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SBB - Sächsischer Bergsteigerbund

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Vor 40 Jahren: Unglück in der Eiger-Nordwand<br />

Helfried Hering (links) mit Dieter Rülker<br />

bei unserem zähen Ringen um eine Durchsteigung<br />

der Matterhorn-Nordwand.<br />

Auf der Hohen Liebe sind schon viele versammelt;<br />

nicht so viele, wie sonst zum Totensonntag,<br />

dafür aber mehr bekannte Gesichter:<br />

Hinterbliebene und ehemalige Berggefährten<br />

der Verunglückten. Karl Däweritz<br />

und Herbert Richter werden eine Rede halten<br />

und werden unterstützt durch den Gesang<br />

der Bergfinken, die wie immer die passenden<br />

Lieder finden.<br />

Karl beginnt mit einer kurzen Beschreibung<br />

der damaligen Umstände, in die das Unglück<br />

verstrickt war. Mit Recht weist er darauf hin,<br />

dass der Unfall nicht zur Sensation geeignet<br />

war und niemals sein wird und drückt gegenüber<br />

den Hinterbliebenen das aus, was auch<br />

den Charakter dieser Gedenkstunde widerspiegelt<br />

- tiefes Bedauern und Mitgefühl.<br />

Danach stellt Herbert den Bezug der Verunglückten<br />

zum Sächsischen Bergsteigen, unserer<br />

gemeinsamen Wirkungsstätte, her und<br />

erläutert, was er unter Gedenken versteht:<br />

„... irgendwo beim Klettern wird eine Episode,<br />

ein Witz oder eine Geste gegenwärtig“,<br />

die Erinnerungen an die Bergkameraden und<br />

damit Gedenken wachruft, „wie die Glut in<br />

der Asche, die durch einen Windhauch plötzlich<br />

auflodert“.<br />

Das trifft auch meine Vorstellung. Ich erinnere<br />

mich, wie ich vor zwei Wochen den von<br />

Fritz Eske erstbegangenen<br />

Dresdner Weg am Kastenturm<br />

durchstieg. Als mir an der Hangelrippe<br />

fast die Kraft ausgegangen<br />

wäre, lag mir ein Fluch auf<br />

der Zunge, den Herbert nun mit<br />

groben, aber liebevollen Worten<br />

wiedergibt und der von sächsischen<br />

Bergsteigern richtig verstanden<br />

werden sollte: „Fritz, du<br />

Hund!“<br />

Herbert fährt in seinem Sinn des<br />

Gedenkens fort: „Gemeinsames<br />

Erinnern erneuert unser Wissen<br />

um die Schönheit und die Werte<br />

unserer Passion, es festigt und<br />

beflügelt den Gemeinschaftssinn<br />

und erneuert alte Bekanntschaften. Gemeinsames<br />

Erinnern bestärkt unser Selbstverständnis<br />

als sächsische Bergsteiger. Beim<br />

gemeinsamen Erinnern werden alte Legenden<br />

verdichtet und neue gestrickt. Wenn wir<br />

Glück haben, gelangen diese Legenden zu<br />

den jungen Leuten ... Die Legende über unsere<br />

verunglückten Bergkameraden ist das,<br />

was sie uns hinterlassen haben und was<br />

unser Gedenken befördert. Daher sollen die<br />

Erinnerungen an unsere vier Bergkameraden,<br />

wann immer es möglich ist, sei es am<br />

Lagerfeuer, beim Klettern ... oder sonst wo<br />

in unserer sächsischen Bergsteigergemeinschaft<br />

lebendig bleiben !“<br />

Zum Schluss erinnert Ulrich Voigt daran, an<br />

welcher Stätte wir uns befinden: „Die Hohe<br />

Liebe ist eine Art Friedhof für uns, kein Friedhof,<br />

wo jemand begraben liegt, sondern ein<br />

Friedhof, wo man gedenkt ... Denkt an die<br />

vier und an die vielen, mit denen wir zusammen<br />

waren!“<br />

Zusammen mit Helfried steige ich zum Denkmal<br />

auf den Gipfel und lasse meinen Blick<br />

über die Landschaft schweifen. Wir erinnern<br />

uns der Worte von Herbert, der der toten<br />

Freunde in ihrer Ganzheit gedachte: „Sie waren<br />

das, was man feine Kerle nennt; aber das,<br />

was man feine Leute nennt, waren sie ja nicht<br />

... Sie waren glückliche Menschen!“<br />

Reinhard Mittag<br />

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