Mitteilungen DMG 01 / 2011 - Deutsche Meteorologische ...
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4<br />
focus<br />
Abb. 4: Hubschrauber bei der Landung. Abb. 5: Sandsturm über dem Lager Mazar-e Sharif.<br />
vertikal mächtig ein Sandsturm ausfällt und in welchem<br />
Umfang die Sichtweite dabei reduziert wird, hängt u. a.<br />
von der Windgeschwindigkeit und der Teilchengröße,<br />
die aufgewirbelt und verlagert wird, ab. Im April 2005<br />
verunglückte ein US-Militärhubschrauber in einem heftigen<br />
Sandsturm.<br />
Kein direktes meteorologisches Phänomen ist die<br />
Sichtreduzierung durch Rauch, der sich in der kalten<br />
Jahreszeit am Morgen über den größeren Städten bildet<br />
und – abhängig von der Windrichtung – über den stadtnahen<br />
Flugplatz (z.B. Kabul, Mazar-e Sharif) zieht. Die<br />
Sicht verschlechtert sich dabei für ein bis zwei Stunden<br />
teilweise auf unter 1 km, was sich negativ auf die geplanten<br />
Start- und Landezeiten auswirkt.<br />
Eine weitere meteorologische Besonderheit ist der<br />
„Afghanez“, auch Wind der 120 Tage genannt, unter<br />
dessen Einfluss der größte Teil des Landes steht. Er<br />
setzt etwa Mitte Mai ein und weht fast ununterbrochen<br />
bis in den September hinein. Um die Mittagszeit<br />
pendelt sich der Wind in nördliche Richtungen ein<br />
(Abb. 6), nimmt stündlich an Geschwindigkeit zu und<br />
erreicht gegen Abend 40, teilweise bis zu 50 Knoten.<br />
Turbulenzen und Probleme mit Seitenwind (Startbahn<br />
in Kabul ist W-O orientiert) sind die Folgen.<br />
Bis November 2<strong>01</strong>0 wurden auch 6 Aufklärungsmaschinen<br />
der Bundeswehr vom Typ Tornado beraten.<br />
Dazu waren u.a. Angaben von Wolkenobergrenzen<br />
wichtig, da bei Flügen in den Süden des Landes die Maschinen<br />
luftbetankt wurden, was nur im wolkenfreien<br />
Raum stattfinden konnte. Die bereits erwähnten drei<br />
Radiosondendaten sind dazu weder räumlich noch zeitlich<br />
ausreichend repräsentativ, mit den entsprechenden<br />
Satellitenbildern konnten aber gute Aussagen getroffen<br />
werden.<br />
Winterliche Verhältnisse sind auch in einer Subtropenzone<br />
nicht ungewöhnlich. Im Januar 2008 sanken<br />
die Temperaturen in Mazar-e Sharif nachts bis nahe -20<br />
°C. Mit dieser Intensität und Dauer unerwartet, trat in<br />
der 2. Nachthälfte gefrierender Regen auf – im Radiosondenaufstieg<br />
von Mazar-e Sharif (Abb. 7) an einer<br />
„warmen Nase“ von nur +0,5 °C erkennbar. Er dauerte<br />
bis in die frühen Morgenstunden an, ging in Schneefall<br />
<strong>Mitteilungen</strong> <strong>DMG</strong> <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>1<br />
über, der eine Schneedecke von 15 cm ergab und die<br />
Eisschicht darunter isolierte. So kam der Flugbetrieb<br />
für mehrere Tage fast zum Erliegen. Auch der Winter<br />
2008/09 war ähnlich kalt und schneereich.<br />
Winterliche Verhältnisse führten auch zu einem Flugunfall<br />
im Februar 2005. Eine Boeing 737 der afghanischen<br />
Fluglinie Kam Air mit knapp 100 Passagieren<br />
prallte wenige Kilometer östlich von Kabul gegen einen<br />
Berg, nachdem sie erst im Landeanflug auf Kabul<br />
die Information erhielt, dass der Platz wegen heftigem<br />
Schneefall gesperrt wurde.<br />
Besonders interessant war der Besuch der Zentrale<br />
des ehemaligen afghanischen Wetterdienstes in Kabul<br />
im Frühjahr 2004. Dort war fast alles zerstört. Im<br />
Winter 2004/05 war dann ein Besuch an der Universität<br />
Kabul, Abteilung Hydrometeorologie der geowissenschaftlichen<br />
Fakultät möglich. Prof. Pobal, der einige<br />
Semester in Leipzig studiert hatte und gut Deutsch<br />
sprach, führte durch die Abteilung. Die Bedingungen,<br />
unter welchen der Lehrbetrieb wieder aufgenommen<br />
wurde, waren katastrophal. Es gab keine Heizung, keine<br />
Bücherschränke oder andere notwendige Dinge.<br />
Glückliche Umstände machten es möglich, einige PCs<br />
Abb. 6: Windrose Kabul, Juli