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Schweizerdeutsch - Kantonsschule Enge

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B u c h t i p p<br />

Die beiden Besten?<br />

Wieso verkaufen sie sich derart gut? ein Vergleich<br />

Die Orell-Füssli-Bestsellerliste<br />

der Sparte Belletristik vom<br />

3.Juni führt Charlotte Roches<br />

Feuchtgebiete an erster Stelle<br />

an, dann folgt Martin Suters Der letzte<br />

Weynfeldt.<br />

Die Unterschiede offenbaren sich schon<br />

bei den Autoren. Charlotte Roche, geboren<br />

1978, bisher Fernsehmoderatorin,<br />

verheiratet, ein Kind, lebt in Köln. Martin<br />

Suter, geboren 1948, verheiratet, mehrfacher<br />

Vater, lebt in Spanien und Guatemala.<br />

Feuchtgebiete ist Roches erster Roman,<br />

Suter verfasst seit Jahren Bücher und Kolumnen.<br />

Ihre Bücher sind grundverschieden.<br />

Die 18-jährige Helen Memel liegt wegen<br />

einer Verletzung aufgrund einer Intimrasur<br />

im Krankenhaus, wobei der Leser bis<br />

zum Schluss den Verdacht nicht loswird,<br />

dass es sich hierbei nicht um einen Unfall<br />

handelt. Sie versucht verzweifelt, ihre geschiedenen<br />

Eltern wieder zusammenzubringen.<br />

Adrian Weynfeldt, Mitte fünfzig, Kunstexperte<br />

bei einem Auktionshaus hat mit<br />

dem Leben und der Liebe abgeschlossen.<br />

Da tritt eine suizidgefährdete Frau in sein<br />

geordnetes Leben, welche ihr Überleben<br />

von Weynfeldt abhängig macht und dafür<br />

sorgt, dass sein Leben aus den Fugen<br />

gerät.<br />

Nun stellt sich die Frage, weshalb sich genau<br />

diese beiden Bücher derart gut verkaufen.<br />

In der Sparte Belletristik ist ein<br />

Grund für den Kaufentscheid wohl unter<br />

anderem der Unterhaltungswert. Dieser<br />

ist bei beiden Büchern gegeben. Roche fesselt<br />

durch ihre direkte und unverblümte<br />

Sprache und provoziert durch das absichtliche<br />

Überschreiten von gesellschaftlichen<br />

Grenzen. Suter ist ein geübter Spannungserzeuger,<br />

welcher das Sprachhandwerk<br />

perfekt beherrscht.<br />

Doch für einen Spitzenplatz auf der Bestsellerliste<br />

genügt wohl der Unterhaltungs-<br />

wert einer Lektüre alleine nicht. Massgeblich<br />

in diesem Zusammenhang ist wohl<br />

auch die Vermarktung. Die funktioniert<br />

für beide Bücher. Roche tritt in allen<br />

möglichen Fernsehsendungen auf, wodurch<br />

sie ein breites Publikum anspricht,<br />

oft Gelegenheitsleser, welche sich leicht<br />

für ein derart provokatives Buch begeistern<br />

lassen. In Deutschland ist es sehr<br />

wahrscheinlich, dass man beim Smalltalk<br />

irgendwann auf Roches Buch zu sprechen<br />

kommt, und dann will man den Roman<br />

gelesen oder zumindest gekauft haben.<br />

Suter hingegen setzt auf eine bewährte<br />

Methode: Die Lesereise. Er wendet sich<br />

damit an ein bereits interessiertes Publikum,<br />

welches durch die direkte Begegnung<br />

mit dem Autor seine Beziehung zu<br />

den Büchern verstärken will. Bei dieser<br />

Gelegenheit wird der neue Roman erstanden<br />

und am besten noch signiert. Nun beginnt<br />

die Mund-zu-Mund-Propaganda zu<br />

laufen, denn man will ja erzählen, wie gut<br />

das Buch des Autors ist, an dessen Lesung<br />

man war, wodurch die Bekannten wiederum<br />

zur Käuferschaft werden.<br />

Es mag gewiss weitere Gründe für den Erfolg<br />

geben – gönnen wir ihn der Autorin<br />

und dem Autor – ein gutes Marketing ist<br />

gewiss keine Schmälerung ihrer schriftstellerischen<br />

Leistung.<br />

Stefan Brader (W3c)<br />

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