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Mitteilungen DMG 01 / 2011 - Deutsche Meteorologische ...

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Vorgänge wird durch die erforderlichen Gleichungen<br />

gut unterstützt.<br />

Nun erscheint im Verlag Delius Klasing ein Büchlein<br />

zu dieser Thematik. Der Verlag ist als Forum gut gewählt,<br />

da er sich mit seinem Ausgabeprogramm im Wesentlichen<br />

an die küstennahen Sportschiffer wie auch an<br />

die Hochseeregattaprofis wendet. Bereits ist hierzu fragen,<br />

an welchen neuen Leserkreis der Verlag sich mit<br />

diesem Büchlein wenden will, da das Verlagsprogramm<br />

bereits mehrere Bücher zu dieser Thematik bietet.<br />

Um sich von den anderen Ausgaben des Verlages abzugrenzen,<br />

wählt der Autor des vorliegenden Büchleins<br />

einen anderen Weg. Da er sich nach seinen Aussagen an<br />

den interessierten Laien wenden möchte, will er allein<br />

durch Erläuterungen „das Spiel von Ebbe und Flut so<br />

verständlich erklären, dass der Leser nur mit dem Kopf<br />

zu nicken brauche und er hätte es verstanden. Für den<br />

physikalisch interessierten Leser verbannt er die erforderlichen<br />

Formeln in den Anhang.<br />

Der erste Abschnitt beginnt mit einem geschichtlichen<br />

Überblick. Anschließend werden die „einfachsten mechanischen<br />

Modelle“, die für die Ausbildung der Gezeiten<br />

verantwortlich sind, vorgestellt. Bereits hier stößt<br />

das vom Autor angepeilte Ziel, alles nur an Hand von<br />

Grafiken zu erläutern, an die Grenzen des Verständlichen.<br />

Es mag bezweifelt werden, ob ein Wassersportler<br />

seinen Ausführungen in jedem Punkt folgen kann<br />

und will, ein der Ozeanographie Kundiger erkennt dagegen<br />

rasch, wohin die Argumentation führen soll.<br />

Im zweiten Abschnitt wendet sich der Autor zunächst<br />

den zeitabhängigen Effekten bei den Gezeiten zu. In der<br />

einführenden Abbildung auf Seite 39 wird die in der<br />

Gezeitenkunde verwendete Terminologie leider nicht<br />

vollständig vorgestellt. Es fehlen im unmittelbaren<br />

Umfeld der Abbildung auf Seite 39 beispielsweise die<br />

Definitionen von: Steig- und Falldauer, Tidenstieg und<br />

-fall, Tidenhub sowie Mittelwasser. Bei der Nennung<br />

des Begriffes Seekartennull fehlt – leider – der wichtige<br />

Hinweis, dass diese Bezugsgröße von den einzelnen<br />

seefahrenden Nationen in ihrer Höhe unterschiedlich<br />

festgelegt wird und somit unmittelbaren Einfluss<br />

auf die an Bord verwendeten Seekarten hat. In diesem<br />

Abschnitt wird das Verständnis des Lesers doch arg<br />

strapaziert, wenn er allein an Hand der Grafiken die<br />

astronomischen wie auch die mechanischen Ursachen<br />

der einzelnen Ungleichheiten der Gezeiten verstehen<br />

soll. Auch die tabellarische Zusammenfassung dieser<br />

Begriffe auf der Seite 79 bringt wenig Klarheit. Ferner<br />

hätte der Autor statt des Begriffes „Alter der Flut“ besser<br />

„Alter der Gezeit“ verwenden sollen.<br />

Der dritte Abschnitt behandelt die ortsabhängigen<br />

Effekte und ist im Gegensatz zu den vorangegangenen<br />

Abschnitten klarer strukturiert: zunächst Darstellung<br />

des Phänomens, daran anschließend Erläuterung. Leider<br />

macht sich auch in diesem Abschnitt wie bereits in<br />

den vorangegangenen Abschnitten negativ bemerkbar,<br />

dass der Autor seine Anregungen für dieses Büchlein in<br />

Frankreich gewonnen hat. Der in französischen Gezeitentafeln<br />

verwendete Begriff Gezeitenkoeffizient C ist<br />

medial<br />

in den von der deutschen Seeschifffahrt verwendeten<br />

Handbüchern und Tafelwerken unüblich. Auch die Abbildungen<br />

auf den Seiten 86 und 87, in denen der Autor<br />

für verschiedene Gebiete der deutschen Nordseeküste<br />

den Tidenhub (bitte nicht die Mehrzahlform verwenden:<br />

„Tidenhübe“) darstellt, sind wenig aussagekräftig;<br />

diejenigen, die sich auf die französischen Kanalküste<br />

beziehen, sind sehr viel deutlicher. Auch die Aussage<br />

„ … Wellen bewegen sich normalerweise fort ...“ ist<br />

in der auf Seite 98 stehenden Form nicht richtig, da die<br />

Energie, nicht die Wassermasse sich fortpflanzt.<br />

Nachdem der Autor auf die Verhältnisse in den französischen,<br />

aber auch in den deutschen Gewässern eingegangen<br />

ist, findet der Leser zum Abschluss dieses<br />

Abschnittes ergänzende Hinweise auf Gebiete mit<br />

außergewöhnlich hohem Tidenhub: Bristol Channel,<br />

Fundy Bay sowie die Asymmetrie der Gezeiten in den<br />

Flussmündungen (Bore).<br />

Im abschließenden vierten Abschnitt „andere Einfluss-<br />

effekte“ werden alle weiteren Effekte zusammengetragen,<br />

die in den vorangegangenen Kapiteln zu erwähnen<br />

inhaltlich nicht passend war. Bei den meteorologischen<br />

Effekten hätten, wiederum die deutschen Leser<br />

im Auge, die Sturmfluten der Jahre 1954, 1962 sowie<br />

1976 genannt werden müssen statt nur den Orkan im<br />

Dezember 1999, der im Wesentlichen die französische<br />

Atlantikküste verwüstete. Auch hier schleichen sich<br />

weitere Unsauberkeiten ein, nämlich, dass ausgeführt<br />

wird, dass Dünung „in der Regel durch Wind erzeugt<br />

wird“. Der Rezensent hat dagegen gelernt, dass der<br />

winderzeugte Seegang, sobald dieser aus seinem Entstehungsgebiet<br />

hinausläuft, mit „Dünung“ bezeichnet<br />

wird. Abschließend wird richtig berichtet, dass es weltweit<br />

nicht nur die in Mitteleuropa bekannte halbtägige<br />

Gezeit, sondern auch die ganztägige, sowie Übergangsformen<br />

zwischen diesen beiden Gezeiten, gibt. Eine<br />

entsprechende Weltkarte rundet diese Aussage ab.<br />

Zum Abschluss dieser Ausführungen noch einige<br />

Hinweise, die in einer möglichen überarbeiteten<br />

Neuauflage berücksichtigt werden könnten: zunächst<br />

sollten die vielen Unrichtigkeiten im Wort wie auch in<br />

den Zahlen korrigiert werden. Um dem Text eine klarere<br />

Struktur zu geben, sollten nach dem jeweiligen Unterabschnitt<br />

zusammenfassende Kernsätze, am besten<br />

optisch hervorgehoben, stehen. Auch ein Glossar wäre<br />

sehr hilfreich. Die äußerst knappen Hinweise auf weiterführende<br />

Literatur am Ende des Büchleins müssten<br />

deutlich erweitert werden. Auch Hinweise auf aktuelle<br />

Webadressen wären wünschenswert. Der Rezensent<br />

vermisst Informationen über den Autor, so drängt sich<br />

der Verdacht auf, dass der Autor sein Wissen über die<br />

Gezeiten offenbar allein aus einem von ihm nicht konkret<br />

benannten Büchlein bezieht. Etliche Abbildungen<br />

passen wenig zu der Thematik des Büchleins wie beispielsweise<br />

das Bild mit den Strandkörben an der Nordsee<br />

auf Seite 60.<br />

Fazit des Rezensenten: obwohl er begeisterter Segler<br />

ist, wird er dieses Büchlein erst nach einer deutlichen<br />

Überarbeitung in seine Bordbibliothek einreihen.<br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>DMG</strong> <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>1<br />

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