Michael Flock: Der Notkirchenbau von Otto Bartning - gta fh heidelberg
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Menschen und entwurzelte Vertriebene waren sie wichtige spirituelle Räume der<br />
Ruhe und Sammlung. So wurden diese einfachen Kirchen zu Symbolen der Not,<br />
Trost und Besinnung wie auch Neuorientierung im Elend der ersten<br />
Nachkriegsjahre.<br />
Die entwerferische Idee war ein aus der Not der verfügbaren Baustoffe geborenes,<br />
simples System aus Holzkonstruktion (Holzbinder) und ausfachenden Wänden aus<br />
Trümmersteinen.<br />
3. Vorgeschichte<br />
Bereits im 19. Jahrhundert wurde der Begriff „Notkirche“ als Synonym für<br />
„Interimskirchen“ verwendet und meinte kostengünstige, relativ schnell zu<br />
errichtende Kirchenbauten. Im Zeitalter der Industrialisierung wurden sie errichtet<br />
um der wachsenden Zahl an Gläubigen kurzfristig Raum zu bieten. Die<br />
baukünstlerische Gestaltung dieser Bautypen war eher dürftig.<br />
Nach dem 1. Weltkrieg errichtete Dominikus Böhm 1919/20 die katholische St.<br />
Josef Kirche in Offenbach/Main. Sie wurde aufgrund ihrer charakteristischen<br />
Holzbauweise ebenfalls als Notkirche bezeichnet.<br />
Auch <strong>Bartning</strong>s Sternkirchenentwurf <strong>von</strong> 1922 wurde im protestantischen<br />
Kirchenbau als Notkirche betitelt, zeigte aber, dass eine Notkirche bei weitem kein<br />
Notbehelf oder Provisorium sein musste.<br />
Während der nationalsozialistischen Herrschaft – besonders nach der Umstellung<br />
der Wirtschaft auf die Rüstungsproduktion und dem Ausbruch des 2. Weltkrieges –<br />
war der Kirchenbau zum Erliegen gekommen. Bis 1939 standen im Wesentlichen<br />
der Wohnungsbau und nationalsozialistische Vorzeigeprojekte im Vordergrund.<br />
Kaum beachtet aber, setzten sich vereinzelt Architekten auch theoretisch mit dem<br />
Kirchenbau auseinander und suchten z.B. beim Umbau vorhandener Gebäude<br />
neue Lösungsansätze.<br />
Während die katholische Kirche nach den Kriegsverlusten eher singuläre<br />
Neubauten anstrebte (z.B. 1947 Rudolf Schwarz, Kirche in Gey), versuchte die<br />
evangelische Kirche den Raumbedarf mit einer systemischen Lösung zu bewältigen.<br />
Neben dem Notkirchenprogramm geb es aber auch mit vereinzelte, solitäre<br />
<strong>Notkirchenbau</strong>ten (<strong>von</strong> unterschiedlicher ästhetischer Qualität) wie z.B. 1948/49<br />
die Stuttgarter Paulsnotkirche <strong>von</strong> Rudolf Lempp.<br />
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