100 Jahre Kirchenmaler Hermann Oetken 1909-1998
100 Jahre Kirchenmaler Hermann Oetken 1909-1998
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<strong>100</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Kirchenmaler</strong> <strong>Hermann</strong> <strong>Oetken</strong> <strong>1909</strong>-<strong>1998</strong> ———————————— 77<br />
An dieser Archivalie kann man mehrere<br />
Erkenntnisse gewinnen. <strong>Oetken</strong>s Sympathie<br />
galt einem idealisierten Bild des Mittelalters,<br />
wo … Leben und unbekümmertes<br />
Schaffen aus den gesunden bluthaften Kräften<br />
kam und wo man mit gläubigen Herzen und<br />
Sinnen baute. Diese Haltung <strong>Oetken</strong>s gründet<br />
sich zum einen auf geistesgeschichtliche<br />
Strömungen des 19. Jahrhunderts von<br />
der Romantik bis zu Erweckungsbewegung<br />
und Neuluthertum mit ihrer Vorliebe für<br />
das Altehrwürdige und ihren Ressentiments<br />
gegen die Moderne. Zum anderen wirken<br />
sich auch sozialutopische Tendenzen aus,<br />
die – ausgehend von der Kunstform arts<br />
and crafts, die Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
als Antithese zur kapitalistischen Industrieproduktion<br />
in England entstanden war<br />
– die europäische Kunst in den Bewegungen<br />
des Jugendstils, der Wiener Sezession,<br />
des Deutschen Werkbundes usw. beeinflussten.<br />
<strong>Oetken</strong> verstand sich nicht als Theoretiker,<br />
sondern als handwerklich schaffender<br />
Künstler. Er lebte von der Intuition, schuf<br />
in künstlerischer Freiheit aus dem gelebten<br />
Augenblick heraus mit der Vision<br />
einer Zukunft, die sich aus seinem Bild<br />
einer verklärten Vergangenheit speiste.<br />
Das schon sehr früh entwickelte Selbstbewusstsein<br />
ist ein Vorbote für spätere Auseinandersetzungen<br />
mit Sachverständigen<br />
und Behörden der Kunst- und Denkmalpflege.<br />
Schließlich die Eloquenz: Die wiederbelebten<br />
Namen, Bilder und Symbole vergan-<br />
Abb. 7: Entwurf für ein Glasfenster der Kirche<br />
zu Ofen. Sehr groß ist die Zahl der farbigen<br />
Glasfenster, die <strong>Oetken</strong> schuf. Das<br />
Motiv des Erzengels Michael – hier für die<br />
Gefallenen- und Vermisstengedenkstätte im<br />
Eingang der Kirche Ofen bei Oldenburg –<br />
durchzieht das Werk <strong>Oetken</strong>s in vielfachen<br />
Varianten.<br />
gener Zeiten bedurften der Deutung und Erläuterung in leicht verständlichen Worten,<br />
um sie im Bewusstsein der gegenwärtigen Kirchengemeinden zu verankern.<br />
Ablauf, Ergebnisse und nachträgliche schriftliche Darstellung der Renovierung von<br />
St.-Katharinen zu Schönemoor machen dieses Frühwerk zu einem Musterbeispiel<br />
für <strong>Oetken</strong>s späteres Schaffen. Für den <strong>Kirchenmaler</strong> war diese Arbeit offenkundig<br />
ein prägendes Schlüsselerlebnis. 58<br />
58 Die Raumfassung <strong>Hermann</strong> <strong>Oetken</strong>s von 1933 hatte Bestand bis zu einer erneuten umfassenden Renovierung<br />
in den <strong>Jahre</strong>n 1974 bis 1977 unter Leitung des Architekturbüros Rainer Herrmann, Oldenburg.