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HOCHBEGABUNG UND SCHULE 7<br />
� Schließlich wird Performanz von Kompetenz unterschieden. Mit „Performanz“ bezeichnet<br />
man die bereits in Leistung umgesetzte „Begabung“. Mit „Kompetenz“ spricht man<br />
dagegen eine prinzipiell vorhandene „Begabung“ (Leistungsvermögen) an, die aber<br />
(noch) nicht in entsprechende Leistungsprodukte umgesetzt worden sein muss. Die<br />
Gleichsetzung von „Begabung“ mit Leistung ist problematisch: Jeder Leistung liegt zweifellos<br />
ein entsprechendes Potential zugrunde. Ob eine Schülerin bzw. ein Schüler ihr bzw.<br />
sein Potential in aktuelle Leistungen umsetzen kann, hängt jedoch von zahlreichen Drittvariablen<br />
ab (Leistungswille, Motivation, Interesse, Frustrationstoleranz, Unterstützung<br />
im Elternhaus, Qualität des Unterrichts etc.). Lehrkräfte und Eltern meinen dieses Spannungsverhältnis,<br />
wenn sie Sätze sagen wie „Bei seiner Begabung könnte Walter viel mehr<br />
leisten“ oder „Esther könnte es leicht schaffen, wenn sie nur wollte.“ Eine Hochbegabungsforschung<br />
und -förderung, die diese Unterscheidung nicht sieht oder nicht nachvollziehen<br />
will, kann nicht zeitgemäß sein.<br />
Wie wird die „Begabungshöhe“ – und damit die „Hochbegabung“ – bestimmt?<br />
Bislang ist es noch nicht gelungen, qualitative Unterschiede zwischen Hochbegabten und<br />
durchschnittlich Begabten ausfindig zu machen. Fragen wie „Denken Hochbegabte prinzipiell<br />
anders?“ oder „ Liegen bei Hochbegabten andere Denkstrukturen vor?“ können bis<br />
heute noch nicht begründet bejaht werden. Deshalb wird weltweit eine quantitative Hochbegabungsdefinition<br />
verwendet. Quantitativ deshalb, weil eine willkürlich ( = konsensuell)<br />
festgesetzte Ausprägung ( = Quantität) der „Begabung“ als „hochbegabt“ definiert wird.<br />
Als Konvention hat sich eingebürgert, für „Hochbegabung“ die Ausprägung kognitiver<br />
Merkmale (in der Regel die Intelligenz) in Relation zum Populationsdurchschnitt ( = Abstand<br />
vom Durchschnitt der Bezugsgruppe) zu betrachten. Üblicherweise spricht man dann von<br />
einem „Hochbegabten“, wenn sein individueller Begabungsmesswert mindestens zwei Standardabweichungen<br />
über dem Mittelwert der Population liegt. Das entspricht etwa einem Intelligenzquotienten<br />
von IQ ≥ 130. Anders ausgedrückt besagt dies, dass eine Person<br />
„hochbegabt“ ist, die hinsichtlich ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit zu den zwei Prozent<br />
Besten ihres Jahrganges gehört. Der Intelligenzprozentrang liegt dann bei PR = 98<br />
oder noch höher. Ungefähr diese Größenordnung (ca. 3 %) geben auch Lehrkräfte, die sich<br />
noch nicht näher mit Hochbegabungsfragen auseinandergesetzt haben, im Durchschnitt<br />
an, wenn man sie danach fragt, wie häufig ihrer Erfahrung nach hochbegabte Schülerinnen<br />
und Schüler vorkommen.<br />
Warum gibt es unterschiedliche Grenzwertsetzungen?<br />
In verschiedenen Büchern findet man unterschiedliche Angaben über das Vorkommen von<br />
„Hochbegabung“. Das liegt daran, dass die Autoren in Abhängigkeit von dem mit der Diagnose<br />
„hochbegabt“ verbundenen Zweck unterschiedliche Grenzwerte festgelegt haben.<br />
Bei einer „liberalen“ Definition bezeichnen manche Pädagogen schon Schülerinnen bzw.<br />
Schüler als „hochbegabt“, wenn diese hinsichtlich ihrer Intelligenz in den Bereich der oberen<br />
zehn Prozent ihrer Jahrgangsstufe fallen, was einem Intelligenzquotienten von ungefähr<br />
IQ = 120 entspricht (Prozentrang von 90 und besser). In manchen Forschungsprojekten ist<br />
man strenger und will als „hochbegabt“ nur diejenigen gelten lassen, die einen Intelligenzquotienten<br />
von mindestens IQ = 130 aufweisen (Prozentrang 98 und besser), und wiederum<br />
andere legen ein extrem strenges Kriterium (IQ ≥ 140, ungefähr zu den ein Prozent<br />
Besten der Altersgruppe gehörend) an.