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Mitteilungen DMG 01 / 2011 - Deutsche Meteorologische ...

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„Lake-Effekt“ bringt lokal Schneemassen<br />

nach Ostholstein<br />

Simon Trippler<br />

Bereits am 30.11.2<strong>01</strong>0 gab es an der Ostseeküste lokal ein Schneechaos, bei dem ein ganzer Landstrich in Ostholstein<br />

unter einer dicken Schneeschicht versank. Grund dafür war wieder einmal der sogenannte „Lake(See)-Effekt“, der<br />

regelmäßig im späten Herbst oder auch im Winter für hohe Schneemengen in einem lokal eng begrenzten Bereich an<br />

der Küste sorgt. Dabei ziehen Schauerwolken in Staffeln wie auf schnurgeraden Straßen von der Ostsee kommend<br />

landeinwärts und bringen andauernde und teils heftige Schneefälle. Schneehöhen von 40 cm und mehr innerhalb einiger<br />

Stunden sind keine Seltenheit. Die Bedingungen, die für diesen Effekt herrschen müssen, sind eine noch recht warme<br />

See und recht kräftige kalte Winde, die darüber fegen. Die dadurch bedingte Labilisierung der Luftmasse (warm unten<br />

und kalt oben drüber) sorgt für kräftige Umlagerungen und hoch reichende Wolken. Über einen langen Seeweg reichern<br />

sich diese Schauerwolken nun immer mehr mit Feuchtigkeit an, die die Schneefälle sehr ergiebig ausfallen lässt.<br />

Am 30.11.2<strong>01</strong>0 herrschte eine solche Konstellation. Ein Tiefdruckgebiet über Polen und eine Hochdruckbrücke, die<br />

von Island bis nach Skandinavien reichte, sorgten im Zusammenspiel für eine stramme nordöstliche Strömung. In 850<br />

hPa (ca. 1500 m) war es -15 Grad Celsius kalt, während das Ostseewasser noch + 4 bis 6 Grad Celsius aufwies. Die<br />

kalten Winde, die von Russland kommend nun über die Ostsee geführt wurden, erzeugten Wolken und Schneefälle, die<br />

in Richtung Südwesten auf Norddeutschland zuzogen. Amtlich wurde am <strong>01</strong>.12.2<strong>01</strong>0, 06 UTC, eine Schneehöhe von<br />

26 cm in Pelzerhaken an der Lübecker Bucht registriert. Inoffizielle Messungen gehen aber von Schneeverwehungen<br />

mit einer Höhe von über 40 cm aus.<br />

Durch streifenartig angeordnete dynamische Prozesse (wellenartiges Absinken und Aufsteigen von Luft) kam es zur<br />

Ausbildung zweier fast parallel verlaufender Niederschlagsstreifen, die im Bereich einer Kaltfront in Küstennähe zudem<br />

eine Windkonvergenz aufwiesen. Die Lücke zwischen den beiden Straßen wird durch Absinkprozesse hervorgerufen.<br />

Dort wo Konvergenz vorherrscht, kommt es zum Aufsteigen der Luft. Irgendwann steigt die Luft aber nicht mehr weiter<br />

nach oben, weil der Antrieb ausbleibt. Dann weicht sie nach außen aus und sinkt wieder ab. Absinkende Luft bedeutet<br />

aber Wolkenauflösung. Diesen Effekt sieht man z. B. besonders deutlich an der ebenfalls streifenförmigen Wolkenlücke<br />

an der Ostseeküste zwischen den beiden Schauerstraßen.<br />

Eine der beiden Schauerstraßen lag an diesem Tag auf einer Linie, die sich etwa von der Lübecker Bucht über die<br />

Ostsee nördlich an Rügen und Bornholm vorbei erstreckte. Wie auf riesigen Schneeschienen zogen die Schauerwolken<br />

von Südskandinavien über die westliche Ostsee hinweg und wurden infolge der stetigen Wämeenergieeinspeisung zu<br />

wahren Schneekanonen.<br />

Direkt südlich an diese Linie angrenzend zeigt sich eine niederschlagsfreie Zone im Hinterland, sie erstreckte sich<br />

etwa von Ratzeburg über Rostock bis nach Rügen. Wiederum südlich davon lag eine zweite Schauerstraße, sie befand<br />

sich etwa auf einer Linie von Boizenburg über die Mecklenburger Seenplatte bis nach Usedom.<br />

Dass die niederschlagsfreien Zonen zwischen den Schauerstaffeln möglicherweise durch Lee-Effekte an der Steilküste<br />

mit dem Kreidefelsen auf Rügen hervorgerufen werden konnten, ist weitgehend auszuschließen. Dafür reicht die<br />

Höhe des Kreidefelsens nicht aus. Auch zeigen sich an der gesamten Ostseeküste Rügens kaum Stauwolken und -niederschläge.<br />

Auch die Insel Bornholm staut die Niederschläge auf ihrer Nordostseite nur in geringem Maße. Dadurch<br />

entsteht zwar auf der Rückseite nach Südwesten hin Absinken, dieser Lee-Effekt spielt beim Lake-Effekt aber nur eine<br />

untergeordnete Rolle, weil die thermodynamischen Prozesse markanter sind. Dennoch lässt sich im Satellitenbild eine<br />

deutliche Wolkenlücke südwestlich von Bornholm erkennen.<br />

Abb. 1: Bodenwetterkarte vom 30.11.2<strong>01</strong>0, 12 UTC (© DWD).<br />

Abb. 2: Radar- und Satellitenbild sowie Bodenwinde vom 30.11.2<strong>01</strong>0,<br />

10 UTC (© DWD).

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