Mitteilungen DMG 01 / 2011 - Deutsche Meteorologische ...
Mitteilungen DMG 01 / 2011 - Deutsche Meteorologische ...
Mitteilungen DMG 01 / 2011 - Deutsche Meteorologische ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2<br />
focus<br />
Afghanistan –<br />
einmal nur aus meteorologischer Sicht<br />
Hans Löffler<br />
Der Berichterstatter war als Wetterberater für die Bundeswehr<br />
von 2002 bis 2009 insgesamt sechs Mal in<br />
Afghanistan, jeweils drei Mal in Kabul und Mazar-e<br />
Sharif. Dadurch konnten die Witterungsbedingungen<br />
aller vier Jahreszeiten in einer subtropischen Klimazone<br />
kennengelernt werden.<br />
Die Aufgaben eines Meteorologen/Wetterberaters<br />
orientieren sich im Wesentlichen an den einsatzbedingten<br />
Vorgaben.<br />
So sind<br />
• Flugwetterberatungen für Flugzeuge und Hubschrauber<br />
aller Art, einschließlich unbemannter Luftfahrzeuge<br />
(UAVs) auf Flugstrecken im Norden des<br />
Landes (Hubschrauber) bzw. über ganz Afghanistan<br />
(Transportflugzeuge, Jets) mit Flugzeiten von bis zu<br />
6 Stunden zu erstellen. Zusätzliche Flugwetterberatungen<br />
für die Zivilluftfahrt am internationalen Flugplatz<br />
Kabul mit teilweise exotische Zielen waren eine<br />
Herausforderung für einen Mitteleuropäer hinsichtlich<br />
geografischer Kenntnisse,<br />
• Wettervorhersagen für Planungszwecke bis zu 5 Tagen<br />
zu erarbeiten<br />
• Vorhersagen für den Rundfunk des Landes und für<br />
Radio Andernach, dem Betreuungssender für deutsche<br />
Soldaten zu erstellen,<br />
• Wettervorträge (Briefings) zu festgelegten Zeiten zu<br />
halten.<br />
Für diese Aufgaben stehen das deutsche Modell<br />
GME mit dem RLM11 (Gebiet Afghanistan), das europäische<br />
Modell EZMWF und das amerikanische Modell<br />
GFS auf den verschiedenen Beratungssystemen<br />
(auch NinJo) zur Verfügung. Die Versorgung erfolgt<br />
seit einigen Jahren (nicht von Anfang an) zuverlässig<br />
via Satellitenhopping vom Atlantischen zum Indischen<br />
Ozean, womit die erforderliche Aufnahmequalität gewährleistet<br />
ist. Die zur Verfügung stehenden Modelle<br />
sind im Großen und Ganzen ähnlich zuverlässig wie in<br />
Europa. Seitdem die Meldungen, insbesondere die der<br />
Radiosondenaufstiege mit den internationalen WMO-<br />
Kennziffern verbreitet werden, gehen sie auch in die<br />
(deutschen) Modelle ein und tragen zu einer Verbesserung<br />
(subjektiver Eindruck) der Modellergebnisse<br />
bei. Zu beachten ist, dass auf Grund der Zeitdifferenz<br />
von +3,5 bzw. +4,5 Stunden zu Afghanistan die Modellläufe<br />
um diese Zeitdifferenz „älter“ sind, bzw. die<br />
neueren später eintreffen.<br />
Hinzu kommen die Meldungen der Wetterstationen<br />
der internationalen Schutztruppen und des afghanischen<br />
<strong>Mitteilungen</strong> <strong>DMG</strong> <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>1<br />
Abb. 1: Topografie Afghanistans, © weltkarte.com, GNU FDL.<br />
Wetterdienstes. Die Stationsdichte hat sich zwar im<br />
Laufe der Jahre etwas verbessert, sie ist aber für dieses<br />
große Land (knapp doppelte Größe von Deutschland)<br />
nach wie vor sehr gering und nicht vergleichbar mit europäischen<br />
Verhältnissen (etwa 1-2 % der Dichte von<br />
Deutschland). Sie sind weder flächendeckend über das<br />
Land verteilt, noch ist der Beobachtungsbeginn frühmorgens<br />
rechtzeitig gewährleistet, sodass es unvermeidbar<br />
große räumliche und zeitliche Datenlücken<br />
gibt. Hinzu kommt, dass nur drei Radiosondenstationen<br />
(Kabul, Mazar-e Sharif und Kandahar) melden. Das<br />
wirkt sich insbesondere erschwerend bei Flugwetterberatungen<br />
aus. Satellitenbilder helfen bei der Ermittlung<br />
von Wolken und deren Obergrenzen, für Landwettervorhersagen<br />
sind sie aber nicht brauchbar.<br />
Aus mehreren Gründen sind die meteorologischen<br />
Verhältnisse andere als in Mitteleuropa. Das zentralasiatische<br />
Land (Abb.1), im Südwesten an Vorderasien,<br />
im Südosten an Südasien und im äußersten Osten mit<br />
78 km an China angrenzend<br />
− liegt komplett in der subtropischen Zone zwischen<br />
29° und 38,5° nördlicher Breite,<br />
− hat fast 70 % des Landes über 1000 m und immer<br />
noch 27 % über 2500 m Höhe NN; die höchste Erhebung<br />
erreicht 7485 m NN, die niedrigste Höhe liegt<br />
bei 258 m NN,<br />
− hat ein stark kontinental geprägtes Klima mit meist<br />
spärlichen Niederschlägen, insbesondere in den südlich<br />
und südöstlich des Hindukush gelegenen Teilen<br />
des Landes (lediglich der sommerliche Monsun<br />
bringt mehr Niederschlag im äußersten Osten),<br />
− sind große Teile mit Steppen und Halbwüsten bedeckt;<br />
nur 1 % der Fläche Afghanistans ist bewaldet.