Orchesterkonzert - in Laxenburg
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30. Spielzeit - 2009/2010<br />
4. KONZERT<br />
Freitag, 9. April 2010 um 19.30 Uhr<br />
Samstag, 10. April um 16.30 Uhr<br />
<strong>Orchesterkonzert</strong><br />
PROGRAMM<br />
JOHANN SEBASTIAN BACH<br />
(1685 – 1750)<br />
Brandenburgisches Konzert Nr. 3 <strong>in</strong> G-Dur (BWV 1048)<br />
Allegro – Adagio – Allegro<br />
Konzert für Oboe d’amore und Streicher <strong>in</strong> A-Dur (BWV 1055)<br />
Allegro – Larghetto – Allegro ma non tanto<br />
PAUSE<br />
Konzert für Oboe, Viol<strong>in</strong>e und Streicher <strong>in</strong> c-Moll (BWV 1060)<br />
Allegro – Adagio – Allegro<br />
Orchestersuite Nr. 1 <strong>in</strong> C-Dur (BWV 1066)<br />
Ouvertüre – Courante – Gavotte I und II – Forlane –<br />
Menuett I und II – Bourèe I und II – Passepied I und II<br />
AUSFÜHRENDE<br />
Emma Black, Oboe & Oboe d’amore<br />
David Drabek, Viol<strong>in</strong>e solo<br />
Elisabeth Baumer, Oboe<br />
Makiko Kurabayshi, Fagott<br />
Florian Hasenburger, Barbara Barros, Viol<strong>in</strong>e<br />
Agnes Stradner, Magdalena Fheodoroff, Viol<strong>in</strong>e & Viola<br />
Lucas Schurig-Breuß, Viola<br />
Peter Treffl<strong>in</strong>ger, Edda Breit, Violoncello<br />
Roberto Sensi, Violone<br />
Erich Traxler, Cembalo<br />
Leitung: Rubén Dubrovsky, Violoncello<br />
Preis des Programms: € 1,40
AUSFÜHRENDE<br />
Rubén Dubrovsky wurde als Sohn e<strong>in</strong>er polnisch-italienischen Künstlerfamilie 1968 <strong>in</strong> Buenos Aires<br />
geboren. Er studierte zunächst am Conservatorio Nacional <strong>in</strong> Buenos Aires und von 1990 bis 1995 an<br />
der Musikhochschule Detmold. Wichtige Ergänzungen se<strong>in</strong>er Ausbildung waren Kurse bei Bernard<br />
Greenhouse (Violoncello), Eberhard Feltz (Kammermusik) und Mario de Rose (Dirigieren).<br />
Der vielseitige Künstler ist Mitbegründer und Leiter des Bach Consort Wien, das von der Presse für<br />
se<strong>in</strong>e „konzeptuelle Klarheit“ und zugleich „mitreißende Virtuosität“ gefeiert wird. Als Cellist gastierte<br />
Rubén Dubrovsky <strong>in</strong> vielen Ländern Europas und gab Solokonzerte mit den Cellosuiten von Johann<br />
Sebastian Bach. Dank der freundlichen Leihgabe des Musikkollegiums W<strong>in</strong>terthur stand ihm e<strong>in</strong><br />
seltenes Violoncello von Jacobus Sta<strong>in</strong>er aus dem Jahr 1673 zur Verfügung.<br />
Rubén Dubrovsky ist nicht nur <strong>in</strong> der Barockmusik zuhause. So spielte er u.a. Klaviertrios von<br />
Beethoven, Streichsextette von Brahms sowie die Schubert-Sonate für Arpeggione auf<br />
Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>strumenten. Er dirigierte auch Werke von Mendelssohn-Bartholdy, Straw<strong>in</strong>sky,<br />
Schostakowitsch und Arvo Pärt auf Bühnen wie dem Theater W<strong>in</strong>terthur, dem Staatstheater<br />
Darmstadt, Theaterhaus Stuttgart, Schlosstheater Fulda und dem Lucent Danstheater Den Haag.<br />
Mit großem Erfolg dirigierte er 2008 Vivaldis „Orlando Furioso“ am Theater Bonn. Am Palau de les<br />
Arts Re<strong>in</strong>a Sofia <strong>in</strong> Valencia eröffnete er die Sala Martín y Soler mit dessen Oper „L’arbore di Diana“.<br />
2009 dirigierte er Joseph Haydns „Die Jahreszeiten“ mit dem Bach Consort Wien und dem Wiener<br />
Kammerchor im Schloss Esterházy, Eisenstadt.<br />
E<strong>in</strong> weiteres Betätigungsfeld des Künstlers ist se<strong>in</strong>e Forschungsarbeit über die Beziehungen zwischen<br />
der europäischen Barock- und der südamerikanischen Volksmusik, die zu Vorträgen und Workshops<br />
<strong>in</strong> Milano, Buenos Aires, Stuttgart und W<strong>in</strong>terthur führte. Darüber h<strong>in</strong>aus gründete er das Ensemble<br />
Vihuel, mit dem er geme<strong>in</strong>sam mit argent<strong>in</strong>ischen Musikern die jahrhundertealte zu Folklore<br />
gewordene Musik auf Barock<strong>in</strong>strumenten pflegt.<br />
Se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Lehrtätigkeit umfasst Meisterkurse für Instrumentalisten und Sänger an der Austria<br />
Barock Akademie sowie am Tschaikowsky-Konservatorium Moskau, an der Gness<strong>in</strong>-Akademie<br />
Moskau, am Konservatorium Palma, an der Scuola Civica Milano, an der Universität Belgrad, am<br />
Konservatorium Wien Privatuniversität und bei MusicWorks <strong>in</strong> England.<br />
In dieser Saison dirigiert er Händels „Giulio Cesare“ im Theater Kiel, Bachs Weihnachtsoratorium mit<br />
dem Chor und Orchester des spanischen Rundfunks <strong>in</strong> Madrid, Johann Josef Fux Oratorium „Cristo<br />
nell’Orto“ bei den Festspielen Osterklang und Psalm 2010 und ist zu Gast bei den Händel<br />
Festspielen <strong>in</strong> Karlsruhe.<br />
Gegründet im Jahre 1999, hat sich das Bach Consort Wien rasch zu e<strong>in</strong>em der wichtigsten<br />
Barockensembles Österreichs entwickelt. Nach ersten erfolgreichen Konzertreihen <strong>in</strong> der Wiener<br />
Hofburgkapelle und im Palais Eschenbach ist das Bach Consort Wien nun im Wiener Musikvere<strong>in</strong><br />
musikalisch beheimatet, wo Künstler wie Emma Kirkby, Bernarda F<strong>in</strong>k, Florian Boesch, Daniel<br />
Johannsen, Theresa Dlouhy und Christophe Co<strong>in</strong> als Gäste des Ensembles aufgetreten s<strong>in</strong>d.<br />
Das Bach Consort Wien wird auch <strong>in</strong> wichtige Konzertsäle wie dem Brucknerhaus L<strong>in</strong>z, den Palau de<br />
la Música Barcelona und Valencia und dem Musikkollegium W<strong>in</strong>terthur, sowie zu bedeutenden<br />
Festivals <strong>in</strong> Spanien, Portugal, Deutschland, Kroatien und Österreich e<strong>in</strong>geladen.<br />
Das Repertoire des Bach Consort Wien umfasst heute Werke von Monteverdi bis Haydn. Kern<br />
des Repertoires ist die Musik Johann Sebastian Bachs, <strong>in</strong>sbesondere se<strong>in</strong> Kantatenwerk ist dem<br />
Ensemble e<strong>in</strong> besonderes Anliegen. Aufgeführt werden Solokantaten bis h<strong>in</strong> zu großen Chor-<br />
Orchester-Werken wie die Passionen, die h-Moll Messe, das Magnificat und die Motetten. In der<br />
<strong>in</strong>tensiven Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Werken Johann Sebastian Bachs hat das Bach Consort Wien<br />
se<strong>in</strong>e spezifische musikalische Sprache gefunden. Dabei wird die Ensemblegröße nach dem Pr<strong>in</strong>zip<br />
„so kle<strong>in</strong> wie noch s<strong>in</strong>nvoll“ für jedes Werk neu gewählt. Diese oft solistische Besetzung ermöglicht<br />
die charakteristische Durchsichtigkeit und Aussagekraft des Ensembles.<br />
Die Konzerte des Bach Consort Wien wurden vom Österreichischen Rundfunk, Südwestfunk (D) und<br />
Catalunya Música aufgezeichnet. Geme<strong>in</strong>sam mit dem RadioKulturhaus <strong>in</strong> Wien, hat das Ensemble<br />
2008 das erfolgreiche Countertenor Festival „Far<strong>in</strong>elli & Söhne“ gestaltet.<br />
Sommer 2009 hat das Bach Consort Wien, zum ersten Mal und unter der Leitung von Rubén<br />
Dubrovsky, e<strong>in</strong> großes klassisches Oratorium, „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn, im Schloss<br />
Esterházy, Eisenstadt aufgeführt.<br />
Kommende Projekte be<strong>in</strong>halten Johann Sebastian Bachs Kantate „Nun komm, der Heiden Heiland“,<br />
Weihnachtsoratorium, Johannes Passion und Brandenburgische Konzerte. E<strong>in</strong> Schwerpunkt dieser<br />
Saison gilt dem österreichischen Barock mit Kammermusik von Biber, Muffat und Schmelzer sowie<br />
dem Oratorium „Cristo nell’orto“ von Johann Josef Fux bei den Festivals Osterklang und Psalm 2010.<br />
Sommer 2010 f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Projekt des Bach Consort Wien geme<strong>in</strong>sam mit dem Ensemble Vihuel und<br />
Verónica Cangemi mit italienischer Barockmusik und argent<strong>in</strong>ischer Volksmusik auf orig<strong>in</strong>alen<br />
Instrumenten statt.
ZUM PROGRAMM DES HEUTIGEN KONZERTS<br />
Benannt s<strong>in</strong>d die sechs „Brandenburgischen Konzerte“ nach dem Widmungsträger, dem<br />
musikliebenden Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg, geschrieben wurden sie aber<br />
während Bachs Dienstjahren <strong>in</strong> Köthen (1717 – 1723), wo er besetzungsmäßig wesentlich<br />
bessere Voraussetzungen hatte. Das Brandenburgische Konzert Nr. 3 ist e<strong>in</strong> Concerto<br />
ripieno, im Gegensatz zum Concerto grosso e<strong>in</strong> <strong>Orchesterkonzert</strong> ohne Solisten: drei dreifach<br />
geteilte, gleichstarke aber klanglich unterschiedliche Streicherchöre (3 Viol<strong>in</strong>en, 3 Violen und<br />
3 Violoncelli) musizieren mite<strong>in</strong>ander, gestützt vom Generalbass mit Kontrabass und<br />
Cembalo. Jede dieser Stimmen hat zugleich Solo- und Tutti-Aufgaben, und diese beiden<br />
Bereiche verzahnen sich dadurch auf unerhört kunstvolle Weise, sodass sich e<strong>in</strong> ständiges<br />
Pulsieren und Changieren ergibt. Motivisch erreicht Bach die Konzentration und Dichte<br />
dieser spielerischen und zugleich doch strengen Musik durch die Allgegenwart e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en<br />
„Ure<strong>in</strong>falls“, das erste Motiv (g-fis-g), das auch für das Thema des dritten Satzes wesentlich<br />
ist.<br />
Die übliche Dreisätzigkeit des Instrumentalkonzerts hat bei diesem Werk e<strong>in</strong>e orig<strong>in</strong>elle<br />
Abwandlung erfahren: der langsame Mittelsatz, mit Adagio überschrieben, besteht aus zwei<br />
Akkorden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Takt. Möglicherweise hat Bach hier e<strong>in</strong>e kurze improvisierte<br />
Kadenz e<strong>in</strong>er Viol<strong>in</strong>e oder des Cembalos vorgesehen.<br />
Der 1. Satz wird mit e<strong>in</strong>em achttaktigen Tutti e<strong>in</strong>geleitet, welches das thematische Material<br />
aufstellt und mit dem der Satz auch auskl<strong>in</strong>gt. Se<strong>in</strong>e vier refra<strong>in</strong>artigen Wiederholungen<br />
bilden gleichsam e<strong>in</strong>en Rahmen für das musikalische Geschehen, das sich <strong>in</strong> den<br />
Zwischengruppen abspielt, <strong>in</strong> denen die e<strong>in</strong>zelnen Motivglieder des Themas <strong>in</strong> klanglichen<br />
und dynamischen Kontrasten abwechslungsreich verarbeitet werden. Das lebendige Thema<br />
des letzten Satzes nehmen die e<strong>in</strong>zelnen Stimmen nache<strong>in</strong>ander im Kanon auf und<br />
wiederholen es später <strong>in</strong> anderer Reihenfolge e<strong>in</strong>setzend. Vitale Spiellaune wird durch die<br />
permanente Motorik dah<strong>in</strong>eilender Sechzehntelfiguren erreicht.<br />
Die Urfassung des Konzerts für Oboe d’amore und Streicher <strong>in</strong> A-Dur ist ebenso verloren<br />
wie jene des heute ebenfalls gespielten Doppelkonzerts. Die Fassungen wurden im<br />
vergangenen Jahrhundert rekonstruiert, und zwar aus den vom Meister selbst hergestellten<br />
Übertragungen für Cembalo. Als nämlich Bach 1729 die Leitung e<strong>in</strong>es von Telemann<br />
gegründeten und hoch angesehenen Leipziger Collegium musicum übernahm, benötigte er für<br />
se<strong>in</strong>e wöchentlich e<strong>in</strong>- bis zweimal stattf<strong>in</strong>denden Übungs- und Vortragsabende auch<br />
Instrumentalkonzerte. Offenbar konnte Bach neben se<strong>in</strong>en beruflichen Verpflichtungen als<br />
Kantor nicht allzu viel Zeit für eigene Kompositionen aufwenden. So s<strong>in</strong>d fast alle se<strong>in</strong>e<br />
Werke mit e<strong>in</strong>em oder mehreren konzertierenden Cembali Übertragungen eigener oder<br />
fremder Werke. Bis <strong>in</strong> unsere Tage s<strong>in</strong>d Musikwissenschaftler bemüht, durch das Studium des<br />
Notentextes, den Vergleich vorhandener E<strong>in</strong>zelstimmen verschiedener Abschriften u. a. den<br />
Urfassungen auf die Spur zu kommen. So wurde seit den 30er-Jahren des vorigen<br />
Jahrhunderts das A-Dur-Konzert als e<strong>in</strong> ursprünglich für Oboe d’amore gedachtes angesehen,<br />
während <strong>in</strong> jüngster Zeit gute Argumente dafür gefunden wurden, dass Bach es als Konzert<br />
für Viola d’amore geschrieben hat. Sei es wie es sei… Dieses Konzert zeigt e<strong>in</strong>e relativ<br />
e<strong>in</strong>fache, für manche deutlich “italienisierende“ Struktur, was sogar Zweifel an der<br />
Autorschaft Bachs aufkommen ließ. Dabei bewirkt e<strong>in</strong>e besonders konzentrierte Verarbeitung<br />
des musikalischen Materials e<strong>in</strong> hohes Maß an Geschlossenheit dieses Werkes. Im 1. Satz<br />
wird das auf e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Motiv basierende Themenmaterial <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>leitenden<br />
Ritornell präsentiert. Dem pulsierenden Charakter dieses Satzes ist <strong>in</strong> der Paralleltonart (fis-<br />
Moll) e<strong>in</strong> eher versonnener, langsamerer Satz gegenübergestellt. Er hat den Charme e<strong>in</strong>es<br />
Siciliano, <strong>in</strong> dem das Solo<strong>in</strong>strument über e<strong>in</strong>er chromatisch gefärbten Bassl<strong>in</strong>ie kantable<br />
melodische Girlanden entfaltet. Im Schlusssatz paaren sich vitaler und anmutiger Ausdruck.<br />
Manches gemahnt an e<strong>in</strong>en höfisch gezierten Tanz, aber <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> beschw<strong>in</strong>gt fröhlicher<br />
Ausklang.
Das Doppelkonzert für Oboe, Viol<strong>in</strong>e und Streicher <strong>in</strong> c-Moll ist e<strong>in</strong>e Rückübertragung<br />
des Konzerts für 2 Cembali und Streichorchester, BWV 1060. Das Autograph des Orig<strong>in</strong>als<br />
ist verschollen. Die Übertragung auf zwei Cembali muss aber ziemlich notengetreu erfolgt<br />
se<strong>in</strong>, da die Führung der beiden Solostimmen leicht aus der Cembalofassung zu entnehmen<br />
ist. Bei diesem <strong>in</strong> der Vivaldischen Konzertform (schnell-langsam-schnell) gebauten c-Moll-<br />
Konzert ist vor allem die fe<strong>in</strong>e, geistreiche kontrapunktische Arbeit zu bewundern, mit der<br />
das Werk <strong>in</strong> klarer Disposition gestaltet ist. Der beschw<strong>in</strong>gte Kopfsatz lebt ganz von der<br />
empf<strong>in</strong>dsamen E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glichkeit des fe<strong>in</strong>gliedrigen Hauptthemas mit se<strong>in</strong>en beiden Echo-<br />
E<strong>in</strong>würfen. Das Orchester begleitet das von nur wenigen abwechselnden Pausen<br />
durchbrochene Duett der beiden Solo<strong>in</strong>strumente. Im Largo wird <strong>in</strong> fugierter Form e<strong>in</strong><br />
getragener Gedanke <strong>in</strong> zartem piano durchgeführt und das fe<strong>in</strong> abgestimmte L<strong>in</strong>ienspiel von<br />
Oboe und Viol<strong>in</strong>e durchgehend pizzicato vom Orchester begleitet. Lediglich wenige Takte <strong>in</strong><br />
der Satzmitte und die beiden Schlussakkorde heben sich davon ab. Im abschließenden Allegro<br />
herrscht, wie im 1. Satz, <strong>in</strong>folge der lebendigen Sechzehntelfiguration, an der durchgehend <strong>in</strong><br />
den verschiedenen Stimmen e<strong>in</strong>schließlich des Cont<strong>in</strong>uos festgehalten wird, das motorische<br />
Element vor. Die bezw<strong>in</strong>gende Wirkung dieses Konzertes beruht auf der großen thematischen<br />
und formalen Konzentration der beiden Ecksätze im direkten Kontrast zur gelösten,<br />
ständchenhaften Kantabilität des Mittelsatzes.<br />
Das Wort Suite als Bezeichnung für e<strong>in</strong>e Folge von Tanzsätzen ersche<strong>in</strong>t erstmals <strong>in</strong><br />
Frankreich im 16. Jahrhundert. Später f<strong>in</strong>det sich der Term<strong>in</strong>us auch für Kompositionen mit<br />
loser Reihung nicht unbed<strong>in</strong>gt tänzerischer Sätze. Die Entstehungsgeschichte der vier großen<br />
Orchestersuiten Bachs liegt weitgehend im Dunkeln. Bei der Suite Nr. 1 <strong>in</strong> C-Dur deutet e<strong>in</strong><br />
überlieferter Stimmensatz zum<strong>in</strong>dest an, dass der Meister auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Leipziger Zeit Bedarf<br />
an weltlicher Instrumentalmusik hatte; die Entstehungszeit dieser Suite dürfte jedoch eher <strong>in</strong><br />
die Köthener Jahre (1717 – 1723) fallen. Das Holzbläsertrio (2 Oboen und e<strong>in</strong> Fagott), das<br />
hier den Streichern an die Seite tritt, wird auf charakteristisch unterschiedliche Weise<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. So ist im Allegro-Mittelteil der Ouvertüre durch den concert<strong>in</strong>oartigen E<strong>in</strong>satz des<br />
Bläserterzetts e<strong>in</strong> konzertierendes Element erkennbar mit Tendenz zum Concerto grosso. In<br />
besetzungsmäßiger H<strong>in</strong>sicht heben sich im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es reizvollen Farbkontrastes e<strong>in</strong>ige<br />
Tanzsätze ab, nämlich die Gavotte II mit ihren beiden selbständig und überwiegend <strong>in</strong> Terzen<br />
und Sexten parallel geführten Oboen, das re<strong>in</strong>e Holzbläser-Trio der Bourrée II oder auch der<br />
re<strong>in</strong>e Streichersatz des Menuetts II. Reizvoll ist die seltene Forlane, e<strong>in</strong> schneller italienischer<br />
Tanz. Passepied ist e<strong>in</strong> alter französischer Rundtanz, der Tradition nach <strong>in</strong> der nördlichen<br />
Bretagne beheimatet. (Der Name soll dadurch entstanden se<strong>in</strong>, dass man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen<br />
Dantz e<strong>in</strong>en Fuß vber den andern schlagen vnd setzen muß. König Karl IX. hat sich 1567<br />
angeblich mit der speziellen Absicht nach Blois begeben haben, dort diesen Tanz zu erlernen.)<br />
Die beiden Passepieds <strong>in</strong> Bachs Suite s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>en kompositorischen Kunstgriff<br />
mite<strong>in</strong>ander verknüpft: Im Passepied II wird die Melodiestimme von Passepied I e<strong>in</strong>e Oktave<br />
tiefer <strong>in</strong> der Mittellage der Viol<strong>in</strong>en und Violen unisono wiederholt, während sich darüber e<strong>in</strong><br />
neuer Achtel-Kontrapunkt der Oboen bewegt.