 'Weinbrennerstil', einem<br />
Gemisch von dorisierendem Stil der Revolutionszeit mit rundbogigen<br />
Tür- und Fensterformen und Blendnischen, in dem er auch viele öffentliche<br />
Gebäude, Kirchen etc. im badischen Land ausgeführt hat.<br />
Aber auch in Hechingen zeigen heute noch viele im klassizistischen Stil<br />
erbaute Häuser im Giebel das 'Weinbrennerauge'.<br />
Gehorsamste Beantwortung der Fragen über die Baufälligkeit und<br />
Wiederherstellung des Fürstlich Hohenzollei-Hechingischen Residenz<br />
Schloßes.<br />
ad 1. Nach meinem Ermessen ist die gegenwärtige Gefahr des Schloßes<br />
nicht so groß, daß es dem Einsturz droht, und dasselbe ist<br />
allerdings zu repariren, und für die Zukunft wohnbar zu machen.<br />
ad 2. Große Veränderungen bey einem alten Gebäude sind oft kostspieliger<br />
als neue Bauwesen; in dem vorliegenden Fall muß daher<br />
die Bequemlichkeit und Solidität des Gebäudes, in Hinsicht<br />
auf Economie, zum Theil in Abtragung des Alten überflüssigen<br />
Bauwesens, theils aber in Erbauung neuer fehlender Theile geschehen.<br />
ad 3. nach vorhergehender Beantwortung der aufgestellten Fragen<br />
wird kein neues Schloß erfordert, und da der größte Theil des<br />
alten Schloßes wieder zu repariren und zu gebrauchen ist, so<br />
sind auch die Kosten weit geringer, als die Erbauung eines neuen<br />
Gebäudes.<br />
ad 4. Eine zweckmäßige Benuzung des alten Schloßes, mit der Ergänzung,<br />
der noch für eine fürstliche Wohnung erforderlichen<br />
Bequemlichkeiten, werden das Ganze charakterisiren. Bey einem<br />
ganz neuen Gebäude wäre dieses auch der Fall,<br />
ad 5. Die Keller oder Souterrains in dem Schloß scheinen mir vorzüglich<br />
gut und solid zu seyn, nach dem oben angegebenen Bauplan,<br />
würden sie auch keine Veränderung erleiden, und können<br />
so wie der<br />
ad 6. bemerkte sogenannte Cammerflügel, während des übrigen<br />
Baues benuzt bleiben,<br />
ad 7. sind in finanzieller Hinsicht alle Verzierungen, insofern sie keinen<br />
Zweck haben bey einem Gebäude uberflüssig, und die Anständigkeit<br />
und Schönheit eines architektonischen Gegenstandes<br />
ist schon durch die Übereinstimmung der einzelnen Theile mit<br />
dem Ganzen allein zu erreichen.<br />
Hechingen am 18. ten Merz 1816. F. Weinbrener<br />
Der fürstliche Bauherr Friedrich Hermann Otto (1810-1838) entschied<br />
sich anders. Oberst von Hövel hatte die Friedrichsburg für<br />
baufällig erklärt, dennoch erwiesen sich beim Abbruch die Mauern<br />
von solcher Stärke, daß sie mit Pulver gesprengt werden mußten.<br />
Auch bei den Abbrucharbeiten mußten die Untertanen Hand und<br />
Spannfronen leisten. Hövel soll später die Pietätlosigkeit seines<br />
Gutachtens bedauert haben. Aber die Einsicht kam zu spät.<br />
Neubau des Burnitzschen Schlosses<br />
Rudolph Burnitz (1788 -1849), ein Weinbrenner-Schüler, erhielt den<br />
Auftrag zum Bau eines neuen Residenzschlosses.<br />
Zeugniß<br />
Nachdem der Architect Rudolph Burnitz aus Ludwigsburg das hiesige<br />
Fürstliche Residenz Schloß von Grund aus neu erbaut, und durch<br />
dieses nach allen Theilen in Plan und Ausführung sehr gut gelungene<br />
Bauwesen die höchste Zufriedenheit Seiner hochfürstlichen Durchlaucht<br />
unsers gnädigsten Fürsten und Herrn sich erworben hat, so<br />
wird aufhöchsten Befehl ihm hierüber gegenwärtiges Zeugniß ausgestellt.<br />
Urkundlich nachstehender Fertigung. Hechingen den 9ten November<br />
1819. (L. S.) Hochfiirstlich hohenzollerische Hofkammer.<br />
60<br />
Für den Innenausbau des „Neuen Schlosses" wollten oder konnten die<br />
Bauherren das Geld nicht aufbringen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhundert<br />
residierten die Fürsten Friedrich Hermann Otto und Friedrich<br />
Wilhelm Konstantin (1838-1850) im Schlößchen Lindich, im 'Alten<br />
Schloß' und in der Villa Eugenia, die in den Jahren 1833-34 ihre heutige<br />
Gestalt erhielt und hoffentlich behält.<br />
Verkauf des unteren Torhauses<br />
1831 fiel das Torsperrgeld für die beiden Torwärter weg. 1835 wurden<br />
auch die Torflügel beim unteren Tor und am Unteren Turm ausgehängt.<br />
Im Brandversicherungskataster von 1839 ist als Nr. 243 noch<br />
das „untere Thorhaus, 2 Stok mit Fachwerk" aufgeführt. 1847 schrieb<br />
es die Stadt zur Versteigerung aus. 1848 erwarb es Xaver Schraner, der<br />
daneben staigabwärts seine Werkstätte hatte. Beide Häuser wurden<br />
durch das Sanitätshaus Buckenmayer ersetzt. Dort befindet sich seit<br />
einigen Jahren eine Aussichtsplattform.<br />
Vom Jahr 1835 an war der Zu- und Durchgang durch die Stadt bei Tag<br />
und Nacht ungehindert. Der Stadtrat und der Bürgerausschuß beschlossen<br />
am 30. November 1835 einstimmig, bei der fürstlichen<br />
Regierung den Antrag zu stellen, daß sowohl das obere als das untere<br />
Tor, welche ohnehin bei den gegenwärtigen Umständen keine Sicherheit<br />
gewähren, abgeschafft und förmlich caßirt werden möchte. Zur<br />
Markierung, daß man sich innerhalb der Stadt befand, waren 1834<br />
(nach dem Beispiel benachbarter Staaten) Ortspfähle an den Ein- &<br />
Ausgang der hiesigen Stadt gesetzt worden.<br />
Abbruch des Unteren 1\irmes?<br />
Auch der Untere T\irm sollte (1851) abgebrochen werden. Königliche<br />
Regierung!<br />
Gehorsamstes Gesuch des Stadtmagistrates dahier um Gestattung der<br />
Entfernung des untem Thurmes. Schon vor mehreren Jahren, ehe wie<br />
(?) Stadtgemeinde auf die Reparatur des unteren Thurmes nicht geringe<br />
Kosten zu verwenden hatte, ging man mit dem Vorhaben um, den<br />
untem Thurm gänzlich zu entfernen. Diesem Vorhaben stand jedoch<br />
hauptsächlich der Umstand im Wege, daß der untere Thurm die<br />
sämmtlichen Gefängnisse der hiesigen Gerichte enthielt. Inzwischen<br />
sind jedoch jene Gefängnisse in ein anderes Gebäude verlegt worden<br />
u. es stünde der Beseitigung des Thurmes in dieser Beziehung ein Hinderniß<br />
nicht mehr im Wege.<br />
Es entstand deshalb in neuerer Zeit der Gedanke, wie zweckmässig der<br />
Abbruch des genannten Gebäudes für die Stadtgemeinde u. für den öffentlichen<br />
Verkehr seyn wurde u. es wurde deshalb von dem Stadtmagistrate<br />
unterm 24ten Februar Kaufenden) J(ahres) der Beschluß<br />
gefaßt: „Bezüglich der Entfernung des untern Thurmes geeignete Verhandlungen<br />
einzuleiten", da der Magistrat selbst dahin einig war, daß<br />
diese Entfernung nur als wünschenswerth erscheine.<br />
Die Gründe sind einfach folgende: Der untere Thurm ist wegen seines<br />
hohen Alters, trotz der mehrfach vorgenomenen Reparaturen, in<br />
einem sehr schlechten baulichen Zustande, insbesondere, was den<br />
obem Theil des Baues betrifft, indem erst vor wenigen Wochen das<br />
ganze Dach gewankt und dieses Wanken die Nachbarschaft bei dem<br />
jeweiligen Läuten (der Glocke) in nicht geringen Schrecken versetzt<br />
hat. Zwar wurde für den Augenblick die Gefahr beseitigt, indem wieder<br />
einige neue Balken eingesetzt worden sind, - es wird aber die<br />
Verbesserung von keiner langen Dauer seyn. Mehr noch als die<br />
vorhandene Gefahr spricht für die beabsichtigte Entfernung des untern<br />
Thurmes die hierdurch ermöglichte Verbesserung der Passage an der<br />
Steige u. es wird überflüssig erscheinen, Hochdieselbe auf die Mängel<br />
dieser Passage u. die mögliche Correctur derselben aufmerksam zu<br />
machen.<br />
Was den Abbruch des Thurmes etwa hindernd im Wege stehen könnte,
ist das regelmässige Läuten der auf demselben befindlichen Glocke zu<br />
gewissen Tageszeiten u. das Bestehen einer Uhr mit Schlagwerk auf<br />
demselben. Ersteres könnte nachdem zu verschiedenen Zeiten des<br />
Tages auf den Kirchen in der Stadt, im Spitale u. bei St. Lützen geläutet<br />
wird, ohne Anstand unterlassen, wenn dieses aus dahier unbekannten<br />
Gründen nicht statthaft seyn sollte, die zu läutende Glocke an einem<br />
anderen Orte, etwa auf dem Rathhause angebracht werden. Ebenso<br />
wenig als das Geläute ist die auf dem untern Thurme bestehende Uhr<br />
ein örtliches Bedürfniß, indem hiefür die Uhren auf der Stadtkirche,<br />
auf dem Rathhause, dem Schlosse u. der Spitalkirche vollkommen hinreichen.<br />
Hiernach dürfte dem Vorhaben des Stadtmagistrats ein Hinderniß<br />
nicht in dem Wege stehen u. erlaubt man sich deshalb die<br />
gehorsamste Bitte: „Hochdieselbe wolle die Entfernung des der Stadt<br />
gehörigen untern Thurmes Hochgeneigtest gestatten." Baldiger Hoher<br />
Resolution entgegensehend, geharret verehrungsvollst Hechingen den<br />
Iten April 1851 Einer Königlichen Regierung gehorsamster Stadtmagistrat.<br />
I. A. Stadtschultheissenamt [gez.] Ruff.<br />
Offensichtlich war dies kein Aprilscherz, denn ein dreiviertel Jahr<br />
später wurde der Stadtschultheiß im Auftrag des Stadtmagistrats in der<br />
Angelegenheit wiederum vorstellig und ließ in der Sache nicht locker.<br />
Die Stadtväter wollten partout den wackeren Koloss loswerden. An die<br />
Königliche Regierung hier. Gehorsamste Vorstellung des Stadtmagistrats,<br />
Abbruch des untern Thurmes betreffend. Unterm lten April<br />
kaufenden] J[ahres] hat der Stadtmagistrat unter Darstellung gewichtiger<br />
Gründe [!!!] die gehorsamste Bitte sich erlaubt, „es wolle die<br />
Entfernung des der Stadt gehörigen untern Thurmes hochgeneigtest<br />
gestattet u. hierwegen baldige hohe Resolution ertheilt werden."<br />
Dieser Bitte wurde bis jetzt nicht willfahrt. Da jedoch in neuerer Zeit<br />
an dem bezeichneten Gebäude, u. zwar an dessen Haupttheile, dem<br />
unteren Gewölbe bedeutende Risse und Sprünge entstanden sind,<br />
welche die Gefahr des Einsturzes, besonders bei eintretendem<br />
Thauwetter, in drohende Aussicht stellen" so sieht man sich zu dringender<br />
Wiederholung des früheren Gesuches um so mehr veranlaßt,<br />
da bei einem etwaigen Einstürze nicht nur Menschenleben bedroht<br />
sind, sondern auch der Stadtgemeinde wegen des Baues der nahehegenden<br />
Gebäude bedeutende Nachtheile zugehen würden, gegen<br />
welche man sich für den Fall einer weiteren Verzögerung hiemit<br />
ausdrücklich verwahren muß. Unter so bewandten Umständen dürfen<br />
wir die Anführung weiterer Gründe, die eine Willfahrung unseres Gesuches<br />
rechtfertigen, unterlassen und uns mit der Bemerkung begnügen,<br />
daß Herr Hofbauinspector Wiest bereits um abermalige Untersuchung<br />
des untern Thurmes u. Erstattung seines Augenscheinberichtes<br />
an Hochdieselbe ersucht worden ist.<br />
Verehrungsvollst<br />
Einer Königlichen Regierung gehorsamster Stadtmagistrat.<br />
Indessen besonderem Auftrage. K Stadtschultheissenamt. [gez.] Ruff.<br />
Hechingen den 22 Decbr 1851. Das Königliche Oberamt Hechingen<br />
wurde in dem Begleitschreiben um möglichst schleunige Vorlage [...]<br />
an die Königliche Regierung [...] um so dringender gebeten, da sich<br />
an dem besagten Gebäude Spuren bemerkbar gemacht haben, welche<br />
einen baldigen Einsturz befürchten lassen.<br />
Hofbaumeister Wiest berichtete jedoch, daß keine Gefahr im Verzuge<br />
sei. Der Königliche Kreisgerichtsdirektor Fischer hielt die Wiedereinrichtung<br />
der Arrest-Lokale auf dem Untern Turm für erforderlich,<br />
außer die Stadt verstünde sich darauf, im Rathaus oder in einem anderen<br />
städtischen Gebäude zwei andere Arrestlokale einzurichten und<br />
dem Königlichen Kreisgericht zur Verfügung zu stellen. Der Königliche<br />
Kommissar Graf von Villers wollte die Ankunft eines Oberbau-Inspektors<br />
aus den älteren Provinzen abwarten, bis eine definitive Entschließung<br />
erfolge. Dem Stadtschultheiß war daraufhin nicht mehr nach Abbruch<br />
des Unteren Turmes zumute; er wollte nun vielmehr nur noch,<br />
61<br />
daß die Stadt von den Einrichtungs- und Unterhaltungskosten befreit<br />
werde, wenn der Benützung weiteren Benützung der beiden Arrest-<br />
Lokale durch das Königliche Kreisgericht nichts mehr im Weg stehe.<br />
Er behielt sich aber erforderlichenfalls das Recht vor, jene Lokale zum<br />
Gebrauch der Stadt einst wieder an sich zu ziehen.<br />
Der Abbruch unterblieb, Gott sei Dank! Man besann sich eines Besseren,<br />
und auf Veranlassung des Königs Friedrich Wilhelm IV. von<br />
Preußen erfolgte stattdessen die Ausbesserung der Fundamente durch<br />
den Ingenieur-Hauptmann Blankenburg. Seitens der Königlichen Regierung<br />
in Sigmaringen wies Graf von Villers am 22. November 1852<br />
darauf hin, daß die "hohen Ministerien ... mit Rücksicht auf die Benutzung<br />
des der Stadt-Commune zu Hechingen angehörigen Thorthurms<br />
daselbst zu Polizei- und Gerichts-Gefängnissen auf unsere Antrag<br />
die Kosten für die nothwendig gewesene Beseitigung der an dem<br />
Fundament des Thurms vorhanden gewesenen Defecte bewilligt" habe,<br />
die Gemeinde Hechingen jedoch verpflichtet sei, künftig die bauliche<br />
Unterhaltung des Torturms zu tragen.<br />
Schon auf der sicheren Seite<br />
Als im Januar 1862 die Neustraße für den Verkehr freigegeben war<br />
und damit die Trasse Staig - Schloßplatz- Schloßstraße ihre Bedeutung<br />
als Hauptverkehrsader durch Hechingen weitgehend einbüßte, verlor<br />
das Argument, der Untere Turm sei ein blockierendes Verkehrshindernis,<br />
seine Schlagkraft. Endgültig wurde die Absicht, den Turm zu<br />
beseitigen, im Jahr 1883 fallengelassene und der Turm einer gründlichen<br />
Ausbesserung unterzogen.<br />
Er behielt seine Stellung an der Schnittstelle zwischen dem unteren<br />
Plateau der Oberstadt und dem steilen Abhang zur Unterstadt, und ist<br />
vor allem für die Gesamtansicht Hechingens von Norden zusammen<br />
mit dem Rathaus und der Stiftskirche markant. Der Untere Turm blieb<br />
somit ein Wahrzeichen Hechingens; davon gibt es nicht (mehr) so<br />
viele! Wohl schmachteten in ihm Schuldige und Unschuldige. Die<br />
'Turmstrafe', verschärft bei Wasser und Brot, war in früheren Jahrhunderten<br />
eine häufig vom Stadtgericht ausgesprochene Freiheitsstrafe,<br />
mit der Unbotmäßige zur Vernunft gebracht wurden oder gebracht<br />
werden sollten. Der Untere Tbrm bedeutete aber auch Schutz und<br />
Trutz in bedrohlichen Zeiten. Seine Nachts geschlossenen Tore ließen<br />
die Bürger ruhig schlafen. Der Wächter auf seinem Ausguck Türm<br />
warnte sie vor Gefahren.<br />
Die Glocke auf dem Turm gliederte den Tageslauf. Die Geschichten, die<br />
sich um ihn ranken, sollten wieder belebt werden. Wer kennt beispielsweise<br />
Die Sage vom Untern Thurm zu Hechingen (Aufs Neue ans Licht<br />
gezogen, als man den Thurm abbrechen wollte.)?<br />
Den westlichen Pfeiler des unteren Tores brach man im Jahr 1880 ab.<br />
Um diese Zeit dichtete Viktor Bilharz:<br />
Der untere Thurm.<br />
Viereckig bin ich unten<br />
Und oben polygon,<br />
Sehr alt ist mein Gemäuer,<br />
Zum Theil verwittert schon.<br />
Ich biete den Passanten<br />
Durch einen Bogen Raum,<br />
Ein Brunnen ist daneben,<br />
Mancheiner sieht ihn kaum.<br />
Hoch oben auf der Kuppe<br />
Da ruht ein großes Nest,<br />
Drinn wohnt mit seiner Störchin<br />
Der Storch aufs Allerbest.
Längst schon wohnt kein Storchenpaar mehr in luftiger Höhe auf dem<br />
Unteren Hirm. Der letzte dauerhafte Bewohner des Unteren Turmes<br />
war der „Turmfrieder". Die <strong>Hohenzollerische</strong>n Blätter berichteten<br />
1935: „Chronik des Todes. Gar schnell hat gestern der Sensenmann<br />
unsere Turmwächter, den Taglöhner Friedrich Blumenste<br />
tt e r, in ein anderes Leben geholt. Als er am Sonntag abend die<br />
steile Treppe in seiner Behausung im Untern Türm emporstieg, stürzte<br />
er ab und blieb mit einer schweren Kopfverletzung unten liegen. Hier<br />
wurde er bewußtlos aufgefunden und ist dann in der Klinik in Tübingen<br />
gestern Vormittag gestorben. Wie oft ist wohl der „Turmfrieder",<br />
wie man ihn in der Nachbarschaft oft nennen hörte, die sechzig Stufen<br />
zu seinen luftigen Stuben im Turm hinaufgestiegen. Er hat dort oben<br />
das Licht der Welt erblickt, war doch sein Vater schon Wächter dieses<br />
ehrwürdigen Wahrzeichens unserer Stadt. Hier hat Friedrich Blumenstetter<br />
sein Lebtag gewohnt und seines Amtes gewartet, die Glocken<br />
zu den vorgeschriebenen Stunden und auch die gellende Brandglocke<br />
zu läuten. Er war wohl der bescheidenste Gehaltsempfänger<br />
der Stadt Hechingen, denn er bezog neben freier Wohnung ein Monatsgehalt<br />
von ganzen zwei Mark. Ehrlich und redlich verdiente er sich<br />
seinen kargen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, die er immer<br />
verläßlich ausführte. Eine geschickte Hand hatte er für gärtnerische<br />
Arbeiten. Kein üppiger Platz war ihm an der Tafel des Lebens bereitet.<br />
Zufrieden und bescheiden führte er sein Leben."<br />
Wachsamkeit ist angesagt<br />
Der Untere Türm wurde 1954 baulich gesichert 54 und 1971 renoviert.<br />
Er legt in seinem Durchgang Zeugnis ab von der Bildung der<br />
Gesamtstadt zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Wappen<br />
der ehemals selbständigen Ortsteile wurden hier angebracht. Sein<br />
Bestand ist heute nicht mehr gefährdet. Die St. Luzenkirche mit dem<br />
Kreuzweg und seinem Kalvarienberg, die Stiftskirche, das 'Neue<br />
Schloß', die Alte Synagoge, St. Elisabeth, das Museum wurden in den<br />
letzten Jahrzehnten baulich gerettet. Das 'Alte Schloß' wird gegenwärtig<br />
gründlich restauriert. Nun gilt es das Augenmerk auf das Pfründehospital<br />
mit seiner Kirche ('Spittel') und auf die Villa Eugenia zu<br />
richten!<br />
Anmerkungen:<br />
1 Werner, Otto: Die gemeine Stadt Hechingen und der Bau der Stiftskirche<br />
vor 200 Jahren in: <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>, Nr. 2 / 1982, S. 22.<br />
2 Egler, Ludwig: Chronik der Stadt Hechingen 2. Aufl. Bearb. von Rudolf<br />
von Ehrenberg. (Künftig: ChH 11.) Hechingen 1906, S. 21 1.<br />
3 Stadtarchiv Hechingen (künftig: StadtA Hech.), B., A 14: SPProt. 1778-<br />
1801. „Actum d: 10. April 1788. Gartten-Taxation den Kronenwirth Egler<br />
betrfd."<br />
4 ChH 11. Hechingen 1906. S. 212.<br />
5 StadtA Hech., B„ A 1 0: SGProt. 1749-54. „Actum den 4. Februar 175 1."<br />
6 Kraus, Johann Adam: Von den Hohenzollern-Hechingischen Lust- und<br />
Jagdhäusern. In: <strong>Heimat</strong>klänge Nr. 9- Hechingen, den 27. Juli 1935,<br />
S. 35 f<br />
7 StadtA Hech., B., A 1 0: SGProt. 1749-54. „Actum den 4. Februar 1751."<br />
8 Erdaushub<br />
9 StadtA Hech., B., A 1 1: SGProt. 1754-61. „Actum Hechingen aufm Raths<br />
Haußd. 30ten 8br: 1758."<br />
10 fraglichen<br />
11 dem Untertanenstreit<br />
12 wegen (?)<br />
13 StadtA Hech., B., A 1 1: SGProt. 1754-6 1. „Actum Hechingen d. 22ten<br />
Aug: 1760."<br />
14 Werner, Otto:, Strittige Fuhrfronen zur Reparatur des Hechinger Residenzschlosses<br />
(1737-1760) in: <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong> Nr. 1/1983,<br />
S. 11 f<br />
15 Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns. Hrsg. von Walter Genzmer. Bd. 1:<br />
62<br />
Kreis Hechingen. Hechingen 1939- S. 190. - Dies steht aber im Widerspruch<br />
zu der Datierung einer Federzeichnung, die den Vorhof und Vorbau<br />
noch zeigt, auf 1764 durch den Denkmalpflegers Lothar Merkelbach.<br />
(Umbau und Instandsetzung des Neuen Schlosses in Hechingen.<br />
Anmerkungen des Denkmalpflegers. In: Kreissparkasse im neuen Schloß<br />
Hechingen. Hechingen 1982.)-<br />
16 Ch H 11. Hechingen 1906, S. 194.<br />
17 Ebd., S. 195;<br />
18 Laut Franz (s. u.): Sigmaringen, FHA, A 137 (Baurechnungen), fol. 9 v.<br />
19 Franz, Erich: Pierre Michel d'lxnard 1723-1795. Weißenhorn 1985.<br />
S. 30.<br />
20 Ebd.<br />
21 die Johannesbrücke<br />
22 ChH 11. Hechingen 1906. S. 199. - Beim Abbruch einer der beiden<br />
Torpfeiler im Jahre 1880 fand man Münzen von 1775 und eine (leider)<br />
zerstörte Urkunde. (Index W. S. 1880/Nr. 94)<br />
23 Das 'Kegeltörle' ist auf dem Merianstich von 1662 zu sehen.<br />
24 Biisching, D. Anton Friedrich, Erdbeschreibung. Siebenter Theil, der den<br />
oberrheinischen, schwäbischen, bayerischen und fränkischen Kreis<br />
enthält. Hamburg, 1790. S. 521.<br />
25 Topographisches Lexikon von Schwaben Erster Band. Ulm 1791- Sp.686<br />
26 Ein Tag am fürstlichen Hof in Hechingen 1799 nach dem Reisebericht des<br />
P. Hauntinger aus Glatt. Hrsg. von Dr. G. Hebeisen. In: <strong>Hohenzollerische</strong>s<br />
<strong>Heimat</strong>blatt. 2. Jahrgang Nr. 3. Sigmaringen, 15. Juli 1929. S. 3.<br />
27 1812<br />
28 Diese Maßnahme hatte m. E. nur dann einen Sinn, wenn es die Schauseite<br />
des Schlosses war.<br />
29 Egler, Ludwig: Chronik der Stadt Hechingen, Hechingen 1887. S. 193-<br />
30 Es mußte heißen: 29. Novemb.<br />
31 Entresol = Zwischengeschoß, Halbgeschoß<br />
32 Es sind die Initialen des Stukkateurs Wendelin Nuferer, den wir auch<br />
beim Bau der St. Luzenkirche antreffen.<br />
33 STAS, Dep. 39 DH 1, A 151. „1812. - Notizen über den Einsturz und Abbruch<br />
des vorderen Schloßflügels zu Hechingen." 21.<br />
34 STAS, Dep. 39 Dil 1, A 152. „1812-1818. Akten die Baufälligkeit u.<br />
Wiederherstellung des Residenzschlosses zu Hechingen betreffend 1812<br />
-1818." 12.<br />
35 Ebd.<br />
36 ChH 11. Hechingen 1906. S. 242. - Ich bin nicht sicher, ob die Chronik<br />
streng zwischen unterem Tor und Unterem Turm unterscheidet. (S. 306!)<br />
37 Verordnungs- u. Anzeigeblatt für das Fürstenthum Hohenzollern-Hechingen.<br />
Nro. 19- Samstag den 6. März 1847.<br />
38 Zusammen mit Stadtarchivar Thomas Jauch aufgrund des Brandversicherungskatasters<br />
, des Besitzerbuchs und des Grundbuchs (Nr. 267)<br />
der Stadt Hechingen und des Katasterplans (Nr. 252) ermittelt.<br />
39 heute: Staig 1<br />
40 ChH 11. Hechigen 1906. S. 242 f<br />
41 StadtA Hech., B„ A 20: SGProt. 1834-43.<br />
42 StadtA Hech., B., A 20: SGProt. 1834-43. „Actum den 16. Septbr. 1834.<br />
Setzung von Ortspfählen an den Ein= & Ausgang hiesiger Stadt."<br />
43 <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>bücherei Hechingen, Sign. K 945 V / 1<br />
44 <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>bücherei Hechingen (künftig: HHBH), Sign.<br />
K 945 V/2<br />
45 HHBH, Sign. K 945 V/4, 5 u. 6<br />
46 ChH 11. Hechingen 1906. S. 272.<br />
47 HHBH, Sign. K945 V/6<br />
48 Die Ausgabe der Stadtchronik von 1980 berichtet: „Ein Beschluß des<br />
Stadtrats, den Untern ftirm abzubrechen, stieß auf entschiedene Ablehnung<br />
bei der Bürgerschaft und wurde vom Bürgerausschuß verworfen,<br />
der die Mittel für eine gründliche Ausbesserung bewilligte."<br />
(S. 305)<br />
49 ChH 11. Hechingen 1906. S. 309.<br />
50 Egler, Ludwig: Ausgewählte Schriften und Gedichte. Hechingen 1998.<br />
S.89 ff-<br />
51 ChH II, Hechingen 1906, S. 306.<br />
52 HHBH, Sign. J 133.<br />
53 <strong>Hohenzollerische</strong> Blätter. Nr. 187. Dienstag, den 13- August 1935.<br />
54 „Der Untere ftirm steht wieder sicher" in: <strong>Hohenzollerische</strong> Zeitung.<br />
Nummer 244. Hechingen, Mittwoch, 20. Oktober 1954.
Botho Walldorf, Die <strong>Hohenzollerische</strong> Landesbahn in den<br />
1960er-Jahren<br />
Im September 2002 hat Botho Walldorf einen neuen Bildband über<br />
die <strong>Hohenzollerische</strong> Landesbahn in den 1960er Jahren veröffentlicht.<br />
Wirft man einen Blick in das Büchlein, so ist man erfreut<br />
über die Schönheit dieser Fotos und ihren Erinnerungswert.<br />
Walldorf konnte viele alte Fotos vom Bahnbau auftreiben, von denen<br />
viele hier gezeigt werden. Die <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesbahnen,<br />
wie man sie ursprünglich nannte, wurden in Teilstrecken von<br />
1899 bis 1908 gebaut. Es entstanden größere und kleinere Bahnhöfe<br />
und Haltepunkte die nur durch eine Wellblechhütte markiert<br />
waren. Die Fotos zeigen zahlreiche, heute verschwundene, kleine<br />
Bahnhöfe und Haltepunkte. Manche Bahnhöfe erschienen auch auf<br />
Postkarten, weil man stolz war, wenn der Ort Bahnanschluß hatte.<br />
Seit dem Bahnbau rollten auf den Strecken Dampflokomotiven,<br />
Personenwagen, Packwagen und Güterwagen, wobei die Lokomotiven<br />
immer größer und stärker wurden. Niemand konnte sich<br />
vorstellen, daß sich jemals etwas ändern könnte. 1934 kamen<br />
dann die ersten Triebwagen, die hell und luftig waren und nur<br />
wenig Lärm machten. Ca. 30 Jahre später erschien die erste Diesellok<br />
auf den Gleisen. In den sechziger Jahren fuhren auch noch<br />
viele Personen - und Güterzüge mit Dampfloks. Aber im gleichen<br />
Jahrzehnt wurde, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, der<br />
Dampflok-Betrieb eingestellt.<br />
Was Walldorfs Büchlein so interessant macht ist der alltägliche Betrieb,<br />
den er Tag und Nacht, Sommer wie Winter, über Jahrzehnte<br />
dokumentiert hat. Gleichzeitig hat er damit vielen alten Landesbahnern<br />
ein Denkmal gesetzt. Es war eine harte und rußige Arbeit,<br />
die sie ihr Leben lang leisteten. Als Beispiel sei der Oberheizer<br />
Fabian Eisele aus Gauselfingen genannt, der 1973 im Gammertinger<br />
Altersheim verstarb. Jahr für Jahr, Nacht für Nacht, heizte er<br />
im Gammertinger Lok-Schuppen die Lokomotiven an, die dann um<br />
drei oder vier Uhr in die Nacht hinaus fuhren.<br />
Auch Nicht-Eisenbahn-Fans werden an den über 200, noch nie<br />
veröffentlichten Fotos, ihre Freude haben. Es ist wie ein Blick in<br />
eine längst vergangene Zeit.<br />
Gudrun Mangold, Hunger ist der beste Koch.<br />
Karge Zeiten auf der rauen Alb - Rezepte und Geschichten<br />
Man ist nicht erst heute geneigt, die Vergangenheit zu verklären.<br />
Wenn man aber genau hinschaut, wird man feststellen, dass es "die<br />
gute alte Zeit" nie gegeben hat und gewiss nicht auf der Schwäbischen<br />
Alb, die man früher als die Rauhe Alb bezeichnete.<br />
Als Beispiel einer Siedlung auf der Alb dient Laichingen, wo die<br />
raue Alb etwa 750 m hoch und am rauesten ist. Die Autorin hat<br />
eifrig nach Kochrezepten aus Urgroßmutters Zeiten gesucht. Da sie<br />
auf der Alb aufwuchs, ist die Sprache der Älbler ihre Muttersprache,<br />
in die sie -oft mitten im Satz- immer wieder verfällt, um<br />
sich genauer auszudrücken. Hilfreich ist dabei das mitgegebene<br />
63<br />
Glossar, das sich jeweils auf der betreffenden Seite befindet. Die<br />
Kochrezepte sind gewissermaßen ein Gerüst, an dem die Autorin<br />
ein Geschichtsbuch aufbaut. So darf man sich nicht wunderen,<br />
wenn z. B. die Siedlungsgeschichte von Laichingen im Kapitel „Suppen"<br />
erscheint.<br />
Unsere Vorfahren mussten sich mit dem begnügen, was der Boden<br />
und die jeweilige Jahreszeit hergaben, und das war nicht gerade<br />
üppig. Zubereitung und Zutaten werden sehr anschaulich und humorvoll<br />
erklärt, so dass es nicht schwierig ist, Schwarzen Brei,<br />
Knöpfle mit saurer Soße oder Flädle in allen Variationen selbst zu<br />
versuchen. Uns fehlt allerdings das wichtigste Gewürz aus früheren<br />
Zeiten, der Hunger. Um die Kocherei erzählt die Autorin unterhaltsame<br />
Geschichten. Manche sind lustig, andere machen nachdenklich,<br />
wie z. B. die Säuglings- und Kindersterblichkeit vergangener<br />
Zeiten von über 50 Prozent, die nicht nur für Laichingen, sondern<br />
wohl auf die meisten Alb-Orte zutraf. Sie hatte zweifellos mit der<br />
hohen Arbeitsbelastung der Frauen zu tun, die auch zu einer hohen<br />
Sterblichkeit bei ihnen selbst führte. Auch wer sich immer schon<br />
für die Lebensverhältnisse früherer Zeiten interessierte, wird vieles<br />
in dem Buch finden, was er bisher nicht wusste. Besonders zu erwähnen<br />
ist die Bebilderung. Neben den aufschlussreichen Dokumentationen<br />
von Ernst Kubitza ist Laichingen um die Fülle von<br />
prächtigen alten Fotos aus dem Archiv des Höhlen- und <strong>Heimat</strong>vereins<br />
Laichingen zu beneiden.<br />
Gudrun Mangold, Hunger ist der beste Koch. 160 Seiten, 91 Abbildungen,<br />
fester Einband, Eur. 19,90. ISBN 3-87407-525-7. Silberburg-Verlag<br />
Tübingen.<br />
Oberschwaben<br />
Fährt man von Norden her über die Alb Richtung Riedlingen, so hat<br />
man aus dem Buchenwald der Alb kommend, ein herrliches<br />
Panorama vor sich: eine weite helle Landschaft, die beherrscht<br />
wird von heiligen Berg der Schwaben, dem Bussen. An seinem Fuß<br />
sieht man die alte Donaustadt Riedlingen, fast glaubt man hier auch<br />
eine andere Luft zu atmen.<br />
Diese besondere Landschaft zeigt in ihrer Schönheit und Vielfalt<br />
ein neuer Bildband mit Fotos von Rupert Leser (den Beziehern der<br />
„Schwäbischen Zeitung" wohlbekannt) und Thomas Stephan und<br />
Texten von Manfred Hepperle und Prof. Manfred Thierer.<br />
Vor genau 200 Jahren wurde Oberschwaben durch Säkularisierung<br />
und Mediatisierung so sehr verändert, wie kaum ein anderer<br />
Landstrich in Deutschland. Trotz schmerzhcher Verluste sind<br />
die großen klösterlichen Stifte wie Zwiefalten, Obermarchtal,<br />
Wieblingen, Ochsenhausen, Weingarten und Salem heute noch<br />
Kleinode der Barockkunst. Dazu kommen zahlreiche andere barocke<br />
Kirchen- und Klosterbauten oder mittelalterliche Kostbarkeiten<br />
wie Heiligkreuztal.<br />
Eindrucksvoll sind auch die Bilder aus den alten Reichsstädten wie<br />
Ulm, Biberach und Pfullendorf. Kleinere Städte wie Aulendorf,<br />
Buchau, Saulgau, Waldsee und Wurzach haben sich in den letzten<br />
50 Jahren zu Bädern und Kurorten gemausert. Es fing an mit dem<br />
Moor, aber überall sprudelt jetzt das Thermalwasser.<br />
Der Südosten von Oberschwaben hat mit der Moränenlandschaft<br />
des Allgäus ein ganz anderes Gesicht. Auch hier sieht man die schö-
Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />
Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />
E 3828<br />
PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />
nen alten Städte, Wangen, Leutkirch, Isny und prächtige Schlösser.<br />
Wie gerne wäre man beim Festmahl im Rittersaal des Schlosses<br />
Wolfegg, oder an einem klaren Herbsttag auf der Plattform der<br />
Waldburg mit Blick auf den Federsee, den Bussen, die Alb, den Bodensee<br />
und die Alpen.<br />
Prächtige Naturaufnahmen am Abend oder im Sonnenschein, im<br />
Sommer und Winter vermitteln stimmungsvolle Eindrücke.<br />
Oberschwaben, ein Bildband mit deutschen, englischen französischen<br />
und spanischen Texten, 144 Seiten mit 157 Farbfotos, fester<br />
Einband, Preis bis 31. Januar 2003 Euro 29,90, danach 32,90.<br />
ISBN 3-87407-530-3. Silberburg-Verlag Tübingen.<br />
Einblick<br />
Die Kunstsammlung des Zolleralbkreises.<br />
Anlass für die Herausgabe des Bandes ist eine Ausstellung der Kunstsammlung<br />
des Zollernalbkreises im Landratsamt Balingen vom<br />
24. Oktober bis 26. November 20002. Andreas Zekorn berichtet<br />
einleitend über die Geschichte der Kunstsammlung und Kunstförderung<br />
im Zollernalbkreis. Von Einzelfällen abgesehen begann<br />
die Kunstsammlung erst seit etwa 1950. Der Landkreis kaufte Bil-<br />
HOHENZOLLERISCHER HEIMAT<br />
herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />
72486 Sigmaringen<br />
ISSN 0018-3253<br />
Erscheint vierteljährlich.<br />
Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />
eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />
die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />
und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />
Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />
bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />
Beiträge.<br />
Bezugspreis:<br />
Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
ist der Bezugspreis im Beitrag<br />
enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />
€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />
beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />
(s. o.) bestellt werden.<br />
Die Autoren dieser Nummer:<br />
Dr. Otto H. Becker,<br />
Hedingerstraße 17, 72488 Sigmaringen<br />
Dr. Herbert Rädle<br />
Veit-Jung-Straße 13a, 92318 Neumarkt<br />
der einheimischer Künstler zur Ausschmückung der Amtsräume<br />
und seit 1954 für das neu gebaute Kreiskrankenhaus. Seit 1958<br />
gibt es einen eigenen Haushaltstitel „zur Anschaffung von Kunstwerken<br />
lebender Meister", der im Lauf der Jahre von 500 DM auf<br />
ca. 10.000 DM angewachsen ist. 1983 fand die erste Ausstellung<br />
„Kunst im Landratsamt" statt. Seither wurden immer öfter Ausstellungen<br />
veranstaltet, teils über bestimmte Themen, teils zur Vorstellung<br />
eines bestimmten Künstlers.<br />
Adolf Smitmans schreibt über künstlerische Schwerpunkte der<br />
Kunstsammlung und deren Entwicklung im Lauf der Jahrzehnte.<br />
Die Themen reichen von Theodor Schüz bis zu den ungegenständlichen<br />
Werken der Gegenwart.<br />
Der Katalogteil des Bandes besteht aus 60 Seiten mit farbigen Abbildungen<br />
von Bildern einheimischen Künstlern; am Schluss auch<br />
noch Abbildungen einiger Werke der Bildhauerkunst.<br />
Es folgen ca. 145 Biographien der in der Kunstsammlung des<br />
Zollernalbkreises vertretenen Künstler von Andreas Zekorn.<br />
Das Buch ist herausgegeben vom Zollernalbkreis, ISBN 3-927249-<br />
16-5, es ist erhältlich beim Landratsamt oder in jeder Buchhandlung,<br />
Preis 11,-Euro.<br />
diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge ver-<br />
Dr. Edwin Emst Weber, Kreisarchiv Sigmaringen<br />
antwortlich. Mitteilungen der Schriftleitung sind<br />
Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen<br />
als solche gekennzeichnet.<br />
Otto Werner.<br />
Joseph-Wilhelm-Weg 6<br />
72379 Hechingen<br />
64<br />
Gesamtherstellung:<br />
Druckerei Acker GmbH,<br />
Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 9301-0, Fax 9301-30<br />
info@druckerei-acker.de<br />
www.druckerei-acker.de<br />
Schriftleitung:<br />
Dr. med. Herbert Burkarth<br />
Eichertstraße 6, 72501 Gammertingen<br />
Telefon (07574) 4407<br />
Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />
persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />
Manuskripte und Besprechungsexemplare wer-<br />
den an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />
Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />
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