Empathie, soziale Kompetenz und Wissen - Tertianum Berlin

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foto: k. herschelmann Liebe Leserin, lieber Leser, fast 2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, viele wegen einer demenziellen Erkrankung. Eine erschreckende Zahl, aber auch eine Zahl, die alle im Pflegebereich Tätigen, auch alle Angehörigen und Politiker aufruft, sich mit dieser Erkrankung auseinander zu setzen und den betroffenen Menschen ein Leben in Würde und Anerkennung zu ermöglichen. In der Tertianum Residenz wird diesen Patienten seit Bestehen des Hauses eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Wir waren immer mit dabei, wenn es darum ging, neue sinnvolle Pflegeerkenntnisse umzusetzen oder sogar selbst zu entwickeln. Unsere Mitarbeiter sind erfahren darin, sich der »Welt« dieser Erkrankten anzupassen, dabei die Würde der Menschen zu achten, aber immer auch bedacht, sich nicht der Krankheit zu unterwerfen. Eine Begegnung »auf Augenhöhe« ist unser Gebot. Demenz und der Umgang mit dieser Krankheit ist Schwerpunkt dieser Ausgabe des Tertianers. Grund dafür ist unser Tag der offenen Pflege am 27. September, bei dem wir Ihnen unsere Einrichtungen und Pflegekonzepte vorstellen möchten. Zum Thema passt auch der Vortrag der ehemaligen Bundesministerin Brigitte Zypries über Vorsorgevollmacht und rechtliche Probleme, am 13. Sept. im Rahmen des Forum Tertianum. Dort gibt es im Herbst auch eine neue Reihe mit Lesungen hochkarätiger Autorinnen. Die Journalistin und Vertraute Willy Brandts, Wibke Bruhns, liest aus ihrer Autobiografie, Julia Albrecht und Corina Ponto werfen als Betroffene einen Blick auf die Geschichte der RAF. Ich wünsche Ihnen einen goldenen Spätsommer, Ihre Direktorin, Tertianum Residenz Berlin Ausgabe 3 /2012 H a u s p o s t d e r T e r t i a n u m R e s i d e n z B e r l i n EDITORIAL Schönste Aussichten, älter zu werden residenz intern...................................2 Empathie Fs. v. S.1|Sommerfest|Neue Bewohner zur person...........................................3 Portrait Leonie Ossowski stadtkultur..................................4-5 775 Jahre Berlin|Die Rose|Rosenwunder hauskultur.......................................6 Forum Tertianum|Sehenswert|Was bedeutet...? pflege|vermischtes...........................7 Das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz vermischtes.........................................8 Biografiepaneel|Was macht...?|Impressum Empathie, soziale Kompetenz und Wissen Wege in die Welt demenziell erkrankter Menschen Pflege im Tertianum: Die Begegnung »auf Augenhöhe« ist nicht nur wörtlich gemeint und gehört hier zu den Grundlagen der pflegerischen Kompetenz foto: k. herschelmann »Sie stehen in einem wirbelnden Nebel und im Halbdunkel. Sie gehen immer umher an einem Ort, der entfernt vertraut scheint, und wissen dennoch nicht, wo sie sind. Sie vermögen nicht zu erkennen, ob es Sommer oder Winter, Tag oder Nacht ist. Bisweilen lichtet sich der Nebel ein wenig, und sie sind in der Lage, ein paar Gegenstände wirklich klar zu sehen. Aber sobald sie sich zu orientieren beginnen, werden sie überwältigt von einer Art Dumpfheit (…) und abermals sind sie aufs Äußerste verwirrt (…)« Tom Kitwood Von Stefan Bauer und Irmtraud Marz Was genau ist Demenz? Demenz ist ein Überbegriff für eine Vielzahl von Krankheiten. Allen Unterformen der Demenz ist gemeinsam, dass sie zu einem Verlust besonderer geistiger Fähig- Mit 775 Jahren ist Berlin eine junge Hauptstadt. Trotzdem ist die Geschichte Berlins nicht weniger bewegt als die manch älterer Stadt. Von Rudolf Kellermann Besonders in der »Neuzeit« geschahen die Ereignisse hier im geschichtlichen Minu- keiten führen. Typisch ist eine Verschlechterung der Gedächtnisleistungen, des Denkvermögens, der Sprache und des praktischen Geschicks. Die Ursachen der Demenz sind vielfältig. Bei sieben Zehnteln handelt es sich um die Alzheimer Demenz, bei der in bestimmten Bereichen des Gehirns allmählich Nervenzellen zu Grunde gehen. Bei zwei Zehnteln wird das Gehirn durch Durchblutungsstörungen dauerhaft geschädigt. Seltenere Formen und Mischformen machen den verbleibenden Teil aus. Wie entsteht eine Demenz? Obwohl in den letzten Jahren ein immenses Wissen hinsichtlich der Genese entstanden ist, bleiben noch viele Fragen offen. Bei den sogenannten neurodegenerativen Demenzen kommt es auf unterschiedlichen Wegen zu einer Anhäufung von Ei- Bewegte Zeiten Berlin blickt auf ereignisreiche 775 Jahre zurück tentakt. Man denke nur an die März-Revolution 1848/49, das Ende des Kaiserreichs, die erste deutsche Republik, die schrecklichen Jahre des Naziregimes, Kriegsende und die Gründung eines zweiten deutschen Staates, Kalter Krieg und nicht zuletzt der Fall der Mauer. Alles Ereignisse, die eng mit Berlin verbunden sind. Die Gründung der Doppelstadt Berlin- Cölln fiel in die bedeutendste Periode des weißstoffen im Gehirn, die nach und nach zum Absterben von Gehirnzellen führen. Abhängig vom Ort dieses Prozesses treten dann zu verschiedenen Zeitpunkten der Erkrankung die unterschiedlichen Symptome auf. Betreuungskonzepte im Tertianum Der Begriff Validation hatte schon vor Naomi Feil, einer amerikanischen Gerontologin, in der psychotherapeutischen Arbeit eine lange Geschichte. Wörtlich bedeutet der Begriff »Gültigkeitserklärung«. Im Tertianum arbeiten wir nach einer weiterentwickelten Form, der Integrativen Validation. In der Praxis bedeutet das u.a., die Erfahrungen eines Menschen zu würdigen, seine Realität und damit seine subjektive Wirklichkeit für gültig zu erklären. Wichtig dabei ist, die Antriebe und die Gefühle der Menschen zu erkennen und dementsprechend darauf zu reagieren. Bei Gesprächen kommt es auf möglichst angeglichene Gestik, Mimik, Körperhaltung, Stimm- und Tonlage an. Ein hohes Maß an Empathie und sozialer Kompetenz ist nötig. Um ein bestimmtes Verhalten zu verstehen, müssen die Lebensthemen der erkrankten Person bekannt sein. Nur so sind Kommunikation und Interaktion möglich. Erinnerungspflege durch Biografiearbeit Menschen aus dem Umfeld der erkrankten Person werden befragt, welche Antriebe und Gefühle im langen Leben der Person eine große Rolle gespielt haben. Was ist das Lebensthema? Was ist auf allen Gebieten des Lebens wichtig? Jedes kleine Detail kann von Bedeutung sein. Fortsetzung auf Seite 2 deutschen Mittelalters. Sie war geprägt von den Askanischen Brüdern und Markgrafen Johann I. und Otto III., die um 1230 die beiden Städte angelegt haben. Zahlreiche Ausgrabungen in den vergangenen Jahren in der historischen Mitte Berlins haben Fundamente, Keller, Brunnen, Reste von Häusern und Alltagsgerät der ersten Siedler sowie ihre Gräber freigelegt. Fortsetzung auf Seite 4

foto: k. herschelmann<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

fast 2,5 Millionen Menschen in Deutschland<br />

sind pflegebedürftig, viele wegen einer demenziellen<br />

Erkrankung. Eine erschreckende<br />

Zahl, aber auch eine Zahl, die alle im<br />

Pflegebereich Tätigen, auch alle Angehörigen<br />

<strong>und</strong> Politiker aufruft, sich mit dieser<br />

Erkrankung auseinander zu setzen <strong>und</strong><br />

den betroffenen Menschen ein Leben in<br />

Würde <strong>und</strong> Anerkennung zu ermöglichen.<br />

In der <strong>Tertianum</strong> Residenz wird diesen<br />

Patienten seit Bestehen des Hauses eine<br />

besondere Aufmerksamkeit zuteil. Wir waren<br />

immer mit dabei, wenn es darum ging,<br />

neue sinnvolle Pflegeerkenntnisse umzusetzen<br />

oder sogar selbst zu entwickeln. Unsere<br />

Mitarbeiter sind erfahren darin, sich<br />

der »Welt« dieser Erkrankten anzupassen,<br />

dabei die Würde der Menschen zu achten,<br />

aber immer auch bedacht, sich nicht der<br />

Krankheit zu unterwerfen. Eine Begegnung<br />

»auf Augenhöhe« ist unser Gebot.<br />

Demenz <strong>und</strong> der Umgang mit dieser<br />

Krankheit ist Schwerpunkt dieser Ausgabe<br />

des Tertianers. Gr<strong>und</strong> dafür ist unser Tag<br />

der offenen Pflege am 27. September, bei<br />

dem wir Ihnen unsere Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Pflegekonzepte vorstellen möchten.<br />

Zum Thema passt auch der Vortrag der<br />

ehemaligen B<strong>und</strong>esministerin Brigitte Zypries<br />

über Vorsorgevollmacht <strong>und</strong> rechtliche<br />

Probleme, am 13. Sept. im Rahmen des<br />

Forum <strong>Tertianum</strong>. Dort gibt es im Herbst<br />

auch eine neue Reihe mit Lesungen hochkarätiger<br />

Autorinnen. Die Journalistin <strong>und</strong><br />

Vertraute Willy Brandts, Wibke Bruhns,<br />

liest aus ihrer Autobiografie, Julia Albrecht<br />

<strong>und</strong> Corina Ponto werfen als Betroffene<br />

einen Blick auf die Geschichte der RAF.<br />

Ich wünsche Ihnen einen goldenen<br />

Spätsommer,<br />

Ihre<br />

Direktorin, <strong>Tertianum</strong> Residenz <strong>Berlin</strong><br />

Ausgabe 3 /2012<br />

H a u s p o s t d e r T e r t i a n u m R e s i d e n z B e r l i n<br />

EDITORIAL<br />

Schönste Aussichten, älter zu werden<br />

residenz intern...................................2<br />

<strong>Empathie</strong> Fs. v. S.1|Sommerfest|Neue Bewohner<br />

zur person...........................................3<br />

Portrait Leonie Ossowski<br />

stadtkultur..................................4-5<br />

775 Jahre <strong>Berlin</strong>|Die Rose|Rosenw<strong>und</strong>er<br />

hauskultur.......................................6<br />

Forum <strong>Tertianum</strong>|Sehenswert|Was bedeutet...?<br />

pflege|vermischtes...........................7<br />

Das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz<br />

vermischtes.........................................8<br />

Biografiepaneel|Was macht...?|Impressum<br />

<strong>Empathie</strong>, <strong>soziale</strong> <strong>Kompetenz</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Wissen</strong><br />

Wege in die Welt demenziell erkrankter Menschen<br />

Pflege im <strong>Tertianum</strong>: Die Begegnung »auf Augenhöhe« ist nicht nur wörtlich gemeint <strong>und</strong><br />

gehört hier zu den Gr<strong>und</strong>lagen der pflegerischen <strong>Kompetenz</strong> foto: k. herschelmann<br />

»Sie stehen in einem wirbelnden Nebel<br />

<strong>und</strong> im Halbdunkel. Sie gehen immer umher<br />

an einem Ort, der entfernt vertraut<br />

scheint, <strong>und</strong> wissen dennoch nicht, wo<br />

sie sind. Sie vermögen nicht zu erkennen,<br />

ob es Sommer oder Winter, Tag oder Nacht<br />

ist. Bisweilen lichtet sich der Nebel ein<br />

wenig, <strong>und</strong> sie sind in der Lage, ein paar<br />

Gegenstände wirklich klar zu sehen. Aber<br />

sobald sie sich zu orientieren beginnen,<br />

werden sie überwältigt von einer Art<br />

Dumpfheit (…) <strong>und</strong> abermals sind sie aufs<br />

Äußerste verwirrt (…)« Tom Kitwood<br />

Von Stefan Bauer <strong>und</strong> Irmtraud Marz<br />

Was genau ist Demenz?<br />

Demenz ist ein Überbegriff für eine Vielzahl<br />

von Krankheiten. Allen Unterformen<br />

der Demenz ist gemeinsam, dass sie zu<br />

einem Verlust besonderer geistiger Fähig-<br />

Mit 775 Jahren ist <strong>Berlin</strong> eine<br />

junge Hauptstadt. Trotzdem ist die<br />

Geschichte <strong>Berlin</strong>s nicht weniger<br />

bewegt als die manch älterer Stadt.<br />

Von Rudolf Kellermann<br />

Besonders in der »Neuzeit« geschahen die<br />

Ereignisse hier im geschichtlichen Minu-<br />

keiten führen. Typisch ist eine Verschlechterung<br />

der Gedächtnisleistungen, des Denkvermögens,<br />

der Sprache <strong>und</strong> des praktischen<br />

Geschicks. Die Ursachen der Demenz<br />

sind vielfältig. Bei sieben Zehnteln<br />

handelt es sich um die Alzheimer Demenz,<br />

bei der in bestimmten Bereichen des Gehirns<br />

allmählich Nervenzellen zu Gr<strong>und</strong>e<br />

gehen. Bei zwei Zehnteln wird das Gehirn<br />

durch Durchblutungsstörungen dauerhaft<br />

geschädigt. Seltenere Formen <strong>und</strong> Mischformen<br />

machen den verbleibenden Teil<br />

aus.<br />

Wie entsteht eine Demenz?<br />

Obwohl in den letzten Jahren ein immenses<br />

<strong>Wissen</strong> hinsichtlich der Genese entstanden<br />

ist, bleiben noch viele Fragen<br />

offen. Bei den sogenannten neurodegenerativen<br />

Demenzen kommt es auf unterschiedlichen<br />

Wegen zu einer Anhäufung von Ei-<br />

Bewegte Zeiten<br />

<strong>Berlin</strong> blickt auf ereignisreiche 775 Jahre zurück<br />

tentakt. Man denke nur an die März-Revolution<br />

1848/49, das Ende des Kaiserreichs,<br />

die erste deutsche Republik, die schrecklichen<br />

Jahre des Naziregimes, Kriegsende<br />

<strong>und</strong> die Gründung eines zweiten deutschen<br />

Staates, Kalter Krieg <strong>und</strong> nicht zuletzt der<br />

Fall der Mauer. Alles Ereignisse, die eng<br />

mit <strong>Berlin</strong> verb<strong>und</strong>en sind.<br />

Die Gründung der Doppelstadt <strong>Berlin</strong>-<br />

Cölln fiel in die bedeutendste Periode des<br />

weißstoffen im Gehirn, die nach <strong>und</strong> nach<br />

zum Absterben von Gehirnzellen führen.<br />

Abhängig vom Ort dieses Prozesses treten<br />

dann zu verschiedenen Zeitpunkten der<br />

Erkrankung die unterschiedlichen Symptome<br />

auf.<br />

Betreuungskonzepte<br />

im <strong>Tertianum</strong><br />

Der Begriff Validation hatte schon vor<br />

Naomi Feil, einer amerikanischen Gerontologin,<br />

in der psychotherapeutischen Arbeit<br />

eine lange Geschichte. Wörtlich bedeutet<br />

der Begriff »Gültigkeitserklärung«. Im <strong>Tertianum</strong><br />

arbeiten wir nach einer weiterentwickelten<br />

Form, der Integrativen Validation.<br />

In der Praxis bedeutet das u.a., die<br />

Erfahrungen eines Menschen zu würdigen,<br />

seine Realität <strong>und</strong> damit seine subjektive<br />

Wirklichkeit für gültig zu erklären. Wichtig<br />

dabei ist, die Antriebe <strong>und</strong> die Gefühle der<br />

Menschen zu erkennen <strong>und</strong> dementsprechend<br />

darauf zu reagieren. Bei Gesprächen<br />

kommt es auf möglichst angeglichene Gestik,<br />

Mimik, Körperhaltung, Stimm- <strong>und</strong><br />

Tonlage an. Ein hohes Maß an <strong>Empathie</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>soziale</strong>r <strong>Kompetenz</strong> ist nötig. Um ein<br />

bestimmtes Verhalten zu verstehen, müssen<br />

die Lebensthemen der erkrankten Person<br />

bekannt sein. Nur so sind Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Interaktion möglich.<br />

Erinnerungspflege durch<br />

Biografiearbeit<br />

Menschen aus dem Umfeld der erkrankten<br />

Person werden befragt, welche Antriebe<br />

<strong>und</strong> Gefühle im langen Leben der Person<br />

eine große Rolle gespielt haben. Was ist das<br />

Lebensthema? Was ist auf allen Gebieten<br />

des Lebens wichtig? Jedes kleine Detail<br />

kann von Bedeutung sein.<br />

Fortsetzung auf Seite 2<br />

deutschen Mittelalters. Sie war geprägt von<br />

den Askanischen Brüdern <strong>und</strong> Markgrafen<br />

Johann I. <strong>und</strong> Otto III., die um 1230 die beiden<br />

Städte angelegt haben. Zahlreiche Ausgrabungen<br />

in den vergangenen Jahren in<br />

der historischen Mitte <strong>Berlin</strong>s haben F<strong>und</strong>amente,<br />

Keller, Brunnen, Reste von Häusern<br />

<strong>und</strong> Alltagsgerät der ersten Siedler<br />

sowie ihre Gräber freigelegt.<br />

Fortsetzung auf Seite 4


Seite 2 · Nr. 3 /2012 Residenz intern<br />

Wohltuende Berührungen<br />

Zentrales Ziel der Basalen Stimulation ist<br />

es, an Normales, Gewohntes, Beliebtes zu<br />

erinnern. Das schafft Vertrauen, Beziehung<br />

<strong>und</strong> Sicherheit. Es geht vor allem um<br />

Berührung. Der Reizarmut, z.B. bei langer<br />

Immobilität, muss entgegengewirkt werden.<br />

Körpergefühl <strong>und</strong> Körperbild sollen<br />

verbessert, alle Wahrnehmungssinne sollen<br />

angesprochen <strong>und</strong> gefördert werden.<br />

Gesammelte Erinnerungen: Sie zu betrachten,<br />

schafft Geborgenheit <strong>und</strong> Vertrauen<br />

Die Stöberkisten<br />

Bei der 10-Minuten-Aktivierung arbeitet<br />

man mit Impulsgebern, z.B. in Form von<br />

»Erinnerungskisten« mit verschiedensten<br />

Inhalten. Selbst schwer demenziell Erkrankte<br />

werden so erreicht, wenn man<br />

Rappeldicke voll wie auf einem<br />

Großstadtbahnhof war das Atrium<br />

der <strong>Tertianum</strong> Residenz am späten<br />

Nachmittag des 24. August. Das sollte<br />

auch so sein, denn »Kulturchefin« Ulrike<br />

Luderer hatte sich für das traditionelle<br />

Sommerfest der Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner<br />

dieses Mal als Thema eine kulturelle<br />

Zugfahrt von Budapest nach Varaˇzdin<br />

ausgedacht.<br />

Das Atrium zum Sommerfest: »bis unter<br />

die Decke« ganz ungarisch Rot–Weiß–Grün<br />

<strong>Empathie</strong>, <strong>soziale</strong> <strong>Kompetenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Wissen</strong><br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

gemeinsam mit ihnen ihre eigene »verschlossene<br />

Schatztruhe« öffnet. Das Kurzzeitgedächtnis<br />

aktiviert das Langzeitgedächtnis,<br />

alte Erinnerungen können wach<br />

werden. Die eigene Identität kann wieder<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> erlebt werden. Ein Mensch<br />

mit Demenz erlebt sich selbst nur noch in<br />

Fragmenten. Daher ist es wichtig, seine<br />

Umgebung mit Erinnerungsgegenständen<br />

aus seinem Leben oder aus der Vergangenheit<br />

zu gestalten. Durch das wiederholte<br />

Erinnern an die eigene Geschichte entsteht<br />

Vertrauen, Geborgenheit <strong>und</strong> ein Sicherheitsgefühl.<br />

Gemeinsam mit den Mitbewohnern<br />

etwas zu tun oder zu entspannen, vermittelt<br />

das Gefühl, für den anderen Menschen<br />

wichtig zu sein, ihnen etwas zu bedeuten.<br />

Wir haben sehr gute Erfahrungen mit unseren<br />

täglichen Angeboten der Spielr<strong>und</strong>en,<br />

der Sing- <strong>und</strong> Musikgruppe, den Ballspielen<br />

<strong>und</strong> den vielen ergo- <strong>und</strong> physiotherapeutischen<br />

Ansätzen gemacht.<br />

Großmutters gute Stube<br />

Bei demenziell erkrankten Menschen ist<br />

die Umweltkompetenz stark eingeschränkt.<br />

Die Milieutherapie umfasst die bewusste<br />

Gestaltung der Räumlichkeiten, da sich<br />

nicht der Bewohner an die Umgebung, sondern<br />

die Umgebung an den Bewohner anpassen<br />

muss. Farblich abgesetzte Bereiche,<br />

Kalender oder große Uhren können wichti-<br />

Sopranistin Katharina Richter unterhält die Reisenden<br />

mit ungarischen Operettenmelodien fotos: c.makus<br />

Es drehte sich also alles um Ungarn.<br />

Irmtraut Marz <strong>und</strong> Stefan Bauer aus der<br />

Pflege hatten wieder Unglaubliches geleistet<br />

<strong>und</strong> das gesamte Atrium in Rot-Weiß-<br />

Grün dekoriert. Schon am Eingang standen<br />

lebensgroße Puppen in ungarischer Landestracht<br />

inmitten einer ländlichen Umgebung.<br />

An einem Stand bot das Ehepaar<br />

Müller echte ungarische Spezialitäten an,<br />

die sie sonst über’s Internet vertreiben.<br />

Die Bühne war zum Budapester Hauptbahnhof<br />

umgestaltet, mit Wartebank, Kofferkarre<br />

<strong>und</strong> sogar einem Dienstfahrrad.<br />

Die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges wurde<br />

w<strong>und</strong>erbar von dem Geiger Andreij Ur <strong>und</strong><br />

dem Gitarristen Konstantin Navarov überbrückt.<br />

Als alle Besucher ihren Platz in dem<br />

ihnen zugedachten »Abteil«, also ihren Ti-<br />

ge Orientierungshilfen sein. Die Gestaltung<br />

soll dem Betroffenen ein menschenwürdiges,<br />

der persönlichen Lebensgeschichte angepasstes<br />

<strong>und</strong> von pathologischem Stress<br />

befreites Leben ermöglichen, trotz der zunehmenden<br />

kognitiven Störungen.<br />

Mit Musik geht alles besser<br />

Musik hilft Menschen mit Demenz <strong>und</strong> ihren<br />

Begleitern, annehmend <strong>und</strong> schöpferisch<br />

miteinander <strong>und</strong> mit der Krankheit<br />

umzugehen. Sie stärkt die emotionalen<br />

Ressourcen <strong>und</strong> erzeugt Wärme <strong>und</strong> Freude<br />

im Miteinander. Wo Sprache an ihre<br />

Grenzen stößt, vermittelt Musik Sicherheit<br />

<strong>und</strong> Geborgenheit.<br />

Bei den vielen Betreuungskonzepten ist<br />

es wichtig, die Entspannungs- <strong>und</strong> Ruhephasen,<br />

die die Menschen einfach brauchen,<br />

nicht zu vernachlässigen. In der Arbeit<br />

mit demenziell erkrankten Menschen<br />

besteht die Gefahr der Überaktivierung,<br />

des »Machens« um jeden Preis. Umso weiter<br />

jedoch der Prozess der Krankheit vorangeschritten<br />

ist, umso mehr benötigen die<br />

Betroffenen die Wärme <strong>und</strong> die Gegenwart<br />

anderer Menschen.<br />

Um sich ein Höchstmaß an Fachwissen<br />

anzueignen zu können <strong>und</strong> um eine bestmögliche<br />

Betreuung zu gewährleisten, finden<br />

in unserer Residenz regelmäßige Schulungen<br />

aller Mitarbeiter aus allen Kontaktbereichen<br />

statt.<br />

schen, Platz genommen hatten<br />

<strong>und</strong> die Direktorin Franziska<br />

Rahmel die Gäste begrüßt hatte,<br />

fuhr der Zug ab. Unter Begleitung<br />

der Sopranistin Katharina<br />

Richter <strong>und</strong> des Pianisten<br />

Rudolf Gäbler – <strong>und</strong><br />

natürlich mit dem bekannten<br />

Lied Komm mit nach Varasdin<br />

aus der Operette Gräfin Mariza<br />

– gewann der Zug schnell an<br />

Fahrt. Nach einem temperamentvollen<br />

Potpourri ungarischer<br />

Operettenklänge betrat<br />

der in Ungarn geborene Tenor<br />

Leo Slezak die Bühne, genauer:<br />

der Schauspieler Jost Leers, der einige Geschichten<br />

des exzentrischen Sängers vorlas.<br />

Natürlich durfte auch Franz Liszt nicht<br />

fehlen, dessen Werk Finerailles von der<br />

Pianistin Senka Brankovic begeisternd<br />

dargeboten wurde.<br />

Ehe die Gäste von Beiratsmitglied Dr.<br />

Ursula Röttger in den Speisewagen zu Gulasch<br />

<strong>und</strong> vielem mehr gebeten wurden,<br />

kam noch als besonderes Highlight der<br />

<strong>Tertianum</strong>-Chor auf die Bühne, der gemeinsam<br />

mit den Besuchern den Kanon<br />

Bruder Jacob sang – auf ungarisch!!<br />

Während im Restaurant das von Chefkoch<br />

Peter Gerber <strong>und</strong> seinem Team – wie<br />

immer – vorzüglich zubereitete Menü gereicht<br />

wurde, hatte sich die Bühne im Atrium<br />

in den Bahnhof von Varasdin verwandelt.<br />

Obwohl dieser Ort heute zu Kroatien<br />

Seit Juli 2012<br />

der tertianer<br />

tertianum begrüßt<br />

die neuen<br />

bewohnerinnen<br />

<strong>und</strong> bewohner<br />

Margot <strong>und</strong> Hans-Joachim<br />

Drendel (5.14)<br />

aus <strong>Berlin</strong><br />

Karin Koch-Skommodau (1.06)<br />

aus <strong>Berlin</strong><br />

Hannelore Koch (1.07)<br />

aus <strong>Berlin</strong><br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

August 2012<br />

Wir gratulieren Sebastian Schulz zur<br />

bestandenen Prüfung zum Koch.<br />

Schön, dass er noch ein weiteres Jahr<br />

bei uns bleibt, bevor er in die Welt geht.<br />

Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt!<br />

Ungarn stand im Mittelpunkt des <strong>Tertianum</strong>-Sommerfestes<br />

Die Müllers: Sie Ungarin, er Deutscher, verkauften<br />

feurige Spezialitäten aus Ungarn<br />

gehört, hatten sich dort zum Empfang der<br />

ankommenden Reisenden die Tanzgruppe<br />

Metapodia <strong>und</strong> die drei MusikerInnen von<br />

Durrbanda eingef<strong>und</strong>en, die mit original<br />

ungarischer Musik <strong>und</strong> Tänzen die Gäste<br />

verzückten.<br />

»Es war wieder ein tolles Fest mit w<strong>und</strong>erbaren<br />

Künstlern <strong>und</strong> einer Super-Organisation!«.<br />

So der Tenor aller Gäste.<br />

Rudolf Kellermann


der tertianer<br />

Zur Person<br />

Nicht über, sondern von den<br />

Menschen schreiben<br />

Nr. 3 /2012 · Seite 3<br />

Seit einem Jahr lebt die Schriftstellerin Leonie Ossowski im <strong>Tertianum</strong><br />

Als ich an der Wohnungstür<br />

im 6. Stock der <strong>Tertianum</strong><br />

Residenz klingele, schaut<br />

mich ein kleiner, vor der Tür sitzender<br />

H<strong>und</strong> aufmerksam an <strong>und</strong><br />

als Jolanthe von Brandenstein mich<br />

herein bittet, bleibt der H<strong>und</strong> brav<br />

davor. »Mein Türwächter«, lacht die<br />

fre<strong>und</strong>liche Dame, »wenn man immer<br />

H<strong>und</strong>e hatte, mag man sie nicht<br />

missen <strong>und</strong> deshalb ist ›Keeper‹ ein<br />

kleiner Ersatz, weil ich wegen meiner<br />

schlechten Augen keinen lebendigen<br />

H<strong>und</strong> mehr versorgen kann«.<br />

Von Rudolf Kellermann<br />

Jolanthe von Brandenstein, ein Name, den<br />

kaum jemand kennt. Erfolgreiche Schriftstellerin<br />

ist Frau von Brandenstein unter<br />

einem anderen Namen geworden: Leonie<br />

Ossowski.<br />

Über zwanzig Bücher hat sie geschrieben,<br />

darunter viele sehr bekannte wie etwa<br />

Die große Flatter oder Wechselkirschen.<br />

Einige davon sind verfilmt worden, aber die<br />

Autorin hat auch selbst Drehbücher geschrieben,<br />

darunter für den ganz frühen<br />

Tatort Auf offener Straße.<br />

»Mein Pseudonym habe ich erst Ende der<br />

50er angenommen <strong>und</strong> eigentlich meinem<br />

Verleger Piper zu verdanken, der meinen adligen<br />

Namen nicht besonders ›marktfähig‹<br />

fand«, erzählt Leonie Ossowski. »Die Ossowskis<br />

waren ganz früher polnische Raubritter<br />

in meiner schlesischen Heimat <strong>und</strong> sind meine<br />

Urahnen. Später wurden sie Gutsbesitzer<br />

<strong>und</strong> prägten eher mit <strong>soziale</strong>n Einrichtungen<br />

die Gegend«.<br />

Auch Leonie Ossowski wurde auf einem<br />

Gut geboren, das ihrer Familie gehörte <strong>und</strong><br />

das sie einmal übernehmen sollte. Mit dreizehn<br />

Jahren wurde sie an den Bodensee<br />

geschickt, zur Salem-Schule. »Für mich, die<br />

ich aus einer absolut flachen Gegend stammte,<br />

waren die Berge <strong>und</strong> Hügel damals grauenhaft«,<br />

erinnert sie sich. So verließ sie diese<br />

Schule bald wieder, um eine Ausbildung<br />

zur Landwirtin zu machen. »Mein Vater<br />

züchtete Pferde. Das war schon als Kind<br />

auch meine Leidenschaft. Ich wollte immer<br />

Reitlehrerin werden«, sagt Leonie Ossowski.<br />

Doch mit dem Ende des Weltkrieges<br />

kam alles anders. Über Nacht musste die<br />

Familie die notwendigsten Sachen packen<br />

<strong>und</strong> Richtung Westen fliehen. »Ich war<br />

frisch verheiratet <strong>und</strong> erwartete mit Neunzehn<br />

mein erstes Kind. Das machte die<br />

Flucht noch schwerer«, so die Autorin.<br />

Schließlich landete sie im hessischen<br />

Hersfeld, wo sie zufällig auf der Straße ihre<br />

Eltern wieder traf. Dort wurde auch ihr<br />

zweites Kind geboren. Allerdings ist mit<br />

Mit 4 von ihren 7 Kindern <strong>und</strong> Schäferh<strong>und</strong><br />

in Schwaben, Schloss Mittelbiberbach<br />

Mit den Bolognesern Dunja <strong>und</strong> Buddy in<br />

ihrer <strong>Berlin</strong>er Wohnung in der Hubertusallee<br />

Auf der Frankfurter Buchmesse: Leonie Ossowski im Gespräch mit ihrem Verleger<br />

diesem Ort auch die Scheidung verb<strong>und</strong>en,<br />

die »nicht im Frieden« geschah. Eine längere<br />

Bleibe fand sie schließlich bei einem<br />

Vetter in Schwaben. Sie heiratete wieder<br />

<strong>und</strong> bekam mit ihrem zweiten Mann weitere<br />

fünf Kinder.<br />

»Mein zweiter Mann <strong>und</strong> ich hatten nicht<br />

viel Geld <strong>und</strong> so übte ich die verschiedensten<br />

Arbeiten aus. Ich arbeitete in einer Schokoladenfabrik,<br />

war Sekretärin im Volksbildungswerk<br />

<strong>und</strong> schließlich Sprechst<strong>und</strong>enhilfe<br />

bei einem Arzt«, so Leonie Ossowski.<br />

Anschließend zog sie nach Stuttgart <strong>und</strong><br />

verdiente auch dort in unterschiedlichen<br />

Jobs Geld. »Zwei Jahre lang habe ich auf<br />

Jahrmärkten Plastikschürzen verkauft. Da<br />

ich Hausarbeit gehasst habe, habe ich im-<br />

mer versucht, soviel Geld zu verdienen, dass<br />

ich mir eine Haushaltshilfe leisten konnte.«<br />

»Auf dem Jahrmarkt hatte ich die Idee,<br />

ein Drehbuch für einen Film zu schreiben,<br />

ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben,<br />

wie man dies bewerkstelligt«, erzählt<br />

die Schriftstellerin. Mit diesem Drehbuch<br />

fuhr Leonie Ossowski 1951 zu ihrer Schwester<br />

nach <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> ging damit zur DEFA.<br />

»Die haben sich krank gelacht über mein<br />

Werk«, erinnert sich Ossowski. Aber man<br />

erkannte ihre Begabung <strong>und</strong> beauftragte<br />

sie mit einem neuen Drehbuch für den<br />

Erstlingsfilm von Frank Beyer, Zwei Mütter.<br />

»Das war ein erhebendes Gefühl, dass plötzlich<br />

Schauspieler meine Texte sprachen. Die<br />

Zeit bei der DEFA war sehr schön <strong>und</strong> lehrreich<br />

für mich«, sagt Leonie Ossowski.<br />

1958 erschien in der DDR ihr erstes<br />

Buch Stern ohne Himmel. Im gleichen Jahr<br />

erfolgte der Umzug nach Mannheim. Mit<br />

ihrem zweiten Buch, Wer fürchtet sich vorm<br />

schwarzen Mann, gelang ihr der Durchbruch.<br />

Nach dem Scheitern der zweiten Ehe<br />

engagierte sich Ossowski zunehmend politisch<br />

in der SPD. Auslöser war eine Gruppe<br />

alle fotos: privat<br />

teilweise obdachloser Jugendlicher in<br />

Mannheim, um die sie sich zu kümmern<br />

begann. »Ich habe die einfach immer wieder<br />

mit zu mir nach Hause genommen <strong>und</strong> sie<br />

versorgt.« Mittlerweile hatte sie auch Kontakt<br />

zu kriminellen Jugendlichen bekommen.<br />

»Ich habe dann kurzerhand eine große<br />

Party für <strong>und</strong> mit all meinen Jungs bei mir<br />

zu Hause organisiert. Ich hatte allerdings zu<br />

dieser Zeit immer noch ein Grammophon<br />

<strong>und</strong> keine richtige Anlage. Kurzerhand hat<br />

dann einer der Jungs in einer Kirche – ohne<br />

mein <strong>Wissen</strong> – eine Musikanlage geklaut,<br />

wurde dabei erwischt <strong>und</strong> kam in den Knast.<br />

Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen,<br />

denn ich fühlte mich mitschuldig. Aber gefeiert<br />

haben wir das Fest trotzdem«, erzählt die<br />

Autorin. Um den Jungen im Knast besuchen<br />

zu können, wurde Leonie Ossowski<br />

kurzerhand Bewährungshelferin. »Innerhalb<br />

von vier Wochen hatte ich eine Gruppe<br />

von über zwanzig Gefangenen zu betreuen<br />

Leonie Ossowski, geborene Jolanthe von<br />

Brandenstein<br />

<strong>und</strong> wurde Vorsitzende des neu eingerichteten<br />

Gefängnisrates.«<br />

Schließlich gründete sie mit anderen<br />

ein Haus für strafentlassene Jugendliche.<br />

»Um Geld zu kriegen, habe ich mich mit<br />

Rockern zusammen getan, damit die notfalls<br />

mit ihren Motorrädern Krach vor dem Rathaus<br />

machen. Ich habe von allen Parteien<br />

Geld bekommen«, lächelt Leonie Ossowski.<br />

Nicht zuletzt hatte Ossowski alle Journalisten<br />

der örtlichen Zeitungen für sich gewinnen<br />

können.<br />

Zunehmend wurde diese Problematik<br />

auch Thema in ihren Büchern. Auch Die<br />

große Flatter ist so entstanden. Einer ihrer<br />

größten Erfolge, so die Schriftstellerin, sei<br />

die Aussage eines Mannes aus den Wohnbaracken,<br />

Leonie Ossowski schreibe nicht<br />

über uns, sondern von uns.<br />

Nach der dritten Eheschließung ging<br />

Leonie Ossowski vier Monate nach Polen,<br />

um ihre alte Heimat zu entdecken. »Nach<br />

anfänglich großen Schwierigkeiten als Deutsche<br />

habe ich sehr engen Kontakt zu den<br />

Menschen dort bekommen«, sagt sie. Als<br />

Ergebnis dieses Aufenthaltes ist ihre Schlesien-Trilogie<br />

entstanden. »Meine vielleicht<br />

wertvollste Auszeichnung ist der Orden ›Verdienst<br />

um die polnische Kultur‹, den ich<br />

2007 vom polnischen Kultur-Ministerium erhalten<br />

habe«, so Ossowski.<br />

Seit 1979 lebt Leonie Ossowski in <strong>Berlin</strong>.<br />

<strong>Berlin</strong> sei die Stadt ihrer Großmütter<br />

<strong>und</strong> immer ein zentraler Ort in ihrem Leben<br />

gewesen. Seit etwas über einem Jahr<br />

wohnt sie in der <strong>Tertianum</strong> Residenz. »Vor<br />

allem der Augen wegen«, sagt sie.<br />

Als ich mich von Leonie Ossowski verabschiede,<br />

passiere ich wieder Keeper, den<br />

Türwächter, <strong>und</strong> bedanke mich bei ihm,<br />

dass er so gnädig war <strong>und</strong> zuließ, mich mit<br />

dieser faszinierenden Frau unterhalten zu<br />

dürfen.


Seite 4 · Nr. 3 /2012 Stadtkultur<br />

Maßgeblich für die Gründung der Doppelstadt<br />

<strong>Berlin</strong>-Cölln waren der günstige<br />

Übergang über das an dieser Stelle nur<br />

fünf Kilometer breite Spreetal <strong>und</strong> der<br />

Treffpunkt der Straßen von der Elbe zur<br />

Oder.<br />

1307 schlossen beide Städte einen Vertrag<br />

über das Zusammengehen. Zwar blieben<br />

die Räte in beiden Städten bestehen,<br />

aber in wichtigen gemeinsamen Fragen<br />

trafen sie sich als Körperschaft in einem<br />

besonderen Rathaus. 1321 übernahm <strong>Berlin</strong><br />

für 100 Jahre die Führung des »Landfrieden<br />

Bündnis der Mittelmärkischen<br />

Städte«. Diese Zeit der Selbständigkeit ging<br />

mit dem <strong>Berlin</strong>er »Unwillen« – 1442 bis<br />

1448 – zu Ende. Die Stadt unterlag <strong>und</strong><br />

Kurfürst Friedrich II. machte sie zur Residenzstadt<br />

der Hohenzollern.<br />

Bereits 1617 wurde bei Georg Runge im<br />

Grauen Kloster die erste <strong>Berlin</strong>er Wochenzeitung<br />

gedruckt. 1632 wurde allerdings<br />

die Zensur eingeführt.<br />

Der große Kurfürst Friedrich Wilhelm<br />

übernahm 1640, mitten im 30-jährigen<br />

Krieg, die Regierung <strong>und</strong> eine zerrüttete<br />

Stadt. Die Bevölkerung in <strong>Berlin</strong> war um<br />

die Hälfte gesunken. Mit großem Organisationstalent<br />

schuf er wieder eine emporstrebende<br />

Hauptstadt. Unter Friedrich I. wurden<br />

<strong>Berlin</strong>, Cölln, Friedrichswerder, die Dorotheenstadt<br />

<strong>und</strong> die Friedrichstadt zur<br />

königlichen Residenzstadt vereinigt. 1776<br />

erhielt jedes <strong>Berlin</strong>er Haus eine Hausnummer.<br />

Friedrich I. war es auch, der in <strong>Berlin</strong><br />

Hexenprozesse verbot <strong>und</strong> die Folter in<br />

Kriminalverfahren abschaffte.<br />

Schon Ende des 17./Anfang des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zog es immer mehr Menschen<br />

nach <strong>Berlin</strong>. Zu Beginn des 19. Jahrhun-<br />

Dieses Jahr wird <strong>Berlin</strong> 775! Dass <strong>Berlin</strong><br />

eine wechselvolle Geschichte hat <strong>und</strong> in<br />

seiner Geschichte einzigartig ist, dürfte<br />

allseits auf Zustimmung treffen. Auch zu<br />

den Feierlichkeiten zum 775. Geburtstag<br />

stellt sich <strong>Berlin</strong> seinem guten Ruf <strong>und</strong><br />

bietet sowohl <strong>Wissen</strong>swertes als auch<br />

Unterhaltsames »en masse«!<br />

Nikolaiviertel: Historisches Gebiet in neuem<br />

alten Gewand foto: wikipedia<br />

Die Wiege <strong>Berlin</strong>s, so nennt man das<br />

Nikolaiviertel zu Recht. Kein W<strong>und</strong>er also,<br />

dass viele Veranstaltungen an diesem geschichtsträchtigen<br />

Ort stattfinden, zumal<br />

er sich heute schöner denn je zeigt. Im Ap-<br />

Bewegte Zeiten<br />

<strong>Berlin</strong> blickt auf ereignisreiche 775 Jahre zurück<br />

Stadtansicht von <strong>Berlin</strong> um 1730: Kupferstich mit Blick von der Friedrichstadt nach Osten<br />

auf <strong>Berlin</strong>-Cölln mit Stadtmauer bild: wikipedia<br />

derts explodierte die Stadt. Von 1819 bis<br />

1840 wuchs die Bevölkerung um 201.000<br />

auf 328.000 Einwohner. Damit kam jedoch<br />

auch sehr viel Armut an die Spree. Schon<br />

damals war <strong>Berlin</strong> arm, aber noch nicht<br />

unbedingt sexy. Reich wurden allerdings<br />

die Gr<strong>und</strong>stücksbesitzer, denn der Bau von<br />

Wohnungen boomte.<br />

1806 wurde die Stadt kurzzeitig von<br />

den Franzosen besetzt, drei Jahre später<br />

richtete Friedrich Ludwig Jahn in der Hasenheide<br />

den ersten Turnplatz ein. 1866<br />

wurde die Synagoge in der Oranienburger<br />

Straße fertig gestellt, die jüdische Gemeinde<br />

in <strong>Berlin</strong> war bereits 1671 gegründet<br />

worden.<br />

Mit der Eingemeindung vieler an der<br />

Peripherie der Stadt gelegener Gemeinden<br />

1920 wurde <strong>Berlin</strong> zu Groß-<strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> eine<br />

pulsierende Großstadt mit dem größten<br />

Eisenbahnnetz Europas <strong>und</strong> der ersten<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

deutschen U-Bahn. Auch die ersten motorgetriebenen<br />

Autobusse begannen ihren<br />

Linienverkehr in dieser Zeit, Sportpalast<br />

<strong>und</strong> Deutsche Oper wurden eröffnet.<br />

Dieser Boom hielt allerdings nicht<br />

lange an <strong>und</strong> wurde durch den I. Weltkrieg<br />

beendet. Kaiser Wilhelm II. erklärte am 31.<br />

Juli 1914 für <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> die Provinz Brandenburg<br />

den Kriegszustand. Bald gab es<br />

Massenstreiks gegen Hunger <strong>und</strong> Krieg in<br />

der Stadt, der Generalstreik wurde ausgerufen<br />

<strong>und</strong> die Abdankung des Kaisers<br />

bekanntgegeben. Reichskanzler Max von<br />

Baden übergab sein Amt Friedrich Ebert<br />

(SPD). Philipp Scheidemann rief die Republik<br />

aus. Karl Liebknecht proklamierte<br />

vom Balkon des <strong>Berlin</strong>er Schlosses die<br />

Freie Sozialistische Republik. Arbeiter <strong>und</strong><br />

Soldatenräte wurden eingesetzt. Sie beschlossen<br />

die Wahl einer Nationalversammlung.<br />

Mit der Ermordung von Karl<br />

<strong>Berlin</strong>, wat haste Dir verändert<br />

Veranstaltungen zur 775-Jahre <strong>Berlin</strong><br />

ril fing es schon an. Da eröffnete im Stadtmuseum<br />

<strong>Berlin</strong> die noch bis zum 28. Oktober<br />

zu sehende Ausstellung »BERLIN-macher<br />

– 775 Porträts – ein Netzwerk«.<br />

Erstmals werden hier Vergangenheit<br />

<strong>und</strong> Gegenwart <strong>Berlin</strong>s durch ausgesuchte<br />

Porträts seiner Bewohner gezeigt. Den<br />

Eisenbahnkönig Bethel Henry Strousberg<br />

etwa verbindet seine expansive Strategie<br />

mit dem Fernhändler Conrad von Beelitz,<br />

den Zirkusdirektor Ernst Renz die Liebe<br />

zum Pferd mit dem Theaterimpresario Max<br />

Reinhardt. Der Studentenführer Rudi Dutschke<br />

hingegen hatte wie die Salonière<br />

Henriette Herz das Bedürfnis nach gesellschaftsrelevanten<br />

Diskussionen, verfügte<br />

wie der Philosoph Friedrich Schleiermacher<br />

über die Gabe einer charismatischen<br />

Rhetorik <strong>und</strong> griff wie die DDR-Rockmusikerin<br />

Tamara Danz zu Mitteln des öffentlichen<br />

Protests.<br />

Geöffnet ist diese interessante Ausstellung<br />

am Dienstag <strong>und</strong> Donnerstag bis<br />

Sonntag 10–18 Uhr, Mittwoch 12–20 Uhr.<br />

Der Eintritt kostet 6,–/ermäßigt 4,–Euro.<br />

Jeden ersten Mittwoch im Monat ist der<br />

Eintritt sogar frei.<br />

Im Oktober 2012 steuert alles auf das<br />

große Finale hin. Schon am 10.10. lohnt<br />

sich der Weg in <strong>Berlin</strong>s Mitte. Da heißt es<br />

am Märkischen Museum am Köllnischen<br />

Park um 17.30 Uhr »Donnerwetter, tadellos<br />

– Wie schön du bist, <strong>Berlin</strong>«, eine Hommage<br />

an Paul Lincke <strong>und</strong> Jean Gilbert. Mit<br />

der Premiere von Paul Linckes »Frau Luna«<br />

1899 im Apollo-Theater in der Friedrichstraße<br />

schlug die Geburtsst<strong>und</strong>e der <strong>Berlin</strong>er<br />

Operette. Lincke schuf Melodien mit<br />

einer unverkennbaren <strong>Berlin</strong>er Note. Auch<br />

Jean Gilbert war zunächst am Apollo-Theater<br />

als 2. Kapellmeister neben Paul Lincke<br />

beschäftigt. Die große Erfolgsserie des »Königs<br />

der Operette« begann 1910 mit dem<br />

Werk »Polnische Wirtschaft«. Mit Texten<br />

<strong>und</strong> Musik von Schelllackplatten <strong>und</strong> Edison-Walzen<br />

erinnert man an beide Komponisten.<br />

Der Eintritt kostet 3,–/ermäßigt 2,–<br />

Euro. Ein Muss!<br />

Sämtliche Veranstaltungen r<strong>und</strong> um<br />

den Stadtgeburtstag gipfeln im Jubiläumsfest<br />

am 28. Oktober: Die Open-Air-Projekte<br />

»Stadt im Mittelalter« <strong>und</strong> »Stadt der Vielfalt«<br />

gehen, von speziellen Programmen<br />

begleitet, an diesem Tag zu Ende. Das gan-<br />

der tertianer<br />

Liebknecht <strong>und</strong> Rosa Luxemburg <strong>und</strong> dem<br />

Kapp-Putsch begannen wirre Zeiten in der<br />

Stadt, begleitet allerdings von einem Aufblühen<br />

von Theatern, Varietés, Musiklokalen.<br />

Heute wird diese Zeit gerne als die<br />

»Goldenen 20er« in <strong>Berlin</strong> bezeichnet, wobei<br />

allerdings vergessen wird, dass sie nur<br />

für die wenigsten <strong>Berlin</strong>er golden war, die<br />

überwiegende Mehrheit wohnte in Armut<br />

<strong>und</strong> heute unvorstellbar engen Verhältnissen<br />

die kalten Wohnungen trocken.<br />

Bereits 1927 hielt Adolf Hitler seine<br />

erste Rede in <strong>Berlin</strong> <strong>und</strong> läutete damit das<br />

dunkelste Kapitel in der Geschichte der<br />

Stadt ein. Bis zu seinem Selbstmord am 30.<br />

April 1945 in <strong>Berlin</strong> ist es Hitler <strong>und</strong> seinen<br />

Schergen gelungen, die Stadt ins Chaos<br />

<strong>und</strong> in Schutt <strong>und</strong> Asche zu stürzen.<br />

Ergebnis dieser verrückten Politik war<br />

schließlich die Teilung der Stadt. Der SPD-<br />

Politiker Ernst Reuter wurde erster Bürgermeister<br />

der von der DDR so genannten »Besonderen<br />

politischen Einheit Westberlin«.<br />

Die DDR selbst wurde im Oktober 1949<br />

gegründet <strong>und</strong> machte Ost-<strong>Berlin</strong> zu ihrer<br />

Hauptstadt. 1961 wurde mit dem Bau der<br />

Mauer die Trennung eindeutig besiegelt.<br />

Eng verb<strong>und</strong>en mit der Nachkriegsgeschichte<br />

des westlichen Teils sind auch die<br />

Demonstrationen der Außerparlamentarischen<br />

Opposition, die nach dem Attentat<br />

auf Rudi Dutschke 1968 ihren Höhepunkt<br />

erreichten. 1987 fanden die Feierlichkeiten<br />

zum 750. Geburtstag der Stadt noch getrennt<br />

in Ost- <strong>und</strong> West-<strong>Berlin</strong> statt, zwei<br />

Jahre später war <strong>Berlin</strong> mit dem Fall der<br />

Mauer endlich wieder vereint. Die mit etwa<br />

3,5 Mio. Einwohnern größte deutsche Stadt<br />

wurde schließlich 1990 gegen erheblichen<br />

Widerstand vor allem von West-Politikern<br />

wieder Hauptstadt aller Deutschen.<br />

ze Wochenende über präsentieren sich die<br />

Händler des Nikolaiviertels mit umfangreichen<br />

Aktionen <strong>und</strong> laden ein zum bunten<br />

mittelalterlichen Treiben. Am Sonntagvormittag<br />

findet in der Marienkirche ein Festgottesdienst<br />

mit dem Regierenden Bürgermeister<br />

von <strong>Berlin</strong>, Klaus Wowereit, statt.<br />

Am Nachmittag sind Persönlichkeiten aus<br />

Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Kultur zum offiziellen<br />

Festakt in die Nikolaikirche eingeladen.<br />

Mit Einbruch der Dunkelheit setzen die<br />

Feuerkünstler der französischen Compagnie<br />

Carabosse <strong>und</strong> das Straßentheater titanick<br />

das Areal des mittelalterlichen <strong>Berlin</strong>s<br />

stimmungsvoll in Szene. Ein glanzvolles<br />

Finale! Eckhard Pasewald<br />

Mehr Informationen<br />

Im Internet: www.berlin.de/775<br />

Adressen: Stadtmuseum <strong>Berlin</strong><br />

im Ephraim-Palais, Poststraße 16,<br />

10178 <strong>Berlin</strong><br />

St. Marienkirche, Karl-Liebknecht-<br />

Straße 8, 10178 <strong>Berlin</strong>


der tertianer<br />

deutet. Auch der katholische Rosenkranz<br />

geht auf die Jungfräulichkeit Marias zurück.<br />

Von der Weinrose glaubte man, dass<br />

sie aus einem Blutstropfen Christi erwuchs,<br />

der aus der Dornenkrone des Gekreuzigten<br />

stammte. Der Reformator Martin<br />

Luther verwendete als Wappen ein<br />

Kreuz in einem roten Herz, das von einer<br />

weißen Rose umrahmt wird. Er beschrieb<br />

die Bedeutung mit den bekannten Worten:<br />

Ein Christenherz auf Rosen geht,<br />

wenn’s mitten unterm Kreuze steht.<br />

Nicht nur Luthers Wappen ziert eine<br />

Rose. Viele europäische Adelsgeschlechter<br />

verewigten die Königin der Blumen als Teil<br />

ihres Siegels. Nicht immer nur friedlich!<br />

Stadtkultur Nr. 3 /2012 · Seite 5<br />

Die Rose spricht alle Sprachen der Welt<br />

Vor etwa 30 Millionen Jahren – wir<br />

wollen uns da nicht so genau festlegen<br />

– begann die Geschichte<br />

einer Blume, die bis heute als die<br />

vielleicht symbolträchtigste Pflanze<br />

gilt, die Rose. Schon aus dieser<br />

frühen Urzeit sind Fossilien von<br />

Wildrosen gef<strong>und</strong>en worden.<br />

Von Rudolf Kellermann<br />

Die damalige Verbreitung der Blume<br />

reichte von China bis in den nahen<br />

Osten, aber auch in den nordamerikanischen<br />

Rocky Mountains wurden frühe<br />

Zeugnisse der Blume gef<strong>und</strong>en.<br />

Bereits 2700 v.Chr. wurden in China<br />

nachweislich Rosen in Gärten kultiviert.<br />

Erstmals in Ägypten wurde die Blüte 1200<br />

v.Chr. dokumentiert. Etwa um 300 v.Chr.<br />

wurde dort die rote Rose die Blume der<br />

Göttin Isis.<br />

Im antiken Griechenland bekam die<br />

Rose durch die Dichterin Sappho ihren Beinamen<br />

»Königin der Blumen«. Viele griechische<br />

Städte bekränzten ihre siegreichen<br />

Soldaten bei ihrer Heimkehr mit Rosen.<br />

Auch in der griechischen Götterwelt ist die<br />

Rose ein fester Bestandteil geworden als<br />

Attribut an Aphrodite, die Göttin der Liebe.<br />

Seither steht die Blüte überall für Schönheit,<br />

Glück, Leidenschaft <strong>und</strong> Liebe.<br />

Die vorchristlichen Römer machten die<br />

Rose zum Luxusartikel. Bei ausschweifenden<br />

Festmahlen rieb man sich mit Rosenöl<br />

ein. Die Wege zu den reich gedeckten Tafeln<br />

waren mit einem Teppich aus Rosen<br />

versehen. Legendär ist Kaiser Neros Festmahl<br />

»sub rosa« im Palatin, bei dem Rosenblüten<br />

<strong>und</strong> Rosenöl von der Decke rieselten.<br />

Die ägyptische Königin Kleopatra ließ<br />

als Zeichen ihrer Zuneigung Mark Anton<br />

bei dessen Begrüßung knietief in Rosenblütenblättern<br />

versinken. Im 3. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

n.Chr. überschüttete der Kaiser Helio-<br />

Von Rudolf Kellermann<br />

Margherita Lotti-Mancini wurde etwa 1370<br />

in der Nähe von Cascia in Umbrien (Italien)<br />

geboren <strong>und</strong> als junge Frau gegen ihren<br />

Willen zur Ehe mit dem gewalttätigen<br />

Paolo di Ferdinando gezwungen. 1401<br />

wurde ihr Mann ermordet <strong>und</strong> die beiden<br />

Söhne Ritas schworen Blutrache.<br />

Die Mutter betete, dass sie lieber sterben<br />

sollten als zu Mördern zu werden, was<br />

1402 tatsächlich geschah. Rita wollte daraufhin<br />

ins Kloster in Cascia <strong>und</strong> wurde<br />

nach mehrmaliger Abweisung 1407 als<br />

Augustiner-Eremitin aufgenommen.<br />

Ihre mystischen Erfahrungen reichen<br />

bis zur Stigmatisierung durch die W<strong>und</strong>male<br />

der Dornenkrone Jesu Christi im Jahr<br />

1432. Der Überlieferung nach bohrte sich<br />

ein Dorn aus Jesu Krone in ihre Stirn. Von<br />

Die Rose ist bis heute die Blume der Liebe<br />

gabal seine Gäste mit einer solchen Menge<br />

an Blütenblättern, dass einige darin erstickten.<br />

Im Mittelalter wurde die Rose in die<br />

Mystik christlichen Glaubens einbezogen<br />

<strong>und</strong> als Zeichen der Unschuld Marias ge-<br />

da ab trug sie die schmerzende <strong>und</strong> offene<br />

W<strong>und</strong>e 15 Jahre lang bis zu ihrem Tod im<br />

Jahr 1447. Vor ihrem Ableben hat sie gebeten,<br />

ihr eine Rose aus dem Garten zu bringen.<br />

Obwohl es bitterkalter Winter war, erblühte<br />

dort ein Rosenstrauch.<br />

Noch heute blühen im rauen Gebirgsklima<br />

von Cascia Rosen, <strong>und</strong> viele Menschen<br />

pilgern Tag für Tag zur rosenumkränzten<br />

Grabstätte der Heiligen. Vor allem<br />

in aussichtslosen Nöten <strong>und</strong> Situationen<br />

soll ihr Beistand helfen. Die vielen leeren<br />

Zigarettenschachteln am Grab lassen darauf<br />

schließen, dass das süchtige Rauchen<br />

eine der aussichtslosesten Situationen der<br />

Menschheit ist. Viele Frauen bitten die heilige<br />

Rita angeblich auch um Beistand gegen<br />

ihre unausstehlichen Männer. In Erinnerung<br />

an das Rosenw<strong>und</strong>er werden in Italien<br />

am 22. Mai »Rita-Rosen« geweiht.<br />

Bekannt geworden ist der englische Rosenkrieg,<br />

Synonym für die von 1455 bis 1485<br />

geführten Kämpfe um die englische Thronherrschaft.<br />

Die rote Rose stand für das<br />

Haus Lancaster <strong>und</strong> die weiße für das Haus<br />

York. William Shakespeare hat mit seinem<br />

The Queen Mary’s Rose Garden: Londons größter <strong>und</strong> schönster Rosengarten ist Pilgerort<br />

für Garten- <strong>und</strong> Rosenfre<strong>und</strong>e aus aller Welt fotos: wikipedia<br />

Die Lutherrose war ab 1530 Martin Luthers<br />

Briefsiegel <strong>und</strong> Symbol der ev.-luth. Kirche<br />

Rosenernte in Bulgarien: Aus Damaszener<br />

Rosen wird kostbares Rosenöl gewonnen<br />

Heinrich IV diesen Auseinandersetzungen<br />

ein Denkmal gesetzt. Das heutige Wappen<br />

der Tudors, eine Rose aus roten <strong>und</strong> weissen<br />

Blütenblättern, steht für die Aussöhnung<br />

beider Geschlechter.<br />

In den Gärten <strong>und</strong> Parks Großbritanniens<br />

spielt die Rose auch heute noch die<br />

größte Rolle. Queen Mary’s Rose Garden in<br />

London ist ein besonders beeindruckendes<br />

Beispiel. Aber auch die berühmten französischen<br />

Gärten in L`Hay-les-Rose <strong>und</strong> Bagatelle<br />

sind sehenswert. Die größte Rosensammlung<br />

der Welt aber gibt es in Sangerhausen<br />

in Deutschland. Mehr als 8.300 verschiedene<br />

Rosensorten bestechen im Rosarium<br />

der kleinen Stadt im Südharz durch<br />

Formen-, Farb- <strong>und</strong> Duftvielfalt. Insgesamt<br />

wachsen in dem Park 75.000 Rosenstöcke.<br />

Und dennoch ist dies nur ein kleiner Teil<br />

der bekannten Rosensorten. Weltweit wird<br />

ihre Zahl auf über 30.000 geschätzt.<br />

Das Rosenw<strong>und</strong>er der heiligen Rita<br />

Ritas unverwester Leichnam ruht in der Basilika in Cascia: Ihre ikonografischen Attribute<br />

sind das Kreuz, Stigmata auf der Stirn <strong>und</strong> die Rose foto: wikipedia


Seite 6 · Nr. 3 /2012 Hauskultur<br />

Lesebühne <strong>Berlin</strong><br />

GN_Das 12. Internationale Literaturfestival<br />

<strong>Berlin</strong> findet vom 4. bis 16. September 2012<br />

statt. Die Eröffnungsrede wird der chinesische<br />

Exilautor <strong>und</strong> diesjährige Friedenspreisträger<br />

des Deutschen Buchhandels,<br />

Liao Yiwu, am 4. September um 18 Uhr im<br />

Haus der <strong>Berlin</strong>er Festspiele halten. Des<br />

weiteren sind u.a. zu Gast: Isabel Allende,<br />

Amir Hassan Cheheltan, Michel Houellebecq,<br />

Herta Müller, Péter Nádas, Kiran Nagarkar,<br />

Laura Restrepo, <strong>und</strong> Éric-Emmanuel<br />

Schmitt.<br />

Eine St<strong>und</strong>e vor Beginn des Festivals<br />

sind unter dem Titel »<strong>Berlin</strong> liest« alle<br />

<strong>Berlin</strong>erinnen <strong>und</strong> <strong>Berlin</strong>er aufgerufen, am<br />

4. September um 17 Uhr an einem Ort ihrer<br />

Wahl aus ihrem Lieblingsbuch vorzulesen.<br />

Aus diesem Anlass wird Guido Neubert<br />

einen Ausschnitt aus dem Roman Die Brükke<br />

von Coca von Maylis de Kerangal im<br />

Clubraum der <strong>Tertianum</strong> Residenz lesen.<br />

Tickets <strong>und</strong> Informationen zum Literaturfestival<br />

telefonisch unter 030.254 89 100.<br />

Sehens wert<br />

Vom Fischerhaus<br />

zur Stadtvilla.<br />

Emil Nolde <strong>und</strong><br />

Mies van der Rohe<br />

GN_ Im Zentrum der Ausstellung Vom Fischerhaus<br />

zur Stadtvilla steht die urbane<br />

Gegenwelt, in die Emil Nolde eintauchte,<br />

wenn er die weiten Marschlandschaften<br />

<strong>und</strong> das von ihm selbst entworfene Wohn<strong>und</strong><br />

Atelierhaus Seebüll verließ, um, meist<br />

für die Wintermonate, in <strong>Berlin</strong> zu sein.<br />

Zahlreiche Gemälde <strong>und</strong> Aquarelle spiegeln<br />

seine verschiedenen Wohn- <strong>und</strong> Lebenssituationen<br />

wieder. Ergänzt wird die<br />

Ausstellung durch historische Dokumente<br />

<strong>und</strong> Photographien, sowie das Modell seines<br />

<strong>Berlin</strong>er Künstlerhauses in Dahlem.<br />

Dieser Entwurf, auch wenn er nie realisiert<br />

werden konnte, gehört zu den wichtigsten<br />

Arbeiten von Mies van der Rohe in den späten<br />

1920er Jahren.<br />

Bis 7. Oktober 2012,<br />

täglich 10–19 Uhr<br />

Nolde Stiftung Seebüll,<br />

Dependance <strong>Berlin</strong><br />

Jägerstraße 55, 10117 <strong>Berlin</strong><br />

Telefon: 030.40 00 46 90<br />

Ada <strong>und</strong> Emil Nolde: 1943, Wohnzimmer im<br />

»Haus Seebüll« ©nolde stiftung seebüll<br />

Guido Neubert<br />

300 Jahre Friedrich der Große<br />

Potsdam, 30. Oktober 1770<br />

... Was uns zwei angeht, so verheißt uns<br />

unserer Glaube, daß wir geradewegs ins Paradies<br />

eingehen. Doch eilen Sie sich nur<br />

nicht zu sehr mit dieser Reise: ein Du-Hast in<br />

dieser Welt ist allemal mehr wert als ein Du-<br />

Wirst-Haben bezüglich jener. ... Federic.<br />

Die Bachianas Brasileiras <strong>und</strong> die Choros<br />

zählen zu den bekanntesten Werken des<br />

Komponisten <strong>und</strong> Musikers Heitor Villa-Lobos.<br />

Mit den Chorões – lokalen Ensembles<br />

für Unterhaltungsmusik – wurde er früh<br />

auf die Brasilianische Folklore aufmerksam.<br />

Mit den Bachianas Brasileiras entstanden<br />

auf der Basis brasilianischer Volksmelodien<br />

Suiten im polyphonen Stil. Dabei<br />

war Johann Sebastian Bach eines seiner bedeutendsten<br />

musikalischen Vorbilder.<br />

Aber der Reihe nach: Heitor Villa-Lobos<br />

wurde 1887 in Rio de Janeiro geboren. Bereits<br />

mit sechs Jahren bekam er von seinem<br />

Vater ersten Cellounterricht. Die Familie<br />

reiste viel ins Landesinnere <strong>und</strong> so lernte<br />

Heitor früh die brasilianische Folklore<br />

kennen. Als er 12 Jahre alt war, starb der<br />

Vater. Kurz darauf arbeitete er als Cellospieler<br />

in Kaffeehäusern <strong>und</strong> kleineren<br />

Theatern <strong>und</strong> seine ersten Kompositionen<br />

entstanden. Zu dem gefragten Gastdirigenten<br />

bekannter US-amerikanischer Orchester<br />

war es allerdings noch ein weiter Weg.<br />

1913 <strong>und</strong> 1917 sah er das Ballets Russes,<br />

wo er erstmals Werke französischer<br />

Impressionisten <strong>und</strong> von Igor Strawinski<br />

hörte. Dessen le sacre du printemps bezeichnete<br />

er als die größte musikalische<br />

Emotion seines Lebens. Seine eigenen<br />

Kompositionen wurden erstmals 1915 öffentlich<br />

aufgeführt. Arthur Rubinstein, der<br />

die Musik von Villa-Lobos 1918 auf einer<br />

Brasilientournee hörte, wurde zum begeisterten<br />

Fürsprecher <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>. Ebenso<br />

wie der Komponist Darius Milhaud, der zu<br />

dieser Zeit französischer Botschafter in der<br />

brasilianischen Hauptstadt war. Rubinstein<br />

nahm einige Werke von Villa-Lobos in sein<br />

Repertoire auf <strong>und</strong> ebnete ihm den Weg<br />

nach Paris. Sein lang gehegter Traum, sich<br />

in der europäischen Kulturmetropole ganz<br />

dem Komponieren zu widmen, wurde 1923<br />

<strong>und</strong> erneut 1927 Wirklichkeit. Es waren<br />

künstlerisch außerordentlich produktive<br />

Jahre <strong>und</strong> er wurde der erste international<br />

bekannte Kom-ponist Lateinamerikas.<br />

Doch der finanzielle Erfolg blieb aus. Der<br />

so selbstbewusst in Paris gestartete Villa-<br />

Lobos (»Ich bin nicht gekommen, um zu ler-<br />

Über 42 Jahre währte der Briefwechsel<br />

zwischen dem französischen Philosophen<br />

Voltaire <strong>und</strong> dem Preußenkönig Friedrich<br />

dem Großen – dem »Dichter-Philosophen<br />

<strong>und</strong> dem Philosophen-König«. Beide waren<br />

bedeutende Vertreter der Aufklärung <strong>und</strong><br />

schrieben über »Gott <strong>und</strong> die Welt« in einer<br />

unnachahmlichen <strong>und</strong> heute immer noch<br />

anregenden Weise, mal ernst <strong>und</strong> nachdenklich,<br />

mal humorvoll <strong>und</strong> selbstironisch,<br />

wie am 29. Juni 1771:<br />

Erleuchten Sie weiterhin, die erleuchtbar<br />

sind; Sie säen auf <strong>und</strong>ankbarem Boden, doch<br />

künftige Jahrh<strong>und</strong>erte werden auf diesen<br />

Äckern reiche Ernte halten. Der Philosoph<br />

von Sans-Souci grüßt den Eremiten von Ferney.<br />

Vale! Federic<br />

Die Schauspieler Heiko Wolff <strong>und</strong><br />

Hans-Heinrich Hardt lesen aus diesem berühmten<br />

Briefwechsel am 29. September,<br />

17 Uhr in der <strong>Tertianum</strong> Residenz.<br />

Zitate: Aus dem Briefwechsel Voltaire –<br />

Friedrich der Große; Hrsg. H. Pleschinski,<br />

Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M., 1992<br />

Heitor Villa-Lobos<br />

Ich betrachte meine Werke als Briefe an die Nachwelt, auf die ich keine Antwort erwarte<br />

nen, sondern, um zu zeigen, was ich gemacht<br />

habe. Wenn es Ihnen gefällt, was ich<br />

mache, bleibe ich, wenn nicht, kehre ich in<br />

meine Heimat zurück.«) musste 1930 nach<br />

Brasilien zurückkehren. Dort prägte er<br />

nachhaltig die Musikerziehung seines Landes<br />

<strong>und</strong> begann<br />

eine bedeutende<br />

Karriere als Musikpädagoge.Internationalhäuften<br />

sich die Einladungen<br />

zu Dirigaten,<br />

vor allem in<br />

die USA, wo er ab<br />

1944 jährlich renommierteOrche-<br />

ster leitete <strong>und</strong><br />

seine Werke u.a.<br />

mit dem Louisville<br />

H. Villa-Lobos, 1922<br />

Symphony Orchestra unter Robert Whitney<br />

aufgenommen wurden. Die Orchesterwerke<br />

Erosão <strong>und</strong> Alvorada na floresta tropical,<br />

1951 <strong>und</strong> 1954 uraufgeführt, schrieb Villa-<br />

Lobos für dieses Orchester.<br />

Villa-Lobos, der als der bekannteste<br />

<strong>und</strong> produktivste Komponist Lateinamerikas<br />

gilt, starb 1959. Schon zwei Jahre nach<br />

seinem Tod wurden alle seine Werke im<br />

Museu Villa-Lobos gesammelt <strong>und</strong> aufbewahrt:<br />

Mehr als 1.000 Kompositionen in<br />

allen traditionellen Formen <strong>und</strong> Gattungen.<br />

Seine Werke für Gitarre gehören zum<br />

Standardrepertoire für Solisten dieses Instruments.<br />

Das Besondere aber war, dass er<br />

die traditionelle Musik der indianischen Ureinwohner<br />

<strong>und</strong> der afrikanischen Sklaven,<br />

sowie die urbane Popularmusik seiner Heimatstadt<br />

Rio de Janeiro zu aufregend neuartigen<br />

Klängen, zu den panbrasilianischen<br />

Choros verarbeitete, ... <strong>und</strong> die Barock <strong>und</strong><br />

Tropen verschmelzenden Bachianas Brasileiras<br />

schuf. (Manuel Negwer: Villa-Lobos,<br />

Schott Music, Mainz 2008)<br />

Das Duo Rio-Amazonas greift auf den<br />

musikalischen Weg von Heitor Villa-Lobos<br />

zurück <strong>und</strong> ist mit seinem Programm Von<br />

Bach bis Bossa am 15. September, 17 Uhr,<br />

im Atrium der <strong>Tertianum</strong> Residenz zu erleben.<br />

Guido Neubert<br />

der tertianer<br />

Hier geht’s zur Kultur<br />

Das gesamte Kulturprogramm finden<br />

Sie im Programmfolder, den Sie an<br />

der Rezeption der <strong>Tertianum</strong> Residenz<br />

<strong>und</strong> an vielen Kulturorten <strong>Berlin</strong>s bekommen.<br />

Der bequemste Weg: Sie<br />

lassen sich das Programm regelmäßig<br />

zuschicken (unter Telefon 030.<br />

219920 können Sie sich in unseren<br />

Verteiler aufnehmen lassen). Unter<br />

www.tertianum-berlin.de können Sie<br />

das Programm auch herunter laden.<br />

Was bedeutet<br />

eigentlich ...?<br />

»In Wolkenkuckucksheim<br />

leben<br />

In einer Zeit, in der noch alles möglich<br />

war <strong>und</strong> die Menschen- <strong>und</strong> die Götterwelt<br />

von Machtkämpfen mit- <strong>und</strong> untereinander<br />

bestimmt waren, flüchteten einige<br />

Lebewesen in eine ganz andere Welt.<br />

Geschaffen wurde diese Welt von Aristophanes,<br />

einem Vielschreiber satirischpolitischer<br />

Komödien im antiken Griechenland.<br />

In seinem Stück Die Vögel gründen<br />

die Vögel einen eigenen Staat zwischen<br />

Himmel <strong>und</strong> Erde, irgendwo in den Wolken.<br />

Damit können sie sich dem Menschen<strong>und</strong><br />

Göttergerangel <strong>und</strong> deren Zugriff entziehen.<br />

Natürlich benötigt solch ein Ort auch<br />

einen Namen. Sie nannten ihn: »Nephelokokkygia«.<br />

»Nephele« bedeutet »Wolke«,<br />

»kokkygos« der Kuckuck <strong>und</strong> »ia« ist die<br />

Endung für eine Ortsbezeichnung. Kein Geringerer<br />

als der Philosoph Georg Schopenhauer<br />

übersetzte diese neue Heimat der<br />

Vögel mit »Wolkenkuckucksheim« <strong>und</strong><br />

führte sie wieder zurück zu den Menschen.<br />

Diese versuchen noch heute mit gedanklichen<br />

Luftschlössern sich so manches<br />

Utopia zu realisieren <strong>und</strong> wünschen sich<br />

zuweilen nach Wolkenkuckucksheim, um<br />

der Unbill des Lebens zumindest auf Zeit<br />

davon zu fliegen. Guido Neubert<br />

WeinZeit<br />

im<br />

<strong>Tertianum</strong><br />

Küchenchef Jens-Peter Gerber<br />

<strong>und</strong> Sommelier Ralf Kuhlow<br />

präsentieren ein 5-Gänge-<br />

Wein-Degustationsmenü<br />

im Restaurant der Residenz<br />

23. November 2012<br />

19 Uhr<br />

Anmeldungen: Tel. 030. 21 99 20


der tertianer<br />

Am 29. Juni 2012 hat der Deutsche B<strong>und</strong>estag<br />

das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz<br />

beschlossen. Damit reagiert die<br />

B<strong>und</strong>esregierung auf den demografischen<br />

Wandel <strong>und</strong> die Herausforderungen<br />

der Pflege in der Zukunft.<br />

Sollten die Prognosen Recht behalten, dann<br />

wird es in Deutschland in den kommenden<br />

Jahren über 4 Mill. pflegebedürftige Menschen<br />

geben. Schon heute leben in Deutschland<br />

ca. 2,4 Mill. Menschen, die der Pflege<br />

bedürfen. Viele von ihnen sind an Demenz<br />

erkrankt. (Quelle: B<strong>und</strong>esministerium für<br />

Ges<strong>und</strong>heit)<br />

Um das Gesetz zu finanzieren, wird es<br />

zum 1. Januar 2013 zu einer Erhöhung der<br />

Pflegebeiträge um 0,1 Prozentpunkte kommen.<br />

Das heißt konkret, dass der Beitragssatz<br />

von 1,95 auf 2,05 Prozent steigt. Nach<br />

Angaben des B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsministeriums<br />

reichen die Gelder jedoch nur bis Anfang<br />

2015. Spätestens dann sind neue Entscheidungen<br />

über mögliche Beitragsanhebungen<br />

fällig. Der Gesetzesentwurf sieht<br />

sowohl eine deutliche Erhöhung der Leistungen<br />

für demenziell erkrankte Menschen<br />

in der ambulanten Versorgung vor<br />

als auch eine Ausweitung der Wahl- <strong>und</strong><br />

Gestaltungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige<br />

<strong>und</strong> ihre Angehörigen. Darüber hinaus<br />

wird mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz<br />

die freiwillige private Vorsorge<br />

erstmals staatlich gefördert.<br />

Was ist neu oder was hat sich für die<br />

pflegebedürftigen Menschen verbessert?<br />

Mehr Wahlmöglichkeiten bei<br />

Pflegeleistungen<br />

Pflegebedürftige <strong>und</strong> ihre Angehörigen<br />

können künftig neben den heutigen, verrichtungsbezogenen<br />

Leistungskomplexen<br />

wie Gr<strong>und</strong>pflege <strong>und</strong> hauswirtschaftliche<br />

Hilfe auch bestimmte Zeitvolumen für Betreuungsleistungen<br />

wie Vorlesen oder Spazierengehen<br />

nutzen. Gemeinsam mit Pflegediensten<br />

können sie entscheiden, welche<br />

Leistungen in diesem Zeitkontingent möglich<br />

wären. Außerdem soll in einem Modellvorhaben<br />

überprüft werden, ob neben<br />

den ambulanten Pflegediensten auch spezialisierte<br />

Betreuungsdienste den besonderen<br />

Bedürfnissen demenziell erkrankter<br />

Menschen entsprochen werden kann.<br />

Bessere Leistungen für dementiell<br />

erkrankte Menschen<br />

Bisher gehen viele demenziell erkrankte<br />

Menschen leer aus, weil sie rein körperlich<br />

noch zu vielen alltagsbezogenen Tätigkeiten<br />

imstande sind. Dass sie wegen ihrer geistigen<br />

Defizite oft r<strong>und</strong> um die Uhr betreut<br />

werden müssen, wird nicht oder kaum berücksichtigt.<br />

Die Leistungsverbesserungen<br />

betreffen insbesondere Menschen, die keiner<br />

der drei Pflegestufen zugeordnet sind,<br />

der so genannten Pflegestufe 0.<br />

Diese Menschen sollen zusätzlich zum<br />

bereits gezahlten Betreuungsgeld in Höhe<br />

von 100 Euro (Gr<strong>und</strong>bedarf) bzw. 200 Euro<br />

im Monat (erhöhter Bedarf) künftig auch<br />

Geld- oder Sachleistungen aus der Pflegeversicherung<br />

erhalten.<br />

Obenstehende Tabelle gibt über die<br />

Neuerungen Auskunft.<br />

Das Pflegegeld für diejenigen, die ohne<br />

anerkannte Pflegestufe von Angehörigen<br />

gepflegt werden, beträgt 120 Euro. Für diejenigen,<br />

die sich von einem ambulanten<br />

Pflegedienst pflegen lassen, wird bis zu<br />

225 Euro (Pflegesachleistung) im Monat<br />

gezahlt.<br />

Weiterhin werden für demenziell erkrankte<br />

Menschen, die bereits die Pflegestufe<br />

I oder II haben, die Pflegesachleistungen<br />

von 450 auf 665 Euro (Pflegestufe<br />

I) <strong>und</strong> von 1.100 Euro auf 1.250 Euro (Pflegestufe<br />

II) aufgestockt. Auch das Pflegegeld,<br />

das gezahlt wird, wenn Angehörige<br />

die Betreuung übernehmen, wird erhöht.<br />

In der Pflegestufe I von 235 auf 305 Euro<br />

<strong>und</strong> in der Pflegestufe II von 440 Euro auf<br />

525 Euro. Für Pflegebedürftige in der<br />

Pflegestufe III ist dagegen keine Aufstokkung<br />

vorgesehen.<br />

Entlastung pflegender Angehöriger<br />

Das Gesetz sieht auch Maßnahmen vor,<br />

pflegende Angehörige zu entlasten. So soll<br />

es ihnen ermöglicht werden, eine Auszeit<br />

zu nehmen, indem das Pflegegeld auch<br />

während einer Kurzzeit- oder Verhinderungspflege<br />

zur Hälfte weiter gezahlt wird.<br />

Auch der Zugang zur Rehabilitation soll für<br />

pflegende Angehörige einfacher werden.<br />

Bei anstehenden Rehabilitationsmaßnahmen<br />

soll die Krankenversicherung die besonderen<br />

Belange entsprechend berücksichtigen.<br />

Bessere medizinische Versorgung in<br />

Pflegeheimen<br />

Ebenfalls wird die Medizinische Versorgung<br />

in Pflegeheimen gefördert. So werden<br />

die Kassenärztlichen Vereinigungen dazu<br />

verpflichtet, Kooperationsverträge zwi-<br />

Pflege Nr. 3 /2012 · Seite 7<br />

Das Pflege-<br />

Neuausrichtungs-Gesetz<br />

Pflegestufen<br />

Ohne<br />

Pflegestufe<br />

Pflegestufe I<br />

(erheblich<br />

Pflegebedürftige)<br />

Pflegestufe II<br />

(schwer<br />

Pflegebedürftige)<br />

Pflegestufe III<br />

(schwerst<br />

Pflegebedürftige)<br />

Pflegestufe III+<br />

(Härtefälle)<br />

Bisher für alle Versicherten<br />

Leistungen ambulant <strong>und</strong> teilstationär Leistungen ambulant <strong>und</strong> teilstationär<br />

Pflegegeld/Euro Sachleistung/Euro Pflegegeld/Euro Sachleistung/Euro<br />

–<br />

schen Ärzten <strong>und</strong> Pflegeheimen zu vermitteln.<br />

Um für Ärzte <strong>und</strong> Zahnärzte Anreize<br />

zu schaffen, an solchen Verträgen teilzunehmen,<br />

sieht der Gesetzgeber Zuschüsse<br />

vor, die Mediziner für die Hausbesuche in<br />

Heimen erhalten sollen. Diese Regelung<br />

soll aber vorerst bis 2015 gelten. Bis dahin<br />

will die Regierung prüfen, ob die Zusatzausgaben<br />

auch wirklich gut angelegt sind.<br />

Vollstationäre Pflegeeinrichtungen sollen<br />

ihrerseits dazu verpflichtet werden, Pflegekassen<br />

darüber zu informieren, wie sie die<br />

medizinische <strong>und</strong> die Arzneimittelversorgung<br />

ihrer Bewohner sicherstellen. Diese<br />

Informationen werden dann für die Pflegebedürftigen<br />

<strong>und</strong> ihre Angehörigen verständlich<br />

aufbereitet <strong>und</strong> in den sogenannten<br />

Transparenzberichten veröffentlicht.<br />

Auch die Pflegeeinrichtungen müssen diese<br />

Informationen an gut sichtbarer Stelle<br />

platzieren.<br />

Mehr Service <strong>und</strong> Beratung<br />

Die Begutachtung von Pflegebedürftigkeit<br />

soll noch reibungsloser verlaufen. Die Pflegekasse<br />

muss dem Antragsteller spätestens<br />

fünf Wochen nach Eingang seines<br />

Antrags auf Pflegeleistungen schriftlich<br />

eine Entscheidung mitteilen. Bei Fristüberschreitung<br />

muss sie für jeden Tag zehn<br />

Euro Strafe an den Pflegebedürftigen zahlen.<br />

Eine Beratung müssen die Kassen im<br />

Pflegefall künftig binnen zwei Wochen zur<br />

Verfügung stellen, auf Wunsch des Pflegebedürftigen<br />

auch in dessen häuslichem<br />

Umfeld. Zudem sollen zu jeder solchen Beratung<br />

künftig detaillierte Vorschläge für<br />

geeignete Rehabilitationsmaßnahmen gehören.<br />

Private Pflegetagegeldversicherung<br />

Mit fünf Euro im Monat werden private<br />

Pflegezusatzversicherungen künftig bezu-<br />

–<br />

Neu für demenziell Erkrankte<br />

120,00<br />

225,00<br />

235,00 450,00 305,00 665,00<br />

440,00 1100,00 525,00 1250,00<br />

700,00 1550,00 700,00 1550,00<br />

Bezug von Pflegegeld<br />

nicht möglich<br />

Bezug von Pflege-<br />

1918,00 1918,00<br />

geld nicht möglich<br />

Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz Quelle: Eigene Darstellung Franziska Rahmel<br />

schusst. Bedingung ist, dass der Versicherte<br />

jährlich mindestens 120 Euro einzahlt<br />

<strong>und</strong> eine Leistung von mind. 600 Euro in<br />

der Pflegestufe III absichert. Im Gegenzug<br />

dürfen die Anbieter weder Ges<strong>und</strong>heitsprüfung<br />

noch Risikoaufschlag verlangen.<br />

Eine kritische Würdigung zum<br />

Schluss<br />

Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz<br />

leitet die Regierung insbesondere für demenziell<br />

erkrankte Menschen <strong>und</strong> ihre<br />

pflegenden Angehörigen notwendige Verbesserungen<br />

ein. Allerdings fehlen adäquate<br />

Antworten auf die seit langem bekannten<br />

<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legenden Herausforderungen<br />

in der Pflege.<br />

Dies gelte insbesondere für die Neudefinition<br />

des Pflegebedürftigkeitsbegriffs,<br />

der im Zusammenhang mit den Messkriterien<br />

<strong>und</strong> der Definition von Pflegebedürftigkeit<br />

steht. Weiterhin ist kritisch anzumerken,<br />

dass Versicherte der Pflegestufe<br />

III nicht von den Leistungsverbesserungen<br />

profitieren.<br />

Eine noch nicht gänzlich bewältigte Herausforderung<br />

ist der bürokratische Mehraufwand<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Kosten<br />

für die Pflegekassen. Es ist offen, ob<br />

der Aufwand in einem vertretbaren Verhältnis<br />

zum Nutzen des Gesetzes steht.<br />

Insgesamt ist aber dennoch anzumerken,<br />

dass mit dem Pflege-Neuausrichtungs-<br />

Gesetz ein entscheidendes Signal erfolgt ist<br />

<strong>und</strong> wesentliche Weichen in eine positive<br />

Richtung gestellt werden. Der Gesetzgeber<br />

stellt sich den Herausforderungen <strong>und</strong> zeigt<br />

einen Weg auf, wie zukünftig auf die Problematik<br />

der Pflegebedürftigkeit reagiert<br />

werden kann.<br />

Allerdings sollte dieses Gesetz nur als<br />

Anfang für eine größere Reform gesehen<br />

werden!<br />

Inken Albrecht


Seite 8 · Nr. 3 /2012 Vermischtes<br />

Das Biografiepaneel<br />

Ein zukunftweisendes Einrichtungskonzept für Menschen mit Demenz<br />

Das Biografiepaneel, entwickelt von der<br />

Firma Mauser, ist ein Einrichtungsmodul<br />

für Menschen mit Demenz, in dessen<br />

Zentrum eine modular aufgebaute Biografiewand<br />

für den Erschließungs- <strong>und</strong><br />

Gemeinschaftsbereich von stationären<br />

Einrichtungen steht. Für das Biografiepaneel<br />

erhielt die Firma Mauser 2012<br />

den Innovationspreis Altenpflege.<br />

Die innenarchitektonische Lösung bietet<br />

Menschen mit Demenz Orientierung <strong>und</strong><br />

Identifikationsmöglichkeit, da durch den<br />

Einsatz verschiedener Materialien <strong>und</strong><br />

Bilder ein regionaler Bezug hergestellt werden<br />

kann. Dadurch soll die therapeutische<br />

Alltagsbegleitung von demenziell erkrankten<br />

Menschen unterstützt werden. Die<br />

Bedürfnisse nach Sicherheit, Schutz <strong>und</strong><br />

Geborgenheit werden berücksichtigt <strong>und</strong><br />

individuell auf die Biografie jedes einzelnen<br />

Bewohners zugeschnitten. Der modulare<br />

<strong>und</strong> flexible Aufbau sieht vor, die<br />

Therapiearbeit über Bildinformationen,<br />

akustische Impulse, taktil erlebbare Materialien<br />

<strong>und</strong> ausgewählte Exponate mit<br />

Biografiebezug zu unterstützen. Die Aktivierung<br />

der Sinne Sehen, Hören <strong>und</strong><br />

Tasten wird mit einer nachrüstbaren, individuell<br />

gestaltbaren Innenausbaukomponente<br />

erreicht. Das Pflegepersonal sowie<br />

die Betreuungskräfte können die Themenwände<br />

bewohnerbezogen konzipieren <strong>und</strong><br />

für eine regionale <strong>und</strong> <strong>soziale</strong> Identifikation<br />

im Wohnbereich sorgen.<br />

Dieses Biografiepaneel wurde im Eingangsbereich<br />

des Pflegewohnbereiches in<br />

der 1. Etage erprobt. Das Exponat soll als<br />

Basis für die Gestaltung eines individuell<br />

angepassten Paneels für <strong>Tertianum</strong> dienen.<br />

Darüber hinaus soll gemeinsam mit den<br />

Bewohnern <strong>und</strong> Mitarbeitern eine Praxisevaluierung<br />

durchgeführt werden.<br />

Die Erweiterung des Biografiepaneels<br />

für die <strong>Tertianum</strong> Residenz <strong>Berlin</strong> wird<br />

sich auf verschiedene Elemente erstrecken<br />

<strong>und</strong> den Bezug zur <strong>Berlin</strong>er Stadtgeschichte<br />

mit Kultur, Musik <strong>und</strong> Literatur darstellen.<br />

Verschiedene Elemente wie die <strong>Berlin</strong>er<br />

Mauer, der <strong>Berlin</strong>er Bär, eine Litfaßsäule<br />

sowie alte Aufnahmen von den Stadtbezirken<br />

sollen den Bezug zu <strong>Berlin</strong> abr<strong>und</strong>en.<br />

Diese Ursprungsvariante mit der die<br />

Firma Mauser den Innovationspreis 2012<br />

gewonnen hat, lässt sich im Rahmen unserer<br />

Ausstellung am Tag der offenen Pflege<br />

am 27. September 2012 besichtigen.<br />

Tag der offenen Pflege im <strong>Tertianum</strong><br />

Donnerstag<br />

27.9.<br />

12–20 Uhr<br />

12 uhr: begrüßung<br />

Angelika Schöttler, Bezirksbürgermeisterin<br />

Tempelhof-Schöneberg<br />

12-20 uhr: ausstellung pflegerische<br />

<strong>und</strong> therapeutische angebote<br />

Informationsmaterialien<br />

r<strong>und</strong> um das <strong>Tertianum</strong><br />

Angebote<br />

für dementiell erkrankte Bewohner<br />

Biografiepaneel der Firma Mauser<br />

Testen Sie sich: Gedächtnis, Gleichgewicht,<br />

Lungenvolumen, Hören <strong>und</strong> Sehen<br />

Ges<strong>und</strong>heitscheck: Blutdruck, Puls, Blutzucker,<br />

Body-Mass-Index<br />

Podologische Beratung r<strong>und</strong> um den Fuß<br />

Physio- <strong>und</strong> Ergotherapie: Konzepte <strong>und</strong><br />

Lagerungstechniken<br />

16 uhr: impulsvortrag zum pflegeneuausrichtungs-gesetz<br />

Birgit Naase, Abteilungsleiterin für Gr<strong>und</strong>satzfragen,<br />

B<strong>und</strong>esministerium f. Ges<strong>und</strong>heit<br />

16.30 uhr: podiumsdiskussion<br />

Das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz aus<br />

Sicht der Pflege<br />

Gisela Bahr-Gaebel|Deutscher Pflegerat<br />

Demenz – Das Leben mit dem Vergessen<br />

Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen,<br />

Ärztl. Dir.|Ev. Geriatriezentrum <strong>Berlin</strong> e.V.<br />

Praxisnahe Konzepte<br />

Franziska Rahmel|<strong>Tertianum</strong> Residenz<br />

Diskussion<br />

12-18 uhr: tombola<br />

Was wünschen Sie sich für Ihr Alter?<br />

abschluss mit Drink <strong>und</strong> Fingerfood<br />

Inken Albrecht<br />

IMPRESSUM<br />

der tertianer<br />

Was macht<br />

eigentlich...?<br />

In einer der vergangenen Ausgaben des<br />

Tertianers habe ich über den engagierten<br />

Gärtner Mike K. geschrieben, der<br />

sich um die Gestaltung des Platzes r<strong>und</strong><br />

um die St. Matthias-Kirche kümmert <strong>und</strong><br />

meistens nachts an seinem Werk arbeitet.<br />

Ich will berichten, wie es dort weiterging.<br />

Eine Nachlese von Eckhard Pasewald<br />

Es ist schon erstaunlich, wie sich Engagement<br />

auf Dauer auszahlt. Jeden Tag auf<br />

meinem Weg zur Arbeit gehe oder fahre ich<br />

mit dem Fahrrad an der St. Matthias-Kirche<br />

vorbei, auch am Wochenende, wenn es zum<br />

Winterfeldtmarkt geht. Ich schaue dabei<br />

immer wieder auf die üppige Blumenpracht<br />

<strong>und</strong> beobachte die Menschen, die<br />

sich ebenfalls an diesem Anblick erfreuen.<br />

Es ist eine Wonne.<br />

Schon im Frühling kamen zahllose<br />

Tulpen <strong>und</strong> Narzissen zur Blüte. Prächtig!<br />

Da spross das erste Grün an den Büschen<br />

<strong>und</strong> viele Knospen ließen hoffen, dass auch<br />

im Sommer diese Kirche von Blüten umgeben<br />

ist. Genau so kam es.<br />

Gerade dieser Tage habe ich wieder einmal<br />

die ganze Kirche umschritten, um alle<br />

Pflanzen <strong>und</strong> Blüten in Augenschein zu<br />

nehmen. Dieses Mal musste ich einfach<br />

den Fotoapparat zücken <strong>und</strong> es fotografieren,<br />

um Ihnen davon zu berichten. Es ist<br />

einfach herrlich. Nicht nur, dass die Blumen<br />

prächtig das ganze Jahr hindurch<br />

blühen, vor allem ist es eine Freude, die<br />

Passanten zu sehen, die sich, wie auch ich,<br />

an dieser Blütenpracht einfach erfreuen.<br />

Kinder staunen <strong>und</strong> fragen die Eltern nach<br />

dem Namen der einen oder anderen Pflanze,<br />

auch die Älteren genießen die Pracht,<br />

ruhen aus auf einer der vielen Bänke r<strong>und</strong><br />

um die Kirche, schnuppern an den Rosen<br />

<strong>und</strong> Lilien, die jetzt so voll in Blüte sind.<br />

Der Anblick lässt vermuten, dass auch der<br />

Herbst hier bunt <strong>und</strong> duftend wird. Vielen<br />

Dank für Ihre Mühe, lieber Mike K.!<br />

Mein Tipp: Machen Sie beim nächsten<br />

Marktbesuch auf dem Winterfeldtplatz einmal<br />

eine R<strong>und</strong>e um die St. Matthias-Kirche,<br />

um sich an dieser Pracht zu erfreuen.<br />

Herausgeber: <strong>Tertianum</strong><br />

Seniorenresidenz Betriebsgesellschaft <strong>Berlin</strong> mbH<br />

Passauer Straße 5–7 | 10789 <strong>Berlin</strong>-Schöneberg<br />

Telefon: 030. 21 99 20 | Telefax: 030. 21 99 21 99<br />

info@berlin.tertianum.de | www.tertianum-berlin.de<br />

V.i.S.d.P.: Franziska Rahmel, Direktorin des Hauses<br />

Redaktion: Franziska Rahmel, Rudolf Kellermann<br />

Gestaltung: Ulrike Vogt | Druck: Omnisatz GmbH, <strong>Berlin</strong><br />

Auszüge <strong>und</strong> Nachdrucke sind nur mit Genehmigung des<br />

Herausgebers gestattet. Irrtümer vorbehalten.<br />

Die Redaktion behält sich vor, Manuskripte zu kürzen.

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