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„Modellhafte Schadensanalyse und Entwicklung eines ...

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Restaurierungsteam St. Marienkirche Frankfurt (Oder)<br />

Diplom-Restauratoren (FH): Marktplatz 1<br />

Meinung, Möhrle, Sterzing 15230 Frankfurt(Oder)<br />

Abschlussbericht zu einem von der<br />

Deutschen B<strong>und</strong>esstiftung Umwelt<br />

geförderten Projekt<br />

<strong>„Modellhafte</strong> <strong>Schadensanalyse</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>eines</strong> Restaurierungskonzeptes<br />

zur Beseitigung der Umweltschäden<br />

an den mittelalterlichen Glasfenstern der<br />

St. Marienkirche in Frankfurt (Oder)“<br />

von<br />

Dipl.Restauratorin Sandra Meinung<br />

Dipl.Restauratorin Gerlinde Möhrle<br />

Dipl.Restauratorin Nicole Sterzing<br />

Oktober 2003


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1. Einleitung 2<br />

2. Objektidentifikation 4<br />

2.1. Objektstandort 4<br />

2.2. Objektgeschichte 5<br />

2.3. Fensterdarstellungen 5<br />

3. Zielstellung 5<br />

4. Projektverlauf 6<br />

4.1. Organisation <strong>und</strong> Vorbereitungen 6<br />

4.2. Durchführung verschiedener Arbeitsschritte 6<br />

4.2.1. Fotografische Bestandsaufnahme 6<br />

4.2.2. Visuelle Bestandsaufnahme 6<br />

4.2.3. Visuelle Zustandserfassung<br />

4.2.4. Erstellung einer Schadenslegende, <strong>eines</strong> Dokumentationssystems <strong>und</strong> <strong>eines</strong><br />

7<br />

Schadensbildkataloges 7<br />

4.2.5. Naturwissenschaftliche Untersuchungen 7<br />

4.2.6. Maßnahmen<br />

4.2.7. Erarbeitung verschiedener Vorschläge für die zu ergänzenden Fehlstellen <strong>und</strong><br />

8<br />

für die sechs fehlenden Felder<br />

4.2.8. Erarbeitung verschiedener Vorschläge für die Neugestaltung der<br />

8<br />

Chorumgangsfenster in Anlehnung an historische Vorlagen 8<br />

4.2.9. Konzeption des Außenschutzverglasungssystems 8<br />

4.3. Durchführung von zwei Fachkolloquien 8<br />

4.3.1. Restauratorentreffen 8<br />

4.3.2. Arbeitstreffen zum Thema Ergänzungen 9<br />

4.4. Durchführung des Abschlusskolloquiums 9<br />

5. Ziel der Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen 9<br />

6. Projektergebnisse 10<br />

6.1. Erfassung 10<br />

6.2. Bestand - Glas, Blei <strong>und</strong> Bemalung 11<br />

6.2.1. Bestand - Glas 11<br />

6.2.2. Bestand - Blei 13<br />

6.2.3. Bestand - Bemalung 15<br />

6.2.4. Bestand - Ergänzungen 17<br />

6.3. Zustand - Glas, Blei <strong>und</strong> Bemalung 19<br />

6.3.1. Zustand - Glas 19<br />

6.3.2. Zustand - Blei 24<br />

6.3.3. Zustand - Bemalung 25


6.3.4. Zustand - Glasoberfläche 26<br />

6.3.5. Zustand - Ergänzungen<br />

6.4. Erstellung <strong>eines</strong> Kartierungssystems <strong>und</strong> Durchführung einer beispielhaften<br />

26<br />

Dokumentation an einigen Feldern 27<br />

6.5. Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Untersuchungen 29<br />

6.5.1. Untersuchungen zur chemischen Glaszusammensetzung 29<br />

6.5.2. Untersuchungen zum Schwarzlot 33<br />

6.5.3. Untersuchungen zur Verbräunung 33<br />

6.5.4. Materialanalysen der Oberflächenproben 34<br />

6.5.5. Elektronenmikroskopische Dokumentation von Reinigungsproben 38<br />

6.6. Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen 43<br />

6.6.3. Behandlung der Schäden am Glas 45<br />

6.6.4. Behandlung der Schäden am Blei 46<br />

6.6.5. Vorbereitungen für den Wiedereinbau <strong>und</strong> Rahmung der Felder 47<br />

6.6.6. Umgang mit den 15 Feldern der russischen Restaurierung 47<br />

6.6.7. Nachsorge 48<br />

6.7. Ergänzungskonzept 49<br />

6.7.1. Überlegungen zum Umgang mit den Fehlstellen 49<br />

6.7.2. Überlegungen zum Umgang mit den Ergänzungen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts 51<br />

6.7.3. Ergänzung der komplett fehlenden sechs Felder <strong>und</strong> des zur Hälfte verlorenen<br />

Feldes s II 10a 53<br />

6.8. Maßnahmen für den Wiedereinbau der Fenster 56<br />

6.8.1. Schutzverglasung 56<br />

6.8.2. Bauliche Veränderungen 57<br />

6.8.3. Gestaltung der sich anschließenden Chorfenster 57<br />

6.8.4. Überlegungen zur Neuordnung aller Felder 58<br />

6.9. Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungskonzeption für das erste Fenster 59<br />

6.9.1. Dokumentation <strong>und</strong> Vorarbeiten 59<br />

6.9.2. Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen 61<br />

6.9.3. Schutzverglasung 66<br />

6.9.4. Empfehlung zur Nachsorge 66<br />

7. Abschlusskolloquium 67<br />

7.1. Durchführung des Abschlusskolloquiums 67<br />

7.2. Ergebnisse aus dem Abschlusskolloquium 67<br />

8. Öffentlichkeitsarbeit 68<br />

9. Beurteilung der Projektergebnisse 69


1. Einleitung<br />

Bei den Fenstern aus Frankfurt (Oder) handelt es sich um einen einzigartigen Bestand an<br />

mittelalterlichen Glasmalereien, die im Juni 2002 als erstes großes „Beutekunstobjekt“ von<br />

Russland an Deutschland zurückgegeben wurden. In den nächsten Jahren sollen diese Fenster<br />

restauriert <strong>und</strong> an ihrem ursprünglichen Standort wiedereingebaut werden.<br />

Die 111 zurückgekehrten Felder bilden drei Fenster im Chorbereich der St. Marienkirche: das<br />

Schöpfungs-Fenster (n II), das die Erschaffung der Welt zeigt, das Christus-Fenster (I) mit<br />

Szenen aus dem Leben Christi <strong>und</strong> das Antichrist-Fenster (s II) mit Darstellungen aus der<br />

Antichristlegende.<br />

Ein Fenster gliedert sich in drei Bahnen <strong>und</strong> setzt sich aus 39 Einzelfeldern zusammen, wobei<br />

die Größe <strong>eines</strong> Feldes ca. 48 x 83 cm beträgt.<br />

2. Objektidentifikation<br />

2.1. Objektstandort<br />

Die mittelalterlichen Glasmalereien befanden sich bis zu ihrem kriegsbedingten Ausbau 1941<br />

in einer der bedeutendsten Hallenumgangsanlagen der norddeutschen Backsteinarchitektur,<br />

dem Chor der St. Marienkirche Frankfurt (Oder). Neben dem Marienaltar <strong>und</strong> dem<br />

siebenflammigen Bronzeleuchter konnten auch die Glasmalereien vor den Zerstörungen des<br />

Zweiten Weltkrieges bewahrt werden (siehe ABB. 1). Die Kirche hingegen fiel den<br />

Kriegsgeschehnissen zum Opfer <strong>und</strong> brannte zu großen Teilen aus, dabei ging der komplette<br />

Dachstuhl verloren. Die Kriegsruine wurde erst zwischen 1996-98 mit einer offene<br />

Dachstuhl-konstruktion wieder geschlossen (siehe ABB. 2). Es ist geplant, ab Frühjahr 2004<br />

den Chorumgang wieder neu einzuwölben.<br />

ABB. 1: Historische Fotografie des Innenraums der ABB. 2: Aktuelle Innenraumsituation des Chor-<br />

St. Marienkirche von 1912 raumes der St. Marienkirche 2003<br />

(Foto: Messbildarchiv des BLDAM) (Foto: Architekturbüro Nülken)


2.2. Objektgeschichte<br />

Die Entstehung der mittelalterlichen Glasmalereien der St. Marienkirche wird zeitgleich mit<br />

der Weihe des Hauptaltares 1367 datiert. Soweit aus Quellen bekannt ist, wurden die Fenster<br />

– neben kleineren Reparaturarbeiten – erst im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert einer größeren Restaurierungsmaßnahme<br />

unter Karl Friedrich Schinkel unterzogen. 1 Alle Felder wurden 1941 kriegsbedingt<br />

ausgebaut, zunächst in das Neue Palais in Potsdam ausgelagert, fotografisch erfasst <strong>und</strong> von<br />

dort als ”Beutekunst” in die Depots der Eremitage St. Petersburg verbracht, wo sie bis Juni<br />

2002 lagerten. Nach langwierigen, schwierigen Verhandlungen kehrten sie am 29. Juni 2002<br />

unter großer Anteilnahme der Frankfurter Bevölkerung an ihren ursprünglichen Standort<br />

zurück. Bis heute sind von den insgesamt 117 Feldern sechs spurlos verschw<strong>und</strong>en. In<br />

Russland wurden bereits 15 der mittelalterlichen Glasfelder restauriert. In der eigens für die<br />

Konservierung <strong>und</strong> Restaurierung der Glasmalereien eingerichteten Werkstatt im<br />

Marthyrchor der St. Marienkirche sollen alle weiteren, seit der letzten großen<br />

Restaurierungsphase um 1830 nahezu unberührten Glasgemälde, restauriert werden. Die<br />

ausführlichen Vorunter-suchungen von Januar bis September 2003 wurden von einem<br />

Restaurierungsteam – bestehend aus drei Diplom-Restauratorinnen: Frau Sandra Meinung,<br />

Frau Gerlinde Möhrle <strong>und</strong> Frau Nicole Sterzing - durchgeführt.<br />

2.3. Fensterdarstellungen<br />

Im nördlichen Fenster n II wird die Erschaffung der Welt, die Schöpfungsgeschichte mit den<br />

Darstellungen der Schöpfungstage, wie die Erschaffung des Lichtes, der Pflanzen <strong>und</strong> der<br />

Tiere, aber auch Szenen wie die Geburt Kain <strong>und</strong> Abels oder der Sündenfall in einem<br />

aussagekräftigen Bildprogramm dargestellt.<br />

Im Achsfenster I werden in der mittleren Bahn Szenen aus dem Neuen Testament dargestellt,<br />

die von Szenen aus dem Alten Testament in den seitlichen Bahnen flankiert werden. So<br />

werden z. B die Geburt Christi, seine Lebensstationen wie das letzte Abendmahl, die<br />

Geißelung, die Kreuzigung bis hin zur Himmelfahrt dargestellt.<br />

Das südliche Chorfenster s II ist der Antichristlegende gewidmet. Die Glasmalereien zeigen<br />

die Geschichte des Widersachers Christi, dem Verbündeten des Satans, der die Menschen<br />

vom Christentum abbringen will. So finden sich Szenen wie die Geburt des Antichrist, seine<br />

W<strong>und</strong>ertaten wie die Verwandlung von Steinen zu Brot aber auch zahlreiche Gräueltaten, wie<br />

die Steinigung von Priestern oder die Hinrichtung <strong>eines</strong> Gerechten. 2<br />

3. Zielstellung<br />

Das Ziel der ersten Arbeitsphase war die Erstellung <strong>eines</strong> modellhaften Konservierungs- <strong>und</strong><br />

Restaurierungskonzeptes für die mittelalterlichen Glasmalereien unter Berücksichtigung der<br />

umweltbedingten Schäden an der Glassubstanz, am Blei <strong>und</strong> an der Bemalung. Dafür waren<br />

eine ausführliche Bestands- <strong>und</strong> Zustandsaufnahme, eine <strong>Schadensanalyse</strong> sowie die<br />

Dokumentation einzelner Felder erforderlich. Die Konzepterstellung sollte durch<br />

naturwissenschaftliche Untersuchungen <strong>und</strong> Materialanalysen unterstützt werden.<br />

1 An dieser Stelle sei auf die Ergebnisse des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege <strong>und</strong> der<br />

Forschungsstelle für mittelalterliche Glasmalerei Potsdam verwiesen, die sich im Besonderen der Archivrecherche<br />

<strong>und</strong> der stilistischen Untersuchung der Glasmalereien widmen.<br />

2 Verweis auf eine geplante Veröffentlichung: Marina Flügge, Frankfurt an der Oder: zu den Glasmalereien der<br />

St. Marienkirche, in: Brandenburgische Denkmalpflege, Jg. 12-2003, Heft 2, Verlag Willmuth Arenhöfel,<br />

Berlin, 2003


4. Projektverlauf<br />

Die von der Deutschen B<strong>und</strong>esstiftung Umwelt (DBU) geförderten Voruntersuchungen, die<br />

im Januar 2003 in der neuen Werkstatträumlichkeit beginnen konnten, ermöglichten es,<br />

diesen umfangreichen Bestand zu erfassen <strong>und</strong> zu dokumentieren.<br />

4.1. Organisation <strong>und</strong> Vorbereitungen<br />

Zunächst mussten die Bedingungen für ein erfolgreiches Gelingen des Projektes geschaffen<br />

werden. Daher konnten die drei Restauratorinnen nicht sofort mit den Untersuchungen an den<br />

einzelnen Feldern beginnen.<br />

So stand an erster Stelle die Organisation einer Gr<strong>und</strong>ausstattung für die neue Restaurierungswerkstatt:<br />

die Beschaffung von Leuchttischen <strong>und</strong> Arbeitsleuchten, die Einrichtung einer<br />

Fotokammer für die fotografische Bestandserfassung <strong>und</strong> die Beschaffung einer Fotoausrüstung<br />

mit entsprechendem Zubehör.<br />

In der ersten Phase der Vorbereitungen konnte ebenfalls dank einer großzügigen Unterstützung<br />

der Firma Zeiss ein Mikroskop 3 angeschafft werden.<br />

Ein nicht unerheblicher Teil der Zeit wurde auch in Öffentlichkeitsarbeit investiert. Dadurch<br />

konnten die Ereignisse <strong>und</strong> Arbeiten der Vorbereitungsphase durch die verschiedenen Medien<br />

(Tagespresse, Fachzeitschriften, R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Fernsehen) der breiten Öffentlichkeit näher<br />

gebracht werden.<br />

4.2. Durchführung verschiedener Arbeitsschritte<br />

4.2.1. Fotografische Bestandsaufnahme<br />

Die fotografische Erfassung der Felder (als Gesamtaufnahmen im Auf- <strong>und</strong> Durchlicht)<br />

wurde durch den Fotograf des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege, Herrn<br />

Möller, in Zusammenarbeit mit den Restauratorinnen durchgeführt.<br />

Zusätzlich wurde von den Restauratorinnen der Gr<strong>und</strong>stock für eine arbeitsbegleitende<br />

Fotodokumentation gelegt. Hierzu wurden Details des Bestandes, Besonderheiten <strong>und</strong><br />

spezielle Schadensbilder, sowie Referenzstellen zur späteren Nachsorge durch<br />

makroskopische <strong>und</strong> mikroskopische Aufnahmen im Kleinbildformat festgehalten.<br />

4.2.2. Visuelle Bestandsaufnahme<br />

Für die Aufnahme des kompletten Glasmalereibestandes wurden eine Bewertung <strong>und</strong> eine<br />

summarische Erfassung der Originalstücke <strong>und</strong> der ergänzten Gläser, hauptsächlich aus der<br />

Restaurierung des frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>erts unter Karl Friedrich Schinkel, vorgenommen.<br />

Ebenso wurden alle fehlenden Glasstücke <strong>und</strong> Fehlstellen in einzelnen Gläsern summarisch<br />

erfasst <strong>und</strong> nach ihrer Größe <strong>und</strong> Farbigkeit eingeordnet.<br />

Es wurden Maßtabellen der einzelnen Feldmaße angelegt.<br />

Der Vergleich der Originale mit dem historischen Bildmaterial ergab wertvolle Informationen<br />

über verlorengegangene Stücke. Auch die Motive der sechs verlorenen Felder lassen sich<br />

anhand des historischen Bildmaterials rekonstruieren.<br />

3<br />

Die Anschaffung des Stereomikroskop SV6 mit Fototubus <strong>und</strong> fahrbarem Stativ wurde mit 50% durch die<br />

Firma Zeiss gefördert.


4.2.3. Visuelle Zustandserfassung<br />

Mit dem Mikroskop konnten Details, Besonderheiten <strong>und</strong> Schäden z.B. in der Bemalung, an<br />

den Glasoberflächen, der Glassubstanz oder an der Verbleiung genauestens begutachtet <strong>und</strong><br />

untersucht werden.<br />

4.2.4. Erstellung einer Schadenslegende, <strong>eines</strong> Dokumentationssystems <strong>und</strong> <strong>eines</strong><br />

Schadensbildkataloges<br />

Es wurde eine auf die Glasmalereien abgestimmte Schadenslegende entwickelt <strong>und</strong> ein<br />

fensterspezifisches Kartierungssystem am Computer erarbeitet.<br />

Der Bestand der Glasmalereien wurde fotografisch im Detail festgehalten. Besonderheiten der<br />

Frankfurter Fenster z.B. in der Bemalung, in der Verbleiungstechnik aber auch an der Glassubstanz<br />

selbst, sowie die verschiedenen Schadensbilder wurden in einem fensterspezifischen<br />

Schadenskatalog zusammengetragen. Diese Informationen tragen dazu bei, das Konzept für<br />

die Restaurierung genau auf den Zustand der einzelnen Glasfelder abstimmen zu können.<br />

4.2.5. Naturwissenschaftliche Untersuchungen<br />

Für die richtige Beurteilung des Be- <strong>und</strong> Zustands des Fensters, sind naturwissenschaftliche<br />

Untersuchungen ein wichtiger Bestandteil.<br />

Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen wurden von der B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Materialforschung (BAM) in Berlin <strong>und</strong> durch das Labor Jägers in Bornheim durchgeführt.<br />

Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen sind wichtige Voraussetzungen für die<br />

Erstellung des Restaurierungskonzeptes, z.B. geben die Informationen über die Glaszusammensetzung,<br />

die Oberflächenbeschaffenheit des Glases, die Gelschichtdicke <strong>und</strong> die<br />

Gelschichtempfindlichkeit den Restauratorinnen nötige Informationen, wie intensiv bzw. ob<br />

überhaupt eine Reinigungsmaßnahme durchgeführt werden kann.<br />

Unterstützend dazu wurden unterschiedliche Reinigungsmaßnahmen an verschiedenen<br />

Probegläsern auf ihre Intensität <strong>und</strong> schädigende Wirkung hin untersucht (BAM) sowie das<br />

Phänomen der Verbräunung naturwissenschaftlich untersucht <strong>und</strong> nach deren Ursachen<br />

geforscht.<br />

Die Materialanalysen von Probeentnahmen (Labor Jägers) wie z.B. von Oberflächenverschmutzungen,<br />

von Korrosionsbelägen aber auch von Restaurierungsmaterialien aus<br />

früheren Restaurierungsmaßnahmen geben Auskunft über die Art <strong>und</strong> Zusammensetzung der<br />

Materialien. Dadurch kann z.B. deren Löslichkeit besser bestimmt werden oder die Frage<br />

geklärt werden:<br />

Handelt es sich um Originalbestand oder um Material jüngerer Datierung, d.h. aus einer<br />

früheren Restaurierungsphase?<br />

Handelt es sich bei diesen ”Fremdmaterialien” auf den Glasoberflächen um reine<br />

Verschmutzungen oder um eindeutige Verwitterungsbeläge?


4.2.6. Maßnahmen<br />

Es wurden Reinigungsproben zur Abnahme der harten schwarzen Krusten auf den<br />

Vorderseiten durchgeführt.<br />

4.2.7. Erarbeitung verschiedener Vorschläge für die zu ergänzenden Fehlstellen <strong>und</strong> für<br />

die sechs fehlenden Felder<br />

An den Fehlstellen verschiedener Felder wurden glasmalerische Beispiele für die zu<br />

ergänzenden fehlenden Glasstücke erprobt.<br />

Es wurden Rekonstruktionszeichnungen von Bleiriß <strong>und</strong> Bemalung für die zu ergänzenden<br />

sechs fehlenden Felder nach Schwarz-Weiß-Fotos hergestellt <strong>und</strong> partiell glasmalerische<br />

Umsetzungen dieser Vorlagen in Bleiverglasungen in verschiedenen Farbvariationen<br />

ausgeführt.<br />

4.2.8. Erarbeitung verschiedener Vorschläge für die Neugestaltung der Chorumgangsfenster<br />

in Anlehnung an historische Vorlagen<br />

Im Rahmen der Untersuchungen wurden verschiedene Vorschläge zur Gestaltung der sich<br />

anschließenden Chorfenster erarbeitet, dazu wurden historische Fotos <strong>und</strong> nicht zu den<br />

Fenstern I, s II <strong>und</strong> n II gehörende Ornamentfelder zu Hilfe genommen. Weiterhin wurden<br />

Vorschläge erarbeitet, die der Situation gerecht werden könnten <strong>und</strong> relativ einfach<br />

realisierbar wären.<br />

4.2.9. Konzeption des Außenschutzverglasungssystems<br />

In Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Nülken, Frankfurt (Oder), dem Brandenburgischen<br />

Landesamt für Denkmalpflege (BLDAM) <strong>und</strong> Herr Dr. Rauch, Sachverständiger<br />

für Glasmalerei aus Koblenz, konnte die Konzeption einer Außenschutzverglasung <strong>und</strong> die<br />

Planung von Messreihen zur Überprüfung der Funktionalität der Außenschutzverglasung<br />

erarbeitet werden.<br />

4.3. Durchführung von zwei Fachkolloquien<br />

4.3.1. Restauratorentreffen am 10./11. April 2003<br />

Der Erfahrungsaustausch mit internationalen Fachkollegen 4 brachte Hinweise auf<br />

vergleichbare Schadensbilder <strong>und</strong> Problemstellungen an anderen Objekten. So konnten<br />

international gebräuchliche Restaurierungsmethoden – wie z.B. die aktuellen Methoden der<br />

Sprungsicherungen oder unterschiedliche Reinigungsmethoden – besprochen <strong>und</strong> in<br />

Einzelfällen verschiedene Lösungswege diskutiert werden. Den Kollegen wurde auch das neu<br />

entwickelte Kartierungssystem vorgestellt. Am Ende der Diskussion wurden die vom<br />

Restaurierungsteam vorgeschlagenen Maßnahmen bestätigt.<br />

4 Eingeladen waren Restauratoren aus unterschiedlichen internationalen Werkstätten.


4.3.2. Arbeitstreffen zum Thema Ergänzungen am 10./11. Juli 2003<br />

Zu einer zweiten Veranstaltung wurden Kunsthistoriker <strong>und</strong> Denkmalpfleger eingeladen. In<br />

diesem Kreis, zu dem auch einige Mitglieder des Beirates zählten, wurden vorrangig<br />

Vorschläge <strong>und</strong> Beispiele für die Behandlung von Fehlstellen bzw. für die sechs fehlenden<br />

Felder vorgestellt <strong>und</strong> die Probleme in diesen Fragen diskutiert.<br />

Dabei wurden vergleichbare Beispiele von Ergänzungen in anderen Projekten aufgezeigt.<br />

Diskussionsschwerpunkt war, inwieweit die Zeichnung, d.h. die Konturlinien in einer Fehlstelle,<br />

dargestellt werden sollen, wenn sie durch Fotos belegt sind.<br />

Unter den eingeladenen Experten konnte in der Frage der Rekonstruktion der Bemalung keine<br />

einheitliche Meinung gef<strong>und</strong>en werden.<br />

In der Frage der Neuordnung wurden verschiedene Aspekte erörtert <strong>und</strong> die Gestaltung der<br />

sich anschließenden Fenster im Chorumgang diskutiert.<br />

Vorschlag des Beirates war es, davon Abstand zu nehmen, eine Künstlerausschreibung für<br />

deren Gestaltung durchzuführen. Die Restauratorinnen sollen verschiedene Vorschläge für die<br />

glasmalerische Neugestaltung dieser Fenster erarbeiten.<br />

Nach dieser Veranstaltung wurde der Beirat von den aktuellen Ergebnissen schriftlich<br />

unterrichtet.<br />

4.4. Durchführung des Abschlusskolloquiums am 25./26. September 2003<br />

Am 24. September 2003 konnte das Restaurierungsteam der St. Marienkirche in Zusammenarbeit<br />

mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege den durch die DBU<br />

einberufenen Beirat des Projektes zu einem Abschlusskolloquium begrüßen.<br />

In dieser Veranstaltung wurden die Untersuchungsergebnisse <strong>und</strong> das erarbeitete<br />

Restaurierungskonzept dem Fachgremium anhand von Vorträgen <strong>und</strong> am Objekt selbst<br />

vorgestellt <strong>und</strong> einzelne wichtige Punkte zur Diskussion gestellt.<br />

Gemeinsam konnte das Konzept erörtert <strong>und</strong> genaue Einzelheiten festgelegt werden.<br />

Darüber hinaus wurde beschlossen, in einer gesonderten Veranstaltung im Frühjahr/Sommer<br />

2004 die Möglichkeiten einer eventuellen Neuordnung vertiefter zu diskutieren.<br />

Am 25. September konnten diese Ergebnisse in einer Pressekonferenz vorgestellt werden.<br />

5. Ziel der Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen<br />

Das Ziel der Maßnahmen an den stark geschädigten <strong>und</strong> gefährdeten Glasmalereien ist in<br />

erster Linie die reine Substanzerhaltung <strong>und</strong> die Konservierung des mittelalterlichen<br />

Bestandes.<br />

Die ausführliche Dokumentation des Be- <strong>und</strong> Zustandes ist ein wichtiger Bestandteil der<br />

restauratorischen Maßnahmen. In der Dokumentation werden der aktuelle Verwitterungsgrad<br />

der Glasoberflächen im fotografischen Detail <strong>und</strong> die einzelnen Korrosionsstadien durch eine<br />

grafische Kartierung festgehalten.


Anhand dieser Dokumentation kann das Fortschreiten der Korrosion annähernd kontrolliert<br />

werden. Dies stellt eine Basis für weitere Nachsorgeuntersuchungen dar.<br />

Die Glasmalereien sollen wieder in die Fensteröffnungen in der Chorachse der St. Marienkirche<br />

eingebaut werden. Dazu sind restauratorische Maßnahmen, wie die Stabilisierung der<br />

Felder durch eine Rahmung, notwendig. Im Folgenden werden wichtige – im Konzept<br />

enthaltene <strong>und</strong> nicht enthaltene – Bestandteile der Arbeiten der ersten Projektphase <strong>und</strong> das<br />

Restaurierungskonzept im Detail erläutert:<br />

6. Projektergebnisse<br />

6.1. Erfassung<br />

Um einen genaueren Überblick aller 111 Felder für die eigene Restaurierungsarbeit zu<br />

gewinnen <strong>und</strong> um den von Fachkollegen <strong>und</strong> Interessierten häufig gestellten Fragen Antwort<br />

zu bieten, war es in der ersten Arbeitsphase möglich, verschiedene Bestandsaufnahmen <strong>und</strong> -<br />

übersichten erstellen zu können.<br />

Diese umfangreichen, modellhaften Arbeiten sind bei Restaurierungen nicht generell üblich,<br />

dienen aber dem Restaurierungsteam nun häufig als sehr nützliche Arbeitshilfe <strong>und</strong> können<br />

Vorbildwirkung auf andere Restaurierungsobjekte haben.<br />

Zunächst wurde ein Gesamtüberblick erstellt, in dem alle Fehlstellen nach Größe, Art der<br />

Darstellung im Feld (Vordergr<strong>und</strong>, Hintergr<strong>und</strong>, Inkarnat) tabellarisch aufgelistet wurden.<br />

Weiterhin wurde erfasst, ob bei einer möglichen Rekonstruktion, die Darstellung nachvollziehbar<br />

wäre.<br />

Da diese Art der tabellarischen Darstellung nicht der visuellen Illustration des quantitativen<br />

<strong>und</strong> lokalen Auftretens der Fehlstellen genüge trug, wurden zusätzlich noch grafische<br />

Übersichten erstellt.<br />

Dazu zählen u.a. der grafische Gesamtüberblick über alle Fehlstellen, über die Ergänzungen<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> über die Ergänzungen der russischen Restaurierung <strong>und</strong> nicht<br />

zuzuordnende Ergänzungen oder Zweitverwendungen.<br />

Mit diesen beiden Arten der Darstellung lässt sich nun ein gutes Gesamtbild über die<br />

Glasmalereien gewinnen.<br />

Für die weitere Arbeit am Restaurierungskonzept war auch eine quantitative <strong>und</strong> qualitative<br />

Einteilung der Ergänzungen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts von Wichtigkeit. Dabei wurde die<br />

Farbigkeit der Stücke aufgenommen <strong>und</strong> deren störende Wirkung bewertet, um abschließend<br />

eine Aussage darüber treffen zu können, wie viele der Ergänzungen einer nachträglichen<br />

Behandlung unterzogen werden müssten, um die stark störende Wirkung zu mildern. Diese<br />

Einteilung erfolgte empirisch. Eine Behandlung betrifft weitestgehend die sehr hellen,<br />

vornehmlich weißen/farblosen Gläser.<br />

Weiterhin wurde ein grafischer Gesamtüberblick „Vorhandene historische Fotos <strong>und</strong><br />

Vorlagen <strong>und</strong> die Nachvollziehbarkeit der Bemalung bei Fehlstellen“ erstellt. Diese<br />

Abbildung sollte einen schnellen Überblick ermöglichen, ob zum jeweiligen Feld ein<br />

historisches Foto vorliegt, was für 62 Felder (55 %) zutraf. Mittlerweile haben die Ereignisse<br />

diese Abbildung eingeholt, da nach Abschluss des Restaurierungskonzeptes noch eine<br />

Vielzahl von Abbildungen ausfindig gemacht werden konnten <strong>und</strong> nun nur noch zwölf Fotos<br />

(vornehmlich Maßwerk) fehlen. Das ist ein Resultat von nunmehr erfreulichen 90 % des<br />

Bestandes.<br />

Weiterhin wurde noch ein Gesamtüberblick über die verwendeten Farbgläser in tabellarischer<br />

Form <strong>und</strong> das Aufmaß der einzelnen Felder angefertigt.


6.2. Bestand - Glas, Blei <strong>und</strong> Bemalung<br />

Die im Folgenden dargelegten Erkenntnisse beziehen sich auf die Untersuchung des<br />

Bestandes <strong>und</strong> Zustandes sowie auf die Untersuchung der Gestaltungstechnik <strong>und</strong> der<br />

Malweise der Frankfurter Glasmalereien.<br />

Die Anordnung der Glasmalereifelder in den drei Chorfenstern, bis zu ihrem kriegsbedingten<br />

Ausbau 1941, beruht vermutlich auf der Einbausituation nach der letzten Restaurierungsmaßnahme<br />

um 1830. Während dieser Maßnahme hat man mehrere Felder, die aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

Gestaltung <strong>und</strong> malerischen Ausführung ganz offensichtlich aus anderen Fenstern stammen,<br />

in den Bestand integriert. So befinden sich im Schöpfungs-Fenster zwei Felder mit figürlicher<br />

Darstellung, zwei mit Architektur <strong>und</strong> vier Felder mit Blattwerk, die vermutlich ursprünglich<br />

in einem anderen bildlichen Zusammenhang eingefügt waren. Ebenso finden sich im<br />

Christus-Fenster fünf Felder mit stilisiertem Blattwerk <strong>und</strong> im Antichrist-Fenster vier<br />

Ornamentfelder, die nicht in den ursprünglichen Kontext gehören.<br />

Zwar sind zwischen den Glasmalereien der drei Chorfenster stilistische Unterschiede zu<br />

erkennen, jedoch hat auch die Untersuchung der Maltechnik <strong>und</strong> der Malweise bisher keine<br />

eindeutigen Hinweise auf unterschiedliche ausführende Werkstätten ergeben.<br />

Das Schöpfungs-Fenster <strong>und</strong> das Antichrist-Fenster gleichen sich in den verwendeten<br />

Gläsern, in der Maltechnik <strong>und</strong> der Malweise. Kleinere Unterschiede sind im Vergleich zum<br />

Christus-Fenster vorhanden. So weicht die Darstellung der Kopftypen leicht von den<br />

Glasmalereien der flankierenden Fenster ab. Es wurden ebenso Maltechniken eingesetzt, die<br />

in den beiden anderen Fenstern nicht zu finden sind. Genauere Aussagen über die<br />

verschiedenen Malstile <strong>und</strong> sich eventuell daraus ergebende Schlussfolgerungen auf<br />

unterschiedliche, ausführende Werkstätten sind erst nach der genauen Untersuchung aller<br />

Felder möglich.<br />

6.2.1. Bestand - Glas<br />

Die drei 12 m hohen Chorfenster setzen sich aus jeweils drei Bahnen <strong>und</strong> vierzehn Zeilen<br />

zusammen. Insgesamt sind 111 Glasmalereifelder erhalten geblieben, deren Einzelmaß im<br />

Durchschnitt 48 cm x 83 cm beträgt.<br />

In den drei Chorfenstern sind insgesamt ca. 80% des mittelalterlichen Glasbestandes erhalten<br />

geblieben. Für die Glasmalereien wurden 19 verschiedene Farbgläser verwendet (siehe<br />

TABELLE 1).


TABELLE 1:<br />

Originaler Glasbestand<br />

Farbtöne Beispiele für ihre Verwendung<br />

heller, gelblicher Inkarnatton Figuren<br />

dunkler, rötlicher Inkarnatton<br />

Darstellung der verschiedenen Figuren innerhalb<br />

<strong>eines</strong> Feldes durch zwei Inkarnattöne<br />

Weiß<br />

Gewänder, Architektur, Ornamente<br />

helles Gelb<br />

Engel, Gewänder, Vordergründe wie z.B.<br />

Wasser, Architektur<br />

Zitronengelb Teufelchen, Gewänder, Strahlenkranz, Sterne<br />

Orangegelb Architektur, Bordüre<br />

helles Rot (roter Überfang auf Vordergründe wie z.B. Flammen im Feld n II<br />

gelbem Trägerglas)<br />

2b, Architektur<br />

dunkles Rot (roter Überfang auf<br />

gelbem Trägerglas)<br />

Gewänder, Mond<br />

Rosa<br />

Teufelchen, Vordergründe wie z.B. Büsche,<br />

Architektur, Randbordüren<br />

helles Violett Vordergründe wie z.B. Büsche, Boden<br />

dunkles Violett<br />

Figuren wie z.B. Drache im Feld n II 3c,<br />

Architektur<br />

bläuliches Violett Hintergründe<br />

gräuliches Violett Gewänder<br />

Purpur Gewänder<br />

helles Blau<br />

Gewänder, Architektur, Hintergründe wie z.B.<br />

Wolken<br />

Türkisblau nur in Feld n II 11 b - Gewand<br />

dunkles Blau Hintergründe wie z.B. Himmel<br />

helles Grün<br />

Teufelchen, Vordergründe wie z.B. Büsche,<br />

Baumstämme, Wiesen, Architektur<br />

dunkles Grün<br />

Gewänder, Vordergründe wie z.B. Büsche,<br />

Architektur<br />

Die teilweise sehr farbintensiven Hüttengläser sind in der Masse gefärbte Gläser, die meist bis<br />

zu 4mm stark sind <strong>und</strong> eine leicht gewellte Oberfläche aufweisen. Neben den durchgefärbten<br />

Gläsern wurde ein rotes Überfangglas verwendet, das sich aus einem hellgelben Trägerglas<br />

mit einem roten Überfang zusammensetzt. Mit einem feinen Werkzeug wie z.B. mit einer<br />

dünnen Nadel, aber auch mit einem groben Material wie z.B. einem Schleifstein, hat man den<br />

roten Überfang partiell ausgekratzt <strong>und</strong> so unter anderem die Gewänder gestaltet. Das gelbe<br />

Trägerglas kann innerhalb <strong>eines</strong> Glasstückes von weiß bis gelb variieren <strong>und</strong> verleiht so<br />

beispielsweise dem Feuer des brennenden Busches (Feld n II 2b) eine intensive Farbwirkung.<br />

Ein besonderes Detail ist im Feld I 1c, das Maria mit dem Christuskind <strong>und</strong> den Heiligen drei<br />

Königen darstellt, enthalten. Für Marias Krone wurde in einem gelben Glasstück mittig einen<br />

Kreis ausgespart <strong>und</strong> edelsteinartig ein rotes Überfangglas eingefügt, das von Kitt <strong>und</strong> zwei<br />

Bleiplomben gehalten wird (siehe ABB. 3).


6.2.2. Bestand - Blei<br />

ABB. 3: Feld I 2b - Marias Krone mit Glaseinsatz<br />

aus rotem Überfangglas<br />

roter Überfang nur noch in wenigen<br />

Resten erhalten<br />

Die Glasmalereien der Frankfurter St. Marienkirche weisen keinen Bestand an mittelalterlichem<br />

Bleinetz mehr auf. Das vorhandene Bleinetz stammt vermutlich aus der letzten<br />

Restaurierungsphase um 1828-30. Dazu hat man maschinell gezogene Bleiruten verwendet,<br />

die einen 4 mm hohen Kern <strong>und</strong> eine 6 mm breite Wange mit Schnur besitzen. Das Bleinetz<br />

wurde vollflächig verzinnt <strong>und</strong> anschließend vermutlich patiniert, wofür ein dünner,<br />

schwarzer Überzug Indiz sein könnte. Die seitlichen Randstreifen der Felder wurden mit<br />

einem 9 mm breiten Blei eingefasst <strong>und</strong> die äußere Rahmung der Felder ist ein 11 mm breites<br />

Blei. Nur am Feld I 13b ist noch die ehemalige Befestigung der Windeisen erhalten geblieben.<br />

Auf der Außenseite der Felder waren waagerecht je zwei Windeisen pro Feld angebracht. Die<br />

Windeisen bestanden aus 5x5 mm starken Vierkanteisen mit einer seitlichen Abflachung.<br />

Jedes Eisen wurde mit je zwei Bleihaften, die in Schneckenform zusammengedreht waren am<br />

Bleinetz befestigt (siehe ABB. 4).<br />

Trotz des radikalen <strong>und</strong> umfangreichen Eingriffs der Neuverbleiung der Glasmalereien ist<br />

man behutsam mit dem Bestand umgegangen. Nur in seltenen Fällen durchziehen störende<br />

Sprungbleie Figuren oder Gesichter (siehe ABB. 5). Vielmehr wurden gesprungene Gläser<br />

mit Bleiplomben gesichert (siehe ABB. 6).


ABB. 4: Feld I 13b - Bleinetz mit Windeisen von ca. 1830<br />

Anbringung des Vierkanteisens mit einer Hafte in Schneckenform<br />

ABB. 5: Feld 4c - Bleinetz von ca. 1830 ABB. 6: Feld s II 2b - Bleiplombe zur Sicherung<br />

mit Sprungbleien gesprungener Gläser


6.2.3. Bestand - Bemalung<br />

Die Maltechnik der Marienkirchenfenster kann als traditionell einfach, aber wirkungsvoll<br />

eingeschätzt werden. Auf der Glasinnenseite wurden die Hauptlinien der Zeichnung mit<br />

Schwarzlot aufgetragen. Die Konturen wurden relativ dick aufgebracht <strong>und</strong> liegen oftmals in<br />

mehreren Schichten übereinander (siehe ABB. 7). Die anfängliche Vermutung, dass es sich<br />

um eine jüngere Übermalung handeln könnte, wurde durch die mikroskopischen<br />

Untersuchungen widerlegt. Sind auch die Konturen mehrschichtig übereinander liegend, so<br />

wurden sie dennoch in einer Gestaltungsphase aufgetragen.<br />

Dünne Lasuren unterstützen neben der Konturmalerei die Zeichnung. In einzelnen Bereichen,<br />

z.B. für die Darstellung von Pflanzen, hat man den Überzug mit einem dünnen Werkzeug<br />

(vermutlich einem Holzstäbchen) ausgekratzt (siehe ABB. 8). Die Bemalung auf der Vorderseite<br />

wurde überwiegend in Schwarzlot ausgeführt, nur vereinzelt sind dünne Lasuren mit<br />

einem rötlichen Braunlot aufgetragen worden.<br />

ABB. 7: Feld n II 3c - pastos aufgetragene ABB. 8: Feld n II 8c - Auskratzungen im<br />

Konturen <strong>und</strong> dünne Lasuren dünnen Schwarzlot-Überzug<br />

Auf der Außenseite der Gläser hat sich an zahlreichen Stellen die ursprüngliche Bemalung<br />

erhalten. Diese dünnen Lasuren unterstützen die Malerei der Innenseite <strong>und</strong> verleihen dieser<br />

mehr Plastizität. So sind die Gesichter mit Lasuren <strong>und</strong> dünnen Konturen modelliert worden<br />

(siehe ABB. 9 <strong>und</strong> 10).<br />

Besonders die Gewandfalten hat man durch Lasuren verstärkt. Vereinzelt wurden auch auf<br />

Gewandstücke Muster aus Kreisen mit einem Blütenornament aufgebracht (siehe ABB. 9 <strong>und</strong><br />

10). Bisher konnten zwei verschiedene Muster erfasst werden. Die Malerei auf den<br />

Glasrückseiten wurde ebenfalls mit einem rötlichen Braunlot ausgeführt. Vereinzelt finden<br />

sich auch Reste einer schwarzen Lasur.


ABB. 9: Feld I 2b - Reste rückseitiger Bemalung ABB. 10: Feld I 2b - Reste rückseitiger<br />

Ornamentmuster in Gewändern, dünne Bemalung<br />

Konturen im Bereich der Gesichter / Haare<br />

Der Malaufbau <strong>und</strong> die Malweise des Schöpfungs-Fensters <strong>und</strong> des Antichrist-Fensters sind<br />

sich sehr ähnlich. Im Christus-Fenster kommen zu dem relativ einfachen Malaufbau zwei<br />

weitere Gestaltungsmittel hinzu. Hier wurde mit wesentlich feineren Auskratzungen<br />

gearbeitet <strong>und</strong> Lasuren wurden gestupft (siehe ABB. 11 <strong>und</strong> 12). Ob es sich dabei um spätere<br />

Ergänzungsstücke handelt, konnte nicht abschließend geklärt werden, da das verwendete Glas<br />

<strong>und</strong> die rückseitige Korrosion mit den Gläsern des übrigen Bestandes vergleichbar sind.<br />

Vielleicht sind diese Gestaltungstechniken auch Hinweise auf eine spätere Entstehung des<br />

Christus-Fensters oder auf eine weitere ausführende Werkstatt. Genaue Aussagen über die<br />

verschiedenen Malstile in den drei Fenstern können erst nach der detaillierten Untersuchung,<br />

die im Rahmen der Restaurierung der einzelnen Felder genauer erfolgen kann, gemacht<br />

werden.


ABB. 11: Feld I 1b - feine Auskratzung des ABB. 12: Feld I 1b - gestupfter Überzug<br />

Überzuges, grünes <strong>und</strong> blaues Ergänzungs-<br />

glas mit Resten einer Kaltbemalung<br />

6.2.4. Bestand - Ergänzungen<br />

Für die Zeit nach der Entstehung der Glasmalereien bis zu der belegbaren Restaurierung um<br />

1830 sind zum jetzigen Zeitpunkt keine umfangreicheren Reparaturarbeiten nachweisbar. Es<br />

ist jedoch kaum vorstellbar, dass über einen so großen Zeitraum hinweg keine weiteren<br />

Maßnahmen erfolgt sein sollen. Es können nur wenige Glasstücke als eine frühere Ergänzung<br />

identifiziert werden, da sich diese Gläser im Farbton <strong>und</strong> in der korrosiven Schädigung kaum<br />

von den originalen Gläsern unterscheiden.<br />

Während der vermutlich letzten Restaurierung der Glasmalereien um 1830 wurde eine<br />

Vielzahl von Glasergänzungen eingefügt. Die insgesamt 14 verschiedenen Farbgläser haben<br />

eine Dicke von 1 bis 2 mm <strong>und</strong> waren ursprünglich durch farbige Überzüge <strong>und</strong> Konturen auf<br />

der Vorder- <strong>und</strong> Rückseite mehr an die originale Glasmalerei angepasst (siehe TABELLE 2<br />

<strong>und</strong> ABB. 13 <strong>und</strong> 14). Ob jedoch alle Ergänzungen mit farbigen Überzügen in ihrer Helligkeit<br />

gemindert waren, lässt sich nicht an allen Stücken belegen. Teilweise wurden die<br />

Glasergänzungen im eingebauten Zustand nachträglich abgedunkelt, was sich durch<br />

vereinzelt auftretende Lasuren auf Glas <strong>und</strong> Bleinetz belegen lässt. Für den Einbau in die<br />

Fenster-öffnungen sind die Felder seitlich durch schwarze Randstreifen verbreitert worden.


TABELLE 2:<br />

Glasergänzungen von ca. 1830<br />

Farbtöne Beispiele für ihre Verwendung<br />

Farblos Randstreifen<br />

Weißlich sehr häufig für Fehlstellen<br />

helles Gelb sehr häufig für Fehlstellen, Randstreifen<br />

Orangegelb nur ein Stück in Feld n II 4 c – Mond<br />

Orange nur ein Stück in Feld n II 10 b – Hintergr<strong>und</strong><br />

Rot (Überfang) Hintergr<strong>und</strong><br />

Rosa z.B. im Feld I 1c – Architektur<br />

helles Violett z.B. im Feld I 3b – Gewand<br />

dunkles Violett z.B. im Feld I 7a – Gewand<br />

helles Blau Architektur<br />

dunkles Blau Hintergr<strong>und</strong> – Himmel<br />

dunkles Grün Gewänder, Architektur, Randstreifen<br />

Schwarzglas Gewänder, Architektur, Randstreifen<br />

Grün nur zwei Stücke in den Feldern I 5b <strong>und</strong> I 6b<br />

ABB. 13: Feld n II 12a - weißliches ABB. 14: Feld I 10b - weißliches Ergänzungsglas<br />

Ergänzungsglas von ca. 1830 von ca. 1830, komplett verloren<br />

mit Resten einer Kaltbemalung gegangene Kaltbemalung


6.3. Zustand - Glas, Blei <strong>und</strong> Bemalung<br />

6.3.1. Zustand - Glas<br />

6.3.1.1. Mechanische Schäden am Glas<br />

Auf allen Innenseiten befinden sich feine Kratzer in der Oberfläche der Gläser. Diese dürften<br />

von früheren Reinigungsmaßnahmen stammen (siehe ABB. 16).<br />

Größere Schäden an den Glasmalereien sind: eine Vielzahl von Glassprüngen, einige<br />

kleinteilige Glasverluste <strong>und</strong> Fehlstellen im Glas. Die Anzahl der Sprünge pro Feld liegt<br />

zwischen 50 bis 140. Dabei handelt es sich zum einen um glatte, unkorrodierte Sprünge, die<br />

durch den Ausbau <strong>und</strong> den Transport nach Russland entstanden sein können. Häufig ist es an<br />

den Sprüngen zu Abplatzungen bzw. Flinsen gekommen. Zum anderen gibt es viele<br />

korrodierte Sprungkanten. Diese Sprünge weisen oftmals ungewöhnliche Sprungbilder auf.<br />

So haben die Sprünge teilweise einen welligen Verlauf (siehe ABB. 15). Ein ebenso<br />

außergewöhnliches <strong>und</strong> seltenes Schadensbild ist ein zackig verlaufender Sprung mit<br />

kleinteiligen, kantigen Ausbrüchen. Dieses Sprungbild konnte bisher jedoch nur an einem<br />

violetten Glasstück beobachtet werden.<br />

ABB. 15: Feld I 1a - Glassprünge mit kleinteiligen<br />

Verlusten


6.3.1.2. Substanzverlust am Glas<br />

Der Verlust an mittelalterlicher Glassubstanz kann auf ca. 20% geschätzt werden. So fehlen<br />

im Schöpfungs-Fenster sechs komplette Felder. Zwei Felder im Antichrist-Fenster sind bis<br />

zur Hälfte zerstört. Die Anzahl der Fehlstellen liegt in den Fenstern n II <strong>und</strong> s II bei jeweils<br />

ca. 160 Stück pro Fenster. Das Fenster I weist ca. 100 Fehlstellen auf.<br />

6.3.1.3. Korrosive Schäden am Glas<br />

Während die Gläser auf der Innenseite einen relativ guten Erhaltungszustand aufweisen, so<br />

sind deren Außenseiten größtenteils stark korrodiert. Die korrosiven Schäden an den Gläsern<br />

wurden durch das Restauratorenteam in elf verschiedene Schadensstadien eingeteilt.<br />

Nur wenige mittelalterliche Gläser, wie das weiße Glas, zeigen keine korrosiven Schäden. Die<br />

meisten Glasinnenseiten sind in Anfangsstadien korrodiert. Auf den Glasaußenseiten haben<br />

sich hingegen zum Teil dicke Korrosionsschichten gebildet.<br />

Die Korrosionsstadien werden nach den im Folgenden beschriebenen Kriterien eingeteilt:<br />

Im Anfangsstadium tritt in der Glasoberfläche vereinzelt Lochfraß in Form geöffneter Punkte<br />

mit Korrosionsprodukten auf (als Korrosionsstadium 1A bezeichnet). Der originale Feuerschmelz<br />

der Glasoberfläche ist überwiegend erhalten (siehe ABB. 16).<br />

ABB. 16: Feld s II 1b - Glasoberfläche durch feine<br />

Kratzer <strong>und</strong> vereinzelt punktförmige<br />

Korrosion geschädigt


Durch fortschreitende Auslaugung verdichtet sich diese punktförmige Korrosion <strong>und</strong> geht in<br />

eine flächige Korrosion über (als Korrosionsstadium 2A bezeichnet). Auch dieses Schadensbild<br />

tritt vorrangig an den Glasinnenseiten auf. Vereinzelt sind auch die Außenseiten der<br />

weniger stark korrodierten grünen <strong>und</strong> blauen Gläser davon betroffen.<br />

Diesen beiden Schadensbildern stehen die Korrosionsstadien 1B <strong>und</strong> 2B gegenüber. Wie bei<br />

1A <strong>und</strong> 2A ist die Glasoberfläche durch eine vereinzelt bis verdichtet punktförmige Korrosion<br />

geschädigt. Das Unterscheidungsmerkmal ist jedoch, dass sich die Korrosion unter der<br />

geschlossenen Glasoberfläche ausgebildet <strong>und</strong> sich der originale Feuerschmelz relativ gut<br />

erhalten hat.<br />

Ein besonderes Phänomen, welches an den Frankfurter Fenstern auftritt, ist die flächig<br />

ausgebildete, gelblich-opake, glänzende Schicht (als Korrosionsstadium 3B bezeichnet). Im<br />

fortgeschrittenen Stadium wird diese Schicht zunehmend von Korrosionsprodukten<br />

unterwandert <strong>und</strong> die relativ geschlossene Glasoberfläche platzt partiell ab (siehe ABB. 17).<br />

Auch auf den Glasrückseiten tritt dieses Phänomen auf. Hier ist jedoch die Schicht bräunlichopak<br />

gefärbt <strong>und</strong> überwiegend partiell abgeplatzt. Im Streiflicht ist diese Schicht durch ihren<br />

charakteristischen Glanz gut erkennbar (als Korrosionsstadium 3D bezeichnet).<br />

ABB. 17: Feld I 6b - gelblich-opake Schicht, flächig abgeplatzt<br />

Besonders die Inkarnattöne <strong>und</strong> die blauen Gläser weisen zusätzlich eine leichte vorderseitige<br />

Verbräunung auf. In der Glasoberfläche sind vereinzelte bis sich verdichtende, halbtransparente<br />

bis bräunliche Bereiche vorhanden (als Korrosionsstadium 1C bezeichnet - siehe<br />

ABB. 18).<br />

Bei einigen hellen inkarnatfarbenen Gläsern ist dieses Stadium fortgeschritten <strong>und</strong> es hat sich<br />

eine flächige, dichte Verbräunung gebildet (als Korrosionsstadium 2C bezeichnet - siehe<br />

ABB. 19).


ABB. 18: Feld n II 9a - vereinzelt punktförmige, ABB. 19: Feld n II 9a - flächige Verbräunung<br />

verdichtete halbtransparente Verbräunung<br />

Die meisten der Gläser sind rückseitig sehr stark korrodiert. Hier treten vorrangig drei weitere<br />

Korrosionsstadien auf. Diese können auch oft zusammen auf einem Glasstück vorhanden<br />

sein.<br />

Dabei ist die Glasoberfläche vollkommen korrodiert <strong>und</strong> der Feuerschmelz komplett verloren<br />

gegangen (als Korrosionsstadium 4 bezeichnet). Auf der Oberfläche hat sich teilweise eine<br />

dünne Schicht von Korrosionsprodukten gebildet (siehe ABB. 20 <strong>und</strong> 21). Diesem Stadium<br />

werden auch vormals mit Korrosionsprodukten bedeckte <strong>und</strong> vermutlich bei der letzten<br />

Restaurierungsmaßnahme gereinigte Oberflächen zugeordnet.<br />

Des Weiteren finden sich Gläser, deren korrodierte Glasoberfläche vollständig mit einer<br />

dünnen Schicht von Korrosionsprodukten bedeckt ist (als Korrosionsstadium 5 bezeichnet -<br />

siehe ABB. 20 <strong>und</strong> 21).<br />

Gläser, deren Oberflächen eine noch weiter fortgeschrittene Korrosion aufweisen, sind durch<br />

eine dichte Korrosionsschicht gekennzeichnet (als Korrosionsstadium 6 bezeichnet). Diese<br />

Schicht ist teilweise nicht gleichmäßig flächig ausgebildet, sondern partiell abgeplatzt (siehe<br />

ABB. 20 <strong>und</strong> 21). Es gibt aber auch Bereiche, die flächig von dieser Korrosionskruste bedeckt<br />

<strong>und</strong> in ihrer Transparenz stark gemindert sind.<br />

Zusätzlich finden sich an einigen Gläsern schwarze punktförmige Bereiche, die in diese<br />

Korrosionsschicht eingeschlossen sind.


ABB. 20: Feld I 8b - rückseitig stark korrodierter ABB. 21: Feld I 8b - rückseitig stark korrodierte<br />

Oberfläche Oberfläche<br />

Neben den erwähnten korrosiven Schäden treten vereinzelt Sonderphänomene auf. So konnte<br />

bisher an zwei Scheiben des roten Überfangglases ein f<strong>eines</strong> Rissnetz im roten Überfang<br />

beobachtet werden (siehe ABB. 22). Diese Risse befinden sich nur in der roten Glasschicht,<br />

während das gelbe Trägerglas davon nicht betroffen ist.<br />

ABB. 22: Feld n II 12b - f<strong>eines</strong> Rissnetz in der roten Schicht des Überfangglases


Eine andere Form des Rissnetzes tritt bisher an zwei Scheiben des hellen, violetten Glases<br />

<strong>und</strong> an einem Stück des hellgrünen Glases auf. Bei diesen Stücken hat sich in der<br />

Glasoberfläche ein sehr f<strong>eines</strong> Rissnetz gebildet.<br />

Ein kreisförmig ausgebildetes Rissnetz tritt wiederum an zwei weiteren grünen Gläsern auf.<br />

Bei mikroskopischer Betrachtung sind weiße Korrosionsprodukte in den Rissen zu erkennen,<br />

die sich unter der Glasoberfläche befinden (siehe ABB. 23). Die geschilderten Phänomene<br />

sind – soweit dies eingeschätzt werden kann – eher selten auftretende Schadensbilder, deren<br />

Ursachen noch nicht abschließend geklärt sind.<br />

6.3.2. Zustand - Blei<br />

ABB. 23: Feld s II 9c - f<strong>eines</strong> Rissnetz unter der Glasoberfläche<br />

Der Zustand des Bleinetzes der Frankfurter Fenster kann insgesamt als größtenteils stabil<br />

eingeschätzt werden, auch wenn es sich bei der Verbleiung um eine handwerklich schlecht<br />

ausgeführte Maßnahme handelt. Auf die unterschiedlichen Glasstärken wurde keine<br />

Rücksicht genommen, so dass vielfach die dicken mittelalterlichen Glasstücke nicht komplett<br />

in die Bleiruten eingepasst wurden <strong>und</strong> die Glasränder stellenweise frei liegen. Damit diese<br />

Gläser nicht herausfallen, wurden sie mit Bleinasen arretiert. Fehlstellen zwischen Glas <strong>und</strong><br />

Blei wurden mit zusätzlichen Bleien oder mit Zinn ausgefüllt.<br />

Pro Feld treten ca. 20 bis 50 Bleibrüche auf. In den Randbereichen der Felder ist das weiche<br />

Blei oft deformiert oder geschädigt. Häufig hat man am oberen <strong>und</strong> unteren Feldbereich das<br />

Blei herausgeschnitten, um die Felder in die Fensteröffnung einpassen zu können. Des<br />

Weiteren sind bei vielen Feldern die Randbleie zusammen mit den schwarzen Randstreifen<br />

verloren gegangen.


6.3.3. Zustand - Bemalung<br />

Die Bemalung der drei Chorfenster ist in einem guten Erhaltungszustand. Auf der<br />

Glasinnenseite sind die Konturen größtenteils gut erhalten. Hingegen sind die dünnen Lasuren<br />

stellenweise verloren gegangen. An der Konturmalerei treten drei spezielle Schadensbilder<br />

auf.<br />

So sind vereinzelt lochfraßförmige Ausplatzungen in der Kontur zu beobachten, die eine<br />

narbige Glasoberfläche zurücklassen (siehe ABB. 24).<br />

Weiterhin gibt es partiell Bereiche in denen die Kontur stärker geschädigt <strong>und</strong> es zu<br />

schüsselförmigen Ausplatzungen gekommen ist, durch die das Glas oberflächig stark verletzt<br />

ist.<br />

Ein Schadensbild, das bisher nur im Christus-Fenster zu beobachten war, sind ausgedünnte<br />

Konturen. Durch mechanischen Abrieb, wie durch eine Reinigung der Glasoberfläche, sind<br />

die Konturen beschädigt <strong>und</strong> partiell verloren gegangen (siehe ABB. 25).<br />

ABB. 24: Feld n II 2c - lochfraßförmige ABB. 25: Feld I 3b - Schaden an den Konturen<br />

Ausplatzungen in der Kontur durch mechanischen Abrieb<br />

Auf den Glasrückseiten ist die Bemalung überwiegend nur noch in vereinzelten Bereichen<br />

erhalten geblieben. Häufig ist der Verlauf auch nur noch als Negativform erkennbar, da die<br />

Konturen das Glas darunter geschützt haben. Nach dem Verlust der Konturen erscheinen die<br />

weniger korrodierten Bereich dunkler als die umliegende, korrodierte Glasoberfläche.


6.3.4. Zustand - Glasoberfläche<br />

Die Oberflächen der Gläser weisen auf den Innenseiten leichte bis mittlere Verschmutzungen<br />

durch Staub-, Ruß- <strong>und</strong> sonstige Schmutzpartikel auf. Außerdem befinden sich auf den Innen-<br />

<strong>und</strong> Außenseiten vereinzelt Auflagerungen in Form von Putz, Farbe, Taubenkot u.ä. In den<br />

Glassprüngen <strong>und</strong> entlang der Sprungkanten sowie vereinzelt auch an Bleiruten <strong>und</strong> im<br />

unteren Feldbereich befindet sich eine harte, porös bis fest aufliegende schwarze Kruste<br />

(siehe ABB. 26).<br />

Besonders im Bereich der Windeisen ist es auf der Glasrückseite zu einer Verschwärzung der<br />

Korrosionskruste <strong>und</strong> der Malerei gekommen.<br />

ABB. 26: Feld s II 1b - Kruste entlang der Sprünge ABB. 27: Feld n II 12c - Oberflächenrissnetz<br />

<strong>und</strong> der Bleie mit kleinteiligen Glasverlusten in den<br />

schwarzen Randstreifen von ca. 1830<br />

6.3.5. Zustand - Ergänzungen<br />

Eine Vielzahl der Ergänzungen der Restaurierungsmaßnahme des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts sind heute<br />

nur noch als fast blanke Gläser erkennbar, die den farbintensiven, dunklen mittelalterlichen<br />

Bestand überstrahlen, da die farbige Kaltmalerei bis auf wenige Reste komplett verloren<br />

gegangen ist. Zusätzlich sind Sprünge, besonders in den sehr dünnen Gläsern zu verzeichnen<br />

<strong>und</strong> vereinzelt ist es zu Glasverlusten gekommen.<br />

Die schwarzen Randstreifen sind oberflächig korrodiert <strong>und</strong> es hat sich ein f<strong>eines</strong><br />

Oberflächenrissnetz ausgebildet (siehe ABB. 27).


6.4. Erstellung <strong>eines</strong> Kartierungssystems <strong>und</strong> Durchführung einer beispielhaften<br />

Dokumentation an einigen Feldern<br />

Für die Bestands- <strong>und</strong> Zustandserfassung der wertvollen Glasmalereien der St. Marienkirche<br />

Frankfurt (Oder) wurde festgelegt, die Kartierung mittels Computer durchzuführen. Dazu<br />

wurde das Grafikprogramm COREL DRAW (Version 9.0) ausgewählt, da auf Erfahrungen<br />

mit diesem Programm zurückgegriffen werden konnte <strong>und</strong> geringe Einarbeitungszeiten<br />

möglich waren.<br />

Obgleich diese Methode eine sehr zeitaufwendige Vorbereitungsphase erforderte, was aber im<br />

Rahmen der ersten Arbeitsphase möglich war, bestätigte sich jedoch, dass eine Computerkartierung<br />

im Vergleich zu einer per-Hand-Methode nicht nur besser, variabler, vielfältiger,<br />

leichter handhabbar <strong>und</strong> vom Zeitaufwand gleichschnell zu bewältigen ist, sondern überhaupt<br />

erst eine genaue <strong>und</strong> übersichtliche Darstellung bestimmter Spezifika möglich macht.<br />

Als Vorlage zur Kartierung dienen Schwarz/Weiß-Fotografien im Format 21x29 cm des<br />

Vorzustandes im Auflicht. Diese wurden jeweils für die Vorder- <strong>und</strong> Rückseiten mit 720 dpi<br />

gescannt <strong>und</strong> als unterste Ebene in das Kartierungssystem eingeordnet. Ein großer Vorteil<br />

dabei ist, dass die Fotovorlage am Bildschirm in jeder beliebigen Ausschnittsvergrößerung im<br />

Hintergr<strong>und</strong> der Arbeitsfläche am Bildschirm darstellbar ist, d.h. also auch größer als das<br />

Original. Ein Vergrößerungsmaßstab von 400% hat sich bei der Bearbeitung als am<br />

geeignetsten erwiesen.<br />

In die nächste Ebene wurde der Bleiriss gezeichnet. Ähnlich verfahren wurde mit den<br />

verschiedenen weiteren Ebenen, die individuell angelegt wurden, dann beliebig sichtbar,<br />

kombinierbar <strong>und</strong> druckbar sind.<br />

Dabei wurde der Computerarbeitsplatz neben dem Leuchttisch, auf dem die Felder liegen,<br />

eingerichtet, um so jede Eintragung auf dem Foto direkt mit dem Original vergleichen zu<br />

können.<br />

Da die programmseitig zur Verfügung stehenden Schraffuren (Zweifarbenmuster) leider nicht<br />

sehr umfangreich sind, war es nötig, sie mit eigenen Mustern im Zweifarbenmuster-Editor zu<br />

erweitern.<br />

Neu - im Gegensatz zu anderen Kartierungsschemata, die sich auf Probleme mittelalterlicher<br />

Glasmalereien spezialisiert haben - ist die detaillierte grafische Kartierung der Korrosion <strong>und</strong><br />

der Bemalung, die bestimmte Schadphänomene mit Symbolen <strong>und</strong> flächigen Schraffuren<br />

genau lokalisiert. Für die umfangreichen verschiedenen Problematiken wurden spezielle<br />

Muster entwickelt, deren Bedeutungen noch nicht durch eine andere Nomenklatur belegt sind.<br />

So wurde u.a. auf einfache senkrechte, waagerechte <strong>und</strong> diagonale Schraffuren verzichtet, da<br />

sie dem international verbindlichen System des Corpus Vitrearum Medii Aevi zur zeitlichen<br />

Einordnung der Gläser <strong>und</strong> der Ergänzungen dienen.<br />

Dabei wurde ein Schema für alle vorkommenden Korrosionsstadien entwickelt. Dieses liegt<br />

in kompletter Form mit den verschiedenen Mustern vor.<br />

Der Anstieg des Korrosionsgrades wird in der Kartierung durch eine Zunahme der Grauwerte<br />

der Schraffuren signalisiert. Die Zusammengehörigkeit von Korrosionsphänomenen<br />

unterschiedlicher Ausprägungsgrade wird durch gemeinsame, zusätzliche senkrechte oder<br />

waagerechte Schraffuren gekennzeichnet.<br />

Diese Methode der Kartierung der Korrosionsstadien mittels Computer bietet die<br />

Möglichkeit, die im Detail schwierig darzustellenden, in unterschiedlichen Graden<br />

geschädigten Gläser zu dokumentieren. Der hier vorgestellte Lösungsvorschlag einer<br />

Kartierung für einen Bestand dieser Art ist das Ergebnis verschiedener Proben, mit denen<br />

versucht wurde, für die Problematik passende Darstellungsformen zu finden.


Im Rahmen der Bearbeitung wurden verschiedene Anregungen <strong>und</strong> Erweiterungsmöglichkeiten<br />

erwogen. Das vorgestellte System ist jederzeit individuell modifizierbar <strong>und</strong><br />

mit verschiedenen Spezifika erweiterbar.<br />

Das fensterspezifische Kartierungssystem orientiert sich an Kartierungen anderer<br />

Glasrestaurierungswerkstätten, jedoch wurden alle Eintragungen – im Vergleich zu den<br />

anderen Kartierungssystemen – in grafischer Form vorgenommen, es wurde bewusst auf<br />

Eintragungen mit Buchstaben verzichtet, da eine grafische Darstellung optisch viel besser<br />

vermittel- <strong>und</strong> erkennbar ist.<br />

Das angewendete Programm bietet jederzeit die Möglichkeit, bei Vorkommen von bis jetzt<br />

noch nicht berücksichtigten Phänomenen neue Symbole zu entwickeln.<br />

Die Symbole für die Maßnahmen konnten zum derzeitigen Bearbeitungszustand noch nicht<br />

festgelegt werden, das kann erst bei der Abschlusskartierung erfolgen.<br />

Für die Kartierung wurden folgende Ebenen vorgeschlagen <strong>und</strong> durch den Fachbeirat beim<br />

Abschlusskolloquium bestätigt:<br />

Für die Vorderseite:<br />

Auflichtfoto – Vorzustand (als Kartierungsgr<strong>und</strong>lage)<br />

Bestand/Zustand Blei<br />

Bestand/Zustand Glas<br />

Zustand Glas - Korrosion<br />

Zustand Oberfläche/Auflagerungen<br />

Zustand Bemalung<br />

Maßnahmen<br />

Für die Rückseite:<br />

Auflichtfoto – Vorzustand (als Kartierungsgr<strong>und</strong>lage)<br />

Bestand/Zustand Blei<br />

Bestand/Zustand Glas<br />

Zustand Glas - Korrosion<br />

Zustand Oberfläche/Auflagerungen<br />

Bestand Bemalung<br />

Maßnahmen<br />

Das Restaurierungskonzept sah die komplette Kartierung (in allen Kartierungsebenen) nur für<br />

15 ausgewählte Referenzfelder pro Fenster vor. Für die übrigen Felder sollte eine Kartierung<br />

in vereinfachter, reduzierter Form erfolgen.<br />

Das im Rahmen der ersten Arbeitsphase stattgef<strong>und</strong>ene Abschlusskolloquium führte jedoch<br />

zu dem Ergebnis, dass sich der Fachbeirat ausdrücklich – aufgr<strong>und</strong> der Hochrangigkeit des<br />

Objektes – für die komplette Kartierung aller Felder ausgesprochen hat. Dieses wird – soweit<br />

finanziert – nun für alle Felder des Fensters I ausgeführt.<br />

Im Rahmen der ersten Arbeitsphase wurde das entwickelte Kartierungssystem an einzelnen,<br />

verschiedenen Feldern durchgeführt, um dessen Anwendbarkeit zu testen <strong>und</strong> um noch kleine<br />

Veränderungen, die aufgr<strong>und</strong> von Unterschiedlichkeiten an verschiedenen Feldern auftreten,<br />

einarbeiten zu können. Die Gesamtkartierung aller Felder erfolgt jedoch erst unmittelbar in<br />

der Phase der Restaurierung des gesamten Fensters.


6.5. Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Untersuchungen<br />

6.5.1. Untersuchungen zur chemischen Glaszusammensetzung (BAM)<br />

Im Rahmen der naturwissenschaftlichen Untersuchungen konnten sechs verschiedenfarbige<br />

Glasproben analysiert werden. Diese Untersuchungen wurden von der B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Materialforschung <strong>und</strong> -prüfung (BAM) in Berlin mit der Elektronenstrahlmikrosonde<br />

durchgeführt. In Bezug auf Glaszusammensetzung, Glastyp, Empfindlichkeit <strong>und</strong><br />

Morphologie der Gelschicht zeigen die Proben, dass es sich bei den unterschiedlichen Gläsern<br />

– laut chemischer Zusammensetzung – um die typischen, relativ wenig beständigen<br />

Holzaschegläser des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts handelt. Die Analyse ergab einen Siliziumoxidgehalt<br />

von ca. 50% <strong>und</strong> einen hohen Kaliumgehalt von 27,8% im Gegensatz zum Calciumgehalt von<br />

13%. Meist wurde in den Untersuchungen ein Phosphorgehalt um 1% festgestellt. Dies ist<br />

ein eindeutiger Hinweis darauf, dass das Glas mit gereinigter Holzasche hergestellt wurde.<br />

Es wurden folgende Glastypen <strong>und</strong> Glasfarben analysiert:<br />

(Beispiele einzelner Proben siehe ABB. 28-31)<br />

Probe 1/2003: aus Fenster s II, Feld 9b: blaues Glas mit geringen Verwitterungsschäden,<br />

keine<br />

Korrosionsablagerungen;<br />

Probe 2/2003: aus Fenster I, Feld 10b: fleischfarbenes Glas mit geringen<br />

Verwitterungsschäden,<br />

keine Korrosionsablagerungen, unter der optisch intakten Glasoberfläche der<br />

Vorderseite ist das Glas stark verbräunt;<br />

Probe 3/2003: aus Fenster n II, Feld 8b: blaues Glas mit starken Verwitterungsschäden auf der<br />

Rückseite, dichter Korrosionsbelag teilweise mit dicker Schmutzkruste auf der<br />

Oberfläche, Glasinnenseite mit geringen Verwitterungsanzeichen;<br />

Probe 4/2003: aus Fenster n II, Feld 2c: fleischfarbenes Glas mit starken<br />

Verwitterungskrusten<br />

auf der Rückseite, dichter Korrosionsbelag teilweise mit dicker Schmutzkruste<br />

auf der Oberfläche; Glasinnenseite zeigt gut erhaltene Bemalung <strong>und</strong> geringe<br />

Verwitterungsanzeichen;<br />

Probe 5/2003: aus Fenster I, Feld 11c: ein rotes Überfangglas, rückseitige Glasoberfläche mit<br />

starken Verwitterungsschäden;<br />

Probe 6/2003: aus Fenster n II, Feld 3a: violettes Glas mit starken Verwitterungskrusten auf<br />

der Rückseite.


ABB. 28: Probe 1 ohne Korrosionsprodukte ABB. 29: Probe 2 mit geringen Korrosionsprodukten<br />

ABB. 30: Probe 5 mit dichten Korrosionsbelägen ABB. 31: Probe 6 mit dichten Korrosionsbelägen


Mit Ausnahme von einem Glas, nämlich der Probe 1 (mittelalterliches blaues Glasfragment)<br />

<strong>und</strong> einem Probeglas aus einer vorherigen Untersuchung (schwarzes Glas aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

5 ) werden alle Proben als korrosionsanfällige Gläser mit einer Gelschicht von einer<br />

Stärke von 5-20 µm identifiziert.<br />

Die Gelschicht kann wie folgt charakterisiert werden: Es handelt sich um eine stabile,<br />

glasnahe Schicht, die fest mit dem Gr<strong>und</strong>glas verb<strong>und</strong>en ist. Ihre Dicke ist insgesamt<br />

zwischen 5-40 µm stark. Die Schicht ist von Gips <strong>und</strong> Korrosionskristallen durchwachsen<br />

<strong>und</strong> hat einen Schichtenaufbau im Wechsel von Gelschicht – Gipsschicht – Gelschicht. Das<br />

Gelschichtenpaket ist porös, mechanisch instabil <strong>und</strong> mit tief ins Glas gehenden Rissen<br />

durchsetzt <strong>und</strong> zerklüftet (siehe ABB. 32).<br />

In lochfraßähnlichen Strukturen wurden große Einschlüsse von Kohlenstoff festgestellt.<br />

ABB. 32: Querschliff durch eine Glasprobe mit Korrosionskruste,<br />

REM-Aufnahme<br />

Die Ausnahme bildet das blaue Glas der Glasprobe 1 (siehe ABB. 28), das nahezu keine<br />

Verwitterungserscheinungen aufweist <strong>und</strong> dessen Oberfläche nahezu intakt erscheint. Die<br />

Zusammensetzung dieses Glases weicht von den anderen mittelalterlichen Gläsern ab. Der<br />

Calciumoxidgehalt ist höher als der Kaliumgehalt. Der Siliciumoxidgehalt ist mit 51,9 %<br />

ebenfalls höher. Der Phosphorgehalt würde jedoch für ein Holzascheglas sprechen.<br />

Man kann für diese unkorrodierten blauen Gläser, die kein Einzelfall sind, zwei Theorien<br />

aufstellen:<br />

Einerseits lässt sich vermuten, dass das blaue Glas von einer anderen Glashütte hergestellt<br />

worden sein kann, in einem anderen Schmelzvorgang entstand, aber als Original bei der<br />

Herstellung der Fenster verwendet worden ist. Andererseits könnte es sich aufgr<strong>und</strong> des sich<br />

unterscheidenden Glastyps <strong>und</strong> der Glaszusammensetzung um eine sehr frühe Ergänzung aus<br />

dem 14./15. Jahrh<strong>und</strong>ert handeln. Herr Dr. Müller von der BAM bemerkte dazu, dass es sich<br />

erfahrungsgemäß um ein Originalglas aus der Entstehungszeit handelt. 6<br />

5<br />

Probendokumentation 1535-1537 der BAM – IV.21 vom 9.03.01: Probe 3 (1537)<br />

6<br />

Anmerkungen zu diesem Thema im Abschlusskolloquium am 25. September 2003


Ein weiterer Glastyp, der nicht in die Reihe der mittelalterlichen Holzaschegläser einzuordnen<br />

ist, sind die bereits erwähnten schwarzen Randstreifen aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Typisch für Gläser aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert sind Soda-Kalk-Gläser. Jedoch bei den<br />

schwarzen Frankfurter Gläsern handelt es sich, wie bei Gläsern mittelalterlicher<br />

Glaszusammensetzung, um ein Kalium-Calcium-Silikat-Glas mit einem hohem Kaliumgehalt<br />

von 27,7%, einem sehr hohen Siliziumoxidgehalt von 63,3 % <strong>und</strong> einem geringen<br />

Calciumgehalt von 4,7 % (siehe TABELLE 3 <strong>und</strong> 4 zur Glaszusammensetzung der<br />

unterschiedlichen Glasproben).<br />

Diese schwarzen Gläser zeigen ähnlich den mittelalterlichen Gläsern geringe Witterungsbeständigkeit.<br />

Als besonderes Merkmal ist zu erwähnen, dass diese Gläser aus dem 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert beidseitig eine Gelschicht aufweisen. Ihre Gelschichtdicke beträgt 10 µm auf der<br />

einen <strong>und</strong> 25 µm auf der anderen Seite. Diese Gläser zeigen insbesondere ein starkes<br />

Oberflächenrissnetz, wobei es sich nicht um durchgehende Risse, sondern um kleine Risse in<br />

der Glasoberfläche handelt.<br />

TABELLE 3: Glaszusammensetzung Proben 1-6 /2003<br />

Probe 1 Probe 2 Probe 3 Probe 4 Probe 5 Probe 5 Probe 6<br />

Farbe blau fleischfarben blau fleischfarben farblos roter<br />

Überfang<br />

violett<br />

Na2O 0.3 0.4 0.5 0.5 0.3<br />

MgO 3.5 3.6 3.4 3.8 3.4 3.1 4.1<br />

Al2O3 1.1 1.4 1.3 1.3 1.3 1.5 1.9<br />

SiO2 51.9 47.4 49.8 49.4 49.3 49.2 48.6<br />

P2O5 1.0 0.7 0.6 0.5 0.7 0.5 0.8<br />

SO3 0.3 0.3 0.3<br />

K2O 19.9 25.3 24.4 24.1 23.6 25.0 22.1<br />

CaO 21.4 19.5 19.2 19.1 20.4 18.0 21.2<br />

MnO 0.4 0.8 0.8 0.6 1.0 0.7 1.3<br />

Fe2O3 0.5 0.6 0.6<br />

CuO > 0.2<br />

BaO 0.6 0.2<br />

PbO 1.7<br />

TABELLE 4: Glaszusammensetzung von Proben aus dem Jahr 2001<br />

Probe 1 Probe 2 Probe 3<br />

Glas Lot Glas 19. Jh.<br />

Na2O 0.3 0.4 0.5 1.1<br />

MgO 4.6 0.3 4.3<br />

Al2O3 1.5 0.9 2.0 0.6<br />

SiO2 49.9 23.2 50.3 63.3<br />

P2O5 1.4 1.1<br />

SO3 2.4 2.4<br />

Cl 0.3<br />

K2O 27.8 6.9 26.8 27.7<br />

CaO 13.7 0.5 14.2 4.7<br />

MnO 0.9 0.9<br />

Fe2O3 3.8<br />

BaO


PbO 61.8<br />

6.5.2. Untersuchungen zum Schwarzlot (BAM)<br />

An einer bemalten Probe (Probe 1/2001) 7 wurde eine Schwarzlotanalyse durchgeführt. Das<br />

Schwarzlot befindet sich auf der Glasinnenseite. Die Kontur ist ca. 30 µm stark.<br />

Elementverteilungsbilder zeigen Anreicherungen <strong>und</strong> Einschlüsse. So sind als Färbepigmente<br />

große Eisenoxidpartikel vorzufinden. Große Poren <strong>und</strong> Hohlräume sind ebenfalls im Bild zu<br />

erkennen.<br />

An dieser Stelle ist die Kontur ein hervorragender Korrosionsschutz für das Glas. Das<br />

Gr<strong>und</strong>glas ist intakt <strong>und</strong> bislang hat sich noch keine Gelschicht ausgebildet (siehe ABB. 33).<br />

Abb. 33: Querschliff an einer Glasinnenseite:<br />

Intaktes Glas mit Lotüberzug (die Linien zeigen die<br />

unterschiedlichen Elementverteilungen in Glas <strong>und</strong> Lot)<br />

6.5.3. Untersuchungen zur Verbräunung (BAM)<br />

An Probe 2/2003 (Fleischton) wurden Untersuchungen bezüglich der Ursache der<br />

Verbräunungserscheinungen durchgeführt (siehe ABB. 34 <strong>und</strong> 35).<br />

Die Hauptfrage lautete: Handelt sich um eine Manganverbräunung oder um eine mikrobiell<br />

induzierte Verbräunungserscheinung?<br />

Die Untersuchungen zu den Verbräunungsphänomenen ergaben, dass auch Probe 6/2003 ein<br />

violettes Glas, Verbräunungserscheinungen aufweist.<br />

In der Gelschicht kann stellenweise sowohl eine leichte Erhöhung des Mangangehaltes sowie<br />

die Ausfällung von Manganverbindungen an Gelschichtrissen nachgewiesen werden. Sie<br />

gehen in dieser Probe auch mit einer Bariumfällung einher. Anzeichen einer mikrobiologisch<br />

induzierten Verbräunung, wie Melaninanreicherungen, wurden nicht nachgewiesen.<br />

7 Probendokumentation 1535-1537 der BAM – IV.21 vom 9. März 2001


Abb. 34: Glasprobe 2/2003 Feld I 10b, Abb. 35: Glasprobe 2/2003 Feld I 10b,<br />

Verbräunungserscheinung im Auflicht Verbräunungserscheinung im Durchlicht<br />

6.5.4. Materialanalysen der Oberflächenproben (Labor Jägers)<br />

Durch die Untersuchungen des Be- <strong>und</strong> Zustandes von Glas, Blei <strong>und</strong> Bemalung der<br />

Schadensbilder <strong>und</strong> Problemstellungen der Frankfurter Glasmalereien kam es zu einigen<br />

ungeklärten Fragen, die sich in Zusammenhang mit diesen Schäden stellten. So trifft man<br />

immer wieder auf ein interessantes <strong>und</strong> zunächst nicht einzuordnendes Phänomen der<br />

Oberflächenerscheinung. Neben den stark korrodierten Bereichen der Rückseiten findet man<br />

optisch relativ geschlossene, im Streiflicht eventuell als intakter Feuerschmelz einzuordnende<br />

Oberflächen, die aber dennoch in größeren Bereichen von Korrosionsprodukten stark<br />

unterwandert sind.<br />

Mit Hilfe der naturwissenschaftlichen Untersuchungen konnten einige diesbezügliche Fragen<br />

beantwortet werden.<br />

Verschiedene Materialproben wurden im Labor Jägers, Bornheim, mit Hilfe mikroskopischer<br />

<strong>und</strong> mikrochemischer Methoden untersucht <strong>und</strong> Infrarotspektroskopie <strong>und</strong> Röntgenfluoreszenzuntersuchungen<br />

durchgeführt.<br />

Insgesamt wurden sechs Proben untersucht, davon vier Proben mit dieser glänzenden Schicht.<br />

An zwei weiteren Proben sollten Oberflächenbeläge genauer identifiziert werden.


Die verschiedenen Materialproben ergaben folgende Analyseergebnisse:<br />

Probe 1:<br />

Bei dieser Probe handelt es sich um ein Glasstück, auf dessen Vorderseite man die erwähnte<br />

glänzende Oberfläche vorfinden konnte, hauptsächlich jedoch an den Randbereichen zum<br />

Bleisteg <strong>und</strong> im Umfeld der Sprungkanten (siehe ABB. 36).<br />

Die Untersuchungen bei dieser gelblich, halbtransparenten kristallinen Schicht auf der<br />

Glasinnenseite ergaben, dass es sich nur um eine rein silikatische Substanz handelt, da r<strong>eines</strong><br />

Kieselgel festgestellt wurde. Somit wurde die Probe als r<strong>eines</strong> Gelglas – ohne Spuren von<br />

Gips oder Syngenit, d.h. ohne Korrosionsprodukte – identifiziert. Es handelt sich also um<br />

ausgelaugte Glasmasse, von feinen Rissen durchzogen, die sich in dünnen Schichten abhebt.<br />

ABB. 36: Probeentnahmestelle für Probe 1,<br />

Materialanalyse Labor Jägers,<br />

gelblich glänzende, opake Schicht, Feld s II 8b, Vorderseite<br />

ABB. 37: Probeentnahmestelle für Probe 2,<br />

Materialanalyse Labor Jägers,<br />

gelblich glänzende, opake Schicht, Feld I 11b, Rückseite


Probe 2:<br />

Vor der Durchführung der Untersuchungen wurde zunächst vermutet, dass die glänzenden<br />

Oberflächen sowohl auf den Vorder- als auch auf den Rückseiten der Gläser entweder durch<br />

eine frühere Restaurierungsmaßnahme mit wachsartigen oder öligen Überzügen, durch ein<br />

Überglasungsverfahren – damit würde auch ein Zweitbrand einhergehen – oder durch die<br />

Behandlung mit Wasserglas entstanden sein könnten.<br />

Diese glänzenden Bereiche sind unter dem Mikroskop als helle, gelblich, spröde kristalline<br />

Substanzen zu erkennen. Die Analyse der Probe 2 identifiziert diesen Belag als typisches<br />

Phänomen der Glaskorrosion. Es handelt es sich um einen Gipsbelag, also Calciumsulfat, der<br />

mit geringen Mengen von Gelglaspartikeln durchwachsen ist (siehe ABB. 37).<br />

Dieser Belag ist ein Verwitterungsprodukt des Glases selbst. In der Zusammensetzung der<br />

mittelalterlichen Gläser sind hohe Anteile an Natrium <strong>und</strong> Kalium, also Erdalkalimetalle, als<br />

Hauptbestandteile im Glas enthalten, die für die Korrosionsanfälligkeit verantwortlich sind.<br />

Aus dem mit der Feuchtigkeit aus der Luft reagierendem Schwefeldioxyd entsteht schweflige<br />

Säure, die die Oberfläche der Gläser angreift. Es findet ein Austausch der H + -Ionen mit den<br />

Erdalkalimetallen, also den Natrium- <strong>und</strong> Calciumionen aus dem Glas statt. Dabei bildet sich<br />

eine siliciumarme, wasserhaltige Gelschicht aus. An der Glasoberfläche reagiert das<br />

freigewordene Calcium mit dem Schwefeldioxid aus der Luft zu Gips (Calciumsulfat). So<br />

entsteht durch einen ”Auslaugungsprozess” der dichte, transparenzmindernde, typische<br />

Korrosionsbelag (siehe ABB. 32 – Querschliff durch eine Glasprobe mit Korrosionskruste).<br />

Ein wichtiger Hinweis 8 zu Probe 2 war, dass sie in ihrer Zusammensetzung <strong>und</strong> im<br />

Erscheinungsbild große Ähnlichkeit mit Proben der stark durch Feuchtigkeit oder<br />

Mikroorganismen belasteten, mittelalterlichen Gläser aus der Klosterkirche Heiligkreuztal<br />

(Zisterzienserinnnen-Kloster in der Schwäbischen Alb) zeigt.<br />

Ergebnis aus Probe 1 <strong>und</strong> 2:<br />

Die Analysen der Proben erbrachten, dass frühere Restaurierungsmaßnahmen, wie das Überglasungsverfahren,<br />

die Behandlung mit Wasserglas, die Behandlung mit Wachs oder mit<br />

öligen Substanzen als Firnisüberzug, nicht nachgewiesen werden konnten. Es handelt sich bei<br />

den untersuchten Bereichen um reine Glassubstanz bzw. um verwitterte Glasoberflächen.<br />

Probe 3:<br />

Mit der Probe 3 sollte eine spröde Kruste, ein schwarzer, dicker inhomogener Belag entlang<br />

<strong>eines</strong> Sprunges untersucht werden. Die Verschmutzung befindet sich nicht nur entlang der<br />

Sprungkante, sondern verdeckt auch große Bereiche des Glases, so dass die Lesbarkeit der<br />

Darstellung stark beeinträchtigt ist (siehe ABB. 38). Es stellte sich hier die Frage, ob es sich<br />

um eine Sprungsicherungsmaßnahme aus einer früheren Restaurierung handelt.<br />

Ergebnis aus Probe 3:<br />

Die Auswertung der Untersuchung ergab, dass es sich bei dem Belag ausschließlich um ein<br />

Konglomerat von Gipskruste, Schmutzpartikeln, Gelglaspartikeln, Ruß <strong>und</strong> öligen Bestandteilen<br />

handelt.<br />

Somit ist auszuschließen, dass es sich um eine gezielt aufgetragene Schicht bzw. um<br />

Rückstände <strong>eines</strong> Materials aus einer früheren Restaurierungsmaßnahme handelt.<br />

8 Hinweis durch das Labor Jägers


Abb. 38: Probeentnahmestelle Probe 3, Abb. 39: Probeentnahmestelle Probe 4<br />

Materialanalyse Labor Jägers, Materialanalyse Labor Jägers<br />

Schwarze Kruste entlang der Schwarzer Belag im Bereich der<br />

Sprungkante, Feld s II 1b, Vorderseite Windstange, Feld I 6a, Rückseite<br />

Probe 4:<br />

Die Probe 4 ist ein Beispiel für einen schwarzen zerklüfteten Belag, der häufig im Bereich der<br />

Windstangen anzutreffen ist. Fragestellung der Untersuchung war, ob es sich hierbei um ein<br />

Verwitterungsprodukt oder um eine rückseitige Bemalung, beziehungsweise um Reste<br />

rückseitiger Bemalung handelt (siehe ABB. 39).<br />

Ergebnis aus Probe 4:<br />

Die Untersuchung ergab, dass es sich um einen dreischichtigen Belag handelt:<br />

- untere Schicht: Gelglasschicht mit geringen Anteilen an Gips, aber mit großen<br />

Anteilen an Eisen<br />

- mittlere Schicht: viel Gips <strong>und</strong> kaum Gelglas<br />

- oberste Schicht: ausschließlich Gips mit ölhaltigen Bestandteilen.<br />

Der Eisenanteil kann auf Bemalungsreste hinweisen, er kann aber genauso gut von<br />

Korrosionsprodukten (Rost) von der Windstange herrühren. Dazu wären weitere Analysen<br />

erforderlich.<br />

Probe 5 <strong>und</strong> 6:<br />

Bei den Proben 5 <strong>und</strong> 6 handelt es sich um ähnliches Probematerial wie bei den Proben 1 <strong>und</strong><br />

2 mit gleichlautendem Ergebnis – r<strong>eines</strong> Gelglas mit geringen Mengen an Gipspartikeln – <strong>und</strong><br />

braucht deshalb nicht erneut aufgeführt werden.


6.5.5. Elektronenmikroskopische Dokumentation von Reinigungsproben (BAM)<br />

Für die Beurteilung von Reinigungsmaßnahmen wurden Untersuchungen mit der Elektronenstrahlmikrosonde<br />

durchgeführt. Diese ermöglichen eine Aussage über die Auswirkung einer<br />

Reinigungsmaßnahme auf die unter der Korrosionsschicht liegende, empfindliche Gelschicht.<br />

Es wurden Reinigungsproben – kleine Reinigungsschnitte – an vier verschiedenen Gläsern<br />

durchgeführt (Probe 3/2003, Probe 4/2003, Probe 5/2003, Probe 6/2003).<br />

Zielsetzung der Reinigung sollte die Reduzierung der Gips- <strong>und</strong> Syngenitkrusten sein, die<br />

sich als Verwitterungsprodukte der Auslaugungs- <strong>und</strong> Auflösungsprozesse der Glassubstanz<br />

auf den Oberflächen in Verbindung mit den Luftschadstoffen ausgebildet haben. Dabei muss<br />

unbedingt darauf geachtet werden, dass die Korrosionsschicht nicht so weit entfernt wird,<br />

dass die empfindliche Gelschicht verletzt wird. Die Grenze ist schwierig zu setzen. Einerseits<br />

hat eine dünne Korrosionsschicht eine gewisse Schutzfunktion für das Gelglas, andererseits<br />

stellen die dicken, mehrschichtigen, hygroskopischen Gipsbeläge eine Gefährdung für die<br />

Glasoberfläche <strong>und</strong> für die Glassubstanz dar. Sie wirken als Feuchtigkeits- <strong>und</strong><br />

Schadstoffspeicher <strong>und</strong> beschleunigen dadurch die Korrosion der Glasoberfläche, womit sie<br />

ein zusätzliches Schadenspotential darstellen. Hinzu kommt, dass die bis zu 1-1,5 mm dicken<br />

Korrosionsschichten erheblich die Transparenz <strong>und</strong> Lesbarkeit des Fensters vermindern.<br />

Dieser ästhetische Aspekt ist k<strong>eines</strong>falls außer Acht zu lassen.<br />

In der Regel werden die dichten, harten, rückseitigen Schichten mit dem Borstenpinsel<br />

reduziert <strong>und</strong>, falls notwendig, mit dem Skalpell Schicht für Schicht vorsichtig ausgedünnt.<br />

Mechanische Verfahren haben gegenüber den chemischen Methoden den Vorteil, dass keine<br />

Substanzen in das Material eingebracht werden, die eventuell ungewollte Reaktionen <strong>und</strong><br />

Folgeschäden hervorrufen können.<br />

Chemische Reinigungsproben zur Reduzierung von transparenzmindernden Korrosionsbelägen,<br />

wie z.B. die Ammoniumcarbonat-Behandlung 9 , erfordern mehrmaliges<br />

Nachwaschen der behandelten Bereiche. Dies ist bei den rückseitigen, korrodierten<br />

Glasoberflächen der Frankfurter Fenster mit den zahlreichen Bemalungsresten eine nicht<br />

kontrollierbare <strong>und</strong> bemalungsgefährdende Maßnahme.<br />

Deshalb wurden für die Frankfurter Glasmalereien rein mechanische Reinigungsmethoden,<br />

wie die Reinigung mit dem Borstenpinsel, mit dem Skalpell <strong>und</strong> die Anwendung der<br />

Mikrofeinstrahlmethode mit Walnussschalen <strong>und</strong> Kunststoffgranulat als Strahlmittel in<br />

Betracht gezogen.<br />

Bei der Mikrofeinstrahlreinigung handelt es sich um ein Druckstrahlverfahren. Es ist ein<br />

Trockenreinigungsverfahren, das in geschlossenen Räumen nur in Verbindung mit einer<br />

Strahlkabine durchgeführt wird. Das Mikrofeinstrahlgerät ist eine Apparatur, bei der<br />

Druckluft zur Beschleunigung des Strahlmittels, das auf das zu bestrahlende Objekt auftrifft,<br />

verwendet wird. Durch den hohen Druck wirkt das Strahlmittel mechanisch auf die zu<br />

behandelnde Oberfläche ein. Dies führt zur ”Absprengung” einzelner Partikel der<br />

Oberflächenschicht. Durch die Änderung von Vibration <strong>und</strong> Druck kann die Menge <strong>und</strong> die<br />

Aufprallgeschwindigkeit des Strahlgutes gesteuert werden.<br />

9<br />

Die Reinigungsmethode mit Ammoniumcarbonatlösung wurde bereits großflächig an mittelalterlichen Fenstern<br />

des Erfurter Domes erfolgreich angewandt.


Die Wirkungsweise des auftreffenden Strahlmittels kann durch die Veränderung folgender<br />

Parameter am Gerät mitbestimmt werden: durch die Auswahl des Strahlmittels, durch den<br />

Strahldruck, mit der Vibrationseinstellung, durch die Wahl der Strahldüse, deren Form <strong>und</strong><br />

Länge <strong>und</strong> durch den Strahlabstand zum Objekt. Ebenso haben der Strahlwinkel, mit dem das<br />

Strahlgut auftrifft, <strong>und</strong> vor allem die Strahlzeit Auswirkung auf das Reinigungsergebnis.<br />

Bei den vier Frankfurter Proben wurde im Druckstrahlverfahren mit max. 0,5-1,5 bar das<br />

Strahlgut von einer Entfernung von 3-4 cm in einem Winkel von 30 Grad auf die Oberfläche<br />

geschleudert.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der erforderlichen kleinen Probengröße 10 für die elektronenmikroskopischen Untersuchungen<br />

konnten nur sehr kleine Probeachsen angelegt werden, was sowohl die Reinigung<br />

als auch die Auswertung schwierig gestaltete (siehe ABB. 40 <strong>und</strong> 41).<br />

Der Vergleich von identischen Stellen der jeweiligen Glaskante 11 vor <strong>und</strong> nach der Reinigung<br />

ermöglichte eine Beurteilung der Intensität des Abtrages <strong>und</strong> somit auch eine Beurteilung der<br />

schädigenden Wirkung der unterschiedlichen Reinigungsmaßnahmen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der inhomogenen Korrosionskruste ist der Vergleich der einzelnen Reinigungsschnitte<br />

äußerst schwierig, aber dennoch lassen sich gezielte Aussagen über den Reinigungserfolg<br />

im Zusammenhang mit der Abtragsintensität bzw. der schädigenden Wirkung der<br />

jeweiligen Methode machen.<br />

ABB. 40: Probe 5/2003 nach der Reinigung ABB. 41: Probe 6/2003 nach der Reinigung<br />

mit verschiedenen Methoden mit verschiedenen Methoden<br />

(Borstenpinsel, Skalpell, (Borstenpinsel, Skalpell,<br />

Mikrofeinstrahlverfahren) Mikrofeinstrahlverfahren)<br />

10 Maximalprobengröße, die in der Elektronenmikrostrahlsonde gemessen werden kann, liegt bei 3x5 cm.<br />

11 Diese Stellen wurden exakt markiert.


Auswertung der Reinigungsproben<br />

Mit den drei verschiedenen Reinigungsmethoden konnte generell eine Reduzierung der<br />

Korrosionsschicht erzielt werden.<br />

Mit dem Borstenpinsel konnte in der Regel gezielt die Korrosionskruste gedünnt werden,<br />

ohne dass die stabile, kernglasnahe Gelglasschicht verletzt wurde (siehe Probe 6/2003 in<br />

ABB. 42).<br />

Mit dem Skalpell konnte ebenfalls gezielt die Korrosionskruste gedünnt werden, bei Probe 6<br />

findet ein Korrosionsabtrag bis zur Gelschicht statt (siehe ABB. 42); ebenso bei Probe<br />

3/2003. Bei Probe 5/2003 ist jedoch die Gelglasschicht annähernd abgetragen worden (siehe<br />

ABB. 42) <strong>und</strong> bei Probe 4/2003 führte die Reinigung mit dem Skalpell zum Abtrag der<br />

Gelschicht <strong>und</strong> zur Verletzung des Gr<strong>und</strong>glases.<br />

Das Strahlen mit Walnussschalen führte in der Regel kaum zur Schädigung des Glases.<br />

Während das aggressivere Kunststoffmaterial bei Probe 6/2003 nur bis zum Abtrag der<br />

Korrosionskruste führte (siehe ABB. 42), ist bei Probe 5/2003 selbst das Gr<strong>und</strong>glas schwer in<br />

Mitleidenschaft gezogen worden.<br />

Generell ist zu sagen, dass die Mikrofeinstrahlmethode angewendet werden könnte, jedoch<br />

aufgr<strong>und</strong> der inhomogenen Korrosionsschicht ein kontrollierter Abtrag kaum möglich sein<br />

wird. Zudem wurde festgestellt, dass nach der Reinigung in der inhomogenen, zerklüfteten<br />

Gelschicht noch Restpartikel des Strahlgutes zurückgeblieben sind. Rückstände von<br />

organischem Material, wie Walnussschalengranulat, bieten nachteilig einerseits einen<br />

wertvollen Nährboden für Mikroorganismenbefall, andererseits können Sie auch Feuchtigkeit<br />

speichern <strong>und</strong> rufen neue Folgeschäden hervor.<br />

Ein Messpunkt der Probe 6/2003 vor der Reinigung zeigt (siehe ABB. 43) einen stark<br />

geschädigten Bereich, der – egal welche Reinigungsmethode angewendet werden würde – bei<br />

jeglicher Berührung dieser Oberfläche zur Schädigung des Glases führen würde.<br />

Dieses Beispiel macht deutlich, dass es einerseits wichtig ist, die richtige Methode<br />

anzuwenden, aber andererseits die Kenntnis der Empfindlichkeit der Gläser ebenfalls eine<br />

sehr ausschlaggebende Rolle spielt. Bei den vorliegenden inhomogenen <strong>und</strong> empfindlichen<br />

Gläsern ist daher größte Zurückhaltung in den Reinigungsmaßnahmen geboten. Es sollte nur<br />

ein vorsichtiges Reinigen mit dem Borstenpinsel – unter besonderer Berücksichtigung der<br />

Bemalungsreste – durchgeführt werden. Sehr dichte, dicke Korrosionsbeläge können <strong>und</strong><br />

sollen mit dem Skalpell ausgedünnt werden.


ABB. 42: Messpunkte vor der Reinigung (links) <strong>und</strong> nach der Reinigung (rechts)<br />

mit Borstenpinsel, Skalpell (2x) <strong>und</strong> Mikrofeinstrahlgerät mit Kunststoffgranulat


ABB. 43: Messpunkte vor der Reinigung (links) <strong>und</strong> nach der Reinigung (rechts)<br />

Mikrofeinstrahlgerät mit Walnussgranulat


6.6. Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen<br />

Für die Konservierung <strong>und</strong> Restaurierung der historischen Glasmalereien der St.<br />

Marienkirche Frankfurt (Oder) werden von den Diplom-Restauratorinnen Meinung, Möhrle<br />

<strong>und</strong> Sterzing folgende Arbeitsschritte <strong>und</strong> Maßnahmen vorgeschlagen:<br />

Die vorgeschlagenen Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen beziehen sich auf 96<br />

unrestaurierte <strong>und</strong> 15 bereits in Russland restaurierte Felder.<br />

6.6.1. Reinigung der Oberflächen<br />

Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen zur chemischen Glaszusammensetzung, zum<br />

Glastyp, zur Empfindlichkeit <strong>und</strong> Morphologie der Gelschicht erbrachten, dass es sich bei den<br />

Frankfurter Gläsern um typische, sehr korrosionsanfällige Holzaschegläser des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

handelt. Daher ist größte Sorgfalt <strong>und</strong> Zurückhaltung in den Reinigungsmaßnahmen<br />

geboten.<br />

Die Abnahme der locker aufliegenden Oberflächenverschmutzungen soll mit einem weichen<br />

Borstenpinsel durchgeführt werden. Hingegen sollen die stark anhaftenden Schmutzpartikel,<br />

die dicken Schmutzkrusten, die Kittrückstände auf den Glasoberflächen, die Kittreste <strong>und</strong><br />

sonstige Verunreinigungen in den Sprüngen mit dem Skalpell vorsichtig ausgedünnt bzw.<br />

komplett entfernt werden. Für die Abnahme von extrem hartnäckigen Verschmutzungspartien<br />

soll die Trockenreinigungsmaßnahme gegebenenfalls durch die Verwendung von Feuchtkompressen<br />

mit einem Wasser-Spiritus-Gemisch unterstützt werden.<br />

Die Probereinigung einer hartnäckigen Verschmutzungskruste, aufliegend auf der<br />

innenseitigen Bemalung im Feld s II 1b zeigte, dass die mechanische Entfernung der<br />

Auflagerungen ohne Bemalungsverlust erfolgreich durchgeführt werden kann (siehe ABB. 44<br />

<strong>und</strong> ABB. 46 vor <strong>und</strong> nach der Reinigung)<br />

ABB. 44 ABB. 45 ABB. 46<br />

ABB. 44-46: Abnahme der schwarzen Kruste ohne Gefährdung der Bemalung<br />

vor der Reinigung im Durchlicht (ABB. 44)<br />

vor der Reinigung im Auflicht (ABB. 45)<br />

nach der Reinigung im Durchlicht (ABB. 46)


Aufgr<strong>und</strong> zahlreicher erhaltener Bemalungsreste wurden chemische Reinigungsmethoden zur<br />

Behandlung der Korrosionsproduktschichten von vornherein ausgeschlossen. Die Anwendung<br />

der Reinigung mit der Mikrofeinstrahlmethode ist in verschiedenen Versuchsreihen getestet<br />

worden. Aufgr<strong>und</strong> der inhomogenen Korrosionsschicht ist ein kontrollierter Abtrag kaum<br />

möglich. Darüber hinaus bedarf es bei der Anwendung der Mikrofeinstrahlmethode weiterer<br />

Untersuchungen, bevor diese Reinigungsmethode großflächig bei den Marienkirchenfenstern<br />

zum Einsatz kommen könnte.<br />

Die transparenzmindernden Korrosionsbeläge auf den Rückseiten der Glasmalereien sollen -<br />

unter besonderer Berücksichtigung der rückseitigen Bemalungsreste – mit einem Borstenpinsel<br />

vorsichtig ausgedünnt <strong>und</strong> reduziert werden, ohne dass dabei die Gelschicht verletzt<br />

wird (siehe dazu Kapitel 6.5.5.1: Auswertung der Reinigungsproben der BAM).<br />

Bei den dunklen Belägen entlang der Windstangen wurden Bemalungsreste vermutet. Durch<br />

die naturwissenschaftlichen Untersuchungen einer Probe (Probe 4/ Labor Jägers) konnte nicht<br />

genau geklärt werden, ob es sich bei diesen Belägen mit hohem Eisenanteil um<br />

Bemalungsreste oder um einen mit Rostspuren der Windstangen durchsetzten<br />

Verschmutzungsbelag handelt. Wenn dies der Fall ist, dann könnte dieser Belag abgenommen<br />

werden, bzw. durch die Reduzierung dieser verdunkelnden Schicht eine Aufhellung der<br />

Bereiche erzielt werden. Um diese Frage zu klären, müssen jedoch weitere Untersuchungen<br />

durchgeführt werden.<br />

Die besonders dicken porösen Wettersteinkrusten der Rückseiten sollen partiell mit dem<br />

Skalpell vorsichtig ausgedünnt werden, denn sie sind als Feuchte- <strong>und</strong> Schadstoffspeicher ein<br />

Schadenspotential für die Gläser.<br />

6.6.2. Malschichtfestigung<br />

Wie in der Bestands- <strong>und</strong> Zustandsaufnahme bereits ausführlich erläutert, ist die vorderseitige<br />

Bemalung gut erhalten <strong>und</strong> muss nicht gefestigt werden. Die rückseitige Bemalung bzw. die<br />

rückseitigen Bemalungsreste sind teilweise von Korrosionsprodukten unterwandert, aber auch<br />

weitgehend in einem stabilen Zustand.<br />

Findet man dennoch vereinzelt lose Malschichtpartien, dann sollen diese Bereiche mit dem<br />

niedrigviskosen Festigungsmittel Paraloid B 72 12 (2-5%ige Lösung in Butylacetat)<br />

konsolidiert werden.<br />

Die Konzentration bzw. die Viskosität 13 des Festigungsmittels kann entsprechend des<br />

Zustands der zu festigenden Partien eingestellt werden, damit eine gleichmäßige Penetration<br />

stattfinden kann <strong>und</strong> eine partielle Anreicherung der Festigungslösung vermieden wird.<br />

Ein geringes Fließverhalten des Festigungsmittels verhindert weitgehend, dass das poröse<br />

Umfeld wie Korrosion <strong>und</strong> Schmutzpartikel, mitgefestigt werden.<br />

12 Paraloid B 72 ist ein Acrylharz mit hoher Alterungsstabilität, Hersteller: Firma ROHM <strong>und</strong> HAAS, Amerika.<br />

Es wird z.B. in fester Form als Granulat (100% Feststoffgehalt) oder auch als 50%ige Lösung in Toluol<br />

geliefert. Weitere Informationen siehe Merkblatt des Herstellers <strong>und</strong> MARSCHNER, 1996, S.18, 27ff.<br />

13 Viskosität <strong>eines</strong> Festigungsmittels wird bestimmt durch den Anteil des Feststoffs im Lösungsmittel, dem<br />

Löse-vermögen des Lösungsmittels (z.B. schlechter oder guter Löser) sowie dem Molekulargewicht des<br />

Feststoffs.


6.6.3. Behandlung der Schäden am Glas<br />

Die Frankfurter Glasmalereien weisen sehr viele Sprünge <strong>und</strong> Schäden im Glas auf. Es stellt<br />

sich somit die Frage nach einem geeigneten Klebematerial. Für die Sprungklebungen wurden<br />

viele alternative Klebematerialien, wie Silicone <strong>und</strong> Acrylate in Erwägung gezogen. Aus den<br />

Erfahrungen von Forschungsprojekten der Glasrestaurierung, in denen gängige Klebematerialien,<br />

die in der Glasrestaurierung Anwendung finden, untersucht wurden, entschied<br />

man sich für die Epoxidharzklebung. Die zahlreichen Sprünge sollen mit dem in der<br />

Glasrestaurierung seit langen Jahren bewährten Glaskleber Araldit 2020A/B 14 gesichert<br />

werden. Aufgr<strong>und</strong> der Erfahrungswerte sind die Vor- <strong>und</strong> Nachteile des Klebemittels bekannt.<br />

Eigenschaften, wie die Vergilbung des Klebematerials, sind in der Anwendung abschätzbarer<br />

als bei seltener angewandten Produkten.<br />

Bei unkorrodierten Sprungkanten der Gläser des 19. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> bei nahezu<br />

unkorrodierten mittelalterlichen Stücken sollen die Sprünge gereinigt <strong>und</strong> nach einer<br />

einseitigen Fixierung mit einem Klebeband mit dem Klebematerial Araldit 2020A/B verfüllt<br />

werden.<br />

Sind jedoch Sprünge an Gläsern mit korrodierter Oberfläche zu festigen, ist es oft nicht<br />

möglich die zu verklebenden Stücke mit Klebeband zu fixieren. Hinzu kommt ein weiteres<br />

Problem, dass nämlich das niedrigviskose Klebematerial sofort in die rückseitige Korrosion<br />

eindringt <strong>und</strong> sich dort verteilt. Um dies zu verhindern, soll das flüchtige Bindemittel<br />

Cyclododecan 15 zum Einsatz kommen. Das Material Cyclododecan ist ein Bindemittel, das<br />

bei Raumtemperatur als Feststoff vorliegt <strong>und</strong> sich aufgr<strong>und</strong> des relativ hohen Dampfdruckes<br />

rückstandsfrei verflüchtigt, d.h. sublimiert. Es hat als Hilfsmittel mittlerweile in vielen<br />

Bereichen der Restaurierung Einzug gehalten.<br />

Für die Klebung ist es wichtig, die Korrosionsprodukte entlang der Sprungkanten mit dem<br />

Skalpell vorsichtig abzunehmen. Daraufhin können die Stücke ausgerichtet, in eine Ebene<br />

gebracht <strong>und</strong> dann mit dem flüchtigen Bindemittel Cyclododecan (als Schmelze) mit einem<br />

Wachsdosierstift aufgetragen <strong>und</strong> temporär fixiert werden. Dadurch werden die Gläser in<br />

ihrer Position gehalten. Gleichzeitig kann die Schmelze in die Korrosionsschicht der<br />

Oberflächen eindringen <strong>und</strong> diese Bereiche abdichten. Der zu verklebende Sprung wird dabei<br />

ebenso von einer Seite abgedichtet. Anschließend kann das Klebematerial von der<br />

Vorderseite eingebracht werden.<br />

Sprünge bei korrodierten mittelalterlichen Glasstücken können alternativ zur oben genannten<br />

Methode durch sehr dünne Sprungbleie oder Bleiplomben gesichert werden. Eine Maßnahme,<br />

die nur dann durchgeführt werden soll, wenn dadurch die Darstellung nicht beeinträchtigt<br />

wird.<br />

Um Fehlstellen zu schließen wurde vorgeschlagen, die neuen Ergänzungsgläser nur in<br />

Ausnahmefällen, wie z.B. in Gesichtern, an das Originalglasstück anzukleben. Die<br />

Verbindung des Ergänzungsstücks mit dem Original kann ebenso durch das Einfügen <strong>eines</strong><br />

dünnen Sprungbleis vorgenommen werden.<br />

14 Araldit ist ein Zweikomponenten-Epoxidharz, Hersteller: Firma Vantico AG, Basel, Schweiz<br />

15 Cyclododecan ist eine unpolare, organische Verbindung cyclischer Kohlenwasserstoffe


An den schwarzen Randstreifen aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde ein Oberflächenrissnetz<br />

festgestellt. Hier besteht jedoch kein Behandlungsbedarf. Dieses Phänomen sollte aber<br />

unbedingt weiter beobachtet werden, um bei einem Schadensfortschritt rechtzeitig eine<br />

Festigung einleiten zu können.<br />

Abschließend sollen die geklebten Sprünge bei Bedarf mit Acrylfarben retuschiert werden<br />

<strong>und</strong> Ausplatzungen, z.B. in roten Überfanggläsern, ebenfalls mit einer Kaltretusche versehen<br />

werden, um diese Bereiche optisch wieder besser einzugliedern.<br />

6.6.4. Behandlung der Schäden am Blei<br />

Das mittelalterliche Bleinetz ist aufgr<strong>und</strong> der kompletten Neuverbleiung der Felder bei der<br />

letzten großen Restaurierungsmaßnahme im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert verloren gegangen. Trotzdem die<br />

Verbleiung aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert an zahlreichen Stellen gebrochen oder deformiert ist <strong>und</strong><br />

einige Fehlstellen besitzt, ist es erklärtes Restaurierungsziel, das Bleinetz auf jeden Fall zu<br />

erhalten.<br />

Dazu sollen stabilisierende Maßnahmen durchgeführt werden. Dazu gehören das Nachlöten<br />

gebrochener oder ursprünglich nicht verlöteter Lötstellen <strong>und</strong> die Rückführung deformierter<br />

Bleie, insbesondere bei den Randeinfassungen. Die Verzinnung der Bleistege ist teilweise<br />

nicht sehr sorgfältig ausgeführt worden. So gibt es einige Bleinasen, die überstehen <strong>und</strong><br />

Bilddetails verunklären. Wenn diese Bleinasen keine Haltefunktion für die Glasstücke<br />

ausüben, sollen diese korrigiert werden. Nicht nur auf den Glasoberflächen, sondern auch auf<br />

der Verbleiung befinden sich Schmutzbeläge <strong>und</strong> harte Verkrustungen. Diese Beläge sollen<br />

weitestgehend mit einem Holzspatel oder mit einem harten Borstenpinsel abgenommen<br />

werden.<br />

Die Felder sollen nicht komplett nachgekittet werden, sondern nur die Bereiche mit<br />

eingefärbtem Leinölkitt geschlossen werden, die Lücken zum Blei hin aufweisen. Im Verb<strong>und</strong><br />

lose sitzende Glasstücke sollen ebenfalls durch Kitt wieder stabilisiert werden.<br />

Das Restaurierungskonzept sieht vor, Bleiplomben als historisches Zeitzeugnis zu erhalten<br />

<strong>und</strong> nur dort zu entfernen, wo es technisch notwendig <strong>und</strong> aus Gründen der Stabilität<br />

unbedingt erforderlich ist. Stark störende Bleiplomben hauptsächlich in den Gesichtern (siehe<br />

ABB. 6), können aus ästhetischer Sicht entfernt werden. Störende Bleiplomben finden sich in<br />

acht Felder wieder bei denen die Problematik noch zu diskutieren sein wird.<br />

Es handelt sich um die Felder: I 7a, s II 2b, s II 6a, s II 8b, s II 9a, s II 10b, s II 11b, s II 12a.<br />

Stark störende Sprungbleie in Gesichtern, Händen <strong>und</strong> Körperpartien (siehe ABB. 5) können<br />

<strong>und</strong> sollen aus ästhetischer Sicht ebenfalls entfernt <strong>und</strong> die Sprünge mit dem Epoxidharz-<br />

Klebematerial Araldit 2020A/B zusammengefügt werden. Die die Ästhetik weniger<br />

beeinträchtigenden Sprungbleie sollen – soweit möglich – durch Beschneiden der Bleiwangen<br />

optisch reduziert werden.<br />

Fehlstellen im Bleinetz sollen durch neue Bleiruten geschlossen werden.<br />

Die alten Haften können nicht wiederverwendet werden <strong>und</strong> sollen durch neue Bleihaften<br />

ersetzt werden.


6.6.5. Vorbereitungen für den Wiedereinbau <strong>und</strong> Rahmung der Felder<br />

Für den Wiedereinbau müssen die Felder auf das entsprechende Maß gebracht werden. Dafür<br />

sollen zusätzliche Bleie oder schwarze Randstreifen für eine eventuelle Verbreiterung der<br />

Felder angebracht werden. Sollten die Felder zu groß sein, kann eine Maßänderung lediglich<br />

durch Beschneiden der Randbleie erreicht werden.<br />

An der Originalsubstanz des Glases darf keine Veränderung durchgeführt werden. Das<br />

Befestigungssystem der Außenschutzverglasung hat für diese Fälle eine Sonderkonstruktion<br />

vorgesehen.<br />

Um den restaurierten Glasfeldern mehr Stabilität für den Wiedereinbau vor die<br />

Schutzverglasung zu geben, sollen alle Felder mit verwindungsstabilen, gekanteten<br />

10x10x10x1mm starken Messing-U-Profilen gerahmt werden. Die Ecken sollen beidseitig<br />

verlötet werden.<br />

Darüber hinaus sollen alle Felder rückseitig wieder zwei Windeisen, ebenfalls aus Messing-<br />

Flachstahl 2x8 mm, die mit dem Messingrahmen verlötet werden sollen, erhalten. Die neuen<br />

Bleihaften, die die Windstangen am Feld befestigen, werden der historischen Befestigung<br />

(siehe ABB. 4) nachempf<strong>und</strong>enen. Dazu wird das Blei zu einer Bleischnecke gedreht <strong>und</strong><br />

verlötet.<br />

An die Flanken der Felder sollen Bleilaschen zur Reduzierung des seitlichen Lichteinfalls <strong>und</strong><br />

zur Randabdichtung zum Strebewerk hin an das Messingprofil angelötet werden.<br />

6.6.6. Umgang mit den 15 Feldern der russischen Restaurierung<br />

Wie bereits mehrfach erwähnt, wurden bereits 15 der 111 Glasmalereien in der Restaurierungswerkstatt<br />

der Eremitage in St. Petersburg restauriert. Dort wurde die Klebung der<br />

Sprünge <strong>und</strong> die Anfügung der Ergänzungen mit Mowital 16 ausgeführt. Für die Kittungen<br />

wurde ebenfalls das Festigungsmittel Mowital – mit zerstoßenem Glas vermischt <strong>und</strong> mit<br />

Graphit eingefärbt – verwendet. Die Fehlstellen wurden mit farblich relativ angepassten<br />

Gläsern ergänzt <strong>und</strong> mit gestupften Überzügen versehen. Die Bemalung wurde nicht<br />

rekonstruiert. Die gebrochenen Lötstellen wurden nur im Randbereich gelötet. Im<br />

Innenbereich der Felder wurden die gebrochenen Lötstellen mit Mowital geklebt, was aber<br />

keine ausreichende Stabilisierung darstellte. Die Bleihaften <strong>und</strong> die Art der Befestigung der<br />

Windstangen orientierte sich an der Vorgabe der einzigen erhaltenen Bleihafte in<br />

Schneckenform im Feld s II 13b der Verbleiung des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Als Material für die<br />

Windstangen wurde Titan verwendet.<br />

Die russischen Restaurierungsmaßnahmen sollen generell belassen werden. Es soll nur dort<br />

eine Veränderung bzw. eine Nachbesserung erfolgen, wo es aus technischen Gründen als<br />

notwendig erachtet wird. Zum Beispiel müssen die durch den Transport <strong>und</strong> durch das<br />

Bewegen der Felder wiederaufgegangenen Sprünge erneut durch eine Sprungsicherung<br />

stabilisiert werden. Gebrochene Lötstellen sowie die Lötstellen, deren Klebefixierung bereits<br />

ihre Stabilität verloren hat, sollen nachgelötet werden.<br />

16 Mowital ist die Produktbezeichnung für ein Polyvinylbutyral. Die russischen Restauratoren haben dieses<br />

Material ausgetestet. Mowital wurde - in Ethanol <strong>und</strong> Isopropylalkohol gelöst - verwendet. Mowital ergibt<br />

einen lichtbeständigen <strong>und</strong> zähelastischen Film mit hoher innerer Festigkeit, ist wasserunlöslich, wenig<br />

gilbend <strong>und</strong> zeichnet sich durch eine gute Haftung aus. Mowital besitzt aber keine so gute Haftzugfestigkeit<br />

wie Araldit, was prinzipiell als Vorteil zu sehen ist. Jedoch hat sich gezeigt, dass selbst durch sorgsames<br />

Bewegen der Felder einige Sprünge sich bereits nach einem so kurzen Zeitraum wieder geöffnet haben.


Die russischen Kartierungen <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen sollen überprüft <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

nachgebessert werden.<br />

Die bereits restaurierten Felder sollen, wie die restlichen 96 Felder, fotografisch erfasst <strong>und</strong><br />

ihr Bestand <strong>und</strong> Zustand nach dem für alle Felder vorgegebenen System kartiert werden.<br />

Die Maße der Felder müssen für den Wiedereinbau überprüft <strong>und</strong> gegebenenfalls die Felder<br />

mit schwarzen Randstreifen verbreitert werden. Die 15 Felder werden ebenfalls in Messing-<br />

U-Profilen gerahmt.<br />

Um eine Einheitlichkeit des Befestigungssystems zu erzielen, soll die bestehende russische<br />

Befestigungsvariante insofern geändert werden, dass sie in Art <strong>und</strong> Anbringung der<br />

Windstangen den neu zu restaurierenden Feldern entspricht.<br />

6.6.7. Nachsorge<br />

Das vorgeschlagene Nachsorgeprogramm soll die im Folgenden aufgeführten Positionen<br />

beinhalten <strong>und</strong> in regelmäßigen Abständen von 3-5 Jahren durchgeführt werden.<br />

Die Funktionalität der Außenschutzverglasung soll durch geeignete Mittel wie Messgeräte<br />

<strong>und</strong> Rauchröhrchen kontrolliert werden. Bei genauer Beobachtung kann die Funktionalität der<br />

Außenschutzverglasung auch durch Veränderungen an den Glasmalereien abgelesen werden.<br />

Durch die genaue Kontrolle der Korrosionsstadien auf den Glasoberflächen kann ein<br />

eventuell beschleunigter Korrosionsfortschritt im Vergleich zum Zustand nach der<br />

Restaurierung festgestellt werden. So sind Oberflächenveränderungen anhand der<br />

Referenzfelder, der grafischen Kartierung <strong>und</strong> letztendlich durch den Vergleich mit<br />

Referenzfotos belegbar.<br />

Die durchgeführten Restaurierungsmaßnahmen, wie Sprungklebungen, Malschichtfestigung<br />

<strong>und</strong> Verkittungen, sollen ebenfalls in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.<br />

Da Bemalungsreste auf den Rückseiten bei fortschreitender Korrosion besonders gefährdet<br />

sind, sollen auch diese einer ständigen Kontrolle unterzogen werden.<br />

Das Oberflächenrissnetz auf den schwarzen Randstreifen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts kann zum<br />

heutigen Zeitpunkt als stabil eingeschätzt werden. Jedoch sollte dieses Schadensbild ebenfalls<br />

regelmäßig kontrolliert <strong>und</strong> bei Bedarf, z.B. eine Festigungsmaßnahme, eingeleitet werden.<br />

Sind während der Nachkontrolle Schäden erkennbar, sollen diese dokumentiert <strong>und</strong><br />

notwendige Maßnahmen vorgenommen werden.


6.7. Ergänzungskonzept<br />

6.7.1. Überlegungen zum Umgang mit den Fehlstellen<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Unterschiedlichkeit der Fehlstellen <strong>und</strong> der fehlenden Bereiche werden diese im<br />

Ergänzungskonzept getrennt behandelt. So muss zwischen den Fehlstellen innerhalb <strong>eines</strong><br />

Glasstückes, zwischen komplett fehlenden Glasstücken <strong>und</strong> zwischen komplett fehlenden<br />

Feldern unterschieden werden.<br />

6.7.1.1. Ergänzung von Fehlstellen innerhalb vorhandener Glasstücke<br />

Für die Behandlung fehlender Glassubstanz innerhalb <strong>eines</strong> vorhandenen Stückes wurde<br />

folgende Vorgehensweise festgelegt (siehe ABB. 47):<br />

Die jeweilige Fehlstelle soll in dem entsprechenden Farbton mit Antikglas ergänzt werden.<br />

Auf die Rückseite des Ergänzungsglases soll ein Punktraster aufgetragen werden. Zum einen<br />

soll es die Ergänzung kenntlich machen, zum anderen soll es aber auch dem Stück räumliche<br />

Tiefe verleihen, damit es sich besser in die bemalte, korrodierte Originalsubstanz eingliedert.<br />

Bei der Suche nach einer geeigneten Ausführung fiel die Entscheidung auf ein 10er<br />

Punktraster, weil es sich aufgr<strong>und</strong> des Punktabstandes <strong>und</strong> der Punktgröße in der nahen<br />

Betrachtung gut einfügt <strong>und</strong> bei weiterer Entfernung als Raster nicht mehr wahrnehmbar ist.<br />

Der Auftrag des Rasters erfolgt in Siebdrucktechnik mittels <strong>eines</strong> speziell angefertigten<br />

Metallsiebes, über das die Schwarzlotfarbe auf das Glasstück aufgebracht wird. Die damit<br />

erzeugte Gleichmäßigkeit der Punkte kommt dem Anspruch nahe, keine individuelle<br />

Handschrift hinterlassen zu wollen. Bei der Anfertigung der Modelle zeigte sich jedoch, dass<br />

ein Raster allein nicht ausreicht, um das Glasstück optimal einbinden zu können. So war es<br />

erforderlich, zusätzlich noch einen oder mehrere dünne Überzüge aufzubringen, die ebenfalls<br />

die Helligkeit vermindern (siehe ABB. 49).<br />

Im Umgang mit der Bemalung dieser Stücke hat sich das Restauratorenteam für folgende<br />

Handlungsweise entschieden:<br />

Die Schwarzlotbemalung auf den Glasinnenseiten der Ergänzungsstücke soll nur dann<br />

rekonstruiert werden, wenn das entsprechende historische Foto vorliegt <strong>und</strong> dieses eindeutig<br />

Auskunft über den Bemalungsverlauf gibt. Wenn das der Fall ist, soll entsprechend der<br />

originalen Maltechnik die Bemalung mit Schwarzlot rekonstruiert werden (siehe ABB. 47-<br />

50).<br />

Liegt kein Foto vor, dann ist die Malerei nicht eindeutig rekonstruierbar, auch wenn aus den<br />

umgebenden Glasstücken eventuell der bildliche Zusammenhang nachvollziehbar wäre. Von<br />

einer hypothetischen Handlungsweise wird in jedem Fall Abstand genommen.<br />

Die Nachvollziehbarkeit der Bemalung ist bei 160 Fehlstellen gegeben.<br />

Die Anzahl der ca. 100 Fehlstellen, deren Bemalung laut erster Bestandsaufnahme nicht<br />

rekonstruierbar war, hat sich aktuell jedoch verringert, da weitere Fotos ausfindig gemacht<br />

werden konnten. Eine erneute, genaue Festlegung konnte zum Zeitpunkt der<br />

Konzepterstellung nicht mehr in die ersten Arbeitsergebnisse einfließen.<br />

Die Anbindung des Ergänzungsstückes an das Originalglas soll von Fall zu Fall abgewogen<br />

werden. Dabei wird angestrebt, das Stück mit einem dünnen Bleiprofil am Originalglas zu<br />

befestigen. In Einzelfällen, wie z.B. in den Gesichtern, würde eine zusätzliche Bleilinie die<br />

Zeichnung jedoch erheblich stören. In diesen Ausnahmefällen soll die Ergänzung mit dem<br />

Zweikomponenten-Epoxydharz Araldit 2020A/B an das Originalglas geklebt werden.


ABB 47: Historisches Foto des Feldes I 9b von 1943,<br />

anhand dessen die Schwarzlotbemalung der<br />

Fehlstellen rekonstruiert werden kann<br />

ABB. 48: Vorzustand des Feldes I 9b ABB. 49: Feld I 9b - Modellhafte<br />

Fehlstellen in vorhandenen Glas- Schließung der Fehlstellen mit<br />

stücken: Gesicht <strong>und</strong> Sarkophag Rekonstruktion der Bemalung


ABB. 50: Feld I 9b - Schließung der Fehlstelle mit Antikglas,<br />

Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters, der Schwarzlotkonturen <strong>und</strong> <strong>eines</strong><br />

dünnen Überzugs (Ergänzungsmodell)<br />

6.7.1.2. Ergänzung von komplett fehlenden Glasstücken<br />

Das Ergänzungskonzept sieht vor, komplett fehlende Glasstücke wie folgt zu behandeln:<br />

Ist aufgr<strong>und</strong> einer vorhandenen historischen Fotografie oder aufgr<strong>und</strong> der umgebenden Gläser<br />

der Farbton der Fehlstelle bestimmbar, soll das Stück mit Antikglas in dem entsprechenden<br />

Farbton ergänzt <strong>und</strong> ein Punktraster rückseitig aufgetragen werden.<br />

Kann der Farbton nicht bestimmt werden, wird das fehlende Stück mit einem farblosen<br />

Antikglas ergänzt, auf dem rückseitig das Punktraster <strong>und</strong> vorderseitig helligkeitsmindernde<br />

Überzüge aufgetragen werden. Unter Berücksichtigung der Gesamtfarbigkeit aller Felder<br />

stellte sich ein Mischton, der sich aus den Farben Braun, Grün <strong>und</strong> Schwarz zusammensetzt,<br />

für einen helligkeitsmindernden Überzug als am geeignetsten heraus.<br />

Ist auf der historischen Fotovorlage der ursprüngliche Bemalungsverlauf zu erkennen, dann<br />

soll die Schwarzlotmalerei auf dem Ergänzungsglas rekonstruiert werden.<br />

6.7.2. Überlegungen zum Umgang mit den Ergänzungen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Die Ergänzungen mit vereinzelten Resten farbiger Kaltmalerei der Restaurierungsphase um<br />

1830 stellen ein wichtiges Zeugnis im Umgang mit mittelalterlicher Glasmalerei Anfang des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts dar. Das ist auch ein Gr<strong>und</strong>, warum diese Ergänzungen als ein gewachsener<br />

Bestand der Glasmalereifelder akzeptiert <strong>und</strong> erhalten werden sollen.<br />

Wenn das Ergänzungsglas jedoch mehrfach gesprungen oder aufgr<strong>und</strong> von Glasverlusten in<br />

seiner Stabilität stark beeinträchtigt ist, soll das Stück herausgenommen werden. Ist das<br />

jeweilige Ergänzungsstück erhaltenswert, dann werden die Sprünge mit Araldit 2020A/B<br />

geklebt. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand sollen ca. 30 Ergänzungsgläser aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

schlechten Erhaltungszustandes entfernt werden. In diesen Fällen werden die Fehlstellen, wie<br />

unter Punkt 6.7.1.2. beschrieben, ergänzt. Der Bestand an Farbgläsern, die um 1830 eingefügt<br />

wurden, umfasst 14 verschiedene Farbtöne. In der Mehrzahl hat man jedoch weißliche <strong>und</strong><br />

hellgelbe Gläser eingesetzt. Diese fallen aufgr<strong>und</strong> des Verlustes der Kaltmalerei als optisch<br />

störend aus dem mittelalterlichen Bestand heraus <strong>und</strong> erfordern eine zusätzliche Behandlung.


Eine empirische Einteilung der störenden Wirkung erbrachte ca. 100 zu behandelnde<br />

Ergänzungsstücke in allen drei Fenstern.<br />

Diese hellen Ergänzungsgläser sollen durch eine Doublierung mit einer Glasscheibe farblich<br />

so beeinflusst werden, dass sie sich wieder besser in den historischen Bestand einfügen.<br />

Kann durch ein historisches Foto oder durch angrenzende Farbgläser auf die ursprüngliche<br />

Farbigkeit geschlossen werden, wird ein Antikglas in entsprechender Tönung ausgewählt.<br />

Dabei muss auch die Farbigkeit der Ergänzung berücksichtigt werden, um durch die<br />

Dopplung der Farbgläser die gewünschte Farbigkeit zu erzielen. Die Doublierungsscheibe<br />

wird in der Form des Ergänzungsglases zugeschnitten. Vorderseitig wird das Punktraster<br />

aufgetragen <strong>und</strong> rückseitig sollen zusätzlich helligkeitsmindernde Überzüge aufgebracht<br />

werden. Je nach gewünschter Dichtigkeit können mehrere Überzüge erforderlich werden.<br />

Ist keine Farbvorgabe vorhanden, wird hinter das Ergänzungsglas eine Blankglasscheibe<br />

angebracht, die vorderseitig den Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters <strong>und</strong> rückseitig den helligkeitsmindernden<br />

Mischton erhält. Durch diesen Mischton gliedert sich die Ergänzung in den<br />

originalen Farbkanon der Glasmalereien wieder ein (siehe ABB. 51).<br />

Die Doublierungsscheiben werden auf der Feldrückseite partiell mit dünnen angelöteten<br />

Metallhaken in einem ca. 2-5 mm breiten Abstand am Bleinetz angebracht.<br />

Kann aufgr<strong>und</strong> einer historischen Fotovorlage oder aufgr<strong>und</strong> benachbarter Originalgläser auf<br />

die ursprüngliche Farbigkeit des Ergänzungsglases von ca. 1830 bzw. auf die Farbigkeit des<br />

verlorenen Originalglases geschlossen werden, soll das Ergänzungsglas mit einem Antikglas<br />

in entsprechender Färbung hinterlegt werden. Dabei muss wiederum die Farbigkeit des<br />

Ergänzungsglases berücksichtigt werden, um durch die Doublierung die gewünschte<br />

Farbigkeit zu erreichen. Auf die Doublierungsscheibe soll rückseitig ein Punktraster <strong>und</strong><br />

vorderseitig helligkeitsmindernde Überzüge aufgetragen werden. Gibt auch das historische<br />

Foto den ursprünglichen Verlauf der Schwarzlotmalerei wieder, soll auf der Glasinnenseite<br />

die Bemalung rekonstruiert werden.<br />

ABB. 51: Feld s II 9a - mehrere Ergänzungsgläser<br />

von ca. 1830 mit Verlust der Kaltmalerei,<br />

optisch störend aus dem originalen<br />

Bestand herausfallend,<br />

Korrektur mit Doublierungsscheiben auf der<br />

Feldrückseite mit Punktraster <strong>und</strong> helligkeits-<br />

mindernden Überzügen


6.7.3. Ergänzung der komplett fehlenden sechs Felder <strong>und</strong> des zur Hälfte verlorenen<br />

Feldes s II 10a<br />

Bis 1941 waren insgesamt 117 Glasmalereifelder in den drei Chorfenstern der St. Marienkirche<br />

eingebaut gewesen. Davon sind heute 111 Felder erhalten geblieben. Sechs Felder aus<br />

dem Schöpfungs-Fenster fehlen komplett <strong>und</strong> ein Feld aus dem Antichrist-Fenster ist bis zur<br />

Hälfte verloren gegangen.<br />

Das Diskussionsspektrum über die Art der Ergänzung der fehlenden Felder reichte anfänglich<br />

von der Schließung mit einer schwarzen Fläche bis hin zur glasmalerischen Rekonstruktion<br />

entsprechend der originalen Farbigkeit.<br />

6.7.3.1. Computerauswertung der Fotografien<br />

Für die Entscheidung, die sechs fehlenden Felder zu rekonstruieren, war die Auswertung der<br />

vorhandenen historischen Fotografien von wichtiger Bedeutung. Dazu wurden sowohl die<br />

Schwarz-Weiß-Fotografien als auch die vorhandenen Farbfotos gescannt <strong>und</strong> zur<br />

Informationsauswertung genutzt. Die zu drei Feldern vorhandenen Farbfotografien stellten<br />

sich sehr schnell jedoch als ungeeignet heraus, da sie teilweise unscharf sind bzw. eine Unterscheidung<br />

der Bilddetails nicht sehr genau erfolgen konnte.<br />

Da für alle Felder Schwarz-Weiß-Fotografien vorhanden sind, konnte für die sechs fehlenden<br />

Glasmalereien <strong>und</strong> für das teilzerstörte Feld s II 10a eine gleichwertige Auswertung der Fotos<br />

erfolgen. Dazu wurde versucht, bestmögliche Informationen aus den Fotos zu ziehen.<br />

Gearbeitet wurde mit dem auch für die Kartierung angewendeten Computerprogramm<br />

COREL DRAW, mit dem in einer Ebene über dem Foto alle Linienverläufe mit einem<br />

Grafiktablett nachgezeichnet werden konnten.<br />

Das heißt, es wurde versucht, eine weitgehend genaue Unterscheidung aller bildwichtigen<br />

Details zu erzielen. Begonnen wurde mit dem Bleilinienverlauf, der sich noch relativ einfach<br />

erkennen <strong>und</strong> darstellen ließ. Weiterhin wurden alle Konturlinien bzw. glasmalerischen<br />

Details, wie Auskratzungen in Überzügen, am Computer so genau wie möglich nachgetragen.<br />

Verschmutzte Bereiche, die sich in den Fotos ebenfalls als schwarze Bereiche darstellen,<br />

wurden so weit es ging, negiert. Malerei, die in Bereichen von Verschmutzungen nicht<br />

erkennbar war, wurde schwarz dargestellt.<br />

Es kann konstatiert werden, dass die Auswertung der historischen Fotos so viele, relativ<br />

genaue Informationen zu allen Felder liefert, dass eine Rekonstruktion anhand dieser<br />

Computerdarstellungen möglich wäre.<br />

Für die Probetafeln der Ergänzungsvorschläge (siehe ABB. 53 <strong>und</strong> 54) kamen diese Computerauswertungen<br />

als Vorlage zur Anwendung.<br />

Modellhaft wurden für das Feld n II 3b vier Ergänzungsvarianten im Maßstab 1:1 angefertigt,<br />

von denen zwei Varianten von dem Restauratorenteam favorisiert werden:


6.7.3.2. Variante 1 - Ergänzung der fehlenden Felder in Grautönen<br />

Diese Ergänzungsvariante orientiert sich ausschließlich an dem historischen Schwarz-Weiß-<br />

Foto <strong>und</strong> greift die verschiedenen Grauwerte der Fotografie auf. Unter Berücksichtigung des<br />

Farbkanons der drei Fenster eignen sich für die Rekonstruktion der fehlenden Felder<br />

Farbgläser in verschiedenen Nuancen <strong>eines</strong> grünlichen Grautons.<br />

Mit Antikgläsern in verschiedenen grünlichen Graunuancen wurden die unterschiedlichen<br />

Grauwerte, die auf der Schwarz-Weiß-Fotografie erkennbar sind, dargestellt. Eine endgültige<br />

Entscheidung über den zu wählenden Farbton kann aber erst nach der Restaurierung <strong>und</strong> dem<br />

Einbau des Schöpfungs-Fensters getroffen werden. Nur bei den in situ vorherrschenden Licht-<br />

<strong>und</strong> Farbverhältnissen können die Farbwerte bestimmt werden, durch die ein optimales<br />

Einbinden der ergänzten Felder in die Farbigkeit des mittelalterlichen Bestandes erfolgen<br />

kann.<br />

In keinem Fall darf der Farbwert der rekonstruierten Felder auf die Farbigkeit der originalen<br />

Glasmalereien Einfluss nehmen. Die rekonstruierten Felder sollen für den Betrachter zwar<br />

optisch als Zutat erkennbar sein <strong>und</strong> den Verlust originaler Substanz als Teil der Geschichte<br />

der Frankfurter Fenster erlebbar machen, aber dennoch sollen sich die ergänzten Felder<br />

farblich nicht störend in den originalen Bestand einfügen. Einen geeigneten Farbwert zu<br />

finden, ist jedoch durchaus eine große Herausforderung (siehe ABB. 53).<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage der Computerauswertung soll auf die Glasinnenseite die Schwarzlotbemalung<br />

in der originalen Maltechnik aufgetragen werden. Auf die Glasrückseiten sollen ein<br />

Punktraster <strong>und</strong> helligkeitsmindernde Überzüge aufgebracht werden. Dabei soll nicht<br />

angestrebt werden, die Korrosion, wie z.B. durch fleckig aufgetragene Überzüge, nachzuahmen<br />

oder zu imitieren.<br />

6.7.3.3. Variante 2 - Ergänzung der fehlenden Felder mit Farbgläsern<br />

Die originale farbige Gestaltung kann nur für drei Felder (Feld n II 3b, n II 6a <strong>und</strong> n II 10a)<br />

durch historische Farbfotografien eindeutig belegt werden.<br />

Für die übrigen fehlenden Felder kann nur durch den Vergleich mit dem originalen Bestand<br />

deren Farbigkeit festlegt werden. So kann das Architekturfeld n II 1c nur anhand des<br />

vorhandenen Pendants n II 1a farbig rekonstruiert werden. Bei dem Feld n II 8a könnte man<br />

sich an dem bildlich ähnlich gestalteten Feld n II 7a orientieren. Auch für das Feld n II 5b gibt<br />

es ähnlich gestaltete Szenen, um die Farbigkeit abzuleiten (siehe ABB. 54).


ABB. 52: Historische Fotografie des Feldes<br />

n II 3b von 1943<br />

ABB. 53: Rekonstruktionsmodell ABB. 54: Rekonstruktionsmodell-<br />

für das Feld n II 3b für das Feld n II 3b<br />

in Grautönen mit farbigen Gläsern


6.8. Maßnahmen für den Wiedereinbau der Fenster<br />

6.8.1. Schutzverglasung<br />

Zum Schutz der wertvollen Glasmalereien der St. Marienkirche Frankfurt (Oder) wird folgende<br />

Variante vorgeschlagen:<br />

Von den zurzeit üblichen Varianten der Schutzverglasung wird zum derzeitigen Wissensstand<br />

einer innenbelüfteten, isothermalen Außenschutzverglasung der Vorrang gegeben.<br />

Deshalb wird auch uneingeschränkt diese Variante vorgeschlagen. Sie soll an der Stelle<br />

eingebaut werden, an der sich in situ einst die Originalglasfenster befanden. Zurzeit schließen<br />

Ornamentglasscheiben der letzten Sicherungsmaßnahmen die Chorfenster.<br />

Wie die Schutzverglasungsscheiben gestaltet werden sollen, wird anhand einer Probeachse,<br />

die ab dem Frühjahr 2004 im mittleren Chorfenster eingebaut werden soll, noch zu bestimmen<br />

sein.<br />

Als Muster hierfür werden folgende Varianten vorgeschlagen:<br />

Erster Vorschlag sind thermisch geformte Ganzglasscheiben, wobei der Abdruck nicht vom<br />

jeweiligen Originalfeld gemacht werden sollte, sondern nur eine unregelmäßige Struktur<br />

erhalten sollte. Als zusätzlicher Schutz wird ein sehr feinmaschiges Schutzgitter<br />

vorgeschlagen.<br />

Weitere Vorschläge sind Ganzglasscheiben aus Verb<strong>und</strong>sicherheitsglas, wobei die äußere<br />

Scheibe jeweils eine einfache Floatglassscheibe, Goetheglas oder Reflo-Glas sein sollte.<br />

Bei Goetheglas handelt es sich um ein maschinengezogenes, leicht strukturiertes Glas <strong>und</strong><br />

Reflo ist ein gleichmäßig satiniertes Glas.<br />

Im Zusammenhang mit der Gerüststellung für die Musterachse können die vorhandenen Maße<br />

der Fensterlaibungen <strong>und</strong> die Positionen der Quereisen überprüft werden, um gegebenenfalls<br />

nötige Veränderungen durchführen zu können.<br />

Weiterhin sollen im Zuge dieser Maßnahmen Messreihen zur Überprüfung der Wirkung der<br />

Funktionalität der Schutzverglasungskonstruktion (Temperatur, Feuchtigkeit, Luftströmung)<br />

durchgeführt werden.<br />

Die vorgeschlagene Variante sieht vor, dass die originalen Glasmalereien von der Innenseite<br />

mit einer Haltekonstruktion befestigt werden. Die genauen Details sollen ebenfalls mit der<br />

anstehenden Musterachse festgelegt werden. Die seitliche Abdichtung der Felder <strong>und</strong> die<br />

Minimierung des störenden Lichteinfalls an den Gewänden soll durch an die Rahmung der<br />

Originale angelötete Bleilaschen erreicht werden.<br />

Da der Chorraum nach Abschluss der Sanierungsarbeiten – im Gegensatz zum Langhaus –<br />

sicherheitstechnisch eine Sonderstellung im Kirchenraum einnehmen wird, kann auf einen<br />

Innenschutz der Glasmalereien verzichtet werden.<br />

Die Entscheidung für eine der vorgeschlagenen Varianten der Außenschutzverglasung soll<br />

erst nach der Erstellung der Musterachse, die ab Frühjahr 2004 am Fenster I in den<br />

verschiedenen Varianten durchgeführt wird, erfolgen.<br />

Eine Kontrolle der Funktion der Außenschutzverglasung <strong>und</strong> eine Nachsorge der<br />

durchgeführten Maßnahmen werden in regelmäßigen Abständen von ca. drei Jahren<br />

vorgeschlagen.


6.8.2. Bauliche Veränderungen<br />

Aufgr<strong>und</strong> der baulichen Gegebenheiten an den Chorfenstern n II, I <strong>und</strong> s II ergibt sich<br />

folgende Situation:<br />

Die drei Chorfenster bestehen aus drei Bahnen mit jeweils 14 Zeilen. Die vorhandenen<br />

Glasmalereien füllen aber nur 13 Zeilen je <strong>eines</strong> Fensters aus. Die unterste Zeile war<br />

zugemauert. Diese Einbausituation bestand vermutlich seit der Restaurierungsmaßnahme im<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert bis zum Ausbau 1941. Gegenwärtig ist diese untere Zeile nicht zugemauert.<br />

Es gibt aber Bestrebungen des betreuenden Architekturbüros diese unterste Zeile wieder zu<br />

vermauern.<br />

Seitens der Restauratorinnen gibt es Überlegungen, dieses Problem aus optischen <strong>und</strong><br />

technischen Gründen (für die Außenschutzverglasung <strong>und</strong> die Außenansicht vorteilhafter)<br />

glasgestalterisch zu lösen. Allerdings konnte zum jetzigen Zeitpunkt noch keine zufriedenstellende<br />

Lösung gef<strong>und</strong>en werden.<br />

Im Zuge der Arbeiten sollen weiterführende Vorschläge unterbreitet werden, um eventuell<br />

eine bessere Lösung – als eine Vermauerung – zu finden.<br />

6.8.3. Gestaltung der sich anschließenden Chorfenster<br />

Für die Gestaltung der Fenster s III, s IV, n III <strong>und</strong> n IV, sowie für die Fenster n V bis n VII<br />

wird eine Neuverglasung zur Helligkeitsminderung dieser Fenster – in Bezug auf deren<br />

Wirkung auf die mittelalterlichen Glasmalereien – angestrebt <strong>und</strong> vorgeschlagen.<br />

Im Rahmen der Bestandsaufnahme an den Glasmalereien der St. Marienkirche Frankfurt<br />

(Oder) wurden die zur Verfügung stehenden Informationen (z.B. Fotos <strong>und</strong> Originalfelder)<br />

genutzt <strong>und</strong> teilweise eingearbeitet. Bei den im Folgenden aufgeführten Varianten handelt es<br />

sich lediglich um erste Vorschläge aus den vorliegenden Unterlagen <strong>und</strong> mit den Fachleuten<br />

geführten Gesprächen. Weitere Entwürfe zur Neugestaltung sollen bei Bedarf noch erarbeitet<br />

werden.<br />

Folgende Varianten werden vorgeschlagen:<br />

Variante 1: Ornamentverglasung mit Teppichmuster in Anlehnung an die historische<br />

Ornamentverglasung der Felder n II 12b <strong>und</strong> 13b (Rechteck-Flechtornament,<br />

Grisaille mit farbigen Bändern)<br />

Variante 2: Ornamentverglasung mit Teppichmuster in Anlehnung an die historische<br />

Ornamentverglasung der Felder I 12a-c (Kreis-Flechtornament, Grisaille mit<br />

farbigen Bändern)<br />

Variante 3: Verglasung in Anlehnung an die historische Verglasung der Schinkelzeit<br />

(Spitzrauten mit mittigem Blütenornament in jeder dritten Zeile <strong>und</strong><br />

durchlaufendem Randstreifen mit Sternenornament)<br />

Übernahme der Bleiverläufe, jedoch keine Anlehnung an die historische<br />

Farbigkeit, sondern neue Farbauswahl mit stark helligkeitsmindernder Wirkung<br />

der Fenster in Grautönen oder in einem Mischton, der der Farbigkeit der mittelalterlichen<br />

Fenster nahe kommt (Braun/Grün/Gelb)<br />

Variante 4: Ornamentverglasung mit Teppichmuster - Variante 1 <strong>und</strong> 2 in sich wechselnder<br />

Abfolge<br />

Variante 5: Belassen der vorhandenen Verglasung<br />

Zusätzliche lichtreduzierende Maßnahmen durch Abhängung aus<br />

Aluminiumnetzen, Stoffbahnen oder Installation von siebdruckgerasterten<br />

Scheiben (ohne künstlerische Gestaltung)


Um annähernd eine Vorstellung von Variante 1 bis 3 zu bekommen, wurde dazu eine<br />

Computersimulation angefertigt.<br />

Die Erwägung für die Art der Gestaltung der angrenzenden Fenster ist eine schwerwiegende<br />

Entscheidung, weil die Farbigkeit <strong>und</strong> Helligkeit dieser Fenster für die Gesamtwirkung des<br />

Chorraumes stark ins Gewicht fallen werden, deshalb konnte zum jetzigen Zeitpunkt noch<br />

keine Entscheidung diesbezüglich getroffen werden.<br />

Die vorgeschlagenen Varianten sind lediglich als erste Auseinandersetzung mit dem Thema<br />

zu verstehen.<br />

6.8.4. Überlegungen zur Neuordnung aller Felder<br />

Bezüglich der Vorschläge zur Neuordnung der Felder durch Frau Flügge (BLDAM) <strong>und</strong><br />

durch Herr Töppen, Pfarrer i.R, können folgende Aussagen getroffen werden:<br />

Fenster I:<br />

Im Christuszyklus-Fenster müssten zwölf Felder gegeneinander ausgetauscht werden, um den<br />

biblischen Zusammenhang wiederherzustellen bzw. um die den ursprünglichen Zustand stark<br />

verändernde Restaurierungsmaßnahme des 19. Jahrh<strong>und</strong>ert zu korrigieren.<br />

Eine Neuordnung ist aufgr<strong>und</strong> der ähnlichen Feldergrößen prinzipiell möglich, muss im<br />

Einzelnen aber noch einer genaueren Prüfung (Übereinstimmung der Maße etc.) unterzogen<br />

werden.<br />

Die Anordnung <strong>und</strong> Chronologie der Felder des Fensters I ist anhand der biblischen<br />

Geschichte nachvollziehbar <strong>und</strong> belegbar.<br />

Fenster n II:<br />

Im Schöpfungs-Fenster müssten 32 Felder ausgetauscht werden, d.h. nur sieben Felder<br />

würden am Ort verbleiben.<br />

Eine Neuordnung ist aufgr<strong>und</strong> der ähnlichen Feldgrößen prinzipiell möglich, muss im<br />

Einzelnen aber noch einer genaueren Prüfung (Übereinstimmung der Maße etc.) unterzogen<br />

werden.<br />

Eine Neuordnung im Falle des Fensters n II würde z.B. sehr frappant die zuletzt nicht mehr<br />

erschließbare Zusammengehörigkeit der meisten der Felder in Dreiergruppen (jeweils in einer<br />

Zeile) zeigen. Diese Neuordnung überzeugt somit in ganz besonderer Weise.<br />

Es bleiben jedoch auch bei der Neuordnung noch Felder übrig, die nicht in den<br />

Zusammenhang gehören, aber nicht verworfen werden sollten. Die nicht zum Fenster<br />

gehörigen Felder n II 1b, 7b <strong>und</strong> 11b werden dabei an den Positionen angeordnet, an denen<br />

die entsprechenden Felder fehlen. Die Anordnung <strong>und</strong> Chronologie der Felder des<br />

Schöpfungs-Fensters ist größtenteils anhand der biblischen Zusammenhänge belegbar.<br />

Fenster s II:<br />

Im Antichrist-Fenster müssten 33 Felder ausgetauscht werden, d.h. nur sechs Felder<br />

(Maßwerk) verbleiben am Ort.<br />

Eine Neuordnung ist aufgr<strong>und</strong> der ähnlichen Feldergrößen prinzipiell möglich, muss im<br />

Einzelnen aber gleichfalls noch einer genaueren Prüfung (Übereinstimmung der Maße etc.)<br />

unterzogen werden.


Jedoch ist die Anordnung des Antichrist-Fensters, die sich teilweise nur auf chronologische<br />

Bildabfolgen bezieht <strong>und</strong> durch individuelles Ermessen mehrere Varianten zulässt,<br />

schwieriger in der Behandlung.<br />

Da eine Neuordnung der Fenster deutlich zur Verbesserung der inhaltlichen Zusammenhänge<br />

beitragen würde, wird diese generelle Veränderung angestrebt. Ob diese Maßnahme jedoch<br />

durchführbar ist, hängt von den genauen baulichen Bedingungen ab <strong>und</strong> kann somit erst<br />

entschieden werden, wenn alle dazu erforderlichen Daten zur Verfügung stehen.<br />

Änderungen, die sich aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Feldmaße ergeben, können nur soweit<br />

getragen werden, solange es sich um Veränderungen an Randbleien <strong>und</strong> in seltenen Fällen um<br />

Änderungen an Randstreifen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts handelt.<br />

Bei erforderlichen, darüber hinausgehenden Eingriffen in die Originalsubstanz wird von der<br />

gesamten Maßnahme der Neuordnung Abstand genommen.<br />

Da es sich beim Für <strong>und</strong> Wider der Neuordnung um eine sehr gr<strong>und</strong>legende Entscheidung<br />

handelt, die Einfluss auf die gesamten Restaurierungsmaßnahmen <strong>und</strong> alle damit zusammenhängenden<br />

Entscheidungen hat, wurde als Resümee aus den Diskussionen des<br />

Abschlusskolloquiums der ersten Arbeitsphase beschlossen, einen Fachbeirat aus<br />

entscheidungsfähigen Vertretern zusammenzurufen, der dieses Thema abschließend klären<br />

soll.<br />

6.9. Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungskonzeption für das erste Fenster<br />

Für die Konservierung <strong>und</strong> Restaurierung der historischen Glasmalereien der St.<br />

Marienkirche Frankfurt (Oder) wurden von den projektverantwortlichen Restauratorinnen<br />

Frau Meinung, Frau Möhrle <strong>und</strong> Frau Sterzing gemeinsam mit dem Beirat folgende<br />

Arbeitsschritte <strong>und</strong> Maßnahmen für die Restaurierung des ersten Fensters festgelegt:<br />

6.9.1. Dokumentation <strong>und</strong> Vorarbeiten<br />

6.9.1.1. Fortsetzung der Fotoaufnahmen<br />

In Absprache mit dem Fotografen des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege,<br />

Herrn Möller, der die Fotoaufnahmen (ohne Detail- <strong>und</strong> Mikroskopaufnahmen) übernimmt,<br />

werden folgende Fotoarbeiten vorgenommen:<br />

� Vorzustand: Gesamtaufnahme Großformat S/W Auflicht; Vorderseite <strong>und</strong> Rückseite<br />

� Vorzustand: Gesamtaufnahme Großformat Farbe Durchlicht; Vorderseite<br />

� Vorzustand: Gesamtaufnahme Kleinformat Farbe Durchlicht; Vorderseite<br />

� Vorzustand: Gesamtaufnahme Kleinformat S/W Auflicht; Vorderseite <strong>und</strong> Rückseite<br />

� Vorzustand, Zwischenzustände: Detailaufnahmen Dia/Farbe<br />

(Referenzstellen, Schadensbilder)<br />

� Vorzustand, Zwischenzustände: Mikroskopaufnahmen<br />

� Nachzustand: Gesamtaufnahme Großformat S/W Auflicht; Vorderseite <strong>und</strong> Rückseite<br />

� Nachzustand: Gesamtaufnahme Großformat Farbe Durchlicht; Vorderseite<br />

� Nachzustand: Gesamtaufnahme Kleinformat Farbe Auflicht, Vorderseite u. Rückseite<br />

� Nachzustand: Gesamtaufnahme Kleinformat Farbe Durchlicht, Vorderseite u.<br />

Rückseite


6.9.1.2. Kartierung <strong>und</strong> Schadbildkatalog<br />

� Erweiterung des Schadbildkataloges (spezielle Schadbilder, Bemalungsphänomene,<br />

Bemalungsschadbilder, Korrosionsstadien etc.)<br />

� Für 15 ausgewählte Referenzfelder sollen die Arbeiten in allen Kartierungsebenen<br />

durchgeführt werden. Für die übrigen Felder erfolgt eine Kartierung in vereinfachter<br />

Form. Es wird bei Vorliegen entsprechender Finanzierungsmöglichkeiten die<br />

ausführliche Kartierung aller Felder angestrebt.<br />

Für die Bestands- <strong>und</strong> Zustandserfassung soll mit dem Grafikprogramm COREL DRAW eine<br />

Computerkartierung in folgenden Kartierungsebenen erstellt werden:<br />

Vorderseite<br />

� Auflichtfoto – Vorzustand (als Kartierungsgr<strong>und</strong>lage)<br />

� Bestand/Zustand Blei<br />

� Bestand/Zustand Glas<br />

� Zustand Glas - Korrosion<br />

� Zustand Oberfläche/Auflagerungen<br />

� Zustand Bemalung<br />

� Maßnahmen<br />

Rückseite<br />

� Auflichtfoto – Vorzustand (als Kartierungsgr<strong>und</strong>lage)<br />

� Bestand/Zustand Blei<br />

� Bestand/Zustand Glas<br />

� Zustand Glas - Korrosion<br />

� Zustand Oberfläche/Auflagerungen<br />

� Bestand Bemalung<br />

� Maßnahmen<br />

6.9.1.3. Fortsetzung der Erfassung<br />

� Gesamtüberblick “Fehlstellen” (grafisch)<br />

� Gesamtüberblick “Ergänzungen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts” (grafisch)<br />

� Gesamtüberblick “Ergänzungen der russischen Restaurierung <strong>und</strong> nicht zuzuordnende<br />

Ergänzungen oder Zweitverwendungen” (grafisch)<br />

� Gesamtüberblick “Fehlstellen” nach Größe, Art der Darstellung im Feld<br />

(Vordergr<strong>und</strong>, Hintergr<strong>und</strong>, Inkarnat), Nachvollziehbarkeit der Darstellung<br />

(tabellarisch)<br />

� Gesamtüberblick “Ergänzungen” - Farbigkeit, Bewertung der störenden Wirkung<br />

(tabellarisch)<br />

� Gesamtüberblick “Vorhandene historische Fotos <strong>und</strong> Vorlagen” (grafisch)<br />

� Gesamtüberblick “Nachvollziehbarkeit der Bemalung bei Fehlstellen” (grafisch/<br />

schriftlich)<br />

� Gesamtüberblick “Verwendete Farbgläser” (tabellarisch)<br />

� Aufmaß der einzelnen Felder (schriftlich)


6.9.1.4. Fortsetzung der naturwissenschaftlichen Untersuchungen<br />

� Mikroskopuntersuchungen der Oberflächen<br />

� Entnahme von Glasproben für Querschliffuntersuchung zur Bestimmung der<br />

Glaszusammensetzung, des Gelschichtaufbaus <strong>und</strong> der Gelschichtdicke <strong>und</strong><br />

Auswertung der Analyseergebnisse<br />

� Entnahme von Probematerial zur Untersuchungen von Verbräunung, Säurebehandlung<br />

etc. <strong>und</strong> Auswertung der Analyseergebnisse<br />

� Entnahme von Probematerial zur Untersuchung des schwarzen Belages, der Krusten<br />

etc. <strong>und</strong> Auswertung der Analyseergebnisse<br />

� Durchführung <strong>und</strong> Auswertung von Reinigungsproben an verschiedenen Gläsern<br />

� Begleitung des Reinigungsprozesses durch naturwissenschaftliche Untersuchungen<br />

6.9.1.5. Abschlussbericht<br />

� Erstellung <strong>eines</strong> Restaurierungsberichtes über die ausgeführten Arbeiten<br />

6.9.2. Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen<br />

Die vorgeschlagenen Konservierungs- <strong>und</strong> Restaurierungsmaßnahmen beziehen sich auf 96<br />

unrestaurierte Felder. Wenn sich geringfügige Veränderungen <strong>und</strong> Abweichungen während<br />

der Bearbeitung der Felder des Fensters I ergeben, die zu einer Verbesserung der Arbeiten<br />

führen, dann sollten diese Maßnahmen auch Anwendung bei der Bearbeitung der sich<br />

anschließenden Fenster s II <strong>und</strong> n II finden.<br />

Bei den 15 Feldern der russischen Restaurierungsmaßnahme sind ebenfalls geringfügige<br />

Modifikationen in der Bearbeitung, die sich während der Restaurierung ergeben, möglich.<br />

6.9.2.1. Behandlung der Oberflächen<br />

Vorderseite<br />

� Trockenreinigung der Oberflächen mit einem weichem Pinsel<br />

� Feuchtreinigung der Oberflächen wird weitestgehend ausgeschlossen<br />

� mechanische Abnahme von Schmutzkrusten <strong>und</strong> fester aufsitzenden Verschmutzungen<br />

mit Borstenpinsel <strong>und</strong> gegebenenfalls mit Skalpell; eventuell Verwendung von<br />

Feuchtkompressen (Spiritus-Wasser-Gemisch), Kontrolle der Maßnahme unter dem<br />

Mikroskop, evtl. mit begleitenden Untersuchungen<br />

� mechanische Abnahme der Kittauflagen <strong>und</strong> Verfüllungen mit Skalpell, eventuell<br />

Verwendung von Feuchtkompressen (Spiritus-Wasser-Gemisch), Kontrolle der<br />

Maßnahme unter dem Mikroskop, evtl. mit begleitenden Untersuchungen<br />

� Festigung mit Paraloid B72 in Bereichen loser Schwarzlotmalerei<br />

Rückseite<br />

� Trockenreinigung der Oberflächen mit einem weichem Pinsel<br />

� Feuchtreinigung an der Oberflächen wird ausgeschlossen<br />

� keine chemischen Reinigungsmethoden (aufgr<strong>und</strong> der rückseitigen Bemalungsreste)


� mechanische Abnahme von Schmutzkrusten <strong>und</strong> fester aufsitzenden Verschmutzungen<br />

mit einem Borstenpinsel <strong>und</strong> gegebenenfalls mit dem Skalpell; eventuell Verwendung<br />

von Kompressen<br />

� minimale Reduzierung des rückseitigen Korrosionsbelages mit einem Borstenpinsel<br />

� mechanische Abnahme der Kittauflagen <strong>und</strong> Verfüllungen mit dem Skalpell, eventuell<br />

Verwendung von Feuchtkompressen (Spiritus-Wasser-Gemisch)<br />

� geringfügige Reduzierung von Korrosionskrusten mit dem Skalpell<br />

� Festigung mit Paraloid B72 in Bereichen abgelöster Bemalung<br />

6.9.2.2. Behandlung der Schäden am Blei<br />

� Freilegung von gebrochenen Lötstellen mit dem Skalpell <strong>und</strong> Neuverlötung<br />

� Verlötung von nicht verlöteten Lötstellen<br />

� Rückführung deformierter Bleie, insbesondere der Randbleie (soweit möglich)<br />

� Ausbesserung unsauber ausgeführter Verbleiung <strong>und</strong> Verzinnung<br />

� Abnahme von Schmutzkrusten <strong>und</strong> fester aufsitzenden Verschmutzungen mit<br />

Holzspatel oder Borstenpinsel<br />

� Verkittung von offenen Partien im Blei <strong>und</strong> Glas (Material: Leinölkitt, mit Pigmenten<br />

schwarz eingefärbt)<br />

� kein Nachkitten der kompletten Felder<br />

� Entfernung von Bleiplomben – nur an stark störenden Bereichen (z.B. in Gesichtern)<br />

� Entfernung der alten Haften<br />

� Anlöten von neuen Bleihaften<br />

� Entfernung von stark störenden Sprungbleien (soweit möglich)<br />

� Reduzierung von weniger stark störenden Sprungbleien durch Beschneidung der<br />

Bleiwangen<br />

� Ergänzung fehlender Bleiprofile<br />

6.9.2.3. Behandlung der Schäden am Glas<br />

� Reinigung von Sprungkanten<br />

� Abdichtung der Sprünge mit Klebeband, bei korrodierten Oberflächen mit flüchtigem<br />

Bindemittel Cyclododekan oder Klebeband<br />

� Klebung von unkorrodierten Sprungkanten <strong>und</strong> Sprüngen, wo Klebungen ohne<br />

Schwierigkeiten durchführbar sind, mit dem Epoxidharz Araldit 2020A/B (z.B. bei<br />

Stücken des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> bei unkorrodierten mittelalterlichen Stücken)<br />

� Klebung von korrodierten mittelalterlichen Sprungkanten mit Araldit 2020A/B oder<br />

Verwendung von dünnen Sprungbleien oder Bleiplomben<br />

� Befestigung von Ergänzungen an das Original mit Sprungblei; in Einzelfällen<br />

Klebung mit Araldit 2020A/B<br />

� Retusche von Klebungen mit Acrylfarben<br />

� Retusche von optisch stark störenden Bereichen (z.B. Flinsen) mit Acrylfarben<br />

� keine Behandlung des vereinzelt auftretenden Oberflächenrissnetzes (da Anfangsstadium)


6.9.2.4. Behandlung von Fehlstellen <strong>und</strong> Ergänzungen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Ergänzung von Fehlstellen innerhalb vorhandener Stücke<br />

� in passendem, vorgegebenen Farbton in Antikglas<br />

� rückseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters <strong>und</strong> helligkeitsmindernder Überzüge<br />

� Befestigung der Ergänzungen am Original mit schmalem Bleiprofil (0-Blei),<br />

in Einzelfällen Klebung mit Araldit 2020A/B (z.B. Feld I 9b: Ergänzungsstück im<br />

Kopf)<br />

� Behandlung der Fehlstellen mit Bemalung<br />

Ergänzung von fehlenden Glassstücken<br />

� bei vorhandener Fotovorlage oder bei Nachvollziehbarkeit angrenzender Farbtöne:<br />

Verwendung des jeweiligen entsprechenden Farbtons in Antikglas<br />

� ohne Fotovorlage: Verwendung von Antikglas mit Mischton-Farbauftrag<br />

� rückseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters <strong>und</strong> helligkeitsmindernder Überzüge<br />

� Behandlung der Fehlstellen mit Bemalung<br />

Umgang mit der Bemalung<br />

� Rekonstruktion der Bemalung in den Fällen, in denen die Bemalung aufgr<strong>und</strong> des<br />

historischen Fotos eindeutig belegt <strong>und</strong> rekonstruierbar ist<br />

Ergänzung der Randstreifen<br />

� Ergänzung fehlender Randstreifen mit Schwarzglas<br />

� Überprüfung der Maßhaltigkeit – eventuell Anbringung von seitlichen zusätzlichen<br />

Schwarzglas-Randstreifen (bei großen Maßabweichungen – Ergänzung in Glas,<br />

ansonsten Verbreiterung der Felder durch Randbleie)<br />

Behandlung stark störender Ergänzungen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Generell sollen alle diese Ergänzungen erhalten werden, denn sie sind ein wichtiges Zeugnis<br />

einer sehr frühen Restaurierungsmaßnahme des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Die Entscheidung über die zu behandelnden Ergänzungsstücke lehnt sich an die im Vorfeld<br />

erarbeiteten Festlegungen an. Zusätzliche Änderungen sind während der Bearbeitung noch<br />

möglich.<br />

Es handelt sich um ca. 90 Ergänzungsstücke, von denen bei elf Stücken eine eventuelle<br />

Herausnahme diskutiert werden muss.<br />

Ergänzungen ohne Schädigungen oder mit einfachem Sprungbild<br />

� bei gesprungenen Ergänzungen – Klebung mit Araldit 2020A/B<br />

� Doublierung mit Deckglasscheibe:<br />

- keine Farbvorgabe durch angrenzendes Stück: Verwendung von Fensterglas mit<br />

Mischton-Farbauftrag<br />

- bei Farbvorgabe durch angrenzendes Stück: Verwendung von Antikglas entsprechen-<br />

der Tönung<br />

� vorderseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters<br />

� rückseitiger Auftrag von helligkeitsmindernden Überzügen<br />

� Befestigung der Deckscheibe mit kleinen Metallhaken am Bleinetz auf der Rückseite<br />

des Originals


Stark geschädigte Ergänzungen mit zusätzlichen Fehlstellen <strong>und</strong> Sonderfall s II 9a<br />

Zum augenblicklichen Stand der Untersuchungen sollen ca. 30 Ergänzungsstücke aus<br />

technischen <strong>und</strong> restauratorischen Gründen herausgenommen werden.<br />

Die Herausnahme einzelner weiterer Stücke soll im Ermessen der Restauratorinnen liegen.<br />

� Herausnahme des Ergänzungsstückes<br />

� Ergänzung der Fehlstelle mit Antikglas mit Mischton-Farbauftrag<br />

� rückseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters <strong>und</strong> helligkeitsmindernder Überzüge<br />

Farblich unpassende Ergänzungen<br />

� Doublierung mit Deckglasscheibe:<br />

- keine Farbvorgabe durch angrenzendes Stück: Verwendung von farbigem Antikglas<br />

in Anlehnung an die vermutliche originale Farbigkeit<br />

- bei Farbvorgabe durch angrenzendes Stück: Verwendung von Antikglas entsprechen-<br />

der Tönung<br />

� vorderseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters<br />

� rückseitiger Auftrag helligkeitsmindernder Überzüge<br />

� Befestigung der Deckscheibe mit kleinen Metallhaken am Bleinetz auf der Rückseite<br />

des Originals<br />

Die Anzahl der helligkeitsmindernden Überzüge orientiert sich bei den Ergänzungen am<br />

jeweiligen Umfeld <strong>und</strong> kann individuell verschieden sein.<br />

6.9.2.5. Ergänzung fehlender Felder<br />

Ergänzung des teilweise fehlenden Feldes s II 13b (Ornamentscheibe)<br />

� Rekonstruktion des Bleirisses <strong>und</strong> der fehlenden Bereiche anhand der analogen Felder<br />

n II 12b <strong>und</strong> 13b<br />

� Schwarzlotbemalung anhand der analogen Felder n II 12b <strong>und</strong> 13b, soweit Nachvollzug<br />

möglich ist<br />

� Glaszuschnitt in den historisch nachvollziehbaren Farbtönen oder in Grautönen<br />

� vorderseitiger Auftrag der Schwarzlotkonturen<br />

� rückseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters <strong>und</strong> helligkeitsmindernder Überzüge<br />

� keine Korrosionsimitation (Gleichmäßigkeit als Unterscheidungsmerkmal zum<br />

Original)


Ergänzung der sechs fehlenden Felder <strong>und</strong> des teilweise fehlenden Feldes s II 10a<br />

Im Laufe der Restaurierung des ersten Fensters sollen zu den in den Voruntersuchungen<br />

bereits erarbeiteten Beispielen (siehe Kapitel 6.7.3.2. <strong>und</strong> 6.7.3.3.) weitere Vorschläge <strong>und</strong><br />

Beispiele für die sechs fehlenden Felder erarbeitet werden. Ihre Wirkung im Fenster <strong>und</strong> auf<br />

den Gesamtraumeindruck selbst kann erst in der Einbausituation neu diskutiert <strong>und</strong><br />

gemeinsam mit dem Beirat beurteilt werden.<br />

Folgende Linie soll dabei verfolgt werden:<br />

� Korrespondenz der neuen Felder mit ihrer Umgebung<br />

� Erkennbarkeit der neuen Felder als ergänzter Bestand<br />

� Nachvollzug des Bleirisses anhand der Computerauswertung der Fotovorlagen<br />

� Nachvollzug der Schwarzlotbemalung auf der Vorderseite anhand der Computerauswertung<br />

der Fotovorlagen, soweit der Nachvollzug möglich ist<br />

� vorderseitiger Auftrag der Schwarzlotkonturen<br />

� rückseitiger Auftrag <strong>eines</strong> Punktrasters <strong>und</strong> helligkeitsmindernder Überzüge<br />

� keine Korrosionsimitation (Gleichmäßigkeit - als Unterscheidungsmerkmal zu den<br />

Originalen)<br />

6.9.2.6. Rahmung der Felder<br />

� Anbringung neuer Windeisen aus Messing auf der Rückseite (je 2 Windeisen pro<br />

Feld)<br />

� Rahmung aller Felder mit Messing-U-Profilen<br />

� Anbringung von Bleilaschen zur Reduzierung des seitlichen Lichteinfalls <strong>und</strong> zur<br />

Randabdichtung<br />

6.9.2.7. Umgang mit den 15 Feldern der russischen Restaurierung<br />

� Belassen der russischen Restaurierungsmaßnahmen<br />

� Fotoaufnahmen vom Nachzustand, identisch denen der anderen Felder<br />

� Kartierung nach dem für die anderen Felder angewandten System<br />

� Überprüfung der russischen Kartierung<br />

� Überprüfung der russischen Restaurierungsmaßnahmen (Klebungen, Verlötungen)<br />

� Nachbesserungen aufgetretener Mängel (z.B. bei vereinzelt wieder gelösten Sprungklebungen)<br />

� Vereinheitlichung der Befestigungsvariante<br />

(Haften <strong>und</strong> Windeisen identisch denen der anderen Felder)<br />

� Überprüfung der Maßhaltigkeit – eventuell Anbringung von seitlichen Schwarzglas-<br />

Randstreifen<br />

� Rahmung der Felder mit Messing-U-Profilen


6.9.3. Schutzverglasung<br />

Zum Schutz der wertvollen Glasmalereien der St. Marienkirche Frankfurt (Oder) wird eine<br />

innenbelüftete, isothermale Außenschutzverglasung vorgeschlagen:<br />

Vorschlag für die Ausführung der Außenschutzverglasung:<br />

� Einbau anstelle der in situ befindlichen Drahtglasscheiben<br />

� Überprüfung der vorhandenen Maße der Fensterlaibungen<br />

� eventuell nötige Veränderungen an den Positionen der Quereisen<br />

� Befestigung der Originale von der Innenseite mit einer Haltekonstruktionen<br />

� seitliche Abdichtung an den Gewänden<br />

� Variantenvorschläge:<br />

Variante 1: thermisch geformte Ganzglasscheiben<br />

(Abdruck nicht vom jeweiligen Originalfeld)<br />

Anbringung <strong>eines</strong> feinmaschigen Schutzgitters<br />

Variante 2: Ganzglasscheiben aus Verb<strong>und</strong>sicherheitsglas<br />

(mit einfacher VSG-Scheibe, Reflo-Glas oder Goetheglas)<br />

� Messreihen zur Überprüfung der Wirkung der Funktionalität der Schutzverglasungskonstruktion<br />

(Temperatur, Feuchtigkeit, Luftströmung)<br />

� kein Innenschutz der Glasmalereien<br />

Die Entscheidung für eine der vorgeschlagenen Varianten der Außenschutzverglasung sollte<br />

erst nach der Erstellung einer Musterachse, die ab Herbst 2003 am Fenster I in den<br />

verschiedenen Varianten durchgeführt wird, erfolgen.<br />

6.9.4. Empfehlung zur Nachsorge<br />

In regelmäßigen Abständen (ca. alle 3 Jahre) wird eine Nachkontrolle der durchgeführten<br />

Maßnahmen vorgeschlagen:<br />

� Kontrolle der Funktion der Außenschutzverglasung<br />

� Nachkontrolle einzelner Referenzfelder pro Fenster (z.B. Oberflächenveränderungen,<br />

Sprungklebungen etc.)<br />

� weitere Beobachtungen zum Fortschreiten des teilweise im Anfangsstadium<br />

auftretenden Oberflächenrissnetzes<br />

� Anfertigung einer aktuellen Dokumentation des Zustandes der Referenzfelder bei<br />

festgestellten Veränderungen<br />

� Einleitung notwendiger Maßnahmen bei erkennbaren Mängeln


7. Abschlusskolloquium<br />

7.1. Durchführung des Abschlusskolloquiums<br />

Zum Abschlusskolloquium konnte der von der Deutschen B<strong>und</strong>esstiftung Umwelt<br />

einberufene Beirat <strong>und</strong> einige Gäste durch Vertreter der Stadt <strong>und</strong> des Brandenburgischen<br />

Landesamt für Denkmalpflege begrüßt werden.<br />

Die Veranstaltung fand in der Restaurierungswerkstatt der St. Marienkirche statt, so dass auch<br />

an den Objekten Diskussionspunkte erörtert werden konnten.<br />

Nach der Begrüßung <strong>und</strong> den einführenden Worten durch Herrn Isken, Stadt Frankfurt<br />

(Oder), <strong>und</strong> Prof. Dr. Karg (BLDAM) erläuterte Frau Flügge (BLDAM) die<br />

kunstgeschichtlichen Aspekte zu den mittelalterlichen Fenstern. Anschließend präsentierte<br />

das Team der Restaurierungswerkstatt die durchgeführten Arbeitsschritte in der<br />

Untersuchungsphase, den Be- <strong>und</strong> Zustand der Fenster, die Ergebnisse aus den<br />

naturwissenschaftlichen Untersuchungen <strong>und</strong> das erarbeitete Restaurierungs- <strong>und</strong><br />

Konservierungskonzept. Berücksicht wurden dabei auch die erforderlichen Maßnahmen für<br />

den späteren Wiedereinbau der Fenster, wie z.B. die Außenschutzverglasung oder die<br />

Veränderungen der Fenster im Chorumgang.<br />

Der verantwortliche Architekt Herr Nülken gab abschließend Informationen über das bisher<br />

erforschte <strong>und</strong> erarbeitete Wissen über die Marienkirchenfenster mit einem Vortrag zu den<br />

baulichen Vorhaben an der Marienkirche.<br />

Daraufhin wurde das Restaurierungskonzept vom Beirat kritisch hinterfragt <strong>und</strong> einzelne<br />

Punkte ausführlicher diskutiert.<br />

7.2. Ergebnisse aus dem Abschlusskolloquium<br />

Die Diskussion <strong>und</strong> Erörterung des vorgestellten Restaurierungskonzeptes <strong>und</strong> die damit<br />

zusammenhängenden Probleme führten zu folgenden Ergebnissen:<br />

Laut Konzept sollte die Kartierung aus finanziellen Gründen nur für 15 Referenzfelder<br />

erfolgen. Der Beirat forderte jedoch, dass bei einem derart umfangreich, erhaltenen<br />

mittelalterlichen Bestand von derart großer Bedeutung die Kartierung jedes einzelnen Feldes<br />

erfolgen sollte. Der Beirat sprach sich dafür aus, sich für die Finanzierung der Kartierung<br />

aller Felder einzusetzen.<br />

Der im Konzept ausdrücklich geforderte Aspekt einer unbedingten Nachsorge <strong>und</strong> Kontrolle<br />

von wenigstens drei oder mehr Feldern für jedes Fenster wurde vom Beirat mit Nachdruck<br />

bestätigt.<br />

Allgemeine Zustimmung fand ebenso, dass die Bleiplomben <strong>und</strong> die zu hell herausfallenden<br />

Ergänzungsgläser der Restaurierungsphase unter Schinkel als technisches Zeugnis einer<br />

frühen, einfühlsamen Restaurierungsmaßnahme aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert weitgehend erhalten<br />

bleiben sollen.<br />

In der Frage der Ergänzungen von Fehlstellen in den Feldern <strong>und</strong> des Umgangs mit den hellen<br />

Ergänzungen aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert konnte der Beirat dem von den Restauratorinnen<br />

vorgesehenen Maßnahmenkatalog zustimmen.


Zum jetzigen Zeitpunkt wurde in der Frage der Ergänzungen der sechs fehlenden Felder keine<br />

Entscheidung durch den Beirat herbeigeführt, keine der vorgestellten Varianten wurde<br />

favorisiert. Die endgültige Entscheidung soll nach weiteren Vorschlägen <strong>und</strong> Überlegungen<br />

durch das Restaurierungsteam zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.<br />

In der Frage der Neuordnung wurde ebenfalls noch keine Entscheidung getroffen. Eine<br />

Kommission – zusammengesetzt aus Kunsthistorikern, Vertretern der Kirche <strong>und</strong> der<br />

Denkmalpflege – soll sich im Frühjahr/Sommer 2004 in einem Kolloquium erneut dieser<br />

Frage stellen <strong>und</strong> eine Entscheidung herbeiführen.<br />

8. Öffentlichkeitsarbeit<br />

Um interessierten Frankfurtern <strong>und</strong> Gästen der Oderstadt die Fenster <strong>und</strong> die Arbeit der<br />

Restauratorinnen näher zu bringen, können sich diese in einer Ausstellung, in der jeweils vier<br />

mittelalterliche Glasfelder zu sehen sind, über den Zustand der Glasmalereien informieren.<br />

Zusätzliche Informationstafeln geben Auskunft über das Projekt. Nach der ersten Ausstellung,<br />

die eine Dauer von elf Monaten hatte, folgen nun weitere Ausstellungen in einem<br />

regelmäßigen Rhythmus von acht Wochen, so dass möglichst viele der 111 Felder aus der<br />

Nähe gezeigt werden können.<br />

Zudem konnte die Öffentlichkeit durch die regionale <strong>und</strong> überregionale Presse, R<strong>und</strong>funk-<br />

<strong>und</strong> Fernsehsender (ZDF, NDR, MDR, Deutsche Welle) <strong>und</strong> hauptsächlich durch den<br />

Regionalsender R<strong>und</strong>funk Berlin-Brandenburg sowie durch das Stadtfernsehen Frankfurt<br />

(Oder) am aktuellen Geschehen zum Thema Marienkirchenfenster teilhaben. Die Anzahl<br />

wurde auf ca. 200 Einzelveröffentlichungen <strong>und</strong> ca. 50 Hörfunk- <strong>und</strong> Fernsehsendungen<br />

geschätzt.<br />

So wurde z.B. über die Ergebnisse aus den Restauratorentreffen <strong>und</strong> dem Fachgespräch zum<br />

Thema Ergänzungen berichtet. Zum ”Tag des offenen Denkmals” bestand für die<br />

Bevölkerung die Möglichkeit, die Werkstatt zu besichtigen. Die Restauratorinnen <strong>und</strong> Frau<br />

Flügge gaben interessierten Besuchern im halbstündlichen Rhythmus Einblick in die sonst<br />

nicht zugängliche Werkstatt <strong>und</strong> informierten über den Stand der Restaurierungsarbeiten.<br />

Die Würdigung, Anerkennung <strong>und</strong> Wertschätzung des Objektes durch die Stadt Frankfurt<br />

(Oder) <strong>und</strong> das Land Brandenburg kam vielfach in Besuchen von Gästen aus Politik <strong>und</strong><br />

Gesellschaft in der Restaurierungswerkstatt zum Ausdruck (von Kulturstaatsministerin Frau<br />

Weiß über verschiedene brandenburgische Landesminister bis hin zum Botschafter der USA<br />

<strong>und</strong> Israels <strong>und</strong> weitere prominente Gäste der Stadt Frankfurt Oder).<br />

Die Ergebnisse der Voruntersuchungen <strong>und</strong> das vom Beirat bestätigte Restaurierungs- <strong>und</strong><br />

Konservierungskonzept wurden durch einen Vortrag von Frau Möhrle am 26. September<br />

2003 auf einer Pressekonferenz im Rathaus der Stadt Frankfurt (Oder) vorgestellt.


9. Beurteilung der Projektergebnisse<br />

Die Projektergebnisse entsprechen dem zu erwartendem Projektziel. Es konnte ein auf die<br />

speziellen Problematiken der Frankfurter Glasmalereien abgestimmtes Restaurierungskonzept<br />

erstellt werden. Es umschreibt die erforderlichen Restaurierungsmaßnahmen für den<br />

gesamten Bestand der 111 Felder. Dieses Konzept legt die Vorgehensweise (wie z.B. die<br />

Reinigung, die Ergänzungssystematik) genau fest, hält aber andererseits Variationsmöglichkeiten<br />

offen, um an jedem Feld – nach Bedarf – auch individuell entscheiden zu<br />

können. Das betrifft beispielsweise den Umgang mit den historischen Bleiplomben, die<br />

prinzipiell als historisches Zeitzeugnis einer frühen <strong>und</strong> sorgsamen Restaurierungsmaßnahme<br />

aus dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert zu erhalten sind. Sind die Bleiplomben jedoch in Gesichtern oder an<br />

stark störenden Positionen, ist deren Funktionalität nicht mehr gegeben, dann können solche<br />

Bleiplomben auch entfernt werden. Diesem Weg, den Restauratorinnen individuelle<br />

Entscheidungsmöglichkeiten – bezogen auf die spezifische Situation am Objekt – offen zu<br />

halten, stimmte der Beirat geschlossen zu.<br />

Der im Vorfeld auf ein halbes Jahr festgelegte Zeitplan, mit dem im Sommer 2003 die<br />

Voruntersuchungen abgeschlossen sein sollten, konnte aus verschiedenen Gründen nicht<br />

eingehalten werden. Zum einen war die Zeitspanne, die für die Organisation <strong>und</strong> Einrichtung<br />

der Werkstatt veranschlagt wurde, zu knapp bemessen <strong>und</strong> zum anderen benötigten die<br />

naturwissenschaftlichen Untersuchungen, die Recherchen der historischen Materialien <strong>und</strong><br />

die Bestands- <strong>und</strong> Zustandsaufnahme mehr Zeit als ursprünglich veranschlagt war.<br />

So war es dann erst Ende September möglich, den von der DBU einberufenen Beirat <strong>und</strong><br />

einen Vertreter der DBU zum Abschlusskolloquium begrüßen zu können.<br />

Die durchgeführten umfangreichen, aber auch modellhaften Vorarbeiten – wie Übersichten,<br />

Tabellen <strong>und</strong> Statistiken zum Be- <strong>und</strong> Zustand der Glasmalereien – sind bei Restaurierungen<br />

in diesem Umfang nicht generell üblich, dienen aber als Gr<strong>und</strong>lage für weitere<br />

Restaurierungsarbeiten. Die Ausführlichkeit dieser Arbeiten kann ebenfalls Vorbildcharakter<br />

auf andere Restaurierungsobjekte haben.<br />

In der ersten Arbeitsphase wurde ein sehr ausführliches Dokumentationssystem entwickelt,<br />

das Gr<strong>und</strong>lage für die sich anschließenden Restaurierungsarbeiten ist. Dabei handelt es sich<br />

um ein Kartierungssystem, das in seiner Systematik Vorbildwirkung auch auf andere Projekte<br />

ausüben kann. Entsprechende Würdigung erfuhr hierbei das Restaurierungsteam vom Beirat<br />

<strong>und</strong> den Fachkollegen.<br />

Die Dokumentation aller 111 Felder konnte im Zeitrahmen des Projektes k<strong>eines</strong>falls<br />

vollständig durchgeführt, dennoch aber einige Felder detailliert dokumentiert werden.<br />

Für den erfolgreichen Verlauf des Projektes haben auch die Veranstaltungen (Restauratorentreffen,<br />

Arbeitstreffen <strong>und</strong> Fachgespräche) maßgeblich beigetragen. Gemeinsam konnte über<br />

die Problematiken der Glasmalereien – unter Berücksichtigung der besonderen Schadensphänomene<br />

– diskutiert <strong>und</strong> Lösungswege in Restaurierungsfragen gesucht werden. Diese<br />

Treffen boten die Möglichkeit, aus dem reichen Fachwissen <strong>und</strong> dem Erfahrungsschatz von<br />

Glasmalereispezialisten schöpfen zu können <strong>und</strong> von den konkreten Erkenntnissen <strong>und</strong><br />

Ergebnissen des Projektes mitteilen zu können.

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