brain
brain
brain
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
60<br />
Wie unterscheiden sich „Underachiever“ von „normalen“<br />
(also „erwartungstreu leistenden“) Schülerinnen und Schülern?<br />
HOCHBEGABUNG UND SCHULE<br />
Aktuelle Studien zur Selbststeinschätzung der Persönlichkeit wie auch zur Persönlichkeitsfremdeinschätzung<br />
durch Eltern und Lehrkräfte bestätigen ein überwiegend negatives Bild<br />
vom hochbegabten „Underachiever“.<br />
� Dramatisch sind insbesondere die Selbstwert- und Selbstkonzeptprobleme, insbesondere<br />
bei Grundschulkindern. Verglichen mit hochbegabten Achievern (d.h. hoch Intelligente<br />
mit guten und sehr guten Schulleistungen) und durchschnittlich begabten Achievern<br />
(d.h. durchschnittlich Intelligente mit durchschnittlichen Schulleistungen) schreiben<br />
sich „Underachiever“ selbst u. a. zu: eine geringe Selbstüberzeugung, häufige Unterlegenheitsgefühle,<br />
Scheu vor Sozialkontakten, soziale Unzufriedenheit und hohe Emotionalität<br />
bei geringer seelischer Stabilität.<br />
� Eltern von hochbegabten „Underachievern“ betonen insbesondere die negative Entwicklung<br />
des Sozialverhaltens und charakterisieren ihre Kinder als besonders schwierig.<br />
Sie trauen ihren Kindern nur wenig zu.<br />
� Lehrkräfte thematisieren bei hochintelligenten Schülerinnen und Schülern mit erwartungswidrig<br />
schlechten Schulleistungen ein problematisches Sozialverhalten und weisen<br />
auf eine geringe Aufgabenorientiertheit hin. Sie unterschätzen das Leistungspotential<br />
hochbegabter „Underachiever“.<br />
Hochbegabte „Underachiever“ werden also von ihren Bezugspersonen insgesamt als<br />
„schwierig“ und als weniger intelligent wahrgenommen, obwohl diese Schülerinnen und<br />
Schüler über ein hervorragendes intellektuelles Potential verfügen. Das ist besonders im<br />
Grundschulalter der Fall und schwächt sich bei Gymnasiasten etwas ab, verliert sich aber<br />
nicht völlig, wie Befunde aus dem Marburger Hochbegabtenprojekt belegen.<br />
Was sind die Ursachen für „Underachievement?“ Was kann man tun?<br />
Die möglichen Ursachen für „Underachievement“ sind vielfältig; es kommen alle Faktoren<br />
in Frage, die eine Person daran hindern können, ihr gutes intellektuelles Potential in<br />
adäquate (schulische) Leistungen umzusetzen: Persönlichkeitsmerkmale des Lernenden,<br />
familiäre Konflikte, mangelnde intellektuelle Anregungen im Elternhaus, problematische<br />
soziale Beziehungen zur Lehrkraft und zu den Mitschülerinnen und Mitschülern, chronische<br />
Unterforderung und Langeweile in der Schule, verbesserungsbedürftiger Unterricht und<br />
vieles mehr – kurz: alle Variablen, die in einem Zusammenhang mit der Leistung stehen können.<br />
Wegen dieses multiplen Bedingungsgefüges ist eine – in allen Fällen wiederkehrende<br />
– „generelle“ Ursache für „Underachievement“ unwahrscheinlich.<br />
Weil also „Underachievement“ mehrere Ursachen, allein oder in Kombination, haben kann,<br />
ist im konkreten Fall ein sorgfältig auf die jeweilige Situation zugeschnittenes individualisiertes<br />
Vorgehen notwendig. Bedeutsam ist die exakte Beschreibung des aktuellen (Leistungs-)Verhaltens<br />
(im Sinne einer Verhaltensanalyse) und die Erhebung wichtiger Persönlichkeitsvariablen<br />
(z. B. Schulangst; Schulunlust; Leistungsmotivation; Interesse; Anstrengungsbereitschaft;<br />
Arbeitsverhalten und Anstrengungsvermeidungstendenzen). Der Herausarbeitung<br />
potentieller familiärer und schulischer Bedingungsfaktoren sowie der pädagogischen<br />
und psychologischen Folgen chronisch schlechter Schulleistungen kommt eine<br />
besondere Bedeutung zu (völlige Schulunlust, „innere Kündigung gegenüber der Schule