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(sicher partner sichern, teil 2). - Bergundsteigen

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Walter Britschgi, 47, ist gelernter Tischler, Allroundbergsteiger und Erschließer zahlreicher Sportkletterrouten in der Zentralschweiz<br />

Seit 1998 Mitarbeiter im Kletterzentrum Gaswerk (Schlieren/Zürich)<br />

bergundsteigen 3/04<br />

40<br />

Risikomanagement und Sicherungstraining<br />

von Walter Britschgi<br />

Fünf Stürze auf den Boden pro Jahr! - so die Unfallstatistik des Kletterzentrums "Gaswerk", die Walter Britschgi im ersten Teil prä-<br />

sentierte. Die Analyse zeigte, dass alle Unfälle mit Stürzen bis auf den Boden auf eine falsche Bedienung des Sicherungsgerätes<br />

zurück zu führen sind. Eine weitere Untersuchung zeigte, dass die Hälfte von 180 Probanden, die zufällig ausgewählt wurden, ihr<br />

Sicherungsgerät nicht richtig bediente.<br />

5 Stürze auf den Boden pro Jahr in einer Kletterhalle, die jährlich<br />

rund 100.000 Besuche (von ca. 3.000 Personen) zählt. Das<br />

sind eigentlich überraschend wenige Unfälle, wenn man bedenkt,<br />

dass - wie unsere Untersuchungen zeigten - sehr viele Kletterer<br />

(50 %!) fehlerhaft <strong>sicher</strong>n. Man kann nun daraus folgern, dass<br />

Sportklettern in Hallen eine <strong>sicher</strong>e Sportart ist, wenn sie derart<br />

häufig auftretende Fehler "verzeiht", wichtiger erscheint mir<br />

allerdings die Folgerung, dass mit einer richtigen Bedienung des<br />

Sicherungsgerätes Stürze auf den Boden sozusagen gänzlich<br />

verhindert werden. Stürze bis auf den Boden sind daher ein vermeidbares<br />

Risiko, wenn konsequent nach der 3-Bein-Logik (siehe<br />

Teil 1) ge<strong>sicher</strong>t, das Seil straff geführt (Schlappseil!) und das<br />

Seil in die Expressschlingen auf Hüfthöhe eingehängt wird.<br />

Das gesamte Risikomanagement in Kletterhallen umfasst folgende<br />

Punkte:<br />

■ Sichern nach der 3-Bein-Logik (z.B. Bremshandprinzip)<br />

■ konsequenter, manueller und visueller Partnercheck<br />

■ "kanalisierte" Aufmerksamkeit<br />

■ möglichst wenig Schlappseil durch straffe Seilführung und<br />

Einhängen des Seils in die Expressschlingen auf Hüfthöhe;<br />

"spotten" vor dem ersten Haken<br />

■ (körper-)dynamisches Sichern<br />

Partnercheck<br />

Den Schraubkarabiner nicht zugedreht, ein unfertiger Anseilknoten<br />

oder das Seil falsch ins Gerät eingelegt und beim anschließenden<br />

Partnercheck am vermeintlich richtigen Seil gezupft,<br />

und so den Fehler nicht bemerkt! - alles Beispiele für so<br />

genanntes menschliches Versagen. Für den Menschen ist die<br />

Wahrscheinlichkeit, in puncto Konzentration und Aufmerksamkeit<br />

zu versagen, auffällig konstant. Die nahe liegende Maßnahme,<br />

um diese allzu menschlichen Fehler frühzeitig zu entdecken,<br />

ist der inzwischen weit verbreitete "Partnercheck". Doch auch<br />

dessen Durchführung verlangt immer wieder von neuem bewusste<br />

Aufmerksamkeit. Und die fehlt eben häufig, gerade dann,<br />

wenn dieser so wertvolle Check zur Routine wird.<br />

Daher muss der Partnercheck immer so ausgeführt werden, dass<br />

man die zu kontrollierenden Sicherungselemente auch wirklich<br />

"anpackt". Das heißt auf den Verschluss des Sicherungskarabiners<br />

drücken, den Anseilknoten in die Hand nehmen, dem Band<br />

des Gurtverschlusses mit dem Daumen nachfahren. Der Partnercheck<br />

ist auch ein manueller Check(!) - die visuelle Kontrolle<br />

allein, die sehr rasch zu einem beiläufigen Hinschauen wird, ist<br />

zu wenig. Leider vermitteln noch immer die meisten Ausbilder<br />

den Partnercheck als reinen "Sichtcheck".<br />

Aufmerksamkeit<br />

Während des Sicherns hält man einen kleinen Schwatz mit dem<br />

Nachbarn oder man richtet das Auge auf elegante Beine statt<br />

auf den eigenen Kletter<strong>partner</strong>. Auch Schlappseil und gähnenden<br />

Gesichtern begegnet man regelmäßig. Verständlich, dass<br />

bisher jeder glaubte, in der Unaufmerksamkeit die Hauptursache<br />

von Unfällen, speziell beim Indoorklettern, zu erkennen.<br />

Aber: Gut gemeinte Ermahnungen zu mehr Aufmerksamkeit, ob<br />

in Worten oder Bildern verfasst, wirken nur für sehr kurze Zeit.<br />

Die Fähigkeit zur Konzentration und Aufmerksamkeit ist hauptsächlich<br />

abhängig von der Motivation, von emotionalen und<br />

physisch-energetischen Prozessen. Rein willentlich ist mangelnder<br />

Aufmerksamkeit nicht beizukommen. Drängen mittels Autorität<br />

verändert auch nichts.<br />

Die perfekte Aufmerksamkeit ist weder ausführbar noch durchsetzbar!<br />

Wenn wir das anerkennen, dann wird auch klar, was<br />

das Endziel unserer Ausbildungsbemühungen im Bereich Partner<strong>sicher</strong>n<br />

ist: Unsere Sicherungstechnik muss so perfektioniert<br />

werden, dass sie auch dann erfolgreich einen nicht angekündigten<br />

Sturz halten kann, wenn ich mit meinen Gedanken und mit<br />

meinen Augen gerade einmal nicht beim kletternden Partner<br />

bin! Untolerierbar bleiben allerdings:<br />

■ die 3-Bein-Logik und<br />

■ den Partnercheck ignorieren, sowie<br />

■ Schlappseil bei Bodensturzgefahr<br />

Um das Thema "Aufmerksamkeit" differenzierter anzugehen,<br />

möchte ich vorschlagen, die Aufmerksamkeit zu "kanalisieren"<br />

und schlage dazu folgende Lernschritte vor:<br />

1. Kanal<br />

Sichern lernen gemäß der 3-Bein-Logik (zu Beginn evtl. im<br />

Sicherungssimulator - siehe Abbildung) und in jedem Fall mit<br />

einer Überwachungsperson, die für die visuelle Kontrolle verantwortlich<br />

ist. Das gilt für Alle! Auch für Fortgeschrittene und für<br />

Profis, die ein neues Gerät kennen lernen.<br />

2. Kanal<br />

Vom Boden bis zum 4. Haken gilt es straff und höchst konzentriert<br />

zu <strong>sicher</strong>n. In dieser Phase muss unser Blick permanent<br />

auf den vorsteigenden Partner gerichtet sein. Dabei steht man<br />

nahe an der Wand und seitlich der Expresslinie bzw. des Kletterers.<br />

Der Vorsteiger muss den Umständen entsprechend das Seil<br />

auf seiner Hüfthöhe in die Expressschlinge einhängen. Nur mit<br />

allen Maßnahmen zusammen kann ein Bodensturz verhindert<br />

werden.


3. Kanal<br />

Beim Vorstieg über dem 4. Haken wird die dynamische Sicherung<br />

zunehmend bedeutungsvoller, um harte Aufpraller an der<br />

Wand zu vermeiden. Das kontinuierliche Abbremsen eines Sturzes<br />

mildert die Sturzangst des Vorsteigers. Damit verbessert sich<br />

das Selbstvertrauen beim Kletterer und Sicherer.<br />

Beim Seilgeben sollte man einen oder zwei Schritte zur Wand<br />

hin machen, gleichzeitig das Seil durch das Sicherungsgerät laufen<br />

lassen und anschließend - nachdem der Partner das Seil in<br />

die Express eingehängt hat - wieder ein zwei Schritte zurückgehen.<br />

Dieser Ablauf ist die raffinierteste Trainingsform zur Förderung<br />

der Aufmerksamkeit, da man in Bewegung ist. Passives<br />

Stehen fördert das Träumen und Abschweifen! Im 3. Kanal, der<br />

naturgemäß zeitaufwendig ist, kann der permanente Blick zum<br />

Kletter<strong>partner</strong> unterbrochen und der Nacken entspannt werden.<br />

Das Schlappseil<br />

Ein Unfallbeispiel<br />

Der Vorsteiger versuchte am Ende einer leicht überhängenden<br />

Wand das Seil in den 10 Meter über dem Boden hängenden<br />

Umlenkkarabiner einzuklinken. Der Versuch misslang, weil ihn<br />

die Kraft verließ. Er stürzte. Der Sicherungs<strong>partner</strong> blockierte<br />

das Seil, sodass er ca. 1 Meter vom Boden abgehoben wurde.<br />

Obwohl der Vorsteiger das Seil in alle 7 (!) Zwischen<strong>sicher</strong>ungen<br />

eingehängt hatte, fiel er auf seinen Partner, der sich dabei<br />

geringfügig verletzte. War zuviel Schlappseil die Unfallursache?<br />

Vorerst zweifelte niemand an dieser Erklärung, denn der Sturz<br />

wurde gehalten und so konnte man sich nur Schlappseil als<br />

Ursache vorstellen.<br />

Eine genaue Befragung der Betroffenen ergab jedoch Folgendes:<br />

Der Sichernde hatte kein Schlappseil bei sich. Eine Rekonstruktion<br />

des Unfallherganges brachte die wahre Ursache zum Vorschein:<br />

Beim Versuch das Seil einzuhängen, bildete der Kletterer<br />

bei sich selbst so viel Schlappseil, dass diese unerwartet große<br />

Sturzstrecke möglich wurde!<br />

Klettern ohne Schlappseil<br />

Unfallursachen bei Stürzen bis auf den Boden können bei korrektem<br />

Anseilen auf drei Gründe zurückgeführt werden: eine<br />

Fehlbedienung des Sicherungsgeräts, Schlappseil bei der Sicherungsperson<br />

und/oder Schlappseil beim vorsteigenden Kletterer.<br />

Die letzte Erkenntnis dürfte allerdings wenig bekannt sein und<br />

ist deswegen bedeutungsvoll, weil sie bis heute weder in der<br />

Lehrmeinung noch in der Unfallbeur<strong>teil</strong>ung berücksichtigt wurde.<br />

Wie verhindert denn der vorsteigende Kletterer bei sich<br />

selbst Schlappseil?<br />

Dazu ein Beispiel zur Gestaltung einer Kurslektion für Anfänger,<br />

die ihre ersten Schritte im Vorstieg wagen:<br />

Lektion 1: Der Instruktor erklärt, dass unter routinierten Kletterern<br />

das frühzeitige Seileinhängen weit verbreitet ist. Sobald bei<br />

ihnen der Express eine knappe Armlänge entfernt ist, wird das<br />

Seil zwischen die Zähne genommen und anschließend eingehängt.<br />

Dabei wird reichlich Schlappseil erzeugt. Der Kursleiter<br />

demonstriert nun, welche Folgen bei einem unerwarteten Sturz<br />

möglich sind. Dazu klettert er mit seinem Anseilpunkt bis zum<br />

zweiten Haken und hat so den dritten Haken in Reichweite. Nun<br />

zeigt er den Versuch und das Misslingen des Seileinklinkens in<br />

den dritten Express und bildet dabei zwangsläufig mindestens<br />

zwei Meter Schlappseil. Der anschließende "Sturz", mittels<br />

Abklettern dargestellt, reicht bis auf den Boden, ohne dabei die<br />

Sicherungskette zu belasten. Die Teilnehmer ahnen schon, dass<br />

das hüftnahe Seileinhängen obiges Szenario verhindern könnte.<br />

Zur Bestätigung klettert der Instruktor mit seinem Anseilpunkt<br />

in die Nähe der dritten Express, dort stellt er den Versuch des<br />

Seileinhängens dar und klettert sofort wieder ab. Sein "Sturz"<br />

wird dabei noch vor dem Erreichen des Bodens gehalten.<br />

Lektion 2: Die Kurs<strong>teil</strong>nehmer sind fertig angeseilt, der Partnercheck<br />

ist durchgeführt und sie sind bereit zu ihrem ersten<br />

Vorstieg. Erst jetzt wird den Kurs<strong>teil</strong>nehmern die erste (und vorerst<br />

einzige) Aufgabe bekannt gegeben: Sie sollen mit ihrem<br />

Anseilpunkt so nahe wie möglich zur einzuhängenden Express<br />

klettern und das Seil einhängen. Dabei entsteht bei ihnen selbst<br />

fast kein Schlappseil. Bei jeder weiteren Begehung wird nur je<br />

eine neue Aufgabe mitgegeben, wie z.B. stabile Position einnehmen,<br />

Arme gestreckt halten oder Express nicht verdrehen. Bei all<br />

diesen Begehungen wird das hüftnahe Seileinhängen weiterhin<br />

praktiziert, denn nur so kann bei einem unerwarteten Sturz eine<br />

unsanfte Landung auf dem Boden vermieden werden.<br />

Häufig unterschätzt in Einseillängentouren:<br />

die Menge an Schlappseil, die<br />

beim Einhängen in die Zwischen<strong>sicher</strong>ung<br />

entstehen kann. Die Empfehlung:<br />

möglichst hüftnahes Seileinhängen!<br />

bergundsteigen 3/04<br />

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ergundsteigen 3/04<br />

42<br />

Bedienung der HMS<br />

■1 HMS-Grundhaltung in Österreich<br />

Bezüglich der Grundposition beim Sichern mit HMS variieren die Lehrmeinungen. In Österreich<br />

bleibt die Bremshand in Tiefposition, in der Schweiz und in Deutschland favorisiert man die<br />

Hochstellung der Bremshand ("V-Stellung"). Den folgenden Anleitungen liegt diese "V-Stellung"<br />

zugrunde, die Bewegungsabläufe besitzen aber auch in der Anwendung der Österreichischen<br />

HMS-Grundposition ihre volle Gültigkeit.<br />

■2 Seilgeben in vier Schritten<br />

1 Vorstieg-Ausgangslage: Rechte Hand ist Bremshand<br />

2 Seil ausgeben<br />

3 Die Bremshand rutscht wieder nach oben<br />

4 Am Schluss sind die Hände wieder in der Ausgangslage<br />

➝<br />

Schlappseil - Sonderfall<br />

In gestuften Überhängen erhält das Seil viel Reibungswiderstand.<br />

Durch diese große Reibungskraft wäre der Sichernde in<br />

der Lage, einen Sturz mit bloßer Hand aufzufangen. Unter diesen<br />

Umständen kann der Sichernde den Sicherungsplatz beim<br />

Routenbeginn in angemessenem Rahmen verlassen, um den<br />

Sichtkontakt herzustellen und somit körperdynamisches Sichern<br />

zu gewährleisten. In diesem Fall kann auch etwas mehr<br />

Schlappseil toleriert werden.<br />

Dynamisch Sichern<br />

Statisches Sichern ist angebracht, wenn Stürze auf den Boden<br />

verhindert werden müssen. Das zu verhindern hat eindeutig<br />

oberste Priorität bei unserem Risikomanagement. Ist diese<br />

Hier ist die volle Aufmerksamkeit des Sichernden<br />

gefordert, denn er muss den Pendelschwung<br />

mittels dynamischer Sicherung in die Länge<br />

ziehen lassen.<br />

Gefahr gebannt, ist dynamisches Sichern vor<strong>teil</strong>haft. Man verhindert<br />

dadurch einen harten Aufprall des Vorsteigers an der<br />

Wand und schont zudem seinen Rücken aufgrund der geringeren<br />

Fangstoßkraft. Bei einem Sturz entsteht immer ein Pendelschwung,<br />

sobald das Seil straff gezogen wird. Je dynamischer<br />

die Sicherungsbewegung erfolgt, desto mehr wird das Pendel in<br />

die Länge gezogen und somit genießt der Kletterer eine "weiche<br />

Landung". Dabei fühlt sich das kontinuierliche Abbremsen angenehm<br />

an.<br />

Besonders Kinder und leichtgewichtige Personen müssen sehr<br />

dynamisch ge<strong>sicher</strong>t werden, da die Seildehnung bei Einfachseilen<br />

für mittel- bis schwergewichtige Menschen konzipiert ist<br />

und die dämpfende Wirkung des Seiles bei geringem Körpergewicht<br />

deutlich geringer ist.<br />

Gerätedynamisches Sichern<br />

Das gerätedynamische Sichern ist schwierig zu lernen und zu<br />

üben. Dabei gelingt nur Wenigen das richtige Timing für den<br />

Seildurchlauf im Sicherungsgerät. Auch die Länge und<br />

Geschwindigkeit des Seildurchlaufs ist kaum richtig kontrollierbar.<br />

Grundsätzlich eignen sich alle Sicherungsgeräte in Tuber-<br />

Bauweise, sowie Achter, Globus und die HMS für diese Sicherungsform.<br />

Körperdynamisches Sichern<br />

Das körperdynamische Sichern gibt es in variantenreichen Ausführungen.<br />

Die Grundtechnik in Form eines Ausfallschrittes muss<br />

man sich zur Gewohnheit machen. Die Bremsdosierung kann je


Bedienung der HMS<br />

■3 Seileinziehen in fünf Schritten in Übergreiftechnik ("Transparente")<br />

1 Ausgangslage: Rechte Hand ist Bremshand<br />

2 Seil einziehen<br />

3 Übergreifen mit der linken Hand<br />

4 Bremshand in Ausgangslage zurücknehmen<br />

5 Linke Hand in Ausgangslage, bereit zum Seil einziehen<br />

➝<br />

nach Situation über eine Armbewegung und/oder durch ein<br />

"Ganzkörper-Mitreißenlassen" geschehen. Im Bedarfsfall ist ein<br />

zusätzliches Abstoßen und Hochspringen vom Boden sinnvoll.<br />

Klettert ein leichtgewichtiger Vorsteiger über mehrere Überhänge<br />

(viel Seilreibung), so ist es besonders wichtig, das Schlappseil<br />

zu kontrollieren. Optimal ist: man halte das Schlappseil hinter<br />

sich in der einen Hand. Kommt es nun zum Sturz, so lässt man<br />

den ganzen Arm weich dosiert nach vorne "mitreißen" und<br />

anschließend übernehmen einige Schritte kontinuierlich die<br />

zweite Abbremsstufe bis zum Anhalten.<br />

Für leichtgewichtige Sicherungspersonen ist es sinnvoll, sich<br />

langsam an schwere Vorsteiger zu gewöhnen. Das Gewichtsverhältnis<br />

in Kilogramm, von beispielsweise 40 zu 60 oder 60 zu<br />

90, sollte nicht überschritten werden.<br />

Sichern lernen<br />

Blick zurück<br />

Zuerst bestiegen die Pioniere die Gipfel der Berge. Danach<br />

lockten Graterhebungen mit ihren logischen, eleganten Linien.<br />

Es folgten Erstbegehungen durch die Wände, wobei die Dichte<br />

der Routen und deren Schwierigkeiten immer größer wurden.<br />

Verständlich, dass im Verlaufe dieser Zeit der Erfindergeist des<br />

Menschen einiges an Ausrüstungen und Sicherungsmethoden<br />

hervorbrachte. Felshaken, Stahlkarabiner und Hanfseile erinnern<br />

an heroische Zeiten.<br />

Bis vor knapp 30 Jahren <strong>sicher</strong>te man, wörtlich genommen, mit<br />

bloßen Händen. Dabei wurde das Seil, für die Gewinnung<br />

zusätzlicher Reibung, um den Oberkörper gelegt - das nannte<br />

man dann "Schulter<strong>sicher</strong>ung".<br />

Die Erfindung der Perlon-Kernmantelseile beeinflusste die<br />

Sicherungskette maßgeblich. Die glatte Oberfläche der Seile<br />

ermöglichte den Einsatz von mechanischen Sicherungsgeräten.<br />

Die Sticht-Platte, der Vorläufer der heutigen Tuber, war das erste<br />

wirkliche Sicherungsgerät, die zu geringe Bremskraft der Sticht-<br />

Platte ergab aber einen langen und gefährlichen Bremsweg.<br />

Werner Munter, der heutige Lawinenexperte, entdeckte dann in<br />

den 60er-Jahren einen genialen Karabiner-Bremsknoten. Heute<br />

nennt man diesen Knoten "Halbmastwurf" und die Sicherung<br />

"HMS" (Halbmastwurf<strong>sicher</strong>ung) oder "Munter Hitch". Munter<br />

erkannte die Bedeutung der Bremskräfte bei Sicherungsgeräten.<br />

1971 legte er in Trient bei einer Tagung von internationalen<br />

Fachleuten seine wissenschaftliche Arbeit vor. Daraus war<br />

ersichtlich, welchen Einfluss Karabinerform, Bremskraft und<br />

Handhabung auf die Sicherungskette ausüben. Die darin enthaltenen<br />

Erkenntnisse legten die Basis zu neuen Sichtweisen in<br />

Sicherheitsfragen.<br />

Nach wie vor ist die Halbmastwurf-Sicherung in den deutschsprachigen<br />

Alpenländern die bevorzugte Methode bei der<br />

Grundausbildung. In Routen mit mehreren Seillängen bietet sie<br />

aufgrund der soliden Bremskraftwerte auch zarten Händen die<br />

Möglichkeit, große Stürze zu halten. Auch didaktisch gesehen<br />

ist es wertvoll, mit einem dynamischen Sicherungsgerät zu hantieren,<br />

das ultimativ das Bremshandprinzip erfordert.<br />

bergundsteigen 3/04<br />

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ergundsteigen 3/04<br />

44<br />

Bedienung der HMS<br />

■4 Stop<br />

1 Stop ist in jeder Situation möglich<br />

2 Blockieren bei längeren Wartezeiten<br />

■5 Ablassen<br />

Beide Hände sind am Bremsseil, das Seil rutscht langsam<br />

➝<br />

Die oben erwähnten Vor<strong>teil</strong>e beziehen sich ausschließlich nur<br />

auf Mehrseillängen-Routen mit Standplatz<strong>sicher</strong>ung. Im Klettergarten<br />

und in der Halle herrschen jedoch andere Rahmenbedingungen<br />

in Bezug auf die Wahl des Sicherungsgeräts. Die Tatsache,<br />

dass immer mehr Leute ihre Grundausbildung in Ein-Seillängen-Routen<br />

absolvieren, muss in Betracht gezogen werden.<br />

HMS oder Tuber-Sicherung?<br />

Mit welchem Sicherungsgerät (für Ein-Seillängen-Routen) soll<br />

der Anfänger seine Kletterlaufbahn beginnen? Um dieser Frage<br />

gerecht zu werden, bedarf es einiger Überlegungen:<br />

Bei Kletterrouten von nur einer Seillänge überzeugt die Tuber-<br />

Sicherung in Bezug auf die Einfachheit der Bedienung. Das<br />

Bewegungsmuster für das Seilausgeben, Seileinziehen und<br />

Ablassen ist bei allen anderen Sicherungsgeräten gleich oder<br />

sehr ähnlich - mit einer Ausnahme: der HMS-Sicherung. Die<br />

HMS ist in dieser Hinsicht und in der (schweizerischen und<br />

deutschen) Grundhaltung ein Außenseiter unter den Sicherungsgeräten.<br />

Es stellt sich die Frage, welche Folgeerscheinungen zu verzeichnen<br />

sind, wenn nach der Grundausbildung auf andere Sicherungsgeräte<br />

gewechselt wird? Beginnt man seine Kletterlaufbahn<br />

mit der Tuber-Sicherung und lernt zu einem späteren Zeitpunkt<br />

ein anderes Gerät kennen, bietet die Übereinstimmung<br />

der Handhabung Sicherheit und eine kurze Lernzeit. Dabei sind<br />

für die Bedienung der Halbautomaten nur ein oder zwei leicht<br />

erlernbare Ergänzungen nötig.<br />

Startet man seine Kletterlaufbahn mit der HMS und wechselt zu<br />

einem späteren Zeitpunkt das Sicherungsgerät, begegnet man<br />

einer Reihe von Gefahren in Bezug auf die Umstellung:<br />

■ Grundhaltung und Bewegungsmuster: Während der Lernphase<br />

des neuen Geräts fällt man dauernd in die HMS-Grundhaltung<br />

und deren Bewegungsmuster zurück.<br />

■ Handstellung: Bei der HMS zeigt der Daumen der Bremshand<br />

in die Höhe, also vom Gerät weg. Hingegen bei allen anderen<br />

Sicherungsgeräten zeigt der Daumen der Bremshand zum Gerät<br />

hin.<br />

■ Widerstandsrichtung: Bei der HMS muss der Sichernde bei<br />

einem Sturz seine Bremshand von seinem Körper weghalten.<br />

Hingegen bei allen anderen Geräten muss die Bremshand zum<br />

Körper hingezogen werden.<br />

■ Bewegungsrichtung der Reflexe: In Urzeiten entwickelten<br />

sich beim Menschen überlebensstrategische Reflexe, die ihm bis<br />

heute erhalten blieben. Hält der Mensch beispielsweise einen<br />

Gegenstand in der Hand und dieser wird ihm entrissen, umklammert<br />

er ihn reflexartig und zieht ihn zum Körper zurück. Diese<br />

sinnvolle Bewegungsrichtung ist bei allen Sicherungsgeräten,<br />

außer der HMS, enthalten.<br />

Die Schlussfolgerung: Grundhaltung, Bewegungsmuster, Komplexität<br />

in der Bedienung, Handstellung, Widerstandsrichtung<br />

der Bremshand, Bewegungsrichtung der Reflexe, Ausbildungsdauer<br />

- die HMS nimmt in allen sieben Punkten eine Außenseiterrolle<br />

ein. Aus der Gegenüberstellung geht deutlich hervor:


Bedienung des Tuber<br />

(dieselben Bedienungsregeln gelten auch für den Achter)<br />

■1 Seilgeben<br />

Bremshand und Bremsseil immer unten halten<br />

■2I Seileinziehen<br />

Die Bremshand kommt kurz nach vorne hoch, bleibt aber dauernd am Bremsseil und rutscht nach dem Einziehen in die<br />

Ausgangslage knapp unterhalb des Gerätes zurück<br />

■3 Stop<br />

Bremshand tief halten<br />

■4 Ablassen<br />

Beide Hände sind am Bremsseil, das Seil rutscht langsam durch die Hände<br />

Sicherungsgeräte in Tuber-Bauweise sind die idealen Sicherungsgeräte<br />

für den Beginn einer Kletterlaufbahn in Ein-Seillängen-Routen!<br />

Meine Empfehlungen in Kurzform<br />

In Halle und Klettergarten (Ein-Seillängen-Routen):<br />

■ Erster Ausbildungsschritt und Start: Tuber-Sicherung<br />

■ Zweiter Ausbildungsschritt: eines der halbautomatischen<br />

Geräte oder eines der anderen dynamischen Geräte (Achter, Globus,<br />

etc.)<br />

In Felswänden und alpinem Gelände mit mehreren Seillängen:<br />

■ Erster Ausbildungsschritt und Start: HMS-Sicherung am Fixpunkt<br />

■ Zweiter Ausbildungsschritt - je nach Routencharakter: bei<br />

HMS und Fixpunkt<strong>sicher</strong>ung bleiben; oder Differenzierung von<br />

Nachstieg und Vorstieg, z.B.: Plate im Zentralpunkt für den<br />

Nachstieg, Tuber und Körper<strong>sicher</strong>ung für den Vorstieg.<br />

Kinder - Erwachsene<br />

Gibt es Unterschiede in der Vermittlung der Sicherungshandhabung<br />

bei Kindern und Erwachsenen? Grundsätzlich Nein! Nicht<br />

unbedenklich ist meiner Meinung nach die weit verbreitete<br />

Methode, bei der zwei Kinder gleichzeitig <strong>sicher</strong>n, das dritte<br />

klettert. Dabei sind oft chaotische Zustände zu beobachten und<br />

das Lernen der korrekten Bedienung des Geräts ist nicht ausreichend<br />

gewährleistet. Falls ein Kind nicht in der Lage ist, alleine<br />

zu <strong>sicher</strong>n, so soll ihm die Verantwortung dafür nicht aufgebürdet<br />

werden.<br />

Der Zeitfaktor<br />

Lernen braucht Zeit. Eine längere Überwachungszeit schafft<br />

wertvolle Lernzeit, während der es einem Lehrer möglich ist,<br />

Einfluss zu nehmen und das Lernen einer konsequent richtigen<br />

Sicherungsmethode zu steuern. Nur auf diese Weise ist es dem<br />

Schüler überhaupt möglich, das Gelernte richtig abzuspeichern<br />

und auch in Zukunft richtig anzuwenden. Im Kletterzentrum<br />

Gaswerk machten wir die Erfahrung, dass sich auch am dritten<br />

Kursabend noch immer Fehlbedienungen einschleichen können.<br />

Der Lernzeitfaktor ist somit ein unerlässlicher Bestand<strong>teil</strong> eines<br />

jeden Sicherheitskonzepts.<br />

Richtige Bedienung der Sicherungsgeräte<br />

"Richtige Bedienung" heißt: Die dargestellten Handhabungen<br />

müssen verstanden, geübt und "körpergespeichert" werden. Da<br />

während der Lernzeit Fehlreaktionen selbst bei erfahrenen Kletterern<br />

nicht auszuschließen sind, ist eine Drittperson zur Überwachung<br />

unbedingt notwendig!<br />

Bedienung der Halbmastwurf-Sicherung (HMS)<br />

Was "die richtige" Bedienung der HMS betrifft, so stellen wir<br />

hier im internationalen Vergleich die größten Unterschiede fest.<br />

Während in der Schweiz und in Deutschland die Bremshand<br />

hochgehalten wird (V-Stellung), wird in Österreich durchgehend<br />

bergundsteigen 3/04<br />

45


ergundsteigen 3/04<br />

46<br />

Bedienung des Grigri<br />

■1 (schnelles) Seilgeben - die "Gaswerk"-Methode<br />

Das Gerät wird zwischen Daumen - der das ungewollte blockieren verhindert - und Zeigefinger leicht eingeklemmt, vier Finger der<br />

Bremshand umschließen konsequent das Bremsseil<br />

■2I Seileinziehen<br />

Beim Seileinziehen bleiben die Hände immer am gleichen Seil<br />

■3 Stop<br />

Bremshand nach unten nehmen. Eine Hand bleibt immer am Bremsseil<br />

■4 Ablassen<br />

Bremshand ist am Bremsseil, die andere Hand zieht den Entriegelungshebel langsam nach hinten<br />

➝<br />

das Tiefhalten der Bremshand gelehrt. Die Experten in Österreich<br />

sehen in ihrer Lehrmeinung den Vor<strong>teil</strong>, dass dadurch das Risiko<br />

beim Umstieg von HMS auf Tuber elegant umschifft wird. Auch<br />

bietet die HMS in der Tiefposition genügend Bremskraft, um<br />

auch schwere Stürze zu halten.<br />

Hingegen wird in der schweizerischen und deutschen Tradition<br />

aus folgenden Gründen das Tiefhalten der Bremshand nicht<br />

empfohlen:<br />

1. Das Tiefhalten der Bremshand verursacht vor allem während<br />

des Ablassens Krangel im Bremsseil. Krangel können das Seil<br />

zum selbsttätigen Ausklinken bringen, sofern der Karabiner nicht<br />

zugeschraubt oder ein klassischer Twistlock-Karabiner verwendet<br />

wird. Das Ausklinken des Seils hat das komplette Versagen<br />

der Bremsmechanik zur Folge.<br />

2. das Tiefhalten der Bremshand erfüllt nicht die 3-Bein-Logik<br />

(Verstoß gegen das "Prinzip der Bremsmechanik")<br />

Unsere elementaren Bedienungsregeln, beim Sichern mit HMS<br />

am Körper:<br />

■ Seilgeben Die Bremshand bleibt immer am Bremsseil und<br />

"rutscht" entlang des Bremsseiles nach oben in die Ausgangslage<br />

nach (in Österreich nach unten)<br />

■ Seileinziehen/Toprope In der Schweiz wird zur Zeit noch<br />

vielerorts bei der Grundausbildung eine Form von Übergreiftechnik<br />

vermittelt, bei der nach dem Einziehen beide Seile in die<br />

eine Hand genommen werden, während die Bremshand loslässt<br />

und übergreift. Der dabei sehr häufig gemachte Fehler ist das<br />

Fassen des Bremsseils mit zwei Fingern. Um diese Fehlerquelle<br />

zu vermeiden empfehlen wir, in Zukunft die hier dargestellte<br />

Toprope-Sicherungsmethode zu verbreiten. Dabei ergreifen die<br />

Hände jeweils immer nur ein Seil. Wir nannten diese Methode<br />

"Transparente", denn sie bringt Klarheit im Ablauf und jede<br />

Hand weiß schon nach kurzer Übungszeit, was sie zu tun hat.<br />

Zudem erleichtert sie die Arbeit der Ausbilder, denn die Fehlererkennbarkeit<br />

ist aus mehreren Metern Entfernung links und<br />

rechts des Anfängers gewährleistet.<br />

In einer ersten Versuchsreihe mit 300 Schülern wurden drei verschiedene<br />

Methoden der HMS-Toprope-Sicherung unter die<br />

Lupe genommen. Dabei bekam diese Greiftechnik in allen Beur<strong>teil</strong>ungsbereichen<br />

die besten Werte. Verschiedene Ausbilder<br />

bestätigten diese Erkenntnisse, nachdem sie in einer zweiten<br />

Phase monatelange Versuche und Beobachtungen bei mehreren<br />

hundert Kurs<strong>teil</strong>nehmern vornahmen.<br />

■ Stop Kommt es zu einem länger dauernden Hänger des Kletterers,<br />

so lässt man den sich festziehenden Knoten überschwappen,<br />

bis die zwei Seile bequem von beiden Händen umschlossen<br />

werden können.<br />

■ Ablassen Beide Hände sind am Bremsseil, das Seil rutscht in<br />

gemäßigter Geschwindigkeit durch die Hände.<br />

Bedienung des Tuber<br />

Im englischen Sprachraum nennt man sie "Tube" und auch in<br />

deutschsprachigen Landen hat sich die Bezeichnung "Tube" bzw.<br />

"Tuber" als Sammelbegriff für alle Sicherungsgeräte etabliert,<br />

die nach diesem Funktionsprinzip bremsen: ATC, VC, Reverso, XP,


Bedienung des TRE/Sirius<br />

■1 Seilgeben<br />

Die Bremshand bleibt immer am Bremsseil<br />

■2I Seileinziehen<br />

Die Bremshand kommt kurz nach vorne hoch und wird nach dem Einziehen wieder in die Grundposition nach unten hinten geführt.<br />

Auch beim Einziehen bleiben beide Hände stets am selben Seil<br />

■3 Stop<br />

Die Bremshand bleibt immer am Bremsseil, auch wenn der Klemmmechanismus schliesst. Ein kurzzeitiges Entlasten durch den Kletterer<br />

hätte nämlich das Aufheben der Klemmwirkung zur Folge<br />

■4 Ablassen<br />

Eine Hand entriegelt, die andere bremst<br />

Piu, Matrix, etc. Es handelt sich hierbei um das einfachste und<br />

kompromissloseste Sicherungsgerät für Einseillängenrouten. Einfach<br />

ist das Einlegen des Seils, denn selbst ein auf den Kopf<br />

gestelltes Gerät ist unproblematisch in Bezug auf die Bremskraft.<br />

Für Anfänger ist die Gerätebedienung leicht verständlich.<br />

Die elementaren Bedienungsregeln lauten:<br />

■ Den Daumen der Bremshand immer Richtung Gerät halten<br />

■ Beim Seilausgeben: Bremshand und Bremsseil immer unten<br />

halten<br />

■ Beim Seileinziehen: Die Bremshand kommt kurz nach vorne<br />

hoch und dann sofort wieder zurück, bleibt dabei dauernd am<br />

Bremsseil und rutscht nach dem Einziehen in die Ausgangslage<br />

knapp unterhalb des Gerätes zurück.<br />

■ Beim Ablassen: Beide Hände am Bremsseil<br />

Bedienung des Achter<br />

Was die Bedienung des “Abseilachters” betrifft, so können wir<br />

uns kurz halten: Es gelten exakt dieselben Bedienungsregeln wie<br />

für den Tuber.<br />

Bedienung des Grigri<br />

Die seit jeher vom Hersteller empfohlene Methode zur Sicherung<br />

des Vorstiegs erfüllt zwar die 3-Bein-Logik, zeigt aber deutliche<br />

Schwächen beim schnellen Seilausgeben. Vor allem bei dicken<br />

Seilen aktiviert sich ständig die Selbstblockierung. Dieser<br />

Umstand führte zur "Erfindung" unzähliger Bedienungsvarianten.<br />

Einige Versionen galten bisher als vermeintlich <strong>sicher</strong>.<br />

Unfallbeispiele entlarvten sie aber als echte Gefahr.<br />

Fazit: Weltweit <strong>sicher</strong>n ca. 99 % aller Grigri-Benützer mit einer<br />

jener Bedienungsvarianten, bei denen die Gefahr besteht, dass<br />

sie ihren Kletter<strong>partner</strong> nicht halten können. Aufgrund dessen<br />

entwickelten engagierte Ausbilder die "Gaswerk-Methode".<br />

Bei der Gaswerk-Methode erfüllt die Bremshand zwei Aufgaben<br />

gleichzeitig: einmal wird mit dem Daumen die Blockierung verhindert,<br />

zum zweiten bleibt das Bremsseil konsequent<br />

umschlossen, damit das Halten auch während dem raschen Seil-<br />

Ausgeben gewährleistet ist. Bei dieser Grundhaltung blockiert<br />

der Grigri bei einem Sturz sofort - auch wenn der Daumen auf<br />

der Entriegelung bleibt.<br />

Die Gaswerk-Methode kann heute als die beste Technik für das<br />

Vorstieg-Sichern mit Grigri angesehen werden (eine gewisse<br />

Gewöhnungszeit muss eingeräumt werden) und bietet noch<br />

weitere Vor<strong>teil</strong>e:<br />

■ Sie erfüllt die Kriterien der 3-Bein-Logik<br />

■ Auch dickere Seile sind noch gut durch das Gerät zu ziehen<br />

■ Falsches Seileinlegen wird beim Hantieren sofort bemerkt<br />

■ Der Daumen der Bremshand darf auch dauernd auf die Entriegelung<br />

drücken, denn wenn die übrigen vier Finger im<br />

Bedarfsfall das Bremsseil pressen, kommt die Bremskraftverstärkung<br />

des Geräts zur Wirkung und stoppt das Seil.<br />

Besondere Aufmerksamkeit bei der Handhabung des Grigri verdient<br />

das Ablassen. Kletterer, die das Gerät neu kennen lernen,<br />

sollen beim Ablassen sehr behutsam vorgehen. Eine Überwa-<br />

bergundsteigen 3/04<br />

47


ergundsteigen 3/04<br />

48<br />

■1 Der Sicherungssimulator<br />

Für Anfänger und jene, die ein neues Sicherungsgerät lernen<br />

wollen, bedeutet es erheblichen Stress, gleich von Beginn weg<br />

eine kletternde Person zu <strong>sicher</strong>n. Endlosseile als Sicherungssimulator<br />

ermöglichen stressfreies Lernen und bringen den Kurs<strong>teil</strong>nehmern<br />

und dem Instruktor Sicherheit statt Ungewissheit.<br />

Ein Muss für alle Kletterhallen, die Kurse anbieten!<br />

Tipps zum Bau:<br />

■ Mit einem Schmelzgerät (im Bergsportgeschäft erhältlich)<br />

kann ein kurzes Seil gut zu einem Endlosseil zusammengeschweisst<br />

werden.<br />

■ Die Überlänge am Boden sollte ca. 1-2 Meter betragen<br />

■ Von Vor<strong>teil</strong> ist eine Raumnische, in der die Endlosseile an<br />

der Decke ver<strong>teil</strong>t montiert und belassen werden können.<br />

chung durch eine Drittperson ist deshalb unerlässlich, weil die<br />

Koordination von Bremsen und Entriegeln komplex ist.<br />

Mit der konsequenten Einhaltung des Bremshandprinzips reduzieren<br />

sich von selbst auch die Unfälle, die sich bisher beim<br />

Ablassen häufig ereigneten.<br />

Bedienung des Tre / Sirius<br />

"Sirius" ist der eigentliche Produktname - durchgesetzt hat sich<br />

jedoch "TRE ", der Name der Firma bzw. der Erfinder (die Initialen<br />

der Vornamen - Thomas, Roland, Erwin). Das TRE ist ein<br />

halbautomatisches Universal-Sicherungsgerät mit vielen interessanten<br />

Details, das sich vor allem für den Einsatz in Mehrseillängen-Routen<br />

beliebt gemacht hat.<br />

Bei der Sicherung in kurzen Routen ist das Gerät genau so<br />

bequem, sofern mit Seilstärken bis maximal 10 mm hantiert<br />

wird. Pelzige 10,5 mm-Seile eignen sich nicht für dieses Gerät.<br />

Die elementaren Bedienungsregeln beim Sichern mit TRE am<br />

Körper:<br />

■ Ist das Seil richtig eingelegt? Ein kräftiger Zug am Seil und<br />

ein Blick auf die Funktionsweise des Bremsmechanismus bestätigt<br />

die Richtigkeit der Seileinlage<br />

■ Beim Seilgeben und Seileinziehen: die Bremshand bleibt<br />

immer am Bremsseil<br />

■ Die Bremshand bleibt immer am Bremsseil, auch wenn der<br />

Klemmmechanismus schließt. Ein kurzzeitiges Entlasten durch<br />

den Kletterer hätte nämlich das Aufheben der Klemmwirkung<br />

zur Folge.<br />

■ Beim Ablassen: Eine Hand entriegelt, die andere bremst<br />

Fotos: Bernhard von Dierendonck<br />

Zeichnungen: Walter Britschgi<br />

Offene Fehlerkultur<br />

Die Ausführungen in "Sicher Partner Sichern" bieten bestimmt<br />

auch für erfahrene Trainer eine Handvoll wertvoller Neuigkeiten,<br />

für weniger Versierte stellen sie vielleicht einen kaum<br />

überschaubaren Berg von Empfehlungen und Ratschlägen dar.<br />

In jedem Fall müssen die Informationen verarbeitet werden.<br />

Dazu gehe man einfach in die Kletterhalle und beobachte<br />

einmal die Leute - und natürlich auch sich selbst. Was es da<br />

alles zu entdecken gibt! Neugierde heißt das Zauberwort.<br />

Beflügelt von der Neugierde werden sich bald die Einzel<strong>teil</strong>e<br />

des Neuen Wissens zu einem erfühlbaren Ganzen zusammenfügen.<br />

Eine Botschaft erscheint mir besonders wichtig: die Drittperson<br />

zur Überwachung des Sicherungsvorgangs in der Lernphase.<br />

Sie muss das Auge permanent auf den Lernvorgang<br />

richten und bei der geringsten Abweichung vom Ideal sofort<br />

entsprechende Hinweise geben. Jeder von uns weiß, wie<br />

schwierig es ist umzulernen und wie man dabei oft in das altgewohnte<br />

Muster zurückfällt. Deshalb ist es auch für erfahrerene<br />

Kletterer wichtig, eine offene Fehlerkultur zu pflegen.<br />

Darunter verstehe ich das gegenseitige Beobachten und aufmerksam<br />

machen auf Fehler. Zu dritt <strong>sicher</strong>n lernen wird<br />

auch zur sozialen Bereicherung.<br />

Literatur<br />

Walter Britschgi, Begreiflich - Sicherheit beim Sportklettern,<br />

102 Seiten; Bestellung: shop@alpenverein.at, Preis ¤ 18,- ■

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