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HOCHBEGABUNG UND SCHULE 53<br />
� Im Rahmen der Reidentifikationsphase III konnten aus der ursprünglichen Zielgruppe<br />
der Hochbegabten (mit dem etwas schwächeren Hochbegabungskriterium IQ > 124 als<br />
bei der Erstidentifikation in Phase I mit IQ > 129) 107 von ursprünglich 151 Hochbegabten<br />
erneut als hochbegabt klassifiziert werden (71 Prozent). 22 ursprünglich Hochbegabte<br />
(14.6 Prozent der Ausgangsstichprobe) mussten als „instabil hochbegabt" eingestuft<br />
werden. Die Reduktion des Kriteriums von IQ > 129 (Grundschulalter) auf IQ ><br />
124 (Jugendlichenalter) trägt, da es sich um eine im dritten Schuljahr ausgewählte<br />
Extremgruppe handelt, dem zu erwartenden Effekt der statistischen Regression zur Mitte<br />
Rechnung.<br />
� Bei ausschließlicher Betrachtung der weiteren Entwicklung der ursprünglichen Gruppe<br />
der durchschnittlich Begabten (aus Phase I) zeigte sich ein sehr deutlicher Effekt der<br />
besuchten Schulform auf die intellektuelle Entwicklung: Bei Kindern, welche die Hauptschule<br />
besuchten, war ein Abfall der Intelligenztestwerte von durchschnittlich fünf IQ-<br />
Punkten (innerhalb von vier Jahren) zu verzeichnen. Bei Realschulkindern war ein Minus<br />
von drei IQ-Punkten zu konstatieren. Kinder, die das Gymnasium besuchten, zeigten<br />
dagegen eine Verbesserung ihrer intellektuellen Fähigkeiten um durchschnittlich sieben<br />
IQ-Punkte.<br />
� Die Zielgruppe der Hochbegabten konnte zusammenfassend als im Schulsystem gut<br />
integriert und schulisch erfolgreich sowie sozial unauffällig, psychisch besonders stabil<br />
und selbstbewusst charakterisiert werden. Eine soziale Isolierung hochbegabter Jugendlicher<br />
konnte nicht festgestellt werden.<br />
� Alle vier o.a. Vergleichsgruppen unterschieden sich weder hinsichtlich einer größeren<br />
Interessenvielfalt noch einer abstrakt-akademischen Interessenorientierung. Eine Einengung<br />
des Interessenspektrums lag bei den Hochbegabten nicht vor. Ebenso konnten<br />
Annahmen über einen besonderen Mangel an Sensibilität oder über eine überdurchschnittlich<br />
ausgeprägte Empathiefähigkeit hochbegabter Jugendlicher nicht bestätigt<br />
werden.<br />
� In der Begabungsstichprobe konnte kein Hinweis darauf gefunden werden, dass hochbegabte<br />
Mädchen gegenüber hochbegabten Jungen im Nachteil sind. Ebenfalls konnten<br />
keinerlei Anzeichen dafür ausgemacht werden, dass hochbegabte Mädchen gegenüber<br />
hochbegabten Jungen besonders ungünstige leistungsbezogene Einstellungen<br />
haben. Das mathematische Selbstkonzept hochbegabter Mädchen scheint sich – in Relation<br />
zu den Jungen betrachtet – in homogeneren Leistungsgruppen bzw. in Förderprogrammen<br />
ungünstiger zu entwickeln als in heterogenen Leistungsgruppen, in denen die<br />
hochbegabten Mädchen wohl zu den besseren Klassenmitgliedern zählen.<br />
Da die methodische Strenge in allen Schritten von der Gesamtkonzeption des Marburger<br />
Hochbegabtenprojekts über die empirische Erhebung bis zur Darstellung der Ergebnisse<br />
eine Generalisierbarkeit der erhobenen Befunde als begründet erscheinen lässt, sind diese<br />
und andere daraus gewonnene Forschungsergebnisse sowohl für die Einschätzung der<br />
Hochbegabungsfrage im allgemeinen als auch für das konkrete pädagogische Handeln von<br />
Schulverwaltung und Kollegien im besonderen von erheblicher Relevanz.