kurz & knapp - Studi38
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Carola Reimann sitzt für die<br />
Braunschweiger SPD im Bundestag, war<br />
erste Vorsitzende der Jusos und leitet seit<br />
2009 in Berlin den Gesundheitsausschuss.<br />
Karriere<br />
„Also wenn es das Ziel sein sollte, dass das<br />
genau gleich ist, dann denke ich, ist es noch<br />
nicht abgeschlossen. So eine Quote fi nd ich<br />
eigentlich schwer, weil man sagt: Es muss so<br />
sein! Wenn die aber irgendetwas aufbricht, was<br />
vorher festgefahren war, dann wäre das auf<br />
jeden Fall cool.“<br />
Max, Bauingenieur, 24<br />
Die Politikerin<br />
Frau Reimann, Willy Brandt sagte 1970:<br />
„Die Gleichberechtigung kommt voran wie<br />
die Schnecke auf dem Glatteis“.<br />
Das stimmt noch heute und dem ist nichts hinzuzufügen.<br />
Wir sind natürlich weiter als vor<br />
40 Jahren, aber es geht sehr langsam voran<br />
und immer gegen Widerstände, die nur nicht<br />
mehr so sichtbar sind. Es traut sich zwar keiner<br />
mehr, sich offen frauenverachtend und<br />
frauenfeindlich zu verhalten, aber dieses<br />
Glatteis gibt es natürlich immer noch.<br />
Sind wir zu traditionell eingestellt? Verglichen<br />
mit den USA oder Schweden gilt und<br />
galt in Deutschland lange der Mann als<br />
Familienernährer.<br />
Ja, dieses konservative Denken hat insgesamt<br />
viel länger gewirkt. Wir haben viel weniger<br />
Kinderbetreuung und all sowas, was man eigentlich<br />
braucht, um Familie und Beruf zu<br />
vereinbaren. Rabenmutter ist ein rein deutsches<br />
Wort.<br />
Der demographische Wandel vollzieht sich<br />
gerade. Ist es nicht so, dass junge Männer<br />
mit einer anderen Einstellung irgendwann<br />
die alten ersetzen?<br />
Von selbst geht gar nichts. Wir haben mit den<br />
Unternehmen eine freiwillige Verabredung<br />
seit über zehn Jahren und die Erfolge sind ernüchternd.<br />
Deshalb muss jetzt eine gesetzliche<br />
Regelung her.<br />
Wie könnte das aussehen?<br />
Wir haben gesehen, dass andere Länder gute<br />
Erfahrungen mit der Quotierung von Aufsichtsräten<br />
gemacht haben: Norwegen zum<br />
Beispiel. So etwas ist natürlich heikel, weil es<br />
in die Freiheit und Autonomie der Wirtschaft<br />
eingreift, aber bei den Aufsichtsräten könnte<br />
man schon entsprechende Vorgaben machen.<br />
Stimmen, die sagen, dass dies auch keine<br />
Gleichberechtigung ist, weil nur Frauen<br />
vorgezogen werden, sollte man überhören?<br />
Frauen sind im Moment leider benachteiligt<br />
und nicht ordentlich repräsentiert und bis<br />
es nicht mehr so ist, müssen Frauen vorgezogen<br />
werden. Dann hat bei gleichwertiger<br />
Bewerbung die Frau den Vorzug. Im öffentlichen<br />
Dienst und all diesen Bereichen ist das<br />
akzeptiert.<br />
Es muss gesetzliche Rahmenbedingungen geben,<br />
um die Gleichberechtigung von Mann<br />
und Frau weiter voran zu treiben. Es ist beschämend,<br />
wie wenige Frauen in Führungspositionen<br />
sind, insbesondere in der Wirtschaft.<br />
40<br />
„Die Quote fi nde ich falsch,<br />
weil es doch eher auf Kompetenzen<br />
ankommen sollte, als dass<br />
man dann zwanghaft irgendwelche<br />
Frauen einstellen muss. Man<br />
sollte im Endeffekt doch nach<br />
Leistungen bewerten.“<br />
Felix, Maschinenbau, 23<br />
Und wenn man dann ganz oben ist? Gibt<br />
es dort noch Unterschiede zwischen Mann<br />
und Frau?<br />
Naja, eine Kanzlerin zum Beispiel ist karrieretechnisch<br />
ganz oben“. Und wenn man sich<br />
dann anschaut, wie viele Frisurendiskussionen<br />
wir in den Zeitungen über uns ergehen<br />
lassen mussten… wer wie aussieht, welchen<br />
Ausschnitt man hat und welchen Look. Das<br />
sind Dinge, die hätten wir bei keinem Kanzler<br />
erlebt.<br />
Hätten Sie irgendwelche Tipps, wie Frau<br />
sich besser durchsetzten kann?<br />
Es gib keinen Masterplan. Ich glaube, dass<br />
man mit der Ausbildung lernt, seine eigenen<br />
Positionen zu vertreten und die auch klar rüber<br />
zu bringen. Gesprächsführung ist ja auch<br />
eine Sache, die man im Studium lernt. Aber<br />
man muss auch ausprobieren. Das ist etwas,<br />
was ich bei Frauen häufi g nicht so feststelle.<br />
Männer sind viel öfter bereit, Funktionen zu<br />
übernehmen ohne sich zu überlegen, ob sie das<br />
wirklich können. Frauen überlegen sich hingegen<br />
erst: Kann ich das überhaupt? Frauen<br />
müssen mehr Mut haben, Dinge einfach<br />
auszuprobieren.<br />
Wie sieht die Zukunft aus?<br />
Schlicht und ergreifend der Fachkräftemangel<br />
und nicht reine Frauenfreundlichkeit wird<br />
dazu führen, dass man auf gut qualifi zierte<br />
Frauen zurückgreifen muss.<br />
Was sind die zentralen Aufgaben?<br />
Die zentralen Geschichten sind wirklich gleicher<br />
Lohn für gleiche Arbeit und mehr Frauen<br />
in Führungspositionen.<br />
Fotos: Privat