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HOCHBEGABUNG UND SCHULE<br />

Eltern und Bildungspolitikerinnen bzw. Bildungspolitiker sollte vielmehr die Frage interessieren,<br />

wie Erbe und Umwelt bei der Ausbildung der individuellen Begabung zusammenwirken.<br />

Zugegeben: Diese Frage sachangemessen zu diskutieren, setzt gute statistische, insbesondere<br />

verhaltensgenetische Kenntnisse voraus, die in der Praxis zumeist aber nicht vorliegen.<br />

Dennoch kann die Devise nur heißen: Anlagebedingte Fähigkeiten sollten herausgelockt,<br />

unterstützt, gepflegt und durch geeignete, auf die jeweiligen individuellen Besonderheiten<br />

von Kindern und Jugendlichen abgestimmte Maßnahmen optimal zur Entfaltung<br />

gebracht werden.<br />

� Andere Autoren trennen intellektuelle von nicht-intellektueller „Begabung“. Unter „intellektueller<br />

Begabung“ verstehen sie diejenigen kognitiven Fähigkeiten, die man in unserer<br />

Gesellschaft benötigt, um erfolgreich die Schule zu durchlaufen, ein Hoch schulstudium<br />

zu absolvieren, Erfolg im Beruf zu haben usw. Kurz gesagt geht es darum, Probleme<br />

der verschiedensten Art in den unterschiedlichsten Situationen durch Nachdenken effektiv<br />

lösen zu können. Die Psychologie hat dafür den weithin bekannten Begriff „Intelligenz“<br />

geprägt. Mit „nicht-intellektueller Begabung“ werden Fähigkeitsbündel angesprochen,<br />

die von der klassischen Intelligenz unabhängig sein, also weniger mit der<br />

Denkfähigkeit zu tun haben sollen (z. B. praktisch-handwerkliche oder soziale Begabung),<br />

tatsächlich aber mit der klassischen Intelligenz nennenswert positiv zusammenhängen.<br />

� Innerhalb des intellektuellen Bereichs wird von manchen die allgemeine Begabung im<br />

Sinne der generellen Intelligenz „g“ von breiter oder enger gefassten Gruppenfaktoren<br />

der „Begabung“ unterschieden. Unter „allgemeiner Intelligenz“ versteht man in An lehnung<br />

an den englischen Psychologen Charles Spearman die umfassende, breit ausgerichtete<br />

Fähigkeit, logisch-analytisch zu denken und die Denkkraft in un ter schiedlichsten<br />

Inhaltsbereichen einsetzen zu können. Zu den breiteren Gruppenfaktoren werden beispielsweise<br />

die verbale vs. nicht-verbale Intelligenz gezählt. Zu den en geren Gruppenfaktoren,<br />

die der amerikanische Intelligenzforscher Louis L. Thurstone identifiziert hat,<br />

gehören schlussfolgerndes Denken, Gedächtnis, Raumvorstellung, Wortflüssigkeit,<br />

Sprachverständnis, Rechengewandtheit und Wahrnehmungsgeschwindigkeit. Diese<br />

engeren Gruppenfaktoren sind aber nicht, wie vielfach – falsch – zu lesen ist, voneinander<br />

unabhängig. Sie, so sagt die Psychologie, „korrelieren positiv“ untereinander und<br />

mit der allgemeinen Intelligenz. Das ist ein besonders gut gesichertes Ergebnis einer<br />

inzwischen hundertjährigen Intelligenzforschung.<br />

� Neuerdings sprechen nicht wenige Lehrkräfte und praktizierende Psychologinnen und<br />

Psychologen im Anschluss an den US-Amerikaner Howard Gardner von sieben bzw. achteinhalb<br />

„multiplen Intelligenzen“. Gardner behauptet, diese „multiplen Intelligenzen“ träten<br />

unabhängig voneinander auf. Das stimmt nicht. Es gibt m. W. dafür keinen ernstzunehmenden<br />

empirischen Beleg. Im Übrigen ist die empirische Befundlage für die Hälfte<br />

dieser „multiplen Intelligenzen“ ausgesprochen dünn.<br />

� Schließlich wird konvergentes Denken von divergentem Denken getrennt. „Divergentes<br />

Denken“ wird häufig mit „Kreativität“ gleichgesetzt, während „konvergentes Denken“<br />

intelligente Denkvollzüge kennzeichnen soll. Es wird behauptet, „Kreativität“ sei von Intelligenz<br />

unabhängig. Heute wissen wir jedoch, dass diese Separierung zweier Denk richtungen<br />

im Sinne von „entweder – oder“ eine Sackgasse war; eine derartige Trennung<br />

wird inzwischen in der Psychologie nicht mehr ernsthaft vertreten.

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