kurz & knapp - Studi38
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Mäusen. Das Zauberwort heißt Ghostwriting.<br />
Im Internet fi nden sich massenweise<br />
Ghostwriter-Agenturen und<br />
alle reißen sich um Studierende, die zu<br />
wenig Talent, Zeit oder Lust und dafür<br />
zu viel Geld haben.<br />
Auch die Firma Acad-Write gehört<br />
dazu. Hier können sich Studierende wissenschaftliche<br />
Texte vom Essay bis zur<br />
Doktorarbeit verfassen lassen. Eine Seite<br />
kostet zwischen 30 und 90 Euro. Je<br />
nachdem, ob man eine reine Literaturarbeit<br />
oder eine empirische Arbeit in Auftrag<br />
gibt, eine Hausarbeit oder eine Magisterarbeit.<br />
Aufschläge muss bezahlen,<br />
wer sich nicht frühzeitig meldet, sondern<br />
eine Woche vorm Abgabetermin<br />
bei der Agentur Hilfe sucht. Geschrieben<br />
werden die Arbeiten bei Acad-Write<br />
von 200 freiberufl ichen Autoren, die<br />
sich, laut Geschäftsführer Thomas Nemet,<br />
durch einen überdurchschnittlich<br />
guten Hochschulabschluss und eine besondere<br />
Affi nität zum Schreiben für die<br />
Arbeit als Ghostwriter qualifi zieren.<br />
Bevor die Mitarbeiter dann echte Aufträge<br />
bekommen, müssen sie bei Acad-<br />
Write Probeaufträge schreiben, damit<br />
die Qualität der Arbeiten gesichert ist.<br />
Eine Notengarantie will Nemet dann<br />
aber nicht geben. „Offi ziell fertigen wir<br />
ja keine Hausarbeiten an, sondern wissenschaftliche<br />
Texte, mit denen unsere<br />
Kunden dann machen können, was sie<br />
wollen. Deswegen können wir ihnen<br />
auch keine Garantie geben, dass sie eine<br />
gute Note kriegen.“<br />
Probeaufträge schreiben musste auch<br />
Anja (Name geändert). Nach ihrem Abschluss<br />
in BWL hat sie ein Jahr lang als<br />
Ghostwriterin für einen großen deutschen<br />
Anbieter gearbeitet. „Ich habe<br />
nach dem Studium nicht sofort einen<br />
Job gefunden, weil es zu der Zeit einfach<br />
zu viele BWLer gab“, erzählt sie. Ein<br />
Freund machte sie auf das Jobangebot<br />
der Ghostwriter-Agentur aufmerksam.<br />
„Da war ich dann plötzlich als Betriebswirtin<br />
total gefragt, weil die meisten<br />
Kunden aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften<br />
und Jura kommen.“<br />
Also fi ng sie an für Geld das zu tun, was<br />
ihr schon im Studium immer leichtgefallen<br />
war. Herausgekommen sind meh-<br />
Karriere<br />
rere <strong>kurz</strong>e Hausarbeiten, aber auch eine<br />
120 Seiten starke Diplomarbeit im Bereich<br />
Personal. Zumindest vermutet<br />
Anja das. Was sie nämlich genau verfassen<br />
sollte, ob Hausarbeit oder Abschlussarbeit,<br />
wurde ihr nicht mitgeteilt. „Mir<br />
wurden immer nur das Thema der Arbeit<br />
und der geforderte Seitenumfang<br />
gesagt“, erzählt Anja. „Nachdem ich<br />
angefangen hatte, musste ich jeden<br />
Schritt meiner Arbeit vom Kunden abnicken<br />
lassen. Allerdings lief die gesamte<br />
Kommunikation über die Firma, so dass<br />
ich nicht weiß, wer meine Arbeiten bekommen<br />
hat.“<br />
Anonymität ist das Lebenselixier der<br />
Branche. Wer sich eine Arbeit fremdverfassen<br />
lässt, möchte das schließlich<br />
nicht unbedingt an die große Glocke<br />
hängen. Vor allem, weil nicht nur<br />
Studierende die Dienste der Geisterschreiber<br />
in Anspruch nehmen. „Unsere<br />
Klientel ist bunt gemischt“, verrät<br />
Acad-Write Geschäftsführer Nemet.<br />
Auch Professoren und Firmen würden<br />
die Agentur mit wissenschaftlichen Arbeiten<br />
beauftragen. Dabei wird auf der<br />
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Internetseite sogar noch versucht das<br />
schlechte Gewissen der potenziellen<br />
Kunden zu beruhigen. Wer auf seinem<br />
Fachgebiet glänzt, müsse noch lange<br />
kein Talent zum Schreiben haben, heißt<br />
es dort. Direkt darunter erscheint das<br />
Kontaktformular für die unverbindliche<br />
Anfrage. Der Auftrag wird dann schließlich<br />
durch einen Klick auf den Link im<br />
Antwortschreiben erteilt.<br />
„Offi ziell fertigen wir<br />
ja keine Hausarbeiten an,<br />
sondern wissenschaftliche<br />
Texte, mit denen unsere<br />
Kunden dann machen können,<br />
was sie wollen.“<br />
Thomas Nemet, Geschäftsführer Acad-Write<br />
Die Gefahr, dass eine Auftragsarbeit<br />
als Plagiat enttarnt wird, besteht<br />
laut Nemet bei Texten von Acad-Write<br />
nicht. „Jede von uns verfasste Arbeit<br />
ist ein Unikat“, versichert er. Doch Ex-<br />
Ghostwriterin Anja hat es anders erlebt.<br />
„Themen wiederholen sich halt.<br />
In Hausarbeiten wird ja meistens nichts<br />
Neues erfunden“, meint sie. „Natürlich<br />
verwenden dann einige Autoren mal<br />
Textbausteine aus früheren Arbeiten.“<br />
Risikofrei ist die Bestellung der Bachelorarbeit<br />
beim Ghostwriter also nicht.<br />
Schließlich kann selbst der zerstreuteste<br />
Professor heutzutage durch eine einfache<br />
Googlesuche herausfi nden, wo<br />
der Student abgeschrieben hat.<br />
Und wo bleibt die Moral? Thomas Nemet<br />
wäscht seine Hände in Unschuld.<br />
„In unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
weisen wir darauf hin, dass<br />
es nicht legal ist fremdverfasste Arbeiten<br />
als seine eigenen auszugeben. Falls<br />
das doch jemand tut, liegt das Problem<br />
nicht bei uns. Wir können schließlich<br />
für Gott und die Welt wissenschaftliche<br />
Texte verfassen. Was die Kunden damit<br />
anstellen, ist letztendlich ihre Sache.“<br />
So bleibt dem Studierenden falls er<br />
erwischt wird nur eine Möglichkeit. Er<br />
muss das Prüfungsamt bestechen. Sofern<br />
er dazu dann noch genügend Geld<br />
übrig hat. #