Pflege Dekubitus
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Zusammenfassung<br />
Die Qualitätsdarstellung für die <strong>Pflege</strong> erfolgt derzeit<br />
diagnose- und prozedurbezogen. So werden<br />
pflegerische Inhalte seit 2002 für hüftgelenknahe<br />
Femurfrakturen, endoprothetischen Hüftgelenkersatz<br />
bei Coxarthrose und Prostataresektionen für<br />
die Qualitätssicherung erhoben.<br />
In der Bundesauswertung für das Jahr 2001 wurde<br />
noch auf der Basis des Auswertungskonzepts der<br />
Fachgruppe Chirurgie bei allen Patienten mit einer<br />
Oberschenkelhalsfraktur eine <strong>Dekubitus</strong>rate von<br />
2,3 % dokumentiert. Die Spannweite der Ergebnisse<br />
der Krankenhäuser reichte von 0 - 26,0 %. Eine <strong>Dekubitus</strong>rate<br />
von 10 % und mehr wurde als auffällig<br />
festgelegt. 15 von 359 Krankenhäusern liegen über<br />
diesem Wert.<br />
Die Weiterentwicklung der Erhebungsinstrumente<br />
zum <strong>Dekubitus</strong> erfolgte seit 2001 durch die Fach-<br />
Kapitel 15<br />
<strong>Pflege</strong>: <strong>Dekubitus</strong><br />
gruppe <strong>Pflege</strong> beim Bundeskuratorium Qualitätssicherung.<br />
Die für das Jahr 2003 überarbeiteten<br />
Datensätze fassen die Definition für den <strong>Dekubitus</strong><br />
präziser, um Über- oder Unterberichtung ausschließen<br />
zu können. Verwendet wird eine international gebräuchliche<br />
Einteilung in vier Schweregrade. Eine<br />
Risikoadjustierung für die Auswertung wird gegenwärtig<br />
vorbereitet.<br />
In einem längerfristigen Projekt wird ein diagnose-,<br />
prozedur- und entgeltunabhängiger Generalindikator<br />
zur <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe entwickelt, der zum Beispiel<br />
bei allen erwachsenen Krankenhauspatienten<br />
eingesetzt werden kann. Generalindikatoren sind<br />
Meßgrößen, die unabhängig von Diagnosen, Prozeduren<br />
und dem Entgeltsystem im Querschnitt Aussagen<br />
über ganze Institutionen und nicht nur für einzelne<br />
Bereiche des medizinischen und pflegerischen<br />
Leistungsspektrums gestatten.<br />
BQS-Projektleiter<br />
Andrea Trümner<br />
Dr. Regine Reinstorf<br />
Mitglieder der<br />
Fachgruppe <strong>Pflege</strong><br />
Gesine Dannenmeier<br />
Siegburg<br />
Käte Harms<br />
Ludwigshafen<br />
Hans-Dieter Hübinger<br />
Worms<br />
Hedi Francois-Kettner<br />
Berlin<br />
Elsbeth Kosthorst<br />
Essen<br />
Dipl.-<strong>Pflege</strong>w. Elke Reinfeld<br />
Hannover<br />
Ulrike Reus<br />
Münster<br />
Prof. Dr. Doris Schiemann<br />
Osnabrück<br />
Hans-Joachim Standke<br />
Berlin<br />
Stand: November 2002<br />
123
124<br />
Einleitung<br />
Ein <strong>Dekubitus</strong> (Druckgeschwür durch Wundliegen)<br />
ist eine schwerwiegende Komplikation, die für den<br />
betroffenen Patienten mit einem hohen persönlichen<br />
Leidensdruck, Schmerzen und möglicherweise chronischen<br />
Verlaufsformen verbunden ist. Durch seinen<br />
hohen Betreuungsaufwand und hohe Folgekosten<br />
erhält der <strong>Dekubitus</strong> zusätzliche gesundheitspolitische<br />
Relevanz. Betroffen sind zu jeder Zeit des<br />
Jahres etwa 20.000 - 40.000 Patienten, die in einem<br />
Krankenhaus in Deutschland mit Haupt- oder Nebendiagnose<br />
„<strong>Dekubitus</strong>“ behandelt werden. Die jährlichen<br />
Kosten werden auf 0,8 - 2,0 Milliarden €<br />
geschätzt. In der medizinischen und pflegerischen<br />
Versorgung wird die Häufigkeit des Auftretens eines<br />
<strong>Dekubitus</strong> als ein zentraler Indikator für die Qualität<br />
der <strong>Pflege</strong> bewertet (Bienstein 1997).<br />
<strong>Dekubitus</strong> in der<br />
Bundesauswertung 2001<br />
Für 18.834 Patienten aus 785 Krankenhäusern mit<br />
einer Schenkelhalsfraktur erfolgte auf der Basis des<br />
Auswertungskonzepts der Fachgruppe Chirurgie die<br />
Auswertung des Qualitätsmerkmals „<strong>Dekubitus</strong>“.<br />
Der Auffälligkeitsbereich wurde für Raten von 10 %<br />
und mehr definiert.<br />
In die Auswertung wurden nur Krankenhäuser aufgenommen,<br />
die im Jahr 2001 mehr als 20 Behandlungsfälle<br />
aufwiesen. 190 Krankenhäuser (52,9 %)<br />
haben keine <strong>Dekubitus</strong>fälle gemeldet. In 433 Fällen<br />
wurde ein <strong>Dekubitus</strong> dokumentiert. Dies entspricht<br />
einer Rate von 2,3 % mit einem 95%-Vertrauensbereich<br />
von 2,1 - 2,5 %. Die Spannweite der Krankenhausergebnisse<br />
reicht von 0 - 26,1 % (Tabelle<br />
15.1). Den Auffälligkeitsbereich einer <strong>Dekubitus</strong>rate<br />
von mehr als 10 % überschritten 15 Krankenhäuser<br />
(Abbildung 15.1).<br />
Tabelle 15.1: <strong>Dekubitus</strong>rate der Krankenhäuser bei allen<br />
Fällen mit Schenkelhalsfraktur<br />
<strong>Dekubitus</strong>rate (Gesamtrate)<br />
Vertrauensbereich<br />
Median der Krankenhauswerte<br />
Spannweite der Krankenhauswerte<br />
2,3 %<br />
2,1 - 2,5 %<br />
0,0 %<br />
0-26,1%<br />
Gesamtzahl bezogen auf 18.834 Fälle<br />
Weiterentwicklung der<br />
Meßinstrumente in der <strong>Pflege</strong><br />
Im Jahr 2000 hat das Deutsche Netzwerk für<br />
Qualitätsentwicklung in der <strong>Pflege</strong> auf einer Konsensuskonferenz<br />
den Expertenstandard zur <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe<br />
verabschiedet. Dieser Standard, der<br />
in der Praxis erprobt wurde (DNQP 2002), bildete<br />
die Grundlage zur Überarbeitung des pflegerischen<br />
Qualitätsmeßverfahrens für das Jahr 2003.<br />
Wichtige Qualitätsindikatoren wie zum Beispiel die<br />
Häufigkeit der Durchführung einer Risikoeinschätzung<br />
zur <strong>Dekubitus</strong>gefährdung konnten ergänzt<br />
werden. Auch im Jahr 2003 wird die Datenerhebung<br />
zur <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe weiterhin diagnose- und<br />
prozedurbezogen durchgeführt. Sie wird nur bei<br />
Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur<br />
und mit einer Totalendoprothese bei Coxarthrose<br />
zum Einsatz kommen (BQS 2002).<br />
Für das Verfahrensjahr 2004 wird ein diagnoseund<br />
prozedurenunabhängiger Generalindikator zur<br />
<strong>Dekubitus</strong>prophylaxe vorbereitet. Der neue Generalindikator<br />
kann in Zukunft bei allen erwachsenen<br />
Krankenhauspatienten eingesetzt werden, eine<br />
Erweiterung der Bezugsgruppe, beispielsweise auf<br />
gefährdete Kinder oder Frühgeborene, wäre möglich.<br />
Ziel ist die abteilungsübergreifende Darstellung<br />
der Versorgungsqualität in Krankenhäusern für einen<br />
medizinischen und pflegerischen Querschnittprozeß.<br />
Für die Darstellung des Generalindikators zur <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe<br />
werden Dekubitalgeschwüre bei<br />
der Aufnahme und bei der Entlassung eines Patienten<br />
erfaßt. Der Schweregrad des <strong>Dekubitus</strong> wird mit<br />
Hilfe einer international gebräuchlichen, vierstufigen<br />
Klassifikation beschrieben. In einem nächsten<br />
Schritt wird ein Modell zur Risikoadjustierung des
<strong>Dekubitus</strong> entwickelt, mit dem die Patientenkollektive<br />
der verschiedenen Abteilungen und Krankenhäuser<br />
miteinander vergleichbar ausgewertet werden<br />
sollen. Nur eine angemessene Berücksichtigung<br />
verschiedener Case-Mixes ermöglicht einen fairen<br />
Vergleich. Zur Adjustierung werden die wichtigsten<br />
Risikofaktoren des <strong>Dekubitus</strong> wie Alter, Inkontinenz,<br />
Beweglichkeitsstatus, Dauer des Krankenhausaufenthaltes<br />
und chronische Erkrankungen identifiziert.<br />
Vor der Aufnahme in einen neuen Datensatz wird<br />
die Meßbarkeit dieser Faktoren geprüft.<br />
Diskussion<br />
In der Literatur werden keine Angaben über eine<br />
„gute“ oder eine „schlechte“ <strong>Dekubitus</strong>rate gemacht.<br />
So werden in der Literatur zum <strong>Dekubitus</strong> bei Patienten<br />
mit Schenkelhalsfrakturen sehr unterschiedliche<br />
Angaben publiziert. International werden <strong>Dekubitus</strong>raten<br />
für den <strong>Dekubitus</strong>grad 1-4 von 4,2-20 %<br />
bei Aufnahme und von 19,1-58 % bei Entlassung<br />
berichtet (Gunningberg 1999, Stotts 1998, Versluysen<br />
1985). Eingang hat die <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe in die<br />
Leitlinie „Pertrochantäre Fraktur“ der Deutschen<br />
Gesellschaft für Unfallchirurgie gefunden. Dort wird<br />
auf die Notwendigkeit von Lagerungsmaßnahmen<br />
bei Extensionsversorgung – der mechanischen<br />
Streckung des Knochenbruchs – hingewiesen.<br />
In der öffentlichen Diskussion herrscht die Annahme<br />
vor, daß ein <strong>Dekubitus</strong> grundsätzlich vermeidbar<br />
sei. Damit wird allgemein eine <strong>Dekubitus</strong>rate nahe<br />
Null als gute Qualität erwartet. Die Erkrankungsschweregrade<br />
der betroffenen Patienten und die<br />
Zusammensetzung von Patientengruppen werden<br />
in diesen Annahmen und Bewertungen bislang nur<br />
am Rande berücksichtigt. Dieser undifferenzierte<br />
Umgang mit den Qualitätsanforderungen ist ein<br />
Beleg für die Notwendigkeit eines risikoadjustierten<br />
Generalindikators für die <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe.<br />
Selbst bei der besten Versorgung können Ärzte und<br />
<strong>Pflege</strong>nde nicht immer einen <strong>Dekubitus</strong> vermeiden.<br />
Während die bisherige Qualitätsdarstellung für den<br />
<strong>Dekubitus</strong> diagnose- und prozedurbezogen war,<br />
soll dieses Krankheitsbild künftig ohne diese Bezüge<br />
als Generalindikator erhoben werden. Die Darstellung<br />
der Versorgungsqualität für ein wichtiges<br />
Querschnittproblem in der medizinischen und pflegerischen<br />
Versorgung wird damit möglich. Dadurch<br />
wird auch ein Blick in die Versorgungsqualität von<br />
nicht operativ tätigen Fachgebieten oder von Intensivstationen<br />
eröffnet. Generalindikatoren eignen<br />
sich besonders, um das Qualitätsniveau auch für<br />
weitere Querschnittprobleme der Versorgung darzustellen,<br />
zum Beispiel bei im Krankenhaus erworbenen<br />
Infektionen, bei der Entlassungsplanung für den<br />
nachstationären Bereich, der Schmerztherapie, bei<br />
der <strong>Dekubitus</strong>- oder bei der Sturzprophylaxe.<br />
Die BQS entwickelt zur Zeit mit der Fachgruppe<br />
<strong>Pflege</strong> beim Bundeskuratorium Qualitätssicherung<br />
einen Generalindikator zur <strong>Dekubitus</strong>prophylaxe,<br />
der diese neuen Anforderungen an die Qualitätsdarstellung<br />
erfüllen soll.<br />
Abbildung 15.1: Anteil von Fällen mit <strong>Dekubitus</strong> bei<br />
Schenkelhalsfrakturen im Jahr 2001<br />
<strong>Dekubitus</strong>rate<br />
30 %<br />
25%<br />
20 %<br />
15 %<br />
10 %<br />
5%<br />
0%<br />
Krankenhäuser<br />
359 Krankenhäuser mit Fallzahlen von mindestens 20<br />
Fällen<br />
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