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683 kB - Heligonia

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64<br />

Termine<br />

26.05. - 29.05.05 Helicon 31 im Schwarzhornhaus bei Schwäbisch<br />

Gmünd<br />

12.08. - 14.08.05 Jubiläumstreffen - 10 Jahre <strong>Heligonia</strong> an der<br />

Hoppelmühle<br />

16.09. - 18.09.05 Phaenomenon 6 - Absinthique in der Alten Mühle<br />

bei Dinkelsbühl<br />

18.11. - 20.11.05 Helicon 32 in der Jugendherberge Balingen<br />

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Wichtig! Redaktionsschluss für den nächsten Boten!<br />

Der nächste Helios-Bote erscheint zum Helicon 31 am 26. Mai 2005.<br />

Der Redaktionsschluss für Ausgabe 54 ist der 16. Mai 2005, damit wir die<br />

Boten noch fertigbekommen. Artikel, die uns erst nach Redaktionsschluss<br />

erreichen, können daher möglicherweise nicht mehr aufgenommen werden.<br />

Wenn genügend Artikel für ein Portal eintreffen, so wird auch wieder die<br />

Gelehrtenzeitschrift erscheinen. Auch hier gilt der gleiche Redaktionsschluss.<br />

Beachtet bitte wie immer, dass auch die Regio-Spielleitungen noch Zeit brauchen, die<br />

Artikel ihrer Regionen zu sammeln!!!<br />

Wer einen wichtigen Artikel schon früher auf der <strong>Heligonia</strong>-Seite veröffentlicht<br />

haben möchte, wende sich bitte an die jeweilige Regio-Spielleitung.<br />

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Ausgabe 54 des Helios-Boten im März 2005<br />

© 2005 Waldfaun Verlag, Aalen-Waldhausen<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

®<br />

Berichte von Susanne Arbogast, Arnulf Breuer, Tobias Brinkmann, Thilo<br />

Döring, Kilian Frey, Inés Hermann, Andreas Hils, Daniela Lochner, Günther<br />

Merk, Katrin Puwalla, Frank Prietz, Benjamin Rampp, Stefan Rampp,<br />

Andreas Reicke, Andreas und Julia Riedlinger, Leif Scheuermann, Markus Spree,<br />

André Süssmut, Rüdiger Trojok.<br />

Lieder von Tom und Tina Hammer<br />

1<br />

Helios - Bote<br />

freies und unabhängiges Mitteilungsblatt des Landes <strong>Heligonia</strong><br />

Im 1. Poëna n.A.III 32<br />

Ausgabe 54<br />

Kronkurier<br />

Nexus Corenae auf Wunderquellensuche<br />

Seit wenigen Wochen nun macht das Gerücht die Runde, dass ein mirakulöser<br />

Wunderquell in Großlinden, Tlamana, erstaunlichste Wünsche erfüllen können<br />

soll. Der geneigte Leser wäre angeraten gewesen, diesen Geschichten keinen<br />

Glauben zu schenken, denn niemand konnte bisher von einer Sichtung des<br />

Brunnens berichten. Auch die Großlindener selbst konnten den Quell nicht<br />

vorführen oder ihn auch nur beschreiben, obgleich sie nicht mit Geschichten<br />

um die Wunderkräfte des Wässerchens geizen. Nunmehr aber entsendet der<br />

arcane Orden des Nexus Corenae höchstselbst eine Abordnung zur<br />

Überprüfung der Sache. "Wir wollen nur klären, ob hier das Volk mit<br />

Aberglauben verwirrt wird, oder ob hier göttlich' oder magisch' Kräfte am<br />

Werke sind", sagt Magister Gernot von Hellstern, Leiter der Abordnung. In<br />

der Vergangenheit war es schon des öfteren zu ähnlichen Gerüchten über allerlei


2<br />

wunderwirksame Orte, Gegenstände und Menschen gekommen, die jedoch<br />

nie offiziell von der arcanen rechten Hand des Königs untersucht wurden.<br />

Was gerade bei diesem Fall die Neugier des Ordens erregt hat, ist unklar und<br />

wurde von Seiten der Abordnung nicht kommentiert. Die Großlindener selbst<br />

freuen sich wohl über die ausnehmende Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wird,<br />

schon jetzt werden Mitbringsel und Andenken für den zu erwartenden<br />

Besucherstrom hergestellt.<br />

Universität Cambrück sucht Engagierte für Forschungsprojekt<br />

Für das Forschungsprojekt "Siedlungsbeginn und deren Spuren am<br />

Brazachdelta" sucht der "Verein zur Förderung der Betis-Lindfurt-Kooperation"<br />

Leiter/in für selbstständige Forschungsarbeiten oder Koordinierung einer<br />

Projektgruppe<br />

Projektleitungsassistent/in zur Hilfe der Koordinierung einer Projektgruppe<br />

(auch Eigenprojekt möglich)<br />

Aufgabengebiet :<br />

Grabungen sowie Orten von Heiligen Plätzen und Schreine aus präheliotischer<br />

Zeit ist ebenso Aufgabe, wie die Kartierung und geschichtliche Dokumentation<br />

der Früh- und Spätgeschichte entlang des unteren Brazachufers. Besonderes<br />

Augenmerk liegt hierbei auf den Landgebieten um Betis und der Baronie<br />

Lindfurt bis in das Hinterland.<br />

Bewerber melden sich bitte bei :<br />

Ratgut Versatzender Obmann der Lindfurter Sektion Verein zur Förderung<br />

der Betis-Lindfurter-Kooperation<br />

Tödlicher Unfall an baufälliger Brücke -<br />

Escandrer Bürger entsetzt<br />

"Das musste ja früher oder später passieren!", erklären entrüstete escandrer<br />

Bürger. Am 13. Tag der III. Saarka waren Teile der Sedhoran I-Brücke<br />

nächtens in sich zusammengebrochen und hatten dabei den Studiosus<br />

Hieronymus Brendel, jüngster Sprössling der einflußreichen Händlerfamilie<br />

63<br />

Ein Lied auf eine besonders schöne Baronie sei Euch nicht vorenthalten-<br />

Hoch lebe Magelona, die Schutzpatronin der Weinlese!<br />

Wolken ziehen, Regen fällt, und wir ziehen durch die Welt-<br />

Zogen wir durch schönes Land, voll mit Trauben der Weinstock stand!<br />

Und wie heißt dies schöne Land?<br />

Rebenhain wird es stolz genannt!<br />

Denn was kann es schöneres geben, als in Rebenhain zu sein,<br />

Magelona gib uns deinen Segen, dass in Strömen fließe der Wein!<br />

Kehrten wir in die Taverne ein, tranken wohl vom besten Wein!<br />

Solchen edlen Tropfen fand ich doch nur in einem Land!<br />

Und wie heißt dies schöne Land?<br />

Rebenhain wird es stolz genannt!<br />

Denn was kann es schöneres geben, als in Rebenhain zu sein!<br />

Magelona, gib uns deinen Segen, dass in Strömen fließe der Wein!<br />

Süßes Leben, süß und schön! Wollt´ ich niemals mehr fort von hier gehen!<br />

Singen, Tanzen , Lachen und Freud´, so verging die glücklichste Zeit!<br />

Und wie heißt der beste Wein?<br />

Traubenblut muß wohl der Name sein!<br />

Denn was kann es schöneres geben, als in Rebenhain zu sein!<br />

Magelona, gib uns deinen Segen, dass in Strömen fließe der Wein!<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦<br />

"GutzLied" dankt Euch für Eure geschätzte Aufmerksamkeit!


62<br />

"GutzLied" bekam - Dank an den gnädigen Fürsten Leomar- Urlaub von<br />

der Festung Drachentrutz, um im Schwarzen Wald zum Wiegenfeste<br />

unseres allseits beliebten Erlic Falkenhand aufzuspielen. Dort hörten wir<br />

von den Bauern des Dorfes eine Geschichte die sich an ebenjenem Tage<br />

begab, und so wussten wir doch gleich, um welchen Geweihten aus<br />

Heligonien es ging.<br />

Der Priester, der nicht segnen wollt´,<br />

der den gerechten Gott vergaß,<br />

wollt´ nicht hinaus in kalte Nacht,<br />

weil der Schnee ihm viel zu hoch lag.<br />

Eine Bauersfrau- gestorben,<br />

sollte bald gesegnet sein,<br />

dass die Seele, fort vom Körper,<br />

Ruhe find durch Feuerschein.<br />

Ihre Schwester bat den Priester,<br />

den sie im Wirtshaus "Drei Eichen" fand,<br />

doch ihm war zu kalt, da Helios<br />

nicht so warm am Sternenhimmel stand.<br />

Doch Helios, dem dieser Priester geweiht,<br />

gab ihm wohl einen Tritt in´ Arsch,<br />

denn unter größter Überwindung<br />

setzte er sich doch in Marsch.<br />

Und als er dann die Worte sprach-<br />

Er sprach so wunderschön den Segen,<br />

wurde jedes Auge naß!<br />

Die Unlust sei ihm drum vergeben!<br />

Und wollt ihr nun gerne wissen,<br />

wer dieser Helios- Priester war,<br />

dann fragt die "GutzLied"- Spieleleut´,<br />

denn die waren auch mit da!<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦<br />

3<br />

Brendel, unter sich begraben. "Die Brücke ist schon lange in einem<br />

jämmerlichen Zustand, wahrscheinlich ist sie seit der Regierungszeit Sedhorans<br />

I nicht mehr renoviert worden!", beschweren sich die Angehörigen. In der<br />

Tat war in den letzten Jahren nur wenig Aufmerksamkeit auf den Zustand<br />

der Brücke gerichtet worden. "Sie wird nur wenig genutzt und auch nur von<br />

Personen, für Wagen ist sie viel zu schmal." Den etwas baufälligen Zustand<br />

hatte man daher hingenommen und sich keine Sorgen gemacht, wie ein<br />

unbenannt bleibender Angestellter der Stadtverwaltung sagt. Die Familie<br />

Brendel ist empört, man kündigte an, die Sache nicht auf sich beruhen zu<br />

lassen und die Angelegenheit anzuklagen und "wenn es bis zu den neun hohen<br />

Richtern getragen werden muss!" Gleichzeitig kündigten die Brendels die<br />

Gründung einer Stiftung an, die Geld zur Renovierung der escandrer Brücken<br />

sammeln soll, "damit nicht erst etwas passieren muss, damit etwas passiert!"<br />

Tlamanischer Beamter Clemont de Ravaillac verschwunden<br />

Clemont de Ravaillac, Beamter des Zollamts von Tabruk, Tlamana, wird<br />

seit nunmehr einer Woche vermisst. Als er wiederholt nicht zur Arbeit erschien,<br />

suchte man sein Stadthaus auf, wo er jedoch ebenfalls nicht anzutreffen war.<br />

Es fanden sich keine Hinweise auf seinen derzeitigen Aufenthaltsort, und auch<br />

die Nachbarn konnten keine wegweisenden Angaben machen: "Letzte Woche<br />

war er noch da. Ist ein ruhiger und anständiger Mann, hat sich nie was zu<br />

Schulden kommen lassen! Ein echter tlamanischer Beamter eben!" In der<br />

Bleibe des Mannes fanden sich seine Habseeligkeiten unberührt, nichts schien<br />

zu fehlen, soweit das den Ermittlern ersichtlich war. "Ein Verbrechen können<br />

wir nicht ausschließen", gab Hauptmann Mariot an. Auch die Durchsuchung<br />

der näheren Umgebung der Wohnung und der üblichen Aufenthaltsorte des<br />

Herrn Ravaillac hat bisher keine Hinweise ergeben. Besondere<br />

Aufmerksamkeit erfährt der Fall zur Zeit, weil der Verschwundene für die<br />

Ermittlungen bezüglich der Schmugglerproblematik an der tlamansichdarianischen<br />

Grenze verantwortlich war und erst kürzlich eine größere Summe<br />

erhalten hatte, um militärische Unterstützung anzuheuern. "Wir werden<br />

vorrübergehend einen Stellvertreter einsetzen, um den darianischen<br />

Schmugglern keine Ruhepause zu gönnen", wurde von offizieller Seite<br />

verlautbar. Sachdienliche Hinweise zum Verschwinden des Herrn Ravaillac<br />

werden von allen tlamanischen Garnisonen und Beamtenstuben angenommen.


4<br />

Das Fernrohr<br />

Ein Blick über die Grenzen <strong>Heligonia</strong>s<br />

Verschwörung entlarvt<br />

Dank der Mithilfe unserer ausländischen Freunde ist es gelungen, ein<br />

Verschwörung zu entlarven. Die Gruppe von niederträchtigen Hochverrätern<br />

und Ketzern wurde von Sonderbeauftragten unseres Herzogs<br />

erfolgreich ausgehoben und dingfest gemacht.<br />

Die Spione dieser Verräter versuchten seit Monaten vergeblich,<br />

Staatsgeheimnisse zu stehlen und Einfluss auf die Politik zu nehmen.<br />

Als sie versuchten, ihre Bemühungen auch auf das befreundete Ausland<br />

auszuweiten, wurden sie bereits beobachtet und Beweise gesammelt.<br />

Bei einer Hausdurchsuchung wurde belastendes Material sichergestellt<br />

und an die 15 Verräter verhaftet.<br />

Nach dem in einem ordentlichen Gerichtsverfahren die Schuld einwandfrei<br />

festgestellt wurde, folgte die Strafvollziehung auf dem<br />

Marktplatz von Greyvenburg.<br />

Geheimnisse um Baron von Ährenfeld<br />

Der ehemalige Baron Alrik von Ährenfeld wurde in Greyvenburg<br />

unter Arrest gestellt. Seitdem wird sein Lehen von Ritter Glodwig<br />

von Nauenfurt kommissarisch verwaltet, bis ein neuer Lehensnehmer<br />

gefunden wird, der sich für diese Aufgabe eignet. Von dem Herzogshof<br />

war jedoch nicht zu erfahren, welchem Vergehen sich Baron Alrik<br />

61<br />

Da Prinz Leomar zum Fürsten von Drachenhain ernannt ward, bekam<br />

die Drachenhainballade (Hohe Tannen) noch neue Strophen- hiermit Euch<br />

verkündet zu Ehren des Fürsten:<br />

Hohe Tannen weisen die Sterne hier im scönen Drachenhain!<br />

Denn ein Held ist nun gekommen, wird dem Land große Hoffnung sein!<br />

Fiel der Stern aus des Prinzen Wappen, steigt als leuchtendes Licht empor!<br />

Und als neuer Fürst von Drachenhain wird regieren der treue Leomar!<br />

Blüht ein großes Licht der Hoffnung im geschundenen Drachenhain,<br />

dass Fürst Leomar mit Güte und Gerechtigkeit so wie Halmar das Land verein!<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦<br />

Der ehrenwerte Doge von Betis hat bei uns ein Lied auf seine Heimatstadt<br />

bestellt- Und obwohl wir Betis noch nie gesehen haben, ist uns ein<br />

Lied gelungen, welches die Schönheit dieser Stadt wohl wahrlich würdiglich<br />

besingt.<br />

Kennt Ihr die Perle am Brazachufer-<br />

Betis, die goldene Stadt?<br />

Wer sie auch einmal nur sehen konnte,<br />

sah sich doch nimmermehr satt!<br />

Stadt voll Musik, voll Gesang und Zauber,<br />

Stadt voller Schönheit und Freud!<br />

Häuser so kunstvoll und prächtig´ Paläste,<br />

Edel und reich alle Leut´ !<br />

Wer nie die Perle am Brazach gesehen,<br />

soll auf die Reise nun gehen!<br />

Diese Stadt wird Euch sogleich verzaubern-<br />

Lasst dieses Wunder gescheh´n!<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦


60<br />

Der edle Baron zu Lindfurt, Alton von Fichtenhau, gab uns den ehrenvollen<br />

Auftrag, ein Lied auf die Schönheit seiner Nichte zu dichten- was<br />

uns hoffentlich gut gelungen ist, denn je trefflicher es dem hochwohlgeborenen<br />

Auftraggeber gefällt, desto höher ist ja auch der im Säckel<br />

klingelnde Lohn…<br />

"Euna"<br />

Euna, stolzeste aller Rosen-<br />

Schönste der Blumen, edel und treu!<br />

Wahre Schönheit wird niemals verblühen-<br />

Gleich, welches Schicksal ihr vorbestimmt sei!<br />

Wen auch immer sie sich erwählet,<br />

sei sie nur mit dem Besten vermählet!<br />

Denn einer Rose Schönheit<br />

Bekommt nicht jeder, der um sie freit!<br />

Rosen sind nicht leicht zu erringen<br />

Und man kann sie niemals zwingen<br />

Denn auch der stärkste und mächtigste Mann<br />

Sich an den Dornen stechen kann!<br />

Manch einen stach sie gar bitter ins Fleisch<br />

Musste er von ihr lassen sogleich,<br />

denn sie selbst wird bestimmen, wen sie sich erwählet,<br />

den Glücklichen, mit dem sie sich vermählet!<br />

Euna- stolzeste aller Rosen,<br />

schönste der Blumen, edel und treu-<br />

Euna´s Schönheit wird niemals verblühen,<br />

gleich, welches Schicksal ihr vorbestimmt sei!<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦<br />

5<br />

schuldig machte. Es gibt jedoch Gerüchte, er könnte etwas mit dem<br />

Tod seines Onkels und Vorgängers zu schaffen haben. Ferner wird<br />

gemunkelt, er wäre der Ketzerei überführt worden.<br />

Unklar ist auch, welche der neuen Magiegesetze weiterhin bestand<br />

haben werden, bei denen Alrik von Ährenfeld federführend mitgewirkt<br />

hat.<br />

Ritter Gregor geehrt<br />

Wegen seiner zahlreichen Verdienste um das Reich Dracconia und das<br />

Herzogtum Nurian, wird der allseits beliebte Ritter Gregor von<br />

Bernstein mit der Vergabe von Brau und Mühlenrechte geehrt. So<br />

soll er und seine Nachkommen die Bierbraurechte der Stadt Balington<br />

für den Zeitraum von 30 Jahren erhalten. Ferner erhält er in der<br />

ehemaligen Baronie Ährenfeld von 4 Kornmühlen auf Lebenszeit die<br />

Mühlenrechte.<br />

Auch soll zu Ehren dieses edlen Ritters aus den Bornlanden, ein<br />

Glasfester mit seinem Abbild gefertigt werden. Dieses soll den neulich<br />

errichteten Erweiterungsbau der Nurianischen Staatsbibliothek schmücken.<br />

Helmar von der Feder<br />

Nurianische Postille


6<br />

Drachenhainer<br />

Herold<br />

Werte Leser des Drachenhainer Herolds,<br />

der achte heligonische Adelstag fand am 9. Tag des 2. Saarka sein<br />

erfolgreiches Ende. Am 7. Tag nutze seine Durchlaucht, Fürst Leomar<br />

von Drachenhain, die Gelegenheit und ordnete sein Lehen neu, nachdem<br />

Reichsritter Raphael von Sarmand Recht über die Vorgänge der<br />

vergangenen Monde gesprochen hatte und die Angeklagten auf den<br />

Willen seiner allerdurchlauchtigsten Majestät des Königs hin, von allen<br />

Punkten frei sprach. Freispruch, da Götterspruch vor allem gelte und<br />

die Vorkommnisse nach der Göttererscheinung des Drei-Ulmenhofes,<br />

gänzlich unirdisch zu bewerten seien.<br />

Lest nun Auszüge der Worte des Fürsten und vernehmt, wie die<br />

Herrschaftsgefüge im Fürstentume künftig aussehen sollen.<br />

Drachenhainer Hofchronist, Meister Schillwunk Radeweyd<br />

Hochgeschätzte Gäste des heligonischen Adelstags!<br />

Nachdem seine allerdurchlauchtigste Majestät, der König, durch seinen<br />

edlen Reichsritter, Raphael von Sarmand, heute Recht über das<br />

Vergangene gesprochen hat. Wollen Wir, Fürst Leomar, Unseren Blick<br />

jetzt auf die Gegenwart und Zukunft richten:<br />

59<br />

Der Tanzbär<br />

Streifzüge durch das kulturelle Leben <strong>Heligonia</strong>s<br />

"GutzLied" grüßt alle kulturinteressierten Heligonier!<br />

Die große Ehre wurde uns zuteil, auf dem heligonischen Adelstag musizieren<br />

zu dürfen. Dafür hatten wir einige Lieder vorbereitet, die hier allen<br />

Heligoniern verkündet seien!<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦<br />

"Saarka´s Nacht"<br />

Fiel ein Schnee in Saarka´s Nacht,<br />

fiel ganz leis, schwebte sacht.<br />

Fiel ein Schnee in Saarka´s Nacht,<br />

hat das Blümelein umgebracht-<br />

Hat es umgebracht!<br />

Brauste ein Sturm wohl über das Land,<br />

brauste mit Macht, mit Feuer und Brand!<br />

Brauste ein Sturm wohl über das Land,<br />

hat die junge Saat verbrannt-<br />

Hat die Saat verbrannt!<br />

Ging ein Krieg durch Drachenhain,<br />

Daß die Mutter den Sohn bewein´,<br />

ging ein Krieg durch Drachenhain,<br />

soll nun für immer Frieden sein-<br />

Soll nun Frieden sein!


Gunst und Kunst<br />

Was die Heligonier am liebsten hören<br />

1(-) GutzLied - "Euna"<br />

2(1) Wunderkind Bonifazio - "Ein leuchtend' Pfad"<br />

3(3) Katzenjammer - "Hochzeitsballade"<br />

4(9) Anonymus - "Des Königs treue rechte Hand"<br />

5(-) GutzLied - "Betis"<br />

6(-) Jean-Pierre - "Scheiße in die hohle Hand n.A. III 32"<br />

7(4) Loki - "Krieg in Drachenhain"<br />

8(10) Der begeisterte Bürger - "Betiser Boote"<br />

9(5) Belgabor - "Wohin gehst Du <strong>Heligonia</strong>?"<br />

10(8) Fratzer Grimass, Hofnarr zu Hohengrat - "Das Heldenlied"<br />

58<br />

Stadtgeschehen<br />

Mit großem Jubel und ausgelassenen Feiern wurde in der gesamten Stadt die<br />

Nachricht von der Verlobung des Dogen mit Euna von Fichtenhau<br />

aufgenommen. Doch dies soll erst ein Vorgeschmack auf die Feiern zur<br />

Hochzeit sein, wofür nun bereits die ersten Vorbereitungen beginnen: "Das<br />

wird das größte Fest, das Betis je erlebt hat!", so ein begeisterter Betiser<br />

Bürger.<br />

Am ersten Tag des 3. Saarka fand in Betis der Konvent "Betis und Lindfurt -<br />

Perspektiven einer Gemeinsamen Zukunft am Brazach" statt. Berichten zufolge<br />

stieß die Veranstaltung sowohl von wissenschaftlicher als auch von politischer<br />

und ökonomischer Seite auf reges Interesse. So gibt es nun bereits Überlegungen,<br />

einen weiteren Konvent zu veranstalten, in welchem die bisherigen Arbeiten<br />

vertieft werden können. Genauere Information gab es zu diesen Plänen<br />

jedoch noch nicht.<br />

Für Furore sorgt derzeit der allseits beliebte Sänger Jean-Pierre mit seiner<br />

aktuellen Version des vor einigen Jahren von Pavo Rothner gesungenen<br />

Liedes "Scheiße in die hohle Hand". Sämtliche Konzerte des Interpreten sind<br />

in Betis ausverkauft.<br />

7<br />

Zuvor jedoch: Dank an den Reichsritter Raphael von Sarmand und an<br />

den Heliosritter, Weitbrecht von Embarson, die es geschafft haben,<br />

Drachenhain nach dem Kriege zu ordnen und in Frieden zu halten.<br />

Als neuer Herr dieses Landes, ordnen Wir nun Unser Lehen, indem wir<br />

die Heliosbriefe - ausgestellt von Unserem Vater durch eigene, neue<br />

ersetzen.<br />

Die vergangenen Jahre sind für Halmarsland hart und schwierig<br />

gewesen, Wir sehen tiefe Gräben zwischen den Menschen und so<br />

manche Aufgabe für jedermann.<br />

Wir werden ein Fürst des Friedens und der Eintracht zwischen Ogeden<br />

und Ceriden, zwischen Hoch- und Tiefland sein. Wer es jedoch wagen<br />

sollte die Hand wider das, was recht und gut ist zu erheben, der wird<br />

Unseren vollen Zorn spüren und auf ewig verdammt sein! Wir haben<br />

den Willen und die Macht das Land zu heilen, denn Drachenhain darf<br />

nicht entzweit sein - die Zeit des Haders ist vorbei!<br />

Weil Wir ein Fürst sowohl der Ogeden, als auch der Ceriden sein werden,<br />

legen Wir hiermit unseren Sitz im Ogedenrat und die Mitgliedschaft,<br />

im von Uns mitbegründeten, Ogedenbund nieder.<br />

Friede und Eintracht,<br />

Für ein neues Drachenhain!<br />

So traten danach vor, die hochwohlgeborenen Damen und Herren, wie<br />

sie aufrufen wurden, senkten ihr Haupt und das Knie und schworen<br />

nacheinander auf den folgenden Treueschwur:<br />

"Schwört Ihr Uns, dem Fürsten Leomar von Drachenhain, Treue und<br />

Gefolgschaft? Werdet Ihr Euch jeder Art des Ungehorsams enthalten,<br />

oder Euer Lehen ohne jede Gewalt niederlegen, solltet Ihr Unserem<br />

Willen nicht nachkommen können?<br />

Alsdann, erhob der Fürst seine Vasallen mit den jeweiligen Worten:<br />

"Cailleen McGodfrey, Freifrau von Gaeltacht. Nachdem Euer Bruder zu<br />

Euren Gunsten, auf sein Amt als Baron von Gaeltacht verzichtet hat.<br />

Und Wir Euch ebenfalls für mehr als in der Lage erachten, dieses zu<br />

erfüllen. Belehnen wir Euch mit der Baronie Gaeltacht.<br />

Koldewaiht von Hautzensteyn, wir belehnen Euch mit der Baronie<br />

Luchnar.


8<br />

Foranan Mc Donough, Wir belehnen Euch mit der Baronie Flaitney.<br />

Ritter Benedict, vom Orden des Lichts. Nachdem Wir den Baron Aiken<br />

von Baldwiesen das Lehen Hochaskenstein hiermit entziehen, besetzten<br />

Wir es mit Euch neu und es soll nach unser beider Willen künftig<br />

Sichelmark heißen. Verwaltet es zum Nutzen und Frommen des Ordens<br />

der Ritter des Lichts.<br />

Josephina von Drachenhain, wir belehnen Euch mit der Baronie<br />

Wolfenfeld.<br />

Karelia Jefferindell von Jolbenstein, wir entziehen Giselher von<br />

Mühlenheim die Baronie Jolbenstein und sprechen sie Euch zu.<br />

Ritter Barnabas von Mühlenheim, Eurem Bruder Giselher, sei hiermit<br />

das Lehen der Antrutzen entzogen und Euch zugesprochen.<br />

Alton von Fichtenhau, wir belehnen Euch mit der Baronie Lindfurt.<br />

Und nicht zuletzt: Krator von Rebenhain, wir belehnen Euch mit der<br />

Baronie Rebenhain.<br />

Die abwesenden Drachenhainer Lehnsnehmer, namentlich:<br />

Unsere Schwester, Prinzessin Syria Jaldis von Drachenhain, Wentorius<br />

von Waldhort und Bischof Erlind Hilarian, haben binnen eines Mondes<br />

Zeit und Gelegenheit, zu Uns auf die Feste Drachentrutz zu kommen<br />

und ihre Eide abzulegen.<br />

Danach folgte die Vergabe der Hohen Ämter des Fürstentums<br />

Drachenhain. Die da sind: das Hohe Amt des Drachenhainer<br />

Schwertführers, das Hohe Amt des Drachenhainer Kanzlers, das Hohe<br />

Amt des Marschalls und Seeherren, das Hohe Amt des Drachenhainer<br />

Botschafters, das Hohe Amt des Truchsess der Drachenhainer Hauptstadt<br />

Jolbruck<br />

Der Fürst wählte unter den seinen und rief sie wiederum der Reihe<br />

nach auf:<br />

"Baron Krator von Rebenhain, wollt Ihr in Kriegszeiten Unserem Heere<br />

voranreiten und unser Schwertführer sein. Dann gürtet Euch mit<br />

diesem Schwert."<br />

Der Baron rang jedoch lange mit sich und lehnte schließlich vorerst<br />

ab, wonach Fürst Leomar das Hohe Amt des Drachenhainer<br />

Schwertführer als vakant erklärte. Ohne Verzug wurde die Feierliche<br />

Handlung danach fortgesetzt, da alle ihr Amt gerne antraten.<br />

Der Handelsprophet<br />

Tageskurse<br />

Aurazith 1 heligonische Unze 1 Dukaten und 1 Kreuzer<br />

Überfahrt mit der Fähre 3 Kreuzer<br />

Wein 3 Kreuzer<br />

Seidenstoff 1 m2 5 Dukaten und 7 Groschen<br />

57<br />

Der Aurazith-Kurs fällt leicht. Aufgrund der großen Nachfrage nach Fahrten<br />

mit den Fähren zwischen Betis und Lindfurt stieg deren Preis kurzfristig<br />

stark an. Die Nachfrage erhöhte sich durch die Pilger, welche von Betis nach<br />

Lindfurt wollten um sich dort anzusiedeln, durch die Teilnehmer am Konvent<br />

in Betis, und schließlich durch die zahlreichen Menschen, welche die Verlobung<br />

des Dogen auf der Luxus-Fähre "Orchidee" unmittelbar und mit gutem Blick<br />

miterleben wollten. Aufgrund der Feierlichkeiten zur Verlobung vergrößerte<br />

sich zudem die Nachfrage nach alkoholischen Getränken, was auch hier zu<br />

einer Preissteigerung führte. Die Werbekampagne der Lindfurter Stoffveredelung<br />

Haus Spindeler scheint derweil Wirkung zu zeigen und auch das Preisniveau<br />

hochwertiger Stoffe anzuheben.<br />

Bürger des Monats<br />

Als Bürger des Monats wurden dieses Mal zwei Personen auserkoren: Die<br />

Obmänner der Lindfurter und der Betiser Sektion des Vereins zur Förderung<br />

der Betis-Lindfurter-Kooperation, Ratgut Versatzender und Alberto Ardegna.<br />

Ihr Engagement, so die Begründung der Jury, verhelfe den beiden Anrainern<br />

des Brazach-Deltas zu ganz neuen wirtschaftlichen und politischen Impulsen.<br />

Auch die tadellose Planung und Durchführung des Konventes "Betis und<br />

Lindfurt - Perspektiven einer Gemeinsamen Zukunft am Brazach" wurde<br />

von der Jury lobend erwähnt.


56<br />

Barons von Welzen umgehen, jedoch gibt es für uns keine andere Möglichkeit<br />

unser Ziel zu erreichen. Selbst ein Bettlerheer würde ohne Weiteres passieren<br />

dürfen. Jeder darianische Dieb kann unbehelligt durch Welzen reisen. Nur uns<br />

wird die Passage vehement verweigert! Dies geschieht alles, obwohl wir die<br />

Zusage des Fürsten von Thal haben, dass man uns sicheres Geleit durch Thal<br />

gewährt! Dem nicht genug: dieser unschuldige Alte wurde beinahe seines<br />

Augenlichts beraubt. Ist das die Umsetzung des Toleranzedikts unseres Königs?<br />

Wir werden unser schweres Los geduldig tragen und auf das Einsehen der<br />

Mächtigen hoffen. Möge der Eine mit uns sein." Im Anschluss an diese Worte<br />

sprachen die Pilger noch ein gemeinsames Gebet, bevor sie sich anschickten ihr<br />

Nachtlager einzurichten.<br />

Euna von Fichtenhau und Vincent Battista Corvese verloben sich<br />

Nachdem die entzückende Euna von Fichtenhau auf Wunsch ihres Onkels, des<br />

Barons von Lindfurt, einige Zeit in Betis verbrachte und dort seither die gesamte<br />

Bevölkerung mit ihrem Charme erfreute, so wurde nun offiziell bekannt gegeben,<br />

was als Gerücht bereits seit geraumer Zeit im Umlauf war: Nicht nur die gemeinen<br />

Bürger der Stadt, nein auch den Dogen selbst hat Euna verzaubert! Vincent<br />

Battista Corvese hat um Eunas Hand angehalten und wurde von ihr erhört! Die<br />

Hochzeit soll am 15. Tag des 3. Poëna n.A. III stattfinden. Genauere Berichte zur<br />

Verlobungsfeier finden sich auch im Drachenhainer Herold.<br />

Die unverzichtbare Liste des guten Geschmacks<br />

Was sich schickt<br />

- Verlobungen<br />

- Nachwuchs im Hause Drachenhain<br />

- Bischof Ceridian Aegidio<br />

- Lebensechte HU2-Atoll-Simulation<br />

in Gaeltacht<br />

- Kreuzstiche<br />

- Schokoladenkeksorgien nach<br />

Mitternacht<br />

Und was nicht<br />

- Störrische Barone<br />

- Schändliches Reden über Betis am<br />

Adelstag durch Heliosritter<br />

- Falsche Waldemare<br />

- Damenmangel beim Tanzen<br />

- Amtsinsignien schon bei der<br />

Verleihung zerstören<br />

9<br />

"Giselher von Mühlenheim, wollt Ihr unser Auge, Ohr und Mund,<br />

innerhalb des Fürstentums sein? Dann nehmt den Schwurstab des<br />

Drachenhainer Kanzlers.<br />

Josephina von Drachenhain, Baronin von Wolfenfeld. Nehmt diese Kette<br />

und dies Kleinod, so ihr Marschall und Seeherrin Drachenhains sein<br />

wollt.<br />

Koldewaiht von Hautzensteyn, Baron von Luchnar. Nehmt diesen Ring,<br />

so Ihr unser Wort in die Welt tragen, und unser Botschafter sein wollt.<br />

Baronin Karelia Jefferindell von Jolbenstein. Wir tragen Euch das Hohe<br />

Amt des Truchsess der Hauptstadt Jolbruck an. Stattet Euch mit dem<br />

Schlüssel der Stadt aus, so Ihr dieses Hohe Amt bekleiden wollt.<br />

Letztlich beendet der Fürst das Zeremoniell mit den Worten:<br />

"Wir, Fürst Leomar von Drachenhain, haben unser Land neu geordnet.<br />

Friede und Eintracht!"<br />

Und die Menschen waren froh, denn sie wähnten die dunklen Zeiten<br />

vorerst für beendet!<br />

Offener Brief von Metabor an das Volk von Drachenhain<br />

Meine lieben ogedischen Brüder und Schwestern; und Ceriden!<br />

In den letzten Xurl und Poena Monden reiste ich durch unsere<br />

Drachenhainer Heimat. So ab und an trifft man die traurigen<br />

Hinterlassenschaften des Krieges. Mein Herz wurde schwer bei all dem<br />

Leid, welches ich bei vielen fand - traurige Verwüstungen in Jolbenstein<br />

und Ar-mut in Luchnar. So viele tapfere Männer, die auf beiden Seiten<br />

ihr Leben verloren. So man-cher Sohn bleibt ungezeugt, so mache<br />

Tochter wird nie geboren. Und obwohl der Krieg vor-bei ist und<br />

Drachenhain einen neuen, gutherzigen Fürsten hat, so liegt doch über<br />

dem Land immer der bitterschwarze Schleier der Trauer und des<br />

Schmerzes.<br />

Anfangs will man es nicht wahrhaben, dass der geliebte Mensch, gute<br />

Freund oder Bekannte nie wieder nach Hause kommen wird, nie wieder<br />

über die Schelle schreitet und einem freundlich begrüßt. Und dann,<br />

nach und nach tauchen immer stärker die Erinnerungen auf. Man trifft<br />

auf das Kissen, auf dem der Tote sich bettete, die Mütze, die er manchmal<br />

trug, das Ale, welches er so gerne trank oder den Stuhl in der Taverne,


10<br />

auf dem er so oft saß. Immer wieder werden wir durch solch kleine<br />

Dinge an den Verstorben erinnert und wollen einfach nicht verstehen,<br />

warum es nie wieder so sein wird.<br />

Doch der Tod ist nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang. Ein aufrechter<br />

Ogede, der sein Leben heliosgerecht geführt hat, für den zieht sich der<br />

tristgraue Regenschleier zurück und Gwon trägt auf leichten Flügeln<br />

seine leuchtende Seele zu dem feien Tiefen des Firma-ments. Dort, an Helios<br />

Seite, wird er zu einem klaren und hellen Stern, der uns in den Näch-ten<br />

funkelnd leuchtet, um uns in dunklen Zeiten warme Hoffung zu geben<br />

und über uns zu wachen. Und jeden Tag wird er - weit oben am Himmelszelt<br />

- aufs neue Zeuge, wie Helios sich strahlend schön in seiner Göttlichkeit<br />

erhebt, um Poenas Leib mit seinen liebvollen Strahlen zu wärmen. Unter<br />

einem erstrecken sich fruchtbare Wiesen, bunte Wälder, silbern<br />

glitzernde Flüsse, weite Meere, heiße Sanddünen und schneebedeckte<br />

Berge.<br />

Und jene Aufrechten, die im Leben gezwungen waren zum Schwert zu<br />

greifen, die werden nach dem Tod Saarkas Gnade erfahren. Saarka nimmt<br />

sie liebevoll mit ausgebreiteten Ar-men, in ihr weites Reich auf. Dort treffen<br />

sie auf erlauchte Gesellschaft ihrer saakagefälligen Schwertbrüder und<br />

ruhmreiche Ahnen, um mit ihnen und Saarka der ehrenvollen Taten zu<br />

gedenken und zu feiern.<br />

Die Götter spenden uns Trost und Zuversicht. Sie weissagten das Ende des<br />

alten Drachen-hains und gaben die Hoffnung für einen Neubeginn. Unser<br />

weiser und gerechter König, sei-ne allerdurchlauchtigste Majästät<br />

Aximistilius Helos III., gab uns den gutherzigen Leomar als neuen Fürsten,<br />

damit er uns wohlwollend lenke. Nun ist es an dem Adel und Volk von Drachenhain,<br />

unsere Durchlaucht Fürst Leomar darin zu unterstützen. Lasst<br />

die alten Wunden heilen, schüttet die Gräben zu, die das Volk teilten,<br />

verbannt den alten Hass aus euren Her-zen und seid versöhnlich zu<br />

früheren Feinden! Ich weiß, dass es schwer ist und einiges an Zeit<br />

brauchen wird. Jedoch Drachenhain kann nur wieder aufblühen, wenn<br />

Ogenden und Ce-riden sich die Hand zur Versöhnung reichen. Seid<br />

hoffnungsvoll und verurteilt nicht euern Nachbarn wegen seines<br />

Glaubens!<br />

Helios zum Gruße, Metabor, Sohn des Helios<br />

55<br />

Fürst Bartha gewährt Pilgerzug Geleitschutz<br />

Am 24. Tage des 2. Saarkamondes scheinen sich die Ereignisse in Betis zu<br />

überschlagen. Trotz der schlechten Witterung ist zwischen dem Händlerviertel<br />

und der Alten Stadt geschäftiges Treiben. Wagen werden gepackt, Maultiere beruhigt<br />

und es wird um Preise für Proviant gefeilscht. Inzwischen ist bekannt, dass der<br />

Name des resoluten Sprechers und selbsternannten Führers des Pilgerzuges Bruder<br />

Veritius ist. Wie aus sicheren Kreisen zu erfahren war, trafen ein Herold und<br />

zwei Mann berittener Garde des Fürsten von Thal ein. Sie entbaten Bruder<br />

Veritius den Gruß des Fürsten und übergaben ihm ein fürstlich gesiegeltes<br />

Schreiben. Über den Inhalt konnte in Erfahrung gebracht werden, dass Fürst<br />

Bartha von Thal dem Toleranzedikt des Königs in jeder Weise Folge leisten<br />

werde. Darüber hinaus werde sowohl der Herold, als auch die beiden Offiziere<br />

den Pilgerzug begleiten, um im Bedarfsfall bei aufkommenden Streitigkeiten als<br />

schlichtende Instanz zu fungieren.<br />

Tumulte vor den Toren der Stadt<br />

Unerwarteter Widerstand verursachte eine Verzögerung bei der Abreise des<br />

Pilgerzuges. Beim Auszug desselben kam es plötzlich zu Tumulten vor den<br />

Toren der Alten Stadt, als sich den Pilgerern eine Reihe Welzener Soldaten in den<br />

Weg stellten und diese am Weiterziehen hinderten. Zwar waren die Welzener<br />

Soldaten den Pilgerern zahlenmäßig weit unterlegen und hätten sich ohne<br />

Weiteres über die Straßensperre hinwegsetzen können, Bruder Veritius jedoch<br />

hielt seine Glaubensbrüder zur Ruhe an. Er sandte einen seiner Getreuen zum<br />

Palast des Dogen, um diesen um Hilfe zu bitten. Als der ältere Mann zurück<br />

kam, prangte in seinem Gesicht ein geschwollenes Auge. Er berichtete, dass der<br />

Doge ihn ohne weiteres vorgelassen hatte und ihm Gehör geschenkt hätte. Auf<br />

dem Rückweg jedoch habe ihn ein Stein, der aus Richtung der Welzener geflogen<br />

kam, am Auge getroffen. Der Alte wurde sofort verarztet und Bruder Veritius<br />

richtete das Wort an seine Gefolgsleute: "Meine Brüder! Der Doge als ehrenwerter<br />

Mann hat sich unseres Problems angenommen. Noch haben wir Betis nicht<br />

verlassen und schon werden wir mit Repressalien überhäuft. Würde es einen<br />

anderen Weg nach Süden geben, dann würden wir die Nachstellungen des


54<br />

Betiser Tribüne<br />

Betis am 23. Tag des 2. Saarkamondes<br />

Wie jeden Morgen versammelt sich der Pilgerzug in seinem Lager vor den<br />

Toren von Betis zum gemeinsamen Gebet. Die ceridische Gemeinschaft ist<br />

nach der ersten Ankündigung, dass der Pilgerzug Betis verlassen wird, bereits<br />

kleiner geworden. Viele Gläubige haben in den letzten Tagen Betis verlassen,<br />

um sich in Lindfurt niederzulassen. Der fromme Adrian blickt mit seinen<br />

blinden Augen in die Menge und verkündet, dass die Zeit des Aufbruchs<br />

gekommen ist. Noch am heutigen Tage wird er den Zug gen Norden führen.<br />

Die Menge vernimmt seine Worte und nach einem immer lauter werdenden<br />

Raunen entbrennt ein Tumult. Ein Mann mittleren Alters, um den sich eine<br />

Gruppe junger Männer und Frauen schart, erhebt die Stimme. Trotz seiner<br />

einfachen Kutte wirkt er stolz und selbstbewußt. Ein weißmellierter Bart<br />

ziert sein Gesicht und seine dunklen Haare sind von silbernen Strähnen<br />

durchzogen. "Wir werden nicht wieder nach Norden ziehen! Der blinde, alte<br />

Mann scheint den Verstand verloren zu haben! Nach den Monaten der<br />

Unentschlossenheit und Warterei will er uns zum Narren halten. Auch zu<br />

mir hat der Eine gesprochen! In klaren Worten gab er mir zu verstehen, dass<br />

unser Weg nach Süden fortgesetzt werden muss. Nun fordere ich euch auf,<br />

dass alle, die noch bei Verstand sind, mich auf meinem Weg zu begleiten.<br />

Wir werden uns der ogedischen Tyrannei nicht beugen und uns auf das<br />

Toleranzedikt des Königs stützen. Nur Feiglinge gehen vom rechten Weg ab,<br />

nur um Unannehmlichkeiten auszuweichen." Mit einer Gruppe Getreuer verläßt<br />

der Mann den Platz, um seinen Worten Taten folgen zu lassen.<br />

11<br />

Der Einzug des Fürsten Leomar und seiner hohen Gäste<br />

auf der Feste Drachentrutz<br />

Es berichte Oddo, der Drachentrutzer Wachsoldat<br />

Es war Heliostag als wir die Rückreise vom Adelstage zu Gaeltacht, heim<br />

zur Feste antraten. Ein kalter Wind folgte uns auf dem Fuß, doch kamen<br />

wir - da alle zu Pferde waren - gut voran. Zu unserer hochnoblen<br />

Reisegruppe gehörte - abgesehen von uns, der drachenhainer Wachschaft<br />

- seine Durchlaucht, Fürst Leomar, Baron Koldewaiht und die Barden von<br />

Gutzlied. Außerdem die hohen Gäste, seine Erlaucht, Herzog Kaean Raeh<br />

von Dalag Nor, sein Mündel Narija Tinuviel und Graf Lichas Thyrest - seines<br />

Zeichens Reichsritter des Herzogs. Diese drei hatten zudem die Zofe der<br />

Dame und den guten Phillip von der Ehrengarde in ihrer Begleitung.<br />

Wir reisten vom Süden der Provinz Etain über Tairngire und dann immerzu<br />

hinunter ins Tiefland zur Drachentrutz. Die gastfreundlichen Hochländer<br />

gewährten uns stets sauberes Obdach, so dass die Reise recht angenehm<br />

verlief. Alldieweil am Abend zuweilen Gutzlied aufspielte und die hohen<br />

Herren Interessantes zu berichten wussten. So schilderte der Herzog,<br />

der zu Beginn der Reise tief in Gedanken versunken schien, eines Abends<br />

von dem Dilemma in welchem seine Untertanen und er selbst steckt: "Vor<br />

nicht ganz sechs Monden habe ich in Nevenburg, das Land aus dem wir<br />

eigentlich stammen, eine Turney veranstaltet. Auf dieser überbrachte mir<br />

der Großherzog ein Schreiben des Königs in welchem dieser mir mitteilte,<br />

dass er alle Werften und alle Mienen in meinem Lehen unter seine direkte<br />

Verwaltung stellt. Damit entzog er mir die Grundlage, das Lehen nach<br />

seinen Wünschen wieder auszubauen, nach dieser unsäglichen Plage. Wie<br />

dem auch sei, ich versuchte beim König vorzusprechen, doch ich wurde<br />

vor das Reichstribunal gebeten. Dieses machte mir unmissverständlich<br />

klar, dass die Entscheidung des Königs feststand. Ich sah mich daraufhin<br />

nicht mehr im Stande meinen Lehnseid zu erfüllen und bat mich meiner<br />

Ämtern und Titeln zu entheben, unter der Vorrausetzung das Land mit<br />

denen, die mir freiwillig folgen wollen, verlassen zu dürfen, da ich mein<br />

Volk nicht dieser Willkür aussetzen wollte. Das Tribunal willigte ein und<br />

so verließen wir einen Mond später Nevenburg. Mit mir kam mein Freund<br />

Fürst Sebastian von Wellfhen, der genauso wie ich, seiner Titel enthoben


12<br />

wurde. Mit der Flotte im Rücken, machte er sich auf neues Siedlungsland<br />

zu finden. Ich setzte mich bei Aredroque ab, um meine Kontakte in den<br />

Mittellanden spielen zu lassen und für mein Volk Unterstützung zu finden,<br />

denn immerhin sind mir circa 20000 Elfen, Menschen und Zwerge gefolgt.<br />

Und diese zu Versorgen ist wahrlich ein schweres Unterfangen. Das ist<br />

momentan meine Hauptsorge, wobei natürlich die Probleme mit der<br />

Erschließung des neuen Landes weitergehen und es einige Jahre dauern<br />

wird, bis alles so ist wie ich es mir vorstelle. Dabei benötigen wir natürlich<br />

genauso Unterstützung. Zumal wir nicht mehr nur das Volk aus Dalag Nor<br />

sind, sondern sich das Volk der Albmannen uns angeschlossen hat, welches<br />

ein ähnliches Schicksal erleiden musste wie wir. Somit sind insgesamt<br />

70000 Leute auf Wanderschaft. " Er überlegte kurz nickt und meinte<br />

abschließend "Ja, das ist es in aller Kürze und ohne Umschweife. Die ganze<br />

Geschichte würde den Zeitrahmen unserer Reise sprengen, denke ich."<br />

Dabei lächelte er freundlich.<br />

Der Herzog hatte gerade geendet, da ergriff Graf Lichas Thyrest das Wort:<br />

"Nun, trotz Gefahr zu laufen, den Zeitrahmen zu sprengen, ist es mir doch<br />

ein Anliegen auch das Schicksal der Albmannen noch einmal kurz den<br />

werten Ohren der Zuhörerschaft kundzutun:<br />

Es begab sich vor einigen Monden, da das Land von äußerst merkwürdigen<br />

Ereignissen heimgesucht wurde. Diese waren offenbar meist magischer<br />

Natur und wirkten sich in immer stärkerem Maße auf die Lebensqualität<br />

unseres Volkes aus. Um ein Beispiel zu nennen: Der Fluss, die Alb, die eine<br />

der wichtigsten Verkehrsadern im Lande war, verwandelte sich in einen<br />

stinkenden, silbrig grauen Sumpf und alles Gesträuch im gesamten Tale<br />

verdorrte. Die Brunnen hatten kein trinkbares Wasser mehr und die<br />

Menschen verließen in ihrer Not nach und nach die Gegend. So und so<br />

ähnlich lief es in allen Gebieten, die mein Volk bewohnte, ab. Näheres dazu<br />

möchte ich jetzt nicht erzählen, die Magier und Priester können hier<br />

sowieso wesentlich detaillierter Schilderungen liefern. Kurzum, die<br />

Albmannen des Westens luden ihre sieben Sachen und zogen ohne ein Ziel<br />

fort von ihrer Heimat. Graf Ludwest Konrad und meine Wenigkeit nahmen<br />

uns der Koordinierung des Flüchtlingstrecks an und stießen schließlich<br />

auf Herzog Kaen Raeh und beschlossen von nun an gemeinsam weiter zu<br />

ziehen." Baron Koldewaiht von Hautzensteyn lauschte gespannt den<br />

53<br />

Glaubensfreiheit um jeden Preis?<br />

Eine leise Unruhe herrscht unter der Bevölkerung im Westen Thals. Bis in die kleinen<br />

Weiler ist inzwischen die Kunde vom Herannahen des Pilgerzuges gedrungen, der<br />

sich anschickt, seinen Weg nunmehr auf thaler Gebiet fortzusetzen. Wohl bekannt ist<br />

der Erlass des Fürsten Bartha, den Pilgern gemäß des Toleranzediktes freies Geleit<br />

und unbehelligte Passage zu gewähren, doch vor allem bei den streng Gläubigen unter<br />

den Ogeden stößt der Gedanke an ceridische Eiferer auf thaler Grund und Boden auf<br />

Widerstand. Viele sehen den Stand Thals als ein Hort des ogedischen Glaubens<br />

gefährdet, andere fürchten schlicht um ihr Hab und Gut. Argwöhnisch wird jede Regung<br />

der Pilger beobachtet.<br />

Nicht nur in den Reihen der einfachen Bürger regt sich Parteilichkeit, auch adelige<br />

Herren stellen sich auf die verschiedenen Seiten des Konflikts. Manche versuchen gar<br />

nach Kräften, die Einreise der ceridischen Pilger ins Land zu verhindern. Erste Reibereien<br />

zwischen den Glaubensfronten waren bereits zu verzeichnen. Doch rechtfertigt<br />

religiöse Eiferei Gewalt? Wenn keine Mäßigung unter den Parteien erzielt werden<br />

kann, droht früher oder später der Griff zu den Waffen. Die Reise der Pilger zu<br />

Wasser bringt Aufschub. Doch wie lange? Was wird das nächste Ziel der Ceriden<br />

sein?<br />

Und wieviel Intoleranz und Unvernunft auf beiden Seiten müssen überwunden werden,<br />

bis eine friedlichen Lösung des Konfliktes gefunden werden kann?<br />

Hartmut Hansjakob, freier Schreiber in Thal


52<br />

Fürstlicher Thaler<br />

Hofchronist<br />

Aufruhr an der Grenze<br />

Am 10. Tag der III. Saarka bot sich dem Grenzposten an der heligonischen Grenze<br />

von Tolens zum ehemaligen Dracconia ein überraschendes Bild: "Da hatte sich auf<br />

dracconianischer Seite ein kleines Heer gesammelt, das müssen so 60 oder 70 Leute<br />

gewesen sein, vielleicht mehr! Ganz bunt zusammengewürfelt sah die Truppe aus, alle<br />

mit einer blauen Tätowierung eines Marders auf dem Gesicht!" Nachdem sofort nach<br />

der Sichtung Alarm gegeben wurde, stellte sich heraus, dass es sich bei dem vermeintlichen<br />

Feind um eine Gruppe Söldner handelte, zusammengeschlossen aus Resten der<br />

dracconianischen Armee. Die "blauen Marder", wie sie sich nennen, übersandten<br />

einen Boten, der einen Heliosbrief vorweisen konnte. Dieser Heliosbrief stammte aus<br />

talmanischer Feder und bestätigte zweifelsfrei, dass die Söldner als Unterstützung im<br />

Kampf gegen darianer Schmuggler angeheuert worden waren. Für die Zeit ihres<br />

Auftrages, hatten sie die vorrübergehende tlamanische Bürgerschaft erhalten, um unbehelligt<br />

durch <strong>Heligonia</strong> nach Tlamana reisen zu können. Nach Klärung des anfänglichen<br />

Missverständnisses machte sich schnell Erleichterung auf beiden Seiten breit.<br />

"Einen Kampf gegen die hätten wir nicht gewollt, schließlich werden wir nicht dafür<br />

bezahlt!", äußerte sich einer der Söldner. Nach Klärung der Sache mit der tolenser<br />

Obrigkeit wurde eine Eskorte organisiert, "damit sie den direkten Weg nach Tlamana<br />

finden, schließlich kennen sie sich nicht aus hier", wie es von offizieller Seite verlautet<br />

wurde.<br />

13<br />

Ausführungen und wendet sich an Herzog und Graf, als diese geendet<br />

haben:<br />

"Wir haben noch eine Strecke vor uns und somit noch genügend Zeit<br />

auch für nähere Erläuterungen", bemerkt er "Jedoch begreife ich, wenn<br />

ihr die Vergangenheit hinter Euch lassen wollt. Wir in Drachenhain<br />

verstehen dies umso besser, da wir ja selbst eine konfliktreiche Zeit hinter<br />

uns haben. Den Abschluss davon habt ihr in den letzten Tagen mitbekommen<br />

- den politischen Abschluss meine ich. An Wiederaufbau gibt es genug zu<br />

tun; mein Land beispielsweise hat zehn Prozent seiner menschlichen<br />

Bevölkerung verloren. Auf uns alle wartet viel Arbeit. Wenn man nicht<br />

allein steht, geht es einfacher!" Er nickte bekräftigend und fuhr dann<br />

fort: "Aber beantwortet mir eine Frage: Warum ist Graf Ludwest Konrad<br />

abgereist? Er schien etwas... missgestimmt zu sein?" Der Blick des Herzog<br />

wurde kalt, als er nach kurzem Zögern antwortete: "Ihr habt das Gespräch<br />

doch an jenem Abend mitbekommen, Baron Koldewaiht. Später kam er<br />

nochmals zu mir und fing das gleiche Gespräch in anderer Form an.<br />

Daraufhin habe ich Ihn seines Amtes enthoben und ihm seinen Titel<br />

genommen." Der Blick des Herzogs wurde noch härter, als er nach einer<br />

kurzen Pause weitersprach: "Zum einen wollte ich durch die Hinrichtung<br />

seiner Person den Ausklang des Festes nicht stören, zum anderen bin ich<br />

mir der Situation, in der sich unsere Völker momentanen befinden,<br />

bewusst." Dabei blickte er Lichas Thyrest an. "Ich wollte durch eine<br />

Hinrichtung keinen Aufruhr unter dem Volk der Albmannen hervorrufen,<br />

den es mit Sicherheit gegeben hätte, wenn ich einen Ihrer ehemaligen<br />

Anführer hätte Hinrichten lassen. Zudem hat er das Vergehen meiner<br />

Person gegenüber eingesehen und begibt sich auf eine Wanderschaft,<br />

um zum einen über sein Handeln nachzudenken und zum anderen<br />

eventuell seine Ehre und damit auch seine Privilegien, wiederzuerlangen.<br />

Aber wie man in den letzten Tagen sehen konnte, ist es nicht immer das<br />

Beste einen Mann wegen Hochverrates hinzurichten. Manchmal ist es<br />

erforderlich Gnade vor Recht walten zu lassen um ein höheres Ziel zu<br />

erreichen." Dem konnten wir Drachenhainer nur zustimmen.<br />

Die Reisetage verliefen dem Einen sei Dank ereignislos, dennoch merkte<br />

man meinem Fürsten Leomar die wachsende Unruhe an, je näher die<br />

Reisegesellschaft zur Feste vorrückte. Als Ortskundiger, sah ich es als


14<br />

meine Aufgabe an, die hohen Herren aus der Fremde mit den Auskünften<br />

bezüglich meiner Heimat zu unterhalten, bisweilen fand auch der Fürst<br />

und Baron Koldewaiht erklärende Worte.<br />

Der neigte Leser, der nun selbst noch nicht der Feste ansichtig wurde,<br />

der horche auf, denn diesem Bericht sind eben diese Beschreibungen<br />

meiner Heimat angefügt:<br />

So war die Feste auf dem erhabenen Berg für uns Reisende weithin<br />

sichtbar.<br />

"Dies ist der Hortberg", erläuterte ich, "Der Berg selbst, das engere Gebiet<br />

darum, samt den beiden Bergdörfern Kopfbach und Sommerweiden,<br />

werden von je her keinem Vasallen zum Lehen anvertraut, sondern gelten<br />

als Land und Besitz des Herrn von Drachenhain, da es die Unterhaltung<br />

seines Hofes teilweise gewährleistet. Bis 29 A.III gehörten zu diesem Gebiet<br />

noch die sogenannten Antrutzen. Dies fruchtbare Land fügte der alte Fürst<br />

Waldemar aber, zusammen mit dem nördlichen Teil der gefallenen Baronie<br />

Drachenberg, zu einer neuen Baronie zusammen und gab sie seinem<br />

Kanzler Giselher als Lehen - was nach dem Adelstag inzwischen auch<br />

nunmehr Geschichte ist. Da mein Fürst Leomar des Kanzlers Bruder, Ritter<br />

Barnabas, mit den Antrutzen bestallte. Außerdem gehörte einstmals auch<br />

das Bergdorf Aymaren dazu, das Waldemar aber der Baronie Luchnar<br />

übergab." Baron Koldewaiht war als Herr Luchnar imstande noch mehr<br />

dazu zu sagen: "Genauer gesagt, schenkte er es der Familie Hautzensteyn",<br />

präzisierte er. "Für einen Dienst vor einigen Jahren. Von höherer Warte<br />

aus könnte man dieses Geschenk unverdient nennen; von noch höherer<br />

Warte aus allerdings war es sehr wohl verdient, denke ich." Über das bei<br />

den ersten Worten undurchdringliche Gesicht des Barons huschte ein<br />

ganz feines Lächeln. "Aber auch das ist Vergangenheit, die man ruhen lassen<br />

sollte."<br />

"Gut gesprochen, Baron Koldewaiht!" pflichtete der Fürst bei und das Thema<br />

wurde fürderhin nicht mehr angeschnitten.<br />

Als wir so durch das Drachenhainer Land zogen, wurde auch der Herzog<br />

sehr still und nachdenklich. In Gedanken versunken sprach er " Ein<br />

wahrhaft stattlicher Anblick eure Land und eure Feste" auch der Graf schien<br />

dieser Meinung zu sein, denn er bemerkte: "Ja, durchaus... wie ich schon<br />

beim Adelstreffen erwähnte, erinnert es mich in so manchem Detail an<br />

51<br />

- In Yaldering hat sich zusammen mit einer etwa 20-köpfigen Gruppe von<br />

Siedlern aus Ostarien ein ehemaliger Amtmann namens Weigand Bleiland<br />

angesiedelt. Er ist ein feuriger Redner und hat viel zu sagen über die<br />

Diskriminition von Ceriden durch Ogeden. Theopractus, unser Priester,<br />

läßt ihn manchmal predigen wenn er morgens ausschlafen will. Viele<br />

finden das gut, weil Bürger Weigand ein viel besserer Redner ist als<br />

Theopractus. Schade, daß Weigand kein offizieller Bannkreuzlerpriester ist<br />

wie Theopractus.<br />

- Die Grenzpatrouillen haben keinen Ödländer gesehen und sind auch nicht<br />

von den Norrland-Brassachischen Grenzpatrouillen für Ödländer gehalten<br />

worden. Das ist sehr schön für die Nordmarker Grenzpatrouillen.<br />

- Am ersten Tag des Erdmonds (1. Poëna) wurde der sogenannte Poënamorgen<br />

gefeiert. Das war halt wie immer. Man steht früh auf, geht zu einer Anhöhe,<br />

macht ein Feuer und verehrt die ganzen ogedischen Götter. Es mag<br />

verwunderlich sein, daß die ceridischen Nordmarker so etwas tun, aber es<br />

ist eben eine Tradition und ein schönes Fest und die Kinder mögen es.<br />

Soweit die Haukegerichter Tribüne. Ich freue mich schon auf die nächste<br />

Ausgabe.<br />

Lutzi Wagenmeister, Neffe von Galbart Wagenmeister


50<br />

Bürger des Monats<br />

Zum ersten Bürger des Monats wird Hauke Honighaar gewählt. Hauke ist<br />

unglücklicherweise tot. Er hat mit seiner Räuberbande einen Maultierzug<br />

überfallen und ist im Saatmond des Jahres 92 n. d. E. im Paltram ersäuft<br />

worden, weil man ihn erwischt hat. Hauke war dafür bekannt, daß er<br />

immer sehr schöne blonde und lockige Haare hatte. Aber das hat ihm auch<br />

nichts geholfen. Jedenfalls ist unser Dorf nach ihm benannt - genauer gesagt<br />

nach dem Gericht über ihn. Der Bürger des Monats im nächsten Monat wird<br />

Baron Jareck vom Jolberg sein.<br />

Stadtgeschehen<br />

Leider gibt es hier gar keine Stadt. Die nächste Stadt wäre Yaldering, aber um<br />

dort hinzukommen muß man das Kallerfeld überqueren und das geht (wenn<br />

überhaupt) nur dann wenn gerade einmal besseres Wetter ist als sonst<br />

immer oder vor allem jetzt, wo so viel Schnee liegt.<br />

Im ersten Xurl soll sich Yaldering gar Folgendes zugetragen haben:<br />

- Orell Trunhag, der Browden von Hag Malderpot, soll nach einem amtlichen<br />

Treffen in Yaldering dermaßen betrunken gewesen sein, daß er sich auf<br />

dem Heimweg an einem Mädchen vergehen wollte. Weil das Mädchen aber<br />

damit nicht einverstanden war und sowieso außerhalb der Stadt<br />

vorschriftsmäßig bewaffnet war hat sie ihm mit der flachen Seite ihres<br />

Schwertes dermaßen auf die Nase gehauen, daß sie jetzt ganz krumm ist<br />

(die Nase). Leider kann Orell sich an den Vorfall nicht erinnern. Das Mädchen<br />

aber schon.<br />

- Die herzöglichen Soldaten in der Kaserne sind ausgewechselt worden. Wie<br />

immer hat das dazu geführt, daß für eine Weile weniger Weingeiststeuern<br />

eingenommen wurden (die werden auf alles erhoben was einem betrunken<br />

machen kann). Mittlerweile sind aber die langen Saarkaabende da und die<br />

Lage in Yaldering dürfte sich inzwischen normalisiert haben.<br />

15<br />

die alte Heimat..." Der Blick des Fürsten verlor sich indes in der Ferne, als<br />

er offenbarte: "Mir wiederfuhr einstmals, dass ich für die Dauer von zehn<br />

Jahren fern dieser wundervollen Heimat bleiben musste. Ein Hexenfluch,<br />

Ihr versteht? Diese Wanderjahre waren Lehrjahre für mich geworden.<br />

Trotz des schweren Heimwehs, möchte ich sie heute nicht missen!"<br />

Und so zogen wir für einige Stunden einträchtig schweigend weiter, der<br />

Feste entgegen. Bis seine Durchlaucht auf eine Frage hin, das politische<br />

Gefüge des Fürstentums darlegte: "Wenn man sich die politische Karte<br />

des Fürstentums anschaut, stellt man schnell die geografische Eigenheit<br />

des Angrenzens von sechs Baronien an die Drachentrutz fest - selbst wenn<br />

dies nur mit schmalstem Korridor erreicht wurde. Es heißt, diese Idee<br />

gehe auf Graf Ardan, den Starken, zurück, der es geliebt habe vor anderen<br />

Mitgliedern des heligonischen Hochadels mit Fug und Recht zu behaupten,<br />

er sei am Morgen schon vor dem Frühstück durch ein halbes Dutzend<br />

seiner Lehen geritten. Böse Zungen behaupten hingegen, der Graf habe<br />

es seinen anliegenden Vasallen ermöglichen wollen, vom Nachbarn<br />

unbemerkt zur Feste und somit zum Lehnsherrn zu gelangen." Hierauf<br />

lachten wir heiter.<br />

Bald darauf bewegten wir uns von Norden her auf die Feste zu und<br />

passierten somit den sichelförmigen Mondsee. Ich wies auf die nun<br />

sichtbaren Verkehrswege: "Die einspurigen Straßen, die gut ausgebaut<br />

sind und auch rege genutzt werden, vereinigten sich aus allen vier<br />

Himmelsrichtungen kommend, vor dem Haupttor der Wehrmauer im<br />

Süden. Nur die Straße von Nordosten, ebenfalls aus dem Hochland<br />

kommend, verläuft bis auf eine halbe Meile vor der Feste zweispurig." "Die<br />

Aximistiliusstraße, die Hauptstraße von der Drachentrutz zur<br />

heligonischen Hauptstadt Escandra", erläuterte Koldewaiht von<br />

Hautzensteyn. "Ihr habt zum Gutteil dazu beigetragen, dass sie durch<br />

Luchnar führt, Fürst Leomar." Seine Durchlaucht lächelte grimmig: "Doch<br />

endet die Straße wie gehört eine halbe Meile vor der Feste. Meinem Vater<br />

wurde beim Gedanken an die Menschenmassen und der potentiellen<br />

Gefahr ganz bang. Auch diese Sache wird neu zu überdenken sein!" sagte<br />

der Fürst mehr zu sich selbst.<br />

Wir ritten halb um den Hortberg herum, bevor wir vor dem besagten<br />

Haupttor, dem Drachenfang genannt, zum Stehen kamen. Fürst Leomar


16<br />

verlor nun einige Worte zur politische Bedeutung und der Geschichte<br />

der Feste:<br />

"Die Drachentrutz ist seit nahezu fünf Jahrhunderten Sitz deren von<br />

Drachenhain. Die Stadt Jolbruck am westlichen Rand des Fürstentums, in<br />

der Baronie Jolbenstein, gilt hingegen als nominelle Hauptstadt des Landes.<br />

Von dort aus werden der Handel und der bescheidene Beamtetenapparat<br />

gelenkt. Während Jolbruck eher den kulturellen, repräsentativen<br />

Mittelpunkt des Fürstentums darstellt, ist indes die Feste Drachentrutz<br />

das Mark des Landes, Ort der politischen Macht. Hier befinden sich auch<br />

die sogenannten Schrifthäuser, wo die "Drachenhainer Rollen" und die<br />

Landeschroniken verwahrt werden. Während sich die Kanzlei seit 30 n.A.III.<br />

in der unweiten Baronie Antrutzen befindet. Das heißt: Noch befindet",<br />

verbessert sich der Fürst vieldeutig.<br />

"Es heißt, nahe der eroberten Drachenhöhle habe mein Vorfahr Halmar<br />

eine Feste erbaut, die er bis zu seinem Tode gehalten und an seine Ahnen<br />

als Sitz weitervererbt hat- die heutige Feste also, in früheren Jahren<br />

Drachenzahn geheißen. Mit den Jahren wuchs die Anlage um den<br />

Drachenzahn herum bis zur heutigen Größe heran. Während eines<br />

heftigen Sturmgewitters wurde im Schreckensjahr 16.n.A.III die Feste<br />

Drachenzahn aber vom Blitze getroffen und brannte bis auf die<br />

Grundmauern nieder. Mein Vater, Waldemar, baute seine Wohnburg wieder<br />

neu auf. Der Name Drachenzahn wurde jedoch nicht mehr fortgeführt,<br />

sondern in Fürstenburg umbenannt, da sehr eng an die Außenanlage<br />

gebaut wurde, wodurch der eigenständige Charakter des Zahns ohnehin<br />

gänzlich verloren gegangen war. Allgemein wird im Volksmund nur von<br />

Der Feste gesprochen. Im Grunde ist dies jedoch irreführend…" und<br />

tatsächlich wunderten sich die fremden Gäste sichtlich, als unterhalb<br />

der Hauptburg und der Gesindeanlagen, dicht an dicht, zusätzlich eine<br />

mittelgroße Stadt angeschmiegt zu erspähen war. Ich fuhr nun mit den<br />

baulichen Ausführungen fort, denn ich war ganz in meinem Element: "Die<br />

vorgelagerte, kreisrunde Wehrmauer, die ihr seht, schützt die<br />

Bevölkerung zu Füßen des Hortberges vor ungebetenen Gästen. Die hellen<br />

Mauern messen bis zum roten Schindeldach, des die gesamten Feste<br />

umlaufenden Wehrganges, ganze zwölf Schritte. Entlang dieser<br />

Schutzmauern verläuft innen ein Postengang. Zusätzlich sind vor der<br />

Wehrmauer breite, guteinsehbare Gräben gezogen. Alle dreißig Schritt<br />

49<br />

In letzter Zeit ist es mit dem Handel nicht so viel gewesen weil es sehr kalt<br />

war und überall viel Schnee herumliegt. Es wären gute Geschäfte mit Brennholz<br />

zu machen, aber leider ist schon alles Brennholz verkauft oder verbrannt<br />

worden.<br />

An den Preisen für Eisen merkt man immer sehr gut, wenn schon seit einer<br />

Weile kein Schiff mehr gekommen ist. Trotzdem ist es schade, daß immer<br />

noch niemand in der Nordmark eine Eisenerzmine gefunden hat. Das wäre<br />

sehr schön. Auch für die Eisenpreise.<br />

Ragnar der Starkbärtige hat vor ein paar Jahren bei einem Raubzug schöne<br />

teure Stoffe erbeutet. Nachdem er und seine Leute von Eodar und den mysteriösen<br />

rotgewandeten Wachleuten aus der Herzogenburg niedergemetzelt worden<br />

sind, sind die schönen Stoffe wahrscheinlich von der einzigen verbliebenen<br />

Nordmarker Räuberbande um Pippin den Schwarzen weiterentwendet worden.<br />

Es ist nämlich so daß Pippin seit einiger Zeit versucht die kostbaren Stoffe<br />

loszuwerden, aber leider kauft sie niemand, weil sie unglücklicherweise sehr<br />

unpraktisch und auch teuer (wenngleich schön) sind.<br />

Was die Nordmarker am liebsten hören<br />

1. Sackpfeifen-Härtwig - "Ich hatte mal ein Pferd"<br />

2. Irgendein Kerl aus dem Süden - "Wir versaufen's!"<br />

3. Die Mädchen vom "Stern von Darian" in Yaldering - "Komm in mein<br />

Badhaus"<br />

4. Emaranseeflottenchor - "Meine Heimat, mein Ostarien"<br />

5. Halfnet - "Das Brazfurter Wiegenlied"<br />

6. Pharind'oor AyBytan - "Die kleine Ballade für den Kartoffelkönig"<br />

7. Ein anonymer Nordmarker Bürger aus Malderpot - "Orell, fahr zur Hölle<br />

heut' nacht!"<br />

8. Der Männergesangsverein der Siedler aus Hohenforingen - "Ja-ja im<br />

Ehlerwald, da bläst der Wind nicht kalt"<br />

9. Wunderkind Bonifazio - "Oh, Du Mein Einer"<br />

10. Tante Märtha - "Wurstsalat"


Haukegerichter Tribüne<br />

48<br />

Gänzlich unparteiische Zeitung Nordostariens<br />

geschrieben von Lutzi Wagenmeister, Neffe von Galbart Wagenmeister<br />

Die schwerverzichtbare Liste des<br />

guten Geschmacks<br />

Was sich schickt<br />

Und was nicht<br />

- Die schwerverzichtbare Liste des guten<br />

- Pippin der Schwarze und seine<br />

Geschmacks in der Betiser Tribüne<br />

Räuberbande<br />

- Ein Sumpfkräuterschnaps nach schweren<br />

- Ein Sumpfkräuterschnaps vor<br />

Mahlzeiten<br />

schweren Mahlzeiten<br />

- Aktionismus gegen diskriministische<br />

- Diskriministische Unterdrückung<br />

Unterdrückung von unbescholtenen<br />

von Ceriden<br />

Ceriden<br />

- Daß Orell Trunhag von den Bürgern<br />

- Wenn Orell Trunhag ein bißchen weniger<br />

in Malderpot mehr Geld will<br />

saufen würde<br />

- Leute aus Norrland-Brassach<br />

- Leute aus Jolberg<br />

- Ohne Messer und Gabel essen, wenn<br />

- Mit Messer und Gabel essen<br />

man sich die Hände nicht gewaschen<br />

hat<br />

Der Handelsprophet<br />

1 Ziege 3 Groschen 2 Kreuzer<br />

2 Ziegen 6 Groschen 4 Kreuzer<br />

3 Ziegen 9 Groschen 6 Kreuzer<br />

4 Ziegen 12 Groschen 8 Kreuzer<br />

17<br />

wird das Rund von hohen Türmen verstärkt, in deren Innern sich entweder<br />

Waffenarsenale befinden, oder den Ärmsten als kostengünstiges Obdache<br />

dienen. Dank der fleißigen "Mauerdienstler", ist nirgends verwitterter<br />

Stein oder wildgewachsenes Kraut in der Mauer zu erkennen, die<br />

Eindringlingen beim schwierigen Aufstieg etwa einen Halt gebieten würde.<br />

Vier Tore gewähren durch die Wehrmauer Einlass. Im Süden das<br />

Drachenfangtor, im Osten das Escandrator, im Westen das Jolborntor und<br />

nördlich das Mondentor. Durch die ersten drei bewehrten Eingänge<br />

gelangt man jeweils über größere und kleinere Zugbrücken, an das<br />

Mondentor schließt sich jedoch keinerlei Brückenübergang an, da es<br />

ohnehin allzeit verschlossen ist." Der Herzog unterbrach hierauf meinen,<br />

nun ja, lebhaften Redefluss: "Darf man erfahren warum es immer<br />

geschlossen ist?" Fürst Leomar beantwortete die Frage an meiner Statt:<br />

"Es ist Tradition solange ich denken kann, ich werde einmal die Alten fragen,<br />

ob dies schon immer so war. Ein guter Hinweis, habt Dank Herzog!"<br />

Ich sprach weiter und deutete auf die bereits von außen unschwer zu<br />

erkennenden vier Höhenstufen auf denen die Drachentrutz erbaut ist.<br />

Mit der Hand zeigte ich auf die unterschiedlichen Unterteilungen, nach<br />

denen sich die Unterburg, Markten, Alttrutz und schließlich die<br />

Fürstenburg ableiten. "Zusätzlich werden manche Stadtteile in jeweils zwei<br />

weitere Viertel unterschieden" ergänzte ich.<br />

Auf dem kreisförmigen, massiven Turm, der das Drachenfangtor darstellt,<br />

erblickten die Gäste hoch oben die drei Steinpfosten, die durch hölzerne<br />

Querbalken miteinander verbunden sind. "Dies stellt den Rabenstein, also<br />

das städtische Hochgericht, dar." An diesem Dreibein aufgeknüpft, drehten<br />

sich zwei, halbvertrocknete Leichen im Wind - den Gerechten zum Trost<br />

und den Bösen zur Warnung. Diesen Anblick nahm der Herzog mit einem<br />

Gesichtsausdruck hin, der mir keine Deutung ermöglichte, selbst seine<br />

undefinierte Kopfbewegung ließ mich im Unklaren.<br />

Als wir uns dem Haupteingang näherten, gab mein Fürst Leomar seinem<br />

Pferd die Sporen und übernahm die Führung unserer Gruppe. Mit lauter<br />

Stimme verkündete der Fürst den wachstehenden Soldaten seinen Namen<br />

und Rang und gebot für sich und seine Gästen mit strenger Stimme Einlass.<br />

Die Wächter, im schwarz-gelben Waffenrock, traten, ohne ein Wort zu<br />

sagen oder eine Miene zu verziehen, beiseite und machten den Weg frei.<br />

Umstehendes, einfaches Volk tuschelte und machte uns ebenfalls Platz.


18<br />

Als wir den Haupteinlass durchritten hatten - über uns die dunklen<br />

Öffnungen der drei, steinerne Pechnasen, die speienden Drachen<br />

nachempfunden sind - befanden wir uns im sogenannten Vorwerk.<br />

Unsicher betrachtete ich den mit Zinnenmauern und zahlreichen<br />

Schießscharten umfassten Hof, dessen Ende ein weiteres, bewachtes Tor<br />

darstellte. Eingang und Ausgang waren mit schweren Fallgittern bewehrt.<br />

Gleich nach Verlassen des Vorwerks - auch hier traten die Wachposten<br />

schweigend zur Seite - kamen wir auf den Beginn der breiten,<br />

gepflasterten Stufenstraße, die gemeinhin nur Herrenstraße genannt<br />

wird. Ich teilte meinen Reisegenossen mit, dass diese gerade durch die<br />

gesamte Feste hindurch, bis hinauf zur Fürstenburg, reicht. Entlang dieser<br />

Straße - die so breit ist, dass vier Pferde bequem nebeneinander vorbei<br />

traben könnten - sahen die ausländischen Gäste anfangs die einfachen<br />

Lehm- und Holzhütten stehen, worin sich die einfachen Bauern, Taglöhner,<br />

das niedere Gesinde und bescheidenen Handwerker niedergelassen haben.<br />

Rosemund, einer der Wachen höheren Geblüts, äußerte sich abfällig über<br />

diese, worauf der Herzog ihn sich vorknöpfte und ihn an die Tugenden<br />

des Ritterstandes gemahnte. Schnell gab ich Wissenswertes zum Besten,<br />

um die peinliche Lage zu überbrücken: "Unterburg ist in zwei Viertel<br />

aufgeteilt, Heustadt und Baerend. Im Augenblick befinden wir uns in<br />

Heustadt. Baerend liegt im Norden und kann nur auf den verschlungenen<br />

Gässchen erreicht werden. Es sei denn, man bringt der Wachschaft des<br />

Mondentores einen wirklich guten Grund vor, warum man das allzeit<br />

verschlossene Tor öffnen sollte..." Die Damen und Herren schauten sich<br />

alles interessiert an und Rosemund hielt fortan seinen vorlauten Mund.<br />

Das Kommen des Fürsten und seiner hohen Gäste, war der Bevölkerung<br />

ganz offensichtlich mitgeteilt worden, denn in engen Reihen säumten<br />

die neugierigen Drachentrutzer die Straße und grüßten uns und ihren<br />

neuen Herrn sehr freundlich. Seine Durchlaucht zeigte sich volksnah;<br />

lächelte, winkte und warf ab und an Münzen in die Menge. Auch die Dame<br />

Tinuviel tat es dem Fürsten, nach einem zustimmenden Nicken des Herzogs,<br />

gleich und die armen Menschen frohlockten. Der Herzog lächelte<br />

daraufhin wieder und nickte dem Volke zu. Nach kurzem, aufsteigendem<br />

Ritt, erreichten wir das runde Areal, um den verschütteten Brunnen, dem<br />

Mittelpunkt Heustadts. Offenbar einem plötzlichen Einfall folgend,<br />

bedeutete Fürst Leomar der Reisegesellschaft zu halten, stieg ab, stellte<br />

47<br />

Die Lotsen gehen von Bord<br />

Ostarien im Jahre 25 n. A. III. Das Herzogtum steht am Rande des<br />

Untergangs. Teemon von Hohenforingen der selbsternannte "Kaiser" hat<br />

fast ein Drittel des Landes in seine Gewalt gebracht und rüstet zum Sturm<br />

auf Ankur. Im Norden droht der Ödling und fällt sowohl in Dunkelstein,<br />

wie auch in der damaligen Baronie Brassach mit einem abertausendköpfigen<br />

Heer ein.<br />

Doch Seine Allerdurchlauchtigste Majestät, unser König, sah, dass ein Fall<br />

Ostariens unweigerlich zum Verderben des Reiches führen musste und<br />

schickte die "Söhne des Lichtes", die Heliosgarde, die schließlich auch den<br />

Sturz Teemons in Angriff nahmen und bewerkstelligten. Zu diesem Zwecke<br />

wurden mehrere Garnisonen am Rande des Herzogtums errichtet, wo eine<br />

große Anzahl von königlichen Soldaten unter dem Kommando von Reichsund<br />

Heliosrittern bereitstanden, um dem Übel, dass da im Gange war Einhalt<br />

zu gebieten und schließlich den Baronien des ehemaligen Teemoraniens den<br />

Rückweg in die Normalität zu weisen.<br />

Doch nun, da all dies vollbracht ist und Ostarien mehr als fünf Jahre lang<br />

bewiesen hat, erneut ein stabiler Pfeiler der Reichssicherheit zu sein, wurden<br />

die innerostarischen Garnisonen in Neuenstein und Jolberg geräumt und<br />

die Befestigungsanlagen den ursprünglichen Herren zurückgegeben.<br />

Zum öffentlichen Termin der Garnisonsauflösung, dem 4. Tag des 1. Poena<br />

diesen Jahres fanden an beiden Standorten Abschiedsfeiern mit dem örtlichen<br />

Adel, sowie den Garden der Baronien statt, mit denen man beinahe acht<br />

Jahre lang auf äußerst erfolgreiche Weise zusammengearbeitet hatte.<br />

Schließlich hatten die Gastgeber auch stets für die Versorgung der<br />

Stützpunkte gesorgt, die mit daran beteiligt gewesen waren, den Frieden<br />

Ostariens wiederherzustellen. Sicherlich entstanden auch zahlreiche<br />

Freundschaften und Verbindungen zwischen Ostariern und Escandrinern.<br />

Mit etwas wehem Herzen wurde also Abschied genommen und auf eine<br />

Zukunft in Frieden und Wohlstand getrunken.


46<br />

Aufbruch ins Ungewisse<br />

Nachdem die Unruhe über die in der letzten Hofgazette geschilderten<br />

Vorgänge im Ankurer Kriegshafen ins unermessliche gestiegen war, können<br />

wir nun endlich eine Entwarnung für all diejenigen geben, die befürchtet<br />

hatten, das Herzogtum Ostarien würde planen mit einer Invasionsflotte<br />

ahnungslose Nachbarn zu überfallen.<br />

Nachdem am 1. Tag des 1. Poena genau drei Schiffe aus dem abgeschirmten<br />

Bereich des Marinestützpunktes ausgelaufen waren und den Brazach abwärts<br />

fuhren, gab das Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Herzöglich-Ostarischen<br />

Marine bekannt, dass es sich hierbei um die "1. Herzöglich-Ostarische<br />

Expeditionsflotille" handele. Diese habe das Ziel weit in die südliche Jolsee<br />

vorzustossen, um unbekannte Ufer zu erreichen, diese zu kartographieren<br />

und für politisch-diplomatische Beziehungen und Handel mit <strong>Heligonia</strong> zu<br />

erschließen. Die Mission ist vorerst für die Dauer eines Jahres angesetzt.<br />

Das Kommando über die Flotille hat Kommodore Xurlsen Kielholer inne, der<br />

für diese Mission gleichfalls die Kriegskogge "Brassach" (Brazachflotte)<br />

befehligt, die als Flaggschiff dient. Als zweites großes Schiff wurde der<br />

Expedition die Kriegskogge "Redon" zugeteilt, die aus der Kolonialflotte<br />

abkommandiert wurde und unter Kapitänin Alfhild Starkarm segelt. Die<br />

"Wellenreiter", ein bewaffnetes Fischreifahrzeug der Jolbornflotte, derzeit<br />

unter dem Kommando von Marinehauptmann Steinhart von Garstfelden<br />

wird als kleineres aber wendiges Schiff die Flotille unterstützen.<br />

An Bord sind neben Offizieren, Seeleuten und Seesoldaten auch einige<br />

Gelehrte, Naturforscher, Hydrographen und Weltenschalenkundler, welche<br />

die geplanten aufwändigen Vermessungs- und Forschungsaufgaben<br />

durchführen sollen, die uns tiefgreifende Erkenntnisse über die Geheimnisse<br />

der südlichen Jolsee ermöglichen sollen. Derzeit läuft die Flotille noch den<br />

Marinestützpunkt auf dem Herzog-Uriel II.-Atoll an, um noch einmal<br />

Proviant und Ausrüstung aufzunehmen, sowie die letzten Briefe an die<br />

Daheimgebliebenen zu verfassen. Danach geht es auf direktem Südkurs<br />

hinein ins Unbekannte.<br />

19<br />

sich auf diesen Brunnen und machte sich daran eine kurze Ansprache zu<br />

halten. Als die einfachen Menschen dies gewahrten, gaben sie sofort Ruhe<br />

und lauschten den Worten:<br />

"Bürger der Drachentrutz. Wir, Fürst Leomar, von seiner<br />

allerdurchlauchtigsten Majestät eingesetzter Herr von Drachenhain,<br />

erheben Anspruch auf die Drachentrutz. Wir werden der Feste und dem<br />

Fürstentum Eintracht und Friede bringen. Als Zeichen hierfür lassen wir<br />

diesen versiegten Brunnen, mit neuem Wasser füllen, zum Gewinn der<br />

Bewohner und der Reisenden durch Unterburg!"<br />

Laut applaudierten daraufhin die Menschen, viele verneigten sich tief oder<br />

stießen einander einfach freudig in die Rippen.<br />

Die Gäste aus Dalag Nor wurden insgesamt etwas misstrauisch, aber nicht<br />

unfreundlich, betrachtet - vor allem diejenigen, die dem Elfenvolke<br />

angehörten und sichtbar spitze Ohren hatten. Man respektierte sie aber<br />

als Gäste des Fürsten und verneigte sich mehr oder minder geschickt. Als<br />

der Fürst zu Ende gesprochen hatte, nickte der Herzog ihm zustimmend<br />

zu. Als wir den Weg fortsetzten schloss er zu ihm auf und meinte: "Gut<br />

gesprochen Fürst, ich denke solch Taten zeigen, dass Ihr es gut mit Eurem<br />

Volk meint. Viele Adlige vergessen wofür wir eigentlich da sind." Dem fügte<br />

der Herzog an "Man scheint unser Volk nicht oft zu sehen, wenn ich mir<br />

die Blicke der Menschen ansehe, oder?"<br />

Worauf der Fürst sogleich erwiderte: "Ja, als Herr werde ich mein Leben<br />

und meinen Fleiß zum Wohle Drachenhains verwenden. Ich stimme Euch<br />

zu, es sollte nicht andersherum sein!" dann sagte er mit einem Lächeln<br />

"Tatsächlich wird es für manche das aller erste Mal sein, dass sie einen<br />

Elfen sehen. Verzeiht ihr neugierige Blicke!"<br />

Danach war meine Kehle von all dem vielen Reden wie ausgedorrt. Also<br />

trank und schwieg ich eine Weile. Ohnehin waren die Herrschaften zu<br />

diesem Zeitpunkt vollauf damit beschäftigt gewesen die zahlreichen<br />

steinernen Kunstwerke der Feste zu betrachten. Egal wohin sie sich<br />

wendeten, überall war der bewegten Geschichte der Feste und dem<br />

Geschlecht der Drachenhainer Rechnung getragen. Auf Giebelfriesen,<br />

Arkadensäulen, Steinkapiteln oder Stadttoren sahen sie kunstvoll und von<br />

Meisterhand gefertigt, Passagen wichtiger historischer Ereignisse<br />

abgebildet.<br />

Auch als wir kurze Zeit später die Unterstadt hinter uns ließen und den


20<br />

Stadtteil Markten (flächenmäßig übrigens der größte der Feste)<br />

erreichten, bedurfte dies keinerlei Hinweise. Denn die Menschen leben<br />

hier buchstäblich etwas gehobener. Zum einen bewegt man sich merkbar<br />

auf dem nächsten Höhenniveau der Feste, zum anderen säumen schmucke<br />

Giebelhäuser im genügsamen Fachwerkstil die Herrenstraße und auch<br />

die Gassen sind nun um einiges breiter gehaltenen. "Hier leben und<br />

arbeiten die etwas wohlhabenderen Bürger der Stadt", setzte ich mit<br />

meinen Auskünften fort "Allesamt Mitglieder der angesehenen<br />

Handwerkszünfte und einfache Händler. In Markten spielt sich buchstäblich<br />

das pulsierende Leben auf der Feste ab. Auf dem Kohlmarkt im Viertel Eichen<br />

und dem Halmarmarkt, im anderen Viertel von Markten, Quaderbruch<br />

geheißen, werden regelmäßig Märkte abgehalten." Flankiert wurden die<br />

Plätze von den stolzen Zunftshäusern, worin sich jede Woche die<br />

Zunftsmeister beratschlagen. "Nicht jedes Handwerk stellt eine eigene<br />

Zunft dar", erklärte ich "die meisten bestehen aus verschiedenen,<br />

zusammengeschlossenen Handwerken. Beispielsweise fallen unter die<br />

Zunft der Bäcker, auch die Müller".<br />

Seine Durchlaucht hielt hierauf den Zug wiederum an, diesmal vor einem<br />

mir wohlbekannten Gasthaus, auf dessen hölzernen Taverneschild "Zum<br />

Goldenen Stechapfel" zu lesen war. Der Fürst stellte sich auf ein leeres,<br />

mannshohes Fass, das offenbar zu Dekorationszwecken diente und hielt<br />

erneut eine Rede:<br />

"Hochgeschätzte Leut von Markten! Wir müssen weder erklären wer Wir<br />

sind, noch was Wir wollen - somit können wir alle uns etwas Zeit sparen.<br />

Sicherlich hat es hier drinnen im Stechapfel am frühen Morgen schon<br />

die Runde gemacht, dass Wir kommen und Unser Amt antreten werden!"<br />

der Fürst deutete lächelnd in die Schankstube, worauf von drinnen zur<br />

Belustigung aller, der folgende besserwisserische Ruf herausdrang: "Nein,<br />

wir wussten gestern schon von Eurem Kommen, Euer Durchlaucht.<br />

Herzlichen Glückwunsch auch zum neuen Amt! Kommt ruhig zu uns, wenn<br />

es Euch einmal danach verlangt zu wissen, was im Escandrischen so vor<br />

sich geht - bevor es im Boten steht…!"<br />

"Auf dieses Angebot werden wir sicherlich zurückkommen, Meister<br />

Stechapfel!" gab der Fürst gut gestimmt zu verstehen. Dann wandte er<br />

sich wieder an die Menge: "Zum nächsten Meisterrat werden wir baldig<br />

kommen. Es wird nicht zu eurem Schaden sein, denn für die Feste stehen<br />

anderen ostarischen Flotten ergeht die Empfehlung, ähnlich zu handeln.<br />

45<br />

Gezeichnet am 12. Tag des Eismondes im Jahre 32 n.A.III.<br />

Hinrich von Harkenberg, Admiral<br />

Kommandant der Kolonialflotte<br />

Neue, erstaunliche Erkenntnisse bei Jolberger Pruzzenfunden<br />

Wie berichtet wurden bei den Ausgrabungen auf der Dombauinsel nicht nur<br />

interessante Keramikfunde gemacht, sondern auch Teile einer Wagendeichsel<br />

entdeckt und rekonstruiert. Nun meldete sich Magistra Findabair, ehemalige<br />

Bardin von Angaheym, bei Ausgrabungsleiter Magister Ansgar Güldentaler<br />

und präsentierte ihm die Skizze eines pruzzischen Streitwagens, dessen<br />

Deichsel erstaunliche Ähnlichkeit mit den Funden aufweist. Die Bardin<br />

erklärte, sie habe bei Nachforschungen in der Bibliothek des Pailat Pergamente<br />

entdeckt, die zum Teil vergessene Utzgolfsagen enthielten. Die<br />

dazugehörigen Illustrationen wären sehr aufschlussreich, was das<br />

Alltagsleben der Pruzzen beträfe, jedoch selten so genau, dass sich<br />

Rekonstruktionen anfertigen ließen. Zusammen mit den Bronzefunden wäre<br />

es nun doch sicher möglich, den Streitwagen nachzubauen.<br />

Der hinzu gerufene Baron Jareck von Jolberg äußerte sich erstaunt über die<br />

Übereinstimmung der Skizzen, war jedoch nicht bereit, die Originalfunde<br />

zu Forschungszwecken an die Universität Marola auszuleihen. Man kam<br />

überein, Abgüsse anzufertigen und in Zusammenarbeit mit einem<br />

Wagenschmied nach der Vorlage aus dem Pailat eine funktionstüchtige<br />

Wagendeichsel anzufertigen. Pferdegeschirr und Aufbauten werden zwar noch<br />

einige Rekonstruktionsversuche nach sich ziehen, doch die Beteiligten sind<br />

sich einig, der interessierten Öffentlichkeit bald einen fahrtüchtigen<br />

pruzzischen Streitwagen präsentieren zu können.


44<br />

Herzögliche Ostarische<br />

Hofgazette<br />

Neue Befehle für die Kolonialflotte<br />

Kaum hatte das erste Versorgungsschiff nach dem Adelstage das Herzog<br />

Uriel II-Atoll erreicht, kam Bewegung in den Marinehafen des Stützpunktes.<br />

Denn schon am nächsten Morgen mit der Flut liefen 2 kleinere Schiffe aus,<br />

um die Patrouillenfahrer vor der Jolbornmündung und der Insel Yagibur zu<br />

erreichen. Im Gepäck war neben den üblichen Fässern mit Kraut und<br />

Salzfleisch, Trockenerbsen und Trinkwasser nichts ungewöhnliches. Auch<br />

die neuen Befehle und der aktuelle Heliosbote für die Kapitäne wären an<br />

und für sich nichts besonderes. Einer davon erstreckte sich allerdings nicht<br />

auf die üblichen ostarischen Angelegenheiten und sorgte auch im<br />

Offizierscasino des Stützpunktes für einige Diskussionen. Denn dort stand<br />

am Anschlagbrett folgendes zu lesen.<br />

An die Kapitäne und Befehlshabenden Offiziere der Kolonialflotte<br />

Hiermit ergeht bis auf Widerruf folgender Befehl:<br />

Die Schiffe und Seefahrer des Reiches und Volkes von Dalag Nor sind als<br />

freundlich gesinnte Seemacht anzusehen. Von verstärkten Kontrollen, wie<br />

bei fremden oder feindlich gesinnten Seefahrern ist abzusehen. Schiffe unter<br />

der Flagge Dalag Nors werden als ehrbar betrachtet und sind mit dem<br />

gebührenden Respekt zu behandeln. Kaperbriefe, die wider die Piraten der<br />

Jolsee ausgestellt wurden, gelten ausdrücklich nicht wider die Schiffe Dalag<br />

Nors. Des Weiteren wird den Schiffen in von der Kolonialflotte kontrollierten<br />

Häfen der Jolsee Liegerecht eingeräumt, soweit dieses aus logistischen<br />

Gründen möglich ist und die Formalitäten eingehalten werden. Der Handel<br />

mit den genannten Schiffen unterliegt den üblichen Regularien. An die<br />

21<br />

wichtige Neuerungen an!" und mit den Worten "Auf die Feste, auf gute<br />

Geschäfte!" was vielstimmig wiederholt wurde, setzte der Fürst seinen<br />

Weg fort. Die meisten Bürger widmeten sich bereits wieder ihren<br />

Geschäften, da wandte sich Fürst Leomar mit einem Mal nochmals um,<br />

trabte an den Stand eines Bäckers, warf dem Inhaber einen klimpernden<br />

Lederbeutel zu und gab ihm zu verstehen, all die fein ausgelegte Ware<br />

zum Spitalhof zu schaffen. Außerdem solle er dort allen Leuten den besten<br />

Gruß und Genesungswunsch des Fürsten ausrichten und dass seine<br />

Durchlaucht es in einer Sache tatsächlich wie sein Vater halten wolle,<br />

und zwar alle zwei Monde zum Hof zu kommen um nach dem Rechten zu<br />

sehen und Hilfe zu spenden, wo diese nötig und möglich ist.<br />

Die Gesichter des Herzogs und Grafen hellten sich überrascht auf,<br />

wohlwollend schauten sie zum neuen Herrn von Drachenhain.<br />

Wir bahnten uns jetzt etwas mühsamer unseren Weg weiter den Hortberg<br />

hinauf, viele Menschen wollten nun den Fürsten von der Nähe sehen. Und<br />

so fiel ich etwas ab, vertraute aber darauf, dass die Gäste anhand der sich<br />

stetig verbessernden Qualität der Gebäude rings um sich gewahrten, dass<br />

man den nächsten Stadtteil, mit Namen Alttrutz, erreicht hatte. Auf den<br />

Baustoff Holz war hier mehr und mehr verzichtet worden. Zuletzt glichen<br />

die Häusern entlang der Herrenstraße, kleinen Schlössern. Wieder zurück<br />

bei den anderen deutete ich auf die alten Mauerreste "Umgeben von der<br />

Alten Wehrmauer, an die Ihr geschickt Häuser und Hallen angefügt seht,<br />

residieren die Mitglieder der reichen Händlergilden und die<br />

wohlhabenden Adligen der Drachentrutz. Alttrutz ist der kleinste, aber<br />

auch schönste Stadtteil der Feste." Die Herrenstraße war hier als breite<br />

Eichenallee gehalten, grüne Rasenflächen und Zierbrunnen luden zum<br />

Verweilen ein. In einer langen Reihe knieten nun die Bewohner des<br />

Stadtteils vor Leomar. Der Fürst wiederholte im Sattel sitzend, nochmals<br />

seine Rede vom Adelstag und wies hernach die Menschen an, sich wieder<br />

zu erheben. Hochrufe wurden laut.<br />

"Wahrlich ein prachtvolles Örtchen, das sich in diesen Gemäuern verbirgt"<br />

sprach da der Graf.<br />

Leomar trieb sein Pferd schnell zum Weiterreiten an und kurz darauf<br />

hatten wir den letzten Stadtteil und die höchste Ebene der Feste<br />

Drachentrutz erreicht: "Hier, hoch oben auf der Fürstenburg war von<br />

jeher die Wohnstätte des Fürsten von Drachenhain, seinem Hof und einem


22<br />

Großteil seiner Hausmacht, den Drachentrutzer Rittern - innerhalb der<br />

Feste auch spotthaft Drachentrutzer Stutzer genannt." Gab ich feixend<br />

zu verstehen "Auf den Grundmauern des zerstörten Drachenzahns<br />

aufgebaut, trotzt die Fürstenburg als höchstes Gebäude der gesamten<br />

Feste. Die Anlage ist, wie Ihr seht, in vier Flügel unterteil, vier hohe Türme<br />

ragen in die Höhe - am Westflügel wird allerdings nach wie vor gebaut."<br />

Mit ernster Miene deutete ich dann auf das Gemäuer gegenüber der Burg:<br />

"Auf dieser kleinen Anhöhe seht Ihr das Kloster Richilesruh, das der alte<br />

Fürst Waldemar, als Grabstätte seiner allzu früh verstorbenen Gattin<br />

Richiles im Ankurer Stil erbauen." Als sich unser Zug sodann der<br />

Fürstenburg näherte, eilte plötzlich eine bunte Schar von Dienern, Pagen<br />

und Mägden herbei, um uns vom Pferde zu helfen. Tüchtige Stallburschen<br />

griffen mit kundiger Hand nach Zügeln und führten die Rösser in nahe<br />

Stallungen. Leomar hielt nochmals eine kurze Ansprache, nahm als Fürst<br />

die Feste in Anspruch und forderte zum letzten Mal Einlass. Befremdet<br />

bemerkte ich, dass der Herzog hierbei ein wenig ins Schmunzeln kam,<br />

offenbar gab es diesen Brauch im Elfenreich nicht. Natürlich stellte sich<br />

uns auch hier niemand in den Weg, ganz im Gegenteil waren im Vorfeld<br />

Kohlebecken draußen wie drinnen aufgestellt worden, so war der Weg<br />

zum Ostflügel - wo die Gäste einquartiert wurden, angenehm warm. Ich<br />

begleitete die hohen Damen und Herren noch in diesen sehr gemütlich<br />

eingerichteten Trakt, bevor ich mich von ihnen verabschiedete.<br />

Kachelöfen spendeten dort wohlige Wärme, die Fenster waren mit<br />

Butzenscheiben und Blei verglast, hölzernen Wandvertäfelungen und<br />

kostbaren Wandgobelins schmückten Gänge und Räume. Im sogenannten<br />

Jagdzimmer wurden ihnen wärmende Getränke angeboten und gemütliche<br />

Wohnstuben zugewiesen. Ja, in diesem Teil der Wohnburg wird den Gästen<br />

die Liebe der Drachenhainer zur Jagd überdeutlich, keine Ecke wo nicht<br />

ein Hirschkopf oder ein Wandteppich mit passenden Motiven zu sehen<br />

ist. Selbst die Bestuhlung besteht aus Horn.<br />

Somit hatte ich meine Pflicht getan und die Gesellschaft gesund und an<br />

einem Stücke zur Feste Drachentrutz hergebracht. Ich sah des Herzogs<br />

Gefolge erst wieder, als sie sich aufmachten die Feste zu verlassen. Ob sie<br />

wohl inzwischen ein Land für sich und ihre Untertanen gefunden haben?<br />

Ich wünsche es ihnen jedenfalls sehr!<br />

Für mich erwies sich der Auftrag jedenfalls als Glücksfall. Burgvogt<br />

43<br />

gen Norden fuhren. Rasch ging die Reise an Drachenhain vorbei bis man die Jolborngestade<br />

bei Jolberg erreichte, dort wo in den Landen der Ungläubigen einst Justizianus Benignus,<br />

Abt von St. Cyrius eine Kirche errichtet hatte. Dort war es schließlich, dass der<br />

blinde Seher aufstand und gen’ Westen deutete.<br />

Dieser sprach: “Hier, oh edle Leute aus dem prächtigen Betis, sollt Ihr uns an Land<br />

setzen. Denn es ist der Wille des EINEN, dass uns der Weg nun durch diese<br />

unbekannten Lande führe! Der Segen des EINEN möge auf Euch ruhen, so lebet<br />

denn wohl!“<br />

Und so, nachdem ihnen die Betiser noch allerlei Nahrung und nützliche Dinge mit auf<br />

den Weg gegeben hatten, verließen die Pilger die Schiffe an fremden Gestaden und<br />

zogen gen Norden, fest im Glauben und der Prüfungen harrend, die der EINE ihnen<br />

zugedacht hat.<br />

Bruder Zusmar, Chronist des Pilgerzugs<br />

W<br />

Danksagung Danksagung an an Vincent Vincent Battista Battista Corvese,<br />

Corvese,<br />

Doge Doge von von Betis Betis und und Gönner Gönner der der Ceridischen Ceridischen Kirche<br />

Kirche<br />

erte Gläubige!<br />

Als mich dieser Tage die Nachrichten aus Betis erreichten war mein Herz<br />

mit Sorge und Unruhe erfüllt. Der Eine allein mag wissen, warum sich die<br />

Pilger über ihren weiteren Weg nicht einig sind und nun in verschiedene Richtungen<br />

weiterreisen. Doch die Wege des Einen sind eben unergründlich.<br />

Zwar hat sich der ehrenwerte Fürst Bartha von Thal an das Toleranzedikt unseres<br />

Königs gehalten, jedoch scheint es an der Durchführung noch etwas zu mangeln. Mit<br />

vollem Recht könnten nun die Pilger um Bruder Veritius ihren Weg durch die Baronie<br />

Welzen beschreiten, doch würde dies zu unnötigen Querelen führen, die eine tiefe Spaltung<br />

in der Bevölkerung hervorrufen könnte. Dies ist nicht im Interesse der Ceridischen<br />

Kirche!<br />

Um weiteren Diskrepanzen aus dem Weg zu gehen hat sich der ehrenwerte Doge von<br />

Betis, Vincent Battista Corvese, bereit erklärt ein Schiff aus seinem Privatbesitz<br />

zur Verfügung zu stellen. Dieses soll morgen ablegen und die Pilger ohne weitere<br />

Komplikationen den Jolborn hinab bringen wird, soweit es die Queste verlangt.<br />

Möge der Eine mit euch sein!<br />

Gunara am 15. Tage des Mondes der Besinnung im Jahre 95 n.d.E.<br />

Pacellus, Primus der Cerdischen Kirch


S<br />

42<br />

W E egweiser zur rleuchtung<br />

Der Der Der Zug Zug der der der Einhundert Einhundert<br />

Einhundert<br />

o geschah es aber, als der große Pilgerzug, welcher ausgezogen war, das Tor<br />

der Unschuld zu finden, schon viele Monde in Betis war, daß Bruder Adrian,<br />

ehemals Prior zu Rodi, der blinde Seher, nach langem Gebet aufstand und<br />

den Gläubigen verkündete, dass die Zeit gekommen sei, voranzuschreiten und gen Norden<br />

zu ziehen, denn der EINE in Seiner Weisheit habe ihm den Weg gewiesen.<br />

Da gab es aber unter der Menge Menschen, die waren den Verlockungen der großen<br />

Stadt Lindfurt erlegen, denn gar gastlich war man dort aufgenommen worden. Reichlich<br />

zu essen und zu trinken, sowie neue Kleidung hatte der Baron von Lindfurt den<br />

Pilgern reichen lassen und es gab so manche, die zu jener viel versprechenden Gastlichkeit<br />

zurückkehren wollten. Und so schwand ein Teil des Pilgerzugs dahin und gab sich der<br />

Weltlichkeit hin.<br />

Weiterhin gab es viele, welche die Pracht und die Vielfalt der mächtigen Stadt Betis<br />

nicht mehr missen wollten. Mit viel Ehre hatten Doge und Stadtrat die Pilger<br />

empfangen und es gab sogar einige, die sich wenig fromm von den Vergnügungen hatten<br />

ablenken lassen, welche die Stadt zu bieten hatte. Und so schwand ein weiterer Teil des<br />

Pilgerzugs dahin und gab sich der Weltlichkeit hin.<br />

Nun gab es aber auch einen Mann der voller Argwohn war, der stand auf, redete auf die<br />

Menschen ein und säte in ihnen Zweifel gegenüber der Gabe des Blinden und sein<br />

Name war Bruder Veritius. Diesem folgten all jene, denen das Zweifeln einfacher<br />

schien als der Glaube. Sie gingen nach Süden und mit ihnen schwand ein weiterer Teil<br />

des Pilgerzugs dahin und Bruder Adrian war es besonders arg um diese Menschen,<br />

denn sie waren von allen am wenigsten ihren eigenen Schwächen erlegen.<br />

Und so waren es schließlich nur noch einhundert Gläubige, die unter der Führung des<br />

blinden Sehers Betis verließen. Wieder unter ihnen war auch Richard Godfrey von<br />

Streitberg, der heilige Streiter, welcher zu St. Ankuin vom EINEN zum Schutze<br />

Bruder Adrians auserkoren worden war und zwischenzeitlich in Gaeltacht geweilt hatte,<br />

um dort die Angelegenheiten des Landes neu zu regeln. Unter ihnen waren auch einige<br />

Mannen Richards, die sich ebenfalls dessen Mission verschrieben hatten, sowie zwanzig<br />

Mannen der Heiligen Miliz, welche Seine Heiligkeit dem Adrian mit auf den Weg<br />

gegeben hatte.<br />

Da aber der Doge dem Pilgerzug seine Hilfe zugesagt hatte, denn er war ein großer<br />

Schutzherr der Gläubigen, waren es Schiffe aus Betis, in denen die Einhundert Getreuen<br />

23<br />

Gerdling von Waiberbrunn, lobte mich über die Maßen, nannte mich sogar<br />

"Mein Sohn!" und versetzte mich, auf Geheiß des Fürsten, in den Ostflügel.<br />

Also dorthin, wo die Kachelöfen wohlig warm sind und ich allezeit ein<br />

Dach über dem Kopfe habe.<br />

Gutzlied zu Drachenhainer Hofbarden ernannt<br />

Fürst Leomar von Drachenhain war vom Spiel der bekannten Spielleut<br />

Gutzlied am Adelstag offenbar überaus angetan. Noch während der<br />

alljährlichen Feierlichkeiten bot er den Künstlern eine gut bezahlte Stelle<br />

auf der Feste Drachentrutz an. Begleiter des Fürsten ließen verlautbaren,<br />

seine Durchlaucht habe vor allem an den Hymnen um seinen Urahn Halmar<br />

Gefallen gefunden.<br />

Es berichtet Meister Minhard Balamus, Drachenhainer Hofberichterstatter<br />

Baron Alton heißt Pilger aus Betis Willkommen<br />

es ist soweit. Der Pilgerzug verlässt die Stadt Betis. Nachdem sich der Zug<br />

aber jüngst geteilt hat, und wieder andere nach dem Pilgern durch<br />

Drachenhain Ruhe finden wollen, suchen jetzt diese einen Platz, an dem<br />

sie sich niederlassen können. Ein Teil der Frommen wird in Betis bleiben,<br />

ein nicht unwesentlicher Teil wird aber zurück nach Drachenhain wandern.<br />

Für all diejenigen, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren wollen,<br />

lässt der Lindfurter Hof jetzt eine Nachricht in Betis unter den Pilgern<br />

verkündigen:<br />

"Alle aufrechten Teilnehmern des Pilgerzuges durch die Baronie<br />

Drachenhain, die Bruder Adrian nach Betis gefolgt sind, werden in der<br />

Baronie Lindfurt herzlich willkommen geheißen. Im Nordosten der Stadt<br />

Lindfurt ist bereits eine Fläche ausgewiesen, auf dem die Pilger einen<br />

neuen Stadtteil gründen können. Der Stadtteil wird Randstadt heißen.<br />

Den zukünftigen Bewohnern wird bei dem Bau der Häuser geholfen<br />

werden, auf dass es ein lebender Teil der Stadt werde. Ebenso ist es bei<br />

der Stadt Dreisprung. Das Land der Baronie wird ebenfalls fleißige Ceriden<br />

des Pilgerzugs aufnehmen, soviel es ernähren kann. Ausgenommen für<br />

die ceridischen Pilger der Bereich des Landes um den Finsterwald, in dem<br />

unsere ogedischen Landesbewohner siedeln."


24<br />

Die Schultheiße der Städte Lindfurt, Drispalten und Höhen sind bereits<br />

angewiesen worden. Von dem erhöhten Zuwanderungsstrom der<br />

ehemaligen Pilger, ist auch die Abtei Lindfurt betroffen. Nach Aussage des<br />

Sprechers der Abtei, Bruder Betborn, sind alle Kemenaten überfüllt. Die<br />

Abtei werde bei Drispalten im Norden Lindfurts noch ein kleines Kloster<br />

aufbauen.<br />

Gegeben am 20. Eismond<br />

Sandbard Redeborn, offizieller Schreiber der Baronie<br />

Lindfurter über die Pilger<br />

Brentalia Schenker, Wirtin in der Stadt Lindfurt:<br />

Also ich find das ganz prima vom Hochwohlgeboren, dass er die Pilger<br />

aufnimmt. Die Stadt hat schon immer von Fremden profitiert. Das waren,<br />

als sie nach Betis gezogen sind, alles anständige Leute. Die leben sich hier<br />

schnell ein. Und bis sie ein Dach über dem Kopf haben werden wir<br />

ausgebucht sein.<br />

Karmund Furcher, Pachtbauer bei Drispalten:<br />

Wir Pachtbauern haben keine großen Felder, die wir noch teilen könnten.<br />

Den einen oder anderen Knecht können wir beschäftigen, und natürlich<br />

Taglöhner für die Erntezeit. Das ist zwar eine große Geste und ich selbst<br />

freue mich auf sie, unser Hinterland wird aber nicht viele aufnehmen<br />

können.<br />

Arngot von Hagenrich, Schuldheiß von Lindfurt:<br />

Die Pilger die jetzt über den Brazach kommen, bleiben vermutlich nicht<br />

alle in der Baronie. Einige werden bestimmt nach Hause zurückkehren.<br />

Auf diejenigen, die in unserer Stadt verbleibenden, freue ich mich<br />

außerordentlich. Mit den fleißigen Händen dieser Menschen wird ein<br />

lebendiger Stadtteil entstehen. Die Pilger, die aus ganz Drachenhain kamen,<br />

werden sich bald hier einleben.<br />

Joldrig Stegbauer, Sprecher der Ogedendörfer:<br />

Bisher leben wir in unserer Baronie mit den ceridischen Nachbarn in<br />

Eintracht. Beim Pilgerzug haben wir fanatische Gläubige gesehen, von<br />

denen bestimmt einige hier siedeln werden. Eine ceridische OFH können<br />

41<br />

gegenseitig im Arme, als mit scharfen Messern das mit groben Stichen<br />

zugeschnürte Leinen aufgeschnitten wurde. Ein einziger, vielstimmiger<br />

Laut des Entsetzens entfuhr den Menschen, als das Licht Helios offenbarte,<br />

was Menschen im Stande sind einander anzutun: Den Mördern hatte es<br />

offenbar nicht ausgereicht ihr Opfer zu töten, der nackten Leiche war<br />

auch noch mit feinen Stichen anstatt des eigenen, der abgetrennte Kopf<br />

eines Hundes, aufgesetzt worden. Dem noch immer nicht genug, hingen<br />

an den schwarzen Armstümpfen, jeweils eine große Pfote. Die meisten<br />

wendeten sich entsetzt ab, andere hielten sich die Augen zu. Der Fürst<br />

und Männer der Wachschaft fassten sich indessen ein Herz und<br />

begutachteten den Ermordeten näher. Die Identität des männlichen Toten<br />

konnte ob der Verstümmelungen nicht geklärt werden. Sein Alter wurde<br />

auf etwa dreißig Sommer geschätzt. Als dies soweit geschehen war,<br />

ordnete der Fürst mit lauter, aber bebender Stimme die Lage:<br />

"Bewohner der Drachentrutz. Heut ist ein großes Verbrechen geschehen.<br />

Nicht allein vor den Menschen, nein, auch vor den Vier. Denn Xurls Wasser<br />

ist durch Mord verunreinigt worden! Welchen Zweck diese Untat haben<br />

sollte, liegt auf der Hand. Unfriede soll geschaffen und Angst geschürt<br />

werden. Wir werden dem aber mitnichten tatenlos zusehen und die<br />

Ordnung nicht in die Hand der Bösen geben!"<br />

Dann wies seine Durchlaucht diejenigen an, die von diesem Wasser<br />

getrunken hatten, sich zur näheren Untersuchung und Überwachung<br />

sofort ins Spital bringen zu lassen. Die Leiche wurde zur Sicherstellung<br />

und weiteren Analyse in die nächste Wachstube geschafft. Als die Menschen<br />

immer noch wie fassungslos auf ihren neuen, geschändeten Brunnen<br />

starrten, ergriff der Fürst erneut, aber deutlich energischer, das Wort:<br />

"So wahr Wir hier stehen: Der Frevel wird gerächt werden und es wird in<br />

Heustadt einen Brunnen geben. Nicht hier und heut, aber bald! Bei meinen<br />

Ahnen, wir lassen uns nicht einschüchtern!"<br />

Hierauf nickten die Menschen zustimmend und verließen nach und nach<br />

den Schauplatz. Zu leidenschaftlicherer Bekundung fehlte ihnen allerdings<br />

ob des Schreckens die Kraft und der Mut.<br />

Helios gebe, dass diese Untat bald aufgeklärt und gesühnt wird. Solcherart<br />

Frevel hat es auf der Feste noch nie gegeben!<br />

Es berichtet Meister Minhard Balamus, Drachenhainer Hofberichterstatter


40<br />

Worte auf die beiden frisch Verlobten. Er verglich die Liebe zwischen den<br />

beiden, mit der innigen Freundschaft zu Betis, die an diesem Tag ebenfalls<br />

besiegelt wurde. Und schloss mit den Worten, "Diese Verlobung lässt den<br />

Brazach zwischen Betis und Lindfurt eng werden. Wir lassen unsere Euna<br />

nicht in die Ferne ziehen, sondern gewinnen einen sehr guten Freund als<br />

Verwandten. Es lebe das junge Paar!" Mit vielfachen "Vivat"-Rufen ließ die<br />

Lindfurt das Paar hoch leben. Anschließend wohnte die Festgesellschaft<br />

noch den bekannten Spielleuten GutzLied bei, und zogen sich danach in<br />

den Lindfurter Hof zurück.<br />

Vincent Battista Corvese, dessen Familie und die Betiser Gäste verließen<br />

am nächsten Tag mit ihrem Schiff wieder den Hafen von Lindfurt, um im<br />

Frühsommer wieder zu kommen. Als Hochzeitstermin, so heißt es, sei der<br />

15. Tag des Wonnemondes vorgesehen.<br />

Sandbard Redeborn, Schreiber der Baronie Lindfurt.<br />

Der Tote im Brunnen<br />

Der 15. Tag des III. Saarka hatte eigentlich ein Tag der großen Feierlichkeit<br />

und des Lustigseins werden sollen. Fürst und Untertanen waren festlich<br />

gekleidet, Kränze aus bunten Trockenblumen zierten die Fenster und<br />

Dachgiebel der Heustadt. Denn man wollte feierlich die Einweihung des<br />

neuen Brunnens begehen, welchen seine Durchlaucht nach seinem Einzug<br />

hatte Wiedererrichten lassen. Anstatt der Wonne und der Freude fuhr<br />

aber lähmendes Entsetzen durch die Menschen der Feste Drachentrutz.<br />

Es begann damit, dass die erste Kostprobe aus dem Brunnen recht seltsam<br />

schmeckte - metallisch, faul und vollkommen ungenießbar. Ein genauer<br />

Blick in die Tiefe, ließ einen Gegenstand im Wasser erahnen. Eifriger<br />

Jünglinge kletterten hierauf in den dunklen Schacht und wurden im trüben<br />

Nass fündig. Diejenigen, die vom Wasser getrunken hatten, erbrachen sich<br />

an Ort und Stelle, als die Schreckensrufe der Jungen vom Fund einer<br />

menschlichen Leiche in einem Leinensack kündeten. Es dauerte eine gute<br />

Weile bis der Leichnam mit vereinten Kräften an die Oberfläche geschafft<br />

werden konnte. Inzwischen hatte sich der runde Platz mit Menschen von<br />

überall her gefüllt. Gebannt starrten die Bewohner der Feste auf den<br />

triefenden Sack, an dem sich die Konturen eines leblosen Körpers<br />

abzeichneten. Alle standen dicht beieinander, manche hielten sich<br />

25<br />

wir in Lindfurt nicht gebrauchen. Ich denke aber nicht, dass der Baron<br />

sich von dem beeinflussen lässt. Auf dem Marktplatz von Drispalten werden<br />

wir sehen, was für Menschen wir als Nachbarn aufnehmen. Danken möchte<br />

ich Baron Alton von Fichtenhau, dass er in den ogedischen Baronie-Teilen<br />

ein Siedlungsverbot verhängt hat.<br />

Prinzessin Syria Jaldis schwört Bruder und Fürsten<br />

in Tatzelfels Vasalleneid<br />

Wenige Tage nach seinem erfolgreichen Einzug auf der Feste Drachentrutz,<br />

ritt seine Durchlaucht in kleinem Trosse gen Tatzelfels, wo er von seiner<br />

Schwester, der Baronin des Landes, in hohen Ehren und sehr freundlich<br />

empfangen wurde. Auch die Ritterschaft vom Weißen See stand einträchtig<br />

Spalier, als ihr ehemaliger Baron durch die engen Tore der Burg Tatzelfels<br />

trabte.<br />

Am Abend fand im großen Saal eine öffentliche Feier statt. Anlass sollte<br />

die Erneuerung des Vasallenschwures der Prinzessin als Baronin von<br />

Tatzelfels sein, denn ihre Hochgeboren war am heligonischen Adelstag<br />

verhindert gewesen.<br />

So kam es für den Fürsten, der seit Jahren nicht mehr in die Baronie geweilt<br />

hatte, zu manch freudigem Wiedersehen alter Weggefährten. Selbst der<br />

alte Hofarchivar Jeremias verließ für einige Stunden seinen dunklen<br />

Keller und gesellte sich zu den anderen Mitgliedern des Haushaltes der<br />

Burg - natürlich angeführt vom Major Domus, Jacque de Sedomee. Der<br />

Fürst grüßte alle mit Namen und fand für einen jeden freundliche Worte.<br />

Höhepunkt des Abends sollte allerdings der feierliche Schwur des<br />

Vasalleneides von Prinzessin Syria Jaldis sein. Zuvor wurde noch reichlich<br />

und gut aufgetragen, der allseits bekannte Tatzelfelser Honigmeth floss<br />

in Strömen und die Geschwister unterhielten sich angeregt am Kopf der<br />

Tafel.<br />

Um Mitternacht trafen Bruder und Schwester letztlich in der Mitte des<br />

Saales zusammen und der Fürst trug die Eidesformel vor, welche die alte<br />

und auch künftige Herrin von Tatzelfels auf Knien wiederholte und ihrem<br />

Bruder letztlich würdevoll die Treue schwor. Im nun einsetzenden Jubel


26<br />

der Menge, hob Fürst Leomar Prinzessin Syria Jaldis auf und umarmte<br />

sie lang und herzlich.<br />

Barden vollführten von nun an ihre hohe Kunst und die rege Festlichkeit<br />

wogte noch bis zum Morgengrauen.<br />

Seine Durchlaucht blieb noch für zwei weitere Tage in Tatzelfels und<br />

bereiste gemeinsam mit seiner Schwester die einzelnen, ihm<br />

wohlbekannten Vogteien. Letztlich kam es in Beridheim nochmals zu<br />

einem offiziellen Festakt. Schultheiß Regisbart Brasstorin ließ es sich<br />

nicht nehmen, Fürst Leomar all die Neuerungen in der Stadt persönlich<br />

und zu Fuß zu zeigen, wonach dieser sichtlich ermüdet, die Heimreise<br />

zur Feste Drachentrutz antrat.<br />

Drachenhainer Hofchronist, Meister Schillwunk Radeweyd<br />

Streit zwischen Vogt und Baron<br />

Nach der Rückkehr von Baron Koldewaiht von Hautzensteyn von der<br />

Feste Drachentrutz nach Luchnar wartete bereits ein Gast auf ihn. Die<br />

Kunde, dass die meisten Barone Drachenhains wie erwartet ihre Ämter<br />

behalten hatten, verbreitete sich rasch. So fand der Baron auf der<br />

Drachentrutz Vogt Eylhardt von Esclarmond vor. Der Vogt erinnerte<br />

seinen Herren daran, dass er die 150 Mann des ehemaligen Fürsten<br />

Waldemar gegen dessen Schergen eingesetzt hatte, um das Land vor<br />

ärgerem Schaden zu bewahren. Dafür war ihm versprochen worden,<br />

einige der alten Privilegien zurückzugewinnen, eingeschlossen<br />

möglichen Landbesitz. Der Baron empfing den Vogt freundlich und<br />

eröffnete ihm, dass eine Einigung nur mit den luchnischen Clans<br />

erfolgen könne. Er schlug auch bereits einen Termin vor. Vogt Eylhardt<br />

lehnte dies wütend ab. In einer Baronie entscheide der Baron und nicht<br />

irgendwelche Untergebenen, was der Baron mit den Worten konterte,<br />

dass somit auch Eylhardt nicht zu entscheiden habe. Vogt Eylhardt<br />

pochte darauf, dass das Wort des Barons ihm gegenüber ja wohl zu<br />

gelten habe. Der Baron nannte ihm erneut den Gesprächstermin und<br />

das Gespräch drehte sich im Kreis, bis der Vogt wütend die Feste verließ.<br />

39<br />

Verlobung Euna von Fichtenhau mit Vincent Battista<br />

Corvese, Doge von Betis<br />

Am strahlend schönen Gessiustag, den 5. Saatmond, verlobten sich der<br />

Doge von Betis und die Nichte Altons von Fichtenhau, Baron von Lindfurt.<br />

Zugegen waren die Familie Corvese und die Lindfurter Familie des Barons<br />

Alton und seiner Frau Anwara von Hagenrich. Den offiziellen Antrag machte<br />

Vincent Battista Corvese Euna von Fichtenhau auf dem neuen Betiser<br />

Fährschiff "Orchidee". Dieser symbolische Ort wurde gewählt, um die<br />

Verbindung zwischen der Freien Reichsstadt Betis und der Hauptstadt der<br />

Baronie Lindfurts zu unterstreichen.<br />

Das Schiff wiegte sich sanft auf den Wogen, während Vincent Battista<br />

Corvese vor seiner Herzensdame niederkniete. Als sein Knie den edlen<br />

mit Intarsien besetzten Schiffsboden berührte, fragte er entschlossen:<br />

"Euna von Fichtenhau, wollt Ihr meine Frau werden?" Die sichtlich<br />

gerührte Euna von Fichtenhau fasste sich mit den Händen ans Herz und<br />

flüsterte ein liebevolles "Ja, Vincent Battista, ich will Eure angetraute Frau<br />

werden". Der Doge erhob sich, wendete sich an den Baron von Lindfurt<br />

und fragte diesen "Alton von Fichtenhau, ich Vincent Battista Corvese bitte<br />

um die Hand Eurer Nichte und Mündel Euna. Gebt Ihr mir Euer<br />

Einverständnis?" "Herzlich gerne, teurer Freund, ich wüsste keinen, den<br />

ich nicht lieber an ihrer Seite hätte." Jubel brach aus bei den Festgästen<br />

auf der "Orchidee" und allen Anwesenden auf den vielen Booten, die sich<br />

um das Betiser Fährschiff scharten. Anschließend nahmen die Schiffe Kurs<br />

auf Betis. Als das frisch verlobte Paar den Landungssteg am Vormittag<br />

betrat, wurde es mit Jubel überschüttet. Die Betiser konnten ihre<br />

Begeisterung für ihren geliebten Dogen und seine frisch Verlobte Euna<br />

nicht bremsen.<br />

Am Nachmittag schiffte das Verlobungspaar und deren Familien im Hafen<br />

der Neustadt in Lindfurt ein. Endlich bekamen die Bewohner der Baronie<br />

und insbesondere der Stadt Lindfurt, die Möglichkeit Euna von Fichtenhau<br />

und den Dogen von Betis, Vincent Battista Corvese zu beglückwünschen.<br />

In die Stadt waren eigens Theatergruppen und Akrobaten gekommen, und<br />

traten auf Bühnen in der Altstadt vor dem Rathaus und in der Neustadt<br />

auf dem Domplatz auf.<br />

Bei einer Rede an das Volk sprach Baron Alton von Fichtenhau freudige


38<br />

der Neustadt das Liebespaar Darbietungen einer Theatergruppe beiwohnte.<br />

Während des Stückes, welches die unzertrennliche und reine Liebe eines<br />

edlen Mannes mit einer lieblichen Frau zeigte, rührte viele Damen zu<br />

Tränen. Auch Eunas Wangen waren feucht vor Tränen der Rührung,<br />

während die neben dem neuen Liebespaar sitzenden Anwara von<br />

Fichtenhau und Baron Alton sich innig die Hand drückten. Haben sie an die<br />

schwierige Zeit der Aufhebung ihrer Ehe durch den Primus gedacht, und<br />

wie dann doch noch alles durch diese feste Liebe gut wurde?<br />

Nach der Vorstellung brach begeisterter Beifall aus, der durch lautes<br />

Schluchzen der Damen begleitet wurde. Der Baron trat anschließend auf<br />

die Bühne und sprach freudige Worte auf die beiden Verlobten, Vincent<br />

Battista Corvese und Euna von Fichtenhau. Anschließend ließ er sich<br />

nicht die Ehre nehmen, die nächsten Künstler selbst anzukündigen. Es<br />

wurde ganz still auf dem Domplatz als die Musikanten der Gruppe GutzLied<br />

auf die Bühne traten. Bei ihren berühmten Liedern "Halmar" und "Betis" -<br />

einem Lied über die Perle am Brazachdelta -, warf das Publikum ihnen<br />

Blumensträuße auf die Bühne. Als sie ein für Euna gedichtetes Lied<br />

beendeten, war das Publikum so gerührt, dass es niemand wagte, die Stille<br />

zu brechen. Die Musikanten verstanden es meisterlich, den wahren<br />

Charakter Eunas in liebliche Liedzeilen zu verwandeln. Euna wedelte<br />

sichtlich beschämt mit dem Fächer, während der Doge stolz auf seine<br />

"liebliche Rose" blickte. Zur Dämmerung machten die frisch Verlobten noch<br />

einen kurzen Rundgang in die Lindfurt Altstadt, bei dem sie sich den<br />

einfacheren Bürgern der Stadt zeigten. Anschließend zog sich die<br />

Festgesellschaft in den Lindfurter Hof zur Feier in kleinem Kreis zurück.<br />

Kielbert Minzer,<br />

Schreiber des Stadtgeschehen<br />

¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦¦<br />

Und wenn die Welt gleich untergeht- ich trink Tatzelfelser Honigmet!<br />

An was denkt der Priester beim Gebet? - an Tatzelfelser Honigmet!<br />

Tatzelfelser Honigmet, damit die Reise schneller geht!<br />

Wenn dein "Geselle" nicht mehr steht - Trink Tatzelfelser Honigmet!<br />

Tatzelfelser Honigmet - Täratätät! Tärätätät!<br />

27<br />

Wissenschaftlicher Konvent in Betis<br />

Am ersten Tag des Mondes der Besinnung, beziehungsweise des 3.<br />

Saarka, wurde der Konvent "Betis und Lindfurt - Perspektiven einer<br />

gemeinsamen Zukunft am Brazach" eröffnet. Zu ihm hat der Verein zur<br />

Förderung der Betis-Lindfurter-Kooperation geladen. Ziel ist, die<br />

Interessen beider großen Städte am Brazachdelta abzustimmen. Hierzu<br />

waren alle wichtigen Vertreter des Adels, des Handels und der Zünfte<br />

gekommen. Die Auftaktveranstaltung begann mit den Reden der<br />

Obmänner der Lindfurter und der Betiser Sektion des Vereins, Ratgut<br />

Versatzender und Alberto Ardegna. Während der Obmann Versatzender<br />

besonders auf Gemeinsamkeiten der Vergangenheit und Zukunft der<br />

Hafenstädte einging, betonte Conciliere Ardegna die Gemeinsamkeiten<br />

einer wirtschaftlichen Allianz. Neben dem Konvent wurden<br />

Arbeitskreise auf beiden Seiten des Brazachs veranstaltet. Die Themen<br />

"Handelswege und Handelsnetze", "Siedlungsbeginn und deren Spuren<br />

am Brazachdelta", "Gleichgestaltung des Ausbildungs- und<br />

Zunftwesens", sowie "Handelsfaktor Hinterland". Nachdem schnell klar<br />

wurde dass die Themen "Handelswege" sowie "Siedlungsbeginn und<br />

deren Spuren" nur angerissen werden konnten, wurden für diese<br />

beiden Bereiche langfristige Forschungsgruppen geschaffen. Die<br />

Veranstalter erhoffen sich gerade für das Thema "Siedlungsbeginn und<br />

deren Spuren am Brazachdelta" fachliche Hilfe von einer der<br />

Universitäten <strong>Heligonia</strong>s. Der Konvent endete mit einem großen<br />

Austausch der Ergebnisse, die in den Arbeitskreisen zusammen<br />

getragen wurden. Abschließend sprach noch einmal der Doge Vincent<br />

Battista Corvese und Baron Alton von Fichtenhau zu den<br />

Konventteilnehmern und gründeten, auch auf Grund der großen<br />

Resonanz und der zukünftigen Erfolge, einen Forschungsfonds für<br />

die beiden Sachgebiete.<br />

Bei einem späteren Gespräch mit dem Obmann der Lindfurter Sektion des<br />

Verein zur Förderung der Betis-Lindfurter-Kooperation sagte dieser: "In<br />

dem einen Bereich wissen wir inzwischen, dass das Brazachdelta in<br />

präheliotischer Zeit eine einzige Ansammlung von Kleinsiedlungen war,<br />

was die Stadtgeschichten natürlich umschreiben würde. Aber was für<br />

Siedlungs- und auch Glaubensspuren sind noch an den Ufern und im


28<br />

Hinterland vergraben?" Zum Thema Handelswege fügte er mit<br />

hochrotem Kopf hinzu: "In Zeiten, in denen handeltreibende<br />

Edelsteinverkäufer landauf landab Mühlenrechte erwerben wollen,<br />

brauchen wir ein starkes Handelsnetz."<br />

Gegeben am 8. Mond der Besinnung<br />

Sandbard Redeborn, Schreiber der Baronie Lindfurt<br />

Zuversicht in der Sichelmark<br />

Schon vier Wochen sind wir nun schon unterwegs. Doch Baron Benedict<br />

hat sich vorgenommen zu Beginn seiner Herrschaft in der Sichelmark,<br />

das Land zu bereisen, um dem Volk das Gesicht des neuen Herrschers zu<br />

zeigen.<br />

Als Baron Benedict nach Sichelfeld kam, waren alle dort Anwesenden sehr<br />

überrascht, als sie hörten, dass von nun an Ritter Benedict, Baron Benedict<br />

- Baron der Sichelmark sein sollte. Doch das Volk von Sichelfeld jubelte<br />

über diese Wendung, besonders, als der Baron bekannt gab, das Sichelfeld<br />

von nun an die Hauptstadt und die nahe gelegene Mondfeste der Sitz des<br />

Barons sein sollte.<br />

Doch legte Baron Benedict den Titel des Frater Primus des freien Ordens<br />

des Lichts ab. Da er nicht beide Ämter auf einmal ausfüllen konnte. Der<br />

neue Frater Primus des Ordens soll von nun an Theofried Barens sein.<br />

Dieser hatte sich im Orden sehr verdient um diesen Posten gemacht, und<br />

es ist anzunehmen, dass er diese Aufgabe vortrefflich ausfüllen kann.<br />

Eine Woche später brach ein Trupp auf um die Sichelmark zu bereisen.<br />

Unter dem neuen Banner der Sichelmark versammelten sich zu dieser<br />

Reise neben dem Baron auch einige Ordensritter und eine Ordensgelehrte.<br />

In jedem Dorf und jeder Feste in der wir ankamen, empfing uns das Volk<br />

mit großer Freude und großem Trara. Alle waren begierig den neuen<br />

Baron zu sehen, welcher sich auch Zeit nahm in jedem Ort auch ein Ohr<br />

für die Menschen zu haben. Immer wieder betonte er wie wichtig es sei,<br />

dass Ogeden und Ceriden friedlich nebeneinander lebten.<br />

Jeder im ganzen Land ist froh, dass der Krieg zu Ende ist und ein neues<br />

Zeitalter begonnen hat. In einer Woche werden wir zurückkehren zur<br />

Mondfeste, um das Land weiter in eine frohe Zukunft zu führen.<br />

Ordenschreiber Kasimir, der das Glück hat auf dieser Reise dabei zu sein.<br />

37<br />

Neuer Vogt in der Sichelmark<br />

Nach der Rückkehr von Baron Benedict auf die Mondfeste, kam es bald<br />

darauf zu einer kleinen Feierlichkeit. Frater Primus Theofried Barens gab<br />

bekannt, dass der gute Frater Wikkard Gran nach einem Schicksalsschlag<br />

den Orden verlassen und Ordensleihe werde.<br />

Frater Barens hatte mit dieser Bekanntgabe gewartet bis Baron Benedict<br />

von seiner Reise zurückgekehrt war, um das weiter Vorgehen, was Wikkard<br />

anging, zu besprechen. Die beiden kamen in Anbetracht der Verdienste<br />

von Frater Wikkard darin überein, dass ihm ein Lehen als Vogt zukommen<br />

sollte.<br />

So wurde Frater Wikkard Gran zu Vogt Wikkard Gran - Vogt der Feste<br />

Sternenstein.<br />

Vogt Wikkard brach auch schon zwei Tage nach seiner Ernennung auf,<br />

um die Feste Sternenstein zu inspizieren.<br />

Lindfurt feiert die Verlobung<br />

Die letzten Wochen hat sich die Stadt Lindfurt nur für diesen Tag<br />

rausgeputzt. Am Gessiustag, den 5. Saatmonat verlobten sich der Doge<br />

von Betis, Vincent Battista Corvese, mit Euna von Fichtenhau, der Nichte<br />

des Barons von Lindfurt. Die Verlobung selbst fand vormittags auf dem<br />

neuen Betiser Fährschiff der Luxusklasse "Orchidee" statt. Anschließend<br />

fuhren die Festgäste nach Betis, um mit den dortigen Bürgern zu feiern.<br />

Während des Tages waren die Fährschiffe bis auf den letzten Platz mit<br />

Feiernden ausgebucht, die dem Paar hinterher fuhren, um keine Minute<br />

zu verpassen. Am Nachmittag erreichte die Festgesellschaft den Hafensteg<br />

an der Neustadt in Lindfurt. Endlich bekamen die Bewohner der Baronie<br />

und insbesondere der Stadt Lindfurt, die Möglichkeit, ihre Euna mit ihrem<br />

so bezaubernden Verlobten zu feiern.<br />

Den ganzen Tag schon glich Lindfurt einem Festplatz. In der Altstadt waren<br />

überall Spielbuden sowie Essen- und Schankstände aufgebaut, an denen<br />

die Lindfurter bereits ab morgens ausgelassen mit den verschiedenen<br />

Minze-Mixgetränken feierten. Theatergruppen und Akrobaten traten auf<br />

Bühnen in der Altstadt vor dem Ratshaus, und in der Neustadt auf dem<br />

Domplatz auf. In der Altstadt wurde spielte Musik zum Tanz, während in


36<br />

strahlend "Seht ihr, ich hab es euch doch gesagt, es ist kein Löwe, sondern<br />

eine brave, wohlerzogene Katze, die nur etwas zu groß geraten ist!" Ein<br />

scharfes "Skatha!" ließ die Saarkani herumfahren. Baronin Josephina<br />

funkelte die Katzenbesitzerin wütend an. "Wenn Ihr derart stur auf Eurer<br />

Überzeugung beharrt, muss ich Euch wohl anders zur Vernunft bringen.<br />

Ab sofort wird in ganz Wolfenfeld eine Steuer von monatlich vier Dukaten<br />

für jede Katze erhoben." Entsetztes Stöhnen und wütende Rufe erfüllten<br />

den Saal, doch Josephina sorgte mit einer Handbewegung für Ruhe. "Diese<br />

Steuer gilt für alle Katzen, die nachweislich über 20 heligonische Batzen<br />

wiegen. Der Erlös des ersten Monats wird unter den geschädigten<br />

Hühnerbesitzern aufgeteilt, danach dient die Steuer bis auf Weiteres dem<br />

Unterhalt der Stadtwache. Die Verhandlung ist geschlossen." Unter lautem<br />

Gelächter, Klatschen und Bravo-Rufen verließ die Baronin den Saal, gefolgt<br />

von einer Saarkani, die hoch erhobenen Hauptes eine Riesenkatze hinter<br />

sich herzog. Die Meinungen über das Ende dieses aufsehenerregenden<br />

Prozesses sind geteilt: Viele Bürger würden den Löwen immer noch gerne<br />

als Bettvorleger sehen, andere sind eher fasziniert von diesem exotischen<br />

Wesen. Obwohl Skatha als sehr wohlhabend gilt, herrscht eine gewisse<br />

Spannung, wie lange sie diese saftige Besteuerung durchhalten wird.<br />

Entsprechende Wetten werden bei Horatius Habereck angenommen.<br />

Brennus Palimpsest<br />

Ultimatum für Vogt Eylhardt von Esclarmond<br />

Den geplanten Gesprächstermin mit dem Baron und den Clansführern<br />

Luchnars ließ Vogt Eylhardt verstreichen; er erschien nicht an den Feuern<br />

des Clansführers Flarn Flirhan MadUaine, wo das Treffen stattfinden sollte.<br />

Vermutlich betrachtete er bereits den vom Baron gewählten Ort als<br />

Affront. Baron Koldewaiht ließ am nächsten Tag verkünden, Vogt Eylhardt<br />

hätte genau zwei Möglichkeiten sich zu entscheiden: Entweder er würde<br />

zum nächsten Termin am 17. Tag des 1. Poena erscheinen oder aber seine<br />

Zeit als Vogt sei zu Ende. Der Vogt kommentierte das drohende Ende seiner<br />

19jährigen Herrschaft nicht und gab zumindest offiziell auch keine Antwort<br />

auf das Ultimatum. Ob der Vogt diesmal erscheinen wird, gilt selbst in<br />

Luchnar als umstritten.<br />

29<br />

Templerbaron folgt dem Ruf des Fürsten Leomar<br />

Der Wind war kalt und es roch nach Schnee. Er brach sich an den buckligen<br />

Mauern des Torturms, fegte die kahle Wand hoch und pfiff durch den<br />

kleinen Erker hindurch, wo Johen stand und vor Kälte fröstelnd Wache<br />

hielt. Der gefüllte Feuerkorb wärmte ihm nur unzureichend den Buckel,<br />

seine Körpervorderseite war klamm und eiseskalt. "Nur noch wenige<br />

Augenblicke bis zur vierten Stunde, bald habe ich es geschafft!" sagte er<br />

zu sich selbst und plante bereits den weiteren Verlauf dieses Tages, seines<br />

Feierabends.<br />

Als sich mit einem mal ein Banner schwergerüsteter Reiter in das Blickfeld<br />

seiner Schießscharte bewegte, regten sich in ihm gemischte Gefühle:<br />

"Wieder nicht pünktlich Schluss! Warum nur immer während meiner<br />

Wachschaft?" Auch die Kameraden im unteren Teil des Drachentrutzer<br />

Haupttors, hatten inzwischen die Neuankömmlinge bemerkt. Johen hörte<br />

die knappen Befehle des Hauptmanns, das Scheppern von Waffen und<br />

Schritten in Eile, die Männer besetzten die strategischen Plätze - jetzt<br />

hieß es warten. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor bis endlich das<br />

wohlbekannte: "Halt! Wie lautet Euer Name und was ist Euer Begehr?" zu<br />

ihm nach oben schallte. Die Neuankömmlinge waren gut gerüstet und<br />

trugen das Wappen der Sengenberger Templer:<br />

"Ich bin Wentorius von Waldhort, Landkomtur der Ballei Sengenberg und<br />

reise in Begleitung meiner tapfren Mannen. Ich will Leomar, den neuen<br />

Fürsten von Drachenhain sprechen!"<br />

Dem Landkomtur und den anderen Templern von Ankur wurde daraufhin<br />

der Eintritt gestattet, sie ritten gemächlich, doch mit grimmigen Mienen<br />

in den ummauerten Innenhof. Johen hatte schon begonnen Gürtel und<br />

Riemen zu lockern, als sich die Unheil verkündenden Schritte des<br />

Hauptmanns zu ihm hinauf bewegten: "Soldat, kündige die Herren Templer<br />

auf der Fürstenburg an, kehre zurück und begleite die Sengenberger<br />

hinauf!" hießen die knappen Befehle. Johen lag ein trotziges "Aber" auf<br />

der Zunge, doch er verkniff sich jedes weitere Wort. Lediglich ein klares<br />

"Jawohl, Hauptmann!" kam über seine Lippen und er machte sich missmutig<br />

auf den Weg.<br />

Er war schließlich völlig außer Atem, als er die Reiter eilenden Schrittes<br />

die Herrenstraße hinauf zur Fürstenburg beleitet hatte. Die Ritter


30<br />

sprachen während ihres gemeinsamen Weges kein einziges Wort. Johen,<br />

als regelmäßiger Besucher der Taverne zum Goldenen Stechapfels, war<br />

mit der gegenwärtigen politischen Lage bestens vertraut und machte<br />

sich so seine Gedanken: "Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten. Der<br />

Landkomtur kommt entweder um dem Fürsten die Treue zu schwören,<br />

oder um ihm seinen Heliosbrief vor die Füßen zu werfen." Sein<br />

anfänglicher Ärger, ob der Verkürzung seiner freien Zeit, wandelte sich<br />

zusehends in Freude und Verzücken - was würden die Kameraden heute<br />

Abend im Stechapfel wohl sagen, wenn er sich die allerneusten Neuigkeiten<br />

ganz langsam und genüsslich aus der Nase ziehen ließ. Und so<br />

verabschiedete er sich von den Gästen in heiterer Stimmung…<br />

Wentorius von Waldhort, Herr der Ballei Sengenberg betrat gemessen<br />

Schrittes den Wappensaal der Feste Drachentrutz. Fürst Leomar erhob<br />

sich von seinem hochlehnigen Stuhl und begrüßte ihn und seine Männer<br />

freundlich: "Seid willkommen auf der Feste, ihr hohen Herren. Euer<br />

Hochwohlgeboren, was ist Euer Begehr?" Die Sengenberger senkten Knie<br />

und Haupt, wobei dem Angesprochenen ein Horn an einer Kette aus dem<br />

Mantel rutschte, welches ihn als gebürtigen Norrländer auswies. "Euer<br />

Durchlaucht, ich bin Landkomtur Wentorius von Waldhort, in Euren Augen<br />

der amtierende Baron von Sengenberg, der Ländereien, die wir Ballei<br />

nennen. Ich grüße Euch als Lehnsnehmer. Meine Männer und ich<br />

wünschen Euch unsere Aufwartung zu machen. Außerdem bestellen wir<br />

den besten Gruß unseres Großmeisters, Hadebrand von Grauburg. Ich<br />

folge Eurem am Adeltage ausgesprochenen Ruf und will nach dem<br />

Herrnfall des alten Fürsten, nun Euch meine Huld und meine Treue<br />

antragen. So Ihr mich weiterhin als Herrn des Landes Sengenberg sehen<br />

wollt!" Gespannte Stille machte sich nach diesen Worten im Saale breit.<br />

"Landkomtur Wentorius von Waldhort, Ihr habt meinem Vater treu gedient,<br />

habt das unruhige sengenberger Land befriedet und seid vor dem<br />

Heerbann freundlich und gut zu Euren Nachbarn gewesen. Wir sehen<br />

keinen Grund, Euch den Heliosbrief zu verweigern, so Ihr Uns den<br />

Treueschwur ablegen und auch künftig im Sinne des Toleranzediktes<br />

gebieten wollt!" "Ja, das wollen wir!" erschallte prompt die Antwort,<br />

worauf die Zeremonie ohne Verzug und ohne Zwischenfall abgehalten<br />

wurde.<br />

35<br />

somit gar nicht nötig, Hühner zu stehlen. Sie selbst habe sechs Hühner,<br />

und denen gehe es ausgesprochen gut. Zum Beweis kraulte sie den Löwen<br />

hinter dem Ohr, der sich augenblicklich wohlig knurrend vor ihre Füße<br />

legte. "Meine werte Skatha," begann die Baronin, "wir alle hier wissen,<br />

dass es sich bei dem Tier um einen ausgewachsenen Löwen handelt, auch<br />

wenn Ihr das offenbar nicht hören möchtet. Er mag zwar Ähnlichkeiten<br />

mit einer Katze haben, vor allem was das Verhalten betrifft, aber er ist zu<br />

groß, hat eine Mähne und gefährliche Zähne. Die Menschen haben Angst<br />

vor Eurem Haustier und das kann ich nicht zulassen." "Aber er ist doch<br />

völlig ungefährlich!" unterbrach Skatha, holte ein großes Stück Fleisch<br />

aus ihrer Tasche und hielt es dem Löwen vor die Nase. Dann ließ sie die<br />

Leine los: "So, nun mach, was wir geübt haben: Bring das der Baronin." Der<br />

Löwe nahm das Fleisch vorsichtig zwischen die Zähne und trottete auf<br />

den Thron zu. Die beiden Angaheymer, die neben dem großen Sessel<br />

standen, hielten den Atem an und spannten die Muskeln, doch Josephina<br />

blieb äußerlich völlig ruhig, nur ihre Fingerknöchel traten weiß hervor.<br />

Der Löwe trabte die Stufen hinauf und legte das Fleisch gehorsam der<br />

Baronin vor die Füße. Dann kehrte er zu Skatha zurück uns setzte sich<br />

erwartungsvoll neben die Saarkani. Diese lobte und tätschelte das Tier<br />

und blickte nun ebenso erwartungsvoll auf Josephina. Die Baronin löste<br />

langsam den Griff von den Armlehnen. "Hmja....sehr beeindruckend...." Sie blickte<br />

auf Kores, den Heliosgeweihten, der eifrig das Protokoll führte. "Ich glaube,<br />

jeder Darianer hätte seine helle Freude an diesem Prozess." Kores lächelte<br />

jedoch nur in sein Pergament hinein. Skatha verzog entrüstet das Gesicht,<br />

doch bevor sie zu einer Beschwerde anheben konnte, schnitt ihr die Baronin<br />

mit einer kurzen Geste das Wort ab. "Genug jetzt! Es gibt keine Beweise dafür,<br />

dass der Löwe die Hühner tatsächlich gestohlen hat. Ebenso müssen wir Skatha<br />

glauben, dass sie das Tier auf Wunsch des Stadtrates in ihrer Hütte eingesperrt<br />

hatte. Dies kann jedoch kein dauerhafter Zustand sein, ganz gleich, ob es sich<br />

nun um eine Katze oder einen Löwen handelt, denn beide brauchen genügend<br />

Auslauf. Offenbar handelt es sich tatsächlich um keine wilde Bestie, sondern<br />

um ein gut dressiertes Tier. Wenn Ihr also versprecht, dass der Löwe genügend<br />

zu fressen bekommt und sich immer in Eurer Nähe aufhält und niemanden<br />

gefährdet, so dürft Ihr ihn bis auf Weiteres behalten." Empörtes Murmeln<br />

machte sich unter den Zuschauern breit. Skathas Miene erhellte sich, dann<br />

drehte sie sich triumphierend zu den Bürgern um und verkündete


34<br />

Beweis erschien eine Mähne mit zwei Augen in der Tür und blickte<br />

neugierig zur Delegation. Die Gesandtschaft versuchte daraufhin verlegen,<br />

die mitgebrachten Sensen und Heugabeln hinter den Rücken zu verstecken<br />

und schob den Wortführer nach vorne. "Nun ja, es ist so...", räusperte<br />

sich Wirt und Bierbrauer Horatius Habereck, "....aaalso...wegen der Hühner..."<br />

"Ja?" Skatha stützte sich erwartungsvoll auf ihren Besen, der Löwe - pardon<br />

- die Katze setzte sich auf die Türschwelle und begann sorgfältig, Pfoten<br />

und Krallen zu lecken. Habereck zuckte hilflos mit den Schultern und blickte<br />

sich um, als erwarte er Beistand von seinen Begleitern, doch leider<br />

vergeblich. "Falls ihr meinem kleinen Kater irgendwas anhängen wollt,<br />

will ich dafür Beweise sehen. Und nun entschuldigt uns, wir müssen die<br />

Küche kehren." Damit fiel die Haustür mit einem recht endgültigen Klang<br />

ins Schloss.<br />

Als die Delegation unverrichteter Dinge wieder in die Stadt zurückkehrt<br />

war, beschloss man, Anklage wegen Gefährdung der öffentlichen<br />

Sicherheit bei Baronin Josephina zu erheben. Die Verhandlung wurde<br />

darauf zu Beginn der 3. Saarka angesetzt. Man darf annehmen, dass es<br />

zwar zuvor noch ein privates Gespräch zwischen der Baronin und Skatha<br />

gegeben hat, das aber offenbar ebenso ergebnislos verlief, da es bei dem<br />

Gerichtstermin blieb.<br />

An jenem Tag also war der große Saal der Burg vollgestopft mit<br />

neugierigen Menschen, die sich das Duell zweier Geweihter um die Frage,<br />

was eine Katze und was ein Löwe ist, natürlich nicht entgehen lassen<br />

wollten. Baronin Josephina erschien, setzte sich mit grimmiger Miene<br />

auf den Thron und ließ die Saarkani rufen. Skatha betrat munter den Saal,<br />

hinter sich den Löwen, um dessen Bauch eine Schnur gebunden war, die<br />

offenbar eine Leine darstellen sollte. Entsetzt wich die Menge zurück. Die<br />

Saarkani hatte ihrem Haustier den Ernst der Lage wohl deutlich gemacht,<br />

denn es setzte sich brav neben sie und zerrte nur etwas an der<br />

ungewohnten Leine herum. Nachdem verschiedene Zeugen, unter<br />

anderem auch Hauptmann Godefrey, den Sachverhalt dargelegt hatten,<br />

erhielt Skatha die Gelegenheit, ihrerseits die Dinge zu erläutern. Sie<br />

erklärte, sie habe die Katze bei einem Händler in Vjoshaven erstanden und<br />

als Haustier nach Sarniant mitgebracht. Das Tier leiste ihr Gesellschaft,<br />

bekämpfe die Ratten und Mäuse im Haus und sei überhaupt völlig harmlos.<br />

Außerdem erhalte die Katze immer genügend zu fressen und habe es<br />

31<br />

Die Templer blieben noch einen weiteren Tag auf der Feste und hielten<br />

eingehende Gespräche mit ihrem neuen Lehnsherrn, wobei sie ihn auch<br />

Grüße vom Großmeister Hadebrand von Grauburg. Als die Männer die<br />

Feste verließen, setzte leichtes Schneetreiben ein.<br />

So geschehen, am 24. Tag des I. Saarka, 32 n.A.III<br />

Lindfurt baut eigene Utzgan-Mannschaft auf<br />

Der Verein zur Förderung der Betis-Lindfurter Kooperation hat das<br />

angekündigte Utzganturnier der beiden Städte in den Frühling<br />

verschoben. Grund war, dass Lindfurt bis dato keine Mannschaft hatte.<br />

Das löste Baron Alton von Fichtenhau rasch, indem er aus dem ganzen<br />

Land die schnellsten und kräftigsten Männer zusammen zog. Als Trainer<br />

konnte er den jüngst bei "Auswahl Ankur" frei gewordenen Kardolaus<br />

Ausdemthal engagieren. Dieser baut inzwischen erfolgreich die neue<br />

Mannschaft auf.<br />

Nachdem Namensvorschläge für die Mannschaft bereits beim Adelstag<br />

dem Baron Alton von Fichtenhau unterbreitet worden sind, entschloss<br />

er sich trotzdem für einen ganz anderen. Seine Wahl fiel auf "Führung<br />

Lindfurt". Seit dem werden in der Schneiderey Spriesser Trikots genäht.<br />

So viel sei schon verraten, das Trikot wird die Landesfarben enthalten.<br />

Die Spieler werden mit blauem Hemd, mit weißem Ruder und weißer<br />

Hose auf dem Spielfeld erscheinen. Die Schneiderey ließ es sich nicht<br />

nehmen, die Spielernamen auf der Vorderseiten des Trikot mit<br />

Silberfäden zu sticken. Die Familie Von Guldenhagen, eigentlich im Leinen<br />

und Minzegeschäft, haben extra für die Mannschaft ein Stärkungssaft,<br />

den "Minz-Kraft" kreiert. Als erfrischendes Getränk für die jubelnden<br />

Zuschauer hat Ayra von Guldenhagen selbst sich den "Minz-Jubeler"<br />

einfallen lassen.<br />

Mit Spannung erwarten nun die Lindfurter das erste Spiel mit einer<br />

der großen Mannschaften. Auch wenn die Spieler sehr verhalten sind,<br />

und alles dran setzen Sturm Betis ein Utz abzuringen, wird man sich<br />

den schneidigen Namen "Führung Lindfurt" dieser viel versprechende<br />

Mannschaft merken müssen.<br />

Reifelfried Lederrund<br />

Sportbeauftragter des Lindfurter Hofs


32<br />

Eklat auf der Drachentrutz -<br />

Bischof Erlind Hilarian und der Lehnseid<br />

Es war der 7. Tag des III. Saarka, der letzte Tag vor Ablauf der Frist, als sich<br />

bei seiner Durchlaucht endlich Besuch aus St. Aluin ankündigte. Fürst<br />

Leomar hatte gespannt auf Nachricht vom Bischof gewartet, da dieser als<br />

einziger Drachenhainer Vasall noch nicht den am Adelstag geforderten<br />

Lehnsschwur abgelegt hatte. Der eintretende Mann im Habit der<br />

Hilariusiten, der als Bischof von Drachenhain angekündigt wurde, ward<br />

freundlich empfangen und man machte ihm einen Platz am Kopf der Tafel<br />

frei, denn es war Mittagszeit. Da offenbarte sich, dass es sich bei diesem<br />

Mann mitnichten um den erwarteten Bischof Erlind Hilarian von<br />

Drachenhain, Abt von St. Aluin, handelte.<br />

"Prior Pankraz von St. Aluin, mein Name." stellte sich der Mönch in<br />

gespielter Galanterie vor und entledigte sich der Kapuze, die sein wahres<br />

Antlitz verborgen hatte. "Ich komme im Auftrage meines Herrn und<br />

Bischofs zu Euch, Euer Durchlaucht, um an seiner Statt diesen Lehnseid<br />

abzulegen. Leider ist mein Herr derzeit zu beschäftigt, um selbst zu<br />

kommen…. Was muss ich nun tun?" Dem Fürsten und seinen Getreuen<br />

verschlug es ob dieser Ungeheuerlichkeit den Atem. Alle blickten entsetzt<br />

zu ihrem Herrn, der sich langsam aufsetzte und mit vor Zorn bebender<br />

Stimme zu sprechen begann. "Was ist das für eine dreiste Ungezogenheit?<br />

Man kann keinen Lehnsschwur übertragen, das weiß der Bischof wie Ihr.<br />

Was fällt Euch ein?" der Prior mimte hierauf den Bestürzten, verschränkte<br />

aber die Arme vor der Brust: "Ach je, wie bedauerlich. Und dabei dachte<br />

Bischof Erlind Hilarian, gemäß dem neuen Geiste im Land, richtig zu<br />

handeln. Wonach mordende Rebellen zu Helden werden und ein Jahr und<br />

ein Tag, aus nur einer Handvoll Monden besteht. Wer soll sich denn da<br />

noch auskennen…? Verzeiht bitte meinem Herrn diese Unbedachtheit, er<br />

wollte sich nur … angleichen!" Der Fürst schlug hierauf wutentbrannt<br />

auf den langen Tisch, so dass Becher und Teller einen kleinen Satz machten:<br />

"Bei den Vieren, solch eine Frechheit ist uns nie untergekommen! Packt<br />

Euch und macht, dass Ihr sofort zurück nach St. Aluin kommt. Sagt Eurem<br />

Bischof, dass ich ihn binnen vier Woche hier erwarte, sonst hat er sein<br />

Lehen verspielt und kann von mir aus von einer Jolbrucker<br />

33<br />

Hafenkaschemme aus Hirte spielen! Und was Euch angeht, Pankraz! Ich<br />

kenne Euch, Ihr seid zu lange böser Kriegstreiber, Ränkeschmied und ein<br />

Lügner gewesen! Wenn Ihr jemals wieder den Fuß in die Feste setzt, lasse<br />

ich Euch die ruchlosen Ohren abschneiden. Ihr seid nicht willkommen!<br />

Wir sprachen Erlind das Gastrecht aus und nicht Pankraz, verschwindet<br />

also, bevor ich die Hunde auf Euch hetze!"<br />

Der Mönch entfernte sich nach diesen Worten eilends, jedoch war ihm<br />

nicht anzusehen, ob ihn die gestrengen Worte des Fürsten in irgendeiner<br />

Weise berührt hatten.<br />

Innerhalb weniger Stunden sprach sich die Kunde um die Ereignisse auf<br />

der ganzen Feste herum. Die Menschen reagierten ob dieser Dreistigkeit<br />

empört und stellten sich hinter ihren Fürsten.<br />

Am Abend kam alsbald das hartnäckige Gerücht auf, der Prior Pankraz habe<br />

die Drachentrutz doch nicht ganz ungeschoren hinter sich gelassen. Ein<br />

Unbekannter sei ihm aus der Fürstenburg gefolgt, habe den Mönch in der<br />

Unterstadt gestellt und letztlich grün und blau gedroschen.<br />

Ob dies wahr ist, wird wohl allein der Unbekannte und Pankraz selbst<br />

wissen, der sich einst "von der Drachentrutz" nannte, was nunmehr aber<br />

Geschichte sein dürfte.<br />

Drachenhainer Hofchronist, Meister Schillwunk Radeweyd<br />

Von Katzen und Löwen<br />

Der Streit um den Löwen in Sarniant (ich berichtete) beschäftigte bereits<br />

den ganzen Herbst über die Gemüter von Wolfenfeld. War nun über die<br />

Wintermonde eine wenig Ruhe eingekehrt, so erreichte die Sache im 2.<br />

Saarka einen neuen Höhepunkt, als sich in der kleinen Stadt am Brazach<br />

plötzlich die Hühnerdiebstähle häuften. Auf Drängen des Stadtrates machte<br />

sich schließlich eine mehrköpfige Delegation beherzt auf, um von der<br />

Besitzerin des Löwen, der Saarkani Skatha von Jalamanra, Rechenschaft zu<br />

verlangen. Zunächst schien bei der verschneiten Hütte im Wald alles<br />

friedlich, doch kaum hatten sich die Bürger weiter vorgewagt, flog<br />

plötzlich die Tür auf und eine wütende Saarkani trat mit kampfbereitem<br />

Besen in den Vorgarten. "Was ist nun schon wieder los?" blaffte Skatha<br />

angriffslustig. "Die Katze ist in der Hütte eingesperrt, so wie ihr das<br />

verlangt habt. Ich hab mich dran gehalten, also, was gibt es?!" Wie zum

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