SBB - Sächsischer Bergsteigerbund
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Ins „Zentrum der Erde“<br />
Im Frühjahr dieses Jahres brachen Götz Wiegand,<br />
Bernd Voigtländer, Frank Wagler, Wolfgang<br />
Kempf und ich zu einer Expedition nach<br />
Tibet auf. Für Götz und mich war es ein kleines<br />
Jubiläum. Vor 10 Jahren lernten wir uns<br />
bei einer Tour am Achttausender Cho Oyu<br />
kennen. Seitdem haben wir viele Expeditionen<br />
in die Berge der Welt gemeinsam organisiert<br />
und durchgeführt: Südamerika, Alaska,<br />
Kanada und natürlich immer wieder der<br />
Himalaya. 15-mal waren wir beide vor unserem<br />
diesjährigen Abenteuer in der Heimat<br />
des ewigen Schnees. Nach einigen Achttausender-Expeditionen<br />
haben wir uns in den<br />
letzten Jahren mehr den unbekannten, teils<br />
unerforschten Gipfeln zugewandt. Einige<br />
Erstbesteigungen sind uns gelungen und das<br />
Gefühl, als einzige Expedition an einem Berg<br />
zu sein, alles selbst erforschen, transportieren<br />
und spuren zu müssen, ist immer wieder<br />
gewaltig.<br />
Deshalb auch unser Plan, 2007 ins „Zentrum<br />
der Erde“ nach Tibet zu reisen. Zwei Jahre<br />
zuvor waren wir schon einmal in dieser Gegend<br />
im Westen Tibets, die bekannt ist durch<br />
den Kailash, die Manasarowarseen und den<br />
7728 m hohen Gurla Mandhata. Dessen<br />
Nachbargipfel, der 6900 Meter hohe Namu<br />
La (oder Guna La), war das Hauptziel unserer<br />
Expedition.<br />
Am 23. April starteten wir zusammen mit einer<br />
Trekkinggruppe im nepalesischen Simikot.<br />
Wir trekkten gen Tibet, überquerten den<br />
Himalaya-Hauptkamm und umrundeten den<br />
Kailash, bevor unsere fünfköpfige Expeditionsmannschaft<br />
am 8. Mai an den Ufern des<br />
Gurla Chu das Basislager in 4700 m Höhe<br />
erreichte. Mit einer 100 m langen Seilbahn<br />
brachten wir die Ausrüstung von einer Moräne<br />
ins Tal. Eine Anfahrt durch das Flusstal<br />
war wegen zuviel Schnee nicht möglich.<br />
In den ersten Tagen erkundeten wir den Zustieg<br />
zum Berg, was sich schwieriger gestaltete<br />
als gedacht. Unsere einzigen Bilder waren<br />
eine Satellitenaufnahme von Google und<br />
ein Foto der Amerikaner, das den Aufstiegs-<br />
46<br />
Tibet-Expedition 2007<br />
grat zeigte. Nachdem wir verschiedene Zustiege<br />
probiert hatten, entschieden wir uns<br />
für die Variante, über einen Pass zum großen<br />
Gletscherplateau auf der Nordseite des<br />
Gurla Mandhata zu gelangen. In 5500 m Höhe<br />
errichteten wir das Lager 1. Die Variante,<br />
mit den schweren Rucksäcken direkt durch<br />
ein abenteuerliches, teilweise sehr schmales<br />
Tal zu gehen, um Höhenmeter einzusparen,<br />
ließen wir wegen der hohen Steinschlaggefahr<br />
außen vor.<br />
Unseren Berg hatten wir bis dato noch nicht<br />
zu Gesicht bekommen. Immer wieder Wolken<br />
und Nebel, aber drei Tage später zeigte<br />
sich der Berg dann endlich und wir merkten,<br />
dass wir auf der falschen Gletscherseite waren.<br />
Aber wir wollten das Lager nicht noch<br />
mal umsetzen und entschieden uns aufgrund<br />
der anfangs sehr guten Verhältnisse, Blankeis<br />
und keinerlei Spalten, den Gletscher zu<br />
queren. Wir stiegen weiter an und deponierten<br />
Ausrüstung am Fuß des Berges.<br />
Nach zwei Ruhetagen brachen wir zum Gipfelangriff<br />
auf, richteten am Mittag des 16. Mai<br />
in 6000 m Höhe Lager 2 ein. Götz und ich<br />
erkundeten noch am Nachmittag den weiteren<br />
Aufstieg und schafften Fixseil und Zubehör<br />
hinauf. Am nächsten Morgen waren wir<br />
alle fünf auf dem Weg Richtung Gipfel. Die<br />
Stufen vom Vortag erleichterten uns den<br />
Aufstieg und die Schneeverhältnisse ließen<br />
anfangs ein seilfreies Steigen zu. Erst am<br />
Grat begann wir zu sichern und legten ca.<br />
150 m Fixseil. Vom Gipfel trennten uns noch<br />
400 Höhenmeter. Die ersten 200 davon<br />
allerdings mit viel Blankeis an einem überwechteten<br />
Grat. Doch das schon den ganzen<br />
Expeditionszeitraum anhaltende unstabile<br />
Wetter bestätigte sich und 14 Uhr traten<br />
wir wegen starken Schneefalls, Windes und<br />
Sichtweiten unter 50 m den Rückzug an.<br />
Zwei Tage später standen Götz, Frank und<br />
ich wieder unterhalb des Grats. Doch vom<br />
blauen Himmel am Morgen war kaum noch<br />
etwas zu sehen. Wir erhaschten noch einen<br />
letzten Blick zum Gipfel, dann zog es wieder