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Michael Flock: Der Notkirchenbau von Otto Bartning - gta fh heidelberg

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8. Architektonische Wirkung<br />

<strong>Bartning</strong>s gesamtes kirchenbauliches Werk seit seinem Sternkirchenentwurf wurde<br />

dadurch bestimmt, dass sich aus einfachen kombinierten Bauelementen, die als<br />

Einzelform erkennbar blieben, die Gesamtform des Gebäudes zusammensetzte. Er<br />

legte Wert auf die Verbindung verschiedener Nutzungsbereiche und auf deren<br />

räumliche Zuordnung, alles in einem formalen Geschlossenen.<br />

Durch die Flexibilität, die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten und die<br />

Exklusivität des Ortes wurde bewirkt, dass, trotz serieller Bauprinzipien, keine der<br />

Notkirchen identisch war.<br />

Die Einführung <strong>von</strong> Stahl und Glas (Stahlkirche) in den Kirchenbau ließ <strong>Bartning</strong><br />

teilweise auf heftige Kritik stoßen. Man warf ihm vor, dem Kirchenbau einen<br />

industriellen Charakter zu verleihen; diesen Vorwurf aber räumten spätestens die<br />

seriellen Notkirchen aus.<br />

Bei der Betrachtung der Notkirchen muss man ihre „warme“ Raumwirkung<br />

hervorheben, die im Innenraum, durch das in regelmäßigen Lagen aufgeführte<br />

Backsteinmauerwerk in Verbindung mit den geflammten Holznagelbindern, dem<br />

Gläubigen Geborgenheit in einer damals ringsum zerstörten Umwelt bot. Die<br />

unterschiedliche Farbigkeit der verwendeten Steine, bedingt durch ihre<br />

Zweitverwendung, erinnert an die verheerenden Zerstörungen des äußeren<br />

Raumes.<br />

Die Außenhaut der Notkirchen passte sich darüber hinaus den lokalen<br />

Gegebenheiten an, d.h. die äußere Erscheinung wurde nicht nur durch den<br />

variablen Grundriss bestimmt sondern auch durch die Verwendung <strong>von</strong><br />

unterschiedlichen Materialien (<strong>von</strong> Backstein bis zu Sandstein in Lagen, oder <strong>von</strong><br />

Trümmermaterial).<br />

Beim Betreten des Innenraums <strong>von</strong> der Seite fällt der Blick zunächst auf die<br />

versammelte Gemeinde und erst später auf den exponierten Altar der<br />

Kirchenachse. Durch diese Wegeführungskonzepte und die daraus resultierende<br />

Wahrnehmungsfolge wurde die Bedeutung der Gemeinde und somit soziale und<br />

seelsorgerische Aufgaben der Kirche herausgestellt.<br />

<strong>Der</strong> Vergleich mit vorangegangenen Planungen <strong>Bartning</strong>s zeigt, dass vieles bereits<br />

vorgedacht oder in der Praxis getestet war, bevor er es bei den<br />

Notkirchenprogrammen angewendet hat. Das Bauprogramm basierte auf seinen<br />

Erfahrungen im Montage- und Systembau (Stahlkirche, 1928) und auf den<br />

Experimenten mit serieller Bauproduktion (Werfthaussystem, 1932). Auch bei<br />

seinen Projekten in Lehmbauweise 1946 in Neckarsteinach konnte er Erfahrungen<br />

mit Materialknappheit und dem Mangel an qualifizierten Arbeitern sammeln. Die<br />

unkonventionelle Übertragung industrieller Bauverfahren aus dem Profanbau<br />

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